Mr. Malfoy ist verhindert

Albus Dumbledore erwartete Besuch aus dem Ministerium. Er hatte den Sprechenden Hut schon bereitgelegt, denn heute sollte er abgeholt werden. Nun aber kündigte ein grünliches Glühen in seinem Kamin an, dass jemand mit ihm sprechen wollte, und bald darauf erschien der Kopf eines Ministeriumsbeamten in den Flammen.

„Guten Tag, Professor Dumbledore, und entschuldigen Sie die Störung. Ich soll Ihnen folgendes mitteilen: Mr. Malfoy lässt sich entschuldigen, er wollte eigentlich persönlich vorbeikommen, aber seine alte Mutter wurde überraschend in das St.-Mungo-Hospital eingeliefert, sie erlitt einen schweren Zusammenbruch, offenbar eine alte Fluchverletzung, die wieder ausgebrochen ist, wahrscheinlich wird sie St.Mungo's nicht wieder verlassen."

„Oh, das tut mir leid", sagte Dumbledore, der nicht gewusst hatte, dass die alte Mrs. Malfoy noch lebte. Er konnte sich noch vage an eine junge blonde Frau von betörender Schönheit und voller Lebendigkeit erinnern, das war zu einer Zeit gewesen, als er selbst sich noch jung gefühlt hatte. Damals hatte er auf einem Fest sogar mit ihr getanzt und sie sehr anziehend gefunden. Nach ihrer Heirat mit dem alten Malfoy allerdings hatte man sie kaum noch in der Öffentlichkeit gesehen.

„Dann wird also jemand anders vorbeikommen, um den Hut abzuholen?"

„Nein, das wird nicht mehr nötig sein. Mr. Malfoy lässt ausrichten, dass die Sache mit dem Hut sich erledigt hat."

„Ach ja? So, es freut mich, das zu hören. Dann war Lucius also von den Informationen, die ich ihm habe zukommen lassen, überzeugt?"

„Das ist anzunehmen", antwortete der Ministeriumsbeamte und verabschiedete sich.

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Lucius Malfoy stand vor dem Kamin im nun leergeräumten Zimmer seiner Mutter. Alle ihre Papiere und sonstigen Habseligkeiten hatte er schon durchsortiert. Ohne es sich ganz eingestehen zu können, hatte er nach Anhaltspunkten für diese unglaubliche Geschichte gesucht, aber nichts gefunden, außer dem Foto, das er nun in der Hand hielt. Kurz nach seinem letzten Gespräch mit ihr hatte seine Mutter einen schweren Anfall erlitten, sie hatte nur noch unzusammenhängende Worte herausgebracht. Er hatte ihr noch einige Fragen stellen wollen:

„Mutter, erzähl mir noch mehr von dem Bild."

Sie hatte auf das Bild gestarrt, und er war sich nicht sicher gewesen, ob sie wirklich etwas wahrgenommen hatte.

Sie murmelte Unverständliches, dann die Worte: „Angst, ich hatte Angst… wollten dich mir wegnehmen… Zaubertrank gebraut, ich wusste, sie warten…. ein Erbe für die Malfoys, aber es kam kein Kind mehr…" Sie hatte hysterisch gelacht. „Guter Zaubertrank, aber sie merkten es… aber dann, darauf ist nie jemand gekommen…Muggelpillen… " Das Lachen ging in Weinen über, „… ich wollte dich beschützen, aber ich konnte nicht, war zu schwach, zu viele Flüche,…dann, der Brief aus Hogwarts…"

Danach war wieder alles undeutliches Gemurmel gewesen, nur ihr letztes Wort, bevor sie ganz verstummte, war wieder verständlich gewesen: „Draco."

Und sie war in ein Koma gefallen, aus dem sie bisher nicht erwacht war. Die Heiler von St.Mungo's hatten nicht viel Hoffnung auf eine Erholung geäußert, zu viele alte Zauberschädigungen hatten sich angesammelt, und es war zu befürchten, dass sie nicht wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachen würde.

Als er über all das nachdachte, hörte er plötzlich eine leise feine Stimme aus der Ferne seiner Erinnerungen:

„Malfoy", flüsterte es in sein Ohr, „oh, seit langer Zeit wieder ein Malfoy, und voller Ehrgeiz, sich zu beweisen….

stark willst du sein,

Macht haben über viele!

Slytherin ist's dann, was sonst,

doch, halt, ich seh' auch Gryffindor,

es könnte zu dir passen,

der Mut zählt hier, der Freiheitsdrang,

weit mehr als Zaub'rerklassen…"

„Nicht Gryffindor, bitte, lass es Slytherin sein!"

„Nicht Gryffindor, nun gut,

du hast es so entschieden,

das sei dein Weg,

nun gehe ihn:

Slytherin!"

Lange stand Lucius noch gedankenverloren vor dem Kamin, mit dem alten Foto in der Hand, und starrte in die Flammen.

Ende