Ach ja, um das R-Rating zu klären: später wird es etwas härter-.
Danke für die Reviews, Mädels!
@shelley: Naja, mit Celeborns Aufbruch meinte ich seinen Gang in den Düsterwald, wo er ja Ost-Lorien gründen wird – er ist eben noch am Packen, denn in solch einem Elbenleben sammelt sich eine Menge Kram an. *g*
Kapitel 2
Weich gelandet
Irgendjemand streichelte sein Gesicht, als Haldir erwachte. Er hielt die Augen noch geschlossen, weil sich sein Kopf anfühlte, als würde er jeden Moment platzen. Er erinnerte sich sofort an die Vorgänge auf der Strasse und wusste, welch ein Glück er gehabt hatte, den Unfall überlebt zu haben.
Tastende Finger fuhren die Linien seines Kinns nach und glitten dann zu seinen Ohren, erkundeten den empfindlichen Schwung bis zur Spitze. Es war mehr als angenehm und obwohl ihn die Neugier packte, wessen leichtes Gewicht die weiche Matratze, auf der er lag, herunterdrückte, gab er der Versuchung nicht nach.
Das Streicheln wanderte etwas tiefer, über seinen Hals und seine Schultern. Obwohl Haldir gerade nicht wusste, was vorging, konnte er nicht verhindern, dass sein Körper auf die intensivere Zärtlichkeit zu reagieren begann. Da er offenkundig unbekleidet unter der Decke lag, atmete er tief durch und öffnete dann die Augen, um eine peinliche Situation zu vermeiden.
Neben ihm auf dem Bett saß das schwarzhaarige Freudenmädchen. Als sie bemerkte, dass er wach war, zog sie die Hand, die auf seinem Brustkorb zu liegen gekommen war, nicht weg. Ihr Lächeln war freundlich mit einer Spur der Provokation. Haldir benötigte einige Zeit, um die Wärme ihrer Haut auf seiner zu ignorieren und bemerkte dann, dass sich das Erscheinungsbild der Frau komplett geändert hatte.
Ihr Haar war gekämmt und am Hinterkopf hochgesteckt. Nur einige glänzende Strähnen fielen auf ihrer weißen Schultern, auf denen die Träger eines kostbaren, dunkelroten Damastkleides saßen, das sicherlich mehr Geld gekostet hatte als der Wirt des „Grünen Lindwurms" im Jahr verdiente.
„Ich habe mir Sorgen um Euch gemacht", sagte sie leise. Ihre Stimme klang kultiviert, die Worte setzte sie wie jemand, der eine gute Ausbildung genossen hatte. Haldir begriff, dass diese Frau zwei Gesichter besaß, zwischen denen sie zu ihrem Vergnügen und zu Wahrung ihrer Freiheit beliebig wechseln konnte. „Die Wunde ist recht schnell verheilt, wie es zu erwarten war, doch Ihr seid einfach nicht wach geworden."
„Jetzt bin ich ja wach", gab er zurück und ertappte sich dabei, sie anzustarren. Sie hatte grüne Augen, in denen sich jeder Mann verlieren konnte. Ihr war deutlich anzusehen, wie sehr sie sein Anblick faszinierte – ob nun als Mann oder Elb, konnte er nicht ermitteln. „Darf ich Euren Namen erfahren?"
„Man nennt mich Maeva. Und Ihr, Herr Elb?"
„Ich bin Haldir", sagte er. Es gab keinen Grund, seinen richtigen Namen nicht zu nennen, denn er gab wohl keinen Menschen in Minas Tirith außer Aragorn, der ihn kannte. Er warf einen Blick aus dem Fenster. Was er dort sah, ließ ihn vermuten, dass er sich im Inneren des Gildenhauses befand. Welch willkommener Zufall, sagte er sich „Wo befinde ich mich?"
„Dies ist das Haus meines Bruders. Ihr könnt unsere Gastfreundschaft so lange genießen wie Ihr wollt." Die Tür flog mit einem Krach auf und das kleine Mädchen flog zur Tür herein. Maevas Hand glitt von Haldirs Körper, um die Kleine aufzufangen, die sich ihr entgegenwarf. „Und das ist meine Tochter Alys." Sie flüsterte dem Kind etwas ins Ohr und diese lugte etwas eingeschüchtert hinter Maevas Schulter hervor zu Haldir, der sich möglichst würdevoll aufsetzte.
„Danke schön, dass Ihr mich gerettet habt";, sagte Alys artig und starrte fasziniert Haldir Ohren an. „Ihr seid ein Elb, oder? Lebt Ihr in den Bäumen und sprecht mir Tieren? Wie ist es so, ein Elb zu sein?"
„Alys", sagte Maeva streng, obwohl ihre Mundwinkel zuckten. „Er muss sich noch etwas ausruhen. Du kannst ihm Deine Fragen später stellen. Warum gehst Du nicht etwas spielen?"
Das Mädchen schüttelte ihr dunkles Haar und warf ihrer Mutter einen hochmütigen Blick zu, dann rutschte sie von ihrem Schoß und ging zur Tür. Im Rahmen drehte sie sich noch einmal um und zwinkerte Haldir zu, der nicht wusste, was er tun sollte – er hatte selten etwas mit Kindern zu tun gehabt.
„Sie ist sehr aufgeweckt", sagte er etwas lahm. Maeva lächelte, als sie ihrer Tochter hinterher blickte und er bemerkte die Melancholie in ihren Augen. Sie erhob sich plötzlich und strich ihre Röcke glatt.
„Ich lasse Euch jetzt Eure Ruhe. Wenn Ihr etwas wünscht, klingelt einfach." Sie wies auf eine Glocke auf dem Nachttisch. „Mein Bruder möchte sich mit Euch unterhalten, wenn es Euch besser geht. Eure Kleidung befindet sich im Schrank dort. Ich war so frei, Euch etwas Neues auszusuchen."
Sie nickte ihm zu und ehe er auch noch etwas sagen konnte, war sie mit raschelnden Röcken zur Tür hinaus. Zurück blieb der Geruch von Maiglöckchen.
Haldir sah ihr nach und war zur selben Zeit ernüchtert wie fasziniert. Sie war offenkundig die Herrin des Gildenhauses und damit eine Verbrecherin in den Augen des Gesetzes und doch gelang es ihm nur schwerlich, sie als solche anzusehen. Er betrachtete den Reichtum um sich herum, die wertvollen Teppiche und Möbel, mit denen sein Zimmer ausgestattet war und dann fiel es ihm etwas leichter, denn diese Dinge waren sicherlich mit dem Geld anderer Leute gekauft.
***
Die saubere Tunika, die man für ihn herausgelegt hatte, spannte etwas um seine Schultern, doch Haldir war froh, etwas Vernünftiges zum Anziehen zu besitzen, als er die Treppe zum Erdgeschoss hinunterging. Eine Dienerin hatte ihm etwas zum Essen gebracht und ihn gebeten, Maevas Bruder am Abend in dessen Arbeitszimmer zu treffen. Obwohl sein Kopf noch immer schmerzte, konnte und wollte er diese Begegnung nicht aufschieben.
Auch im unteren Geschoss des Hauses herrschte verschwenderischer Luxus, den Haldir mit gerunzelten Brauen registrierte, als er die letzten Stufen hinunterging. Am Absatz wurde er bereit erwartet. Ein riesiger Mann mit schwarzer Haut und zahlreichen Ringen in den Ohren, der ihn um einige Zentimeter überragte, ließ bei seinem Anblick ein elfenbeinfarbenes Lächeln sehen.
„Der Herr erwartet Euch bereits", sagte er mit sonorer Stimme und führte Haldir durch einen holzgetäfelten Flur zu einer Tür, klopfte kurz an und ließ den Besucher dann eintreten, bevor er sich selbst zurückzog.
Hinter dem Schreibtisch erhob sich ein schlanker Mann mittleren Alters mit weizenfarbenem Haar, das er in einen lockeren Zopf gebunden trug. Sein Bart war ordentlich gestutzt und diese Sorgfalt setzte sich auch in seiner schlichten, dunklen Kleidung fort.
„Ich bin Dolphren", stellte sich der Mensch vor und wies auf den einzigen anderen Stuhl im Zimmer. Er lächelte offen und wohlwollend. „Setzt Euch. Ich freue mich zu sehen, dass Ihr Euch erholt habt. Solch eine tapfere Tat, wie Ihr sie begangen habt, sollte keine Folgen haben. Ihr wisst, wo Ihr seid?"
„Im Haus einer Diebesgilde?"
Haldir setzte sich und Dolphren folgte seinem Beispiel. Die klugen braunen Augen des Menschen glitten prüfend über den Elb, wollten ihn schier durchdringen. Haldir erkannte, dass Maevas Bruder ein erfahrener Mann war, dem man nichts vormachen konnte. Die nächsten Worte bestätigten seinen Verdacht.
„Gut erkannt. Wir waren genötigt, Eure Kleidung und Ausrüstung zu durchsuchen, um zu erfahren, wer Ihr seid und welchem Beruf Ihr nachgeht. Euer Schwert ist in meiner Waffenkammer – eine Regel des Hauses lautet, dass niemand hier Waffen tragen darf außer mir und meiner Familie. Nun ja-." Er griff neben sich und Haldir sah seine Dietriche in der hand des anderen. „Ein Dieb mit Werkzeug, das noch nie gebraucht wurde. Wollt Ihr mir das erklären?"
Haldir war dankbar dafür, dass ihm die Verlegenheit nicht anzusehen war, in die Dolphren ihn gebracht hatte. Fast sofort fiel ihm eine Ausrede ein und er hoffte, dass sein Gegenüber sie akzeptieren würde.
„Ich bin ehrlich gesagt erst seit kurzer Zeit in der misslichen Situation, weder eine Heimat noch irgendeine Art von Rücklagen zu haben. Hier in der Stadt wollte ich Fuß fassen – und da es auf ehrliche Art nicht gehen wird, dachte ich, ich könnte es anders versuchen. Ehrlich gesagt habe ich meinen Stolz noch nicht ganz überwunden, um dafür bereit zu sein, irgendwo einzubrechen."
Dolphren lehnte sich entspannt in seinem Sessel zurück und lächelte breit, doch sein Blick war aufmerksam.
„Nun, Ihr werdet mir zustimmen, dass es für einen Elben wirklich ungewöhnlich ist, so tief zu sinken. Warum habt Ihr Eure Heimat verlassen?"
„Ich wurde aus der Gemeinschaft ausgestoßen", log Haldir und entschuldigte sich in Gedanken beim gütigen Lord Celeborn, der so etwas niemals getan hätte. „Es hatte etwas mit einer Frau zu tun-." Was nicht ganz gelogen war. Seit Galadriel fortgezogen war, hatte er den Wunsch verspürt, Lorien zu verlassen. Die Bäume hatten ihren Glanz verloren und zum ersten Mal hatte im vergangenen Winter Schnee gelegen, Anzeichen dafür, dass die Magie im Wald vergangen war.
Dolphren nickte langsam und schien zufrieden.
„Dann werde ich nicht mehr in Euch dringen. Frauen können uns Männer stets in Schwierigkeiten bringen, ganz gleich aus welchem Volk sie sind, nicht wahr?" Er faltete die Hände über dem schlanken Bauch, kräftige Hände mit langen Fingern, denen wahrscheinlich kein Schloss wiederstehen konnte. „Nun, wenn Euch Eure Ehre lieb ist, dann habe ich Euch ein Angebot zu machen. Ihr habt meiner Nichte das Leben gerettet und in meinen Kreisen pflegt man so etwas nicht zu vergessen. Ihr seid ein guter Mann und offensichtlich in Not. In der letzten Woche ist eine Stelle freigeworden, die ich Euch anbieten kann und bei der Ihr Euch die Finger nicht schmutzig machen müsst."
„Das wäre mir sehr lieb", gab Haldir zurück. „Ihr seid sehr freundlich."
„Sagt das nicht! Ich habe Euch ja noch gar nicht gesagt, was ich mit Euch vorhabe!", lachte Dolphren und warf Haldir seine Dietriche zu. „Meine Schwester braucht einen neuen Leibwächter, da ihr letzter geheiratet hat und jetzt ein respektables Leben führt." Sein Lachen wurde zu einem Grinsen, das nicht Gutes versprach. „Denkt nicht, es wäre eine einfache Aufgabe. Sie ist nur Dame, wenn sie es will."
Haldir nickte langsam. Er ahnte, dass Dolphren nicht übertrieb, doch er war mehr als zufrieden mit dem Verlauf des Gespräches. An Maevas Seite konnte er die Strukturen der Gilde sicher gut überblicken und an die Informationen gelangen die er brauchte.
„Wir sind uns einig", sagte er und schlug in die Hand des Mannes ein, die sich ihm entgegenstreckte.
