A/N: Hi! Hatte gerade ne kreative Phase, muss nämlich das längste Kapitel sein, dass ich je geschrieben hab. Normalerweise beinhalten meine Kapitel immer 4-5 Seiten, das hier ist 9 Seiten lang *g* Bin ganz stolz... Aber ich werde versuchen. Die Kapitel dieser Story länger zu halten, vorausgesetzt, ich bekomme viele Reviews. Schlecht ist bloß. Dass ich diese Idee gerade in der Urlaubszeit veröffentlichen musste... na ja, wird schon. Gut, das war jetzt alles ziemlich unwichtig, also will ich euch nicht länger vom Lesen abhalten (

Disclaimer: Harry, Ron, Hermione gehören JKR, die Lichter hab ich mir von Marion Zimmer Bradley geklaut und das Wolfsherz ist von Wolfgang Hohlbein.

@Viciousdragon: Jep, Draco taucht auch irgendwann noch mal auf. Obwohl ich nicht verrate, welche Rolle er spielt. Ansonsten danke.

@suzy-008: Ich hoffe, das ist dir schnell genug?!

@Bra-sama: Ich glaube auch, dass es interessant wird, jedenfalls hoffe ich, dass ich es hinbekomme.

@Tinuviel: Ob der Empfang ironisch gemeint war oder nicht, erfährst du leider erst im nächsten oder übernächsten Kapitel, allerdings kannst du dir hier schon mal ein Bild von Adrienne machen.

@Draco-Fan: Okay, wir wollen ja mal nicht übertreiben *g*, aber danke!

@Isi: Dankeschön! Ich hoffe ja mal, das is lang genug. Und das mit den grauen Zellen haben wir ja schon halbwegs geklärt...

666: Danke, wäre mir aber ganz recht, wenn du dich net 666 nennen würdest, okay? Was denkt man denn von dir, wenn man dich net kennt *g*!

***Kapitel 2*****Die Katakomben***

Adrienne tanzte regelrecht durch die langen, leeren Korridore ihres Schlosses. Lächelnd betrachtete sie Portraits verstorbener Familienmitglieder und freute sich einmal mehr, dass sie die letzte Verbliebene war, um die alte Blutslinie fortzuführen.

Aber in nächster Zeit würde das nicht von Nöten sein, ihr Körper war jung und sie glaubte nicht, dass sie so schnell sterben würde.

Eines der Portraits, ihre Mutter, blickte traurig zu ihr herab und formte stumme Worte mit den Lippen, denn ihre Zunge hatte der Schafsrichter vor der Hinrichtung zur Folter entfernt.

Adrienne war sicher zu wissen, was ihre Mutter, deren Name Aikala gewesen war, ihr zu sagen hatte, doch schenkte sie dem keine Beachtung.

Wie sollte ein altes Portrait, das seit Jahrhunderten in einem staubigen Korridor hing, von irgendetwas eine Ahnung haben?!

*****

Die drei Freunde waren bereits seit geraumer Zeit in dem immer noch unbewohnten Tal unterwegs, als eine einzelne verfallene Holhütte hinter einem Hügel vor ihren Augen erschien.

"Das ist seltsam", rätselte Hermione, deren Beine nach dem ungefähr dreistündigen Lauf zu schmerzen begannen. "Vorhin, als ich von diesem Hügel herunter blickte, konnte ich diese Hütte noch nicht sehen."

"Lass stecken, Hermione", meinte Ron abschneidend. "Du hast sie bloß übersehen. Wir gehen einfach hin und klopfen, wenn sie unbewohnt ist, können wir die Nacht dort verbringen, es wird dunkel."

Harry stimmte ihm mit einem Kopfnicken zu.

An der baufälligen Behausung angelangt klopfte Harry dreimal mit der Faust gegen die Tür, welche dabei fast aus den Angeln fiel und erbärmlich quietschte. Innen waren Geräusche zu hören; dem Anschein nach wohnte hier tatsächlich jemand.

Es dauerte einige Zeit des gespannten Wartens, bis die Tür sich langsam öffnete und ein uralter, runzeliger Mann vorsichtig den Kopf heraus streckte.

"So was, Besucher", sagte der Alte zu sich selbst und blickte die drei erstaunt an. Seine Stimme klang rau und verbraucht, außerdem sprach er mit einem ihnen unbekannten Dialekt. Seine kleinen hellblauen Augen wanderten vom einen zum anderen und bleiben schließlich für kurze Zeit an Hermione hängen, die sich unbehaglich räusperte. "Wie kann ich euch helfen?", fragte der Mann schließlich und wandte seinen Blick Harry und Ron zu.

"Wenn sie uns nur sagen könnten, wo wir uns befinden und in welche Richtung wir gehen müssen, um auf eine Stadt oder ein Dorf zu treffen, wäre uns schon sehr geholfen", erwiderte Harry höflich.

Ja, dann... kommt mal rein, es wird dunkel", stellte der Alte fest und verschwand wieder in seiner Hütte, ohne seinen Besuchern den Vortritt zu lassen.

Die drei sahen fragend sich an, dann zuckte Ron mit den Schultern und folgte dem Mann durch die Tür.

Von Innen schien die Bleibe noch winziger als von Außen, doch waren kaputte Stellen repariert worden und der Mann hatte den einzigen Raum behaglich eingerichtet. Harry fühlte sich etwas an Hagrids Hütte erinnert, doch verbannte er diesen Gedanken schnell wieder aus seinem Kopf; es schmerzte ihn, über die Toten nachzudenken.

Der Mann wies stumm zu dem Tisch in der Mitte des Zimmers, eine Einladung für die drei, auf den hölzernen Stühlen Platz zu nehmen.

Er betrachtete sie und kratzte sich nachdenklich am Kinn, bevor er zu einer kleinen Feuerstelle in der Nähe der Eingangstür ging und heißes Wasser in einem Kessel aufsetzte. "So... ähm... habt ihr's bequem? Ich wollte mir gerade eine Suppe machen", krächzte er und wandte ihnen den Rücken zu. Bevor irgendjemand etwas darauf erwidern konnte, drehte er sich zu ihnen um und fügte hinzu: "Mein Name ist übrigens Belial, ist ne ganzschöne Zeit her, seit ich zuletzt Menschen zu Gesicht bekommen hab, müsst ihr wissen. Die Gegend hier ist unbewohnt, zu gefährlich ist's, bei Nacht solltet ihr lieber hier drinnen bleiben."

Harry stand auf und streckte dem Fremden freundlich die Hand entgegen, bevor er sie alle vorstellte. "Das sind Ron, Hermione und ich bin Harry. Vielen Dank, dass sie uns so gastfreundlich aufnehmen, doch wir wollen wirklich weiter. Können sie uns sagen, wie weit es bis zur nächsten Stadt ist? Wir haben uns hier leider verirrt, da uns diese Gegend unbekannt ist."

Belial fuhr erschrocken zurück. "Ihr müsst des Teufels sein, bei Nacht wandern zu wollen! Wisst ihr denn nicht, was ich erwartet, wenn ihr im Dunkeln durch das Tal wandert?"

Verwirrt schüttelte Harry den Kopf und erklärte abermals, dass sie diese Gegend nicht kannte, woraufhin sich die hellen Augen des Mannes besänftigten und er sich wieder zu seiner Suppe umdrehte, deren Wasser nun bereits am Kochen war.

"Niemand, der die Dunkelheit nicht scheute und mutig war - obwohl ich es als töricht bezeichnen würde - ist jemals wieder zurückgekehrt. Jedenfalls nicht lebendig, denn nicht selten habe ich auf meinen Wanderungen durch den Wald abgetrennte Köpfe und dergleichen gefunden." Er brach ab und schüttete einige klein geschnittene Pilze aus einem Behälter in das Wasser.

"Also gibt es hier Werwölfe oder wilde Tiere?", wollte Hermione wissen, ohne die Furcht aus ihrer Stimme verbannen zu können.

"Werwölfe?", fragte Belial verwundert nach. "Etwa so, wie die aus dem Wolfsherz?"

Er blickte in ratlose Gesichter.

"Nun behauptet nicht, ihr kennet das Wolfherz nicht... Aber lasst uns nicht davon reden, denn es ist weit weg, hinter der Grenze im Reich der Drachen. Hier in Stormwind gibt es keine Werwölfe."

"Stormwind?", meldete sich Ron zu Wort. "Nennt ihr so dieses Tal?"

"Nein, mein junger Freund." Belial klang belustigt. "Stormwind nennt man das ganze Königreich. Das Tal, durch das ihr zu spazieren gedenkt, ist das Tal der Winde. Aber lasst mich eure Fragen von vorhin beantworten. Ihr sucht also die nächste Stadt, richtig? Nun, die Richtung, in die ihr unterwegs ward, Westen, stimmt schon mal. Haltet sie immer nur ein und nach einem dreiviertel Tag werdet ihr in Putana-Ville angelangen. Dort findet ihr auch das Schloss, Stormwindcastle, falls ihr die Königin zu sprechen gedenkt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sie euch eine Audienz gewähren wird, sie ist in letzter Zeit viel beschäftigt, denn die Drachen machen wieder Aufstand."

"Dann sind es Drachen, die man in der Nacht fürchten muss?", schlussfolgerte Hermione in sachlichem Ton und sah Belial in die Augen.

Dieser Reagierte komisch. Zuerst verdunkelte sich sein Blick. Dann wanderte seine rechte Hand zu einer Messerscheide, die um seine Hüfte befestigt war und erst jetzt von den anderen bemerkt wurde. Doch wie um die bedrohliche Geste zu verbergen, zog er das Messer, drehte sich wieder um und hackte noch ein paar Pilze klein.

Hermione war sofort klar, dass es sich für Frauen hier wohl nicht gehörte, einen Mann so geradeaus anzusehen und sie entschloss sich, das in Zukunft zu bedenken, obwohl es eine emanzipierte Ader in ihr weckte.

"Drachen sind es nicht"., antwortete Belial nach einiger Zeit und sein Ton hatte sich deutlich verdunkelt. Er gab seiner Suppe einige weitere Zutaten hinzu, lies sie dann ziehen und setzte sich zu den dreien an den kleinen Holztisch. "Wir nennen sie einfach nur Lichter." Er sprach zu Harry und Ron, jedoch nicht zu Hermione, die er keines Blickes würdigte. "Leider kann ich euch nichts Genaueres über sie verraten, da ich noch kein Risiko eingegangen bin, doch sollen die Lichter sich angeblich von der Seele denkender Lebewesen ernähren."

Unruhig, als würde ihm bei dem Gedanken an die unbekannte Bedrohung mulmig zumute, stand er auf und wühlte in einigen Schränken und Schubladen, bis er vier Holzschüsseln und rostig aussehende Löffel hervorkramte.

"So, nun esst erst einmal und dann sehen wir weiter."

*****

Die Zelle, in die man Ramata gesperrt hatte, war feucht und dreckig. In der Ecke an der Wand war frisches Stroh für sie ausgelegt worden, doch wagte sie sich nicht dorthin, das Blut an der Wand war doch zu abschreckend. Und dabei sah es nicht einmal alt aus, das hieß, dass nur kurze Zeit, bevor sie eingesperrt wurde, jemand in dieser Zelle hingerichtet worden war.

Eine grausige Vorstellung.

Zudem war Ramata vollkommen im Unklaren darüber, warum sie überhaupt hier war, schließlich gehörte sie einer alten Adelsfamilie an und konnte sich keines Deliktes entsinnen.

Hinterhältig hatte man sie auf dem Weg zu ihrer Schwiegermutter - ebenfalls eine Adelsangehörige - überfallen und aus der Kutsche gezerrt.

Den Kutscher, einen Mann mit Frau und Kindern, hatten sie einfach mit einem einzigen Axthieb enthauptet.

Durch die Gitterstäbe ihrer Zelle konnte Ramata noch andere Gefangene sehen, denen es nicht anders als ihr zu gehen schien. Einige von ihnen kannte sie sogar oberflächlich.

Menschen, die schon seit längerer Zeit in diesem Gefängnis waren, schienen von einer schreckliche Angst befallen zu sein und steckten die Neuankömmlinge mit ihrer Panik an, da sie sich so sehr fürchteten, dass sie nicht einmal über die Schandtaten sprachen, die hier vollzogen wurden.

Die Eingangstür, die Ramata ebenfalls durch ihre Zelle beobachten konnte, öffnete sich und der Wächter trat ein, bloß war er diesmal nicht alleine.

Ramatas Herz tat einen Hüpfer und sie fühlte eine ungeheure Welle der Erleichterung über sich brechen. Jetzt würde alles gut werden, sie war gerettet.

Adrienne sah sich suchend in jeder einzelnen Zelle um.

"Hier bin ich!", rief Ramata strahlend. "Adrienne!"

Mit einem breiten Lächeln schritt ihre gute Freundin auf ihre winzige Zelle zu. Beim Näher kommen bemerkte Ramata, dass Adrienne um Jahre gealtert schien. Ihre junge Haut, die sich über all die Jahre, die Ramata Zeit zum Erwachsenwerden gegeben hatten, nicht verändert hatte, hing jetzt schlaff um Adriennes Gesichtszüge, ihre Hautfarbe hatte einen ungesunden gelblichen Ton angenommen.

Doch was zählte war, dass sie jetzt endlich hier herauskommen würde.

"Du bist nicht verletzt, nicht wahr?", sagte Adrienne, als sie Ramata erreicht hatte und nahm die Hände ihrer Freundin in ihre eigenen. "Sie haben dich doch gut behandelt?"

"Gut genug... aber selbst wenn nicht, ich bin eine Kin, ich halte das aus."

"Ja, wie recht du hast... Bist du schon lange hier? Ich sehe, dass es dir gut geht, nicht ein einziger Kratzer." Adrienne besah sich ihre Freundin sorgfältig. "Ich bin ja so froh. Es gab viele Gerüchte, nachdem du verschwunden warst... in der Stadt behaupteten sie, du habest Alendor verlassen und wärest mit einem anderen fortgelaufen... aber dies hier ist der beste Beweis dafür, dass es wirklich nur Gerüchte waren." Sie schüttelte den Kopf.

"Was haben sie verlangt, Ady?"

"Wer?"

"Die Schweine, die mich entführt haben. Sie wollten sicher ein Lösegeld."

"Oh. Die." Adrienne hob die Arme und zuckte mit den Schultern. "Wen interessiert schon, was die verlangen. Das ist jetzt nicht weiter wichtig, ich bin ja hier."

"Ich bin so froh, dich zu sehen", gab Ramata erleichtert zu. "Aber wie hast du es geschafft, mich hier rauszuholen?"

*****

Nach ihrer langen Wanderung und dem Hunger, den sie verspürten, schien die Gemüsesuppe das Beste zu sein, was sie je gegessen hatten.

Schweigend schaufelte jeder von ihnen zwei Schüsseln in sich hinein, während sie aufmerksam von ihrem Gastgeber beobachtet wurden, der sein eigenes Essen nicht anrührte.

"Du siehst blass aus, Kind." Es war das erste Mal, dass Belial Hermione nach dem kleinen Zwischenfall mit dem Messer ansprach. Hermione hielt sich klugerweise zurück und hob nicht den Blick von ihrer leeren Holzschüssel. "Ich fühle mich aber gut, Sir."

"Für eine Portion reicht es noch", meinte Belial nur und entzog die Schüssel ihres Blickes, um ihr eine dritte Portion aufzutun. Harry und Ron warfen ihr warnende Blicke zu, die ihr bedeuten sollten, das Angebot lieber anzunehmen, um die Gastfreundschaft des Alten nicht überzustrapazieren und so merkte niemand, wie Belial mit einem hinterhältigen Grinsen einige Tropfen einer klaren Flüssigkeit in die Suppe schüttete, bevor er Hermione die Mahlzeit reichte.

"Wenn ihr müde werdet, nehmt euch Decken aus der Truhe dort drüben und macht es euch bequem", wies er die drei an. "Ich bin zu alt, um auf dem Boden zu schlafen." Und damit legte er sich auf seine knarrendes Bett, wandte ihnen den Rücken zu und schnarchte binnen weiniger Sekunden.

"Denkt ihr, wir können ihm trauen?", flüsterte Hermione, während sie die letzten Reste ihres Abendbrots zu Munde führte und sah ihre Freunde fragend an.

"Ich denke schon", antwortete Harry nachdenklich. "Außer, dass die Emanzipation an ihm vorbeigegangen ist, scheint alles mit ihm in Ordnung zu sein."

Sie entschlossen sich, das Reden auf den nächsten Tag zu verschieben, wenn sie ungestört wanderten, um ihren Gastgeber nicht zu wecken, der noch immer vor sich hin schnarchte, nahmen sich besagte Decken aus der alten Truhe und breiteten sie in einem Zirkel um den Tisch auf dem Boden aus.

Nach geringer Zeit verfielen auch sie in einen - in Hermiones Fall - unruhigen Schlaf und wurden erst am nächsten Morgen durch die Sonne, die durch das kleine Fenster strahlte und das Klappern von Geschirr geweckt.

"Einen wunderschönen guten Morgen", begrüßte Belial sie sichtlich gut gelaunt. "Ich nehme an, nach dem Frühstück wollt ihr wieder aufbrechen?"

"Ja, wahrscheinlich", gähnte Ron und streckte sich genüsslich. "Immerhin haben wir einen Tagesmarsch vor uns und wollen nicht in die Dunkelheit geraten." Er zwinkerte Harry verschwörerisch zu, als würde er nicht an die "Lichter" des Alten glauben.

Harry grinste ihn halbehrlich an und erhob sich.

Von Hermione allerdings kann plötzlich ein schmerzverzerrtes Stöhnen, dass an ein sterbendes Tier erinnerte. Sofort knieten Harry und Ron neben ihrer Freundin und fragten sie besorgt, ob es ihr gut ginge.

Doch Hermione hatte hohes Fieber, wie Ron feststellte, nachdem er ihre Stirn befühlte, und konnte nicht antworten.

"Ihr solltet einen Arzt holen", schlug Belial vor. "Doch dazu müsst ihr so schnell wie möglich nach Putana-Ville. Ich bin mir sicher, dass sie das tarmenische Fieber hat, das momentan in Umlauf ist. Aber los, nehmt dies Proviant, dass ich euch einpacke und geht stetig Richtung Westen, dann kommt sofort mit einem Arzt zurück. Ich glaube, ihr könnt in der Stadt Pferde leihen, dann geht es schneller, aber beeilt euch, ich werde mich um eure Freundin kümmern."

Harry und Ron tauschten besorgte Blicke aus. Konnten sie dem alten Mann trauen? Und was war ein tarmenisches Fieber? Doch hatten sie keine andere Wahl, denn alles war besser, als Hermione leiden zu lassen, also, nahmen sie das Proviant entgegen, versprachen Belial, so schnell wie möglich wiederzukehren und machten sich auf den Weg.

Als die Tür sich hinter den Beiden schloss, holte Belial hinterhältig grinsend einen Strick aus der alten Truhe hervor, band Hermiones Hände an dem Tisch fest (in ihrer derzeitigen Verfassung würde es ihr unmöglich sein, sich zu befreuen) und verwandelte sich zurück.

Die schwarze Krähe flatterte ein letztes mal um ihr Opfer herum, bevor sie die glänzenden Flügel ausbreitete und sich auf den Weg zu ihrer Gebieterin machte.

*****

"Dich rausholen?", fragte Adrienne. Sie lächelte noch immer, doch etwas an dem Lächeln lies Ramata das Blut in den Adern gefrieren, dass sie sich fühlte, als stürze ein Gebirgsfluss auf sie herunter.

"Mich retten", beharrte Ramata in der Hoffnung, dass Adrienne nur etwas schwer von Begriff war und dass sie gekommen war, um sie und alle anderen hier zu befreien.

"Ich bin der Grund, aus dem du überhaupt hier bist", erklärte Adrienne immer noch lächelnd. Mit einemmal erschien ihr breites Lächeln hinterhältig und hässlich. Ein fleischloser Schädel hätte nicht breiter und leidenschaftsloser grinsen können.

"Warum?"

Adrienne kicherte. In diesem Moment kehrte der Wächter zurück. Er trug einen großen Eimer und einen Stab, an dessen Ende ein Löffel gebunden war. Adrienne sprach nicht mit ihm; sie deutete bloß auf den Eimer und dann auf den Boden an der Tür. Er schien zu wissen, was zu tun war, stellte den Eimer ab und verschwand wieder.

Ramata bemerkte seine Angst. Der böse Mann, der ihren Kutscher kaltherzig ermordet hatte und sie und all die anderen hier gefangen hatte, _er_ hatte Angst.

Irgendetwas Grauenvolles würde geschehen.

"Ewiges Leben hat seinen Preis", sagte Adrienne und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Ramata zu. "Stormwinds Magie wird immer schwächer. Sie wird immer unbrauchbarer. Sie flackert wie eine Kerze. Die weit nach unten gebrannt ist und nun langsam erlischt. Ewiges Leben verlang nach Magie und _ich_ will ewig leben."

Adrienne ging den Korridor hinunter, nahm den Eimer und steckte den Stab in die trübe, rot-braune Flüssigkeit. Sie rührte einen Augenblick darin herum, nahm einen Löffel der undefinierbaren Flüssigkeit heraus, drehte sich um und schleuderte sie auf einen Kräftiggebauten Mann, der sich in der Ecke seiner Zelle zusammengekauert hatte. Er sprang auf, schrie und versuchte, die Spritzer von seiner Haut und Kleidung zu wischen. Das machte die Flecken zwar schlimmer, aber sie brannten weder ein Loch in seine Kleidung, noch fraßen sie seine Haut. Allerdings gelang es ihn auch nicht, sie zu entfernen. Die Masse verschmierte nur immer mehr, wenn er daran rieb.

"Was ist das?", rief er wütend zu Adrienne.

"Blut." Sie trat einen Schritt zurück, hob den Kopf und stieß einen hohen, durchdringenden Schrei aus.

Irgendetwas Grauenvolles...

Ramata hörte das leise Flüstern von Wind. Sie hätte schwören können, dass der Kerker, in dem man sie gefangen hielt, tief unter der Erde lag, aber die Stimme des Windes war nicht zu überhören.

Wind, wo es keinen geben konnte. Er wurde lauter, kam näher und einen Moment später spürte Ramata ihn auf den Wangen. Mit ihm kam ein leichter, aber deutlich wahrzunehmender Geruch von Verfall, von Fäulnis, Ruin... und Tod. Eine leichte Prise. Kalt. Stinkend. Böse.

Adrienne trat, den Eimer in der Hand, zu Ramatas Zelle.

"Seit nunmehr fast tausend Jahren habe ich meine Opfer unter den magischen Menschen, den Kin, gesucht und wenn ich sie fangen konnte, auch unter den Tarmenianern."

Ramata hörte nur mit halbem Ohr zu. Fast tausend Jahre. Sie hatte Adriennes Worte deutlich gehört und allmählich begriff sie, dass die Gerüchte über Adriennes Alter keine Gerüchte waren. Ein starker, gesunder Kin brachte es nicht auf mehr als zweihundert Jahre.

Ramatas Aufmerksamkeit wurde jetzt von dem Mann in der Zelle angezogen. Der Wind wurde stärker. Lauter. Kleine Lichter begannen um den Kin herum zu tanzen und berührten die Stellen, an denen er mit Blut befleckt war.

Kleine Lichter und Wind. Harmlos. Eine sanfte Brise... aber mit dem Gestank des Todes. Glänzende, tanzende, wunderschöne Lichter, aber das Blut zog sie an, rief nach ihnen.

Irgendetwas Grauenvolles.

Ramata schlang ihre Arme um ihren Körper.

Adrienne lachte.

Ramata zog sich in die hinterste Ecke ihrer Zelle zurück und bedeckte sich mit ihrem bodenlangen, seidenen Umhang.

Irgendetwas Grauenvolles.

"Sieh hin", sagte Adrienne. "Dies ist der beste Teil."

Irgendetwas Grauenvolles würde geschehen.

Die Blutflecke auf der Haut des Mannes begannen plötzlich zu glühen. Blass, in einem leichten Rosa. Obwohl Ramata wusste, dass es etwas Böses war, konnte sie nicht leugnen, dass die Lichter irgendwie hübsch aussahen. Der Mann starrte auf seine Hände, seine Arme. Er rieb an den Flecken und Ramata bemerkte, dass er leise zu stöhnen begann. Mit weit aufgerissenen Augen und rasselndem Atem, der in dem sonst stillen Kerker widerhallte, riss er sich ein Stück aus der Kleidung und rieb damit über seine Haut. Alle Augen im Kerker waren gebannt auf ihn gerichtet.

Die Lichter leuchteten immer mehr in allen erdenklichen Farben. Sie nahmen ein Rubinrot an, als sie wie Würmer unter seine Haut krochen und durch seine Haut hindurch strahlten. Sie bewegten sich immer schneller, flossen zu einem Ganzen zusammen, verteilten sich wieder und alles immer schneller, bis sein ganzer Körper von Innen heraus glühte.

Sein Stöhnen wurde lauter - ein Ruf nach Gnade, ein lautloses hysterisches Geschrei. Aus den einzelnen Schreien wurde ein Kreischen, verzweifelt grub er seine Fingernägel in seine Haut und versuchte, die Lichter herauszuzerren. Er zerkratzte sein Gesicht, seine Brust. Er riss sich die Kleider vom Leib.

Dann begann er anzuschwellen. Die transparente rote Haut dehnte sich aus und darunter veränderte das Licht _alles_. Einen Augenblick lang konnte Ramata die Umrisse seiner Muskeln erkennen. Unter diesem schrecklichen Ballon verbarg sich immer noch eine menschliche Gestalt. Dann verflüssigte sich das Fleisch und sammelte sich in seinen Armen und Beinen und Ramata konnte außer den dünnen Knochen nichts mehr erkennen. Doch auch in die Knochen fraß sich das Licht, sodass bald keine Form mehr zu erkennen war.

Die Gestalt fiel vornüber, ihre Glieder wippten unkontrolliert, als sie auf dem Stroh aufschlugen, dann lag sie auf dem Bauch, aufgedunsen wie ein Ertrunkener. Der Schrei war zu einem leisen Flüstern geworden, schnarrend dünn und zitternd. Er verstummte und Ramata bemerkte feine Spalten in der aufgerissenen Haut - Risse, durch die das Licht wieder hinausströmte. Sie wollte wegsehen, aber sie konnte nicht. Sie wagte nicht zu atmen und beobachtete Still, wie der Mann zusammenfiel wie ein Ballon, in den eine Nadel gestochen hatte. Das einzige Geräusch war das von entweichender Luft.

Licht quoll hervor wie Rauch aus einem Feuer und als ihn auch der letzte Funke verlassen hatte, lag seine Haut flach und zerknittert auf dem schmutzigen Stroh, mitten in einer Pfütze aus Blut und verflüssigten Innereien.

Adrienne seufzte.