A/N: Yeah, amlugwen, wie versprochen: Blut für den Ork! Und davon jede Menge! *grins*

Sally, ich mach immer wieder Luftsprünge, wenn mir jemand was von einer Lieblingsstelle erzählt! (Besonders, wenn's auch meine sind. *hehe*) *total freu* Wenn ich weiß, was ihr gerne mögt, kann ich mehr in der Hinsicht schreiben. *^.^* Und wie versprochen habe ich die Beschreibung der Narben im Kapitel 7 überarbeitet; ich hoffe bloß, das macht jetzt mehr Sinn. ^^" (Du hattest übrigens Recht: Frag lieber nicht nach dem Satz. *hehe*) Noch was, ich soll dir von meiner Freundin bestellen, es gäbe nur einen Fanclub für die Augenbrauen und sie sei das einzige Mitglied; und so solle es auch bleiben. (Falls du dich beschweren möchtest, das kannst du jetzt persönlich tun, da sie sich auch endlich als teithol knivez an die Öffentlichkeit traute. ^^)

Khair, was ich in der Mail vergessen habe: Die Bedeutung stimmt. Aber ich hab es nie als Beleidigung betrachtet, sondern als "peinlich", und zwar nicht nur für ihn als Jungen, sondern auch für mich – weil ich nicht früher nachgeschaut habe. ^^" Da das nun alle wissen, habe ich folgendes entschieden: Inuel kennt die wörtliche Bedeutung des Namens, denn – wie amlugwen mal richtig feststellte ^.^ – er spricht ja auch Sindarin. (Ich habe nirgendwo behauptet, daß er das Wort nicht versteht.) Aber er (genau wie ihr anscheinend *freu*) empfindet das nicht als Beleidigung und ist viel zu glücklich, überhaupt einen Namen zu haben, um sich über die Peinlichkeit zu ärgern. Die Frage, warum manche so seltsam reagieren, hat nichts mit dem Wort selbst zu tun. *eh heh*

Disclaimer: Alle Völker Mittelerdes gehören Tolkien. Vielleicht kannte er meine Akteure nicht persönlich, aber sie gehören trotzdem dazu. ^^

Rating: PG-13 (für in tödlichen Schlachten wirklich schwer zu vermeidende Handlungen ^^")

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Früchte der Furcht

Kapitel Acht

"Ehrlich? Für mich?"

Prinz Legolas nickte bestätigend und wartete ab, während der Junge den neuen Bogen bestaunte. Am Vortag, nachdem der Schock des Untergehens vergessen war, hatte er Inuel endlich darüber aufgeklärt, was er mit dessen Wanderstab vorhatte und wie weit er inzwischen gekommen war. Inuel hatte begeistert gefragt, ob er helfen dürfte, und nach kurzem Zögern überließ ihm Legolas den Bogen und einen Schleifstein, zeigte, wie man damit umging und erlaubte dem Jungen daran zu arbeiten, während er selbst behutsam die Sehne vorbereitete.

Natürlich hätte der geübte Prinz den letzten Schliff innerhalb einer Stunde beendet, während Inuel den ganzen restlichen Tag dafür benötigte. Nun ja, nicht den ganzen Tag, zumal sie auch eine Weile durch die Wälder wanderten, um Nüsse, Beeren und frische Kräuter zu sammeln. Und beim Schleifen hatte sich der Junge nicht ungeschickt angestellt, nur übervorsichtig, bis das Ergebnis sich als akzeptabel erwies, wenngleich nicht perfekt.

Die ungewohnte Anstrengung und Konzentration hatten Inuel allerdings derart erschöpft, daß er noch vor dem Abendessen einschlief, woraufhin Legolas die gesammelten Früchte beiseite schob und sich noch einmal mit einem Stück Lembas begnügte, ehe er – Perfektionist, der er war – den Bogen fertigstellte.

Außerdem hatte Legolas bald herausgefunden, daß Inuel sich an ihr 'Gespräch' zwar undeutlich erinnerte, ihm aber nicht bewußt war, auf welche Weise sie es geführt hatten, noch wie der genaue Inhalt lautete. Er hatte es schnell verdrängt, wie es überhaupt seine Art schien, sobald er auf unangenehme Umstände stieß. Legolas seufzte. In diesem Fall kam ihm die zweifelhafte Angewohnheit ganz recht.

Heute Morgen wurde sein Warten mit einem köstlichen Frühstück belohnt, von dem er sich heimlich ein wenig für später weggepackt hatte, und anschließend an die Aufräumarbeiten schenkte er seinem jungen Freund den Bogen. Jetzt drehte und wendete Inuel die Waffe, als hätte er sie nie vorher gesehen oder in Händen gehalten, geschweige denn sich an der Herstellung beteiligt. Schließlich stellte er ihn neben sich, um die Länge zu überprüfen, und stellte verwundert fest, daß die obere Spitze mindestens eine Handlänge über seinen Kopf reichte, wenn er gerade saß. Damit war der Bogen zwar nicht so lang wie der des Prinzen, für Inuels Größe aber ideal.

Für meine Größe?

"Warum schenkst du ihn mir?" fragte er neugierig. "Weil er zu klein ist für dich?"

Ein verletzter Schatten huschte über Legolas' Gesicht, doch Inuel betrachtete noch immer den Bogen und bemerkte es nicht. "Nein, weil ich schon einen habe", antwortete der Prinz mit aufgesetzter Gleichgültigkeit.

Inuel drehte langsam den Kopf und schaute seinen Gefährten eigentümlich an. "Du hattest schon einen, als du damit angefangen hast", stellte er ruhig fest. Und nach einem Zögern: "Warum hast du noch einen gemacht?"

Vielsagend zuckte Legolas die Schultern und sah, als er aufblickte, einen ganz ähnlichen Ausdruck über Inuels Züge wandern, wie er ihn sicher vorher gezeigt hatte. Als spürte man einen kurzen, aber tiefen Stich im Herzen, und Legolas wunderte sich, womit er Inuel wohl verletzt haben mochte.

"Ich verstehe", preßte der Junge hervor. Achtsam legte er den Bogen nieder und wandte sich vom Prinzen ab, als wolle er aufspringen und forteilen.

Der ältere Elb erkannte die Absicht, hatte sich dieser Lösung selbst viel zu oft bedient, und sein Inneres schrie ihn an, er solle Inuel fragen, was los sei. Doch sein Stolz bekämpfte diese sichere Erniedrigung und ließ ihn verstummen. Hilflos beobachtete er, wie auch Inuel mit sich selbst kämpfte, vermutlich genau dieselbe Schlacht, bis letztendlich in seinem Geist ebenfalls Stolz über Vernunft siegte und er sich gemächlich erhob.

Während er noch demonstrativ Staub von seiner Kleidung klopfte, fügte er resigniert hinzu: "Man weiß ja schließlich nie so recht, wann das Eigentum mal wieder abhanden kommt."

Mit dieser Bemerkung klickte in Legolas die Antwort an ihren Platz und gab ihm augenblicklich wieder Macht über seine Stimme: "Warte! So war es nicht gemeint!"

Inuel hielt mitten im Schritt inne, drehte sich aber nicht um.

"Der Bogen war nie für mich gedacht."

"Nicht?" Verunsichert wagte der Junge einen Blick über die Schulter. Da der Prinz ein Kopfschütteln andeutete, kam er langsam zurück. "Warum nicht?"

Nachdenklich fuhr sich der Prinz übers Kinn: "Wenn du bei mir bleiben willst, solltest du auch eine Waffe haben. Es wird nämlich sicher noch gefährlich werden."

"Oh", sank der plötzlich aschfahle Junge auf seinen Platz, "aha."

Legolas musterte ihn eindringlich. "Was ist los?"

"Ah, nichts! Wann hast du …" Die Blässe verwandelte sich schlagartig in ein feuriges Rot, eine Reaktion, die Legolas nicht wenig erschreckte. "Hast du das wegen dem Kampf in der Siedlung entschieden?"

"Wie bitte?" Was hat das damit zu tun? Legolas grübelte noch darüber, als er abwesend antwortete: "Nein, als ich ihn dir gab."

Inuel blinzelte ihn verdutzt an, dann den gerade erhaltenen Bogen, doch nach einer Weile erinnerte er sich, wie er zu seinem jetzt Waffe gewordenen Wanderstab gekommen war, und endlich verstand er auch Legolas' damals rätselhafte Bemerkungen.

"Hast du denn keine Angst?"

Verwirrt ließ der Prinz von seinen Überlegungen ab und blickte den Jüngeren ernst an. "Wovor?"

Inuel räusperte sich. "Ich könnte dich damit erschießen." Und er warf den Blick mit der gleichen Intensität zurück.

Unkontrolliert verdoppelte sich Legolas' Herzschlag, sein Atem wurde tiefer und ein kalter Schleier fiel vor seine Augen. Er könnte es. Daran habe ich nicht gedacht. Wie dumm von mir, einem möglichen Feind … aber er ist mein Freund. Ängstlich suchte der Prinz in den grünen Augen nach Bestätigung, doch er fand nur einen Spiegel seiner eigenen Gedanken. Oder? Werde ich eines Tages Pfeile von diesem Bogen im Rücken haben? – Doch jetzt ist es zu spät um umzukehren. Das …

"Das muß ich eben riskieren", räumte er mit fester Stimme ein.

"Ein ziemlich großes Risiko", gab Inuel leise zu. "Du bist ganz schön mutig."

Legolas winkte gekünstelt ab und grinste schief. "Ich vertrau dir."

Eindringlich musterte Inuel sein Gegenüber, nickte dankbar und bemerkte die unsicheren Bewegungen sowie den argwöhnischen Blick – und auch die verzweifelte Hoffnung, die tief in den hellen Augen ruhte. Nein, du vertraust mir nicht wirklich. Aber ich werde mit allen Mitteln dafür kämpfen, nahm sich der Junge vor. Damit dein Glaube an diese Worte eines Tages so stark wird, daß du sie nicht mehr auszusprechen brauchst, um dich von ihrer Wahrheit zu überzeugen.

"Hast du alles gepackt, was wir brauchen?" fragte der Prinz nach einer Weile. "Ich würde gern aufbrechen, ehe es Mittag wird."

Seufzend schulterte Inuel im Aufstehen einen kleinen Rucksack und darüber den Bogen, so gut er es vermochte. "Ja, ich bin fertig. Müssen wir denn wieder die ganze Strecke an einem Tag schaffen?"

"Dafür ist es schon zu spät." Legolas schüttelte den Kopf, verstaute seine vollen und nicht lebensnotwendigen Gürteltaschen ebenfalls in einem kleinen Rucksack und befestigte seine Waffen, inklusive eines im Lager gefundenen erstklassigen, unbenutzten Schwertes, geschickt am Gewand, so daß er sie im Notfall leicht einsetzen konnte. "Ich will auch nicht unbedingt durch den dichten Wald mit dir; also halten wir uns am Flußufer, wo die Nachtjäger nicht so gern angreifen und wir uns besser verteidigen können. Die Gegend ist sowieso schöner."

Die Glut hatten sie am frühen Morgen ausbrennen lassen, auch der größte Teil der Asche war bereits in alle Winde verstreut, und der Prinz hatte es sich nicht nehmen lassen, die Feuerstelle mit größter Sorgfalt aufzulösen, den geschwärzten Boden abzuspülen und mit sandigem Staub aus dem Gang abzureiben. Selbst Inuels viele Fußabdrücke hatte er irgendwie beseitigt, so daß jetzt kein Anzeichen mehr ihre Anwesenheit verriet.

Vor der Höhle hing Legolas dem Jungen noch einen Köcher über die Schultern und schmunzelte: "Das gehört auch dazu, oder willst du deine Gegner mit Luft erschießen? Ich hab ihn zwischen den Waffen aufgetrieben und ein paar meiner Pfeile reingesteckt."

"Waren keine im Lager?" wollte Inuel wissen.

"Schon, aber denen trau ich nicht, die liegen schon zu lange dort."

"Ah, danke." Trotz der Aussicht heimzukehren, sah der Junge nicht besonders glücklich aus.

Legolas überlegte angestrengt, woran das liegen könnte. "Hast du die alte Höhle so gern? Sie läuft nicht weg, weißt du – du kannst jederzeit wieder herkommen."

Auf einem langen Seufzer kam die Antwort: "Nein, das ist es nicht. Mir geht nur … Celabon nicht aus dem Sinn." Inuel hob den Kopf und blickte den Prinzen traurig an. "Und was du über Mandos' Hallen gesagt hast."

Nun, es liegt nicht auf dem Weg, aber … Abschätzend wandte sich Legolas um und betrachtete die Gegend zu Fuße des Berges. Der Pfad zur Siedlung, welchen sie gekommen waren, verlief nach links in den dichten Wald, während der direkte Weg zurück in die Ebene rechterhand an den Bäumen vorbei, über einige grasbewachsene Hügel zum Fluß führte.

Na gut, es ist ein mächtiger Umweg. Wie lange würde uns das aufhalten? Will er das überhaupt? Legolas erinnerte sich deutlich an Inuels Entsetzen bei ihrer ersten Ankunft und beäugte seinen Begleiter skeptisch, doch der Junge hatte sich dem Wald zugewandt und starrte beinahe sehnsüchtig in Richtung Siedlung. Ach, meinetwegen, stöhnte der Prinz still auf.

"Wir können gern Ankulan fragen gehen, wenn du magst." Zwar erhielt er diesmal kein strahlendes Gesicht als Antwort, aber zumindest ein erleichtertes Nicken und dazu ein gelächeltes Danke. "Dann los, brechen wir auf."

Sichtlich besserer Laune hielt Inuel mit Legolas Schritt, was sich als nicht so schwierig erwies, da der kräftigere Elb seinen Gang merklich zügelte bis zu einem Tempo, welches er selbst vermutlich als gemütliches Schlendern bezeichnet hätte. Der Jüngere mußte sich zwar immer noch anstrengen, doch er fiel nicht ständig zurück und er konnte nebenbei den Prinzen über alles mögliche ausfragen, zum Beispiel einige Kräuter, die er am Wegrand entdeckte.

In der letzten Woche hatte Celabon ihm geduldig erklärt, wie er sein Gehirn 'aufräumen' sollte, bis er schließlich zu dem Schluß kam, daß der Junge erst einmal ein ganz neues Lager anlegen müßte, so daß er später die chaotischen Erinnerungen aus dem einen Raum in schon aufgebaute Kisten im anderen Zimmer deponieren könnte. Nur so würde er im Laufe der Zeit Ordnung schaffen, und eines Tages vielleicht einmal den ersten Raum leer haben. Erst dann, so meinte der Alte, lohnte es sich, nach Ankulans Erinnerungen zu graben und auch diese ihrem Wert gemäß zu verstauen.

Also nahm sich der Junge den Rat zu Herzen und begann zu lernen, indem er die Erklärungen des Prinzen wie ein Schwamm aufsog und nach der neuen Methode abspeicherte. Zuerst bereitete ihm das große Mühe, und er mußte das neue Wissen sehr oft wiederholen, doch schließlich fand er den besten Weg und erlernte, nach all der Zeit, das richtige Lernen.

Diese Wichtigste aller Lektionen plazierte er gleich neben den Kochkenntnissen im Regal vor der Tür, während er Legolas' ausgesprochen ausführliche und genaue Erklärungen sorgfältig in den neuen Kisten verstaute. Die Vorstellung allerdings, ein Gehirn voller Kisten zu haben, erschien ihm plötzlich sehr komisch, und er brach in ein helles Gelächter aus.

Sofort blieb der Prinz stehen und stemmte empört die Hände in die Hüften: "Was bitte ist so lustig daran, daß du nicht richtig gehen kannst?"

Langsam beherrschte sich Inuel und versuchte, die letzten Sätze gedanklich zu wiederholen. Legolas hatte ihm gerade erklärt, warum auf dem Pfad nur die Fußspuren des Jungen zu sehen waren, nicht aber die des Kriegers. Doch allein vom Wissen um seine Unbegabtheit lernte er nicht, es richtig zu machen, und was Legolas über Balance, Einklang und Konzentration erzählte, verstand der Jüngere nicht mal ansatzweise.

Automatisch verfiel er in Abwehrstellung: "Ich kann eben nicht so gut am Boden gehen; wieso regt dich das so auf?"

Legolas deutete gereizt hinter sich auf die deutlich sichtbare Spur, verursacht von dem Jungen. "Deshalb rege ich mich auf! Jedes Kleinkind könnte uns folgen. Inuel", nachdrücklich ließ er die Hände auf beide Schultern seines Freundes fallen, "verstehst du denn nicht, wie gefährlich das ist?"

"Doch", gab der Junge zu, als er die tiefen Abdrücke musterte. "Naja, dann", grinsend trat er aus dem Griff des Prinzen und wandte sich den Bäumen zu, "sollte ich wohl besser da lang gehen."

"Hiergeblieben." Belustigt packte ihn Legolas am Kragen. "Von deinen Kletterkünsten hab ich schon einiges gesehen, und nichts für ungut, aber bisher wirkten sie weder sonderlich heimlich noch gesund." Ein ernsterer Ton trat in seine Stimme: "Du bleibst hier unten, damit ich dich nicht noch mal verarzten muß."

Inuels Schultern sanken resigniert. "Nicht fair", murmelte er leise, "du hast mich ja noch gar nicht in Aktion erlebt." Herausfordernd funkelte er den Älteren an.

"Vorsicht, ich könnte das ernst nehmen", drohte Legolas. Doch nach einer Pause wandte er sich ab und ging gemächlich weiter. Über seine Schulter lachte er: "Aber erst in Düsterwald, wo wir einen guten Heiler haben!"

Nachgiebig holte Inuel auf und ging schweigend starrend eine Weile neben dem Prinzen her. Der bemerkte schließlich den bewundernden Blick und wich verwirrt zurück: "Was?"

"Du bist doch selbst ein guter Heiler."

Legolas wurde tatsächlich rot, woraufhin sich der Junge nur mühsam ein Lachen verkniff. Doch der Prinz erkannte den schelmischen Blick, griff in seine eigene Schalkkiste und antwortete todernst: "Ausgewogenes Lernen. Ich bin im Gegenteil genauso gut."

"Uh", machte Inuel verunsichert, als ihm die Bedeutung klar wurde. "Äh", abwehrend hob er die Hände und trat einen Schritt zurück, um die Intensität des eisigen Blickes etwas zu mildern. "Schon gut, ich sag ja gar nichts."

Eigentlich wollte er jetzt lachen, doch als er den Schrecken in Inuels Augen bemerkte, drehte ihm der Prinz kühl den Rücken zu und entspannte die Muskeln in seinen Schultern kaum merklich. So ernst wollte ich nicht sein. Aus den Augenwinkeln beobachtete er den Jungen, der jetzt nervös und schweigsam neben ihm herging. Ich hab ihn ganz schön erschreckt. Was nun? Legolas atmete tief ein.

"Es war nur ein Scherz", versuchte er seinen Freund zu beruhigen.

"Ja. Klar." Ein entschiedenes, aber nicht überzeugtes Nicken.

Er hat mir nur ein Kompliment gemacht, seufzte Legolas. Warum konnte ich es nicht einfach annehmen? Was immer ich jetzt auch verneine, er wird mir nicht glauben. Und warum auch? begriff der Prinz plötzlich. Denn es war kein Scherz, und er weiß es so gut wie ich – daß ich so leicht verletzen kann, wie ich heile. Vielleicht sogar noch besser. Müde betrachtete er seine täuschend reinen, kräftigen Hände und Gelenke, deren festen Muskeln und Sehnen man erst auf den zweiten Blick die Geschichte eines Kriegers ablas. Ja, sicher … viel besser.

Unerwartet legten sich Inuels Hände mit leichtem Druck um die seinen. Legolas schaute überrascht auf, direkt in mitfühlende, grüne Augen, aus denen ein sanftes Leuchten schien und ohne Umwege seine Seele erwärmte. Es gab keine Worte, mit denen Inuel ihn hätte trösten können, noch nicht, denn noch wußte der Junge fast nichts über den Prinzen. Doch in seinem Blick lag schon jetzt ein Verständnis, welches keines Wissens bedurfte und daher so unmittelbar gegeben wie genommen werden konnte, ohne Schulden zu hinterlassen.

Legolas nahm: Beinahe ohne darüber nachzudenken, gab er seinen Kummer auf und akzeptierte den Trost. Nie zuvor hatte ihn ein Gedanke in dieser Weise befreit, noch eine Berührung aufgeheitert. Sein Frohmut kehrte zurück, und er lächelte, um es Inuel zu beweisen.

Auch der Junge grinste erleichtert, drückte die großen Hände noch einmal kurz und ließ dann los. In Schweigen gingen beide weiter, doch diesmal war es nicht die bedrückende Stille des Zweifels, sondern die freundliche Ruhe, deren Friede mehr aussagte als jeder Satz.

Dennoch konnte Inuel, als sie sich langsam der Siedlung näherten, seine Redelust nicht länger unterdrücken. "Weißt du, ich htnchgdt–"

Ich wünschte wirklich, er würde das lassen! schrie sein Geist entrüstet, als Legolas' Hand blitzschnell hochschnellte und sich auf seinen Mund preßte. Der Prinz starrte aber beunruhigt voraus, wo schon die Helle der Siedlung zu erkennen war, und vergaß seine Hand, bis der Junge wieder zu reden versuchte und dabei immer lauter wurde: "Lflfwffldndf? Knftmm–"

"Wirst du wohl still sein?" fuhr Legolas wispernd herum.

"Nmmdlndffg!" schimpfte der Junge still und zeigte böse auf die Hand vor seinem Gesicht.

Der Prinz nickte, legte aber erst zwei Finger der anderen Hand auf seine eigenen Lippen, ehe er den Mund des Jungen befreite. Halb befürchtete er einen Aufstand, und er wurde nicht enttäuscht, aber zu seiner Zufriedenheit blieb der Wortschwall erstaunlich leise.

"Mach das nicht immer!" fauchte Inuel. "Weißt du, wie mich das erschreckt? Wieso sagst du nicht einfach, daß ich still sein soll, das würde doch viel besser funktionieren! Und überhaupt, was ist eigentlich los? Wenn du nicht willst, daß ich mit dir rede, dann sag es eben gleich. Weißt du …"

Zuerst wollte Legolas die Rede geduldig ertragen, bis dem Jungen die Luft ausging, doch sein Atem schien unwahrscheinlich lange zu reichen. Er war versucht, erneut seine Hand zu gutem Zwecke einzusetzen, riß sich aber zusammen und probierte die vorgeschlagene Alternative aus: "Sei still."

Zu seiner Überraschung funktionierte es tatsächlich. Mit dem Kopf deutete er zur Siedlung und erklärte leise: "Da ist jemand, hört sich nach einer großen Gruppe an. Ich gehe nachsehen. Du bleibst hier!" Eilig streifte er den störenden Rucksack ab und legte ihn auf die Füße seines Freundes. "Und keine Bewegung, klar?"

Nickend fror der Junge ein, wie er stand, doch seine Hände krampften sich in Legolas' Hemd.

"Was ist?" fragte der Prinz unruhig. "Sag schon."

"Bitte greif sie nicht an, wenn es zu viele sind."

Der Krieger lachte leise. "Zu viele?"

"Versprich es!" Die Finger verstärkten ihren Griff.

"Na gut", lenkte Legolas ein, bevor der ängstliche Junge noch den Stoff seines Hemdes zerfetzte. "Vielleicht sind es ja Freunde. Aber wenn nicht, in Ordnung – wenn es zu viele sind, greife ich sie nicht an."

"Versprochen?"

"Ja", nickte der blonde Elb, "versprochen. Jetzt laß mich los, damit ich nachsehen kann."

Zögernd gab Inuel den sicheren Griff auf und verharrte auf der Stelle, während sich der Prinz lautlos von ihm entfernte. Zu spät fiel ihm ein, daß es für 'zu viele' keine bestimmte Zahl gab und er seinem Freund kein Versprechen abgenommen hatte für den Fall, daß die anderen zuerst angriffen.

*******

Kurz vor der Siedlung verließ Legolas den offensichtlichen Pfad und näherte sich dem freien Platz unbemerkt durch das dichte Buschwerk am Rande. Er sah sie auf den ersten Blick: Zwerge verursachten die vielfachen, aber unaufdringlichen Geräusche, welche den Krieger alarmiert hatten. Zwar sprachen sie nicht oder nur kaum, und dann sehr leise, doch sie durchsuchten vorsichtig die Trümmer der Behausungen, wobei sie niedergeschlagen und lustlos wirkten.

Zweiundzwanzig an der Zahl, wie der Prinz schnell ausmachte, trugen sie ausnahmslos volle Rüstung und waren bewaffnet bis an die Zähne. Ihr Alter konnte der Elb nicht leicht abschätzen, doch der Verbund erweckte den Eindruck einer engeren Sippe, weswegen er eilig ihre Monturen nach Zeichen des Oberhauptes absuchte. Jedoch nicht eine wies solche auf, und niemand bewegte sich mit der Würde, Erfahrung oder Kommandokraft eines Anführers.

Legolas ertappte sich dabei, wie er in kalter Wut wünschte, die Geister der Elben wären mehr als nur das, um sich an den Plünderern zu rächen. Denn selbst wenn sie nicht die ursprünglichen Angreifer wären, so stammten sie doch zumindest von deren Volk, welches die Elben heimlich attackiert und ausgelöscht hatte. Vielleicht waren sie zurückgekommen, um nach Schätzen zu suchen, die ihnen beim ersten Mal entgangen waren; womöglich hatte Ankulan in seiner Voraussicht das Wertvollste des Stammes bereits in das Höhlenlager in den Bergen in Sicherheit gebracht.

Dann war er erfolglos, euer Raubzug, freute sich der Prinz schadenfroh. Und ich lasse nicht zu, daß ihr je findet, wonach ihr hier unter den Überresten der Toten schändet. Statt dessen …

In einer einzigen Bewegung zog er den Bogen aus seinen Schnallen und zwei Pfeile aus dem Köcher, legte an und spannte die lange Sehne, bis sie im Wind zirpend vibrierte. Dann überflog er seine Gegner und zögerte. Sind es zu viele? Zweiundzwanzig Zwerge, und vielleicht noch irgendwo ein Anführer, welchen er nicht sah, womöglich mit Garde. Also fünfundzwanzig. Legolas lächelte eisig. Im Krieg hatte er in den meisten Schlachten mehr als nur fünfundzwanzig Gegner bekämpft. Es sind nicht zu viele. Welche zuerst?

Mit dem Geschick eines erfahrenen Strategen bedachte Legolas die Aufstellung und Rüstung der Zwerge. Er müßte sehr genau treffen, um mit Pfeilen eine so große Anzahl wie möglich gleich auszuschalten, denn die übrigen würden sich sofort auf ihn stürzen, und im Nahkampf war sein Bogen nichts wert.

Am rechten Rand der Lichtung entdeckte er zwei offenbar jüngere Zwerge mit nur leichter Rüstung, die von ihm aus gesehen direkt hintereinander knieten. Ein weiterer stand hinter ihnen und wies sie leise an, während die zwei in den Trümmern von Ankulans Heim wühlten. Legolas neigte seine Waffe in leichtem Winkel, zielte, und ließ los.

Die Pfeile saßen perfekt: Der untere durchbohrte auf seinem Weg beide Hälse der Jüngeren und blieb dann stecken, so daß sie ungelenk aneinander hingen. Sie starben nicht sofort, da der Schaft das Blut bremste, doch sie waren bewegungsunfähig, und wenn sie den Pfeil entfernten, lebten sie nicht mehr lange. Das zweite Holz durchbohrte den ebenfalls ungeschützten Hals des stehenden Zwerges mit voller Wucht und verließ ihn auf der anderen Seite, wodurch aus beiden Wunden dickes Blut über die Jüngeren spritzte. Einen Moment starrte der Ältere verdutzt auf die Gefallenen, ehe er selbst in die Knie ging und das Bewußtsein verlor.

Ehe die übrigen Zwerge bemerkten, was geschah, hatte der Krieger mit einem weiteren Schuß noch zwei Zwerge erwischt, einen in die Stirn – der war sofort tot – und einen in die Brust, wo aber eine verborgene Rüstung den Pfeil aufhielt. Dieser war es auch, der ihn zuerst entdeckte und mit wilden Gebrüll auf den Angreifer losstürmte.

Behende erkletterte der gewandte Elb den nächsten Baum, hielt auf dem ersten Ast inne und kniete in eine stabile Haltung, um aus halbwegs sicherer Stellung weitere Pfeile abzuschießen. Jedoch standen die Bäume nicht dicht an der Siedlung, und die Zwerge, welche den überraschenden Schützen noch nicht entdeckt hatten, suchten eilig Deckung auf. Diejenigen aber, welche ihn verfolgten, gerieten bald in einen unpassenden Winkel, so daß der Prinz vergeblich gegen ihre Brustpanzer und Helme schoß. Einen Unvorsichtigen traf er im Gesicht, doch die meisten wußten ihre Rüstungen und Schilde besser zu nutzen.

Legolas kämpfte zum ersten Mal gegen einen Haufen Zwerge. Im Krieg waren die Gegner zumeist Orks, Trolle und andere Schattenwesen. Nur hin und wieder war er in offenem Gelände einer Gruppe Zwerge begegnet (denn sie reisten selten allein), doch die verhielten sich neutral, wenngleich kühl. Der Kampfstil der Zwerge überraschte ihn, auch wenn er schon einiges von ihnen gehört und gelesen hatte.

Anders als die meist in riesigen Horden auftretenden anderen Feinde, welche sich häufig nur auf ihre Anzahl und einen Führer verließen, waren die entschlossenen Zwerge nämlich nicht dumm – jeder einzelne kämpfte nach eigenem kühnen Plan, und doch ergänzten ihre Züge einander auf beeindruckende Weise. Eine ihrer klügsten Taktiken war es, alle seine Pfeile einzusammeln, sofern sie nicht in noch lebenden Gefährten steckten. Eine solche Vorgehensweise beraubte den Prinzen schnell seiner Munition, und selbst ein geschicktes Manöver könnte sie jetzt nicht zurückholen. Seine Feinde wußten das und harrten geduldig aus, bis er gezwungen war, entweder die Flucht zu ergreifen oder sich auf einen Nahkampf einzulassen.

Wie viele sind es noch? überlegte der Prinz und zählte schnell. Mindestens zwei tot, vielleicht auch drei … vier bewegungsunfähig und … drei, sechs … sieben sind verletzt. Damit konnte er über die Hälfte der Feinde als ernste Gegner ausschließen. Sie kämpfen mit Äxten und Kriegsmessern, aber ich habe außer meinem Dolch und dem Kurzschwert noch das Schwert aus dem Lager, also größere Reichweite. Schneller bin ich auch … Ich wage es! entschied er rasch, schlang den Bogen über die Schultern und ließ ihn durch die Schnallen gleiten, ehe er sich leicht aufrichtete und auf einen freien Platz zu seinen Füßen sprang, mit dem Rücken zum Stamm.

Vielleicht fiel sein Entschluß ein wenig überhastet, denn in der Eile seiner Gedanken hatte er eine wichtige Tatsache nicht in Betracht gezogen. Eine Tatsache, die nur auf ein Volk zutraf und das Kriegsglück eines Mannes, der sie nicht bedachte, schnell wenden konnte. Als Legolas den Boden berührte und zu kämpfen begann, erinnerte er sich daran.

Zwerge, sofern nicht tödlich verwundet, schlugen sich auch verletzt so gut wie jeder Gesunde.

Es waren mindestens fünfzehn. Mit einem Instinkt für die Umgebung, wie ihn nur Elben entwickeln und nutzen konnten, spürte Legolas ihren Aufbruch an der heißen Energie der Wut und Kampflust, welche die Luft erfüllte. Fast steckte sie ihn an, doch er wehrte sich gegen das Fieber und behielt einen kühlen Kopf, als seine Gegner sich im Rudel wie Wölfe auf das umzingelte Reh stürzten.

Allerdings war der Elbenkrieger kein Reh, sondern wehrte sich mit Hieben und Stichen wie kaum eine Wolfsbeute es vermochte. Sehr schnell erkannte er verschiedene Vorteile der Zwerge: Ihre stählernen Rüstungen zu durchstoßen erwies sich als nahezu unmöglich, und ihre Hälse zu erwischen ebenfalls, denn sie duckten sich flink unter seinen langen Hieben hinweg – was ihnen gerade durch ihre geringe Körpergröße erleichtert wurde, denn Legolas hatte Mühe, sich darauf einzustellen.

Gewohnt an ebenbürtige Gegner wie die Orks oder aber viel größere wie Trolle oder auch Nachtjäger, die hauptsächlich von oben angreifenden Spinnen, hielt er seine Waffen stets in leichtem Winkel aufwärts und fuhr so über die Köpfe der Zwerge, ohne sie zu treffen. Natürlich hatte der Prinz seine Kämpfe nicht durch Fehler überlebt, stellte sich daher auf die Situation ein und packte sowohl Schwert als auch Dolch so, daß die kleinen Finger an der Klingenseite lagen. So hieb er rückwärts, und erstes Blut floß, doch die Rüstungen durchbrach er damit trotzdem nicht, und selbst hatte er keine.

Einer der Zwerge warf plötzlich mit einem Morgenstern, welcher Legolas schmerzhaft in der Seite traf und ihn zu Boden warf. Eilends rollte er sich ab und sah am Boden für einen Augenblick nur Stiefel und Beine, ungeschützt von Wade bis Oberschenkel, wo die schweren Röcke endeten. Er schnaubte verächtlich und durchtrennte mit einer Bewegung vier Kniekehlen, wodurch zwei Zwerge zu Boden gingen noch ehe Legolas wieder aufrecht stand.

Gesicht und Haar von Staub und Blut verschmiert und bespritzt, seine Kleidung in dunklem Feindesblut getränkt, dessen Gestank ein wildes Feuer in seinem Herzen entfachte, begegnete der Elb mit doppelter Kraft dem ebenso heiß aufflammenden nächsten Angriff. Seine Schnelligkeit und rasches Denken waren seine stärksten Waffen, und so duckte und sprang er zwischen ihren Reihen umher, daß nicht selten die Zwerge ihr Ziel aus den Augen verloren und in dem engen Ring ihre Schläge die Gefährten erwischten.

Auch sie lernten, und bald darauf hatten sie Legolas auf den offenen Platz gedrängt und rings eingekreist, und noch immer kämpften sie im Dutzend gegen nur einen Feind, doch keiner unter ihnen war mehr unverletzt, während alles Blut am blonden Elb von Zwergen stammte. Endlos zog sich die Schlacht, wildes Feuer gegen kalte Wut, bis schon die Sonne sich langsam im Westen verkroch und ihre glutroten Strahlen wie Tränen auf die Siedlung fielen.

Der Prinz begann zu ermüden, kaum merklich, doch er spürte seine Bewegungen zögernd werden und seine Schläge daneben treffen, und schließlich erwischte ihn ein heftiger Hieb an der Hüfte und zog auch bei ihm erstes Blut. Die Verletzung war nicht bedrohlich, da er schon im Ausweichen begriffen war, doch es schien ihm eine Warnung, denn obgleich er viele der Zwerge verwundet hatte, hieben sie mit unverminderter Kraft auf ihn ein, und nur zwei hatte er noch zu Boden geschlagen.

Ein verzweifelter Schlag seinerseits schlug den Kampfarm eines Zwerges an der Schulter durch, doch der Elb taumelte ob des verlorenen Widerstandes, und ehe der Zwerg in die Knie ging, stach er mit der linken Hand ein Messer zwischen Legolas' Rippen. Im Fallen zog er es wieder heraus, damit der Gegner mehr Blut verlor.

Der Prinz aber rollte über ihn und aus dem Kreis der Angreifer hinaus. Während er sich aufrichtete, fühlte er ein kaltes Brennen, welches sich langsam von seiner Wunde ausbreitete, und er wußte, daß das Gift ihn bald lähmen würde. Ein mörderisches Grinsen antwortete den Zwergen auf ihre heimtückische List; und sie wichen allesamt zurück, so furchtbar war der Elb anzuschauen, als er sich der Kriegslust ganz ergab.

Nun gab es nichts mehr zu verlieren. Er griff sie an und hieb einem den Kopf ab und einem ein Bein, und ihre Furcht machte sie schwach für einen Augenblick, doch dann fingen sie sich und schlugen ebenso wild zurück. Legolas spürte mehrmals die Schneide ihrer Äxte, die Dornen des Morgensterns an seiner Brust und schwere Keulen in seiner Seite, doch den Schmerz ignorierte er oder nutzte ihn, um den Zorn anzufeuern, welcher ihn stark machte. Zuletzt traf ihn ein heißer Stich in der Schulter und blieb stecken, so daß er den Arm nicht bewegen konnte, und noch einmal entkam er dem Kreis und griff, noch in der Hocke, an seine Schulter.

Wo seine Hand an einem Holzschaft gefror.

Im gleichen Moment sah er auf und kreuzte seinen Blick mit dem Schützen.

Inuel stand gegenüber, auf der anderen Seite der verwirrten Zwerge, den Bogen noch in Schußposition und den Pfeilarm angewinkelt. Bestürzt blickte er dem Prinzen direkt in die Augen, als Legolas den Pfeil ruckhaft aus seinem Fleisch zog und sich erhob.

Zwischen ihnen wandten sich die Zwerge unsicher von einem Elb zum anderen, zuerst überrascht von dem neuen Angreifer. Dann verstanden sie, daß der Neuankömmling auf ihren zähen Gegner, einen Krieger seines eigenen Volkes, geschossen hatte, und Unverständnis hinderte sie am Handeln. Außerdem wankten sie in der Entscheidung, wen sie nun attackieren sollten, wodurch sie dem Elben eine lange Pause gewährten.

Fast andächtig drehte und betrachtete Legolas den blutigen Pfeil. Das ist es also. Er hob seine Augen von der Metallspitze und musterte den Verräter. Hast du Angst, weil du daneben geschossen hast? richtete er die stumme Frage an den Jungen, der nun beide Arme verzagt sinken ließ. Das solltest du. Als Legolas seinen Bogen ergriff, fiel die Waffe Inuels zu Boden. Es wäre besser gewesen, hättest du richtig getroffen. Der Prinz brachte den Bogen in Schußposition.

Obwohl er blitzschnell dachte und handelte, wirkten alle seine Bewegungen für ihn so langsam, als führe er sie in tiefem Wasser aus. Wie seltsam, sinnierte er mit der gelassenen Ruhe eines Verdammten, der alle Furcht hinter sich ließ in dem Moment, da sein vorhergesagtes Schicksal sich erfüllte, ich bin gar nicht überrascht. Legolas legte den Pfeil an und beobachtete, wie in Inuels Augen Entsetzen trat, dann Angst, und schließlich, wie sein Kopf sank und die Lider sich schlossen.

Gleichmütig zog Legolas den Pfeil an. Wenigstens kann ich mich noch rächen, ehe ich falle. Schon surrte die Sehne in hohem Ton, und der Prinz zielte am Schaft und dem blutigen Metall entlang zwischen Inuels Augen, die sich unerwartet wieder öffneten, voller Trauer und der ergebenen Reue des Sünders, der alle Hoffnung für sich verloren wußte.

Legolas zog seine Brauen zusammen, kaum merklich, und warf dem Jungen einen frostigen, unnahbaren Blick zu, verlagerte die Finger am Bogen in einer letzten Justierung – und entließ den Pfeil in sein Ziel.

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Nachdem der Prinz außer Sicht geriet, stand Inuel lange, ohne sich zu rühren oder aus Richtung der Siedlung verdächtige Geräusche zu vernehmen. Irgendwann ermüdeten seine Beine in ihrer verkrampften Stellung, so daß sich der Junge, erschöpft von Anstrengung und Sorge, auf den Boden setzte. Seinen eigenen schweren Rucksack ließ er zu Boden gleiten, den von Legolas aber drückte der verlassene Elb eng an sich, und bald darauf fiel er in einen tiefen, unruhigen Schlaf.

Lautes Gebrüll schreckte ihn viel später auf, als die Sonne schon versunken war und nur vereinzelte Wolken lodernden Flammen gleich am Himmel entlangzogen wie die Fackelreihen eines mächtigen Heeres. Inuel sprang auf und rannte zur Lichtung, besorgt und ärgerlich in gleichem Maße: Er hat es versprochen! Verdammt, als er über einen Stein stolperte und stürzte, wie kann er sich auf eine Schlacht einlassen, wenn es so viele sind, daß sie ihn jetzt noch beschäftigen? Eilig rappelte er sich auf und stürmte auf die Lichtung gerade in dem Augenblick, als ein Zwerg sein Messer in die Seite des Prinzen grub.

Sein Geist schrie auf. Der Krieger jedoch schien die Verletzung wegzustecken, als hätte er sich mit einer Nadel gestochen, und als Legolas' Gesicht sich in tödlicher Raserei verzog, zuckte auch Inuel zusammen, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. Wie versteinert verfolgte er die gewaltigen Hiebe des Prinzen, sah das besessene Funkeln in seinen Augen und die unheimliche Begeisterung, mit der sein bisher sanfter Freund den Kampf zu genießen schien.

Inuel beobachtete, wie die Waffen der Gegner ihr Ziel fanden und unbeachtet Schaden anrichteten, und endlich fiel die Starre von ihm, denn er erkannte, daß Legolas so nicht gewinnen konnte. Und vielleicht nicht mal will. Hastig griff der Junge nach seinem Bogen und hielt ihn so, wie er es oft auf dem Trainingsplatz gesehen hatte. Auch ein Pfeil war schnell angelegt, und mit aller Kraft zog Inuel die Sehne nach hinten.

Weiter als bis zur Hälfte des Pfeilschaftes gelang es ihm jedoch nicht, und er ahnte, daß es nicht genügen würde. Doch in dem Getümmel hatte ihn noch niemand gemerkt, also ging er einige Schritte näher, zielte auf den Zwerg mit der stacheligen Metallkugel und gab den Pfeil frei.

Nie zuvor in seinem Leben hatte der Junge einen Bogen benutzt.

Er wußte nichts über Reibung und Wind, über Kraft und Spannung oder über Winkel bei Anlegen und Zielen. Alles was er schnell begriffen hatte war, wie elegant die Bogenschützen aussahen und wie mühelos sie jedesmal ins Schwarze trafen. Natürlich hatte er daraus geschlossen, daß dieser Sport den Elben einfach im Blut lag. Seine erste wahre Lektion stellte daher eine Enttäuschung dar, da er das Ziel verfehlte.

Mit doppelter Härte schlug sie zu, weil er seinen einzigen Freund verletzte.

Und mit unfaßbarer Gewalt erschütterte diese Erkenntnis Inuels Seele, als er sich an ihr Gespräch am Morgen erinnerte. An die leichtfertige Warnung, welche jetzt wie ein Echo in seinem Verstand hallte: Ich könnte dich damit erschießen. Die Sekunden dehnten sich in eine Ewigkeit aus.

Kraftlos sanken seine Arme am Körper hinab; taube Finger verloren den Bogen aus ihrem Griff. Entsetzt sah er Legolas auf ihn anlegen. Das ist es also. Inuel wußte seinen Tod nahe, doch er fürchtete nicht die Nachwelt, sondern bangte um die Seele seines Freundes, wenn dieser den Fehlschuß eines Tages als Versehen erkannte. Hoffnungslos senkte er den Blick.

Keine Entschuldigung würde Legolas ihm jetzt abnehmen, noch gäbe es spätere Gelegenheit dazu. Ich vertrau dir, hörte er die zitternde Stimme noch einmal sagen, und dazu die stumme Frage: Kann ich das? Inuel erinnerte sich an sein Vorhaben und begriff, daß er selbst es zunichte gemacht hatte, noch ehe er damit begann. Langsam hob er den Kopf und suchte Legolas' Augen am anderen Ende des blutigen Pfeiles.

Ich habe versagt, gab er still zu. Ich wollte deinen Glauben an die Freundschaft wecken, doch jetzt glaubst du dich verraten. Und nun werde ich niemals eine Chance haben, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Der eisige Ausdruck in den Zügen des Prinzen stach den Jungen tief ins Herz. Doch die Kälte traf nicht nur ihn; sie fraß sich auch in die Seele des blonden Elben, welchen Ankulan für den Boten des Lichts gehalten hatte. Was wird nun aus dir werden, Legolas? Und ist es meine Schuld?

Als der Pfeil die Sehne verließ, schnappte die Zeit wieder in ihren normalen Verlauf.

Verdutzt beobachtete Inuel, wie das Geschoß sich in die Stirn eines Zwergen bohrte und am Hinterkopf mit einem hellen Klang gegen die Innenseite des metallenen Helmes traf. Der Zwerg wankte noch einen Moment, in welchem Legolas seinen Blick starr auf den Jungen richtete, bis dieser zu ihm aufschaute.

"Das hast du nicht erwartet, oder?" grinste er schief.

Dann sank er stöhnend auf die Knie, während auch der Erschossene scheppernd zu Boden ging. Der klägliche Rest der Gegner warf sich augenblicklich siegessicher auf den halb gelähmten Elben, welcher noch immer mit schwachen Schlägen ausholte, und begrub ihn unter sich.

"Nein!" schrie Inuel und stürzte sich ebenfalls in das Getümmel, doch ein kräftiger Rippenstoß von einem der Zwerge schleuderte ihn schnell zurück. "Aufhören!" forderte er vergebens, griff nach ein paar handgroßen Steinen und schmetterte sie den Zwergen im Näherkommen zielsicher gegen die Helme. Einer taumelte benommen zurück, und Inuel fing das spöttische Lächeln des Prinzen auf. "Das hast du nicht erwartet, oder?" murmelte er.

Doch der Zwerg erholte sich bald und näherte sich gereizt, um mit dem lächerlichen Lümmel kurzen Prozeß zu machen. Es war der mit dem Morgenstern, welchen er geschickt um Inuels Beine schlang und den Jungen so zu Fall brachte. Inuel drehte sich mühsam und sah, daß auch Legolas inzwischen reglos am Boden lag, mit offenen Augen und zuckenden Muskeln, doch bewegungsunfähig. Der größte Zwerg hob eine enorme Kampfaxt über seinen Kopf …

"NEIIIIN!" brüllte der Junge und versuchte zu kriechen. Tränen verschleierten plötzlich seinen Blick. Den starken Griff des Zwerges in seinem Nacken gewahrte er kaum, als er einen Arm nach Legolas ausstreckte: "Ihr dürft ihn mir nicht wegnehmen! HÖRT AUUUUF!"

Der Prinz lächelte.

Der Zwerg schlug zu.

Inuel schloß die Augen.

Alles Lebendige schwieg.

Inmitten der Stille erscholl ein Ruf in Zwergensprache.

Und zuletzt das dumpfe Geräusch der einschlagenden Axt.

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A/N: So, Sally, ich könnte mir vorstellen, daß du auch hier wieder richtig auf meine Lieblingsstelle tippst. ^^ Aber wer weiß, womöglich werden die letzten Zeilen das andere überschatten.

Gnade! *schon mal in Deckung geh* Bitte macht mich nicht auch einen Kopf kürzer; Legolas kann sich das leisten, aber ich bin doch schon so klein! ^^"

'Jemand' ermahnte mich, lieber nicht so schnell zu updaten, weil die Leser nicht hinterher kommen. Okay. Dann laß ich euch erst mal etwas Zeit, um alle bis hierher zu kommen. Schreibt mir das einfach im Review, wenn ihr soweit seid, in Ordnung? Also, das müßten … *abzähl* … mindestens sechs sein, nicht wahr? *vorfreu* Ach, ich hab euch ja alle so lieb! *^.^*

Eure Mel

Ach so, und was das Ende angeht – tja, ääähhhmmm … ups?