Disclaimer:
Sämtliche bekannten Figuren in der folgenden Geschichte entstammen dem Herr der Ringe und gehören somit Tolkien. Ich leihe sie mir nur aus. Einige Figuren habe ich auch selbst erfunden. Ich verdiene mit dieser Geschichte kein Geld, sondern schreibe sie lediglich zu meinem persönlichen Vergnügen.
Anmerkung der Autorin:
Er ist tot. Ich weiß. Dennoch gefiel mir der Gedanke nicht. Ich mag Boromir und darum lass ich ihn auch am Leben.
Inhalt:
Die Gemeinschaft zerbricht und Boromir fällt im Kampf, bei dem verzweifelten Versuch, Merry und Pippin zu retten. Er wird von seinen Freunden auf dem Anduin bestattet. In einem kleinen Boot treibt er auf die Rauros-Fälle zu.
Doch der Krieger ist noch am Leben. Dem Tod näher als dem Leben. Ein glücklicher Zufall will es, das er vor den Wasserfällen gerettet wird. Aber als Boromir erwacht, kann er sich nicht an seine Vergangenheit erinnern. Ein Mann ohne Namen und Herkunft. Ein Fremder ohne Vergangenheit. Wird er ein neues Leben beginnen, oder gelingt es dem Sohn Gondors, seine Vergangenheit zu finden?
Hauptpersonen:
Boromir!! Nebenbei noch Lithon, Eronos, Nias... und auch einige bekannte Charaktere tauchen mal auf.
"Auch jetzt besteht noch Hoffnung!" Worte ohne Bedeutung. "Nicht mehr. Ich habe versagt, ich habe die letzte Hoffnung zerstört, ich bin schuld, dass die Gemeinschaft versagt hat. Ich war es!"
Boromir, der älteste Sohn Denethors, des Truchsess von Gondor lag im Laub auf dem Boden des Waldes und weinte. Er hatte soeben versucht, den Ring an sich zu nehmen. Völlig von Sinnen in seiner Hoffnungslosigkeit, besessen von dem Wunsch, sein Volk zu retten, fixiert auf den Gedanken, dass er den Ring bemeistern könne. Doch die Erkenntnis kam. Zu Spät, wie Boromir wusste, dennoch hatte er erkannt, was er gerade versucht hatte. Sein Schluchzen hallte in der Leere des Waldes, hallte in seiner Einsamkeit. Die anderen würden es nie verstehen, sie würden ihn verurteilen! Angst packte den Mann und endlich rappelte er sich mühsam auf. Er musste etwas tun! Irgendetwas.
"Auch jetzt besteht noch Hoffnung!" Wieder hörte er die Worte in seinem Kopf. Doch Galadriel war so weit entfernt… wie konnte sie ihn hier noch erreichen? Neue Tränen rannen über seine erhitzten Wangen. "Wie kann es Hoffnung geben, wenn ich alles zerstört habe?" flüsterte der Mann leise. "Wo ist noch Hoffnung? Ich sehe sie nicht." "Geh! Geh, Boromir. Zögere nicht länger. Geh zurück zu den anderen Gefährten. Sie brauchen deine Hilfe!" Mit dem Ärmel wischte Boromir seine Tränen fort. "Sie werden es nicht verstehen!" rief er in den Wald hinein. "Das müssen sie auch nicht. Geh!" Das Schwert in der Hand stand Boromir inmitten des Waldes und starrte in die Wipfel der Bäume. Doch nichts weiter war zu hören, als …. Kampflärm! Mit einem Schlag war Boromir hoch konzentriert. Er warf noch einmal einen Blick in die Wipfel der Bäume. " Ich habe die Gemeinschaft zerbrochen. Dann ist es nun auch an mir, die Bruchstücke zu beschützen!" murmelte er zu sich selbst und wandte sich gen Osten, denn von dort kam der Lärm.
Ein Bild des Schreckens lieferte sich dem Menschen, als er dem Kampflärm näher kam. Keine Orks, wie er zuvor vermutet hatte, lagen auf dem Boden des Waldes. Uruk-Hais, die Diener der weißen Hand, schreckliche Wesen, größer und kräftiger als die Orks, waren es, die seine Freunde angriffen. Boromir verwarf alle Gedanken an Verständnis und seine Angst vor dem Urteil der anderen, erfuhren sie, was er getan hatte. Behände setzte er über die toten Feinde hinweg, weiter zu dem Ort, an dem er die Schlacht vermutete.
Tatsächlich fand er nicht weit entfernt Aragorn, Gimli und Legolas in großer Bedrängnis. Von überall her schienen weitere Gegner gegen die drei verbissen kämpfenden Freunde anzustürmen. Boromir packte sein Schwert mit beiden Händen und stürmte auf die Uruk-Hais los. Sein Kampschrei wurde erstickt von den wütenden Massen der Angreifer und ein furchtbarer Kampf entbrannte, ein gutes Stück von den anderen Drei entfernt. Viele der Angreifer wandten sich dem neuen Gegner zu.
Boromir dachte nicht länger nach. Denken hätte ihn nur behindert. Wie in Trance schwang er das große Schwert und seine Waffe wurden etlichen der hässlichen Wesen zum Verhängnis. Ihm war, als stünde er inmitten einer Flut, ein letzter Felsen in der Brandung. Doch nicht lange behielten die Feinde die Oberhand, denn der Mann war stark. Jahrelange Erfahrung im Kampf machten sich bewährt, die Angst um seine Freunde schürte den Hass auf diese Wesen und wie ein gewaltiges Unwetter brach er über die verwirrten Uruk-Hai herein.
"Seite an Seite kämpft es sich eben am Besten!" Schrie Gimli seinem Freund dem Elben zu, als er einen Uruk-Hai niederschlug, der soeben mit dem Pfeil auf Legolas gezielt hatte. Doch dem Elben blieb keine Zeit um sich zu bedanken. Die Angreifer waren ihnen an der Zahl und auch an Kraft überlegen. Sie standen wieder auf, auch wenn man ihnen das Schwert tief in die Seite rammte. Erst wenn sie nicht mehr atmeten, konnte man diesen Wesen den Rücken zukehren. Der Blick des Elben flog über die kleine Lichtung hinüber zu Aragorn. Sorge machte sich in seinen Gedanken breit. Der Mensch war müde, ausgelaugt. Die Verantwortung, die seit Gandalfs Tod auf ihm Lastete, nagte schwer an seiner Seele. Wie lange konnte er im Kampf noch bestehen? Doch die Müdigkeit schien aus Aragorns Augen verflogen. Statt dessen blitzten diese nun wild im Eifer des Kampfes. Sein Schwert fällte Gegner um Gegner und auch Gimlis Axt stand nicht still. Dennoch war es, als würden für jeden getöteten Uruk-Hai zwei neue auftauchen. Wollte es denn gar kein Ende nehmen?
Boromir wurde von den Uruks abgedrängt. Fort von Legolas, Gimli und Aragorn weiter in den Wald. Es schien, als hofften die grässlichen Geschöpfe, ihm her zu werden, wenn er sich alleine glaubte. Doch Boromir ließ sich nicht beirren. Ohne Pause schlug sein Schwert durch die angreifenden Massen, ohne unterlass sanken die toten Körper zu Boden. Ihm schien, als wäre eine Ewigkeit vergangen, als er endlich seinen letzten Gegner zu Boden schickte. Schwer atmend stützte sich der Krieger auf sein Schwert und blickte sich suchend um. Doch seine Freunde sah und hörte er nicht mehr. Waren sie gefallen? Hatten die Gegner ihn so weit abgedrängt? Panik machte sich in seinem Herzen breit und erneut raubten ihm die Schuldgefühle nahezu die Besinnung, doch ein Ruf in einiger Entfernung ließ ihn sofort wieder zurückkehren in die Gegenwart und erneut schüttelte er alle düsteren Gedanken ab. Unweit von seinem Standort entfernt hörte er die Hobbits rufen. Merry und Pippin, wie er an ihren Stimmen erkannte. "Hier sind wir!" "Bei Morgoth! Was machen sie denn?" Ohne weitere Überlegungen stürmte er den Rufen entgegen.
Das Blut drohte in seinen Adern zu gefrieren, als er sah, wie diese riesigen Wesen sich gegen die beiden Hobbits wandten. Er hatte richtig vermutet. Merry und Pippin sahen sich einer Übermacht entgegen stehen. Tapfer zogen sie die Schwerter, doch Chancen errechneten sie sich nicht. Das war an den angstvoll geweiteten Augen nur zu deutlich zu erkennen. Boromir hob das Schwert und stürzte dem angreifenden Uruk-Hai entgegen, im letzten Moment den Schlag abwehrend, der einem der Hobbits das Leben gekostet hätte. "Lauft!" schrie er den beiden entgegen, ehe er sich völlig auf den Kampf konzentrierte. Noch während er mit seinen Feinden focht griff er nach seinem Horn und stieß mit aller Kraft hinein, mit dem Gedanken, der Hoffnung, dadurch die anderen Gefährten - so denn sie nicht doch im Kampf gefallen waren - zu sich zu rufen, die Gemeinschaft wieder zusammenzuführen.
Dort war er schon wieder. Dieser Mensch, den er schon vorhin gesehen hatte. Dieser schwächliche, kleine Mensch. Doch obgleich er schwach und verwundbar war, hatte ihn eben dieser Mensch schon viele seiner Männer gekostet. Es war wahrlich an der Zeit, dem Gemetzel seiner Klinge ein Ende zu setzten. Mit einem Fauchen und einem hämischen Grinsen hob Lurtz den Bogen und ergriff einen Pfeil. Genussvoll spannte er die Sehne und zielte auf die Brust des großen Mannes. Oh, wie er es liebte. Gleich würde der Mann im Staub liegen und er würde nicht einmal wissen, warum er dort lag. Der Pfeil flog sirrend auf sein Ziel zu.
Die Wucht des Aufpralls warf Boromir zurück. Ungläubig blickte er an sich hinunter, während seine Beine versagten und er auf die Knie sank. Er fühlte keinen Schmerz. Er merkte nicht, wie seine Kräfte zu schwinden begannen. "Den Pfeil gibt es nicht. Dir geht es gut!" beschwor sich der Mann aus Gondor und erhob sich erneut. Sein Schwert fällte einen weiteren Uruk-Hai. "Ich muss sie beschützen! Wäre ich nicht gewesen, so wäre all dies nicht passiert! Es ist meine Schuld, dass die Hobbits in Gefahr sind und es ist meine Aufgabe, ihnen die Gefahr vom Leib zu halten!"
Erneut warf ihn der Aufprall eines schwarzen Pfeils zurück und abermals sackte er in die Knie. Sein Blick flog über das Schlachtfeld, hin zu all den Gegnern die noch standen und immer neue strömten herbei. Weiter schweiften die Augen des Mannes und trafen schließlich die ängstlichen und fassungslosen Blicke der beiden Hobbits. "So klein … so hilflos gegen diese Überzahl … auf meine Hilfe angewiesen! Ich muss weiterkämpfen. Ich muss einfach!" Schwer atmend sammelte Boromir erneut seine Kräfte und mit einem wütenden Schrei riss er das Schwert in die Höhe und blockte den nächsten Gegner ab. Doch ein weiterer Pfeil traf seinen geschwächten Körper und ließ ihn endgültig zusammenbrechen. Dort saß er, inmitten der Leichen seiner Gegner, im Laub des Waldbodens und fand sich am Ende seiner Kräfte angelangt. Die Tränen, die ihm in die Augen traten, kämpfte er mühsam nieder. Er hatte versagt. Boromir, der Sohn Denethors hatte versagt. Und nun?
Eine Flut an Uruk-Hais drängte an ihm vorbei und aus dem Augenwinkel sah er gerade noch, wie sie die beiden Hobbits, die tapfer ihre Schwerter gezogen hatten, packten und mit sich fort rissen. Hämisches Lachen ließ Boromir den Kopf heben und ohne Gefühlsregung starrte er direkt auf die Spitze eines Pfeils. Der Tod würde ihn ohnehin ereilen. Dann doch lieber gleich hier und jetzt. Sein gegenüber, ein stattlicher Uruk-Hai, vermutlich der Anführer der grässlichen Bande, grinste ihn an und fletschte die Zähne, während er die Sehne noch stärker spannte. Einen Moment schoss Boromir der Gedanke durch den Kopf, dass ihn der Pfeil wohl nicht nur treffen sondern durchbohren sollte. Das Holz des Bogens knirschte verhängnisvoll. Es war schrecklich. Boromir wappnete sich für den Aufprall und schloss die Augen. Er wollte es nicht mehr sehen.
Doch nichts geschah. Kein Pfeil bohrte sich in seinen Körper. Irritiert hob der geschwächte Mann den Kopf und erst jetzt bemerkte er Aragorns Rufe, die sich durch das Dämmern seines Bewusstseins einen Weg an sein Gehirn suchten. Der Freund war ihm zu Hilfe geeilt! Matt schleppte sich Boromir vom Kampfplatz fort. Seine Muskeln wollten nicht mehr, sein Atem ging flach und abgehackt. Der Tod war nahe. "Jetzt verstehe ich, weshalb sie es nicht verstehen müssen. Ich werde sterben. Ihr Groll kann mir im Tod nicht schaden. Wie recht du hattest, Elbenherrin." Ein bitteres Lächeln stahl sich auf Boromirs Lippen, als er dies dachte. Seine Sinne schwanden und Dunkelheit breitete sich um ihn herum. Wie durch einen Schleier sah er Aragorn auf sich zu kommen. "Die Halblinge!" schoss es ihm nochmals durch den Kopf. "Sie haben die Kleinen in ihrer Gewalt!"
Aragorn warf sein Schwert achtlos zu Boden, als er den Gegner endlich niedergestreckt hatte. Eine Wunde an seinem Oberarm blutete heftig, doch er achtete nicht darauf. Seine gesamte Aufmerksamkeit war auf Boromir gerichtet, der sich wohl mit letzter Kraft zu einem Baum geschleppt hatte und nun dort lag, so als wäre er bereits tot. Sein Gesicht war blass, sein Atem ging flach und unregelmäßig. "Ich komme zu Spät! Ich habe versagt." Er lief zu dem Gefährten hinüber und kniete an seiner Seite im Laub. "Boromir!"
Legolas stoppte und starrte auf das Bild, das sich ihm bot. Auch Gimli war sprachlos. Vor ihnen lagen dutzende erschlagener Feinde und an einem Baum lag Boromir. Aragorn hatte sich über den Krieger gebeugt. "Sie werden von den Türmen der weißen Stadt nach ihm Ausschau halten, doch der Sohn Gondors wird nicht zurück kehren." "Er ist gefallen?" Trauer spiegelte sich in der Stimme des Elben nieder. "Nein!" Fassungslosigkeit schwang in der Stimme des Zwerges mit. "Lasst ihn uns bestatten, wie es seiner würdig ist!" murmelte Aragorn und nur mühsam konnte er die Tränen zurück halten.
Das Boot zog auf dem Anduin davon, dem Wasserfall entgegen. Währenddessen erklärte Aragorn den verbliebenen Freunden, was er nun zu tun gedachte. "Lasst uns Orks jagen!"
Die drei liefen davon, den Spuren der Feinde folgen und keiner blickte mehr zurück zu dem kleinen Boot, das auf dem Anduin schaukelte.
