11. Kapitel: Amanda

Vier Tage vor dem Ferienende war dann noch ein Einkauf in der Winkelgasse an der Reihe. Die Zaubertrankkästen mussten aufgefüllt werden.

Ron und Harry wollten sich mit Hermine vor ,Flourish & Blotts' treffen. Als sie ankamen, wartete Hermine schon.

"Jungs!", rief sie und winkte. Dann standen sie voreinander und strahlten sich an.

"Hallo Hermine. Wie war dein Weihnachtsfest?", begrüßte Harry sie.

"Wunderschön. Habe diesen Umhang bekommen." Sie drehte sich kurz zur Seite und zeigte den dunkelblauen Umhang mit dünnen Goldstickereien am Saum.

"Steht dir klasse.", meinte Ron bewundernd.

"Danke." Nicht zum ersten Mal bekam Hermine unter Rons Kompliment rosa Wangen. "Danke auch für eure Geschenke."

"Gern geschehen.", sagte Harry.

"Kommt, wir suchen meine Eltern, damit wir nachher auch alles haben. Ich muss noch zur ,Magischen Menagerie', brauche neue Aufbautropfen für Krätze." Er zog die Ratte aus seiner Tasche. "Er wird immer seltsamer."

Sie machten sich auf den Weg. Nach ein paar Minuten fanden sie Mrs. Weasley und Ginny vor dem Schaufenster von ,Eeylops Eulenkaufhaus'.

"Mum, wann bekomm ich eigentlich eine eigene Eule?", fragte Ginny und starrte sehnsüchtig in das Innere des Ladens.

Mrs. Weasley seufzte. "Darauf wirst du noch ein bisschen warten müssen."

Ginny ließ den Kopf hängen. "Errol ist schon alt. Wenn wir uns wenigstens eine neue Familien-Eule kaufen könnten."

"Tut mir Leid, Schatz." Ihre Mutter schüttelte den Kopf.

Harry sah zu Ginny. "Du wüsstest schon ganz genau, welche du haben wolltest, stimmt's?"

Sie nickte traurig. "Braun ist sie, mit weißer Brust. Dritter Käfig von rechts. Sie heißt Amanda." Sie deutete in eine Ecke des Schaufensters, doch im Laden war es so duster, dass man nichts erkennen konnte.

Ron gluckste. "Bescheuerter Name für eine Eule."

"Krätze ist auch nicht gerade passend für eine Ratte.", fuhr Hermine ihn an. Ginny tat ihr Leid. Sie selbst hatte zwar keine Eule, dafür aber seit dem Sommer einen Kater namens Krummbein.

"Ich hab ihn ja nicht so getauft.", knurrte Ron.

"Ginny die Eule auch nicht." , meinte Hermine.

Harry überlegte eifrig. Dann zog er Hermine sanft beiseite. "Was hältst du davon, wenn ich die Eule kaufe?", fragte er sie leise.

"Das wäre wunderbar!", rief Hermine begeistert, wurde aber schlagartig wieder ruhig. "Tut mir Leid! Natürlich würdest du Ginny damit eine Freude machen. Aber - dein Geld - du wirst es noch brauchen."

"Ich will ihr doch keinen Besen kaufen.", meinte Harry.

Hermine nickte. "Okay, ich geh mit den anderen schon mal vor." Sie wandte sich an die anwesenden Weasleys: "Wollen wir jetzt zur Apotheke gehen? Die Teufelskrallen warten."

Mrs Weasley nickte. "Gute Idee. Kommt, Kinder."

"Was habt ihr da eben getuschelt?", wollte Ron wissen, als sie die Winkelgasse nun abwärts liefen.

"Wirst du gleich sehen." Harry stoppte ihn, wartete, bis die zwei Mädchen und Mrs. Weasley im Getümmel verschwunden waren und drehte sich dann wieder in die andere Richtung.

"Was hast du vor?", rief Ron und hetzte hinter ihm her.

Schon waren sie wieder vor dem Eulenkaufhaus angelangt.

"Du willst doch nicht-"

Schon war Harry verschwunden. Kurz darauf kam er mit einem abgedeckten Käfig wieder heraus.

"Du bist irre!", meinte Ron. "Das wird Ginny vom Hocker hau'n."

"Umso besser.", grinste Harry.

*

Die Mädchen und Mrs. Weasley waren inzwischen an der Apotheke angekommen. Mrs. Weasley bemerkte jetzt erst, dass die zwei Jungen nicht dabei waren, doch Hermine war gar nicht überrascht.

"Die kommen schon noch. Wir gehen einfach schon mal hinein."

Als sie ein paar Minuten später wieder heraus kamen, war Mrs. Weasleys Korb gefüllt mit Tütchen, Gläsern und Döschen, die alle ordentlich beschriftet waren.

Hermine sah sich um und entdeckte Ron und Harry mit dem Käfig. "Da sind sie. Ich hab's ja gesagt." Sie lief zu ihnen herüber.

Ginny und Mrs Weasley folgten.

"Oh, was hast du denn da gekauft?", fragte Rons Mutter überrascht.

Harry lächelte. "Ist nicht für mich." Er sah zu Ginny. "Ist für dich. Natürlich aber auch für den Rest der Familie." Damit stellte er Ginny den Käfig vor die Füße.

"Was-" Sie sah total verwirrt aus.

"Mach schon.", drängte Ron.

Alle standen gespannt um den Käfig herum.

Ginny zog das dunkelblaue Tuch langsam herab und stieß einen Schrei aus. "Mum, Mum! Siehst du sie?", rief sie.

"Ja, mein Schatz.", antwortete Mrs. Weasley. Sie war ein wenig sprachlos. Dann wandte sie sich aber doch an Harry: "Du sollst das doch nicht tun. Du brauchst dein Geld noch nötiger."

"Eine Ausnahme.", entgegnete er ein wenig verlegen. "Sie hat doch auch bald Geburtstag."

"Oh Mum! Ist sie nicht wunderschön?" Ginny war überglücklich.

"Ja, natürlich.", nickte ihre Mutter.

Ginny wirbelte zu Harry und fiel ihm um den Hals. "Danke, danke, danke!"

Harry, der solche stürmischen Umarmungen nicht gewohnt war, wurde nun doch rot.

Mrs. Weasley schüttelte ratlos den Kopf. "Kinder, ihr macht mich noch wahnsinnig."

"Das ist aber nicht unsere Absicht.", sagte plötzlich jemand.

Mrs. Weasley zuckte zusammen.

Die Zwillinge tauchten hinter ihr auf.

"Jungs!", rief sie. "Erschreckt mich nicht immer so!"

"Sonst bringen wir sie auch noch um.", meinte Fred.

"Harry, der neue ,Speed 17.24' ist da.", berichtete George jetzt. "Er liegt im Schaufenster. Willst du ihn sehen?"

Harry nickte eifrig und auch Ron war Feuer und Flamme.

"Halt!", rief Mrs. Weasley dazwischen. "In zwanzig Minuten machen wir uns auf den Rückweg. Wir treffen uns oben an der Abzweigung zur Nokturngasse."

Bevor die Jungen endgültig davon liefen, verabschiedete sich Hermine noch schnell. "Wir sehen uns in vier Tagen. Bis dann." Sie winkte, als sie sich entfernte. "Ach, und Ron", rief sie noch, "vergiss nicht, besonders jetzt darauf zu achten!"

"Ist gut!", brüllte Ron zurück, obwohl sie schon verschwunden war.

"Wovon redet sie?", fragte Harry.

"Abwarten.", meinte Ron geheimnisvoll.

Die Zwillinge verstauten ihre Einkäufe im Korb der Mutter, nur eine Tüte nicht.

"Was ist denn da schon wieder drin?", wollte Mrs. Weasley wissen.

"Nicht Gefährliches, Mum.", antwortete George vorsichtig.

Seine Mutter wollte aber ohnehin lieber nicht erfahren, was sie vorhatten.

"Los jetzt.", drängte Fred. "Uns rennt die Zeit davon. Bis gleich, Mum!"

Und weg waren die Jungen.

Mrs. Weasley und Ginny bahnten sich einen weg durch das Gedränge in der Gasse.

Ginny achtete aufmerksam darauf, dass ihre Amanda im Käfig nicht zu sehr umher geschleudert wurde.

Als sie dann ein paar Minuten später alle an der Abzweigung zur Nokturngasse zusammentrafen und die Gasse durch den ,Tropfenden Kessel' verließen, wartete Mr Weasley schon auf sie. Mit Hilfe von Flohpulver reisten sie durch den Kamin des Gasthauses nach Hause.