An dieser Stell einmal ein herzliches Dankschön an alle Reviewer, falls ich
das vergessen haben sollte !!!*schäm*
@Shelley: Hoffe Deine Zweifel zum Ausgestoßenenstatus der Orkreiter sind geklärt? Ja, und die Sache mit den roten Haaren - da gebe ich eine klare Mary Sue zu, weil ich selber rothaarig bin! =)
@Heitzenedera: Als großer Fan Deiner Storys freue ich mich sehr über Deinen Zuspruch! Bis zur nächsten Review (ob bei mir oder Dir, weiß ich noch nicht *g*)!! Und was die Vermutung mit den Familienbanden angeht - liegst gar nicht so falsch! *durchschaut*
Kapitel 4
Galadriels Wissen
"Männer", sagte Aithiel ernst und drehte sich zu den Kriegern um. Diese tauschten wissende Blicken und suchten sich Plätze auf den mächtigen Wurzeln der Bäume. Aithlion blieb hinter ihrer Schulter stehen, eine stumme Unterstützung, für die sie dankbar war. Er war in den Augen der Orkreiter ein sicherer Anwärter auf die Führerschaft, doch dass er sich in diesem Moment hinter sie stellte, machte seinen Respekt vor ihrem Vater und auch ihrer eigenen Person deutlich. "Ich muss Euch nicht sagen, dass Berions Tod vieles verändert hat. Eure Treue galt bislang nur ihm und ich kann verstehen, dass viele von Euch nun den Wunsch haben, Eure Verbindung zu dieser Gruppe zu lösen."
"Das stimmt", warf einer der jüngeren Elben ein und Aithiel nahm ihm seinen Ausbruch nicht übel. "Ich habe meine Frau eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Mein Sohn ist inzwischen im Alter einen Bogen zu spannen und ich kann nicht bei ihm sein, um es mir anzusehen."
Einige Männer nickten zustimmend, während in anderen Gesichtern eine eher abwartenden Haltung zu erkennen war. Aithiel wusste, dass die Krieger, die sie in den Wald begleitete hatten, einen aussagekräftigen Durchschnitt der gesamten Gruppe boten und war dementsprechend dankbar für die Meinungsäußerungen. Sie musste sich dennoch räuspern, denn derart offen hatte man ihr die Zweifel an ihrer Gruppe selten angetragen.
"Fest steht, dass wir alle in Thranduils Reich nicht gerne gesehen werden und ich kann nur raten, was passiert, wenn wir uns seiner Gerichtsbarkeit übergeben." Das Gesicht des jungen Elben, der sie unterbrochen hatte, wurde ernst. "Aber ich habe die Vermutung, dass Galadriel mich herbat, um vielleicht eine Lösung zu finden, die für uns alle erträglich ist. Was immer für Euch am Ende als Entscheidung feststeht, ich werde sie akzeptieren, da ihr alle Eure Loyalität zu meinem Vater und der Gruppe ausreichend bewiesen habt."
Zustimmendes Murmeln ertönte und dankbar spürte Aithiel die Hand ihres Liebhabers auf ihrem Rücken. Er wusste, wie schwer es für sie gewesen war, das Werk ihres Vaters der Auflösung zu übergeben und ihre eigenen Pläne zurückzustellen. Sie hatte beabsichtigt, die Gruppe nach Mordor zu führen, wenn es zum Kampf gegen Sauron kommen würde.
Die Männer erkannten, dass ihre kurze Rede beendet war und zogen sich respektvoll zurück. Aithiel ließ sich mit einem kleinen Seufzer ebenfalls auf eine der Wurzeln sinken. Aithlion blieb vor ihr stehen und musterte sie prüfend.
"Du hast ihnen eine Wahl gegeben, weil Du Dich für keine gute Anführerin hältst, nicht wahr? Du denkst, nur weil Dein Vater ein Mann war, müssten Dir die Männer nicht denselben Respekt schulden wie ihm!"
Sie winkte ab.
"Das hat nichts mit Respekt zu tun. Ich hatte niemals die Freiheit, mich gegen die Orkreiter zu entscheiden - seit ich ein kleines Mädchen war, bin ich mit ihnen geritten. Aber diese Männer kennen ein anderes Leben, sie haben Familien und haben ein Recht darauf, diese wiederzusehen. In Freiheit."
"Wir stehen vor einem Krieg und sind eine der schlagkräftigsten Heere, die Mittelerde zu bieten hat. Du darfst es nicht auflösen, weil Du Zweifel an Deiner Befähigung hast oder gar Mitleid. Glaub mir, es wäre im Sinne Deines Vaters, dass Du sie weiterhin anführst."
Das Furchtbare für Aithiel war, dass es möglich war, dass er Recht hatte. Ihr Vater hatte niemals auch nur angedeutet, was nach seinem Tod geschehe sollte und nun lag es an ihr, mit der Erfahrung eines viel zu kurzen Lebens diese Entscheidung zu treffen.
"Galadriel hat mich heute Mittag erneut zu sich gebeten. Auf ihren Ratschlag werde ich meine Entscheidung begründen. Ich vertraue ihr."
Aithlion kniete sich vor sie und ergriff ihre rauen, zerschrammten Hände.
"Vertraust Du mir nicht?" Sein liebevoller Blick, mit dem er sie bedachte, solange sie nur eben denken konnte, glitt über ihr Gesicht. "Ich mag vielleicht Deiner Meinung nach zu ungestüm sein und zu sehr nach dem Kampf zu trachten, aber ich weiß, dass wir beide uns perfekt ergänzen würden. Gehe den Bund mit mir ein! Schlag Dir Galadriels Meinung aus dem Kopf und tue, was richtig ist!"
Wut kochte in Aithiel hervor. Sie sprang auf und entriss ihm ihre Hände, auch wenn ihre Schulter dabei schmerzte.
"Du denkst also tatsächlich, dass ich keine gute Anführerin bin, nicht wahr? Dass ich Dich brauche, um diese Männer zu führen! Warum sonst solltest Du mir diesen Antrag machen?"
"Weil ich Dich liebe!" Sie glaubte ihm nicht, auch wenn sie wusste, dass seine Gefühle für sie stärker waren als die ihren. Mit entschlossenen Schritten strebte sie von ihm weg, enttäuscht und aufgewühlt. "Aithiel!", rief er ihr hinterher, doch sie straffte die Schultern und drehte sich nicht um.
Sie wusste, dass sie vielleicht nicht die Fähigkeit hatte, die Männer weiterhin alleine zu führen. Aber sie würde es versuchen und wenn es auch bedeutete, mit ihren Entscheidungen das Ende der Orkreiter einzuläuten.
***
"Ich hoffe, Eure erste Nacht in Lorien war friedvoll?", erkundigte sich Galadriel freundlich und Aithiel spürte sie ihrem Entsetzen, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Die Erinnerung an die Erfüllung der vergangenen Nacht war ihr noch lebhaft im Gedächtnis geblieben und auch wenn sie noch immer wütend auf Aithlion war, so stahl sich doch ein halbes Lächeln auf ihr Gesicht. Er war der Gefährte ihrer Kindheit, der ihr Knie verbunden hatte, wenn sie hingefallen war und schließlich zum ersten Mann in ihrem Leben geworden. Sie hatten bisher jeden Streit irgendwann begraben und sie war sich sicher, dass es auch bei diesem gelingen würde.
"Sie war entspannend", antwortete sie, so ehrlich sie konnte, da ihr bereits bei ihrem ersten Gespräch mit der Herrin des Lichts klar geworden war, dass Galadriel jeden ihrer Gedanken zumindest erahnen konnte. "Dem Zauber Loriens kann und will ich mich nicht entziehen."
"Dieser Zauber wird Euch zur Verfügung stehen, wann immer Ihr das wünscht, Aithiel." Sie hatten sich dieses Mal nicht in dem öffentlichen Versammlungssaal getroffen, sondern saßen in einem viel kleineren Raum, der auch persönliche Dinge wie kostbare Waffen und Kunstwerke von unnachahmlicher Eleganz enthielt. Nachdem der Diener, der Aithiel zu der Herrin geführt hatte, einen kleinen Imbiss gebracht hatte, zog er sich mit einer respektvollen Verbeugung zurück. "Ich habe ein Geschenk für Euch - oder soll ich sagen, etwas, dass Euch rechtmäßig zusteht?"
Galadriel erhob sich von ihrem Sitz und trat an eine kleine Kommode, auf der ein Kästchen stand. Sie hob die mit wertvollen Schnitzereien bedeckten Deckel und nahm einen kleinen Samtbeutel heraus, den sie an Aithiel weiterreichte.
Neugierig öffnete sie ihn und ließ eine silberne Kette in ihre Handfläche gleiten, an der ein kleiner Anhänger in Form eines Blattes hing. Stirnrunzelnd fuhr Aithiel mit dem Finger über die feinen silbernen Blattadern, die durch eingelassene grüne Steine durchbrochen wurden. Das Schmuckstück schien nicht von lorischer Machart zu sein, doch alles wies daraufhin, dass es elbisch war.
"Wunderschön", sagte sie leise und jenes seltsam vertraute Gefühl, dass sie bei ihrem Einritt in Lorien schon einmal empfunden hatte, kehrte zurück.
"Es gehörte Eurer Mutter", erklärte Galadriel schlicht. Aithiel Kopf fuhr nach oben.
"Meine Mutter? Ihr kanntet sie? Warum habt Ihr mir das nicht früher gesagt?" Sie bemühte sich sehr, Galadriel nicht anzuschreien, doch der Schock, der sie bei den Worten getroffen hatte, schnürte ihr Innerstes zusammen. Nur langsam sickerte die Nachricht in ihr durch. "Sie ist tot, nicht wahr?"
Galadriel senkte bekümmert den Kopf.
"Ihr wurdet beide von Orks gefangengehalten, die eines Nachts unsere Grenzen verletzen. Es kam zu einem Kampf, bei dem Eure Mutter getötet wurde. Zum Glück konnten wir Euch unbeschadet auffinden." In der Stimme der blonden Elbin schwang ein seltsamer Unterton mit, den Aithiel nicht zu deuten wusste. Doch es war ihr in diesem Moment herzlich egal, denn Galadriel hatte ihren Bericht noch nicht beendet. "Das Schmuckstück deutet darauf hin, dass Eure Mutter aus dem Düsterwald stammte - ein Grund, weswegen ich Euch damals auch an diesen Ort sandte in der Hoffnung, dass man Euch erkennen würde. Doch dies geschah nicht."
"Warum sagt Ihr mir das erst jetzt?", rief Aithiel und sprang auf. "Ich kann Eurer Geheimnistuerei nichts abgewinnen." Zum zweiten Mal an einem Tag wütend und enttäuscht, wollte sie aus dem Raum stürmen, doch Galadriels Stimme, nun scharf und befehlsgewohnt, hielt sie zurück.
"Und wenn ich Euch sagen würde, dass Eure Herkunft der Schlüssel für die Sicherheit Eurer Männer wäre?" Aithiel fuhr auf dem Absatz herum und starrte Galadriel an, ihre Hände zitterten aufgrund des unterdrückten Aufruhrs, der in ihrem Inneren tobte. Innerhalb von zwei Tagen hatten sich viele Fragen, die sie ihr Leben begleitet und auch gequält hatten, geklärt und zugleich waren viele neue Rätsel aufgetaucht, die ihr fast den gesunden Verstand raubten. "Setzt Euch." Willenlos folgt Aithiel der Aufforderung. "Ich habe einen Boten in den Düsterwald geschickt, der die Herkunft des Schmuckstückes klären soll - ich hab eine Kopie anfertigen lassen und ihm mitgegeben."
"Und wie soll mir das Wissen über meine familiären Bande helfen?", brachte Aithiel hervor und erntete ein liebevolles Lächeln.
"Als Berions Tochter steht Ihr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit Thranduils. Wenn Ihr Euch ihm stellen würdet und tatsächlich noch Familie habt, wird sich diese sicherlich für Euch verwenden. Vielleicht wäre es sogar möglich, dass Ihr durch eine Auslieferung eine Amnestie für Eure Männer erwirken könntet."
Was die Herrin des Lichts sagte, klang vernünftig. Immerhin war Thranduils Zorn durch ein Mitglied ihrer Familie erregt worden - vielleicht konnte der andere Teil ihrer Familie den Bruch kitten. Doch es gab einen Grund, weswegen sie Galadriels Vorschlag nicht unbedingt zustimmen konnte - sie hatte das Gefühl, dass diese etwas vor ihr verbarg. Wenn sie wirklich so sehr um sie, Aithiel, besorgt war, warum würde sie ihr eben diesen doch sehr riskanten Vorschlag machen? Vielleicht wusste Galadriel, welchem Elben im Düsterwald das Amulett bekannt vorkommen würde und dies war erneut eines von Galadriels Spielchen mit dem Schicksal.
Aithiel schwieg, die Lippen aufeinandergepresst. Dann nickte sie langsam:
"Ich werde Euren Vorschlag erwägen." Sie erhob sich. "Wenn ich noch um eines bitten dürfte - zeigt mir das Grab meiner Mutter!"
Galadriel nickte, geheimnisvoll lächelnd.
"Ich dachte schon, dass Ihr mich darum ersuchen würdet. Haldir, der Hauptmann meiner Wache, wir Euch dorthin führen. Er war es damals, der Euch im Wald fand."
***
Der Hauptmann mit der steinernen Miene erwartet sie vor Galadriels Behausung, die Hände auf dem Rücken verschränkt, der Blick undurchdringlich. Nun, da sie wusste, dass er Rumils Bruder war, betrachtete sie ihn mit anderen Augen. Ob auch ein Teil von Rumils schelmenhafter Art in diesem Mann steckte - oder ob er wirklich derart ernst war, wie er zu sein vorgab?
Die Kette, um die sie bislang noch fest die Hand geschlossen hatte, legte sie kurzentschlossen um ihren Hals und meinte ein schmerzvolles Zucken in Haldirs Augen zu bemerken, doch dann war der Moment vergangen und sie schalt sich, Geister zu sehen.
Galadriel trat hinter ihr auf die Stufen, wie stets makellos und erhaben, nun plötzlich in Aithiel Augen wieder unnahbar und nicht dieselbe Frau, auf die sie wütend gewesen war. In gütigem Tonfall bat sie:
"Haldir, zeige Aithiel das Grab ihrer Mutter So ist nun endlich die Tochter jener Frau heimgekehrt, um ihr Leben und ihr Sterben zu ehren."
Irrte sich Aithiel oder schwang in Galadriels Worten so etwas wie ein an Haldir gerichteter Tadel mit? Oder eine Bitte? In den blauen Augen der andren Elbin las sie eine milde Besorgnis und war sich nun ganz sicher, dass sie sich in diesem Moment allein an Haldir wandte.
Er ersparte sich eine Antwort, sondern verbeugte sich steif und verließ mit langen Schritten die Plattform vor Galadriels Haus. Aithiel eilte ihm verwundert hinterher, nun, da er ihr nicht einmal mehr mit kühler Ablehnung begegnete, sondern gewillt zu sein schien, sie einfach stehen zu lassen.
Sie blickte über die Schulter zu Galadriel zurück, eine stille, weiße Gestalt, noch immer leuchtend zwischen den gewaltigen Ästen der goldenen Bäume. Auch wenn sie tief getroffen war, dass man ihr das ganze Leben vorenthalten hatte, was wirklich mit ihrer Mutter geschehen war, fühlte sie doch, dass sich die Dinge im richtigen Moment zusammenzufügen begannen. Vielleicht sollte sie den Vorschlag ernsthaft in Erwägung ziehen.
Haldir führte sie durch den Wald und schweigend gingen sie, als Aithiel ihn endlich eingeholt hatte, eine längere Zeit nebeneinander her. Irgendwann trafen sie keine Elben mehr und Aithiel begriff, dass dieser Ort in Lorien selten besucht wurde. Hin und wieder bemerkte sie kleine Steinhaufen aus leuchtend weißen Kieseln, die im Zwielicht des Waldes silbern glitzerten. Kleine Monumente für die Seelen der Körper, die in den weichen Waldboden gebettet worden waren.
Schließlich betraten sie eine kleine Lichtung im Wald. Sonnenflecken tanzten über das Moos an den zerfurchten Baumstämmen, Insekten summten in der warmen Sommerluft. Es war ein wunderschöner Ort. Für Aithiel war es nicht nötig, dass Haldir auf den Fuß einer Birke zeigte. Sie hatte den Kieselhaufen bemerkt, der sich vor den Wurzeln auftürmte, hell, so als liege er erst einen Tag in der Witterung des Waldes und wusste sich nicht zu erklären, ob die Zeit diesen Ort nicht berührt oder ob sich irgendjemand um das Grab gekümmert hatte.
"Wie sah sie aus?" Haldir fuhr zusammen und blickte sie zunächst verständnislos an. Dann veränderte sich sein Gesicht und wirkte nun fast verzweifelt. "Was habt Ihr?", erkundigte sie sich. "Ihr seid blass."
"Es ist nichts", wehrte er barsch ab, doch dann seufzte er kaum hörbar. Für einen Moment blickte sie hinter die Maske, die er zu tragen pflegte. "Sie war sehr schön. Langes, braunes Haar, braune Augen. Sie war sehr klein."
"Galadriel sagte mir, Ihr hättet mich gefunden?"
Er öffnete den Mund, schien etwas sagen zu wollen, mühsam, wie um eine Sache loszuwerden, das schwer auf seiner Seele lastete. Dann jedoch meinte er in beherrschtem Ton:
"Das ist richtig. Ich lasse Euch jetzt allein." Und bevor sie noch eine Frage stellen konnte, war er nach einem knappen Nicken in großer Hast davongegangen. Aithiel starrte auf seinen steif aufgerichteten Rücken und schüttelte dann ungläubig den Kopf. Nicht nur Galadriel gab ihr Grund zu Rätseln.
Dann wandte sie sich dem Grab zu und versuchte, sich das Gesicht der Frau vorzustellen, die sie zur Welt gebracht hatte. Es gelang ihr nicht, doch wenn sie tief in sich hineinhorchte, erinnerte sie sich an ein Lied, das sie ihr vorgesungen hatte, und an den flüchtigen Geruch von Geißblatt auf einer Wiese, über die sie gegangen waren. Aithiel lächelte. Vielleicht war das schon alles, was sie über ihre Mutter wissen musste.
@Shelley: Hoffe Deine Zweifel zum Ausgestoßenenstatus der Orkreiter sind geklärt? Ja, und die Sache mit den roten Haaren - da gebe ich eine klare Mary Sue zu, weil ich selber rothaarig bin! =)
@Heitzenedera: Als großer Fan Deiner Storys freue ich mich sehr über Deinen Zuspruch! Bis zur nächsten Review (ob bei mir oder Dir, weiß ich noch nicht *g*)!! Und was die Vermutung mit den Familienbanden angeht - liegst gar nicht so falsch! *durchschaut*
Kapitel 4
Galadriels Wissen
"Männer", sagte Aithiel ernst und drehte sich zu den Kriegern um. Diese tauschten wissende Blicken und suchten sich Plätze auf den mächtigen Wurzeln der Bäume. Aithlion blieb hinter ihrer Schulter stehen, eine stumme Unterstützung, für die sie dankbar war. Er war in den Augen der Orkreiter ein sicherer Anwärter auf die Führerschaft, doch dass er sich in diesem Moment hinter sie stellte, machte seinen Respekt vor ihrem Vater und auch ihrer eigenen Person deutlich. "Ich muss Euch nicht sagen, dass Berions Tod vieles verändert hat. Eure Treue galt bislang nur ihm und ich kann verstehen, dass viele von Euch nun den Wunsch haben, Eure Verbindung zu dieser Gruppe zu lösen."
"Das stimmt", warf einer der jüngeren Elben ein und Aithiel nahm ihm seinen Ausbruch nicht übel. "Ich habe meine Frau eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Mein Sohn ist inzwischen im Alter einen Bogen zu spannen und ich kann nicht bei ihm sein, um es mir anzusehen."
Einige Männer nickten zustimmend, während in anderen Gesichtern eine eher abwartenden Haltung zu erkennen war. Aithiel wusste, dass die Krieger, die sie in den Wald begleitete hatten, einen aussagekräftigen Durchschnitt der gesamten Gruppe boten und war dementsprechend dankbar für die Meinungsäußerungen. Sie musste sich dennoch räuspern, denn derart offen hatte man ihr die Zweifel an ihrer Gruppe selten angetragen.
"Fest steht, dass wir alle in Thranduils Reich nicht gerne gesehen werden und ich kann nur raten, was passiert, wenn wir uns seiner Gerichtsbarkeit übergeben." Das Gesicht des jungen Elben, der sie unterbrochen hatte, wurde ernst. "Aber ich habe die Vermutung, dass Galadriel mich herbat, um vielleicht eine Lösung zu finden, die für uns alle erträglich ist. Was immer für Euch am Ende als Entscheidung feststeht, ich werde sie akzeptieren, da ihr alle Eure Loyalität zu meinem Vater und der Gruppe ausreichend bewiesen habt."
Zustimmendes Murmeln ertönte und dankbar spürte Aithiel die Hand ihres Liebhabers auf ihrem Rücken. Er wusste, wie schwer es für sie gewesen war, das Werk ihres Vaters der Auflösung zu übergeben und ihre eigenen Pläne zurückzustellen. Sie hatte beabsichtigt, die Gruppe nach Mordor zu führen, wenn es zum Kampf gegen Sauron kommen würde.
Die Männer erkannten, dass ihre kurze Rede beendet war und zogen sich respektvoll zurück. Aithiel ließ sich mit einem kleinen Seufzer ebenfalls auf eine der Wurzeln sinken. Aithlion blieb vor ihr stehen und musterte sie prüfend.
"Du hast ihnen eine Wahl gegeben, weil Du Dich für keine gute Anführerin hältst, nicht wahr? Du denkst, nur weil Dein Vater ein Mann war, müssten Dir die Männer nicht denselben Respekt schulden wie ihm!"
Sie winkte ab.
"Das hat nichts mit Respekt zu tun. Ich hatte niemals die Freiheit, mich gegen die Orkreiter zu entscheiden - seit ich ein kleines Mädchen war, bin ich mit ihnen geritten. Aber diese Männer kennen ein anderes Leben, sie haben Familien und haben ein Recht darauf, diese wiederzusehen. In Freiheit."
"Wir stehen vor einem Krieg und sind eine der schlagkräftigsten Heere, die Mittelerde zu bieten hat. Du darfst es nicht auflösen, weil Du Zweifel an Deiner Befähigung hast oder gar Mitleid. Glaub mir, es wäre im Sinne Deines Vaters, dass Du sie weiterhin anführst."
Das Furchtbare für Aithiel war, dass es möglich war, dass er Recht hatte. Ihr Vater hatte niemals auch nur angedeutet, was nach seinem Tod geschehe sollte und nun lag es an ihr, mit der Erfahrung eines viel zu kurzen Lebens diese Entscheidung zu treffen.
"Galadriel hat mich heute Mittag erneut zu sich gebeten. Auf ihren Ratschlag werde ich meine Entscheidung begründen. Ich vertraue ihr."
Aithlion kniete sich vor sie und ergriff ihre rauen, zerschrammten Hände.
"Vertraust Du mir nicht?" Sein liebevoller Blick, mit dem er sie bedachte, solange sie nur eben denken konnte, glitt über ihr Gesicht. "Ich mag vielleicht Deiner Meinung nach zu ungestüm sein und zu sehr nach dem Kampf zu trachten, aber ich weiß, dass wir beide uns perfekt ergänzen würden. Gehe den Bund mit mir ein! Schlag Dir Galadriels Meinung aus dem Kopf und tue, was richtig ist!"
Wut kochte in Aithiel hervor. Sie sprang auf und entriss ihm ihre Hände, auch wenn ihre Schulter dabei schmerzte.
"Du denkst also tatsächlich, dass ich keine gute Anführerin bin, nicht wahr? Dass ich Dich brauche, um diese Männer zu führen! Warum sonst solltest Du mir diesen Antrag machen?"
"Weil ich Dich liebe!" Sie glaubte ihm nicht, auch wenn sie wusste, dass seine Gefühle für sie stärker waren als die ihren. Mit entschlossenen Schritten strebte sie von ihm weg, enttäuscht und aufgewühlt. "Aithiel!", rief er ihr hinterher, doch sie straffte die Schultern und drehte sich nicht um.
Sie wusste, dass sie vielleicht nicht die Fähigkeit hatte, die Männer weiterhin alleine zu führen. Aber sie würde es versuchen und wenn es auch bedeutete, mit ihren Entscheidungen das Ende der Orkreiter einzuläuten.
***
"Ich hoffe, Eure erste Nacht in Lorien war friedvoll?", erkundigte sich Galadriel freundlich und Aithiel spürte sie ihrem Entsetzen, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Die Erinnerung an die Erfüllung der vergangenen Nacht war ihr noch lebhaft im Gedächtnis geblieben und auch wenn sie noch immer wütend auf Aithlion war, so stahl sich doch ein halbes Lächeln auf ihr Gesicht. Er war der Gefährte ihrer Kindheit, der ihr Knie verbunden hatte, wenn sie hingefallen war und schließlich zum ersten Mann in ihrem Leben geworden. Sie hatten bisher jeden Streit irgendwann begraben und sie war sich sicher, dass es auch bei diesem gelingen würde.
"Sie war entspannend", antwortete sie, so ehrlich sie konnte, da ihr bereits bei ihrem ersten Gespräch mit der Herrin des Lichts klar geworden war, dass Galadriel jeden ihrer Gedanken zumindest erahnen konnte. "Dem Zauber Loriens kann und will ich mich nicht entziehen."
"Dieser Zauber wird Euch zur Verfügung stehen, wann immer Ihr das wünscht, Aithiel." Sie hatten sich dieses Mal nicht in dem öffentlichen Versammlungssaal getroffen, sondern saßen in einem viel kleineren Raum, der auch persönliche Dinge wie kostbare Waffen und Kunstwerke von unnachahmlicher Eleganz enthielt. Nachdem der Diener, der Aithiel zu der Herrin geführt hatte, einen kleinen Imbiss gebracht hatte, zog er sich mit einer respektvollen Verbeugung zurück. "Ich habe ein Geschenk für Euch - oder soll ich sagen, etwas, dass Euch rechtmäßig zusteht?"
Galadriel erhob sich von ihrem Sitz und trat an eine kleine Kommode, auf der ein Kästchen stand. Sie hob die mit wertvollen Schnitzereien bedeckten Deckel und nahm einen kleinen Samtbeutel heraus, den sie an Aithiel weiterreichte.
Neugierig öffnete sie ihn und ließ eine silberne Kette in ihre Handfläche gleiten, an der ein kleiner Anhänger in Form eines Blattes hing. Stirnrunzelnd fuhr Aithiel mit dem Finger über die feinen silbernen Blattadern, die durch eingelassene grüne Steine durchbrochen wurden. Das Schmuckstück schien nicht von lorischer Machart zu sein, doch alles wies daraufhin, dass es elbisch war.
"Wunderschön", sagte sie leise und jenes seltsam vertraute Gefühl, dass sie bei ihrem Einritt in Lorien schon einmal empfunden hatte, kehrte zurück.
"Es gehörte Eurer Mutter", erklärte Galadriel schlicht. Aithiel Kopf fuhr nach oben.
"Meine Mutter? Ihr kanntet sie? Warum habt Ihr mir das nicht früher gesagt?" Sie bemühte sich sehr, Galadriel nicht anzuschreien, doch der Schock, der sie bei den Worten getroffen hatte, schnürte ihr Innerstes zusammen. Nur langsam sickerte die Nachricht in ihr durch. "Sie ist tot, nicht wahr?"
Galadriel senkte bekümmert den Kopf.
"Ihr wurdet beide von Orks gefangengehalten, die eines Nachts unsere Grenzen verletzen. Es kam zu einem Kampf, bei dem Eure Mutter getötet wurde. Zum Glück konnten wir Euch unbeschadet auffinden." In der Stimme der blonden Elbin schwang ein seltsamer Unterton mit, den Aithiel nicht zu deuten wusste. Doch es war ihr in diesem Moment herzlich egal, denn Galadriel hatte ihren Bericht noch nicht beendet. "Das Schmuckstück deutet darauf hin, dass Eure Mutter aus dem Düsterwald stammte - ein Grund, weswegen ich Euch damals auch an diesen Ort sandte in der Hoffnung, dass man Euch erkennen würde. Doch dies geschah nicht."
"Warum sagt Ihr mir das erst jetzt?", rief Aithiel und sprang auf. "Ich kann Eurer Geheimnistuerei nichts abgewinnen." Zum zweiten Mal an einem Tag wütend und enttäuscht, wollte sie aus dem Raum stürmen, doch Galadriels Stimme, nun scharf und befehlsgewohnt, hielt sie zurück.
"Und wenn ich Euch sagen würde, dass Eure Herkunft der Schlüssel für die Sicherheit Eurer Männer wäre?" Aithiel fuhr auf dem Absatz herum und starrte Galadriel an, ihre Hände zitterten aufgrund des unterdrückten Aufruhrs, der in ihrem Inneren tobte. Innerhalb von zwei Tagen hatten sich viele Fragen, die sie ihr Leben begleitet und auch gequält hatten, geklärt und zugleich waren viele neue Rätsel aufgetaucht, die ihr fast den gesunden Verstand raubten. "Setzt Euch." Willenlos folgt Aithiel der Aufforderung. "Ich habe einen Boten in den Düsterwald geschickt, der die Herkunft des Schmuckstückes klären soll - ich hab eine Kopie anfertigen lassen und ihm mitgegeben."
"Und wie soll mir das Wissen über meine familiären Bande helfen?", brachte Aithiel hervor und erntete ein liebevolles Lächeln.
"Als Berions Tochter steht Ihr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit Thranduils. Wenn Ihr Euch ihm stellen würdet und tatsächlich noch Familie habt, wird sich diese sicherlich für Euch verwenden. Vielleicht wäre es sogar möglich, dass Ihr durch eine Auslieferung eine Amnestie für Eure Männer erwirken könntet."
Was die Herrin des Lichts sagte, klang vernünftig. Immerhin war Thranduils Zorn durch ein Mitglied ihrer Familie erregt worden - vielleicht konnte der andere Teil ihrer Familie den Bruch kitten. Doch es gab einen Grund, weswegen sie Galadriels Vorschlag nicht unbedingt zustimmen konnte - sie hatte das Gefühl, dass diese etwas vor ihr verbarg. Wenn sie wirklich so sehr um sie, Aithiel, besorgt war, warum würde sie ihr eben diesen doch sehr riskanten Vorschlag machen? Vielleicht wusste Galadriel, welchem Elben im Düsterwald das Amulett bekannt vorkommen würde und dies war erneut eines von Galadriels Spielchen mit dem Schicksal.
Aithiel schwieg, die Lippen aufeinandergepresst. Dann nickte sie langsam:
"Ich werde Euren Vorschlag erwägen." Sie erhob sich. "Wenn ich noch um eines bitten dürfte - zeigt mir das Grab meiner Mutter!"
Galadriel nickte, geheimnisvoll lächelnd.
"Ich dachte schon, dass Ihr mich darum ersuchen würdet. Haldir, der Hauptmann meiner Wache, wir Euch dorthin führen. Er war es damals, der Euch im Wald fand."
***
Der Hauptmann mit der steinernen Miene erwartet sie vor Galadriels Behausung, die Hände auf dem Rücken verschränkt, der Blick undurchdringlich. Nun, da sie wusste, dass er Rumils Bruder war, betrachtete sie ihn mit anderen Augen. Ob auch ein Teil von Rumils schelmenhafter Art in diesem Mann steckte - oder ob er wirklich derart ernst war, wie er zu sein vorgab?
Die Kette, um die sie bislang noch fest die Hand geschlossen hatte, legte sie kurzentschlossen um ihren Hals und meinte ein schmerzvolles Zucken in Haldirs Augen zu bemerken, doch dann war der Moment vergangen und sie schalt sich, Geister zu sehen.
Galadriel trat hinter ihr auf die Stufen, wie stets makellos und erhaben, nun plötzlich in Aithiel Augen wieder unnahbar und nicht dieselbe Frau, auf die sie wütend gewesen war. In gütigem Tonfall bat sie:
"Haldir, zeige Aithiel das Grab ihrer Mutter So ist nun endlich die Tochter jener Frau heimgekehrt, um ihr Leben und ihr Sterben zu ehren."
Irrte sich Aithiel oder schwang in Galadriels Worten so etwas wie ein an Haldir gerichteter Tadel mit? Oder eine Bitte? In den blauen Augen der andren Elbin las sie eine milde Besorgnis und war sich nun ganz sicher, dass sie sich in diesem Moment allein an Haldir wandte.
Er ersparte sich eine Antwort, sondern verbeugte sich steif und verließ mit langen Schritten die Plattform vor Galadriels Haus. Aithiel eilte ihm verwundert hinterher, nun, da er ihr nicht einmal mehr mit kühler Ablehnung begegnete, sondern gewillt zu sein schien, sie einfach stehen zu lassen.
Sie blickte über die Schulter zu Galadriel zurück, eine stille, weiße Gestalt, noch immer leuchtend zwischen den gewaltigen Ästen der goldenen Bäume. Auch wenn sie tief getroffen war, dass man ihr das ganze Leben vorenthalten hatte, was wirklich mit ihrer Mutter geschehen war, fühlte sie doch, dass sich die Dinge im richtigen Moment zusammenzufügen begannen. Vielleicht sollte sie den Vorschlag ernsthaft in Erwägung ziehen.
Haldir führte sie durch den Wald und schweigend gingen sie, als Aithiel ihn endlich eingeholt hatte, eine längere Zeit nebeneinander her. Irgendwann trafen sie keine Elben mehr und Aithiel begriff, dass dieser Ort in Lorien selten besucht wurde. Hin und wieder bemerkte sie kleine Steinhaufen aus leuchtend weißen Kieseln, die im Zwielicht des Waldes silbern glitzerten. Kleine Monumente für die Seelen der Körper, die in den weichen Waldboden gebettet worden waren.
Schließlich betraten sie eine kleine Lichtung im Wald. Sonnenflecken tanzten über das Moos an den zerfurchten Baumstämmen, Insekten summten in der warmen Sommerluft. Es war ein wunderschöner Ort. Für Aithiel war es nicht nötig, dass Haldir auf den Fuß einer Birke zeigte. Sie hatte den Kieselhaufen bemerkt, der sich vor den Wurzeln auftürmte, hell, so als liege er erst einen Tag in der Witterung des Waldes und wusste sich nicht zu erklären, ob die Zeit diesen Ort nicht berührt oder ob sich irgendjemand um das Grab gekümmert hatte.
"Wie sah sie aus?" Haldir fuhr zusammen und blickte sie zunächst verständnislos an. Dann veränderte sich sein Gesicht und wirkte nun fast verzweifelt. "Was habt Ihr?", erkundigte sie sich. "Ihr seid blass."
"Es ist nichts", wehrte er barsch ab, doch dann seufzte er kaum hörbar. Für einen Moment blickte sie hinter die Maske, die er zu tragen pflegte. "Sie war sehr schön. Langes, braunes Haar, braune Augen. Sie war sehr klein."
"Galadriel sagte mir, Ihr hättet mich gefunden?"
Er öffnete den Mund, schien etwas sagen zu wollen, mühsam, wie um eine Sache loszuwerden, das schwer auf seiner Seele lastete. Dann jedoch meinte er in beherrschtem Ton:
"Das ist richtig. Ich lasse Euch jetzt allein." Und bevor sie noch eine Frage stellen konnte, war er nach einem knappen Nicken in großer Hast davongegangen. Aithiel starrte auf seinen steif aufgerichteten Rücken und schüttelte dann ungläubig den Kopf. Nicht nur Galadriel gab ihr Grund zu Rätseln.
Dann wandte sie sich dem Grab zu und versuchte, sich das Gesicht der Frau vorzustellen, die sie zur Welt gebracht hatte. Es gelang ihr nicht, doch wenn sie tief in sich hineinhorchte, erinnerte sie sich an ein Lied, das sie ihr vorgesungen hatte, und an den flüchtigen Geruch von Geißblatt auf einer Wiese, über die sie gegangen waren. Aithiel lächelte. Vielleicht war das schon alles, was sie über ihre Mutter wissen musste.
