Heero erstarrte und sah seinen Partner erschrocken an. Dann folgte er seinem Blick und sah Zechs und Wufei, die scherzend den Salon betreten hatten und nun ebenso still wie er selbst waren.

Aber warum? Wieso reagiert Duo so? Er weiß doch, dass Zechs gestern mit uns mitgekommen ist.

Ein Punkt, den du übrigens noch nicht weiter beachtet hast. Einfach so einen Gegner mit in das eigene Hauptquartier zu bringen. Und so etwas nennt sich der perfekte Soldat, warf seine stetige innere Stimme ein und erinnerte ihn somit daran, dass er vollkommen vergessen hatte, IRGENDWELCHE Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.

Heero riss sich aus seinen Gedanken und sah Duo wieder bewusst in die vor Angst und Schock weit aufgerissenen Augen.

"Duo...", begann er und der langhaarige Pilot zuckte zusammen, während sein Körper stark zitterte.

"Wieso...wieso....Heero....?", war das Einzige, was er hervorbrachte.

Heero lehnte sich rasch vor und strich seinem Partner beruhigend über den Arm.

"Duo...er hat dir das Leben gerettet, erinnerst du dich nicht? Er hat dich von Kushrenadas Schuss weggezogen. Er ist nicht unser Feind", versuchte er ihm sanft klarzumachen, doch der Deathscythepilot schüttelte nur panisch den Kopf.

"Nein, nein, das ist nicht wahr, kann nicht wahr sein! Er gehört zu OZ! Er ist der Bekannte von....von....Er...er ist nicht unser Verbündeter, nein!", flüsterte er erstickt und warf einen weiteren furchterfüllten Blick in Richtung des blondhaarigen Mannes.

Dieser starrte ihn ebenso verständnislos an wie Wufei.

Was war hier eigentlich los und warum reagierte der langhaarige Junge auf ihn so panisch?

"Duo...ich bin gekommen, um euch bei eurem Kampf zu unterstützen", begann er hilflos und wollte einen Schritt auf den Deathscythepiloten zugehen, welcher jedoch fast augenblicklich aufsprang, den Stuhl damit umwarf und vor ihm zurückwich.

"Nein, nein, das ist nicht wahr! Du gehörst zu OZ! Du kannst nicht....."

Zechs sah hilflos fragend erst zu Heero und dann zu Wufei, der nur mit den Schultern zuckte und lautlos mit dem Lippen formte, dass er es auch nicht wisse.

Heero stand plötzlich auf und ging zu seinem Partner, um ihn leicht bei den Schultern zu fassen und sacht zu schütteln.

"Duo!", begann er eindringlich. "Hör mir zu! Er ist NICHT unser Feind!"

Ach, das weißt du so genau, ja?

Die Stimme ignorierend fuhr er sicher fort:

"Er wird dir nichts tun!"

Ein mittlerweile vollkommen panischer Blick traf ihn.

"Wie kannst du das sagen, Heero? Wie kannst du das wissen?", flüsterte Duo fast lautlos und sah seinen Freund ungläubig an. "WIE, Heero?"

Der japanische Pilot seufzte innerlich. Ja, woher wusste er es eigentlich? Er hatte Zechs mit hierhin gebracht, ohne Fragen zu stellen, ohne sich um die Konsequenzen zu kümmern. Er war so vertieft in seine Sorgen um Duo gewesen, dass er alles Andere praktisch vergessen hatte. Gut, er hatte Zechs gefragt, warum er das tat und zu welcher Seite er gehören wolle, doch hatte er Beweise dafür, dass dem wirklich so war? Konnte er mit Sicherheit sagen, dass das nicht alles ein ausgeklügelter Plan war, um die Gundampiloten zu beseitigen? Aber wieso hatte er dann Duo gerettet, damit dieser seinen langjährigen Vertrauten Kushrenada tötete?
Heero wusste, dass es nun zu spät war, sich darum Gedanken zu machen, Zechs war nun mal hier, er hatte ihre Basis gesehen. Die einzige Möglichkeit, die jetzt noch bliebe, wäre ihn zu töten, doch das schloss Heero fast augenblicklich aus, da er wusste, dass das zu irreparablen Konsequenzen für das Team geführt hätte.
Außerdem hat er uns schon so oft geholfen, auch wenn er dabei jedes Mal Hochverrat an OZ begehen musste.

"Duo", nahm er die Frage seines Partners wieder auf. "Ich weiß es einfach und ich bitte dich, mir zu vertrauen! Er wird dir nicht wehtun, das verspreche ich dir!"

Heero sah, wie Duo schluckte und sich dann allmählich und langsam beruhigte.
Zechs sah, dass der sonst so kalte und wortkarge Wingpilot seinen Partner langsam dazu brachte, sich langsam zu beruhigen und er war erstaunt darüber. Was ihn jedoch noch mehr verstörte war Duos Verhalten selbst. Wufei hatte ihm in Ansätzen erklärt, dass Duo von OZ verhaftet worden war, doch wie es jetzt schien, steckte noch eine Menge mehr dahinter.

Warum hat er solche Angst vor mir? Ich habe ihm doch nichts getan, dachte er stirnrunzelnd und richtete dann seinen Blick auf Wufei.

"Es ist wohl besser, wenn wir die Beiden alleine lassen", sagte er und wollte sich schon wieder umdrehen, als Heero ruhig aber bestimmt sagte:

"Nein, bleibt hier. Wir haben noch einiges zu besprechen."

Zechs wandte sich wieder dem japanischen Jungen zu.

"Sicher, dass das so eine gute Idee ist?", fragte er mit einem Nicken in Duos Richtung, der mittlerweile den Blick auf den Boden gerichtet hatte und sich anscheinend vollkommen anspannte.

Heero überlegte kurz, dann richtete er sich an seinen Partner und fragte leise:

"Duo?"

Der amerikanische Junge sah auf und ließ den kurzhaarigen Piloten für einen Moment an seinen verzweifelten Gefühlen teilhaben, die sich in den blau-violetten Tiefen wiederspiegelten. Dann legte sich der Heero nur zu bekannte Schleier der Gleichgültigkeit über die Saphire und Duo nickte.

"Ist okay, Heero. Wenn du es möchtest", murmelte Duo abgestumpft und stellte den Stuhl mit einer fahrigen Bewegung wieder richtig hin. Als er sich schließlich setzte, starrten ihn drei verwirrte und entsetzte Augenpaare an.

"Duo...sag mir ehrlich deine Meinung!", forderte Heero kurz und ging vor seinem Partner in die Hocke nur um für einen Augenblick die Maske verschwinden zu sehen und die alte Hoffnungslosigkeit zu erkennen.

"Ich werde es überleben, Yuy", brachte er schließlich hervor und wandte sich an Zechs und Wufei.

"Warum setzt ihr euch nicht? Es sind noch genug Plätze frei", fuhr er dann vollkommen zusammenhanglos fort und seufzte.

"Wirklich, Heero, du brauchst dir keine Sorgen zu machen", wandte er sich schließlich erneut an seinen Freund.

Dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche, sehe ich, Duo. Nur zu deutlich sehe ich das. Du hattest doch versprochen ehrlich zu mir zu sein. Also warum? Ist es Selbstschutz? Ist diese verdammte Gleichgültigkeit dazu da, um dich selbst vor Verletzungen zu schützen? Aber...aber ich bin doch da...ich werde dich doch beschützen....

Heero hatte plötzlich das Bild eines kleinen, hilflosen Jungen vor Augen, der mit einer Situation konfrontiert war, die er nicht zu meistern vermochte. Und dieser kleine Junge hatte Angst, Angst davor, etwas falsch zu machen, etwas durch sein Handeln zu zerstören.

Bin ich das? Bin ich der kleine Junge?, fragte er sich stumm. Und ist Duo dieses unlösbare Problem?

Ja...das wird es wohl sein, antwortete die Stimme. Aber unlösbar? Nun...wenn du es nicht versuchst, kannst du es auch nicht lösen, dieses "Problem". Aus Fehlern lernt man.

Heero sah auf. Ja, die Stimme hatte Recht. Besser es zu versuchen und vielleicht Erfolg haben, als es nicht zu versuchen und nie Erfolg zu haben.

Er atmete tief durch und schluckte den großen Kloß in seinem Hals herunter.

Ich muss es versuchen. Gott steh mir bei!

Er fasste seinen Freund bei den Schultern und drückte sie energisch. Dann sagte er so fest und herausfordernd wie möglich:

"Duo, Zechs ist NICHT Kushrenada! Er WIRD dir nichts tun! Hast du mich verstanden, Duo? Du bist in SICHERHEIT!"

Heero ließ seine Worte ein paar Augenblicke wirken, befürchtete schon, nichts erreicht sondern noch mehr zerstört zu haben, doch dann blinzelte sein Gegenüber und die Gleichgültigkeit verwandelte sich in die allgegenwärtige Trauer.

"Heero...", flüsterte Duo erstickt und eine einzelne Träne lief seine Wange herunter.

"Ja, Duo....ich bin es", murmelte der japanische Pilot erleichtert und lächelte kurz.
Duo hob langsam den Blick und wandte sich nach links, um dort auf zwei vollkommen verwirrte Gesichter zu treffen, von denen er einem erst nach ein paar Sekunden begegnen konnte und sich ein kleines Lächeln abrang.

"Es...es tut mir leid....Zechs....", er stockte und schluckte den allzu groß gewordenen Kloß in seinem Hals herunter. "Ich hätte nicht....."

Duo spürte plötzlich eine warme Hand, die sich beruhigend auf seine Schulter legte und sah auf, um dann Heeros ruhigem Blick zu begegnen, der ihm zu sagen schien:

~ Das ist nicht deine Schuld. Du brauchst dich dafür nicht zu entschuldigen ~

Der amerikanische Pilot nickte leicht zitternd und murmelte dann:

"Ist schon okay, Heero. Ich werde versuchen, damit klarzukommen...."

Heero betrachtete ihn für einen Augenblick und setzte sich dann wieder zu ihm, direkt Wufei und Zechs gegenüber.

"Also....was genau stellst du dir darunter vor? Wieso willst du mit uns zusammenarbeiten?", fragte er den Tallgeesepiloten kurz angebunden.

Der erwiderte seinen Blick verständnislos und bemerkte stirnrunzelnd:

"Hatte ich das nicht schon vorgestern erklärt?"

Nun war es an Heero, sich einen Moment zu besinnen und darauf zu kommen, dass dem tatsächlich so war, dass er nur überhaupt keine Details dieser Konversation in Erinnerung hatte.

Nachlässig!, schnaubte die Stimme verächtlich. Das ist dein Tod, darauf kannst du dich verlassen!

Und wenn...., hielt Heero gleichgültig dagegen und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Zechs zu.

"Das mag sein", antwortete er auf den stillen Vorwurf. "Aber die Umstände vorgestern haben meine anderweitige Konzentration gefordert."

Der Prinz sah ihn zweifelnd an, enthielt sich jedoch jedes Kommentars und holte tief Luft, bevor er begann:

"Ich möchte genau wie ihr den Krieg beenden und OZ die Macht entreißen. Ich weiß, was sie mit dem Sanc Kingdom gemacht haben, kenne die brutale Ermordung meines Vaters auf Befehl von OZ-Offizieren. Wenn du so willst, will ich Rache. Ganz einfach. Und....", erzögerte einen Augenblick, bevor er fortfuhr:

"Und ich habe es Wufei bei meinem Blut versprochen. Ich will ihn nicht immer nur nachts sehen dürfen, wenn uns keiner sieht, wenn keine Gefahr besteht, dass wir entdeckt werden und er verhaftet wird. Ich will, dass diese Erschaffung von Feindbildern endlich aufhört, Yuy! Ist das denn zuviel verlangt?"

"Edle Motive, Milliardo Peacecraft, edle Motive. Und wie ist es mit den Beweisen?"

Heero sah auf seinen Kommentar hin, wie Wufeis Gesicht sich vor Wut verfärbte und er bereit war, aufzuspringen und daraufhin aber von Zechs zurückgehalten wurde.

"Du hast Recht, Heero. Aber ist Duos Rettung nicht Beweis genug? Hat Duo denn nicht danach meinen langjährigen Vertrauten getötet? Wieso hätte ich ihn retten sollen, wenn ich immer noch mit OZ zusammenarbeiten würde?"

Der japanische Pilot wandte unbewusst seinen Kopf in Duos Richtung und sah, wie sein Partner zusammenzuckte und sich sein eingefallenes Gesicht vor Schock auf Zechs richtete.
Er wollte dem langhaarigen Jungen gerade beruhigend zusprechen, als dieser sich anscheinend wieder fing und nun seinerseits anfing zu sprechen.

"Wenn...er....wie du sagtest, dein langjähriger Vertrauter war, wieso hast du mich ihn dann töten lassen?", fragte er leise und doch bestimmt.

Zechs sah Duo einen Moment fest in die Augen, dann antwortete er in der gleichen Intonation:

"Weil ich herausgefunden habe, wer den Mord an meinem Vater befohlen hat."

Violette Augen trafen auf eisblaue, hielten dem schmerzdurchsetzten Blick Zechs´ stand.

"Er....", murmelte Duo fast unmerklich und wandte seinen Blick ab.

"Ja, Treize Kushrenada", erwiderte Zechs deutlich und musterte sein Gegenüber mit einem prüfenden Blick. Doch dieses Mal schaffte es Duo, sich absolut gar nichts anmerken zu lassen und ruhig zu bleiben.

"Und wie hast du dir das vorgestellt? Wie sollen wir mit deiner Hilfe den Krieg beenden?", unterbrach Heero das stumme Duell der Beiden.

Es dauerte einen Moment, bis Zechs überhaupt realisiert hatte, dass er gemeint war und wandte seinen Blick von Duo auf Heero.

"Jetzt, wo Treize tot ist, ist OZ seiner Führungsspitze beraubt, da Lady Une nicht dazu fähig sein wird, die Leitung zu übernehmen. Also..."

"Warum ist sie das nicht? Sie erschien mir immer als sehr kompetente Person, was die Angelegenheiten OZ´ anging", unterbrach Heero den Prinzen des Sanc Kingdom schroff.

Zechs nickte bedächtig und erwiderte:

"Sie ist sehr kompetent darin, Grausamkeit zu üben und andere Personen unter Druck zu setzen, das stimmt. Dich es gibt da ein anderweitiges, viel schwerwiegenderes Problem, zumindest aus OZ´ Sicht."

"Und das wäre?"

"Schizophrenie."

Wufei sah auf, als ihn zwei ungläubige Augenpaare trafen.

"Schizophren?!", fragten Heero und Duo wie aus einem Munde und der chinesische Pilot nickte.

"Sie hat zwei Persönlichkeiten. Zum einen die grausame Lady, mit ihren zugegebenermaßen kindlichen Zöpfen, dann die Pazifistin mit langen, glatten Haaren", brummte er widerwillig und schnaubte.

Duos Augen weiteten sich vor Erstaunen. Er hatte diese ominöse Frau schon öfter im Fernsehen gesehen, hätte aber NIE gedacht, dass ausgerechnet SIE Lady Une war.
Daher also kam ihm die OZ-Offizierin so bekannt vor.

"Und wenn Une nicht in Frage kommt, was dann? Was macht OZ ohne Führungsspitze?", mischte er sich in das Gespräch ein und fand zum ersten Mal den Mut, Zechs lange und ohne Zögern in die eisblauen Augen zu schauen.

"Genau das ist ja das Problem. Es ist schon jemand für Treizes´ Posten vorgesehen. Es steht noch nicht fest wer, aber wir können es darauf anlegen, dass er noch grausamer sein wird, als der General es je war."

"NOCH grausamer?", warf Duo bitter ein und schnaubte zynisch. "Dann können wir uns ja freuen!"

Heero runzelte die Stirn. Im Moment wusste er nicht, ob er froh sein sollte, dass Duo nicht mehr mit solch einer panischen Angst auf seinen Namen reagierte, oder ob er geschockt sein sollte, dass er so zynisch und hasserfüllt darüber dachte.

Der Hass lässt ihn nur wieder zu diesem gefühlskalten Monster mutieren, das ohne zu zögern den Offizier verstümmelt und getötet hat. Und auch wenn ich ihm keinen Vorwurf daraus mache, ich möchte nicht, dass er so wird. Ich will nicht, dass er so gefühlskalt wird.

Hm..., etwa so gefühlskalt wie du selbst?, fragte die Stimme in seinem Inneren zuckersüß lächelnd. Edler Vorsatz, mein Lieber, edler Vorsatz. Du wärst ein tapferer Edelmann geworden, hättest du im Mittelalter gelebt.

Halt. Den. Mund, presste Heero lautlos zwischen seinen Zähnen hervor. Du brauchst mir gar nichts zu sagen, denn du bist ja schließlich ICH! Oder etwa nicht?

Ja, da könnte man sagen. Aber ich bin der menschliche Teil in dir, das ist der Unterschied. Ich bin die Gefühle, die Doktor J nie geschafft hat, auszurotten. DU hingegen bist das Produkt seiner Erziehung.

Das ist nicht wahr!!!, fuhr Heero die unwillkommene Kritik in seinem Kopf an, wütend, wenn nicht sogar mehr als das.

"Heero?!"

Der japanische Pilot zuckte sichtlich zusammen, als er Duo hörte, der beinahe entsetzt seinen Namen gerufen hatte. Er sah auf und erkannte drei erschrockene Gesichter, die allesamt kalkweiß waren und ihn verständnislos anstarrten.

"Was ist?", knurrte er abweisend und sah, wie Duo sich fast augenblicklich verkrampfte und mühsam antwortete:

"Es...du warst plötzlich so abwesend und hast dann `Das ist nicht wahr!` gerufen...."

Heero Ärger schmolz augenblicklich angedenk Duos geschocktem Gesichtsausdruck dahin. Mehr noch. Es tat ihm furchtbar leid, seinen Freund so angefahren zu haben.

"Es tut mir leid Duo", folgte dann auch schon die Entschuldigung und er versuchte sich an einem winzigen Lächeln, das der amerikanische Pilot mit Erleichterung aufnahm.
Er wollte gerade noch etwas nachsetzen, als ein Räuspern die Beiden störte und sie zu Zechs und Wufei hinüberblicken ließ.

"Es tut mir leid, wenn ich störe, aber ich hätte doch ganz gerne gewusst, was hier los ist", sagte der Tallgeesepilot säuerlich und fügte seinen Worten eine einladende Geste hinzu.

Er wusste, dass die Gundampiloten nicht ganz normal waren, hatte es schon immer gewusst. Welche JUNGEN würden denn auch freiwillig ihr Leben dafür riskieren, für eine Horde von noch verrückteren Wissenschaftlern Aufträge auszuführen. Und dann noch Yuy. So ehrenhaft der japanische Pilot auch sein mochte, was Zechs gerne zugab, fragte er sich doch allen Ernstes, was diesen kaltherzigen, unnahbaren, egozentrischen Jugendlichen dazu antrieb, aus dreißigsten Stockwerken zu springen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit sein Leben zu riskieren und den Selbstzerstörungsmechanismus seines Gundams auszulösen. Und sich dann noch bitter zu beschweren, dass er den Selbstzerstörungsmechanismus nicht eingebaut hatte, als er Wing für den Kampf in der Antarktis repariert hatte.

Gut, ich muss zugeben, dass sie ihre Kolonien beschützen, und das auch mit Erfolg, und dennoch....
Außerdem, wo kam denn der plötzliche Sinneswandel des japanischen Piloten her? Nach Wuffies Angaben konnte er doch den immerzu quatschenden Amerikaner kaum eine Stunde aushalten, und nun schien es, als ob sie ein Paar wären.

Zechs schoss plötzlich eine kleine Erinnerungssequenz durch den Kopf und er runzelte die Stirn.
Konnte es sein, dass....? Nein, es konnte nicht nur, es war auch so! Die Vertraulichkeit, mit der Heero seinem Partner über den Rücken gestrichen hatte, den Schutz, den er ihm stumm und doch allzu präsent angeboten hatte. All das waren deutliche Anzeichen darauf, dass zwischen den Beiden mehr lief, als es auf den ersten Blick schien.

Aber wie...?

"....nichts, Zechs", drang eine Stimme durch seinen Gedankengang und riss ihn abrupt ab.

Er zog verwirrt die Augenbrauen zusammen, was Heero sofort verstand und seinen Blick finster erwiderte, während er mit Betonung den Satz wiederholte:

"Es ist nichts, Zechs. Mach dir keine Sorgen."

"Ah. Das sehe ich."

Heeros Blick wurde noch eine Stufe intensiver.

"Oder sagen wir es so: Es ist nichts, was dich etwas angehen würde", setzte er kalt nach und wollte damit das Thema beenden. Doch Zechs ließ sich mit dieser Erklärung nicht abfertigen.
"Also geht es um Duo und dich", erwiderte er unbeeindruckt und begegnete Heeros feurigem Blick mit Gelassenheit. "Also DAS ist es."

Heero knurrte guttural und war bereit, seine Vorsätze, Zechs nicht zu töten, allesamt fallenzulassen. WIE konnte dieser....BASTARD....es wagen, SO über Duo zu sprechen, mit solch einer Dreistigkeit die Gefühle seines Partners in den Staub zu treten? Er hatte doch verdammt noch mal Duos schlechten Zustand gesehen, wie wagte er es.....

"Wenn du es wagst....", begann er drohend, als Duo aufstand und ihm somit das Wort abschnitt. Der amerikanische Pilot warf seinem Partner einen ruhigen Blick zu, während er auf den OZ-Offizier fast lautlos zuging, sich vor ihn stellte und ihm schließlich eine schallende Ohrfeige gab.

Die Stille, die darauf folgte, war in irgendeiner paradoxen Weise ohrenbetäubend. Sowohl Heero als auch Wufei klang immer noch das Geräusch des Schlages in den Ohren, der so heftig war, dass Zechs´ Wange sich mittlerweile schon ins bläuliche verfärbte und ihm Tränen in die Augen geschossen waren. Und mitten in die Stille hinein tönte bedrohlich Duos hasserfüllte Stimme:

"Wie wagst du es, von Dingen zu sprechen, von denen du nicht das GERINGSTE Fünkchen von Ahnung hast?! WIE kannst du es wagen, so über mich und Heero zu sprechen? Wie kannst du es wagen, hier einfach aufzukreuzen und SO ETWAS zu sagen?!"

Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ ruckartig den Raum, laut die Tür hinter sich zuknallend.
Zechs kam langsam wieder zu sich. Mit allem hatte er gerechnet, nur damit nicht. Und schon gar nicht mit solch einer Heftigkeit. Langsam dämmerte ihm, dass sein Kommentar bezüglich Duos und Heeros Beziehung wohl doch nicht sehr intelligent gewesen war. Er verstand jedoch nicht, warum der langhaarige Junge so aufgebracht reagiert hatte. Und dann diese Mordlust in den violetten Augen, als Duo sich umgedreht und den Salon verlassen hatte.

Was ist nur mit ihm los?, fragte Zechs sich stirnrunzelnd. Ich hatte immer den Eindruck, dass er ein recht lockerer Mensch war und auch gut mit solchen Kommentaren umgehen konnte. Doch diese jetzige Reaktion, die wirklich starke Ohrfeige....

Unbewusst fuhr sich der blondhaarige Mann über die geschwollene Wange und stöhnte leicht auf. Wenn er morgen nicht ein Hämatom in Form von einer Hand hatte, würde er sich wundern. Zumindest im Moment musste man deutlich die Spuren von Duos Handschrift erkennen können.

Dann wurde er sich der Stille im Raum wieder bewusst und sah sich beinahe scheu um. Er wusste nicht, wieso, aber auf einmal fürchtete er sich fast, dem Blick des japanischen Piloten zu begegnen, den klaren Vorwurf darin zu erkennen. Und dennoch richtete er seinen Augen auf die des Wingpiloten und erkannte darin Wut. Außerordentliche Wut, dass er es gewagt hatte, Duo so etwas an den Kopf zu werfen.

"Heero...ich...", begann er verwirrt, doch der schnitt ihm mit einer knappen Geste das Wort ab.

"Wenn ich nicht wüsste, dass du ein ehrenhafter Soldat bist und dass du es nicht so gemeint hast, wärst du jetzt tot. Und ich hätte keine Rücksicht auf Wufei genommen!"

Damit stand der japanische Pilot ebenfalls auf und verließ mit einer fließenden Bewegung den Salon um hinter sich zu hören, wie Zechs ein fragendes Geräusch von sich gab und Wufei ihm etwas antwortete.

Doch das interessierte Heero nicht. Sein einziges Augenmerk bestand darin, den langhaarigen Jungen zu finden ihn davon abzuhalten, irgendwelche Dummheiten zu machen.

Denn auch wenn Heero nicht genau wusste, wieso, sagte ihm sein Gefühl, dass wieder etwas passieren würde. Genauso wie vor ein paar Tagen, als Duo sich die Arme aufgeschnitten hatte, nur um den Schmerz, die Wut, die Verzweiflung, die diese Männer in ihm hinterlassen hatten, zu komprimieren.