2. Das Ende der Unschuld


Die Tage vergingen in einem immer gleichbleibenden Rhythmus und ehe ichs mir versah, war eine ganze Woche um.
In dieser Woche hatte ich gestrickt, auf einem weiteren Empfang Gäste unterhalten, mit Vira über Kleinigkeiten gesprochen und nebenher den Palastgarten erkundet.

Als ich an diesem Abend vor dem Spiegel in meinem Schlafzimmer saß und meine schwarzen Zöpfe aufdrehte, dachte ich daran, daß ich morgen unbedingt wieder in den Garten müßte.
Ich hatte lange noch nicht alles gesehen und die vielen prachtvollen Blumen hatten es mir angetan.

Ich zog gerade die letzte Nadel aus meinem Haar als es an der Eingangstür klopfte. In diesem Moment zog sich in meinem Bauch ein harter Knoten zusammen.
Ich gab nichts auf die Warnung meines Körpers und wickelte meinen Hausmantel über mein Unterkleid und ging zur Tür.

Durch den Spion erkannte ich meinen späten Besucher. Es war Palpatine höchstselbst!
Mit einem Haufen Fragen im Kopf öffnete ich die Tür.

"Guten Abend, Euer Hoheit." Ich mußte meinen Kopf leicht in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu sehen. Es ist nicht schön, wenn man nur 1, 60 m groß ist.
Seine gelben Augen wirkten heute ganz besonders raubtierhaft und der Knoten wurde enger.

"Guten Abend, Arina. Darf ich eintreten?" Er lächelte.
"Oh, wie unaufmerksam von mir! Natürlich, Euer Majestät."
Ich trat beiseite und öffnete die Tür weiter.
"Darf ich fragen, was Euch zu mir führt?" Ich schloß die Tür hinter ihm.

"Ich wollte sehen, wie Ihr Euch eingelebt habt."
"Ausgezeichnet," gab ich lächelnd zurück. "Es ist sehr interessant hier und der Garten ist eine Pracht."

"Das freut mich zu hören."
Erst jetzt bemerkte ich, wie er mich musterte und mir wurde bewußt, daß ich nur noch den Hausmantel und mein Unterkleid trug.
So sollte eine Dame nicht auftreten, fuhr es mir durch den Kopf.

"Entschuldigt mich bitte kurz. Ich ziehe mir nur schnell etwas Anständiges an." Damit wandte ich mich Richtung Schlafzimmer und mußte feststellen, daß Palpatine nun genau zwischen mir und der Tür stand. Ich runzelte die Stirn. Ich konnte mich nicht erinnern, daß er sich bewegt hätte.

"Ich...muß da rein," sagte ich und versuchte, durch ein kleines Lachen die Situation aufzulockern. Der Knoten wurde noch enger.

"Das wird nicht nötig sein. Ihr könnt das doch auch hier machen." Ich sah das boshafte Glimmern in seinen Augen und schluckte hart.
"Majestät, ich habe nichts zum anziehen hier und außerdem seid Ihr doch da."
"Genau deswegen doch." Er bewegte sich keinen Zentimeter.

Mir stieg das Blut in die Wangen. "Ich..."
"Zieh dich aus." Es war ein Befehl, doch ich konnte mich nicht bewegen. Das konnte einfach nicht geschehen!

Er sah mich ungeduldig an und automatisch zog ich den Hausmantel fester um meinen Körper.
"Bitte, Majestät, ich...bin nicht so eine."
"Es interessiert mich nicht, ob du eine Hure oder eine Lady bist," konterte er kalt.

Ich schluckte die Tränen herunter. "Aber ich bin doch noch Jungfrau!"
Noch bevor das letzte Wort aus meinem Mund entflohen war, wußte ich, daß ich mich nun endgültig ausgeliefert hatte.

Für eine Sekunde dachte ich daran, zu schreien, doch dann wurde mir klar, daß keiner auf mich hören würde. Palpatine war klar im Vorteil. Ich preßte meine Augen zu. Das konnte alles nicht wahr sein.

Palpatines Lachen riß mich aus meinen Gedanken. Mein Geständnis amüsierte ihn sichtlich.
"Es tut mir wirklich leid, daß ich deine Pläne, dich für deine Große Liebe oder die Hochzeitsnacht aufzusparen, torpedieren muß," meinte er mit spöttischem Unterton.

Dann griff er nach der Klinke der Schlafzimmertür, drückte sie herunter und stieß dann die Tür auf.
"Rein da!" Seine Stimme war eiskalt und ich sah in seinen Augen, daß Ungehorsam weit schlimmeres nachsichziehen würde, als ich es mir vorstellen konnte.

Mit gesenktem Kopf trat ich in mein Schlafzimmer. Noch nie in meinem Leben hatte ich mir so heiß und innig gewünscht, woanders zu sein.

***

Ich lag in den zerwühlten Laken und zog die Bettdecke eng um mich. Ich versuchte, den stechenden Schmerz zwischen meinen Beinen zu ignorieren, während ich zuhörte, wie Palpatine seinen verfaulenden Körper wieder in den grauen Roben versteckte.

Etwas warmes lief die Innenseite meiner Beine hinunter. Ich unterdrückte den Brechreiz.

Palpatine ordnete die Falten seiner Robe und drehte sich zu mir um.
"Deine Gesellschaft ist mir überaus angenehm," meinte er mit einem boshaften Lächeln

Ich ging nicht auf seine Provokation ein, sondern stellte die einzig relevante Frage, die mir momentan einfiel.

"Warum? Warum nur?"

"Du bist doch ein kluges Mädchen. Ich bin mir sicher, daß du weißt, warum Mann und Frau miteinander schlafen."

So hätte ich das eben Geschehene nicht genannt, aber ich gab dazu keinen Kommentar.

"Weil sie sich lieben," sagte ich trotzig.
"Oh, die Gefühlsebene!" Er lachte.
"Liebe..." Es hörte sich bei ihm an wie eine gräßliche ansteckende Krankheit.

"Nein, sag mir, worum es wirklich geht. Was ist der Sinn des Ganzen?"
Da ging mir ein Licht auf.
"Ein Kind! Ihr wollt einen Erben!"
Ich starrte ihn nur fassungslos an.
"Ich habe mich nicht getäuscht, du bist wirklich schlau." Er grinste böse.

"Ab...Aber warum ich? Es gibt doch bestimmt genug Frauen, die mit euch einen Thronfolger zeugen würden."
"Aber diese Frauen taugen nichts." Er schnaufte. "Ich brauche Frauen mit einer tadellosen Abstammung und Erziehung und den besten Genen."

"Ich bin doch keine Zuchtstute!" rief ich gequält.
Er lachte leise. "Doch, genau das bist du. So wie all die anderen Frauen hier."
Er beobachtete mit sadistischer Freude wie sich das Entsetzen in mein Gesicht schlich.

"Lady Isehi..."
"Ja, sie und alle anderen Hofdamen sind nur zu dem Zweck hier, mir zu einem Erben zu verhelfen."

Dann zog er aus einer Tasche ein Büchlein aus rotem Leder und gab es mir. Mein Name war in Goldbuchstaben eingeprägt worden.
Ich sah hinein.
"Ein Kalender?"

"Da du bereits gezeigt hast, wie klug du bist, gehe ich davon aus, daß du weißt, wie du deine fruchtbaren Tage errechnen kannst. Und ich warne dich: Verrechne dich besser nicht!"

Die Drohung in seiner Stimme und seinen Augen war so klar, daß ich nur noch nicken konnte. Ich fühlte die Tränen, die endlich fließen wollten, aber ich hielt sie eisern zurück.

"Du kannst ruhig weinen," meinte er in einem künstlichen mitleidigen Ton.
"Ich mag braune Augen voller Tränen." Lachend verließ er mein Schlafzimmer und dann die Wohnung.
Ich starrte ihm noch eine ganze Weile regungslos nach.

Nachdem ich mich wieder einigermaßen gefaßt hatte, schleppte ich mich auf wackligen Beinen ins Badezimmer und wischte das Blut und andere Körperflüssigkeiten von meinen Beinen.

Dann duschte ich mich so heiß ab wie ich es ertrug und schlüpfte dann in den dicksten Schlafanzug, den ich besaß. Ich nahm eine Schmerztablette und die Welt fühlte sich viel weicher und gedämpfter an. Ich war dankbar dafür.

Danach riß ich das verdreckte Bettzeug von der Matratze und warf es in den Wäscheschacht. Es kümmerte mich nicht, wer es wohl sehen mochte. Ich holte aus meiner Truhe meine dicke Wolldecke und legte mich dick eingemummt auf das Sofa im Wohnzimmer.

Ich konnte mich nicht überwinden, zurück in das Schlafzimmer zu gehen, das mir nun wie der schrecklichste Ort im ganzen Universum erschien.

Und dann kamen sie; heiß und dick rollten die Tränen über meine Wangen. Mein Körper bebte von den Schluchzern, die tief aus mir hochstiegen.

Ich hatte nie zuvor geglaubt, daß es soviel Schmerz geben konnte.

***

Irgendwann mußte ich eingeschlafen sein, denn ich erwachte am nächsten Morgen mit einem schweren Kopf und schmerzenden Gliedern. Mein Unterleib brannte stärker als gestern. Die Wirkung der Schmerztablette hatte nachgelassen.

Draußen schien die Sonne und der Himmel war strahlend blau. Es wäre das perfekte Wetter für einen Spaziergang durch den Palastgarten, wenn....ja, wenn das, was gestern abend passiert war, nicht passiert wäre.

Ich fühlte mich schrecklich. Dreckig, benutzt, schmutzig bis in den tiefsten Punkt meiner Seele. Die Tränen kamen leise diesmal und ich lag still, während sie auf das Sofa und den Teppich tropften.
Schließlich versiegten sie und ich schleppte mich wieder ins Bad. Diesmal war das Wasser noch heißer und ich rieb solange an meiner Haut bis sie krebsrot war und höllisch weh tat. Sauber fühlte ich mich zwar immer noch nicht, aber ich verließ die Dusche trotzdem.

Ich warf wieder eine Tablette ein und hoffte, daß sie meine Schmerzen kurieren konnte. Mein körperlicher Schmerz ließ auch nach, aber der seelische ließ sich nicht abblocken und er fraß langsam ein Loch in mich hinein.

In meiner kleinen Küche stand schon mein Frühstück bereit. Die Brötchen waren noch ganz warm und dufteten verlockend und die Marmelade sah furchtbar lecker aus.

Ich fiel über das Frühstück her und nachdem ich drei Brötchen mit süßer Erdbeermarmelade verdrückt hatte, fühlte sich das Loch in meinem Inneren nicht mehr ganz so groß an.

Ich trank eine Tasse Tee mit soviel Zucker wie ich ertragen konnte und dachte darüber nach, was jetzt werden sollte. Am liebsten wollte ich mich verkriechen und ich beschloß, genau das zu tun. Und ich würde bestimmt nie wieder jemandem die Tür öffnen.

Aber da hörte ich Schritte vor der Küche und ich schoß senkrecht in die Höhe. Mein einziger Gedanke war, daß er wiedergekommen war, um mich nochmal zu vergewaltigen oder mich zu verhöhnen.

Doch es war Vira, die sich mit einem Blumenstrauß durch die Küchentür schob und mich entschuldigend ansah.
"Ich hab mehrmals geklopft, aber du bist nicht zur Tür gekommen."

Ich hatte vergessen, nach Palpatine abzuschließen. Das würde mir nicht nochmal passieren.
"Es ist schon in Ordnung." Ich lächelte gezwungen.

Sie holte eine Vase und stellte die Blumen hinein.
"Du mußt hier kein Theater spielen," meinte sie einfach. "Alle Frauen hier wissen, was gestern nacht passiert ist."

"Es ist überhaupt nichts passiert!" protestierte ich.
Vira seufzte. "Du machst es dir so auch nicht leichter."

"Und was sollte ich bitte sehr tun?" fauchte ich.
"Jemand hätte mich ja vorwarnen können!" Ich sah sie mit anklagendem Blick an.

"Das ist bei Strafe verboten." Ihr Blick war unglücklich.
"Die einzige, die das je gemacht hat, ist gestorben. Es hieß, sie wäre die Treppe hinuntergefallen und hätte sich das Genick gebrochen. Ihr Genick war auch gebrochen, aber ich bezweifle, daß sie eine Treppe hinuntergefallen ist."

Sie setzte sich neben mich. Ich starrte in fassungslosem Schweigen auf die Blumen. Wo war ich hier nur gelandet? Ich verbarg mein Gesicht in meinen Händen.

"Du sagtest, du wärst drei Jahre hier. Bitte erzähl mir nicht, daß du das die ganze Zeit durchstehen musstest."
"Doch, Arina, genau so ist es."

Ich weinte wieder. Vira nahm mich in ihre Arme und so saßen wir eine lange Zeit.

***

Nachdem ich mich wieder einigermaßen gefaßt hatte, drängten sich mir wieder Fragen auf. Ich entschied, daß die Fragen besser waren als das Schwarze Loch in mir.

"Vira, wer weiß von dieser...Sache."
Sie wickelte eine blonde Haarsträhne um ihren Finger. "Außer Palpatine, den Hofdamen selber und Dr. Ramen niemand."

"Dieser Piett weiß es auch nicht?" Ich hatte gedacht, er wüßte es wegen seines ablehnenden Blickes.
"Wissen tut er nur, was ihm gesagt wird. Was er vermutet steht auf einem anderen Blatt," antwortete Vira mir.

"Was ist mit den Familien der Frauen? Wissen sie es nicht?"
Vira lachte bitter. "Palpatine hat viele der Frauen hier in der Hand, weil das Wohl und Wehe ihrer Familie von seinem Gutdünken abhängt und sie nicht riskieren wollen, daß ihre Eltern und Verwandten für ihren Ungehorsam bezahlen müssen, deshalb schweigen sie. Der Rest ist durch die drakonischen Strafen abgeschreckt genug. Die Strafen treffen übrigens in den meisten Fällen nicht die Frauen, sondern deren Familien."

"Das ist einfach unfaßbar!" rief ich aus.
"Ja, aber wirkungsvoll. Und das weiß Palpatine. Ich rate dir, auch Außenstehenden gegenüber zu schweigen. Der Preis wäre zu hoch für dich."

Sie sah bitter aus und ich verstand, daß sie ebenfalls fortrennen wollte. Aber Palpatine hatte uns alle festgenagelt.
Entweder wir waren ihm zu Willen oder jemand, den wir sehr liebten, mußte bezahlen. Ich rannte auf die Toilette und übergab mich.

Irgendwie überstand ich den restlichen Tag mit Frustessen, Viras Hilfe und Schmerztabletten.
Am Abend fürchtete ich, daß Palpatine wiederkäme, aber er erschien nicht.
Ich schlief auf dem Sofa ein und war dankbar, daß mein Geist mich zumindest nicht im Schlaf mit dem Geschehenen quälte.