Die Nacht schien sich endlos dahin zu ziehen. Sowohl Galadriel wie auch Celeborn wachten an der Seite ihres kranken Kindes. Allmählich wurde Haldirs Schlaf ruhiger, je mehr das Fieber sank. Bald schon schlief er seitlich zusammen gerollt, mit geschlossenen Augen. Seine Mutter strich ihm immerzu sanft durch das feine, weiche Haar, löste die kleinen Zöpfchen daraus und kämmte die Haare schließlich mit den Fingern wieder ordentlich.

Haldir genoss selbst im Schlaf noch die zärtliche Zuwendung und kuschelte sich selig an Galadriels Seite. Derweilen kümmerte sich Celeborn um einen der aufgewachten Zwillinge. Schnell hatte sich Rumil wieder beruhigt und blubberte still vor sich hin, so dass ihn sein Vater bald wieder in die Wiege zu Orophin legte. Dann legte er sich wieder ins eheliche Bett zu seiner Frau und seinem Sohn. Sanft legte er seine Stirn an Haldirs und schloss die Augen einen Moment.

"Das Fieber ist gesunken. Bald wird er sich erholen können. Aber danach müssen wir mit ihm reden", meinte er schließlich zu seiner Gemahlin.

Galadriel nickte, wusste dass es unumgänglich war, wollten sie Haldir wieder glücklich sehen.

Als Haldir schließlich am Morgen verschlafen blinzelte fand er sich eingebettet zwischen seinen Eltern wieder, die ihn beide liebevoll anlächelten. Schon packte den kleinen Elben ein furchtbar schlechtes Gewissen und seine Unterlippe begann leicht zu ruckeln.

Sofort legte ihm Galadriel eine Hand an die Wange. "Nicht doch Haldir. Es ist alles in Ordnung. Du brauchst nicht weinen."

"Aber.aber..ich bin doch..ihr seit doch sicher.."

Galadriel schüttelte nur leicht den Kopf. "Wir sind dir nicht böse Haldir. Es war nicht deine Schuld. Wir haben einfach über die Ankunft der Zwillinge vergessen dass du noch nicht so alt bist wie es deine großen Brüder waren als du uns geschenkt wurdest."

Haldir guckte erst seine Mutter, dann seinen Vater aus großen, blauen Augen an, schien von zweiterem eine Bestätigung für die Worte seiner Mutter zu erwarten. Und Celeborn enttäuschte ihn nicht, sondern nickte zustimmend. "Von nun an sollst du nicht mehr außen vor stehen, sondern dich auch um die Zwillinge kümmern. Traust du dir das zu?" Celeborn strich Haldir sanft über den Kopf, lächelte als die Kinderaugen zu leuchten begannen. Gleich darauf aber überkam Haldir ein beängstigender Hustenanfall, erinnerte die erwachsenen Elben wieder daran, dass er noch nicht wieder ganz auf den Beinen war.

"Aber erst musst du gesund werden. Damit du auch auf Rumil und Orophin aufpassen kannst, ja?" Galadriel zog die Decke wieder über Haldirs Schulter und küsste ihn sachte auf die noch immer etwas erhitzte Stirn. Der Kleine blinzelte nur und nickte. Dann kuschelte er sich wieder in die Kissen und an den warmen Leib seiner Mutter.

Glücklich lächelte Galadriel ihren Mann an, wurde dann jedoch wieder ernst. "Ich hoffe wir überfordern ihn nicht damit."

"Bestimmt nicht....er ist doch schon...'groß' wie er immer sagt."

"Wir werden sehen...."

~*~

Drei Tage später taten sie das dann allesamt gemeinsam. Und Haldir war mit Feuereifer dabei. Fläschchen hier, Fläschchen da, aber niemals zugeben, dass beide Zwillinge gleichzeitig etwas schwer auf ihm lasteten und er fast in der Matratze des Bettes auf dem er saß versank. Plaudern, spielen, alles wunderbar, aber dann kam das was nun mal nach all zu viel guter Milch eben kam.

Haldir rümpfte entsetzt die Nase. "Iiiieh, das stinkt......" Sprach es und wollte abhauen, als es ums Windelwechseln ging. Doch seine Mutter blieb hart. "Hier geblieben junger Elb. Wenn helfen dann richtig...."

"Aber Mama..."

"Kein Aber...." Haldir verschränkte die Arme und stand danach trotzig neben Galadriel. "Ich hab bestimmt nie so gestunken"; behauptete er nach einer Weile. "Doch hast du....", lachte seine Mutter und hob den fertig gewickelten Rumil vom Tisch, um ihn Haldir zu geben. Der sah seinen kleinen Bruder skeptisch an, während Galadriel Orophin wickelte.

"Hey, kleiner Stinker..."; meinte er und Rumil quietschte vergnügt und grabschte nach Haldirs Näschen. "Ne, lass das mal, die ist schon genug von dir und Orophin traktiert worden..." Eben jener war nun auch fertig gewickelt worden und Haldir sah sich wieder mit beiden Zwillingen konfrontiert. "Wisst ihr was...ich hör auf mir selber leid zu tun....ihr zwei seit zwar Stinker, aber irgendwie mach ich aus euch schon ganz passable Elben."

Galadriel lachte bei den so ernst gesprochenen Worten ihres Sohnes, der mit den beiden Baby davon dackelte und sich mit ihnen auf ihre Spieldecke verzog.

Einige Jahrzehnte später

Haldir stand auf einem riesigen Mallornbaum und blickte in den Sonnenuntergang. Die Ruhe hatte sich wunderbar in ihm ausgebreitet. Langsam drehte er sich um, als er nahezu lautlose Schritte auf dem Waldboden ausmachte. Er blickte nach unten, erwartete seinen jüngsten Bruder, der ihn ablösen sollte, doch im nächsten Moment durchbrach ein höllischer Schrei die Stille, etwas silbriges mit blonden Haaren kam heran geflogen und prallte gegen ihn. Kurz zuvor hatte er von unten noch den Warnruf Orophins gehört, aber zu spät realisiert was 'Rumil-Flug' zu bedeuten hatte.

Nun wusste es Haldir, der flach auf dem Rucken auf dem leicht feuchten Waldboden lag und ein doch nicht zu verkennendes Gewicht auf seinem Bauch verspürte. Er blinzelte und blickte geradewegs in Rumils strahlendes Gesicht.

"Oh nein....was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?"

Orophin kam herbei gelaufen und trat neben die zwei. "Alles okay...." Haldir nickte, knickte aber um, als der Kleine ihn gar nicht beachtete, sondern lediglich Rumil zu sich hoch zog.

"Ich liebe euch auch...", knurrte Haldir und erhob sich, klopfte sich Staub und Blättchen aus den Kleidern, während ihn die Zwillinge verwirrt ansahen.

"Oh, eh...Haldir....alles klar?", wollten die Zwei wissen.

"Sicher.....aber irgendwie hab ich langsam Zweifel dass aus euch jemals echte Elben werden.....ihr werdet euch nie ändern!!" Er konnte nur noch die Augen verdrehen, als die Zwillinge ihn flankierten, sich ankuschelten und ihn auf die Wange küssten. "Haben dich doch lieb großer Bruder!"