Disclaimer: Ich glaube, inzwischen wissen wir es...alles Tolkiens Ideen, nur Frau Annaluva gehört mir

Kapitel 3 - Irrungen und Wirrungen

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Der Morgen graute und Boromir strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Die Sonne streckte vorsichtig ihre Finger durchs Fenster. Sie bedeckte seine Schultern mit vorsichtigen Küssen und ihre Hände glitten über seine Brust. Er preßte sie an sich und konnte die Augen nicht von ihr wenden. Boromir hob ihr Kinn an und hauchte ihr einen Kuß auf den Mund. Seine Hände streichelten ihren Rücken und er ließ seine Lippen über ihren Hals zu ihrer Schulter wandern. Sein Blick fiel wieder auf die sternförmige Narbe und er strich mit seinem Finger sanft darüber. Es war nicht die einzige Narbe an ihrem Körper, wie er in der Nacht entdeckt hatte, aber diese hier, stach durch ihre Form hervor. "Was hast du da gemacht, Laietha?" Sie drückte ihren Kopf gegen seine Schulter. "Ich war noch sehr klein. Orks überfielen meine Familie und töteten alle bis auf mich. Ich wäre fast gestorben, aber man brachte mich hierher zu den Elben und ich wuchs unter ihnen auf, als Ziehtochter Elronds. Die Narbe ist das einzige, was mich an diesen Tag erinnert." Er sah sie lange an. "Ich danke den Elben, daß sie dich gerettet haben." Laietha schmunzelte. "Es war ein Mensch, der mich hierher brachte - kein Elb." Boromir griente breit, als er seine eigenen Worte erkannte. Bei den Valar, sie war nicht nur schön, sondern auch klug.

Der Krieger gähnte herzhaft und Laietha kicherte. Sie hatten die ganze Nacht über kein Auge zugetan, aus Angst zu erwachen und herauszufinden, daß alles nur ein Traum war. "Ich sollte mich umziehen gehen," grinste er und dachte an den langen Tag, den er vor sich hatte. Schließlich wollte er mit Merry und Pippin die Parks erkunden. Oh, beim Turm von Ecthelion, wenn Herr Elrond herausbekam, daß er seine Tochter entehrt hatte...aber er hatte, um ehrlich zu sein, nicht das Gefühl gehabt, daß er Laietha die Unschuld geraubt hatte.

Boromir schwang seine langen Beine aus dem Bett und suchte seine verstreuten Kleider zusammen. Bei der Erinnerung an den letzten Abend mußte er lachen. Laietha beobachtet ihn aufmerksam während er sich anzog. Als Boromir nach seinem Hemd griff, riß er die Augen auf. "Laietha, was hast du nur gemacht?" fragte er kopfschüttelnd und zeigte ihr den langen Riß im Gewebe. Sie prustete los und betrachtete das ruinierte Kleidungsstück von Nahem. Sie strich ihm über das Haar. "Warte, ich werde es nähen." Geschwind stand sie auf und Boromir zog sie für einen Kuß zu sich. "Wenn du mit Nadel und Faden so geschickt wie mit dem Schwert bist, wird man nichts mehr davon erkennen." Sie grinste schelmisch. "Nicht annährend, aber es wird reichen, daß man dir auf dem Weg in dein Zimmer keine dummen Fragen stellt."

Nicht ohne Bedauern beobachtete Boromir, wie sich Laietha anzog und dann Nadel und Faden zur Hand nahm, um sein Hemd zu flicken. Er ließ sich zurück in die weichen Kissen fallen und sah ihr zu, wie sie arbeitete. Laietha begann eine Melodie zu summen und war so versunken in Gedanken, daß sie leise zu singen begann. Boromir lauschte aufmerksam den fremden Worten. "Was für ein Lied ist das? Es ist schön." Sie lächelte verlegen. "Es handelt von einer großen Schlacht der Elben gegen Morgoth." Er hatte gar nicht gewußt, daß die Elben noch andere Lieder hatten, als Geschichten von Liebe und mußte schmunzeln. "Bitte sing weiter. Ich höre dir gerne zu." Mit einem Lächeln stimmte sie das Lied erneut an und er schloß die Augen, bis er nichts mehr als ihre Stimme hörte.

Laietha war fertig und ging zum Bett zurück. Boromir hatte die Augen geschlossen und schlief tief und fest. Die Morgensonne schien ihm warm ins Gesicht und sie brachte es nicht übers Herz, ihn zu wecken. Behutsam küßte sie ihn und schlich sich aus dem Zimmer.

Boromirs Fehlen blieb bis nach dem Frühstück unbemerkt. Merry und Pippin trösteten sich schnell mit Laiethas Gesellschaft und Aragorn war nicht wirklich böse darüber, den Mann Gondors nicht sehen zu müssen. Seine Überheblichkeit ging ihm gegen den Strich. Er war stur, arrogant, patriotisch, machthungrig, rechthaberisch und zu allem Übel interessierte er sich anscheinend für seine Schwester! Aber er mußte sich um Wichtigeres kümmern. Eine lange Reise stand ihnen bevor.

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Elrond hatte überall Kundschafter ausgesandt, die herausfinden sollten, ob ihnen noch Gefahr drohte. Und der Elbenherr suchte noch immer nach den zwei fehlenden Begleitern für die Gemeinschaft des Ringes. Bis jetzt waren es sieben. Der Halbling Frodo und sein Gärtner Sam hatten sich gemeldet, den Ring nach Mordor zu bringen und wohlwollend hatte Elrond zur Kenntnis genommen, daß sein Ziehsohn ihn begleiten würde. Ebenfalls würde Mithrandir mit ihnen gehen. Gloins Sohn Gimli hatte die Gemeinschaft begleiten wollen, nachdem Thranduils Sohn Legolas seine Unterstützung zugesichert hatte. Und zu guter Letzt hatte sich der Sohn des Statthalters von Gondor dem Willen des Rates gebeugt. Elrond war nicht allzu begeistert von der Entscheidung des Mannes, denn er hatte kein gutes Gefühl bei ihm. Denethors Sohn war als Sturkopf bekannt, der nicht gerne Rat annahm und sich keiner Fügung beugte außer seiner eigenen. Es würde große Probleme in der Gruppe geben, wenn er und Aragorn aneinander gerieten. Gandalf würde keine leichte Aufgabe haben. Nun fehlten ihm noch die restlichen beiden Begleiter der Gruppe. Neun Gefährten gegen die neun Ringgeister - so hatte er es sich gedacht. Jetzt waren alle freien Völker Mittelerdes vertreten - mehr oder weniger häufig. Er hatte daran gedacht, seine beiden Söhne mitzuschicken, aber sie waren noch unterwegs, um den Weg auszukundschaften. Und wer weiß, ob der Zwerg es akzeptieren würde, dachte er bei sich. Und was sollte er nur mit den beiden anderen Halblingen anfangen? Er würde Aragorn an diesem Nachmittag bitten, mit den anderen Kundschaftern auszuziehen.

Die Tür öffnete sich und ohne sich umzusehen, erkannte er an den leichten Schritten, wer den Raum betreten hatte. "Was hast du, Vater? Du siehst nachdenklich aus." Elrond drehte sich um und sah seine Ziehtochter an, die neugierig zu ihm hinüberschielte. "Ich bin in der Tat ratlos, Laietha." Er schilderte ihr seine Gedanken und biß sich im nächsten Moment dafür auf die Zunge. Hoffnung flammte in ihren Augen auf.

"Laß mich mit ihnen gehen, adar. Du weißt, daß ich eine gute Kriegerin bin. Selbst Glorfindel, einen deiner besten Männer, habe ich mehr als einmal geschlagen. Und ich fürchte keine Gefahr! Hast du nicht Männer aus allen freien Völkern ausgewählt? Aragorn der Dunadain und Boromir aus Gondor!" Elrond sah sie lange an. "Und für welches Volk willst du gehen, meine Tochter?" Sie senkte den Kopf. Ja, sie wußte nicht woher sie stammte. Von Menschen geboren, von Elben großgezogen. Sie verbeugte sich. "Laß mich als Vermittler zwischen Menschen und Elben gehen. Ich werde dich nicht enttäuschen, adar." Er senkte den Kopf, als er an die gefahrvolle Reise dachte. "Ich werde mich jetzt noch nicht entscheiden, aber ich habe deinen Willen gesehen und werde an ihn denken, wenn die Zeit reif ist." Enttäuscht nickte sie und verließ den Raum. Elrond seufzte. Sie hatte Recht. Laietha beherrschte das Kriegshandwerk besser als viele Menschenmänner, aber sie war seine Tochter und er hatte Angst um sie. Er mußte jemand anderen finden.

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Die Sonne hatte sich hinter den Wolken versteckt und ein kalter Wind war aufgekommen. Er blies mit aller Kraft und riß die letzten Blätter von den Bäumen. Bald würde der Winter endgültig den Herbst vertreiben. Gandalf und die Hobbits hatten sich verabschiedet und sich zu einem kleinen Schläfchen hingelegt, nur der alte Bilbo saß im großen Festsaal und hatte sein Buch auf dem Tisch zu liegen. Laietha setzte sich neben ihn und grüßte ihn artig. Der alte Hobbit lächelte sie freundlich an. "Hallo Kindchen. Wo habt ihr denn euren Freund gelassen?" Laietha riß erstaunt die Augen auf und Bilbo kicherte heiser. "Mir könnt ihr nichts vormachen, Mädchen, ich kenne euch nun schon fast euer ganzes Leben lang. Glaubt ihr, ich hätte keine Augen im Kopf? Der junge Krieger gefällt euch, nicht wahr?" Laietha lächelte. "Ihr habt recht, Herr Beutlin. Erinnert ihr euch noch an den Tag, als ich das Schwert meines Vaters zerbrach, weil ich mit euch spielte und einen Drachen töten wollte?" Der Hobbit lachte laut. "Wie könnte ich das vergessen? Wir haben es versteckt und nie jemandem davon erzählt. Bis ich von dieser Welt gehe, soll es unser Geheimnis bleiben!" Laietha lächelte dankbar. "Ihr wart schon immer mein Vertrauter, Bilbo. Darum bitte ich euch nun - behaltet auch für euch, was ihr beobachtet habt." Bilbo grinste verschmitzt. "Das werde ich, Kindchen, aber ihr müßt mir sagen, was das mit euch und dem Krieger ist." Sie lachte herzlich und begann Bilbo zu berichten.

Laietha wollte vor dem Abendessen noch etwas ausreiten. Sie hatte sich von Bilbo verabschiedet und lief durch die langen Flure, um in den Hof zu gelangen. Dann sah die junge Frau eine vertraute Gestalt in Richtung ihres Zimmers gehen. "Dunai!" rief sie fröhlich und lief zu Aragorn. Er lächelte sie an. "Dich habe ich gesucht. Ich wollte mich verabschieden." Laiethas Herz sank bis in die Zehen. "Du willst schon fort? Nach Gondor?" Überrascht sah er sie an. Er erzählte ihr, daß Elrond ihn auf Kundschaft schickte. Aber ihr Gesicht hatte zu viel verraten, das sie nicht hatte preisgeben wollen. "Hast du Boromir gesehen?" fragte er streng. Laietha schüttelte verärgert den Kopf. "Warum sollte ich? Niemand hat mir befohlen, ihn zu beobachten. Er ist Gast und kann gehen wohin er will. Ich weiß nicht, wo er ist." Aragorn nahm sie bei den Schultern. "Ich bitte dich erneut, laß dich nicht mit ihm ein. Er ist gefährlich. Wer weiß, was er im Sinn hat." Laietha verzog das Gesicht. "Es geht dich nichts an, mit wem ich mich treffe, Aragorn." Er lockerte seinen Griff nicht. "Sei vorsichtig." Laietha glaubte einen Funken Eifersucht in seinem Gesicht zu sehen. "Ich liebe dich mehr als jeden anderen, Aragorn. Das weißt du!" Er machte noch immer ein besorgtes Gesicht und sie küßte ihn lachend auf den Mund. Aragorn umarmte sie fest und verabschiedete sich von ihr. Er hatte kein gutes Gefühl, was seine Schwester und Denethors Sohn anging, denn er kannte beide gut. Aber seine Ziehschwester hatte sich noch nie besonders viel sagen lassen. Hoffentlich beging sie keine Dummheit. Schweren Herzens, machte er sich auf den Weg und Laietha winkte ihm nach, als er davonging.

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Boromir erwachte und brauchte einen Moment, bis er sich gewahr wurde, wo er sich befand. Er lächelte vor sich hin, als er an die letzte Nacht dachte. Während er so dasaß, schüttelte er den Kopf. Dieses Mädchen hatte sein Herz erobert, wie noch keine zuvor - obwohl er bei weitem schönere und edlere Frauen gekannt hatte. Er stand auf und streifte sich sein Hemd über den Kopf. Sie hatte es zwar nicht perfekt genäht, aber doch erstaunlich gut. Boromir streckte sich und sein Magen knurrte laut. Als er nach draußen sah, war er erstaunt, wie lange er geschlafen hatte. Zuerst würde er ein Bad nehmen und dann würde es auch schon Zeit für das Abendessen sein. Er trat hinaus in den Flur und hörte Stimmen. Zunächst dachte er sich nichts dabei, aber dann erkannte er erst ihre und dann die Stimme des Waldläufers. Neugierig blickte er um die Ecke. "Ich liebe dich mehr als jeden anderen, Aragorn. Das weißt du!" Boromir hielt den Atem an. Wie in einem schlimmen Traum sah er, wie sie ihn küßte und er sie an sich drückte. Der Mann fühlte, wie ihm der Boden unter den Füßen wegbrach. Das konnte nicht sein! Der Waldläufer löste sich von ihr und kam in seine Richtung. Schnell drückte er sich in eine Nische und verhielt sich ganz still, als der Mann an ihm vorbei lief. Völlig aufgewühlt wartete er, daß der Gang leer war und lief auf sein Zimmer.

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Laietha vermißte Boromir beim Abendessen. Auch von den anderen hatte ihn niemand gesehen. Sie schmunzelte. Vielleicht war er so erschöpft gewesen, daß er auf sein Zimmer gegangen und eingeschlafen war. Er würde gewiß Hunger haben, wenn er erwachte. Heimlich packte sie etwas frisches Brot und ein paar Früchte zusammen und schlich nach dem Essen zu seinem Raum, um ihn sanft zu wecken.

Vorsichtig klopfte sie an die Tür. Es kam keine Antwort. Sie lächelte. Der Mann schien fest wie ein Toter zu schlafen! Vorsichtig öffnete sie die Tür und sah ihn in einem Stuhl sitzen und zum Fenster hinaus sehen. Bevor sie etwas sagen konnte, hörte sie seine Stimme. Sie klang schroff. "Was willst du. Ich habe dich nicht hinein gebeten." Laietha zog die Augenbraue hoch. Sie stellte das Essen auf den kleinen Tisch und ging zu ihm. Er sah sie finster an. "Du bist nicht erwünscht, Herrin." Laietha stemmte die Hand in die Hüfte. "Mit welchem Recht redest du so mit mir? Habe ich dir etwas getan?" Boromir sprang auf und packte sie an der Schulter. "Verschwinde, Laietha, bevor ich meine Manieren vergesse."

Die Frau funkelte ihn böse an und riß sich los. So, er hatte also nur mit ihr gespielt. Sie kniff die Lippen über diese Kränkung zusammen, denn schließlich war sie gewarnt worden. "Aragorn hatte völlig Recht als er..."

Allein, daß sie die Frechheit hatte, seinen Namen zu erwähnen, brachte ihn in Rage. "Aragorn! Warum hast du mir nichts gesagt?"

Sie sah ihn verstört an. "Dann weißt du es? Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich hielt es nicht für wichtig." Boromir schnappte nach Luft. "Nicht wichtig? Du spielst mit mir und wagst es mir zu sagen, du hättest es nicht für wichtig gehalten? Pack dich, Laietha!" Er erhob drohend seine Hand.

Laietha sah ihn verständnislos an. "Wovon redest du? Hast du den Verstand verloren?" Boromir schüttelte den Kopf. "Bist du des Wahnsinns, Weib? Du küßt ihn und sagst ihm, daß du ihn liebst und dann kommst du zu mir und..." Laietha brach in Gelächter aus. Er sah sie an, als wäre sie toll.

"Was hast du gesehen, Boromir?" lachte sie. Boromir drehte sich wütend um. Wenn sie nicht sofort ging, würde er sich vergessen. Sie wagte es auch noch, ihn zu verhöhnen! Er hörte, wie sie sich wieder beruhigte und fühlte ihre Hand auf seiner Schulter. "Boromir." Er reagierte nicht. Sie drehte ihn sanft zu sich um und er sah, daß sie inzwischen ernst geworden war.

"Natürlich liebe ich ihn." Er schnappte nach Luft, aber sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. "Er war der Mensch, der mich im Wald fand, als ich ein Kind war. Ich liebe ihn wie meinen leiblichen Bruder. Ist es verboten, seinen Bruder zu küssen." Boromir starrte sie nur fassungslos an. Er öffnete und schloß den Mund ein paar mal, ohne etwas sagen zu können. Laietha zog ihn in ihre Arme. "Dummkopf!" lachte sie und küßte ihn sanft.

Boromir war, als wäre ihm ein Stein vom Herzen gefallen. Er schloß Laietha fest in den Arm. Sein Magen knurrte und sie lachte. "Wußte ich es doch, daß du noch nichts gegessen hast." Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn zu dem Korb, aus dem es appetitlich nach frischem Brot roch.