Die Falle

Im finsteren, leeren Traumreich harrten der Reiter und sein Drache noch immer hinter dem Baum. Während der Drache den mächtigen Kopf auf seine Tatzen gelegt hatte und wie ein Stein da lag, rutschte der Reiter unruhig hin und her.

"Es dauert einfach zu lange... wie lange braucht dieser Dummkopf von einem rosa Licht bis er endlich jemanden gefunden hat, der so dämlich ist, ihm hierher zu folgen ... vielleicht hätten wir ihn nicht entkommen lassen sollen.... "

Der Drache regte sich ein wenig, hob den Kopf und gähnte. In seinen nun offenen Augen glitzerte Hunger, der nichts mit einem leeren Magen zu tun hatte.

Ein hässliches Grinsen verzerrte das Gesicht des Reiters. "Du spürst es auch ... zu lange keine frischen Farben mehr ... wir hätten uns einen neuen Diener erschaffen sollen. Ha! Das ist die Idee ... wenn der Funken diejenigen zu uns führt, die unsere anderen Diener vernichtet haben, schnappen wir sie und schicken gleichzeitig ein neues Werkzeug aus. Ohne Beschützer ist die Welt der Wirklichkeit uns ausgeliefert... haha!!!!!"

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"So wie wir sind werden wir dem Traumreich nicht helfen können", sagte VesVes. "Ehe wir Falkenauge folgen, müssen wir uns verwandeln."

Die anderen nickten. Chibi Usa hatte Luna P im Wohnwagen zurück gelassen. Den Ball konnte sie im Traumreich nicht brauchen. Jetzt fasste sie nach ihren Brosche, rief ihren Verwandlungsspruch, und vor dem staunenden Falkenauge stand SailorSilvermoon in ganzer Schönheit.

"Das, das ist ....", stammelte Falkenauge.

"SailorSilvermoon", sagte VesVes voller Stolz. "Und jetzt schau mal her!" Sie fischte ihren Stab aus dem Nichts und rief: "Macht Silberjahrtausends, Kraft der Vesta - verwandle mich!"

CereCere, JunJun und PallaPalla wollten nicht nachstehen und hielten gleichfalls ihre Stäbe hoch und verwandelten sich in die Asteroidsenshi.

"Du kannst den Mund wieder zu machen", grinste SailorPallas. "Wir sind gerüstet. Auf ins Traumreich!"

Falkenauge atmete ein paar Mal tief durch und ein leichter Hoffnungsschimmer machte sich auf seinem hageren Gesicht breit. "Ich habe umsonst nach Sailormoon gesucht, aber nun scheint es, als wäre dennoch nicht alles verloren..." Mit festen Schritten lief er auf jene Stelle zu, an der das erste Monster erschienen war. Seine rosa Haare leuchteten auf und er streckte beide Hände nach vorn, wobei er gleichzeitig die Augen schloss. "Kommt her zu mir!", rief er halblaut, ohne sich umzudrehen.

"Was hast du vor?", fragte SailorJuno.

"Ich muss die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit durchbrechen, um zurückzukommen. Da ich durch Helios zu einem Bewohner des Traumreiches geworden bin, schaffe ich es wahrscheinlich auch. Eine von euch muss mich an den Schultern fassen oder an der Hüfte. Die anderen bilden hinter ihr eine Kette, wer nicht mit mir verbunden ist, wird zurückgestoßen werden."

SailorVesta zögerte nicht lange, sondern trat an Falkenauge heran und fasste ihn an einer Schulter, die andere Hand streckte sie SailorPallas entgegen. Pallas packte sie und langte nach der Hand von Ceres, Ceres ergriff sie und reichte ihre freie Hand Juno. Sailor Silvermoon klemmte die Glocke an den Gürtel, packte ihren Stab fest und reichte SailorJuno die freie Hand. Jetzt waren sie sie fest verbunden.

"Wir sind soweit!", rief SailorSilvermoon nach vorne.

"Gut. Dann folgt mir langsam, Schritt für Schritt!" Vor Falkenauges ausgestreckten Händen erschien plötzlich eine Wand wie aus grauem Wasser. Er öffnete die Augen nicht, während er hindurch schritt. Den fünf Kriegerinnen war es nicht sonderlich wohl zumute, aber sie schluckten ihr Unbehagen hinunter und stapften hinter ihm her. Eine nach der anderen trat durch das starre Wasser, das sich wie schwerer Stoff anfühlte - und fand sich in einer tristen, grauen Landschaft wieder.

"Das ist das Traumreich?", fragte SailorCeres verstört. "Wo sind die Blumen?"

"Alle verdorrt", sagte Falkenauge. Er schauderte. Dann plötzlich zuckte er zusammen. Rosa Lichtflecken erschienen auf seiner Haut und dehnten sich aus.

"Was ist mit dir los?", rief SailorSilvermoon erschrocken. "Ein Angriff?"

Die Asteroidsenshi bauten sich vor ihr auf und gingen in Verteidigungsstellung.

"Nein, oh, verdammt!", rief Falkenauge. "Das hatte ich vergessen. Im Traumreich besitze ich keine Gestalt als Mensch, hier bin ich ein..." Mehr konnte er nicht sagen, denn nun schrumpfte er zu einer kleinen Lichtkugel zusammen.

"... ein Irrlicht", sagte SailorJuno. Ihre Anspannung ließ nach und sie umringten das rosa Licht, das irgendwie verloren knapp über dem Boden schwebte.

"Kannst du uns verstehen?", fragte SailorVesta.

Das Irrlicht sprach kein Wort.

"Natürlich kann er nicht reden, Vesta", sagte SailorPallas. "Wenn du uns hören kannst, dann saus eimal um Vesta herum", sagte sie.

Das Irrlicht flitze sogleich los und schnell wie ein Blitz fegte es um SailorVesta herum.

"Das ist zumindest etwas", sagte Juno. "Dann kannst du uns zu deinem Wald führen? Hüpfe einmal auf und ab für ja und zweimal für nein."

Das Irrlicht hüpfte einmal. Dennoch wirkte es nicht wirklich überzeugend.

"Hmm ... vielleicht will er, dass wir woanders zuerst hingehen...", überlegte SailorCeres.

"Wohin denn?", fragte Pallas.

Das Irrlicht zitterte, sein Licht wurde stärker, dann wieder schwächer, schließlich schrumpfte es auf einen Funken, der sich wieder ausdehnte und dabei die Gestalt eines rosa Kristalls annahm.

"Der goldene Kristall!" Sailor Silvermoon schlug sich an die Stirn. "Aber natürlich, daran hätte ich gleich denken sollen. Willst du uns dahin bringen, wo der goldene Kristall ist?" Der rosa Lichtkristall hüpfte zweimal auf und ab, aber mit weit mehr Elan als zuvor. Danach wurde er wieder zu dem runden Irrlicht und tanzte vor ihnen her über das verdorrte Gras.

"Auf geht es!", voller Tatendrang rannten die Asteroidsenshi und Sailor Silvermoon hinter dem Licht her. Doch sie kamen nicht weit. Was sie auf den ersten Blick für einen Haufen trockenes Gras oder einen gestreiften Stein gehalten hatten, entpuppte sich beim Näherkommen als regungslos daliegender, farbloser Tigerkörper. Die Kriegerinnen hielten inne und das rosa Irrlicht schwebte kurz zum Gesicht des Tigers, um ihn sanft an der Stirn zu berühren.

"Ist das etwa ...", flüsterte SailorCeres erschüttert und das Irrlicht hüpfte zweimal auf und ab.

"Armer Tigerauge", SailorPallas trat an ihn heran und legte ihre Hand auf seine Flanke. "Entsetzlich!" Sie schüttelte sich. "Er ist kalt und hart wie Stein, der ärmste...."

"War das der Feind, der auch an Helios Verschwinden schuld ist?", fragte Silvermoon erschüttert. Das Irrlicht bejahte.

"Habt ihr nach einem versteinerten Helios oder einem versteinerten Pegasus gesucht?", fragte SailorVesta. Das Irrlicht hüpfte nur einmal.

"Dann kann es also sein, dass er hier irgendwo in der Nähe ist? Versteinert im Gras liegt oder irgendwo zwischen Felsen steht?"

Das Irrlicht machte zwei kleine, fast beschämte Hüpfer.

Sailor Silvermoon zog wortlos die Glocke hervor. Der in ihr eingelassene Rosa Kristall pulsierte. Sie umfasste die Glocke mit beiden Händen und schloss die Augen. "Helios, Pegasus, wo bist du?" schickte sie ihre Frage aus. Da sie sich im Traumreich befand, musste sie nicht erst schlafen, um einen Traum zu haben und sobald sie sich ein wenig entspannte, sah sie sich wieder neben dem See stehen. Er sah genauso aus, wie in ihrem letzten Traum, der große Baum erhob sich neben ihr und da war auch der furchtbar zugerichtete Pegasus wieder. "Wer bist du? Warum rufst du mich? Lass mich schlafen...." Seine müden Worte taten ihr in der Seele weh, aber sie wollte nicht nachgeben. "Ich bin es, dein kleines Mädchen. Ich bin hier um dich zu finden. Sag mir, wo du bist, und wie ich dir und dem Traumreich helfen kann." Der Pegasus wandte den Kopf ab. "Du bist nicht mein kleines Mädchen. Sie war jung und hatte einen so wunderbaren Traum, dass ich mich darin geborgen fühlte wie sonst nirgendwo, dann ging sie fort und das Licht ihres Traumes hat mich verlassen... Ich würde das Licht überall wieder erkennen, aber du bist eine Fremde..." Er drehte ihr den Rücken zu und trabte über die Ebene davon. "Nein!" Ohne zu merken hatte Silvermoon das Wort laut gerufen. Erschrocken riss SailorJuno ihr die Glocke aus der Hand. Sogleich war Silvermoon wieder zurück in der Realität. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

"Was ist los?" Die anderen umringten sie besorgt und Juno gab ihr die Glocke zurück. "Tut mir leid, ich dachte, du seist in Gefahr ..."

"Pegasus", sagte Silvermoon mit Tränen erstickter Stimme. Er ist ganz hier in der Nähe, aber er wollte mir nicht glauben, dass ich Chibi Usa bin.."

"Wenn er hier ist, dann finden wir ihn auch", versprach SailorVesta. Die anderen nickten. "Wir werden ausschwärmen und alles absuchen, das etwa die Größe von Helios oder Pegasus haben könnte."

"Ich danke euch", Silvermoon wandte sich dem Irrlicht zu. "Hast du etwas dagegen, dass wir nicht gleich zum Kristall gehen?" Das Irrlicht verneinte. "Willst du hier warten oder uns bei der Suche helfen?" Das Irrlicht entschied sich für helfen und schwebte nach Westen davon. Silvermoon wollte nach Süden, SailorPallas beschloss, sie zu begleiten. SailorVesta entschied sich für Osten und sie wollte allein suchen. Also übernahmen SailorJuno und SailorCeres gemeinsam den Norden.

Niemand von ihnen ahnte etwas, von den beiden Gestalten die vor Ungeduld beinahe barsten.

"Wir müssen noch warten", sagte der Reiter zu dem Drachen. "Noch sind sie nicht weit genug vom Übergang entfernt. Wir dürfen nicht riskieren, dass es auch nur eine von ihnen zurück schafft, um die Leute in der wirklichen Welt vor uns zu warnen. Ich habe schon den nächsten Diener gefunden, der die Grenze für uns durchschreiten wird ... Bald können wir uns an einem Festmal laben."

Der Drache bebte vor Verlangen und nur mühsam hielt er still. Es sah ganz so aus, als würde das erste ihrer Opfer, das Mädchen mit den roten Haaren ganz von selbst ihnen bis vor das Netz spazieren ... und genauso geschah es. SailorVesta hatte im Schatten des Baumes eine ungewöhnliche Felsformation entdeckt und wollte gerade die anderen rufen, als sich der scheinbare Felsen plötzlich bewegte.

Die anderen hörten SailorVestas Entsetzensschrei und kamen gerade noch herbei gerannt, um Sailorvesta hilflos im Netz zappeln zu sehen. Das rosa Irrlicht zitterte vor Schreck und die vier verbliebenen Kriegerinnen gingen in Verteidigungsstellung.

Der schwarze Drache sah allein schon unheimlich aus, aber sein Reiter, der kleine Junge mit dem süßen Gesicht und den seelenvollen Augen, die so gar nicht zu seinem fiesen Lachen passen wollten, wirkte noch viel erschreckender.

"Haha..", lachte er, "ihr dummen Mädchen. Glaubt ihr wirklich ich ließe zu, dass ihr einfach so im Traumreich herum spaziert? Ich rieche frische Seelenfarben von weitem, ihr habt keine Chance mir zu entkommen. Also ergebt euch besser gleich, sonst muss ich eure kleine Freundin hier ein wenig quälen ..." Er zog das Netz fester zu und die sonst so starke SailorVesta wimmerte vor Pein. Dennoch brachte sie es fertig, ihnen zuzurufen: "Beschützt Silvermoon und rettet das Traumreich, nur das allein ist wichtig. Falkenauge, bring sie fort und vergesst mich!"

Silvermoons Gesicht war bleich, aber in ihren Augen glühte eine Entschlossenheit, die den meisten Gegnern einen kalten Schauer über den Rücken gejagt hätte. Der Reiter des Drachen aber grinste sie nur an. "Kommt her, kommt alle her, ihr könnt gern das Schicksal eurer kleinen Freundin teilen!"

SailorCeres reagierte als erste. Sie rief ihren Stab herbei und rammte ihn vor sich in die weiche Erde. Das obere Ende mit beiden Händen umfassend, versuchte sie sich mit einem neuen Angriff, dessen Formel ihr gerade eben eingefallen war. "Dornenwolke! Regne herab!" Alle hielten den Atem an, aber nichts geschah!

"Hehehe...", kicherte der Drachenreiter. "Sagt nur, ihr wisst nicht, dass eure Angriffe nur in der realen Welt wirken? Hier seid ihr machtlos und mir ausgeliefert!"

SailorVesta nahm noch einmal alle Kraft zusammen und versuchte, das Netz zu sprengen. "PallaPalla! CereCere! JunJun! Rettet Silvermoon! Bitte!"

SailorJuno nickte grimmig, dann packte sie SailorSilvermoon am Arm und zerrte sie mit sich. "Los, Falkenauge, wo ist der Tempel des Kristalls?", zischte sie halblaut, während SailorCeres ihren Stab wieder verschwinden ließ und ihr gemeinsam mit SailorPallas nach folgte.

Das Irrlicht sauste vor ihr her, hinter ihnen hatte der Drachenreiter alle Hände voll zu tun, das letzte Aufbäumen von SailorVesta zu ersticken. Das Netz bekam sogar die ersten Risse, aber schlussendlich versiegten Vestas Kräfte und ihre Farben strömten auf das Netz über.

Silvermoon sah es aus der Entfernung und wehrte sich weinend gegen Junos Griff. "Wir müssen sie retten, wir müssen zurück!"

"Kommt nicht in Frage", sagte Juno erstickt. Auch ihr rannen Tränen über die Wangen. "VesVes darf sich nicht umsonst geopfert haben. Wir können nichts gegen den Drachen und dieses kleine Monster unternehmen. Die einzige Hoffnung ist der Goldene Kristall. Du hast ihn doch schon einmal eingesetzt."

Silvermoon nickte wortlos, wand sich aus Junos Griff frei und lief aus freien Stücken neben den drei Kriegerinnen her. Sie versuchten mit aller Kraft zu verdrängen, was dort hinten geschah...aber irgendwie spürten sie es, als Vestas Farben völlig verblassten und sie regungslos in den Maschen hing, ein kalter Körper ohne Atmen, ohne Leben.

Es vergingen ein paar endlose Minuten, in denen der Drache und sein Reiter in den gestohlenen Farben schwelgten, sich völlig ihren berauschenden Tagträumen hingaben, während die vier verbliebenen Mädchen um ihre Freundin trauerten und über die Ebene dem Tempel zustrebten.

Als der Rausch seine Macht über die beiden verlor, waren die Kriegerinnen und das rosa Irrlicht immer noch ein gutes Stück vom Tempel entfernt.

"Das war einfach herrlich", sagte der Reiter zufrieden. "Jetzt holen wir uns die anderen." Gehorsam erhob sich der Drache in die Lüfte...

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In Kristalltokio marschierte ein total frustrierter Endymion in der Funkzentrale des Palastes auf und ab. "Es ist etwas geschehen, auf Nemesis", sagte er. "Ich spüre es ganz deutlich. Wann melden die sich endlich?"

"Wir versuchen unser bestes, Majestät", erwiderte Artemis und justierte den Empfang wieder neu. "Aber es liegt sicher nicht an einem technischen Problem. Die Armbandkommunikatoren müssten eigentlich ausreichen."

"Er hat recht", stimmte Merkur dem Kater zu und regulierte die Feinabstimmung. Dennoch blieben die Lautsprecher stumm.

"Ich hätte ihr nie den Kristall überlassen sollen", sagte der König wohl schon zum zehnten Mal.

"Du kennst Usagis Dickkopf, Mamoru", Sailormars, die zusammen mit den anderen hinter Amis Sessel stand, blickte ihn kopfschüttelnd an. Sie benutzte seinen privaten Namen sonst eher selten, aber alle anderen Beschwichtigungsversuche hatten nicht gefruchtet. "Wenn Usagi etwas will, dann kannst du sie nicht davon abbringen. Außerdem hat sie ihn sich geholt. Du hast ihn ihr nicht überlassen."

Der König wischte sich über die müden Augen. "Ich weiß, Rei, ich weiß. Aber ich fühle mich trotzdem schuldig. Wenn ich nur etwas tun könnte!"

"Wir können nur warten", seufzte Jupiter. "Möchte jemand eine heiße Tasse Tee?"

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"Königin Serenity!" Uranus war die schnellste und fing den Körper der Königin auf, ehe er auf dem Boden aufschlug. Der Silberkristall rollte aus den schlaffen Händen und blieb einen Schritt vor Pluto liegen und Kermesite liegen. Die Lider der dunkelhaarigen Frau flatterten und sie schlug die Augen auf.

Rubeus, hin und her gerissen zwischen Schuld und Freude drückte sie sacht an seine Brust. "Geht es dir gut, Kermesite?"

Auch ihre Schwestern weinten vor Glück, während sich die Senshi um Haruka und die Königin scharten.

Kermesite nickte und richtete sich auf. "Müsste ich nicht tot sein?", fragte sie verwundert. Ihr Herz klopfte, da Rubeus ihr so nah war und was sie in seinen Augen las, ließ ihre kühnsten Hoffnungen wieder aufleben. "Was ist geschehen?"

Petzite wischte sich die Freudentränen aus den Augen. Schulbewusst deutete sie auf die Gruppe der Senshi. "Königin Serenity ist plötzlich aufgetaucht und sie hat dich ins Leben zurück geholt."

"Die Königin? Wo ist sie?"

Kermesite erhob sich. Rubeus wollte ihr helfen, aber sie schüttelte den Kopf und taumelte zu den Senshi hinüber. "Majestät!"

Neptun und Saturn wichen ein Stück zur Seite, sodass Kermesite sich zwischen die beiden zwängen konnte. Uranus hatte die Königin sacht auf den Boden gleiten lassen und Pluto legte ihr gerade den Kristall auf die Brust. Kermesite wurde blass, als sie das reglose Gesicht der Königin sah. "Ist sie ... ist sie...?", stammelte sie verstört.

"Nein, sie ist nicht tot", sagte Saturn. "Sie ist nur völlig erschöpft. Wir müssen sie sich eine Weile ausruhen lassen. Ich werde bei ihr Wache halten. Ihr anderen solltet endlich das Schiff in den Griff bekommen."

"Und jemand sollte vielleicht dem König Bescheid sagen", meldete sich Cavalerite zu Wort. "Ich kann mir vorstellen, dass er sich große Sorgen um sie macht."

"Das übernehme ich", sagte Pluto. Sie trat ein paar Schritte zur Seite und aktivierte ihren Kommunikator.

"Nun, Rubeus", fragte Safir und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter, "kann ich auf dich zählen? Du bist der beste Pilot, den ich kenne."

"Natürlich helfe ich dir", sagte Rubeus. Jetzt, da die Sorge um Kermesite nicht mehr wie ein Fels auf seiner Brust lag, erkannte er, wie befreit und lebendig er sich fühlte.

Safir bemerkte, was in Rubeus vorging und lächelte. "Die Mächte von Liebe und Licht sind sonderbar wohltuend, nicht wahr?" Petzite nickte ihm liebevoll zu, ehe sie sich über Kermesite beugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Kermesite wurde rot und starrte zu Boden, dann drehte sie rasch den Kopf und warf Rubeus einen Blick zu, in dem all ihre Liebe und ihre neu erwachte Hoffnung leuchtete. Rubeus wurde es seltsam warm ums Herz. Gleichzeitig fielen ihm all seine Gemeinheiten, sein Hass und seine Bosheit wieder ein und er wandte den Blick von Kermesite ab. "Sie ist viel zu gut für mich."

"Mag sein", sagte Safir, "aber ich glaube, das ist allein ihre Entscheidung. Wenn ich richtig rechne, so hatte sie tausend Jahre Zeit, sich einen anderen zu suchen und wie du siehst hat sie sich nun einmal für dich entschieden."

Rubeus schluckte und sah wieder zu Kermesite hin, die ihm zaghaft zu lächelte. Er atmete tief durch und erwiderte ihr Lächeln. Anders als früher, war es nicht nur ein verächtliches Verziehen der Lippen, sondern es strahlte die gleiche Wärme aus, die er im Herzen fühle und seine Augen lächelten auch. Kermesite tat einen vorsichtigen Schritt zu ihm hin, hielt wieder inne, als wäre sie nicht sicher, ob er sie auch willkommen heißen würde. Rubeus wiederum hatte Angst, dass sie sich zu gut an seine schwarzen Taten der Vergangenheit erinnern könnte und seine Furcht, sie könnte sich von ihm abwenden, ließ auch ihn vorsichtig werden. Er streckte eine Hand nach ihr aus und erst als ihm Safir in die Rippen stieß, gab er sich einen Ruck und riss Kermesite einfach in seine Arme.

"Du bist zu gut für mich", flüsterte er erstickt in ihr dunkles Haar, "aber wenn du mich noch immer willst, dann will ich versuchen der zu werden, den du dir wünschst." Er räusperte sich und nahm allen Mut zusammen, um das Gefühl seines Herzens in Worte zu fassen. "Ich liebe dich, Kermesite."

Ihre Freudentränen durchnässten sein Hemd. "Ich ... ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, Rubeus", hörte er sie schluchzen und als sie das Gesicht hob, damit er sie endlich küssen konnte, glaubte er noch nie etwas so schönes gesehen zu haben, wie ihre vor Glück strahlenden Augen.

Wieder ein paar endlose Augenblicke später, sagte eine sanfte Stimme im Hintergrund. "Ich wusste doch, dass es sich lohnt, hierher zu kommen..."

Die Königin war wieder bei Bewusstsein und der Silberkristall war mit ihr verschmolzen. Sie erhob sich mit Uranus Hilfe und lächelte Rubeus und Kermesite verschmitzt zu. "Ich wünschte, Mars wäre jetzt hier, sie hat mir immer vorgeworfen, ich würde mich zu sehr in das Liebesleben meiner Freunde einmischen..." Kermesite lief zu ihr hin und sank vor ihr auf die Knie. "Majestät, ihr hättet meinetwegen nicht euer Leben riskieren dürfen." Rubeus trat neben sie und verneigte sicht tief vor der Königin. "Ab heute bin ich euer loyaler Diener, Majestät. Wenn Ihr mich wollt..."

"Ich ebenso", auch Safir, der doch selbst ein Prinz war, verneigte sich tief. "Ich bin euer Diener, Königin Serenity. Verfügt über mich."

"Kermesite, Rubeus, Safir ... das ist doch nicht nötig. Ich bin so froh, dass ihr beide nun nicht mehr im Bann der schwarzen Energie steht und alles gut gegangen ist. Gibt es hier wirklich ein Raumschiff, mit dem man in die Vergangenheit reisen kann?"

"Das gibt es", sagte Safir. "Und wenn alle zusammen helfen, ist es in ein paar Stunden betriebsbereit. Dann bringen wir euch, wohin und wann Ihr immer wollt."

"Ich nehme euch beim Wort", sagte Serenity und krempelte ihre weißen Ärmel hoch. "Wo fangen wir an?"



Ende des 9. Teils