Kapitel 1
Die Orkreiter
Als sich Galadriel erhob, verstummten alle Gespräche im Raum. Schweigend ließ die Herrin des Goldenen Waldes den Blick über die versammelten Männer und Frauen schweifen und es lag kein Lächeln auf ihrem Gesicht. Der Grund für ihre Ernsthaftigkeit war allen Elben bekannt.
Den ganzen Nachmittag hatte sie in ihrem Garten verbracht, ihren Spiegel befragt und war einsam über die Wiesen gewandelt, unberührt von all dem Leben, das um sie herum weiterlief. Nicht einmal ihr Gemahl Herr Celeborn konnte ihr in diesen schweren Stunden beistehen.
Am Himmel über dem fernen Mordor tobten Feuer und schwarze Wolken und grausige Geschöpfe erhoben sich hinter den schroffen Felsgraten, die das verfluchte Land umgaben. Die Gerüchte, dass der Eine Ring gefunden worden war, hielten sich recht hartnäckig und auch wenn Elben nicht zu spekulieren pflegten, war doch eine gewissen Unruhe in Lorien eingekehrt, die niemanden unberührt ließ.
Haldir, der neben seinen beiden Brüdern auf einem bequemen Kissen auf dem Boden von Galadriels Versammlungsfleet saß, sah in das Gesicht seiner Herrin und fühlte einen Moment ihre wissenden Augen auf sich ruhen.
'Seid unbesorgt', hörte er ihre Stimme in seinem Kopf. 'Unseren Grenzen droht noch keine Gefahr.'
Ertappt senkte er den Kopf, nicht in Frage stellend, was die Herrin gesehen hatte. Sie hatte sich niemals geirrt, wenn sie den Blick in die Zukunft gewagt hatte. Er neidete ihr ihre Gabe nicht und jedes Mal, wenn er diesen speziellen Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, der davon sprach, welche Last sie auf ihren grazilem Schultern trug, verehrte er sie mehr.
Celeborn hatte die Hand auf die seiner Gattin gelegt, die, zur Faust geballt auf dem Tisch vor Galadriel ruhte.
"Die Schatten fliegen über das Land schnell als Wind und Wolken"; sagte Galadriel und hob den Kopf. Weich fielen ihr die blonden Haare über den Rücken ihres weißen Kleides. "Wir haben lang gezögert, dachten, dass Unsterblichkeit nur unserem Volk vorbehalten wäre. Doch dem ist nicht so. Der dunkle Herrscher ist zurückgekehrt und erhebt sein hässliches Haupt." Ihr unsteter Blick irrte flüchtig aus dem Fenster und fing sich in den Blättern des Baumes, in dessen Krone sie sich befanden. "Thranduil ahnt es schon seit Jahren und auch Herr Elrond trifft schon seit geraumer Zeit Vorbereitungen zur Verteidigung seines Hauses. Zwar wird dieser Insel im Reich unseres Volkes keine Gefahr drohen, doch müssen wir damit rechnen, dass man uns um unserer Hilfe bittet."
"Werden wir uns einmischen in diesen Krieg?", entfuhr es Orophin, Haldirs zweitjüngstem Bruder. Er war, im Gegensatz zum Rest der Familie, eher ein Denker als ein Krieger. Sein Gesicht war immer ein wenig verträumt und seine Gedanken schienen sich stets in anderen Sphären zu bewegen. Pergament und Feder waren seine Waffen und wenn er einmal zum Bogen griff, dann nur, wenn er eine Wache unter dem Kommando seines Bruders übernahm. Haldir hatte Orophin schon einige Male über die Beteiligung an einem möglichen Krieg gegen Mordor diskutieren hören, doch er hätte niemals erwartet, dass der schüchterne Elb sich mitten in der Versammlung zu Wort meldete. Tatsächlich geriet Orophin, als sich nun alle Blicke auf ihn richteten, ein wenig ins Stammeln, doch nach einem Moment der Ruhe gelang es ihm, seinen Gedanken klar zu formulieren. "Es könnte sich als fatal herausstellen, uns für eine der Seiten zu entscheiden. Unserer Zeit auf diesen Gestanden schreitet dem Ende entgegen und Valinor lebend zu erreihen sollte uns wichtiger sein als der Schicksal der Menschen."
Galadriel neigte den Kopf und schien zu Haldirs Erleichterung über den Einwand nicht beleidigt zu sein.
"Es ist keine Entscheidung, die ich alleine treffen werde", erklärte sie ernst und lächelte Orophin sanft zu, der den Kopf zwischen die Schultern zog. "Noch ist zu wenig geschehen, um den Weg des Landes klar vorhersehen zu können. Der Wandel der Zeit ist noch nicht vollzogen und erst, wenn mein Blick in den Spiegel ungetrübt ist, werden wir entscheiden, was zu tun ist."
Celeborn erhob sich nun ebenfalls von seinem Sitzkissen.
"Dreimal habe ich bislang gegen die bösen Mächte gekämpft und Sauron in seiner eigenen Festung geschlagen. Es besteht kein Zweifel daran, dass er auch dieses Mal unterliegen wird, wenn er sich gegen uns richten wird." In seiner Stimme klang sein Wille zum Kampf mit - in diesem Punkt war es sich uneins mit seiner Frau, doch er formulierte seine Meinung in vorsichtigen Worten. In seinem schönen, alterslosen Gesicht zeigten sich Falten der Sorge um Galadriel, die in diesen Tagen noch durchscheinender und weltferner erschien als sonst. "Bis dahin sollten wir vorsichtig sein."
Galadriel nickte und ihr nunmehr wacher Blick kehrte endgültig zurück in den Raum und fand erneut den Haldirs.
'Begib Dich auf Deinen Posten, Hauptmann', befahl sie. 'und empfange meine Gäste.'
Damit war die Versammlung beendet und Celeborn führte seine Frau aus dem Raum. Sofort setzte ein Stimmengewirr ein, das Haldir sehr unelbisch fand. Selten ließen sich Galadriels wichtigste vertraute zu erregten Gesprächen herab, doch das Ungemach, das in den Worten der Herrin mitschwang, hatte alle nachhaltig beeinflusst.
Haldir erhob sich von seinem bequemen Sitz und streckte sich kurz. Dann winkte er Rumil, der die ganze Zeit über unruhig hin und her gerutscht war, schweigend an seine Seite und tat, wie Galadriel es ihm geheißen hatte, ohne zu wissen, was ihn erwarten würde.
***
"Was hat sie Dir gesagt?" Rumil stieß Haldir den Ellbogen spielerisch in die Rippen und erntete nur eine gerunzelte Stirn. Doch der Jüngere ließ sich nicht so leicht zum Schweigen bringen. "Ach, komm schon. Ich kenne diesen verträumten Blick, wenn sie in Deinem Kopf herumschwirrt. Wie ein Bär vor einem Wespennest voller Honig."
Haldir schwieg beharrlich, als er neben seinem Bruder über den mit weichem Moos bedeckten Waldboden eilte. Auch wenn es um sie herum friedlich zu sein schien, wusste Haldir, dass sich auf einigen Bäumen seine Männer verborgen hatten. Selten drangen Fremde so weit in das Herz Loriens vor, doch Haldir legte großen Wert darauf, dass auch für den unmöglichsten aller Fälle vorgesorgt war.
Der Schrei eines kleinen Raubvogels gellte über die windgeschüttelten Wipfel.
"Wir bekommen Besuch, wie sie es gesagt hat", gab der Hauptmann schließlich Auskunft und nickte zustimmend, als Rumil trotz der Ankündigung seinen Bogen schussbereit machte.
Sie legten noch ein kleine Strecke Wegs zurück, bis sie auf eine kleine Richtung traten, in der das gelbe Sonnenlicht durch die Baumwipfel bis zum Erdboden drang. Maiglöckchen verströmten ihren süßen Duft und kleine Tiere huschten, unbeeindruckt vom Erscheinen der Elben, vorbei.
Die wunderschöne Szenerie wurde nur zu bald von den klopfenden Hufen und dem Schnauben von Pferden durchbrochen, die sich langsam näherten. Es war eine Gruppe von acht Reitern, die trotz der lauen Temperaturen mit langen Kapuzenmänteln bekleidet waren.
Haldir trat vor und im selben Moment lösten sich aus dem Schutz der Bäume drei weitere seiner Männer. Der vorderste Reiter hob die Hand und der Tross stoppte abrupt.
"Was bringt Euch in diesen Wald?", erkundigte sich Haldir in bewusst arrogantem Ton und erntete von dem Anführer ein leises Lachen.
"Die Einladung Eurer Herrin Galadriel, die uns sicher bereits angekündigt hat!", kam die Antwort umgehend. Haldir versuchte, sein Überraschung zu verbergen, als der Sprecher seine Kapuze zurückschlug und ein unverkennbar weibliches Gesicht präsentierte. Der Rest der Truppe folgte dem Beispiel der Anführerin ohne zu zögern. Zu Haldirs allergrößter Überraschung handelte es sich bei den wild aussehenden Gestalten allesamt um Elben.
Sie waren schwer bewaffnet mit Bögen, Langschwertern und Sensen, an denen eine kaum zu verleugnende Patina aus Rost und getrocknetem Blut klebte. Schwerer Kettenhemden und verbeulte Schuppenpanzer, die besserer Tage besehen hatte, glänzten trübe im Nachmittagslicht.
Die Anführerin sprang vom Pferd und verzog kurz das Gesicht. Unter ihrem zerfetzten Elbenmantel sah Haldir eine Schlinge, in der der linke Arm der Frau ruhte. Mit der Rechten nahm sie ihren Helm ab und offenbarte eine Flut roten Haares, das bis auf ihre Schultern fiel.
"Wir unterwerfen uns den Sitten Eurer Heimat und bitten um Obdach und Versorgung", sagte sie höflich, aber kühl. Die Spuren schwerer Kämpfe waren nicht nur an ihr zu erkennen. Auch den Rest der Gruppe, die ausschließlich aus Männern bestand, wirkte stark angeschlagen. Mehrere Krieger waren ebenfalls verwundet und auch die Pferde schienen am Ende ihrer Kräfte zu sein.
Haldir hörte, wie sein Bruder scharf der Atem einzog, als Rumil Blick auf das Banner fiel, das mehrere Male auf den Rüstungen der Elben auftauchte. Es war ein Sense, die einen Schädel spaltete.
"Das sind Orkreiter", sagte Rumil leise und klang zur selben Zeit beeindruckt wie abgeschreckt. Haldir nickte, als auch ihm die Geschichten einfielen, die über die Truppe erzählt wurden. Sie nötigten ihm einen widerwilligen Respekt ab.
Die Orkreiter waren eine Gruppe von Kriegern aus dem Düsterwald, deren einziges Ziel es war, zu töten, wann immer sie auf die Truppen Mordors trafen. Völlig ungebunden an die Befehlsgewalt Thranduils galten sie als die grausamsten, aber auch besten Krieger, die die Elben zurzeit aufbringen konnten.
Doch für ihre Aufgabe zahlten sie einen hohen Preis. Das Töten ohne Grund war unter Elben verpönt und wenn auch die Orkreiter einen großen Beitrag zur Sicherheit Mittelerdes leisteten, so wurden sie in ihrer Heimat und in Gesellschaft aller anderen Elben wie Ausgestoßene behandelt.
Haldir konnte sich nicht vorstellen, was Galadriel mit der Einladung bezweckt hatte, doch es war nicht an ihm, ihre Entscheidung zu hinterfragen. Er drehte den Kopf zu Rumil, der die Anführerin völlig fasziniert anstarrte. Er schien sich nicht vorstellen zu können, dass eine Frau eine derartige Gruppe von ausgebildeten Attentätern anführen konnte, doch es war deutlich, dass sie Männer auf jede Gese der Frau sofort ungefragt reagierten.
"Folgt mir!", befahl Haldir schließlich, als er seine Musterung beendet hatte. Rumil erwachte wie aus seiner Trance und setzte sich an die Seite der Krieger, die inzwischen ebenfalls abgesessen waren. Haldir trat, den Regeln der Gastfreundschaft entsprechend, an die Seite der Anführerin und drehte den anderen Orkreitern als Zeichen seines Vertrauens damit den Rücken zu.
Nichts geschah. Den Orkreitern stand wohl der Sinn nicht nach Kampf. Dennoch, nur wenig beruhigt führte Haldir die Krieger durch die wunderschöne Landschaft Loriens und ihm kam es so vor, als wäre der Frieden im Goldenen Wald endgültig vergangen.
***
Die Ankunft der Orkreiter war bereit allgemein bekannt, als Haldir die Besucher zu den gewaltigen Bäumen führte, auf denen die prachtvollen Bauten Loriens errichtet worden waren. Die glänzenden Treppen waren voller Elben, die auf die Neuankömmlinge hinunterblickten, einige neugierig, die anderen unverhohlen abschätzig. Auch zu ihnen war der Ruf der Gruppe bereits vorgedrungen und so fanden sich die Orkreiter einem Interesse ausgesetzt, das dem für ein im Käfig gehaltenes, seltenes Tier gleichkam.
Die Pferde wurden von den Stallmeistern fortgeführt und würden nach Haldirs Empfinden mit mehr Freundlichkeit empfangen als ihre Besitzer. Auch er musste zugeben, dass ihn die Nähe der Männer nervös machte. Was war, wenn Galadriel sich in den Orkreitern getäuscht hatte und diese nun danach strebten, die Herrin zu beleidigen mit ihren ungeschliffenen Sitten?
Er beschloss, den Orkreitern nicht von der Seite zu weichen. Auch Rumil hing förmlich an den Lippen der Anführerein, als sie mit knappen Worten befahl, die Waffen abzulegen und an die wartenden Wachen zu übergeben, was nach einigen angespannten Momenten auch widerspruchslos geschah.
"Wir wollen beweisen, dass wir nicht hier sind, um Probleme zu schaffen", sagte die Anführerein und lächelte einem ihrer Begleiter zu, einem dunkelhaarigen Elben mit lächelnden Augen, der die ganze Zeit über nicht von ihrer Seite gewichen war. "Aithlion, sorge bitte dafür, dass die Männer gut untergebracht werden." Sie sprach an Haldir und seinen Männern vorbei, so als wäre ihr nicht aufgefallen, dass sie feindselig beäugt wurde und die Gastfreundlichkeit der Elben Loriens selbstverständlich sei. Zu Haldirs Überraschung meldete sich Rumil zu Wort:
"Wir werden einen guten Platz für Eure Leute finden, Herrin. Unsere Heiler werden Euch behandeln und im Schatten der Bäume werdet Ihr Erquickung finden."
"Wenn Ihr Euch persönlich kümmern würdet, dann wäre mir eine große Last genommen", gab die Elbin höflich zurück und zerstörte damit Haldirs Illusionen über ihre unfeinen Sitten. "Sagt mir Euren Namen, Herr, damit ich ihn und Eure Freundlichkeit bei meinen Leuten preisen kann!"
"Rumil, Herrin." Seien Zunge, die sich oftmals mit seinen Künsten am Schwert messen lassen konnte, schien leicht zu stolpern aufgrund des kleinen Lächelns, das die Elbin aufblitzen ließ und das nun zum ersten Mal auch ihre goldbraunen Augen erhellte. "Mitglied der Galadhrim, der Grenzwache unserer Herrin Galadriel."
"Sie zu sehen wäre mein größter Wunsch", erklärte sie. "Wir sind sehr weit gereist."
Haldir tauschte einen Blick mit seinem Bruder. Es sprach nichts dagegen, den Besuch zu Galadriel zu führen. Tatsächlich machte auch nur die Anführerein Anstalten, sich vom Ort zu bewegen, denn ihre Leute standen unbewegt im Hintergrund. Eine Sorge blieb Haldir noch.
"Legt auch Ihr Eure Waffen ab!", forderte er von ihr. Mit einem Lächeln, das ihn für seine Vorsicht zu verspotten schien, zog sie mit der gesunden Hand einen langen Dolch aus dem Gürtel und warf ihn dem dunkelhaarigen Elben aus ihrem Gefolge zu. Dann nickte sie.
"Ich bin bereit, wenn Ihr es seid - Hauptmann." Wenn sie mit dem kaum merklichen Zögern seinen Namen zu erfragen suchte, so enttäuschte er sie, indem er schweigend Kehrt machte und vor ihr den Weg entlangging, der zu dem Baum führte, auf dem Galadriels Räume lagen.
Auf der Treppe, die sich so elegant um den Baum schmiegte, als sei sie ei Teil der lebendigen Natur und nicht von Elbenhänden geschaffen, stiegen sie empor in die schwindelnden Höhen. Immer wieder passierten sie auf den Zwischenetagen und auf den Stufen Gruppen von Elben, die die Besucherin aufmerksam musterten, ihre schmutzige Erscheinung bewerteten und dann den Blick abwandte, so als sei sie es nicht wert, angesehen zu werden.
Haldir fragte sich, ob es sie störte, doch ihre Ruhe ließ nicht darauf schließen, dass sie sich durch diesen Umstand beunruhigen ließ. Wenn sie eine Truppe wilder Krieger anführte, hatte sie sicher schon Schlimmeres gesehen als ein paar abweisende Elben.
Auf der Plattform vor Galadriels Versammlungsräumen stand bereits deren persönliche Garde, ein Zeichen dafür, dass die Besucherin erwartet wurde. Zwischen ihrem Eintreffen und Galadriels Auftreten verging kaum ein Lidschlag.
Umgeben von einer Aura des Lichts schwebte Galadriel die Stufen hinab. Die Schleppe ihres weißen Gewandes raschelte vornehm auf dem Holz und unwillkürlich verglich Haldir die beiden Frauen, die sich nun gegenüberstanden. Die kampferprobte Kriegerin besaß weder Galadriels Anmut noch ihre Schönheit, doch sie strahlte eine wilde Lebhaftigkeit aus, die Galadriel fehlte. Haldir schnaubte. Es war ganz klar, was er bevorzugte.
In einer für ihn als Beleidigung geltenden Geste senkte die Anführerin der Orkreiter leicht den Kopf und blickte dann Galadriel direkt in die Augen. Goldenes Feuer traf auf blaues Eis, dann lächelte Galadriel und ihre Gestalt erschien noch strahlender als zuvor.
"Aithiel, ich freue mich, Euch gesund hier zu sehen. Ich befürchtete schon, Euer Weg hätte Euer Leben gefordert."
Aithiel. Der Name einer Kriegerin. Haldir musste zugeben, dass er zu ihr passte.
"Wir hatten einige Probleme, aber keine, die wir nicht überwinden konnten", gab die Orkreiterin zurück. Galadriel forschte in ihren Augen nach einer weiteren Antwort und nach einer kleinen Weile nickte sie.
"Es ist gut. Haldir, Ihr konnte Euch zurückziehen." Galadriel winkte auch ihre Wachen fort, doch nur der Hauptmann meldete Protest an.
"Herrin, es ist nicht sicher-."
"Und ob es sicher ist!" Hinter Galdriels freundlichem Tonfall lag eine unnachgiebige Härte, die ihn letztendlich überzeugte, nicht weiter in das Gespräch der beiden Frauen einzugreifen. Mit einer tiefen Verbeugung zog er sich zurück, wütend über die schroffe Behandlung, die ihm von Aithiels Augen zuteil geworden war.
Auf dem Weg hinab zum Erdboden fragte er sich, was so wichtig war, dass ihn die Herrin ihn nicht dabeihaben wollte - dass sie seiner Gesellschaft die einer gedungenen Mörderin vorzog.
Die Orkreiter
Als sich Galadriel erhob, verstummten alle Gespräche im Raum. Schweigend ließ die Herrin des Goldenen Waldes den Blick über die versammelten Männer und Frauen schweifen und es lag kein Lächeln auf ihrem Gesicht. Der Grund für ihre Ernsthaftigkeit war allen Elben bekannt.
Den ganzen Nachmittag hatte sie in ihrem Garten verbracht, ihren Spiegel befragt und war einsam über die Wiesen gewandelt, unberührt von all dem Leben, das um sie herum weiterlief. Nicht einmal ihr Gemahl Herr Celeborn konnte ihr in diesen schweren Stunden beistehen.
Am Himmel über dem fernen Mordor tobten Feuer und schwarze Wolken und grausige Geschöpfe erhoben sich hinter den schroffen Felsgraten, die das verfluchte Land umgaben. Die Gerüchte, dass der Eine Ring gefunden worden war, hielten sich recht hartnäckig und auch wenn Elben nicht zu spekulieren pflegten, war doch eine gewissen Unruhe in Lorien eingekehrt, die niemanden unberührt ließ.
Haldir, der neben seinen beiden Brüdern auf einem bequemen Kissen auf dem Boden von Galadriels Versammlungsfleet saß, sah in das Gesicht seiner Herrin und fühlte einen Moment ihre wissenden Augen auf sich ruhen.
'Seid unbesorgt', hörte er ihre Stimme in seinem Kopf. 'Unseren Grenzen droht noch keine Gefahr.'
Ertappt senkte er den Kopf, nicht in Frage stellend, was die Herrin gesehen hatte. Sie hatte sich niemals geirrt, wenn sie den Blick in die Zukunft gewagt hatte. Er neidete ihr ihre Gabe nicht und jedes Mal, wenn er diesen speziellen Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, der davon sprach, welche Last sie auf ihren grazilem Schultern trug, verehrte er sie mehr.
Celeborn hatte die Hand auf die seiner Gattin gelegt, die, zur Faust geballt auf dem Tisch vor Galadriel ruhte.
"Die Schatten fliegen über das Land schnell als Wind und Wolken"; sagte Galadriel und hob den Kopf. Weich fielen ihr die blonden Haare über den Rücken ihres weißen Kleides. "Wir haben lang gezögert, dachten, dass Unsterblichkeit nur unserem Volk vorbehalten wäre. Doch dem ist nicht so. Der dunkle Herrscher ist zurückgekehrt und erhebt sein hässliches Haupt." Ihr unsteter Blick irrte flüchtig aus dem Fenster und fing sich in den Blättern des Baumes, in dessen Krone sie sich befanden. "Thranduil ahnt es schon seit Jahren und auch Herr Elrond trifft schon seit geraumer Zeit Vorbereitungen zur Verteidigung seines Hauses. Zwar wird dieser Insel im Reich unseres Volkes keine Gefahr drohen, doch müssen wir damit rechnen, dass man uns um unserer Hilfe bittet."
"Werden wir uns einmischen in diesen Krieg?", entfuhr es Orophin, Haldirs zweitjüngstem Bruder. Er war, im Gegensatz zum Rest der Familie, eher ein Denker als ein Krieger. Sein Gesicht war immer ein wenig verträumt und seine Gedanken schienen sich stets in anderen Sphären zu bewegen. Pergament und Feder waren seine Waffen und wenn er einmal zum Bogen griff, dann nur, wenn er eine Wache unter dem Kommando seines Bruders übernahm. Haldir hatte Orophin schon einige Male über die Beteiligung an einem möglichen Krieg gegen Mordor diskutieren hören, doch er hätte niemals erwartet, dass der schüchterne Elb sich mitten in der Versammlung zu Wort meldete. Tatsächlich geriet Orophin, als sich nun alle Blicke auf ihn richteten, ein wenig ins Stammeln, doch nach einem Moment der Ruhe gelang es ihm, seinen Gedanken klar zu formulieren. "Es könnte sich als fatal herausstellen, uns für eine der Seiten zu entscheiden. Unserer Zeit auf diesen Gestanden schreitet dem Ende entgegen und Valinor lebend zu erreihen sollte uns wichtiger sein als der Schicksal der Menschen."
Galadriel neigte den Kopf und schien zu Haldirs Erleichterung über den Einwand nicht beleidigt zu sein.
"Es ist keine Entscheidung, die ich alleine treffen werde", erklärte sie ernst und lächelte Orophin sanft zu, der den Kopf zwischen die Schultern zog. "Noch ist zu wenig geschehen, um den Weg des Landes klar vorhersehen zu können. Der Wandel der Zeit ist noch nicht vollzogen und erst, wenn mein Blick in den Spiegel ungetrübt ist, werden wir entscheiden, was zu tun ist."
Celeborn erhob sich nun ebenfalls von seinem Sitzkissen.
"Dreimal habe ich bislang gegen die bösen Mächte gekämpft und Sauron in seiner eigenen Festung geschlagen. Es besteht kein Zweifel daran, dass er auch dieses Mal unterliegen wird, wenn er sich gegen uns richten wird." In seiner Stimme klang sein Wille zum Kampf mit - in diesem Punkt war es sich uneins mit seiner Frau, doch er formulierte seine Meinung in vorsichtigen Worten. In seinem schönen, alterslosen Gesicht zeigten sich Falten der Sorge um Galadriel, die in diesen Tagen noch durchscheinender und weltferner erschien als sonst. "Bis dahin sollten wir vorsichtig sein."
Galadriel nickte und ihr nunmehr wacher Blick kehrte endgültig zurück in den Raum und fand erneut den Haldirs.
'Begib Dich auf Deinen Posten, Hauptmann', befahl sie. 'und empfange meine Gäste.'
Damit war die Versammlung beendet und Celeborn führte seine Frau aus dem Raum. Sofort setzte ein Stimmengewirr ein, das Haldir sehr unelbisch fand. Selten ließen sich Galadriels wichtigste vertraute zu erregten Gesprächen herab, doch das Ungemach, das in den Worten der Herrin mitschwang, hatte alle nachhaltig beeinflusst.
Haldir erhob sich von seinem bequemen Sitz und streckte sich kurz. Dann winkte er Rumil, der die ganze Zeit über unruhig hin und her gerutscht war, schweigend an seine Seite und tat, wie Galadriel es ihm geheißen hatte, ohne zu wissen, was ihn erwarten würde.
***
"Was hat sie Dir gesagt?" Rumil stieß Haldir den Ellbogen spielerisch in die Rippen und erntete nur eine gerunzelte Stirn. Doch der Jüngere ließ sich nicht so leicht zum Schweigen bringen. "Ach, komm schon. Ich kenne diesen verträumten Blick, wenn sie in Deinem Kopf herumschwirrt. Wie ein Bär vor einem Wespennest voller Honig."
Haldir schwieg beharrlich, als er neben seinem Bruder über den mit weichem Moos bedeckten Waldboden eilte. Auch wenn es um sie herum friedlich zu sein schien, wusste Haldir, dass sich auf einigen Bäumen seine Männer verborgen hatten. Selten drangen Fremde so weit in das Herz Loriens vor, doch Haldir legte großen Wert darauf, dass auch für den unmöglichsten aller Fälle vorgesorgt war.
Der Schrei eines kleinen Raubvogels gellte über die windgeschüttelten Wipfel.
"Wir bekommen Besuch, wie sie es gesagt hat", gab der Hauptmann schließlich Auskunft und nickte zustimmend, als Rumil trotz der Ankündigung seinen Bogen schussbereit machte.
Sie legten noch ein kleine Strecke Wegs zurück, bis sie auf eine kleine Richtung traten, in der das gelbe Sonnenlicht durch die Baumwipfel bis zum Erdboden drang. Maiglöckchen verströmten ihren süßen Duft und kleine Tiere huschten, unbeeindruckt vom Erscheinen der Elben, vorbei.
Die wunderschöne Szenerie wurde nur zu bald von den klopfenden Hufen und dem Schnauben von Pferden durchbrochen, die sich langsam näherten. Es war eine Gruppe von acht Reitern, die trotz der lauen Temperaturen mit langen Kapuzenmänteln bekleidet waren.
Haldir trat vor und im selben Moment lösten sich aus dem Schutz der Bäume drei weitere seiner Männer. Der vorderste Reiter hob die Hand und der Tross stoppte abrupt.
"Was bringt Euch in diesen Wald?", erkundigte sich Haldir in bewusst arrogantem Ton und erntete von dem Anführer ein leises Lachen.
"Die Einladung Eurer Herrin Galadriel, die uns sicher bereits angekündigt hat!", kam die Antwort umgehend. Haldir versuchte, sein Überraschung zu verbergen, als der Sprecher seine Kapuze zurückschlug und ein unverkennbar weibliches Gesicht präsentierte. Der Rest der Truppe folgte dem Beispiel der Anführerin ohne zu zögern. Zu Haldirs allergrößter Überraschung handelte es sich bei den wild aussehenden Gestalten allesamt um Elben.
Sie waren schwer bewaffnet mit Bögen, Langschwertern und Sensen, an denen eine kaum zu verleugnende Patina aus Rost und getrocknetem Blut klebte. Schwerer Kettenhemden und verbeulte Schuppenpanzer, die besserer Tage besehen hatte, glänzten trübe im Nachmittagslicht.
Die Anführerin sprang vom Pferd und verzog kurz das Gesicht. Unter ihrem zerfetzten Elbenmantel sah Haldir eine Schlinge, in der der linke Arm der Frau ruhte. Mit der Rechten nahm sie ihren Helm ab und offenbarte eine Flut roten Haares, das bis auf ihre Schultern fiel.
"Wir unterwerfen uns den Sitten Eurer Heimat und bitten um Obdach und Versorgung", sagte sie höflich, aber kühl. Die Spuren schwerer Kämpfe waren nicht nur an ihr zu erkennen. Auch den Rest der Gruppe, die ausschließlich aus Männern bestand, wirkte stark angeschlagen. Mehrere Krieger waren ebenfalls verwundet und auch die Pferde schienen am Ende ihrer Kräfte zu sein.
Haldir hörte, wie sein Bruder scharf der Atem einzog, als Rumil Blick auf das Banner fiel, das mehrere Male auf den Rüstungen der Elben auftauchte. Es war ein Sense, die einen Schädel spaltete.
"Das sind Orkreiter", sagte Rumil leise und klang zur selben Zeit beeindruckt wie abgeschreckt. Haldir nickte, als auch ihm die Geschichten einfielen, die über die Truppe erzählt wurden. Sie nötigten ihm einen widerwilligen Respekt ab.
Die Orkreiter waren eine Gruppe von Kriegern aus dem Düsterwald, deren einziges Ziel es war, zu töten, wann immer sie auf die Truppen Mordors trafen. Völlig ungebunden an die Befehlsgewalt Thranduils galten sie als die grausamsten, aber auch besten Krieger, die die Elben zurzeit aufbringen konnten.
Doch für ihre Aufgabe zahlten sie einen hohen Preis. Das Töten ohne Grund war unter Elben verpönt und wenn auch die Orkreiter einen großen Beitrag zur Sicherheit Mittelerdes leisteten, so wurden sie in ihrer Heimat und in Gesellschaft aller anderen Elben wie Ausgestoßene behandelt.
Haldir konnte sich nicht vorstellen, was Galadriel mit der Einladung bezweckt hatte, doch es war nicht an ihm, ihre Entscheidung zu hinterfragen. Er drehte den Kopf zu Rumil, der die Anführerin völlig fasziniert anstarrte. Er schien sich nicht vorstellen zu können, dass eine Frau eine derartige Gruppe von ausgebildeten Attentätern anführen konnte, doch es war deutlich, dass sie Männer auf jede Gese der Frau sofort ungefragt reagierten.
"Folgt mir!", befahl Haldir schließlich, als er seine Musterung beendet hatte. Rumil erwachte wie aus seiner Trance und setzte sich an die Seite der Krieger, die inzwischen ebenfalls abgesessen waren. Haldir trat, den Regeln der Gastfreundschaft entsprechend, an die Seite der Anführerin und drehte den anderen Orkreitern als Zeichen seines Vertrauens damit den Rücken zu.
Nichts geschah. Den Orkreitern stand wohl der Sinn nicht nach Kampf. Dennoch, nur wenig beruhigt führte Haldir die Krieger durch die wunderschöne Landschaft Loriens und ihm kam es so vor, als wäre der Frieden im Goldenen Wald endgültig vergangen.
***
Die Ankunft der Orkreiter war bereit allgemein bekannt, als Haldir die Besucher zu den gewaltigen Bäumen führte, auf denen die prachtvollen Bauten Loriens errichtet worden waren. Die glänzenden Treppen waren voller Elben, die auf die Neuankömmlinge hinunterblickten, einige neugierig, die anderen unverhohlen abschätzig. Auch zu ihnen war der Ruf der Gruppe bereits vorgedrungen und so fanden sich die Orkreiter einem Interesse ausgesetzt, das dem für ein im Käfig gehaltenes, seltenes Tier gleichkam.
Die Pferde wurden von den Stallmeistern fortgeführt und würden nach Haldirs Empfinden mit mehr Freundlichkeit empfangen als ihre Besitzer. Auch er musste zugeben, dass ihn die Nähe der Männer nervös machte. Was war, wenn Galadriel sich in den Orkreitern getäuscht hatte und diese nun danach strebten, die Herrin zu beleidigen mit ihren ungeschliffenen Sitten?
Er beschloss, den Orkreitern nicht von der Seite zu weichen. Auch Rumil hing förmlich an den Lippen der Anführerein, als sie mit knappen Worten befahl, die Waffen abzulegen und an die wartenden Wachen zu übergeben, was nach einigen angespannten Momenten auch widerspruchslos geschah.
"Wir wollen beweisen, dass wir nicht hier sind, um Probleme zu schaffen", sagte die Anführerein und lächelte einem ihrer Begleiter zu, einem dunkelhaarigen Elben mit lächelnden Augen, der die ganze Zeit über nicht von ihrer Seite gewichen war. "Aithlion, sorge bitte dafür, dass die Männer gut untergebracht werden." Sie sprach an Haldir und seinen Männern vorbei, so als wäre ihr nicht aufgefallen, dass sie feindselig beäugt wurde und die Gastfreundlichkeit der Elben Loriens selbstverständlich sei. Zu Haldirs Überraschung meldete sich Rumil zu Wort:
"Wir werden einen guten Platz für Eure Leute finden, Herrin. Unsere Heiler werden Euch behandeln und im Schatten der Bäume werdet Ihr Erquickung finden."
"Wenn Ihr Euch persönlich kümmern würdet, dann wäre mir eine große Last genommen", gab die Elbin höflich zurück und zerstörte damit Haldirs Illusionen über ihre unfeinen Sitten. "Sagt mir Euren Namen, Herr, damit ich ihn und Eure Freundlichkeit bei meinen Leuten preisen kann!"
"Rumil, Herrin." Seien Zunge, die sich oftmals mit seinen Künsten am Schwert messen lassen konnte, schien leicht zu stolpern aufgrund des kleinen Lächelns, das die Elbin aufblitzen ließ und das nun zum ersten Mal auch ihre goldbraunen Augen erhellte. "Mitglied der Galadhrim, der Grenzwache unserer Herrin Galadriel."
"Sie zu sehen wäre mein größter Wunsch", erklärte sie. "Wir sind sehr weit gereist."
Haldir tauschte einen Blick mit seinem Bruder. Es sprach nichts dagegen, den Besuch zu Galadriel zu führen. Tatsächlich machte auch nur die Anführerein Anstalten, sich vom Ort zu bewegen, denn ihre Leute standen unbewegt im Hintergrund. Eine Sorge blieb Haldir noch.
"Legt auch Ihr Eure Waffen ab!", forderte er von ihr. Mit einem Lächeln, das ihn für seine Vorsicht zu verspotten schien, zog sie mit der gesunden Hand einen langen Dolch aus dem Gürtel und warf ihn dem dunkelhaarigen Elben aus ihrem Gefolge zu. Dann nickte sie.
"Ich bin bereit, wenn Ihr es seid - Hauptmann." Wenn sie mit dem kaum merklichen Zögern seinen Namen zu erfragen suchte, so enttäuschte er sie, indem er schweigend Kehrt machte und vor ihr den Weg entlangging, der zu dem Baum führte, auf dem Galadriels Räume lagen.
Auf der Treppe, die sich so elegant um den Baum schmiegte, als sei sie ei Teil der lebendigen Natur und nicht von Elbenhänden geschaffen, stiegen sie empor in die schwindelnden Höhen. Immer wieder passierten sie auf den Zwischenetagen und auf den Stufen Gruppen von Elben, die die Besucherin aufmerksam musterten, ihre schmutzige Erscheinung bewerteten und dann den Blick abwandte, so als sei sie es nicht wert, angesehen zu werden.
Haldir fragte sich, ob es sie störte, doch ihre Ruhe ließ nicht darauf schließen, dass sie sich durch diesen Umstand beunruhigen ließ. Wenn sie eine Truppe wilder Krieger anführte, hatte sie sicher schon Schlimmeres gesehen als ein paar abweisende Elben.
Auf der Plattform vor Galadriels Versammlungsräumen stand bereits deren persönliche Garde, ein Zeichen dafür, dass die Besucherin erwartet wurde. Zwischen ihrem Eintreffen und Galadriels Auftreten verging kaum ein Lidschlag.
Umgeben von einer Aura des Lichts schwebte Galadriel die Stufen hinab. Die Schleppe ihres weißen Gewandes raschelte vornehm auf dem Holz und unwillkürlich verglich Haldir die beiden Frauen, die sich nun gegenüberstanden. Die kampferprobte Kriegerin besaß weder Galadriels Anmut noch ihre Schönheit, doch sie strahlte eine wilde Lebhaftigkeit aus, die Galadriel fehlte. Haldir schnaubte. Es war ganz klar, was er bevorzugte.
In einer für ihn als Beleidigung geltenden Geste senkte die Anführerin der Orkreiter leicht den Kopf und blickte dann Galadriel direkt in die Augen. Goldenes Feuer traf auf blaues Eis, dann lächelte Galadriel und ihre Gestalt erschien noch strahlender als zuvor.
"Aithiel, ich freue mich, Euch gesund hier zu sehen. Ich befürchtete schon, Euer Weg hätte Euer Leben gefordert."
Aithiel. Der Name einer Kriegerin. Haldir musste zugeben, dass er zu ihr passte.
"Wir hatten einige Probleme, aber keine, die wir nicht überwinden konnten", gab die Orkreiterin zurück. Galadriel forschte in ihren Augen nach einer weiteren Antwort und nach einer kleinen Weile nickte sie.
"Es ist gut. Haldir, Ihr konnte Euch zurückziehen." Galadriel winkte auch ihre Wachen fort, doch nur der Hauptmann meldete Protest an.
"Herrin, es ist nicht sicher-."
"Und ob es sicher ist!" Hinter Galdriels freundlichem Tonfall lag eine unnachgiebige Härte, die ihn letztendlich überzeugte, nicht weiter in das Gespräch der beiden Frauen einzugreifen. Mit einer tiefen Verbeugung zog er sich zurück, wütend über die schroffe Behandlung, die ihm von Aithiels Augen zuteil geworden war.
Auf dem Weg hinab zum Erdboden fragte er sich, was so wichtig war, dass ihn die Herrin ihn nicht dabeihaben wollte - dass sie seiner Gesellschaft die einer gedungenen Mörderin vorzog.
