Tut mir echt leid, aber ich hatte ein Privatleben:-) und dann kam ich überhaupt nicht mehr hier rein. Nun denn. Hier geht' weiter:-)

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IX.

Snape sah auf den Jungen neben sich und wusste, dass er ein komplett albernes Grinsen auf dem Gesicht hatte. Albern, lächerlich, peinlich. Es war ihm egal. Harry war zurückgekommen. Zu ihm. Die Erklärung, warum er überhaupt weggelaufen war, war mehr als dürftig gewesen, aber was waren schon Worte? Handlungen zählten mehr als Worte, und Harrys Handlungen in der Nacht waren durchaus zufriedenstellend gewesen. Snape bewegte sich ein wenig. Seine Hose saß unbequem eng. Hörte das denn nie auf? Er hatte schon vergessen gehabt, dass das Tragen von Jeans unangenehm sein konnte, auf wunden Körperstellen. Besonders, wenn sich diese Körperstellen beim bloßen, nein bekleideten Anblick des Körpers, dem sie die Wundheit verdankten, schon wieder regten.

Snape erlaubte sich einen winzig kleinen Seufzer. Hach. Wie ging es ihm gut. Nur nicht beschreien, sagte seine innere Stimme sofort, aber Snape war noch nie einer gewesen, der viel schrie. Aber ein kleiner Seufzer, der war durchaus angebracht an einem Morgen der so wundervoll, verheißungsvoll, einfach prächtig war.

Der Junge drehte sich um und entzog ihm den Anblick seines wundervollen Hinterns, gönnte ihm aber dafür einen Blick in sein strahlendes gerötetes Gesicht mit den leuchtenden grünen Augen. Snape beklagte sich nicht. Er fand es schon ganz normal, das Strahlen des Jungen zu erwidern, als wisse er nicht besser, dass so etwas nicht von Dauer war, es war es nie. Und so glücklich wie er sich im Moment fühlte, das konnte nicht gut gehen. Trotzdem.

„Kaffee?", fragte die kleine Stimme, und Snape nickte nur. Kochen konnte der Bengel ja auch noch. Er hatte wirklich Glück. Was Harry dagegen in ihm sah, würde er nie verstehen. Aber er würde auch nicht nachfragen. Nein. Wenn Harry ihn lieber wollte als Draco, der doch in seinem Alter und so weiter war, wollte er einfach nur dankbar sein. So.

Kurze Zeit später saßen die beiden friedlich zusammen am Tisch und schlugen sich die Bäuche vor. Severus war nie ein großer Esser gewesen, schon gar nicht, wenn er selber kochen musste, aber die von Harry gebratenen Eier gehörten wirklich zum Besten was er je gegessen hatte und sein Körper verlangte dringend nach Nahrung.

„Du hast gegrinst, Sev", sagte Harry. Ungläubig. „Ja und?", sagte Snape und es klang verteidigend. „Ich wusste gar nicht, dass du das kannst", sagte Harry und grinste so unverschämt, dass Snape ihn am liebsten übers Knie gelegt hätte. In seinem Zimmer. Der Bengel sah so glücklich aus, es war vollkommen irreal.

Der Frieden dauerte natürlich nicht lange, wie konnte er auch? In kurzer Zeit war der ganze Raum gefüllt mit Menschen und Harry musste rennen, um Kaffee zu machen und Eier zu braten und Severus musste sich beherrschen, um ihn nicht dauernd anzustarren und glücklich und wie ein Idiot zu grinsen. Er dachte eigentlich, dass es ihm ganz gut gelang, bis er einen Blick von Albus auffing, der ihn wie ein stolzer Vater anguckte und bedächtig nickte. Severus wandte den Kopf ab und fühlte eine nie gekannte Röte der Verlegenheit in seinen Wangen aufsteigen. Dann dachte er: ‚Was soll's?', und grinste Albus offen an. So wie er sich fühlte. Albus sah einen Moment aus, als wäre er vom Schlag getroffen worden, dann fing er sich wieder, und nickte noch einmal, und sah sehr froh aus.

Severus wandte sich ab und bemerkte, dass Albus nicht der einzige war. Hagrid strahlte über sämtliche Backen, die in seinem Fall riesig waren, und sah aus, als wolle er vor allen Leuten einen Freudengesang anstimmen. Severus nickte ihm nur kurz zu, um Schlimmeres zu verhüten. Hagrid strahlte und sah sich kopfnickend um, womöglich noch stolzer als Albus. Die beiden Narren.

Snape versteifte sich. Draco. Die grauen Augen sahen ihn durchdringend an. Dann ging der Blick zu Harry. Und zurück zu ihm. Ja, auch Draco hatte verstanden. Er war kein Narr. Und er freute sich auch nicht. Severus lief es eiskalt den Rücken runter, bei dem Blick, mit dem der blonde Junge ihn bedachte. Er erinnerte ihn immer mehr an seinen Vater, es war Zeit, dass er verschwand. Was er jetzt auch tat, nach einem letzten verächtlichen Blick auf ihn, Snape, und auf Harry. Harry sah ihn an, zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder seinen Aufgaben zu. Wie Snape auch, wenn es auch schwerfiel, sich vom Anblick Harrys loszureißen. Es ging nicht an, dass er nun seine Pflichten vernachlässigte und wie ein liebeskrankes Mondkalb immer um den Jungen herumhing. Nein. Wirklich nicht. Außerdem musste Harry auch arbeiten.

So verging der Tag. Nicht gut, aber er verging. Severus war relativ stolz auf sich. Er erwischte sich nicht dabei, dass er Gänge unternahm, nur um in Harrys Nähe zu kommen. Harry tat das auch nicht. Schade. Eigentlich. Severus schnaubte über seinen Schuhen, denen er eine metikulösen Pflege angedeihen ließ, bis sie so glänzten, dass sich irgendwer darin spiegeln konnte. Er selber sicher nicht. So weit kam es noch. Er war vielleicht auf dem besten Weg, sich komplett lächerlich zu machen, mit diesem Jungen, aber er würde verdammt sein, wenn er sehen konnte, was der in ihm sah. Nun, er würde dies Geschenk annehmen, so lange oder so kurz es dauern mochte. Sicher nicht sehr lange, bei seinem Glück, und es würde vergiftet sein, wie jedes Geschenk, das er in seinem Leben erhalten hatte. Er spürte das Gift jetzt schon. Es lief durch seine Adern, seine Venen, durch jede einzelne Zelle. Severus schnaubte wieder und polierte die ohnehin glänzenden Schuhe noch einen Tick glänzender.

Der Abend kam, wie er jeden Abend kam. Nur dass es nicht jeden Tag so lange dauerte. Severus sah von seinen Unterlagen auf – der Papierkrieg, den die geldgebende Behörde verlange, nahm wirklich immer lächerlichere Ausmaße an, ganz im Gegensatz zu dem Geld, das er bekam -, als er den üblichen Lärm hörte, den die Männer machten, als sie sich in den Speisesaal bewegten. Nachgerade albern, wie sie sich verhielten. Als sei das Essen der Höhepunkt des Tages. Andrerseits – was hatten sie auch sonst? Es war ja beinahe wie im Altersheim. Einige hatten den halben Tag auf dem Arbeitsamt verbracht, immer in der Hoffnung, doch noch eine, irgendeine Stelle zur Überbrückung zu ergattern, bis „Das Schiff" kommen würde, sie abzuholen und alles gut würde. Seeleute waren nicht gerade für logisches Denken bekannt. Und auf festem Boden wirkten sie alle irgendwie – sonderbar. So wie er selbst. Severus schnaubte wieder und gab sich noch fünf Minuten. Er wollte nicht gierig erschienen. Außerdem war er noch nie ein guter Esser gewesen.

Was sich ändern mochte. So wie dieser – Harry – kochte. Wenn das so weiterging, würde er aufpassen müssen, nicht noch auf seine alten Tage fett zu werden. Er würde eben für genügend Bewegung sorgen müssen. Severus merkte, wie sich ein selten gefühltes Grinsen von seinen Mundwinkeln aus über sein ganzes Gesicht verbreitete. Ein Grinsen, das von einem spürbaren Schlucken abgelöst wurde, als er grüne Augen auf eine Weise aufleuchten sah, als hätten sie diesen Gedanken von ihm ablesen können. Und als seien sie ganz dafür. Das Schlucken wurde zu seinem üblichen erstarrten Gesicht, als er plötzlich die Augen so ziemlich aller Anwesenden auf sich fühlte. Albus, Hagrid, Draco, und so weiter. Was hatten die nur alle? Sicher war es nicht so ungewöhnlich, dass er schluckte? Und sicher konnten sie nicht alle Gedanken lesen? Er starrte böse und stieß mit der Gabel in den Labskaus, den Harry so fein zubereitet hatte, wie er ihn lange nicht mehr gegessen hatte. Eigentlich noch nie.

Auch das Essen ging vorbei. Beinahe hätte Severus aufgestöhnt, vor rein körperlicher Befriedigung, der Befriedigung seines Magens, selbstverständlich. Andere Körperteile und vielleicht sogar Nicht-Körperteile, Snape war da nicht so sicher, meldeten Wünsche an, die auch durch ein Stöhnen angemessen ausgedrückt worden wären. Dachte ein Teil von Severus, den er aber noch rechtzeitig unterdrücken konnte. Er erinnerte sich mit Schaudern an den Blick aller zu Beginn des Essens. Wie würden sie erst gucken, wenn er stöhnen würde? Und wie würde er sich dann fühlen? Er hasste es, angeschaut zu werden. Mehr noch hasste er es, durchschaut zu werden. Von der Masse. Also nahm er sein übliches Gesicht auf und ging, mit einem Nicken in eine ungefähre Richtung. Grüne Augen blitzten auf, was seine Laune lächerlicherweise hob.