Kapitel 18:
Es war mal wieder ein Tag wie jeder andere, wenn man Aufstehen kurz nach Sonnenaufgang, anschließendes Schnelligkeitstraining und schließlich Meditation mit Normalität assoziiert.
Dune hatte sich inzwischen an die Regeln gewöhnt, zumindest, was das Training anging. Mit der Tatsache, dass sie seit neustem schon vor dem Frühstück mit den physischen Kämpfen anfingen, kam sie noch nicht so recht klar, und das zeigte sie Piccolo auch. Immer öfter setzte sie nicht nur ihre Schnelligkeit, denn das war die einzige Eigenschaft, in der sie Piccolo körperlich voraus war, ein, sondern konzentrierte sich kurz und schon hing ihr Mentor in der Luft und konnte sich nicht mehr rühren. Das sah dann immer recht lustig aus, vor allem, weil er diese Position alles andere als witzig fand.
Eigentlich war Dune sogar ein wenig traurig, dass er sie nicht mehr so einfach überrumpeln konnte ... so war es ihr doch nicht ganz unangenehm gewesen, wenn er sie bewegungsunfähig gemacht hatte und dann ....
Sie schüttelte den Kopf. Es war besser, wenn sie jetzt nicht daran dachte. Aber es war schon zu spät, der Moment der Unaufmerksamkeit hatte genügt, um den Namekianer aus seiner misslichen Lage zu befreien und schon machte ihr Bauch unangenehme Bekanntschaft mit seinem Ellenbogen. Im nächsten Moment klebte sie an einer der Wände von Gottes Palast und Piccolo stürmte auf sie zu.
Später konnte sie nicht mehr sagen, warum sie nicht weggelaufen war. Vielleicht lag es an dem Schmerz in ihrer Magengegend, der sie davon abhielt, oder, weil sie nicht hatte weglaufen wollen.
Tatsache ist, dass sie nach eben diesem kurzen Moment, in dem sie hätte fliehen können, absolut bewegungsunfähig an besagter Wand klebte. Aber das war egal. Sie lächelte. Er konnte es also doch noch...
Mit seinem grinsenden Gesicht vor Augen und zwischen ihm und der Wand quasi gefangen, fühlte sie sich nicht unbedingt unwohl. Ein kleines Bisschen vielleicht, weil er jetzt schon eine ganze Weile in dieser Position verharrte und noch immer keinen abfälligen Kommentar abgegeben hatte.
Sie sah ihm in die Augen und dann überkam es sie einfach, es war, wie als müsste sie das unbedingt tun...
„Piccolo? Kann ich dich mal was fragen?", fragte sie ihn schüchtern und bekam ein Knurren als Antwort. Sein Grinsen war verschwunden und er sah sie ein wenig eigenartig an. Was war denn jetzt schon wieder? Die ganze Zeit hatte er überlegt, wie er sie überwältigen konnte und jetzt ... er wusste es auch nicht so ganz. Irgendwie war es, als wäre in dem Moment, in dem sie begonnen hatte zu sprechen, der beruhigende Nebel, der ihn umgeben hatte, gewichen und sie hatte ihn damit relativ unsanft in die Realität zurück geholt.
„Was ist denn nun? Ich dachte, du wolltest mich etwas fragen!", sagte er und stellte überrascht fest, dass sich die Wangen seiner Schülerin rosa gefärbt hatten.
„Sag mal, hast du Chloroplasten in deinen Zellen?", fragte sie und urplötzlich verschwand die verräterische Röte aus ihrem Gesicht und sie sah ihn nur noch neugierig an.
„WAS BITTE?", fragte der perplexe Namekianer entsetzt.
Mal davon abgesehen, dass er absolut nicht wusste, was Chlorodingsdas überhaupt waren, hätte er sich jetzt keine dümmere Frage vorstellen können. Er starrte sie nur weiter entgeistert an und wartete eher unwillig auf ihre nächste Antwort.
Dune setzte nun einen vielwissenden Gesichtsausdruck auf und begann zu erklären, dass es sich dabei um Zellbestandteile handle, die sich auf der Erde ausschließlich bei Pflanzen zu finden wären und diesen zur Photosynthese dienten. Des weiteren enthielten besagte Chlorodingsdas den grünen Farbstoff Chlorophyll, der das richtige Spektrum an Sonnenlicht absorbiere und dadurch aus Wasser und Kohlenstoffdioxid Glucose herzustellen, welche dann als Energievorrat der Pflanze diene.
Piccolo kochte. Nicht nur, dass sie ihn fragte, ob er eine Pflanze sei, nein, sie musste ihn auch noch mit irdischen Biologiekram voll quatschen und ihn dabei besonders schlau ansehen.
Um ihren Redefluss zu unterbrechen, der gerade beim Thema „Energieverwertung der Pflanzen bei Nacht" angekommen war und zu den chemischen Vorgängen in den Zellen umzuschweifen drohte, gab er ein wütendes Knurren von sich, drehte sich abrupt um und lief in eine andere Richtung. Hauptsache erst mal weg, von diesem Biowissensspeicher. Aber auch nicht zu weit ...
Beim Laufen meckerte er laut vor sich hin und Dune, die inzwischen aufgehört hatte zu reden und sich Gedanken darüber machte, ob sie ihn mit dieser Frage eventuell auf den Schlips getreten sein könnte, fing einzelne Fetzen, wie „laberndes Gör", „total übergeschnappt" und „nerviger geht's nicht" auf.
Ein wenig gekränkt warf sie ihm ein „Das habe ich gehört!!!" hinterher. Dabei hatte sie sich solche Mühe gegeben, ihm alles zu erklären.
„Das hoffe ich!", erwiderte er laut, mit immer noch deutlich wahrnehmbarer, wenn auch unterdrückter, Wut in seiner Stimme.
Dune hatte inzwischen tiefe Falten auf ihrer Stirn. Ihre Augen wurden immer kleiner, bis schließlich nur noch ein wenig grün aus zwei Schlitzen hervorfunkelte.
„Duuuuu .... Holzkopf!!!", schrie sie.
„Du wiederholst dich!", entgegnete der Namekianer betont gelangweilt, der sich inzwischen umgedreht hatte und sie, mit in die Hüften gestemmten Armen, kampflustig ansah.
„Aha, daher weht der Wind!", stellte Dune trocken fest und grinste dann.
Der anschließende kleine Kampf hatte ein eindeutiges Ende. Eine zwar wackelig, aber dennoch stehende, junge Frau, die zu einem liegenden und ziemlich wütenden Namekianer hinabschaute. Sie grinste, meinte noch „Hab' gewonnen!", streckte ihm die Zunge raus und verschwand im Palast, um Dende aufzusuchen.
Sie hatte zwar gelernt, wie man andere heilte, aber so etwas wie Regenerationskräfte besaß sie nicht. Als sie endlich von dem jungen Gott stand, brach sie auf die Knie und hatte große Probleme, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Es machte schon recht viel aus, ohne Frühstück solche hohen Leistungen zu bringen ...
Als Dune das nächste Mal, gesättigt und geheilt, die Plattform betrat, schwebte Piccolo wieder in seiner üblichen Manier, etwa einen Meter über dem Boden und meditierte. Er hatte Dune den Rücken zugekehrt und bemühte sich, die Konzentration zu behalten. Natürlich war er immer noch ein wenig sauer, auch, wenn ihm dieser kleine Kampf, wie er ihn liebevoll nannte, Spaß gemacht hatte. Die Tatsache, dass sie nicht gefrühstückt hatte war ihm dabei zu Gute gekommen ... wenn er ehrlich war, ließ er sie sogar mit Absicht ohne das morgendliche Mahl trainieren. Einerseits würde sie das abhärten, Son Gohan hatte seinerzeit auch kein Festmahl bekommen. Andererseits hatte er so eine Chance, sie zu besiegen. Natürlich war letzteres absolut irrelevant und es läge ihm absolut fern, so hinterhältig vor zu gehen. Natürlich!
Die junge Frau stand inzwischen vor ihrem immer noch schwebenden Mentor und betrachtete ihn. Er sah recht mitgenommen aus, auch, wenn er sich neue Sachen gezippt hatte. Teile seiner Arme hatten eine deutlich bläuliche Färbung angenommen und die Schwellung an seinem Kinn war einfach nicht zu übersehen. Sie seufzte. Typisch Piccolo. Niemals würde er jemanden um Hilfe bitten, zumindest, wenn es sich nur um Kleinigkeiten, wie geringfügige Deformationen seines Äußeren handelte. Er war schließlich nicht eitel. Na ja, fast nicht.
Erneut seufzend, konzentrierte sie ihre Kräfte und stich mit ihren Händen über die verfärbten und geschwollenen Stellen. Als sie daran dachte, dass sie ihm vor etwa einer Stunde einen nicht gerade sanften Tritt in sein wohlgeformtes Hinterteil verpasst hatte wurde sie rot.
*Ob er da auch einen blauer Fleck hat?*, dachte sie grinsend.
Piccolo starrte sie indessen an. Er verstand diese Frau einfach nicht. Aber sich selbst verstand er auch nicht. Warum genoss er es, wie sie über die verletzten Stellen streichelte? Warum fand er es schön, mit ihr zu streiten, sie zu triezen oder ihr beim Meditieren zu zusehen?
Und warum, verdammt, hatte er das Gefühl, sie würde in die tiefsten Abgründe seiner Seele blicken, wenn er sie ansah?
So wie jetzt?
Dune war wieder vollkommen in seinem Blick gefangen. Was war es nur, was ihr jedes Mal daraus entgegenrief? Immer wieder aufs neue war sie fasziniert von den Gefühlen und den Stimmungen, die sie darin erblickte. Schwarz und doch so vielseitig...
Völlig versunken, wie sie war, bemerkte sie nur am Rande, dass Piccolo jetzt stand und ihre Hand noch immer auf seiner Wange verharrte, wo vor kurzem noch eine heftige Schwellung zu sehen gewesen war. Seine Haut war so weich ... niemand würde glauben, dass dieser Mann schon viele Kämpfe hinter sich hatte.
Von einen Moment auf den anderen beschloss sie, dass sie mehr wollte, als nur seine Wange zu berühren ...
Dann kam es, ganz plötzlich. Und genau so schnell, wie es da gewesen war, war es auch schon verschwunden. Wie ein Blitz in ihrem Verstand und schon wieder weg. Erschrocken schnappte sie nach Luft und riss die Augen weit auf. Da war sie wieder, die verborgene Angst, die ihr fast den Verstand geraubt hatte. Es war ein Bild gewesen, ein Bild aus dem Traum, den sie vor einiger Zeit gehabt hatte...
Das Bild von dem grinsenden Monster und wie es Piccolo mit seinen Krallen aufspießte.
*Wie ... wie eine Warnung...*, stellte sie erschrocken fest, löste sich von Piccolo und rannte, ohne ihn noch einmal an zu sehen, in den Palast.
Zurück blieb ein ziemlich verwirrter und auch irgendwie enttäuschter Namekianer.
