Disclaimer: HdR - Tolkiens. Laietha - meine. Ich verdiene kein Geld damit.

Kapitel 8 - Angriffe aus Dol Guldur

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Boromir öffnete die Augen. Warmes Licht umfing den Raum und er brauchte eine Weile, bis er begriff, wo er war. Lothlorien. Hatte er geträumt? Es war ein finsterer Traum gewesen. Oder war er gar tot? Er versuchte den Kopf zu heben, aber der stechende Schmerz in seiner Brust verriet ihm, daß keine seiner Überlegungen richtig zu sein schienen. Er fühlte sich schwach. Erschöpft schloß er die Augen. Was war geschehen? Wie kam er hierher? Das letzte, an das er sich erinnerte war, daß er versucht hatte, die Hobbits aus den Fängen dieser riesigen Orks zu befreien. Er war verwundet worden und dann...was war passiert? Er hatte geglaubt, daß er sterben würde. Er sammelte Atem und versuchte erneut, den Kopf zu heben. Vergeblich. An seiner Hand spürte er etwas Warmes, Weiches. Er tastete danach und hörte ein Seufzen. Haare kitzelten ihn. Er war also nicht allein. Nun war er neugierig. Wieder versuchte er, den Kopf zu heben, diesmal mit mehr Erfolg.

An seinem Bett - mehr liegend als sitzend - erblickte er eine vertraute Gestalt. Eine weiße Hand umfaßte seine und rote Locken breiteten sich an seiner Seite aus. Laietha. Er lächelte und Tränen des Glücks traten in seine Augen. Er löste seine Hand aus ihrer und strich ihr übers Haar. Schwäche übermannte ihn und zwang ihn zurück in die Kissen zu sinken. Wieder dieser stechende Schmerz. Er konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken. Vor seinem Gesicht tauchte ein roter Haarschopf auf und gleich darauf sah er in zwei grüne Augen, die sich ungläubig weiteten, als sie bemerkten, daß er wach und lebendig war. Ihrer Kehle entrang sich nur ein ungläubiges Keuchen. Dann flossen ihr die Tränen über die Wangen. "Du bist wach! Du lebst! Ich dachte schon, du würdest nie mehr zu dir kommen! Boromir..." Sie konnte nicht weitersprechen. Der Krieger lächelte sie an und suchte ihre Hand. Er preßte sie fest. Laietha konnte nicht mehr an sich halten. Weinend nahm sie ihn in den Arm. Auch er konnte sein Glück kaum fassen. Trotzdem sie schwer auf seiner Brust lag und seine Verletzungen ihm große Schmerzen bereiteten, ließ er sie nicht los. Er wollte sie kein zweites Mal verlieren.

Sie vernahmen Schritte und ein leises Klopfen an der Tür. Herein trat die Herrin des Waldes, gekleidet in Weiß und strahlend schön wie immer. Sie lächelte gütig auf die beiden herab. Laietha ließ ihn los. Immer noch seine Hand haltend, wandte sie sich an die Elbenkönigin. "Habt vielen Dank, Frau Galadriel." Die Elbin lachte silbern. "Nicht mir gebührt der Dank, Frau Annaluva, sondern euch allein, denn ihr wart es, die nie die Hoffnung hat sinken lassen und die über ihre Kräfte gegangen ist, um denen zu helfen, die ihr liebt." Die Kriegerin errötete, aber Boromir drückte ihre Hand. Er wußte, daß die Elbin Recht hatte.

In diesem Moment der Freude, legte sich ein dunkler Schatten auf sein Herz. Er dachte daran, daß er versucht hatte, Frodo zu töten und ihm den Ring zu nehmen. Er schämte sich und fragte sich, womit gerade er so viel Glück verdient hatte. Die Elbin sah ihm in die Augen und lächelte mild. "Du hast Fehler gemacht, Sohn Gondors, aber ich spreche mit den Worten Gandalfs: Es sind auch noch andere Kräfte am Wirken in dieser Welt, nicht nur die des Bösen."

Boromir schluckte. "Gandalf ist tot, Frau Galadriel." Sie schüttelte den Kopf. "Es ist eine lange Geschichte. Ihr solltet erst wieder zu Kräften kommen, dann werde ich sie euch erzählen. Fürs Erste seid zufrieden, wenn ich euch sage, daß Gandalf vor kurzem Lothlorien verlassen hat und er sehr lebendig war." Boromir lächelte erleichtert und schloß die Augen. Er fühlte sich fürchterlich.

Die Herrin des Waldes verließ den Raum. Laietha strich ihm sanft über die Stirn und er schlug die Augen wieder auf. Er sah sie lange an. Sie war blaß, müde und mager. Mit einem schwachen Schmunzeln ergriff er ihre Hand. "Du siehst entsetzlich aus. Was machst du überhaupt hier? Du hattest doch versprochen, daß du in Bruchtal bleibst." Sie zog eine Braue hoch. "Das sieht dir ähnlich. Eben bist du noch so gut wie tot und kaum öffnest du die Augen..." Er zog sie zu sich hinunter und versiegelte ihre Lippen mit einem Kuß. "Ich hätte auf Bilbo hören und dich festbinden sollen."

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Vier Tage waren vergangen, seit Boromir wieder zu sich gekommen war. Er hatte von Laietha erfahren, daß sie fast drei Tage lang in Lothlorien um sein Leben gebangt hatten. Inzwischen sah sie auch wieder erholter aus. Ihre Wangen hatten mehr Farbe bekommen und sie war nicht mehr so beängstigend dünn. Auch Boromir ging es langsam besser. Dank der guten Pflege der Elben heilten seine Wunden langsam aber beständig. Er konnte spüren, daß er langsam wieder zu Kräften kam. Laietha saß an seinem Bett und streichelte seine Hand. Er lächelte sie an und schüttelte den Kopf. "Was ist?" fragte sie ein wenig besorgt. Boromir lachte, was er sofort mit einem stechenden Schmerz in der Brust bezahlen mußte. "Ich kann es immer noch nicht glauben, daß ich hier bin - mit dir. Es ist ein Wunder." Sie drückte seine Hand. "Ja, es ist wirklich ein Wunder. Du bist sehr stark, Boromir, und wir alle hatten viel Glück." Liebevoll legte er ihr die Hand an die Wange. Sie lehnte sich in seine Liebkosung. Er war wieder warm, warm wie in den Spätherbsttagen, als sie sich nähergekommen waren. Nichts hatte sie mehr geängstigt, als die Stunden, in denen er, vom Fieber geschüttelt, mit furchtbar kalten Händen in diesem Boot gelegen hatte. Sie schüttelte sich unweigerlich.

Die Sonne warf Schattenbilder an die Wand und die Vögel sangen. Es war ein schöner Frühlingstag. Aber in den Goldenen Wäldern war immer Frühling. Boromirs Hand glitt zu dem heilenden Schnitt an ihrem Oberarm. Die Elben hatten alles getan, um die Wunde zu versorgen, aber durch das Orkgift würde eine häßliche Narbe bleiben. Noch eine mehr. Sie hatte ihm von ihrer Reise erzählt und Boromir hätte sie am liebsten erwürgt, weil sie sich in so große Gefahr begeben hatte. Und das alles nur wegen ihm. Es machte ihm fast Angst, daß es jemanden gab, der ihn so sehr liebte. Er dachte an seinen Bruder. Faramir hätte genau das selbe für ihn getan. Er fragte sich, wie es seinem Bruder wohl ging. Was würde sein Bruder wohl sagen, wenn die Nachricht von seinem Tod Gondor erreichte? Plötzlich wollte Boromir so schnell es ging nach Hause. Aber das würde noch warten müssen, denn bis er wieder reisefähig war würden noch Tage, wenn nicht Wochen vergehen.

Der Tag verstrich wie im Flug und bald schon senkte sich die Dämmerung herab. Laietha hatte sich in das Bett an seiner Seite gelegt und war schon fast eingeschlafen, als sie von draußen Lärm hörte. Schnell sprang sie auf und lief ans Fenster. Boromir stützte sich unter großen Schmerzen auf seine Ellenbogen. "Was gibt es?" fragte er. Laietha strengte ihre Augen an und erkannte, daß die Elben in großer Aufregung waren. "Ich habe keine Ahnung, aber ich werde es rausfinden." Sie zog sich schnell an und griff aus einem alten Reflex nach ihrem Schwert. Boromir packte sie am Arm. Sie sah ihn erstaunt an. "Was immer du tust, sei vorsichtig." Sie küßte ihn auf die Stirn und löste sich aus seinem Griff. "Versprochen?" fragte er. Sie nickte und eilte zur Tür hinaus.

Es dauerte eine Weile, bis sie den Boden erreicht hatte. Soldaten sammelten sich und Herr Celeborn rief ihnen Befehle zu. "Zu den Waffen! Beeilt euch!" Laietha eilte an seine Seite. "Was ist los, Herr? Warum dieser Aufruhr?" Er sah sie erstaunt an. Noch immer hatte er sich nicht wirklich daran gewöhnt, daß sie die Sprache der Elben ebenso beherrschte wie er. "Ein Angriff aus Dol Guldur. Wir müssen uns verteidigen. Geht besser ins Haus zurück." Laietha verbeugte sich tief. "Mein Herr, ich habe viel Güte von euch erfahren. Akzeptiert meine Dienste, damit ich euch einen Teil davon zurückzahlen kann." Der Elb lächelte freundlich. "Ich akzeptiere, Frau Annaluva. Begebt euch zu den Schwertkämpfern."

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Boromir lag unruhig in seinem Bett und er verfluchte seine eigene Schwäche, weil er nicht aufstehen konnte, um zu sehen, was vor sich ging. Schlimmer noch, Laietha war nicht zurückgekommen. Er hörte das Klirren von Waffen und Stimmen, die Befehle schrieen, aber er verstand sie nicht. Hilflosigkeit ergriff von ihm Besitz und Furcht. Ihm war nicht entgangen, daß sie ihr Schwert mitgenommen hatte. Draußen wurde es langsam ruhiger, aber noch immer kam sie nicht zurück. Was ging dort vor sich? Die Stille war zermürbender als der Lärm.

In der Ferne hörte er auf einmal den Klang von Hörnern. Sie wurden also angegriffen. Wo steckte Laietha? Verzweifelt versuchte er aufzustehen und zum Fenster zu gelangen. Als er versuchte, sich aufzurichten, wurde ihm fast übel vor Schmerzen. Er sank in die Kissen zurück. Frustriert hieb er mit der Faust gegen die weiche Matratze. Es linderte seine Sorgen nicht im geringsten! Es wurden Schreie laut und er hörte eilige Schritte auf dem Gang. Er befand sich im Heilungstrakt und er wußte was das zu bedeuten hatte - Verletzte. Noch einmal wollte er es versuchen. Er sog die Luft tief ein und als er sich mühsam aufrichtete, stieß er den Atem pfeifend aus. Aber er schaffte es, sich in eine sitzende Position zu bringen. Auf dem Gang erhoben sich Stimmen, die in der Sprache der Elben aufgeregt diskutierten. Boromir verstand kein Wort und verfluchte, daß er nicht zusammen mit seinem Bruder dem Elbischunterricht Gandalfs beigewohnt hatte. Langsam schob er seine Beine aus dem Bett - mit dem Erfolg, daß ihm schwarz vor Augen wurde. Es hatte keinen Sinn. Er würde warten müssen, bis jemand zu ihm kam, den er fragen konnte - jemand der die Gemeinsame Sprache sprach. Es war zum aus der Haut fahren.

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Die Reihen der Orks waren zahlreich und obwohl die elbischen Bogenschützen viele von ihnen getötet hatte, kam eine große Anzahl auf sie zugestürmt. Nicht nur Orks griffen sie an - die Kriegerin meinte fast, eine Handvoll Elben unter ihnen zu sehen, aber sie war sich nicht sicher, denn es war dunkel und für Elben waren diese Kreaturen eigentlich zu mager und zu ungepflegt. Es war egal. Wenn sie Celeborns Reich angriffen, waren sie Feinde - und wenn sie Feinde waren, hatten sie den Tod verdient. Laietha zog ihr Schwert und machte sich bereit.

Die feindlichen Armeen prallten aufeinander. Schon mußten auch die Elben erste Verluste hinnehmen. Laietha war nicht faul und stürzte sich ins Kampfgetümmel. Plötzlich spürte sie einen Schlag im Rücken und ging zu Boden. Ein Ork beugte sich über sie und fletschte boshaft die Zähne. Sie griff nach ihrem Schwert und rammte es ihm ins Herz. Schnell kam sie wieder auf die Beine und sah, daß wenige Meter von ihr entfernt, ein Ork sein Schwert zückte, um einen der Elben zu enthaupten. Sie griff nach ihrem Messer und warf - die Kreatur ging mit einem Schrei zu Boden. Schnell eilte sie zu ihm, um sich ihre Waffe wiederzuholen. Der Elb hob den Kopf. "Annaluva, was machst du hier?" fragte Haldir entsetzt. Sie grinste, während sie einen Ork enthauptete. "Wonach sieht es denn aus? Dir die Haut retten." Eilig half sie ihm auf die Beine. Sie kämpften Seite an Seite und brachten vielen der Ungeheuer den Tod.

"Was findest du an ihm, Annaluva?" fragte Haldir und sie war so verdutzt, daß sie den angreifenden Ork gar nicht kommen sah. Haldir schleuderte ihm sein Schwert durch den Hals.

"Er ist nett." Laietha trennte ihrem Angreifer den Arm ab und der Orks zog sich mit einem lauten Kreischen zurück.

"Er ist sterblich." Haldir zog seine Klinge mit einem Quietschen aus den Rippen des erschlagenen Feindes.

"Das bin ich auch, wenn du dich erinnerst." Laietha rammte ihrem Angreifer das Schwert in die Brust und der tote Körper fiel zu Boden.

"Er ist viel zu alt für dich!" Haldir griff nach seinem Wurfdolch und schleuderte ihn einem Ork genau zwischen die Augen.

"Mußt du grade sagen," grinste Laietha und brach dem Ork das Genick, der sich gerade über einen am Boden liegenden Elbenkrieger beugte. "Außerdem hat er einen größeren..."

Mit einem Schrei warf sie sich auf den Ork, der sich von hinten an Haldir hatte ranschleichen wollen. Der Elb schnaubte verächtlich.

Viele Stunden hatten sie gekämpft und nun war es deutlich geworden, daß die Elben die Schlacht für sich entscheiden würden. Ein Horn erschallte und die Orks zogen sich zurück. Laietha sank erschöpft zu Boden. Haldir streckte seine Hand aus und half ihr auf die Beine. "Gute Arbeit, Annaluva," nickte er anerkennend. Sie zuckte mit den Schultern. "Danke."

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"Was machst du da? Leg dich sofort wieder hin, ja?" Laietha lief schnell zu Boromir, der mit schmerzverzerrtem Gesicht versucht hatte, aufzustehen und auf den Gang zu gelangen. Sie schüttelte den Kopf. "Kann ich dich denn keine Minute alleine lassen?" Boromir stöhnte auf, als er sich zurück in die Kissen sinken ließ. So schlimm hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er ein kleines Kind gewesen war. Laietha nahm auf seinem Bett Platz und strich ihm sanft übers Gesicht. "Was machst du nur für Sachen, Herr." Boromir schnaubte verächtlich. "Wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht? Draußen bricht ein Tumult aus und du kommst nicht wieder!" Sie lachte. "Ich bin eine Kriegerin, schon vergessen?" Dann wurde sie wieder ernst. Sie berichtete ihm von dem Überfall der Orks und er verzog das Gesicht. Es waren wirklich schlimme Zeiten, wenn die Orks schon bis nach Lothlorien vordrangen. Wie würde es wohl um seine Stadt bestellt sein? Würden sein Vater und sein Bruder die Festung halten können? Laietha küßte ihn auf die Stirn. "Ich bin wieder da. Mir ist nichts geschehen." Sie gähnte herzhaft und Boromir zog sie zu sich. "Schlaf jetzt, Herrin. Du bist müde." Sie dachte eine Sekunde lang darüber nach, aufzustehen und in ihr Bett zu gehen, aber seine Wärme in ihrem Rücken tat so gut und sie glitt schon in einen Dämmerschlaf ab.

Boromir fand lange keinen Schlaf. Schon seit Tagen fragte er sich, was aus Merry und Pippin geworden war und ob Aragorn tatsächlich nach Minas Tirith gereist war. Es war nicht gerade nach seinem Geschmack, untätig im Bett zu bleiben und unwillkürlich mußte er an einen Disput mit seinem Bruder denken, den er vor langen Jahren gehabt hatte.

Du kannst morgen nicht in die Schlacht ziehen, Boromir. Du bist noch nicht wieder gesund! Was nützt es uns, wenn sie dich auf deinem Pferd festbinden müssen, damit du auf dem Weg zum Schlachtfeld nicht hinunterfällst. Laß mich gehen!

Faramir. Boromir hoffte, daß es seinem Bruder gutging. Er hatte sich mit seinen Waldläufern in Ithilien postiert und versuchte dort die Grenzen zu sichern. Eine gefährliche Aufgabe. Dummkopf - es geht ihm gut. Du würdest wissen, wenn ihm etwas passiert wäre, versuchte er sich zu beruhigen. Aber es half nicht viel. Er dachte an ihre Kindheit. Sein Bruder war nie so kampfesbegeistert wie er gewesen, sondern hatte lieber die Geschichte Mittelerdes studiert. Mit freudestrahlenden Augen war er zu ihm gelaufen gekommen, wenn er eine neue Entdeckung in der Bibliothek gemacht hatte. Boromir liebte die Bücher nicht wie er. Alles was länger als einen Schwertstreich brauchte, um erledigt zu werden, sah er als Zeitverschwendung an. "Du liebst wie du kämpfst," hatte Laietha zu ihm gesagt und sie hatten gelacht, aber sie hatte wohl Recht.

Faramir hatte sich oft zu ihm ins Zimmer gesetzt, wenn er einen harten Tag auf dem Übungsplatz verbracht hatte. Boromir war als strenger Heerführer bekannt, aber seine Männer hielten ihm die Treue, denn er war gerecht und seine Härte in der Ausbildung hatte vielen Soldaten in der Schlacht schon das Leben gerettet. Wenn Boromir dann erschöpft in seinem Bett lag, setzte sich Faramir an seine Seite und erzählte mit leuchtenden Augen, was er am Tag gelernt hatte. Vieles vergaß Boromir sofort, nachdem er es gehört hatte, aber er genoß es, Zeit mit seinem kleinen Bruder zu verbringen.

Laietha schmiegte sich fester an ihn und er hätte fast geschrieen, als sie ihre Hand auf seine Brust legte. Sanft griff er danach und umschloß sie mit seiner eigenen. Die Kriegerin lächelte im Schlaf. Ihr Atem streifte seinen Hals und das Mondlicht fiel fahl auf ihr Gesicht. "Faramir wird dich mögen." Sein Herz schlug höher, als er sie lange so ansah. Er war glücklich. Kurze Zeit später war auch Boromir eingeschlafen.

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Zwei Tage waren seit dem Angriff aus Dol Guldur vergangen und Boromir ging es immer besser. Eine der elbischen Heilerinnen beugte sich über ihn und untersuchte die tiefen Einschußlöcher in seiner Brust. Die Entzündungen waren zurückgegangen und die Wunden schlossen sich. Boromir musterte sie bewundernd. Wie alle Elbinnen war sie von übermenschlicher Schönheit. Ihr langes blondes Haar schimmerte in der Sonne wie pures Gold und ihre sanften Hände glitten federleicht über seine Brust, als sie die heilende Tinktur auftrug. Sie sprach mit ihrer melodischen Stimme zu ihm. Boromir verstand kein Wort und lächelte freundlich. Die Tür ging auf und die Elbin wechselte ein paar Worte mit Laietha. Die Kriegerin lachte und nahm ihre Hand. Sie erwiderte etwas und die Heilerin ging hinaus.

Laietha schmunzelte und setzte sich zu Boromir ans Bett. "Es scheint dir ja schon wieder blendend zu gehen, Herr." Er zog die Augenbraue hoch. Irgendwie konnte er sich nicht helfen und vermutete, daß es wohl etwas mit dem, was die Elbin gesagt hatte zu tun haben mußte. "Was hat sie gesagt?" Laietha küßte ihn auf die Nasenspitze. "Daß ich dir den Kopf waschen sollte, weil mein Mann..." sie lächelte bei dem Gedanken, daß man sie für verheiratet hielt, "anderen Frauen hinterher sieht." Boromir zog ihr Gesicht dicht an seins heran und seine Lippen berührten ihre sanft. "Unsinn. Ich habe nur Augen für dich." Laietha wollte aufstehen, aber er ließ sie nicht los. Wieder küßte er sie, länger diesmal und die Frau konnte sich nicht helfen und lachte in seinen Mund hinein. Kaum ging es ihm wieder besser...

Plötzlich fuhr Boromir mit einem Aufschrei in sich zusammen. Laietha sprang sofort auf. Hatte sie ihm wehgetan? Hilflos nahm sie seine Hand. "Faramir..." stammelte er. Laietha zog die Brauen zusammen. "Was hast du? Boromir, was ist mit dir?" Er riß entsetzt die Augen auf. "Faramir!" Laietha nahm sein Gesicht in seine Hände. "Ruhig, Boromir. Was hast du?" Das Entsetzen wich aus seinem Gesicht und er starrte ins Leere. Sie nahm seine Hand und er drückte sie so fest, daß sie vor Schmerz beinahe aufgeschrieen hätte. Beruhigend fuhr sie mit ihren Fingern über sein Gesicht. "Hast du Schmerzen? Soll ich eine Heilerin holen?" Er schüttelte den Kopf. "Es ist schon wieder vorbei."

Laietha glaubte ihm kein Wort. "Du sagtest einen Namen..." "Faramir." Boromir sah sie an. "Mein kleiner Bruder. Ich weiß nicht, aber ich hatte das Gefühl, daß ihm etwas passiert wäre. Als wäre er plötzlich nicht mehr da und dann - ich weiß es nicht." Laietha musterte ihn lange. "Ich wußte nicht, daß du einen Bruder hast." Boromir lächelte. "Bitte erzähle mir von ihm."

Sie half ihm, sich aufzusetzen und Boromir begann von Faramir zu erzählen. Von dem Tag, als er geboren wurde, vom Tod ihrer Mutter, davon, wie sie zusammen aufgewachsen waren. Sie lachte laut, als sie von den Scherereien hörte, in die sich Boromir regelmäßig gebracht hatte. Vorsichtig ließ er die Geschichten über seinen Vater aus. Sie würde ihn noch früh genug kennenlernen. Laietha hatte sich hinter ihn gesetzt, während sie ihm lauschte. Seine Schultern lagen zwischen ihren Beinen und ihr loses Haar war ihm ins Gesicht gefallen. Boromirs Kopf ruhte an ihrer Brust und sie strich ihm gedankenverloren über das Haar. Als er mit seinen Erzählungen fertig war, schloß er die Augen und lehnte sich völlig zurück. Ohne nachzudenken, griff er nach einer ihrer dunkelroten Locken. "Du liebst ihn sehr, nicht wahr?" Seine Hand streichelte ihr Bein. "Er ist das Liebste was ich habe, mein bester Freund, mein engster Vertrauter." Dann grinste er sie an. "Aber er hat sein eigenes Zimmer." Laietha brach in Gelächter aus.

Sie hatten gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war, aber nun begann die Sonne bereits zu sinken. "Tu mir einen Gefallen, Laietha. Ich will versuchen, ob ich aufstehen kann. Hilf mir bitte." Sie sah ihn kritisch an, nickte dann aber.

Mühsam richtete er sich auf. Es kostete ihn viel Überwindung, sich nicht sofort zurück in die Kissen sinken zu lassen. Dann setzte er die Beine auf den Boden. Laietha legte behutsam ihren Arm um ihn. Er stützte sich auf sie und zum ersten Mal bemerkte sie, wie viel schwerer als sie er war. Und sie war sicher nicht schwach. Vorsichtig begann er einen Fuß vor den anderen zu setzen. Boromir biß die Zähne zusammen. Er hatte immer noch große Schmerzen, aber als sie am Fenster angekommen waren, wurde er mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt. Er lächelte. Vielleicht konnte er bald nach Hause zurückkehren. Er hatte schon zu lange darauf gewartet.

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Weitere zwei Tage später gab es in der Nacht einen zweiten Angriff auf Lothlorien. Boromir humpelte zum Fenster und sah besorgt zu, wie sich Laietha den Soldaten anschloß. Bevor sich die Kompanie in Bewegung setzte, blickte sie zu ihm hinauf und hob ihr Schwert zum Gruß. Er stützte sich mit vor Anstrengung zitternden Armen am Fenstersims ab und beobachtete, wie die Truppen im Dickicht des Waldes verschwanden. Boromir verfluchte seine Verletzung, die ihn so schrecklich hilflos machte. Die Tür ging auf und eine der Heilerinnen trat hinein. Sie redete in der Sprache der Elben mit ihm und obwohl er ihre Worte nicht verstand, wußte er, was sie ihm sagen wollte. "Ich will mich nicht hinlegen. Es geht mir gut. Danke," erwiderte ein wenig zu schroff. Sie ignorierte ihn und zog sanft am Ärmel seines Nachtgewandes. Er zog seinen Arm weg. "Es geht mir gut, vielen Dank," preßte er ärgerlich hervor. Er war in Sorge, nicht nur um Laietha. Wieder hatte ihn das schreckliche Gefühl, daß Faramir etwas zugestoßen war, ereilt. Er wollte jetzt alleine sein und auf seinen eigenen Füßen stehen!

"Ihr solltet euch hinlegen, Herr Boromir, wenn ihr bald nach eurem Bruder sehen wollt." Der Krieger fuhr herum und ein stechender Schmerz ging von den Wunden aus. Er hätte sich nicht so schnell bewegen sollen. Frau Galadriel stand hinter ihm und bot ihm ihren Arm als Stütze an. Ihr Blick ließ keinen Widerspruch zu. Boromir akzeptierte und die Herrin des Lichts sprach schnell ein paar Worte zu der Heilerin, die sich dann rasch entfernte. Galadriel brachte ihn zurück zu seinem Bett und er ließ sich erschöpft in die Kissen sinken. "Vielleicht ist eure Sorge nicht unbegründet, aber nachdem Frau Annaluva so viel riskiert hat, um euer Leben zu retten, solltet ihr es nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen, indem ihr euch überanstrengt. Ich werde euch nicht gehen lassen, bis ihr stark genug für die Reise seid." Boromir seufzte resigniert. Er konnte ihr nichts entgegensetzen. So entschied er sich, das Thema zu wechseln. "Wer greift euch an, Frau Galadriel?"

Nun ließ sie bedrückt den Kopf hängen. "Der Schatten von Sauron ist auch über Lothlorien gefallen. Seine Diener greifen aus Dol Guldur an. Viele Bäume haben sie bei ihrem letzten Angriff zerstört und viele Elben fanden den Tod. Beim letzten Mal konnten wir sie zurücktreiben, aber wie lange wir ihnen noch standhalten können, vermag ich nicht zu sagen." Sie sah ihm in die Augen. "Nein, Herr Boromir, von Gondor haben wir noch keine Nachrichten, aber soweit ich weiß, hält die Weiße Stadt dem Feind noch Stand. Wie lange, kann selbst ich nicht vorhersehen." Boromir senkte den Kopf, aber Galadriel schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. "Habe ich euch nicht schon vorher gesagt, daß noch Hoffnung besteht? Daß Frau Annaluva kommen würde, um euch zu helfen, habe ich nicht vorhergesehen, aber dennoch war sie zur Stelle, als ihr sie brauchtet. Sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben, obwohl sie nicht wußte, was sie erwarten würde. Ihr solltet es ebenso halten." Dankbar sah er sie an, auch wenn sie seine Befürchtungen nicht hatte zerstreuen können. Die Elbenkönigin erhob sich und verließ den Raum. Boromir wartete, bis Laietha nach vielen Stunden den Raum betrat. Sie hatte sich gewaschen, aber Boromir blieb der frische Schnitt in ihrem Gesicht ebensowenig verborgen, wie auch ihre offensichtlich verletzte Schulter. Sie sah müde und erschöpft aus. Laietha mußte nichts sagen, damit er wußte, daß der Sieg nur knapp und teuer erkauft worden war. Es wurde Zeit, daß dieser Krieg endete.

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Boromirs Heilung machte gute Fortschritte. Nur wenige Tage nach dem letzten Angriff auf Lothlorien erlaubte man ihm das erste Mal hinaus zu gehen. Er bewegte sich noch langsam und vorsichtig, aber als er in die warme Frühlingssonne hinaustrat, fühlte er sich gleich besser. Laietha schmunzelte, als sie sah, daß er mit geschlossenen Augen tief durchatmete. Sie spazierten ein Stück weit durch die Gärten, aber Boromir entging nicht, daß sich die Elben zur nächsten Schlacht rüsteten. Einer von ihnen - Boromir wollte es nicht beschwören, aber war das nicht der Elb, der sie in Lothlorien empfangen hatte? - kam direkt auf sie zu und wandte sich in der Sprache der Elben an Laietha.

"Ich glaube dir nicht, daß seiner größer als ich sein soll," grinste er höhnisch. Laietha lächelte geziert. In der gemeinsamen Sprache antwortete sie: "Ja, es geht ihm schon viel besser. Danke der Nachfrage, Haldir. Hast du nichts zu tun?" Boromir beobachtete das Ganze mit amüsierter Miene. Ihm gefiel zwar nicht, wie der Elb Laietha ansah, aber ihre Reaktionen erfüllten ihn mit hämischer Befriedigung. Er legte demonstrativ den Arm um ihre Schulter. Der Elb quittierte es ihm mit mühsam unterdrücktem Ärger. Ebenfalls in der gemeinsamen Sprache fuhr Haldir fort. "Nun, ihr werdet euch sicher in den Wäldern verirren, wenn euch nicht jemand begleitet. Und es ist schon lange her, daß du das letzte Mal hier warst, Annaluva. Ich sollte besser mit euch gehen." Laietha verzog das Gesicht. "Wir hatten nicht vor, weit zu gehen." Der Waldelb grinste gehässig. "Ach ja - der Krieger ist ja noch verwundet." Bevor noch ein weiteres Wort verloren werden konnte, hatte Haldir Laietha auch schon den Arm angeboten und mit saurer Miene akzeptierte sie.

Haldir führte sie an einige schöne Plätze. Schließlich ließen sie sich unter einem der Bäume nieder. Obwohl sie einen Monat lang in den Goldenen Wäldern verweilt hatten, konnte Boromir beschwören, daß er den Rückweg alleine nicht mehr finden würde. Die Sonne schien warm auf sie herab. Er streckte sich aus und legte seinen Kopf in Laiethas Schoß. Haldir zog eine Augenbraue hoch und Laietha kicherte. Er war immer noch eifersüchtig!

"Wie steht es mit den Kriegsvorbereitungen, Herr Elb?" fragte Boromir unvermittelt. Haldir knirschte mit den Zähnen. "Wir rüsten zum Gegenschlag, wenn uns die verfluchten Orks nicht wieder zuvorkommen." Sie unterhielten sich noch eine Weile über den bevorstehenden Angriff. Celeborn plante in etwa einer Woche das Heer loszuschicken und nach Dol Guldur zu ziehen. "Die Welt ist im Umbruch. Nun werden wir kämpfen müssen, oder sterben. Wir haben lange Jahre in Frieden gelebt, aber jetzt müssen wir uns den Feinden entgegenstellen oder untergehen." Haldir hatte wahr gesprochen und Boromir kribbelte es schon gehörig in den Fingern. Er wollte so bald wie möglich wieder gesund sein und seinem Land zur Hilfe eilen.

Laietha war aufgestanden und zu einer kleinen Quelle in der Nähe gegangen, um etwas zu trinken. Sie ließ sich das kalte klare Wasser über die Arme laufen. Alles war so friedlich im Licht des Tages. Kaum zu glauben, daß jemand diese Idylle zerstören wollte. Sie zog ihre Schuhe aus und watete im Wasser umher. Es war erfrischend. Sie fühlte ihre Kräfte zurückkehren und auch Boromir sah schon sehr viel besser aus. Bald würden sie sich auf den Weg in seine Stadt machen können. Sie hoffte, Aragorn dort anzutreffen. Und außerdem freute sie sich schon darauf, Boromirs Bruder Faramir kennenzulernen. Er hatte ihr so viel von ihm erzählt. Zwar mußte er ganz anders als sein älterer Bruder sein, aber wenn Boromir ihn so liebte, konnte er nur ein wunderbarer Mann sein.

Als sie zurückkehrte, sah sie, daß Haldir sich mit Boromir unterhielt. Sie zog die Brauen zusammen, und daß Boromir fröhlich lachte verschlimmerte ihr schlechtes Gefühl nur noch mehr. Was hatte dieser alberne Elb sich schon wieder ausgedacht? Hoffentlich plauderte er nicht aus dem Nähkästchen. Natürlich mußte Boromir gemerkt haben, daß Laietha kein unschuldiges kleines Mädchen mehr war, aber daß Haldir alte Bettgeschichten auspackte, hatte ihr gerade noch gefehlt. Haldir erhob sich, als Laietha wieder bei ihnen war. "Ich habe dem Krieger erklärt, wie ihr zurückfindet, falls ihr noch nicht mit mir zurückkommen wollt." Er verneigte sich und ließ sie alleine.

Boromir grinste sie schelmisch an. Das hatte sie befürchtet! Sie ließ sich neben Boromir nieder. Er rutschte dichter an sie heran und griente breit. "Was hat er dir gesagt?" fragte sie mit einem unguten Gefühl. Boromir pfiff unschuldig vor sich hin. "Ach, nichts! Er hat mir ein wenig elbisch beigebracht." Laietha sah ihn skeptisch an. "Bitte, mein Herr, sprecht." Boromir legte den Arm um sie. Mit hartem Akzent begann er: "A helta ar caita caimanna!" Laietha brach in schallendes Gelächter aus. "Mae," griente sie und nestelte an ihren Kleidern. Boromir sah sie erstaunt an, als ihr Kleid zu Boden glitt. "Aber wir haben kein Bett hier, Boromir." Er öffnete und schloß den Mund ein paar Mal, aber ihm blieb die Spucke weg. Schließlich fand er seine Sprache wieder und lachte laut. "Wenn ich gewußt hätte, daß ich nur sagen muß, daß ich Hunger habe und du dich gleich ausziehst, wäre ich öfter hungrig gewesen!" Laietha schmunzelte. Das alte Spitzohr hatte diesmal wohl die Rechnung ohne den Wirt gemacht. "Versprich mir nur, daß du das nicht beim Essen mit meinem Vater sagen wirst, Boromir," lächelte sie und griff nach ihrem Kleid. Boromir hielt ihre Hand fest und zog sie zu sich hinunter. "Nein, laß nur. Kannst du mir diese Redewendung noch einmal sagen?"

A helta ar caita caimanna! = Zieh deine Kleidung aus und leg dich aufs Bett. Mae. = Gut. - hier: okay.