Ich wurde erst wieder am Abend wach. Mia lag nicht mehr neben mir und mit eisernem Willen schleppte ich meinen Körper aus dem Schlafzimmer ins Kinderzimmer. Mia lag dort in ihrem Bettchen und schlief. Auf dem Nachttisch stand neben der Spieldose ein Zettel. Ich erkannte Viras Handschrift.
Hallo Arina.
Ich hab Mia gefüttert und gebadet. Mach dir keine Sorgen. Ihr geht es gut.
Werd bald wieder gesund, Liebes.
Deine Vira
"Vira, du bist ein Schatz," murmelte ich.
Ob sie ahnte, was passiert war? Es war ja nicht so, als ob ihr Palpatines Behandlungsmethoden fremd wären. Ich steckte den Zettel in die Tasche meines Bademantels und ging dann in die Küche. Aus dem Kühlschrank holte ich mir etwas Wurst und aß sie gleich so ohne Brot.
Dabei fiel mir die silberne Servierplatte ins Auge. Hatte Vira mir was zu Essen gemacht? Ich steckte die letzte Scheibe in den Mund und hob die silberne Abdeckung. Ich schrie und die Abdeckung fiel polternd zu Boden.
Die darauffolgende Stille war schlimmer als der Lärm. Meine Knie zitterten. Auf der Servierplatte lag Rados Garrens abgetrennter Kopf.
Seine Augen starrten blicklos an mir vorbei. Weinend floh ich aus der Küche.
Ich übergab mich lange und danach wagte ich mich nicht mehr in die Küche.
Als ich am nächsten Morgen vorsichtig in die Küche spähte, war weder von der Servierplatte noch von dem Kopf etwas zu sehen. Palpatine hatte ein für alle mal dafür gesorgt, daß ich ihn niemals körperlich betrügen würde.
Und doch begann nach diesen schrecklichen Dingen mein Geist einen Plan auszuarbeiten, um Palpatine auf höherer Ebene zu betrügen. Und zwar um sein Kind und mein Leben.
Vira erzählte ich von alledem nichts. Ich wollte in ihren Augen nicht wie das letzte Stück Dreck erscheinen. Die Idee war sehr einfach: Such dir einen Mann, der mächtig genug ist, um Palpatines Zorn zu überstehen, und der dich aus diesem Schlamassel herausholt.
Die Frage war nur, welcher war mächtig genug? Die Moffs krümmten sich doch selber vor Angst vor ihrem Herrn und der Rest hatte nicht den Rang. Die Antwort fiel mir eher zufällig in den Schoß.
Auf einem Bankett hörte ich die Unterhaltung meines Tischnachbarn mit seinem Gegenüber mit.
Es ging darum, daß Vader sich geweigert hatte, einem Befehl des Imperators Folge zu leisten und ein ganzes rebellisches Dorf auf Klern auszulöschen. Er hatte es für feige gehalten.
Was daran aber interessant war, war, daß der Imperator Vader dafür nicht zu Rechenschaft gezogen hatte...zumindest nicht, soweit bekannt. Ich meine, er lebte danach noch.
Später lag ich auf dem Sofa und grübelte über meine Möglichkeiten nach. Auch Vader mußte hinter dieser Rüstung ein Mann sein und Männer konnten leicht durch weibliche Reize manipuliert werden.
Ich wußte nicht, ob ich zu dem Typ Frau gehörte auf den Vader ansprach, aber es war einen Versuch wert. Wie ich gehört hatte, würde Vader in wenigen Tagen wieder auf Coruscant sein. Und er würde auf ein Fest kommen. Das würde meine Chance sein. Ich mußte nur Palpatines Blick entkommen.
Das Kleid bestand zwar aus viel Stoff, dafür war es hinten und vorne tief ausgeschnitten und leicht transparent. Es war praktisch eine weiße Wolke und ich steckte in der Mitte. Der Abend war soweit gut verlaufen.
Es war mir gelungen, Vader in ein Gespräch über die neuesten Waffenmodelle zu verwickeln. Als Tochter eines Rüstungsindustriellen kannte ich mich recht gut aus. Vader gab mir höflich Antwort auf meine Fragen. Ich trank noch einen Schluck Sekt und schlug vor, uns doch ein ruhigeres Plätzchen für unser Gespräch zu suchen.
Im Festsaal war es nämlich furchtbar laut und einige der Herren hatten schon ein paar über den Durst getrunken.
Vader sah mich unergründlich an. "Das ist eine gute Idee, Mylady."
Er drehte sich brüsk um und verließ den Saal. Etwas verwirrt folgte ich ihm.
Ich fühlte mich seltsam leicht. Normalerweise trank ich keinen bis wenig Alkohol, deshalb machten fünf Gläser Sekt mich durchaus betrunken. Ich hatte mir aber Mut antrinken müssen oder ich hätte Vader nicht in hundert Jahren angesprochen.
Seine massige Gestalt fand mein unscharfer Blick auf einem der Balkone wieder und ich folgte ihm. Hier draußen war es kühl und das Gefühl, zu schweben, ließ etwas nach. Ich betrachtete sie blitzenden Lichter Coruscants und schwieg. Auf einmal erschien mir kein Wort gut genug, um die Unterhaltung zwischen uns wieder in Gang zu bringen.
Lord Vaders Schweigen machte mich unglaublich nervös. Schließlich entschied ich mich für den direkten Angriff und lehnte mich leicht gegen Vaders Gestalt neben mir.
Er schien es nicht zu bemerken. War ja auch kein Wunder bei seiner dicken Rüstung.
Also drückte ich mich stärker an ihn.
"Wenn Ihr nicht mehr gerade stehen könnt, habt Ihr bereits zuviel getrunken," war die einzige Reaktion. Ich wurde rot und stellte mich wieder normal hin.
Wieder schwiegen wir.
"Lord Vader, sagt, ist das Leben auf einem Sternenzerstörer nicht furchtbar einsam?"
Er drehte seinen Kopf zu mir und sah auf mich hinunter. "Ich bin es gewöhnt," war seine einzige Antwort.
Dann drehte er seinen Kopf von mir weg. "Ich weiß, was Ihr wollt," sagte er plötzlich.
"Wie bitte?" Ich sah ihn erschrocken an.
"Es ist klar in Euren Gedanken zu erkennen. Wenn Ihr fliehen wollt, wird Euch Verführung nichts helfen."
Ich war geschockt. "Aber...ich..."
Ich wußte selber nicht, was ich sagen sollte.
Er drehte sich voll zu mir um und sah mich an. Ich wußte nicht, was jetzt passieren würde. Ich bekam auf einmal Angst, daß er mir das Genick brechen würde.
"Nein," sagte er nur. "Geht in den Garten und Ihr werdet möglicherweise die Antwort auf Eure Frage finden. Alles andere wäre nicht nur gefährlich, sondern auch völlig unmöglich."
"Wegen Eurer Verletzungen?" frage ich ihn vorsichtig.
Für eine Weile erfüllte nur das Geräusch seines Atemgerätes die Luft um uns.
"Meine Verletzungen sind nur ein sehr geringer Grund. Es gibt einen anderen dafür."
Ich wußte instinktiv, daß dieser Grund eine Frau war, aber drang nicht weiter in ihn.
Wer sie wohl war? Niemand hatte je gehört, daß der Dunkle Lord eine Frau oder Geliebte hatte. Ich lächelte leicht in mich hinein. Wie auch immer. Ich fragte mich mehr, was es mit dem Garten auf sich hatte.
Vader brachte mich noch bis zu den Flügeltüren, dann verabschiedete er sich.
Als ich etwas später in mein eigenes Bett fiel, hatte ich das Gefühl, daß mein Plan Erfolg hatte, auch wenn es nicht gelaufen war, wie ich erwartet hatte. Irgendwie erleichtert darüber schlief ich ein.
