Harry machte sich auf den weg zu ihrem Treffen. Er hatte noch 5 Minuten. Ich muss ihn unbedingt fragen, was los ist, dachte er sich, während er vor dem Raum ankam. Er klopfte kurz und trat dann ein.

Draco saß auf dem Bett und schaute in den Himmel, an dem viele Sterne leuchteten. Er hatte sich vorgenommen, so weiter zu machen, wie bisher. Irgendetwas ändern zu wollen hatte eh keinen Zweck.

"Hallo Harry."

Harry erwiderte den Gruß und setzte sich zu Draco auf's Bett.

Draco gab ihm einen Kuss und lächelte ihn an. "Tja, da haben wir ja viel nachzuholen."

Harry sah ihn verwirrt an. Hatte Draco vergessen, was heut in der Bibliothek war?

"Draco?"

"Ja?"

"Was ist eigentlich los mit dir?"

"Nichts, was soll den mit mir sein? Mir geht es ausgezeichnet."

"Sicher. Darum hast du vorhin auch geweint." Sagte Harry sarkastisch.

"Ich hab gar nicht geweint, das hast du dir eingebildet." Wollte Draco ihn beruhigen.

"Nein, das hab ich mir nicht eingebildet, ich hab sie dir doch weggewischt, und in der Bibliothek regnet es für gewöhnlich nicht. Draco was ist denn los? Du kannst es mir ruhig sagen." Versuchte Harry ihn zum Sprechen zu bewegen.

"Was hättest du denn davon? Lass uns lieber über etwas interessanteres reden."

"Nein, ich will jetzt über genau diese Sache reden. Ich will wissen warum du sauer auf mich warst, warum du geweint hast und warum du jetzt schon wieder so tust, als wäre alles in Ordnung." Harry sah ihm in die Augen, aber Draco wandte seinen Blick ab. Er schaute wieder aus dem Fenster und sagte dann: "Was interessiert es dich ob ich weine, oder sauer auf dich bin, das hat es sonst nie und du machst es dir damit nur unnötig schwer, schließlich bist du doch nicht hier um zu reden." Den letzten Satz hatte er als Anspielung auf das was Harry damals gesagt hatte, erwähnt.

"Und das will ich auch wissen. Du machst mir Vorwürfe, sagst es mir aber nicht ins Gesicht sondern versteckst sie. Warum? Warum sagst du es nicht einfach, wenn dich etwas stört?"

"Ich versteh dich nicht Harry. Die ganze Zeit über war es dir egal, ob ich etwas zu sagen hatte oder nicht, und jetzt plötzlich, spielst du den besorgten Geliebten. Hast du Angst, deine Puppe zu verlieren?" während Draco das sagte, war er aufgestanden und zu einem Tisch gegangen, auf dem weiße Lilien in einer wunderschönen Kristallvase standen. Fasziniert von der Schönheit der Blumen, hatte er gar nicht gemerkt, dass Harry hinter ihn getreten war und ihn jetzt umarmte.

"Draco bitte. Ich will nicht, dass du sauer auf mich bist."

"Letzte Woche...da wollte ich dir sagen, was mich stört...aber du hast mir nicht zugehört...warum sollte ich es dir jetzt sagen? Du würdest mir wieder nicht zuhören." Sagte Draco leise.

Harry erinnerte sich zurück und stimmte ihm in Gedanken zu. Ja, Draco wollte ihm irgendwas sagen, aber Harry wollte nicht mit ihm reden, er hatte ihn geküsst und gesagt, dass er nicht zum reden hier wäre und es ihm egal ist, wo Draco war...

"Draco es tut mir leid."

"Du weist doch gar nicht wofür du dich entschuldigst."

"Doch, du hast Recht, ich hab dir nicht zugehört, ich wollte nicht mit dir reden, aber jetzt! Jetzt will ich mit dir reden!"

"Harry ich hab gar keinen Grund auf dich sauer zu sein, es ist alles richtig, so wie es ist."

"Aber das was du sagst, sagst du doch nicht ohne Grund. Wieso bist du eine Puppe? Behandle ich dich etwa wie eine? Draco rede mit mir!" sagte Harry nun verzweifelt.

Aber Draco schüttelte nur den Kopf. "Harry entweder du machst jetzt das mit mir, was wir immer machen und wofür ich hier bin, oder wir lassen es heute und ich geh wieder, ich muss noch einen Aufsatz schreiben."

Harry drehte ihn zu sich um und sah in das Gesicht des Jungen, mit dem er seit mehreren Monaten schlief, ohne eine Beziehung zu ihm zu haben. Aber es sah nicht aus wie sonst, kühl, gefasst, perfekt, nein, es war traurig, verzweifelt, mit Tränen überströmt, ängstlich, hilflos.

Und genauso fühlte sich Draco. Es stieg ihm einfach alles über den Kopf, es wurde zu viel und er kam mit der Situation einfach nicht mehr klar. Entweder er sagte Harry, dass er in ihn verliebt war und der Schatten, der sich über sein Herz gelegt hatte, verschwand, aber mit dem Risiko, auch Harry zu verlieren, und dann würde ein neuer Schatten kommen.

Oder aber, er sagte es ihm nicht, der alte Schatten würde bleiben und immer größer werden, wachsen und wachsen bis er irgendwann sein Herz verschluckte und von Draco's Persönlichkeit nichts mehr übrig blieb. Aber dann konnte er wenigstens bei Harry bleiben...

"Draco, bitte sag mir, was dich stört. Du sagst, ich behandle dich wie eine Puppe. Das will ich aber doch nicht, ich meine, du denkst doch selbst und tust was du willst und..."

"Ich tue was ich will? Ich tue was du willst."

"Aber wenn du das nicht magst, dann sag es doch!"

"Und dann? Dann verlierst du das Interesse an mir und was mach ich dann..."

"Warum sollte ich das Interesse an dir verlieren? Wir müssen doch nicht immer machen, was ich will." Er streichelte seine Wange.

"Deaco, ich behandle dich nicht wie eine Puppe, du selbst machst dich zu einer."

Draco schluckte und sagte mit tränenerstickter Stimme: "Aber wenn es doch nicht anders geht...wenn du nur so bei mir bleibst..."

"Aber wie kommst du denn darauf, dass ich so eine leblose Puppe will? Ich meine, wir schlafen miteinander und da ist es doch normal, dass beide mitreden können, oder?"

Draco nickte schwach.

"Komm schon, was stört dich wirklich. Ist es, weil wir uns so selten unterhalten, ich meine, so richtig unterhalten? Stört es dich, dass wir einfach nur Sex haben, ohne irgendwelche Gefühle? Verletze ich dich damit?"

Aber Draco antwortete nicht.

"Gut, dann eben anders. Da du ja meine Puppe bist, die bedingungslos alles tut was ich sage, verlange ich jetzt eine ehrliche Antwort von dir."

Draco schüttelte den Kopf. "Das würde dir nicht gefallen, aber so wird das eh nichts." Er löste sich aus Harry's Armen und ging zur Tür.

"Wo...wo willst du denn hin?" fragte Harry verblüfft.

"Harry so wird das nichts, du darfst keine Fragen stellen, damit machst du alles nur noch schlimmer und da ich dich ungern anlügen will, werde ich sie dir nicht beantworten, du musst dich nur endlich entscheiden, ob du einfach nur Sex, ohne irgendetwas anderes willst, oder..." er wischte sich die Tränen weg, aber es kamen gleich neue. "Oder...oder aber..." doch er sprach nicht zuende, sondern hatte den Raum verlassen.

Und ließ einen verwirrten und besorgten Harry zurück.

Und dieser verstand die Welt nicht mehr. Was er zumindest von ihrem, nicht sehr klärendem, Gespräch verstanden hatte, war dass Draco das Gefühl hatte, wie eine Puppe behandelt zu werden. Als wäre er nur da, um Harry zu unterhalten. Ein Spielzeug, mit dem man nach Lust und Laune machen konnte, was man wollte.

Und wenn Harry das auf ihre Situation und ihre Absprache bezog, dann sah es für ihn so aus, als würde es Draco stören, einfach nur Sex zu haben, ohne Gefühle. Aber das ganze war doch seine Idee gewesen! Dachte Harry verzweifelt. Er wollte doch einfach nur mit Harry schlafen! Und da Harry das auch wollte, war doch alles in Ordnung, oder? Wieso störte es ihn jetzt?

Diese Frage wusste er sich genauso wenig zu beantworten, wie die, warum Draco so krankhaft eifersüchtig auf Ron war.

Weil du mit Ron sprichst, und ihn als menschliches Wesen siehst, und nicht nur als ein Stück rohes Fleisch.Und deswegen darfst du Draco so benutzen?Ja, es war seine Idee und vielleicht fand er sie am Anfang auch ganz gut, aber vielleicht will er jetzt von dir als Mensch gesehen werden? Als Mensch mit Gefühlen? Mit Gefühlen für dich?

Dieser Gedanke versetzte Harry einen Schlag.

Natürlich! Wieso war er nicht gleich darauf gekommen? Draco fühlte etwas für ihn, mehr als nur Sympathie für den Jungen, mit dem er schlief.

Jetzt wurde ihm auch klar, wie sehr er ihn damit verletzt hatte, dass er nur mit ihm schlafen wollte und nicht sprechen und Draco musste einfach eifersüchtig auf Ron sein, denn mit Ron machte Harry all das, was er Draco verweigerte.

"Hätte ich das doch nur gewusst..." Harry ließ sich seufzend in einen Sessel sinken und ohrfeigte sich innerlich für sein Unverständnis für Draco.

"Ihm muss es so beschissen gehen. Wo er jetzt wohl ist?"

Ohne weiter zu überlegen verließ er den Raum und machte sich auf die Suche nach ihm.