9. Kapitel: Weihnachtsferien

Die Wochen vergingen.

Zu Weihnachten fuhren sie alle nach Hause. Harry war zu den Weasleys eingeladen worden. Darüber freute er sich sehr, denn zu seinen Verwandten wollte und durfte er nicht gehen und alleine hätte er sich sogar in Hogwarts gelangweilt.

Hermine und Helena versprachen zu schreiben.

Ihnen standen nun vier schulfreie Wochen bevor.

Als sie am Fuchsbau, dem Haus der Weasleys, ankamen, fanden sie es total eingeschneit vor. In der ganzen Gegend um London hatte es in Massen geschneit.

Im Garten stand ein winziger Tannenbaum mit einer genauso kleinen Lichterkette geschmückt. Mr. Weasley hatte ihn im Sommer erst gepflanzt. Harry, der zum Ende der Ferien ein paar Tage bei den Weasleys verbrachte, hatte feststellen müssen, dass Rons Vater nicht mit einem Spaten umgehen konnte. Doch er hatte tapfer weiter gebuddelt.

Eines frühen Morgens waren Fred und George dann hinaus in den Garten gelaufen und hatten den Baum wieder ausgegraben. Sie stellten ihn an einen anderen Platz und verpassten ihm Füße.

Mr. Weasley hatte natürlich sofort bemerkt, dass er am falschen Ort stand und als er ihn nehmen und zu seinem ursprünglichen Platz bringen wollte, schlug die Tanne mit den Zweigen, so dass Mr. Weasley sie los ließ und der Baum in einen anderen Teil des Gartens laufen konnte.

Alle, die am Frühstückstisch auf der Veranda gesessen hatten, mussten lachen.

Sogar Percy, der von den Scherzen der Zwillinge meistens genauso wenig hielt wie seine Mutter. Diese konnte ein Schmunzeln zwar nicht unterdrücken, ermahnte die Junge aber dennoch, das Zaubern nicht für ihren Unsinn zu nutzen.

Ja, sie hatten ein paar tolle Tage gehabt, dachte Harry als er den Baum sah. Nun strand er ganz friedlich da. Mrs. Weasley hatte in ihrem Pflanzenbuch nach einem passenden Gegenzauber gesucht und der Tanne damit ihre Füße genommen.

Sie luden die Koffer aus und schleppten sie mühsam zum Haus. Schon als sie die Tür öffneten, schlug ihnen eine wohlige Wärme entgegen. Im ganzen Haus roch es nach Plätzchen und Weihnachtsgewürzen.

Mrs. Weasley kam aus der Küche gelaufen und begrüßte sie alle herzlich.

"Endlich zuhause.", meinte Ron zufrieden. "Weihnachten wird toll!"

Er sollte Recht behalten. Harry hatte noch nie ein so tolles Fest erlebt.

Am Weihnachtsmorgen wurde er wie üblich von Ron geweckt und sie liefen noch in Schlafanzügen in die Küche. Dort bot sich ihnen ein komischer Anblick, denn auch alle anderen Weasley-Sprösslinge standen in ihrer Nachtkleidung um den Tisch herum. Nur Ginny hatte wenigstens ihren Morgenmantel übergezogen. Als sie Harry sah, wurde sie dennoch rot und begann ihr Haar zu ordnen.

"Mum, bitte.", jammerte George wie ein Kleinkind. "Wir waren doch auch artig."

"Die letzten zehn Stunden, als ihr geschlafen habt, vielleicht.", antwortete Mrs. Weasley und rührte in einem Topf mit Haferbrei.

"Na, das muss ja wohl belohnt werden.", meinte Fred.

"Nein.", beharrte Mrs. Weasley. "Nichts da. Ihr geht jetzt hoch, zieht euch an und dann wird gefrühstückt. Und danach..."

"Ja ja,..", brummte George.

Sein Bruder sah ihn an. "Wer als erster oben ist, kriegt mehr Bohnen!" Und schon rannten sie zwei die Treppe hoch.

Ginny folgte ihnen langsam.

Eine Minute später hörte man die Zwillinge oben rufen und an die Badezimmertür klopfen. Ihre Schwester hatte es trotzdem noch vor ihnen ins Bad geschafft.

Ron und Harry warfen sich vielsagende Blicke zu und grinsten. Dann setzten sie sich zu Mr. Weasley an den Tisch. Er las den Tagespropheten und sah aus, als könnte ihn nichts in der Welt aus der Ruhe bringen.

"Morgen Dad.", begrüßte Ron ihn.

"Morgen." Er ließ die Zeitung nur nach vorne umschlagen, um sie zu sehen. "Guten Morgen, Harry."

"Morgen.", grüßte Harry zurück.

"Mum...", wandte sich Ron nun an Mrs. Weasley. "Können Harry und ich schon mal eine Tasse Kakao haben? Die werden da oben noch ein bisschen brauchen. Bis Ginny erst mal aus dem Bad kommt..."

"Na klar könnt ihr schon einen Kakao haben. Du lässt aber deine Schwester in Ruhe, verstanden?", mahnte seine Mutter.

Ron nickte. "Alles klar."

Mrs. Weasley stellte jedem von ihnen einen riesigen Pott warmen Kakao vor die Nase. Er roch himmlisch, ein bisschen nach Zimt.

"Noch Kaffee, Artuhr?", fragte sie ihren Mann.

"Nein danke, Liebes." Er faltete die Zeitung zusammen und stand auf. "Ich hol noch ein bisschen Holz für den Kamin." Dann ging er in den Garten.

Harry und Ron schlürften schweigend ihren Kakao.

Mrs. Weasley rührte den Haferbrei noch einmal kräftig durch. "Ich hab frische Waldbeeren dazu eingekocht.", erzählte sie Ron.

Dieser bekam leuchtende Augen. "Frische Wandbeeren?! Oh danke, Mum!" Er drehte sich zu Harry. "Das musst du probieren!"

Harry nickte. "Gern."

Dann hörten sie Schritte. Ginny hielt am Absatz der ersten Treppe. "Mum, kannst du mal kurz nach oben kommen?", bat sie. Sie trug immer noch ihren Morgenmantel, aber ihr Haar glänzte frisch gewaschen. Das Rot leuchtete.

"Natürlich, Kleines.", antwortete Mrs. Weasley, legte den Kochlöffel beiseite und ging zu Ginny hinauf. "Sie wird schon wie Hermine.", bemerkte Ron.

"Warum?", wollte Harry wissen, während er seinen Becher leerte. Der Kakao war einfach super lecker. "Wenn Feste anstehen, ziehen sie nur noch ihre besten Kleider an. Und sie achten plötzlich viel mehr auf ihre Haare.", erklärte er.

Harry nickte nachdenklich. "Aber stört dich das?", fragte er dann. "Sie bleiben doch trotzdem die Gleichen."

Zu einer Antwort kam Ron nicht mehr, weil in diesem Moment im oberen Stockwerk wieder Türen auf- und zuflogen und man meinen konnte, eine Elefantenherde trampelte die Holztreppe hinunter. Aber es waren nur George und sein Bruder.

"Wo sind die alle?", fragte Fred.

"Verstecken eure Geschenke.", meinte Ron.

Harry grinste.

"Witzbold!", brummte Fred. Er und George setzen sich auf ihre Plätze.

"Komm, wir gehen hoch." Ron stand auf.

Harry folgte.

Als sie nur wenige Minuten später wieder runter in die Küche kamen, saßen bereits alle am Tisch. Mrs. Weasley nahm von jedem die Schüssel vor sich entgegen und füllte den warmen Haferbrei ein. Auf dem großen Holztisch stand eine Glasschale voll mit frischer Waldbeergrütze.

Ron schob sich auf seinen Stuhl, die Augen fest auf der roten Masse haftend.

"Gleich fällt er rein.", grinste George.

Ron reagierte nicht.

Harry reichte Mrs. Weasley seine Schüssel. Als er sie ihr wieder abnahm, fiel sein Blick schräg gegenüber von sich auf Ginny. Er war ein wenig sprachlos.

Sie hatte einen beige Bluse an und ihre Mutter hatte ihr von den Schläfen ausgehend zwei dünne Zöpfe geflochten, die die restlichen offenen Haare nach hinten hielten.

Harry stellte seine Schüssel vor sich ab, ohne den Blick von ihr zu nehmen. Hermine hatte ihn auch schon verzaubern können und er wusste schon immer, dass Rons Schwester kein hässliches Entlein war, aber er hatte nie bemerkt, wie hübsch sie sein konnte.

Als hätte er Harrys Gedanken erraten, sagte Mr. Weasley plötzlich: "Ginny- Maus, du siehst heute ja wieder ganz zauberhaft aus." Er sah zu den Zwillingen. "Oder findet ihr nicht?"

"Doch, natürlich.", entgegnete Fred.

"Sehr hübsch.", meinte George und Ron brummte nur "Mmh..." Er wollte endlich essen.

"Macht sie eh nur, um dich zu beeindrucken.", raunte er Harry zu.

Dem stieg noch ein bisschen mehr Röte ins Gesicht als zuvor schon. Er fühlte sich ertappt.

Ginny, die Harry beobachtete hatte, wie er sich an den Tisch setzte und ihrer Mutter die Schüssel für den Haferbrei reichte, wandte schnell den Blick ab, sobald Harry sie angesehen hatte. Nun blickte sie auf und drehte den Kopf.

"Danke, Dad.", sagte sie leise.

Percy stellte seine Tasse ab und meinte mit stolzgeschwellter Brust, als wäre er das Familienoberhaupt: "Nun ja, sie ist die einzige Weasley- Tochter, sie muss einfach hübsch sein."

Das war das seltsamste Kompliment, das Harry je gehört hatte, doch die anderen schienen sie gewöhnt zu sein, denn sie lächelten. George verdrehte unmerklich die Augen.

Mrs. Weasley hatte sich inzwischen gesetzt und tätschelte ihr nun die Hand. Ginny hatte schon kein leichtes Los mit ihren Brüdern gezogen und weil sie immer das Bedürfnis hatte, irgend jemandem zu erzählen, was sie beschäftigte, hatten ihre Brüder auch bald erfahren, dass sie für Harry schwärmte. Mrs. Weasley konnte ihre Tochter verstehen. Harry war ein kluger, anständiger, netter und gutaussehender Junge von fast vierzehn Jahren. Ginny war sicher nicht die einzige, die ihn toll fand.

"Nun sah sie zu ihrem jüngsten Sohn schräg gegenüber. "Los Ron, du darfst anfangen."

Er strahlte seine Mutter an und griff nach dem Schopflöffel. Die rote Grütze verteilte sich auf dem dampfenden Haferbrei und sah unheimlich gut aus.

Ron gab den Schopflöffel an Harry weiter. Er füllte sich auf und wollte den Löffel an Mr. Weasley abgeben, doch er deutete ihm, dass erst Percy, rechts neben Ron, sich nehmen sollte.

Die Zwillinge murrten, weil sie nun fast bis zum Schluss warten mussten.

Wer sich etwas genommen hatte, begann zu essen. Bald war nur noch ein "mmh" und "ah" zu hören. Sie schmatzten alle, bis die Schüsseln leer waren.

"Mum, das ist himmlisch.", meinte Ron, während er sich den nächsten Löffel in den Mund schob.

"Schmeckt wirklich klasse, Mrs. Weasley.", stimmte Harry zu.

"Danke.", antwortete diese. "Ein altes Geheimrezept."

Plötzlich stand Harry auf.

"Was ist los?", fragte Ron.

"Ich wollt mir nur noch einen Becher Kakao holen.", entgegnete er.

"Lass, ich mach das.", sagte Ginny und kam damit sogar ihrer Mutter zuvor.

Harry reichte ihr die Tasse und konnte nun, da sie am Herd stand, sehen, dass sie einen dunkelblau-beige karierten Rock trug, der ihr bis zu den Knien ging und dazu dunkelblaue Kniestrümpfe. Das hatte sie in Hogwarts wirklich noch nie getragen, stellte er fest und musste an Rons Worte denken.

Ginny gab ihm die volle Tasse zurück und setzte sich wieder.

Sie frühstückten weiter. Ron, Harry und George nahmen noch einen Nachschlag an Brei. Fred naschte nur noch ein paar Löffel voll Grütze.

Dann wurden allmählich alle wieder unruhiger. Er herrschte eine freudig gespannte Stimmung.

Nachdem dann alle aufgegessen hatten, begann Mrs. Weasley, den Tisch abzuräumen. Ginny half ihr sogleich.

Mr. Weasley leerte seine Kaffeetasse und erhob sich dann. "Okay, Jungs.", sagte er. "In zwanzig Minuten finden wir uns alle im Kaminzimmer ein."

Auf diese Worte schienen sie gewartet zu haben.

Die Zwillinge und Percy stürmten sofort los. Ron und Harry begaben sich gemächlicher nach oben. Ginny folgte ihnen, verschwand aber im ersten Stock in ihrem Zimmer. Die Jungen mussten alle in den Zweiten hinauf.

Kurze Zeit später trafen sie sich also alle im Kaminzimmer wieder, beladen mit Geschenken, die sie unter dem großen Baum ausbreiteten.

Harry hatte, als er erfuhr, dass er zu den Weasleys eingeladen war, in Hogsmeade noch etwas für die Familie gekauft. Für Ron hatte er natürlich schon etwas gehabt, sie schenkten sich jedes Jahr eine Kleinigkeit.

Nun ließen sie sich alle auf den Sesseln und der Couch im Halbkreis um den Kamin nieder. Die Möbel im Raum waren alle aus dunklem Holz und die Sitzpolster mit einem saphirgrünem Samtbezug bespannt.

Alle schwiegen. Das Holz im Kamin knackte.

Dann räusperte sich Mr. Weasley. "Meine Lieben. Wir sollten uns jetzt einen Minute nehmen, um uns darüber Gedanken zu machen, was wir den anderen schon immer mal sagen wollten. Oder ob wir uns für das nächste Jahr etwas wünschen."

Wieder kehrte Ruhe ein.

Ginny hielt die Hand ihrer Mutter. Mrs. Weasley sah auf die Hände hinunter. Die Zwillinge saßen mit geschlossenen Augen und gesenkten Köpfen, Ron hatte seine Denkermiene aufgesetzt. Mr. Weasley sah aus dem Fenster.

Es schneite noch immer.

Harry starrte als einzigster auf das Feuer. Was wünschte er sich? Oder was wollte er seinen Freunden sagen? Eigentlich wollte er ihnen nur danken. Jedem für etwas ganz Spezielles.

Die Stille um ihn herum was so angenehm wie die Wärme, die vom Kamin ausging. In Harry kochten Emotionen hoch, doch er saß ganz ruhig da. Wie wäre Weihnachten mit seinen Eltern gewesen? Hätten er und sein Vater einen Tannenbaum geholt, ihn geschmückt und hätte er seiner Mutter beim Plätzchenbacken geholfen? Harry wurde ganz komisch, Traurigkeit stieg in ihm hoch. Dann rief er sich aber ins Gedächtnis, wie die letzten Monate gewesen waren und wo er sich jetzt befand. Es ging ihm sehr gut, seit er in Hogwarts lebte. Er hatte Freunde, die zu ihm standen und Professor Dumbledore selbst war ihm wie ein Vater. Nein, er sollte nicht trauern, er sollte für jeden dieser wundervollen Tage dankbar sein.

"So.", sagte Mrs. Weasley plötzlich leise. "Sind wir alle soweit?"

Ron nickte, die Zwillinge nahmen eine aufrechte Haltung an. Harry sammelte sich.

"Molly, Liebes, ich würde gern beginnen.", bat Mr. Weasley.

Mrs Weasley nickte. "Natürlich, Liebling."

Er räusperte sich wieder. "Meine lieben Kinder.", begann er und blickte jeden an, auch Harry. "Geliebte Frau - ich bin froh, dass wir jetzt alle hier sein können und hoffe, dass uns das Unglück auch im kommenden Jahr verschonen wird. Ich wünsche mir, dass wir alle gesund durch das neue Jahr kommen und uns dann im nächsten Winter wieder hier einfinden werden."

Stille trat wieder ein.

"Ron, würdest du weitermachen?", ermunterte der Vater seinen jüngsten Sohn dann.

Ron nickte. "Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als heute hier zu sein.", erklärte er. "Harry ist auch hier." Er sah seinen besten Freund lächelnd an. "Ihm verdanke ich das wohl aufregendste Jahr meines Lebens. Hoffentlich wird das nächste genauso. Ach, und Mum,... ich werde meinen Prüfungen schaffen, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen."

Alle schmunzelten über seinen letzten Satz.

"Ginny?!" Ron sah seine Schwester an.

Sie holte tief Luft. "Ähm - erst einmal möchte ich euch - also meiner Familie - sagen, dass ich euch alle schrecklich lieb habe. Und Harry - dir muss ich danken, dass ich mein erstes Schuljahr in Hogwarts so heil überstanden habe." Mit rosa Wangen sah sie zu ihm und er lächelte. Dann forderte sie Percy auf.

"Ich möchte mich vor allem beim Mum und Dad bedanken, dass sie mich im letzten Jahr in allem, was ich tat, unterstützt haben. Und ich wünsche mir, in diesem Schuljahr mein Examen so gut machen zu können, dass ich ins Ministerium gehen kann und ihr weiterhin stolz auf mich sein könnt. Ein frohes Fest!", rief er noch.

Die Weasley-Eltern lächelten über den Eifer ihres Sohnes. Sie waren auf jeden ihrer Söhne stolz. Und auf ihre einzige Tochter ohnehin.

Fred und George verbissen sich ihre Bemerkung zu Percy und warfen sich nur einen Blick zu. Es war schließlich Weihnachten.

George räusperte sich gleichsam seines Vaters. "Mutter. Vater." Er sah beide an, hielt inne. Dann grinste er. "Nein, im Ernst. Wir sind keinen leichten Söhne, Fred nicht und ich auch nicht. Aber trotzdem wollen wir im nächsten Jahr weniger Unsinn treiben und uns auf die ZAGs vorbereiten." George sah seinen Bruder an.

Fred nickte. "Ja", sagte er. "George hat recht. Zwillinge wie wir machen das Gleiche und sagen auch das Selbe. Nur eins hat er vergessen: Egal, wie viel Unsinn wir auch machen, wir lieben euch."

Beide lächelten.

Mrs. Weasley bekam feuchte Augen. "Ach Jungs.", schniefte sie in ein Taschentuch.

Die Zwillinge standen auf und drückten ihre Mutter sanft.

Alle anderen im Raum lächelten gerührt.

Harry seufzte. Seine Eltern...

Fred und George hatten wieder Platz genommen und wandten sich nun an Harry. "Los, du auch."

Harry sah in die Runde. Was wollte er bloß alles sagen? "Ich-", begann er, stockte. Dann holte er noch einmal Luft. "Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll..."

"Leg einfach los.", ermunterte ihn Mrs. Weasley.

"Jaah.", antwortete Harry zögernd. "Ich möchte zuerst noch einmal für die Einladung danken. Es ist mein tollstes Weihnachtsfest bisher. Überhaupt ging es mir noch nie so gut, bis ich nach Hogwarts kam. Ich habe viele Freunde gefunden, und Menschen, die mich jederzeit bei sich aufnehmen. Alle zusammen helfen mir. Dafür sag ich danke. Und ich wünsche mir für uns alle ein glückliches nächste Jahr." Nun war alles aus ihm heraus gesprudelt.

Die Weasleys saßen um ihn herum und sahen ihn an. Die Eltern waren gerührt von seinen Worten, Ginny schaute mit ehrlicher Bewunderung zu ihm herüber.

Harr war erleichtert. "Jaah, das wollte ich sagen..."

Nun war nur noch Mrs. Weasley übrig.

"Meine Lieben. Arthur. - Eure Worte haben mich sehr berührt. Ich danke euch. Der Zusammenhalt unserer Familie ist unerschütterlich und das macht mich glücklich. Ich hoffe, dass wir auch in Zukunft dafür arbeiten werden." Sie machte einen kurze Atempause. "Und du, Harry, sollst wissen, dass wir dir nie vergessen werden, dass du Ginny gerettet hast. Wir haben dich aber nicht deswegen eingeladen, sondern viel mehr, weil du uns schon sehr ans Herz gewachsen bist. Dieses Haus wird dir immer genauso offen stehen, als wärst du ein echter Weasley." Sie sah Harry aufrichtig an.

"Danke.", flüsterte er, denn ihm war bei Mrs. Weasleys Worten ganz warm geworden. Sie wollte ihm das Gefühl geben, eine Familie zu haben. Seinen Augen wurden feucht und er verbarg schnell das Gesicht.

Ron legte ihm einen Hand auf die Schulter.

Harry hob eine Hand. Es war alles in Ordnung.

Nun wurden sie alle wieder lebhafter.

"Mum, jetzt?", fragte Fred.

Mrs Weasley nickte. "Jaah. Ihr entscheidet, ob zuerst die Geschenke oder die Weihnachtspost geöffnet werden sollen."

"Die Geschenke.", beschlossen die Zwillinge einstimmig.

Keiner hatte Einwände.

Die zwei krochen nun auf die Holzboden um den Baum herum und verteilten ihre Geschenke. Dann schlossen sich Percy, Ron und Mr. Weasley an. Als Ginny danach noch zögerte, vergab Harry seine Geschenke.

Er hatte gut gewählt, alle freuten sich sehr.

Die Zwillinge bekamen jeder eine große Packung ,Bertie Bott's Bohnen' in jeder Geschmacksrichtung, allerdings beinhalteten sie vielmehr Knallfrösche. Die konnten die zwei immer gebrauchen und versteckten sie wohlwissend vor ihren Eltern.

Mr. und Mrs. Weasley bekamen eine Schachtel der besten Pralinen, die in Hogsmeade zu finden waren, und Mr. Weasley noch eine Gummiente.

Harry hatte sie schon lange in seinem Koffer und wartete nur auf den richtigen Zeitpunkt, sie ihm zu schenken, seitdem Rons Vater ihn nach diesem Muggelspielzeug gefragt hatte.

Sie freuten sich sehr, denn er hatte zufällig Mrs. Weasleys Lieblingspralinen erwischt und Mr. Weasley hatte einen Schwäche für Muggelwerkzeuge jeder Art.

Für Percy hatte er lange suchen müssen. Schlussendlich war er aber bei einer Krämerin zufällig auf ein Buch über die Vertrauensschüler Hogwarts' gestoßen. Harry hatte sich zwar gefragt, wie das Buch in die Hände der Frau kam, kaufte es aber dennoch. Percy beschloss sogleich, die fehlenden achtzehn Jahre aufzuholen.

Ron bekam ein mittelgroßes rotes Samtkissen für Krätze, auf dem sich die Ratte sofort zusammenrollte, und die letzte Zauberkarte aus den Schokofröschen, die ihm noch gefehlt hatte. Er war total aus dem Häuschen.

Auf Ginnys Geschenk war Harry auch mehr zufällig gestoßen. Er hatte etwas für Hermine gesucht und fand für beide Mädchen das Passende. Hermine bekam ein silbernes Armband mir winzigen Katzen daran.

Als Ginny nun ihr Schächtelchen öffnete, ließ sie es fast fallen. Heraus nahm sie eine Silberkette mit einem Kleeblatt-Anhänger. Die vier Blätter waren aus grünem Stein geschliffen und funkelten im Schein des Kamins. Sie ließ sich die Kette sogleich von ihrer Mutter umhängen und strahlte fortan den ganzen Abend.

Harry war glücklich. Er war auch reichlich beschenkt worden und in der Weihnachtspost wartete sicher noch etwas von Hagrid und Hermine.

Nun sollte aber erst noch Ginny ihre Geschenke austeilen. Sie ließ Harry bis zum Schluss übrig und übereichte ihm dann mit rosa Wangen eine Schachtel Toffees. "Das eigentliche Geschenk liegt auf deinem Kopfkissen", flüsterte sie ihm zu.

"Warum?", fragte Harry leise zurück.

"Nicht vor allen.", antworte sie verlegen.

"Bitte hol es." , bat Harry sie jedoch. "Ich möchte es sehen."

Ginny sah darüber nicht so glücklich aus, ging aber schnell, um es zu holen. Bevor die Familie überhaupt fragen konnte , wo sie hinwollte, war sie schon wieder zurück und gab Harry ein kleines Päckchen mit rot-gelbem Papier.

Er öffnete es und fand einen kleinen geschnitzten Besen in einer Holzhalterung. Harrys Augen leuchteten. Der Besen war nicht mal 15 cm lang, hatten aber trotzdem kleine Reisig-Borsten und eine Gravur. ,Nimbus 2000' las Harry. Er drehte und wendete ihn, das Holz fühlte sich an wir bei seinem Besen. Ein wundervolles Geschenk. Er sah auf. Ginny stand noch immer vor ihm. Da sprang er auf und umarmte sie.

"Danke." , sagte er ganz leise in ihr Ohr.

Ginny war wie von Donner gerührt über Harrys heftiges Reaktion. Ihr Wangen hatten sich gerötet, aber sie strahlte nun noch mehr als zuvor.

Mrs. Weasley lief nun mit Percy schnell hinunter in die Küche. Sie kamen mit einem großen Topf voller Briefumschläge und einem Korb voller Päckchen wieder.

Ron bleib der Mund offen stehen. "Ist das die Weihnachtspost? Mensch, ich tick aus!"

"Ja, das kam alles in den letzten Tagen. Und mich würde es nicht wundern, wenn in den nächsten Tagen noch was nachkommt. Der Schnee ist ja doch sehr dicht.", erklärte Mrs. Weasley und stellte den Topf in dei Mitte des Halbkreises um den Kamin.

"Ron, wärst du so lieb." Sein Vater deutet auf den Korb und den Topf.

"Aber klar." Ron machte sich ans Verteilen.

Das größte Päckchen war von Hagrid und beinhaltet einen riesigen Weihnachtskuchen und eine Packung ganz besonderer Wunderkerzen.

Zwei Päckchen waren für die Zwillinge von ihrem Freund Lee. Ginny bekam auch eins von einem Mädchen aus Hogwarts und natürlich war noch jeweils eins für Harry und Ron von Hermine dabei. Sogar Percy bekam noch eins von seiner Freundin Penelope.

Ron hatte gemeinerweise ihre Namen extra betont und Fred und George grinsten, als Percy rot anlief.

Das letzte Päckchen war dann noch für Harry. Es hatte keinen Absender, also konnte es nur von Professor Dumbledore sein. Er beschloss, es erst auf seinem Zimmer auszupacken.

Nun verteilte Ron die Briefe.

Mr. Weasley erhielt einige von Kollegen aus dem Ministerium, seine Frau zwei Briefe von Freundinnen, über die sie sich sehr freute.

Fred und George bekamen eine Weihnachtskarte von ihrem Quidditchkapitän. Ginny bekam noch drei Briefe.

Ganz unten im Topf lag dann ein Bündel mit bunten Umschlägen. "Vier Briefe.", zählte Ron und löste die Schnur. "Einer für Harry, einer für mich, George... und Fred!?" Er verteilte die Briefe. Harrys war gelb, Georges rot, Freds blau und Fons grün. "Alle vom selben Absender.", stellte Ron fest.

"Helena.", erkannte George.

Sie schwiegen und sahen auf Fred. Dieser sah unentschlossen auf den Brief.

"Lies ihn doch.", meinte George zu ihm und es klang mehr wie eine Bitte. Dann nahm er die Bögen aus seinem Umschlag und begann zu lesen.

Auch Ron und Harry öffneten ihre Post. Helena wünschte ihnen frohe Weihnachten und bedankte sich bei ihnen für dei herzliche Aufnahme im Gryffindor-Turm.

George hatte sie noch ein paar liebe Zeilen mehr geschrieben, die er aber für sich behielt. Es fragte auch niemand.

Während nun alle vertieft waren, blickte Fred noch immer auf den blauen Umschlag. Er wusste nicht, ob er ihn öffnen oder gleich ins Feuer werfen sollte. Seufzend entschied er sich für das Erste, verbrennen konnte er ihn dann ja immer noch.

Helena hatte nicht viel geschrieben:

"Lieber Fred,

ich weiß, dass wir nicht sehr gut miteinander klar kommen und ich suche die Gründe noch immer. Trotzdem wünsche ich Dir an dieser Stelle ein frohes Fest.

Hoffentlich siehst Du unserem nächsten Treffen nicht allzu negativ entgegen.

Helena"

Fred las die Zeilen noch einmal. Seine Verwirrung wurde nicht weniger. Hätte man ihn etwas zu diesem Brief gefragt, er hätte keine Antwort gefunden. Er bekam keine klaren Kopf. Leugnen konnte er schon länger nicht mehr, dass Helena ein nettes Mädchen war und trotzdem... Warum war sie bloß so freundlich zu ihm, wo er sie doch ignorierte und verletzt hatte? Ihm fielen Hunderte von Fragen ein. Verbrennen wollte er den Brief allerdings nicht mehr. Er steckte den Bogen zurück in den Umschlag und legte ihn zu seinen anderen Geschenken.

George hatte seinen Bruder vorsichtig von der Seite beobachtet. Nun sahen sie sich an, keiner sagte etwas.

Mr. Weasley stand auf, streckte sich ein wenig.

"So, ihr Leiben, eure Mutter und ich machen nun noch einen schönen Spaziergang."

"Und nachher gibt's leckeren Kuchen.", ergänzte Mrs. Weasley die Nachmittagsplanung.

"Du meinst aber doch nicht Hagrids Kuchen?", fragte Ron skeptisch.

Seine Mutter lächelte. "Nein, mein Schatz. Ich hab' gebacken."

"Oh, gut." Ron war erleichtert. Er kannte Hagrids Backkünste zu Genüge.

"Und was haltet ihr von einer Schneeballschacht?", fragte Percy plötzlich. Ihn traf eine große Runde verwunderter Gesichter.

"Percy, bist du krank?", fragte George.

Sein Bruder überhörte diese Bemerkung. "Also los, in fünf Minuten im Garten!" Damit nahm er seine Geschenke und verschwand.

Ginny half ihrer Mutter das Geschenkpapier einzusammeln.

"Schätzchen, möchtest du mit und kommen?", fragte Mrs. Weasley.

"Nein.", antwortete sie und sah unsicher zu Ron und Harry, die aber zustimmend lächelten. Ginny war erleichtert. Als flitzte auch sie mit ihren Geschenken los.

Die Jungs rannten hinauf in den zweiten Stock.

Harry ging allerdings vorsichtig, damit seinem kleinen ,Nimbus 2000' nichts passierte.

Sie zogen sich warm an und kurze Zeit später kugelten sie schon alle im Garten durch den Schnee.

Fred und George waren zusammen kaum aufzuhalten und so verbündeten sich die drei anderen Jungs und Ginny und heizten ihnen ordentlich ein.

*

Später saßen sie dann alle zusammen wieder vor dem Kamin um aufzutauen. Und als die Eltern heim kamen, gab es frischen Kuchen, lecker Plätzchen und Kakao.

Mrs. Weasley wagte sogar, von Hagrids Kuchen zu probieren. "Der Wille zählt.", lächelte sie.

Am Abend fuhr sie dann ihre ganze Kochkunst auf und bereitet ein pompöses Essen zu. Der große Tisch in der Küche wäre fast unter den Massen an Gemüse und Fleisch zusammengebrochen.

Danach spielten sie noch zusammen ein paar Spiele.

Harry war so glücklich und hatte so viel Spaß, dass er kaum noch an seine Eltern dachte. Erst spät abends, als er im Bett lag, fielen sie ihm wieder ein, aber dann sah er auf seinen Mini-Besen auf dem Nachttisch und war zufrieden.

Es war ein wundervolles Weihnachtsfest gewesen.