Kapitel 13

Helms Klamm

Haldir stand mit den anderen Galadhrim auf dem Ringwall und blickte hinab. Unter ihm, in der heranschleichenden Dunkelheit, sah er so weit er auch blicken konnte nur Orks, besser gesagt Uruk-Hai, wie Aragorn sie nannte. Der Waldläufer hatte bereits gegen sie gekämpft und auch wenn er versucht hatte, die Erlebnisse zu beschönigen, konnte es keinen Zweifel daran geben, dass dies eine neue Art von Gegner war, furchteinflößender und gefährlicher.

Aragorn lief unruhig auf dem Wall auf und ab, die Hand fest um den Knauf seines Schwertes gelegt. Die Krieger der Menschen folgten ihm mit ihren Blicken und es war ihnen anzumerken, wie viel Hoffnung sie in diesen Mann setzten. König Theoden hatte dem Dunedain das Kommando auf der Mauer übergeben und auch Haldir sah kein Problem darin, sich der Autorität des anderen Mannes unterzuordnen. Die Gerüchte, die besagten, dass Aragorn der Erbe des Throns Gondors war, hatten sich bewahrheitet und nun diente er einem Edelmann unter den Menschen in einer Burg der Menschen. Das war nur legitim.

Ein Geräusch ließ Haldir aufhorchen, ein metallisches Klingen, das er zunächst nicht einzuordnen wusste. Dann erkannte er, was geschah. Der Himmel, der sich über der Hornburg zusammenballte wie eine zum Niederstürzen bereite Faust, öffnete seine Schleusen und schleuderte den Regen auf die Rüstungen der Männer und Knaben, die sich versammelt hatten, um ihre Freiheit zu verteidigen.

Es trat eine gespenstische Stille ein, die nur von dem Grollen der anrückenden Orks durchbrochen wurde. Der Regen prasselte immer stärker, rann Haldir durch die Haare und über das Gesicht. Für einen Moment schloss er die Augen und versucht, seine innere Ruhe wiederzufinden.

Doch es misslang, denn als er wenig später neben sich blickte, und die Männer beobachtete, wie sie mit unbewegten Gesichtern auf den im Fackelschein vor Nässe glänzenden Steinen standen, dann sah er nicht die vertrauten Gestalten seiner Brüder, die ihm sein Zweifel hätten nehmen können. Rumil und Orophin waren weit fort und er allein unter Fremden.

Er dachte auch an Aithiel, die er in diesem Moment nur zu gerne an seiner Seite gehabt hätte. Aös Kriegerinund al die Frau, die es verstanden hatte, wieder wahrhaft empfinden zu können. Niemand hatte ihm je so vor Augen geführt, wie wertvoll starke Gefühle und Leidenschaft waren und wie unbedeutend dafür die stoischer Ruhe, deren sich die Elben immer so rühmten. Neben der nagenden Ungewissheit, was in den nächsten Stunden geschehen könnte, wurde er allein von dem Wunsch bewegt, sich bei ihr entschuldigen zu können und ihr zu gestehen, was er für sie empfand. Vielleicht hatte er nicht mehr die Möglichkeit dazu, aber er wusste, dass er alles in der Welt geben würde, um ihr noch einmal ins Gesicht gehen zu können.

In der Nacht, nachdem ihm Galadriel ihn vor die Möglichkeit gestellt hatte, nach Helms Klamm zu gehen, hatte er geträumt, eine Folge wirrer, blutiger Bilder, die alles dasselbe ankündigten. Er sah dann die wie in Zeitlupe fallenden Körper seiner Männer, ihre toten Augen, noch überrascht von der Hässlichkeit des Todes. Eigentlich macht er sich wenig aus Prophetie, die nicht von der Herrin des Waldes stammte, doch er ahnte tief ihn sich, dass dieser Traum kein Zufall gewesen war. Er wies ihm die Richtung und Haldir wagte kaum darüber nachzudenken, wohin ihn der Weg führen würde.

Seine Füße schienen sich aus eigenem Antrieb heraus zu bewegen, als er von seinen düsteren Gedanken absah und zu Legolas trat, der in ein leises Gespräch mit Aragorn vertieft war. Auch auf seinem Gesicht war Anspannung zu sehen, die sich jedoch in eine höfliche Maske verwandelte, als er zu Haldir sah. Die himmelblauen Augen des Elben verengten sich kurz, dann erkundigte er sich:

            „Was kann ich für Euch tun?"

            „Ich möchte mit Euch reden", bat Haldir mit einem Blick auf die Orks. Die Menge kochte, auch wenn sie sich noch immer fast geräuschlos heranschob. Die Männer in der Burg hatten nur noch wenig Zeit und Haldir hatte viel zu sagen. „Es geht um Aithiel."

Legolas und Aragorn tauschten einen kurzen Blick, dann trat der Prinz von Düsterwald zu Haldir und gemeinsam zogen sie sich hinter die Reihen der Bogenschützen in relative Ungestörtheit zurück. Haldir warf einen Blick in den Innenhof, in dem Schwertkämpfer bereitstanden und die letzten Waffen ausgegeben wurden.

            „Sagt, was Euch bedrückt", bat Legolas und sein Tonfall war plötzlich versöhnlich. Haldir blickte ihn verwundert an, die Drohung des anderen Elben von vor wenigen Wochen in den Ohren. Legolas bemerkte seine Verwirrung und lächelte kurz. „Es ist wohl nicht der Zeitpunkt, Euch etwas nachzutragen, denn wir werden Seite an Seite kämpfen." Er streckte die Hand aus und Haldir schlug dankbar ein. Nun kamen ihm die Worte deutlich leichter von den Lippen.

            „Falls ich diesen Kampf nicht überleben sollte, dann sagte Aithiel bitte, wie Leid mir alles tut."

            „Das könnt Ihr ihr selbst sagen", wehrte Legolas unbehaglich ab, doch er klang nicht überzeugt, im Gegenteil, seine Stimme schwankte ein wenig.

            „Ich meine es ernst", beharrte Haldir und ergriff Legolas am Arm, um die Dringlichkeit seiner Bitte zu unterstützen. „            Ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht und der Größte unter ihnen war wohl, Aithiel hintergangen zu haben."

            „Das ist es, was ich Ihr sagen soll?", hakte Legolas nach. „Dass es Euch leid tut? Nur das?" Sein wissender Blick  machte Haldir nervös. Er öffnete und schloss den Mund wieder, ohne etwas zu sagen.

In diesem Moment brandeten die Schreie der Orks wie eine große Welle gegen den Wall. Trommeln ertönten, das Metall von Schwertern traf auf das der Schilde, Wut wurde in die Nacht hinausgebrüllt. Selbst der Regen schien in diesem Moment eine Pause zu machen und atemlos zu lauschen.

Haldir nickte Legolas und glitt an dem Zwerg vorbei, der mit Aragorn und dem Prinzen gereist war und der mit grimmigem Gesicht versuchte, über die Brüstung zu blicken. Er kehrte in die Reihen seiner Leute zurück, maß jedem von ihnen mit einem langen Blick. Niemand würde sich den Männern Loriens entgegenstellte. Er nickt Menond zu, der neben ihm stand und ergriff den ersten Pfeil in seinem Köcher.

***

Der Ringwall barst mit einem ohrenbetäubenden Dröhnen und die Druckwelle schleuderte Haldir gegen die Brüstung des Walls. Für einen Moment benommen, starrte er an einem Speer vorbei, der von außen über die Mauer geflogen kam. Riesige Gesteinbrocken flogen durch die Luft und erschlugen Menschen, Elben wie Orks gleichermaßen. Pulvriger Staub waberte durch die feuchte Luft und Schreie des Schmerzes gellten. Haldir sah einen Mann auf der zerstörten Treppe, dem von einem Brocken die Beine abgerissen wurden und der in einer Blutlache zusammensackte.

Unten schäumte das Wasser des Klammbaches durch die Lücke, die das Sprengfeuer Sarumans gerissen hatte, doch seiner Wucht stellte sich eine Masse von Orks entgegen, die brüllend durch den Durchlass strömten. Aragorns Gestalt lag in einiger Entfernung am Boden und er regt sich nicht mehr. Im selben Moment, als Haldir ihn sah, stürmte schon der Zwerg an ihm vorbei und sprang mit todesverachtendem Mut hinunter, um den Gefallenen zu retten.

            „Verteidigt die Lücke!", brüllte Haldir und schickte Menond mit einer knappen Geste mit den meisten seiner Männer die Treppen hinunter. Er selbst blieb auf der Mauer stehen und  blickte, das Schwert in den Händen, grimmig dem Gegner entgegen. Zufrieden beobachtete er, wie seine Männer eine Linie bildeten und ruhig auf die Angreifer warteten. Ihre Gesichter waren von Blut und Schlamm besudelt, doch noch immer konnte man ihren Stolz erkennen.

Auch Legolas spurte an ihm vorbei, seinen Bogen in der Hand. Haldir hatte nicht die Möglichkeit zu sehen, was geschah, als der blonde Elb auf der Treppe verschwand, um seine zwergischen Gefährten zu folgen. Denn nun eröffneten die Orks auch vom Inneren des Walls das Feuer auf den Wehrgang und um Haldir herum starben röchelnd zwei seiner Leute, von Pfeilen durchbohrt. Die ersten geifernden Uruk-Hais strömten bereits über die Treppe und Haldir rannte ihnen entgegen, um im Gemenge des Kampfes lebendige Schilde gegen die Bogenschützen zu haben.

Die ersten Orks ließen sich von seinem Angriff überraschen und er zerschlug ihre Körper, ohne selbst einmal in die Nähe einer Schwertspitze zu kommen. Doch dann musste er wohl oder übel einige Schritte zurückweichen und dann hörte er sie auch schon hinter sich. Ein kurzer Blick über die Schulter zeigte, dass drei Galadhrim ihm den Rücken freihielten, doch auch sie waren nun in starker Bedrängnis, einer bereits derart verletzt, dass er nur noch einen Arm zum Führen seiner Waffe heben konnte.

Haldir konzentrierte sich lediglich auf die Bewegungen um ihn herum. Kein Laut der Außenwelt drang zu ihm durch, und während er in einer träumerischen Sicherheit einen Ork nach dem anderen tötete, emotionslos ihre Blut und ihr bloßes Fleisch betrachtete, zog er ein blutige Schneise durch die schwarzen Körper.

Er wusste nicht, wie lange es auf diese Weise gekämpft hatte, ob nun Minuten oder Stunden, alles, was er wusste, war, dass er erschöpft war. Entsetzen machte sich in ihm breit ob dieser ungewohnten Schwäche und er verdoppelte sein Bemühen, schnell und effizient zu töten, obwohl jeder Schlag, den er gegen einen Panzer oder Kettenhemd führt, seine Arme erzittern ließ.

War dies selbst das Ende der elbischen Kraft? Seine Männer hinter ihm waren in den wenigen Momente, in denen er nicht zu ihnen geblickt hatte einer nach dem anderen gefallen und er stand fast allein in einer Gruppe von Feinden, die alle nur ein Ziel kannte. Zweifel schlich sich in sein Herz und der Gedanke kam ihm, dass er zu arrogant gewesen war, um diese Möglichkeit vorherzusehen. Sein Herz sank, als er Aragorns Stimme durch den Kampflärm brüllen hört. Obwohl er sich freute dass der Waldläufer am Leben war, klang de Sinn seiner Worte in Haldirs Kopf wie eine Todesurteil.

            „Rückzug! Zur Hornburg!"

Haldir blinzelte, als ein Regentropfen – oder war es Schweiß? -  brennend in seine Augen floss. In einiger Entfernung sah er noch einige Galadhrim, die sich in starker Bedrängnis befanden. Er sah, dass sie den Befehl gehört hatten, jedoch noch zögerten.

            „Rückzug!", brüllt nun auch Haldir und bemerkte seine toten Krieger zu seinen Füßen. Dies war das Ende der elbischen Stärke und er verspürte nur noch den Wunsch, seine restlichen lebenden Männer zu retten und sie von diesem Alptraum zu befreien. Er wies bestimmt auf die Feste und drehte sich dann um, als er hinter sich Stampfen hört.

Das Schwert traf ihn völlig unvorbereitet in die Seite und drang auch durch die Armschiene, die ihn hätte schützen solle. Verdutzt über den plötzlichen Schmerz und herausgerissen aus seiner Bewegungsabfolge, starrte er verdutzt auf das Blut an seinem Handgelenk und spürte dann plötzlich auch, wie es warm aus der Bauchwunde herausrann. Der Schmerz, der sich in diesem Moment in sein Bewusstsein empor kämpfte, ließ ihn nach Luft ringen.

Die unsinnigsten Dinge schossen ihm durch den Kopf, das Gesicht von Galadriel, die stets alles gewusst und wohl auch geahnt hatte, dass ihm dies geschehen würde, die Geburt seiner Brüder und den Schmerz, sie vielleicht für immer verloren zu haben. Aithiel und ihre Narben. Und über allem die namenlose Verblüffung, die langsam in Entsetzen umschlug, als er ein Geräusch hinter sich hört.

Der Schlag in seinen Rücken kam ihm harmlos vor, doch sein Körper reagierte und Haldir rang erneut überrascht nach Atem, als er spürte, wie das Metall langsam wieder aus seinem Körper gezogen wurde, eine Bewegung, die sicherlich blitzschnell war und die er doch in jeder kleinsten Einzelheit spürte. Sein Schwert fiel ihm aus der Hand. Ein letztes Mal versuchte er danach zu greifen, doch seine Hand irrte ins Leere, als er endgültig zusammensackte.

Vor seinen Augen begann sich alles zu verschleiern und er spürte, wie ihm wieder kalter Regen auf das Gesicht fiel. Es würde besser werden, sagte er sich, er musste nur aufstehen und weiterkämpfen. Sie durften nicht verlieren.

Blut gurgelte in seinen Lungen und er hustete. metallsicher Geschmack erfüllte seinen Mund und er hustete erneut. Dann war jemand hinter ihm, er wurde an einen harten Kriegerkörper gezogen, der ihn auffing, Haldir sah Aragorns Gesicht über sich und folgte dessen entsetzen Blick, bemerkte seinen eigenen verfetzten Körper, sah auch die mit im Tode erstarrten Gliedern daliegenden Leichen seiner Männer

Und da begriff er. Er starb. All seine Hoffnung erloschen in diesem Moment und er sah wieder zu Aragorn, versuchte noch etwas zu sagen, doch sein Gesicht wurde starr und Kälte kroch durch seine Glieder.

***

Plötzlich war der Schmerz fort und obwohl Haldir nichts erkennen konnte aufgrund der Dunkelheit, die um ihn herrschte, erhob er sich. Seine Glieder waren vom Gewicht der Rüstung befreit worden und merkwürdig leicht. Seine Hände ertasteten seine gewohnte Tunika, die er auf seinen Rundgängen in Lorien zu tragen pflegte. Die Haut darunter war nicht verletzt, er fühlte nur sich selbst, auch wenn es ihm vorkam, als strahle er keinerlei Wärme mehr aus.

Wahrscheinlich war die Schlacht vorüber und man hatte ihn zur Genesung in einen dunklen Raum gebracht. Wie viele Tage wohl verstrichen waren, vermochte er nicht einzuschätzen, aber da er sich glücklich und lebendig fühlte, vermutete er, dass mehr als eine Woche vergangen sein musste.

Er hätte tot sein sollen, dessen war er sich sicher. Die Stöße der Orks waren zu gut platziert gewesen, um ihn nicht tödlich verletzt zu haben. Doch er war an jenem seltsamen Ort, in der tröstlichen Dunkelheit.

Zögernd tat er ein paar Schritte und fühlte, dass es kein Steinboden war, auf dem er stand Kein Möbelstück schob sich ihm in den Weg und ihm fiel auf, dass er auf dem Boden gelegen hatte, einfach so, ohne dass dort eine Lagerstatt gewesen wäre.

Ein Licht glomm auf in der Schwärze und Haldir sah, wie weit es von ihm entfernt war. Zwischen ihnen schien sich eine einzige, große Leere zu befinden, deren Ausmaße er begriff, als das Licht näherschwebte. Je weiter sich der klare, goldene Schein näherte, desto klarer konnte er erkennen, dass es eine Kerze war, die von einer Person getragen wurde.

Die Schemen gaben nach und nach eine Frauengestalt in einem weißen Kleid frei. Ihre Bewegungen waren fließend und von leichter Anmut, so als setze sie ihre Füße nicht auf den Boden, sondern schwebe darüber.

Dunkles Haar umrahmte ein milchweißes Gesicht, in dem ihm zwei Augen wie glimmende Kohle entgegenblickten. Sie lächelte sanft und fragend und ihr Blick glitt über ihn, so prüfend, dass er es fast als Berührung empfand.

Die Erkenntnis übermannte ihn und er brach in die Knie, getroffen von der Gewissheit. Er kannte diese Frau. Das letzte Mal hatte er in einer Nacht von dreihundert Jahren in dieses Antlitz geblickt, das damals kalt und tot gewesen war. Ihren schmalen, von Verletzungen übersäten Körper hatte er mit einem unachtsamen Pfeil durchbohrt. Der Kreis schloss sich.

Aithiela Mutter reichte ihm die Hand und er erhob sich. Ihre Hand in seiner war so kalt wie seine eigene Haut.

            „So lerne ich Euch also kennen, Haldir aus Lorien."

            „Ich bin wirklich tot, nicht wahr?", würgte er hervor. Sie nickte leicht.

            „Ja, Euer Körper liegt auf den kalten Steinen in Helms Klamm, ihr habt soeben Euer Leben ausgehaucht." Ihr Blick wurde aufmunternd. „Von nun an werdet Ihr keine Schmerzen spüren bis zu jenem Augenblick, in dem Ihr Mandos Hallen wieder verlasst. Dann beginnt ein neues Leben für Euch bei all den Lieben, die Ihr bisher verloren habt."

Haldir schluckte. Er würde seine Eltern wiedersehen, seine alten Kampfgefährten, sogar seinem Meister, dem er seine Fähigkeiten mit dem Bogen zu verdanken hatte. Doch was war mit seinen Brüdern und Aithiel?

            „Wisst Ihr, welche Elben sich noch in Mittelerde befinden oder kennt Ihr nur die Toten an diesem Ort?"

Die Elbin erriet seine Hintergedanken ohne Mühe.

            „Der Moment, an dem Ihr mit den Seelen Eurer Brüder und meiner Tochter erneut zusammentreffen werdet, ist sehr weit entfernt. Und ich muss Euch sagen, dass Ihr ihnen möglicherweise niemals wieder begegnet. Denn nicht alle, die die Hallen verlassen, erkennen sich in Valinor wieder."

            „Ihr scheint Euch sehr gut auszukennen", sagte er und die Elbin neigte den Kopf. Sie hatte viel von ihrer Tochter, fiel Haldir auf und nun breitete sich ein sengender Schmerz in seine Inneren aus, hervorrufen von seiner Sehnsucht nach Aithiel und dem Willen, all sein Fehler bereinigen zu können. „Ich bedauere sehr, Euch hierher geschickt zu haben, mehr noch, es hat mein Leben ebenso zerstört wie Eures. - Trotz meiner unverzeihlichen Tat habe ich eine Bitte an Euch. Sagt mir, ob es ein Möglichkeit gibt, dass ich noch einmal in mein altes Leben zurückzukehre."

            „Also gibt es Dinge, die Ihr noch klären müsst?", erkundigte sie sich, doch sie wirkte nicht überrascht. „Ich dachte es schon, denn man sagte mir, dass Ihr die Dinge stets zu Ende bringen würdet." Nachdenklich hob sie die Hand und legte sie an seine Wange, so als könne sie durch den Kontakt ergründen, was in ihm vorging. „Mein Auftrag lautet jedoch, Euch unverzüglich in die Hallen zu führen und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann. Es sei denn, Ihr wollt Eure Seele verlieren."

            „Dann kann ich meine Seele opfern, um zurückzukehren? Sagt es mir bitte!", flehte er und die braunen Augen seines Gegenüber wurden unendlich tief traurig. „Ist es möglich?"

Er durfte auf keinen Fall zulassen, dass die Dinge, die zwischen ihm und seinen Brüdern und vor allem ihm und Aithiel standen, niemals beiseite geräumt werden würden. Dafür war er bereit, alles zu geben. Sein Tod durfte nicht die Grenze sein.

            „Ja, es ist möglich. Ihr könnt ins Leben zurückkehren, aber dieses wird niemals wieder so sein wie es einmal war. Und wenn dann Eure Zeit unwiederbringlich endet, wird Eure Seele nicht in Mandos Hallen wandern und von dort wiedergeboren werden, sondern im Nichts verschwinden."

            „Dann lasst es so geschehen", sagte Haldir fest und richtete sich auf. „Ich will es so. Was soll ich mit einer Ewigkeit voller Schuld, die eine quälende Last auf meine Schulter legt?"

            „Überlegt gut, was Ihr wollt", bat Aithiels Mutter eindringlich. „Ich mache Euch keinen Vorwurf, auch wenn ich gerne meine Tochter hätte aufwachsen sehen. Begrabt die Sache. Auch Aithiel wird Euch irgendwann einmal verzeihen."

            „Es ist nichts dasselbe, wenn ich es Ihr nicht sagen kann!", beharrte er. „Ich muss die Wunde, die ich ihr gleich in doppelter Weise zugefügt hab, heilen, solange sie am Leben ist. Sie darf nicht länger darunter leiden."

            „Ihr müsst sie sehr lieben." Aithiel Mutter wandte dem Blick von ihrmab. „Das hätte ich nicht gedacht."

            „Aber es ist so."

Da blies sie die Kerze aus.

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So, wie es aussieht, ist das das letzte Kapitel vor den zwei Wochen Ferien, die ich mir gönne! Macht es gut und bleibt mir treu! Demetra