L'homme est né libre, et partout il est dans les fers.
(Der Mensch ist frei geboren, und liegt doch überall in Ketten)
Jean Jacques Rousseau
Erzählt von Lucius Malfoy:
Der Nebel senkt sich tiefer über das Moor. Stille kehrt ein, als alle anderen disappariert sind. Voldemort nähert sich mir langsam. Was will er? Ich versuche, meine wachsende Nervosität zu verbergen. Es hat selten etwas Gutes zu bedeuten, wenn man mit ihm alleine ist. Allerdings bin ich mir nicht bewusst, einen Fehler begangen zu haben. Oder ist etwas passiert?
Voldemort wendet mir sein Gesicht zu, seine stechenden roten Augen versenken sich tief in meinen, scheinen in mein Innerstes zu blicken. Sein Blick ist beschwörend, fast hypnotisch.
Endlich ertönt seine leise zischende Stimme: „Lucius..."- er greift mit der linken Hand in seinen weiten schwarzen Umhang.
Was hat er vor? Ich brauche meine gesamte Kraft, um meinen gelassenen Gesichtsausdruck aufrechtzuerhalten. Trotz der kalten Luft rinnt mir Schweiß über den Rücken.
Ich warte.
Voldemort zieht langsam ein sehr alt aussehendes Pergament aus seinem Umhang.
„Lucius... Wir werden Hogwarts stürmen, und zwar bald. Was ich dir hier zeige, wird großen Einfluss auf unseren Sieg habe. Der alte Narr wird keine Chance haben. Er wird sterben, und all seine idealistischen Muggel-Sympathisanten mit ihm!"
Triumphierend hält er das Pergament vor mein Gesicht. „Dies ist der Schlüssel zum Erfolg! Der Trank des Salazar Slytherin!"
Angesteckt von der Euphorie des dunklen Lords betrachte ich das Pergament genauer. Es enthält ein Rezept für einen Zaubertrank. Tränke waren nie mein Spezialgebiet... daher kann ich nicht viel mit der Zusammensetzung anfangen.
Doch Voldemort spricht schon weiter: „Dieses Pergament stammt von Salazar höchstpersönlich. Der Trank hat eine sehr nützliche Wirkung! Er ermöglicht uns, die alten Schutzzauber um Hogwarts zu entkräften. Und dann steht einem Angriff nichts mehr im Wege! Allerdings...", - er blickt mir tief in die Augen-, „...zweifle ich immer mehr an der Loyalität unseres Giftmischers. Wir werden ihn genau im Auge behalten müssen. Noch kann ich ihn nicht beseitigen, er ist zu gut auf seinem Gebiet. Nur er kann diesen Trank herstellen. Daher habe ich eine wichtige Aufgabe für dich: Snape muss unter ständiger Beobachtung stehen. Da das Schuljahr bald beginnt, erwarte ich von deinem Sohn, dass er sich meines Vertrauens würdig erweist und diese Aufgabe zu meiner Zufriedenheit erfüllt. Es liegt an dir, dies sicherzustellen. Enttäusche mich nicht!"
Mit fester Stimme antworte ich: „Mylord, ich versichere Ihnen, dass alles zu Ihrer Zufriedenheit erledigt wird. Draco wird den Befehlen Folge leisten."
Der dunkle Lord wirft mir noch einen letzten Blick zu: „Er wird bei der Zeremonie zu Samhain das Mal empfangen. Es ist an der Zeit. Ich erwarte regelmäßige Berichte. Du darfst dich entfernen, Lucius."
Ich verbeuge mich tief vor Voldemort, bevor ich disappariere. Es ist spät geworden, der Morgen dämmert schon. Als ich mein Schlafzimmer betrete, scheinen die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster. Narcissa schläft noch tief. Ich bin zu aufgeregt, um schlafen zu können. Zu viele Dinge gehen mir durch den Kopf, zu viel steht auf dem Spiel. Tiefste Zufriedenheit erfüllt mich, denn die Tage Severus Snapes sind offenbar gezählt. Bis vor kurzem war er die rechte Hand Voldemorts, doch nun... offensichtlich ist dieser Platz jetzt für mich frei! Endlich!
***
22. August, 8 Uhr
~ Malfoy Manor ~
Draco betritt das Arbeitszimmer seines Vaters. Lucius sitzt vor dem Kamin, und deutet ihm im gegenüberliegenden Sessel Platz zu nehmen.
„Mein Sohn, unser Lord hat mich informiert, dass die nächste Erweiterung unseres Kreises kurz bevorsteht. Zu Samhain wirst auch du das Dunkle Mal erhalten. Von dir wird viel erwartet: dass du in Hogwarts die Ohren offenhältst, und vor allem Severus Snape im Auge behältst. Unser Meister verlangt detaillierte Informationen. Er hat Großes geplant! Erstatte mir regelmäßig Bericht über alles, das interessant sein könnte - doch hüte dich davor, Aufmerksamkeit auf dich zu ziehen! Ich erwarte, dass du dem Namen unserer Familie Ehre erweist."
Dracos eisige Augen richten sich auf Lucius, als er hochmütig erwidert: „Sollte ich nicht wissen, was geplant ist, damit ich effizienter arbeiten kann? Und außerdem: Ich denke, Snape ist auf unserer Seite? Warum..."
Wütend richtet Lucius den Zauberstab auf seinen Sohn: „Fundito!" Draco wird durch die Luft gewirbelt und kracht gegen die gegenüberliegende Wand. Leicht benommen bleibt er am Boden liegen.
Lucius steht drohend über ihm und zischt leise: „Du überschätzt deine Bedeutung, Draco! Deine Manieren lassen sehr zu wünschen übrig. Kein Wunder, in dieser Schule... es wird wirklich Zeit, dass du nach Hause zurückkehrst und gewisse Verhaltensregeln auffrischst. Du erwartest doch nicht allen Ernstes, dass Lord Voldemort dir seine Pläne mitteilt?! Tu was dir aufgetragen wird! Und leiste dir in Zukunft keine solchen Unverschämtheiten - unser Meister ist nicht so nachsichtig wie ich..."
Dracos Gesicht ist aschfahl. Ein dünner Blutfaden rinnt über seine Unterlippe, als er sich mühsam aufrichtet. Kurz senkt er den Blick, bevor er Lucius fest in die Augen blickt und antwortet: „Ja, Sir. Ich werde tun, was mir aufgetragen wurde."
„Enttäusche mich nicht - es würde dir noch leid tun. Vergiss niemals: du bist ein Malfoy, und ein Malfoy versagt nicht. Und jetzt - geh."
Draco verbeugt sich kurz vor und verlässt das Zimmer, darauf bedacht, sich aufrecht zu halten und keine Schwäche zu zeigen.
Er steigt langsam die Treppe empor zu seinem Zimmer, wo er sich auf das weiche Bett fallen lässt. Plötzlich wirkt er nicht mehr arrogant, sondern sehr nachdenklich...
Samhain! So bald also schon. Ich fühle mich plötzlich in die Enge getrieben. Gefangen zwischen Lucius, der immer nur von Pflichten und Verhaltensregeln spricht, und dem Dunklen Lord, der mich schon als Mitglied der Death Eaters sieht.
Lucius... für mich ist er kein Vater. In diesem Haus habe ich mehr Flüche und Strafen empfangen als freundliche Worte. Ich kann es auswendig! Ein Malfoy macht dies, ein Malfoy sagt das,... und immer wieder: Du hast versagt, mein Sohn. Du hast mich enttäuscht!
– noch 9 Wochen bis Samhain...-
Und nun dieser Auftrag. In Hogwarts die Augen offen zu halten ist sicher nicht allzu schwierig, aber Severus Snape? Als Hauslehrer der Slytherins ist er für mich fast wie ein Vertrauter...aber...
Samhain... ich muss mich zusammenreißen... mit dem dunklen Lord ist nicht zu spaßen...
außerdem, besser solch ein Zuhause als gar keines... Lucius will ja nur, dass aus mir etwas wird... und besser die Death Eaters als allein sein...
allein...allein...
allein.
