A/N: Guckguck^_^! Neuer Teil, nach dem Cliffhanger wohl nötig, was? Aber mal allen ernstes, ihr Lieben...wusstet ihr wirklich nicht, wer es war? Dabei war es doch so offensichtlich....also nein. Aber für alle die, die daneben gelegen haben, hier die Auflösung^_~.

Fb-Dank geht an Gonysoma, Koji-chan, CaroGOD, SheSeya, Koishii, Sil, D-chan, Loul und Need!^_^ Beta-Dank klar, an Caron *verbeug*

Also dann, viel Spaß und happy C&Cing ^_^.



"Ein herrlicher Tag, nicht wahr, mein Mann mit dem Mädchennamen?"

Zuerst weigerte sich sein Gehirn, sein logisches Denken das anzuerkennen, was er nun sah. Den Mann zu identifizieren, der nun neben ihm saß, ihn freundlich anlächelte. So, als ob...

Aya entwich kein Ton, als er nun wirklich sämtliche Zweifel an der Identität des Mannes fallen ließ. Lasgo. Am Leben. Ohne einen Kratzer.

Das durfte nicht wahr sein...



"Ich muss schon sagen, dass es mich sehr überrascht hat, zu erfahren, dass du gegen mich arbeitest und du es tatsächlich geschafft hast, mein Lager komplett zu vernichten."

Süßer Vanilleduft, gepaart mit Lavendel wehte zu ihm herüber und ließ Aya schwer schlucken. Der Mann war hier, um ihn zu töten. Und er selbst war unbewaffnet, konnte sich mit nichts anderem verteidigen als seinen bloßen Händen. Gut...zur Not musste das auch genügen....

"Lasgo." Es war ein flach ausgesprochenes, emotionsloses Wort und dennoch überkamen Aya nun Erinnerungen an die letzte Zeit, komischerweise an Crawford, wie er am Abend des dritten Tages zusammengesunken auf dem Boden von Lasgos Gemächern gesessen hatte. Ein zweites Mal missbraucht. Und auch wenn es dem amerikanischen Mann schließlich gelungen war, seine Panik und Angst vor seinem Auftauchen zu verbergen, so hatte Aya sie doch deutlich in den Augen des Orakels gesehen.

"Birman hat mir viel über dich erzählt, Aya Fujimiya. Über dich und dein Leben im Dienste der Rache."

Der rothaarige Weiß konnte den älteren Mann nur anstarren. Wie...konnte er es wagen, sich einfach so zu zeigen, wo er doch wusste, dass er getötet werden sollte, dass Aya selbst den Auftrag hatte, dies zu erledigen. Wie groß konnte Selbstvertrauen sein? Was garantierte Lasgo, dass Aya seine Mission nicht noch nachträglich vollendete?

"Weißt du, warum ich dir Crawford geschenkt habe, Aya?"

Um ehrlich zu sein, verwirrte ihn die Frage, der plötzliche Themenumschwung in Richtung Orakel. "Nein?", brachte er hervor und schaffte es erst jetzt nach und nach, seinen Herzschlag zu beruhigen und Lasgo zu fixieren. Der Drogenhändler selbst wirkte vollkommen ruhig und gelassen, wie immer. Er lächelte nun, eine charmante Geste, die jedoch unerwidert blieb.

"Birman und du, ihr habt eines gemeinsam. Euren Hass auf Schwarz. Und genau das finde ich köstlich. Verachtung macht eine Kreatur wie dich so ätherisch, dein Hass verleiht dir eine unglaubliche Anziehungskraft. Genauso wie deine Menschlichkeit, die dich überschwemmt hat, als du Crawford das erste Mal gesehen hast. So geschlagen. So missbraucht. Ich habe ihn dir geschenkt, damit du dich an ihm rächst. Ich wollte dir Gutes tun, doch hast du das Angebot auch angenommen?"

"Nein....", stieß Aya zwischen zusammengepressten Kiefern hervor. "Auf solch eine Stufe lasse ich mich nicht herab, Lasgo."

"Ach nein? Das sah aber ganz anders aus, als du so kurz davor warst, dich ihm aufzuzwingen."

Aya konnte sein Gegenüber nur sprachlos anstarren. Woher wusste er....? Lasgo lachte erneut leise, ein intensives Geräusch, ein angenehmer Ton. Der ältere Mann fixierte für einen Moment seine schlanken Finger, betrachtete sie versonnen und hielt sie sich schließlich vor Augen.

"Ja meinst du, ich schenke dir etwas, ohne dabei an meinen Vorteil zu denken? Aya....Aya.....so naiv. Genau das reizt mich an dir. Du bist trotz des Blutes an deinen Händen unschuldig. Rein. Unverdorben. Naiv. Aber zurück zum Thema. Denkst du, ich hätte keine Vorkehrungen getroffen, um euch beide beobachten zu können? Ich habe überall in deinem Apartment kleine Kameras anbringen lassen. Es gab nichts, was ich nicht gesehen habe. Und ich muss sagen, ich habe es genossen, euer Zusammenspiel zu verfolgen."

Die Augen des rothaarigen Assassins weiteten sich unmerklich, als er sich der Tragweite des Gesagten bewusst wurde. Lasgo hatte alles gewusst. ALLES. Und er selbst hatte sich vollkommen naiv und unerfahren täuschen lassen. Hatte gedacht, dass er den älteren Mann überlisten könne. Welch trügerische Hoffnung.....

"Birman....." Natürlich musste sie es gewesen sein. Sie und Lasgo hatten es vermutlich von Anfang an geplant. Ayas Wangen erhitzen sich unmerklich, als er spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Er hatte sich täuschen lassen, wie ein Anfänger täuschen lassen....

Ein Lachen antwortete ihm. "Kluges Köpfchen. Es kam ihr mehr als gelegen, dass Perser dir diesen Auftrag erteilt hatte. So konnte sie dich und Crawford zusammenbringen, sich gleichzeitig an ihm rächen. Und glaube mir...das hat sie. Obwohl sie noch nicht ganz damit fertig ist."

"Wie meinst du das?", fragte Aya misstrauisch, wenngleich ihn so schnell nichts mehr aus der Bahn werfen konnte. Gut, er kannte zwar die genauen Gründe nicht. wusste aber von ihrem Hass auf Schwarz. Allerdings hatte er bisher gedacht, ihr genüge es einfach, Schwarz tot zu sehen und nicht....so.



"Ganz einfach....am Nachmittag des dritten Tages war sie dabei, als ich den Schwarzjungen erneut für mich beansprucht habe. Sagen wir mal...sie hat aktiv am Geschehen teilgenommen."

Schwarzjungen?

Hatte Aya vor ein paar Augenblicken noch gedacht, ihn könnte so gar nichts mehr überfahren, so wurde er nun eines besseren belehrt. Wie auch schon bei der "Geschenkübergabe" drei Tage zuvor, stieg eine unbändige Übelkeit in ihm hoch, die er nur mit Mühe zurückhalten konnte. Sie...auch? Sie hatte sich AUCH noch an Crawford vergangen....? Als wenn Lasgo nicht schon schlimm genug gewesen wäre....

Ayas Herz schlug wütend, als er seine eigenen Hände zu Fäusten ballte, die weißen Knöchel anstarrte. Hände, die sich in diesem Augenblick gerne um den Hals des gutaussehenden, gepflegten Mannes gelegt hätten und solange gewürgt hätten, bis kein Laut mehr den schmalen Lippen entkam.

"Das ist krank!", stieß er angeekelt hervor. "Vollkommen krank! Das hat nichts mehr mit Gerechtigkeit zu tun! Oder mit Rache! Das ist Perversion!"

"Mag sein, Aya, aber macht es das nicht umso interessanter? Macht die Tatsache, dass Crawford, die Gewalt an sich, MIR unterlegen ist, meine Tat nicht auf eine gewisse Weise anziehend? Hat sie nicht etwas verboten Attraktives an sich?"

Aya wollte entsetzt den Kopf schütteln, als ihm eine kleine, nagende Stimme in seinem Hinterkopf ins Bewusstsein flüsterte, dass er genau das zunächst auch gedacht hatte. Welch gerechte Strafe für einen solchen Verbrecher. Aber als anziehend hatte er die Vergewaltigung nie empfunden, nein.

"Du hattest ihn doch auch unter dir, Aya. Wie hat sich das angefühlt? Warst du in dem Moment nicht auch berauscht, von der Aussicht, diesen Mann unter dir zu haben? Zu wissen, dass er dir ausgeliefert ist? Glaube mir...wenn du einmal in den Genuss dessen gekommen bist, kannst du davon nicht ablassen. Ich hatte ihn vor mir. Auf seinen Knien, bereit von mir genommen zu werden. Und genau das habe ich getan, Aya. Sein Körper ist nicht das Einzige, was mich zu ihm hinzieht...nein....es ist sein Leid, das er nicht zeigt, das jedoch da ist. Das jede einzelne seiner Blutbahnen erfüllt. Sein stummer Widerstand, sein Hass...wundervoll. Aphrodisierend. Seine Wut, als ich ihn das erste Mal überwältigt hatte. Ausgerechnet ich. Ein einfacher Mensch. Seine Gabe hat versagt...warum, weiß ich nicht. Er hatte es nicht vorhergesehen. Dennoch war es egal. Und dann....das Entsetzen, als ihm bewusst wurde, was ich tun würde. Es war schön zu sehen, wie er langsam unter meinen Administrationen schwächer wurde....bis hin zur Bewusstlosigkeit...."

"Das ist widerlich...", donnerte Aya fast erbost, schloss die Augen und schüttelte den Kopf, um schließlich erschrocken zusammen zu zucken, als er eine Hand auf seiner Wange spürte. Eine der Hände, die Crawford bezwungen hatten, ausgerechnet das Orakel.....

"Keine Angst, mein schöner Mann mit dem Mädchennamen. Ich hege keine Affirmation für dich, zumindest nicht sexuell. Deine Unschuld ist es nicht wert, zerstört zu werden; wenn du so willst, bist du für mich uninteressant. Das Einzige, was ich für dich habe, ist ein Angebot."

Die Finger auf seiner Wange strichen ungehindert seine Stirn entlang, liebkosten seine überreizten Gesichtsnerven.

"Was für ein Angebot?"

Die Hand zog sich wieder zurück, hinterließ eine sanft prickelnde Spur auf seiner Haut.

"Schließe dich uns an. Nehme deine Rache an den richtigen Personen. An den Menschen, die dich unterdrücken und an eine Leine legen, die dir zuwider ist. Für deine Schwester kannst du auch mit unserem Geld sorgen. Ohne Verpflichtungen und Konsequenzen."

Aya lachte bitter auf. "Geld von Kindern, die sich Drogen kaufen, ja? Die elendig daran zugrunde gehen? Nein. Niemals."

Lasgo schüttelte scheinbar nachdenklich den Kopf. "Es ist Zeit für dich, die Wahrheit zu erkennen, Aya. Du mordest. Du machst Frauen zu Witwen, Männern zu Witwern und Kinder zu Waisen. Das ist genauso ruchlos, auch WENN deine Opfer scheinbar alles andere als gut sind. Aber glaube mir...ich kenne die Wahrheit über Kritiker und Perser, ich weiß, dass ihre Motive nicht rein von Schuld sind, dass sie Blut an ihren Fingern haften haben, was du so sehr verabscheust. Was meinst du, ist der Kampf gegen das Böse so lukrativ? Denkst du das wirklich? Perser tut es nicht, daher hat er beschlossen, auf zwei Seiten Profit zu schlagen. Stelle dich gegen ihn, Aya und kämpfe nicht für Wahrheiten, die keine sind."

"Gegen ihn und auf eure Seite? Auf das vollkommen Böse? Nein...."

"Nicht das vollkommene Böse. Deine heilige Rache am Bösen kannst du meinetwegen fortführen, wenn du es unbedingt möchtest. Aber ich möchte dir zeigen, dass es auch andere Seiten des Lebens gibt, mit denen du deine Zeit verbringen kannst, Aya. Mit deiner Schwester zum Beispiel. Ist dir deine Schwester so unwichtig, dass du dich tagtäglich anderen Dingen widmest? Hätte sie gewollt, dass du tötest? Dass du für ihr Leben mordest? Ich denke nicht. Und genau das ist der Handel. Komm zu mir und ich sorge dafür, dass du nie wieder eine Waffe in die Hand nehmen musst, um einen Menschen zu töten. Lass deine Schwester stolz auf dich sein, wenn sie aufwacht. Biete deiner Schwester ein gewaltfreies Leben, wenn sie dich anlächelt, wenn sie die Augen aufschlägt."

Obgleich Aya es nicht wollte, spürte er, wie sich sein Herz zusammenzog. Ja....Lasgo hatte Recht, zumindest in diesem Punkt. Er konnte Aya einfach nicht mehr unter die Augen treten. Er war über und über mit Blut besudelt, er war unrein. Wenn sie erwachte, würde er sich von ihr fernhalten...von diesem zerbrechlichen Engel.

"Nein." Es überraschte ihn, dass seine Stimme so fest, so ausdrucksvoll war. "Ich will nicht noch mehr Schuld auf mich laden. Mein Leben gehört Kritiker und so wird es auch bleiben."

Lasgo betrachtete ihn für einen Moment schweigend, nur um dann leicht den Kopf zu schütteln. Es schien, als könne er Ayas Entscheidung nicht wirklich nachvollziehen. Mit einer grazilen Bewegung stemmte er sich in die Höhe und sah auf sein Gegenüber hinab.

"Was ich dir zu bieten habe, Aya, ist ultimative Rache. An Takatori. An Schwarz. An den Menschen, die dich psychisch vergewaltigen, und das jeden Tag. Denn etwas Anderes macht Kritiker nicht. Sie benutzen deinen Körper gleichwohl wie deine Seele. Im Moment siehst du das einfach noch nicht, doch ich habe Zeit. Ich kann warten, bis du dich entschieden hast."

Damit wandte er sich um und verließ den jungen Assassin ohne ein Wort des Abschieds. Schlenderte vertrauensvoll davon im weichen Sonnenlicht des Tages. Ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen, ohne sich auch nur Gedanken darum zu machen, dass Aya ihn doch töten könnte, wenn er es darauf anlegen würde. Doch anscheinend wusste Lasgo, dass dies im Moment nicht der Fall war. Dass Aya viel zu verwirrt war, um dem älteren Mann zu folgen, geschweige denn, seinen Auftrag auszuführen und ihn zu töten.

So blieb er nur regungslos und doch zitternd auf der Parkbank sitzen und starrte der sich entfernenden Gestalt hinterher. Vollkommen abgeschottet seiner äußeren Umgebung gegenüber. Und damit den wachsamen Augen, die das gesamte Gespräch aufgezeichnet hatten.

~~**~~

"Na, geht´s wieder?"

Crawford hielt es nicht für nötig, seinem Teamkollegen zu antworten. Was sollte er auch schon sagen? Die Beweise für das Gegenteil waren doch evident.

Sie saßen mittlerweile wieder im Auto, hatten sich auf den Weg nach Hause gemacht. Das Orakel schloss für einen Moment die Augen. Er war müde und die Schmerzen in seinem Inneren wie Äußeren hatten stumpf aber bestimmt zugenommen und ließen ihn nun in unregelmäßigen Abständen unmerklich erzittern.

Schuldig konzentrierte sich angesichts dieser eisigen Stille wieder auf den Verkehr, brachte sie zielsicher zu einer Apotheke und wartete schließlich, bis Crawford mit einem Stapel an Medikamenten das Gebäude verließ, deutlich blass im Gesicht und ungewöhnlich unsicher im Gang, als wenn nicht schon seine legere Kleidung danach schreien würde, dass etwas nicht stimmte. Schuldig war weder dumm noch ignorant, er bemerkte die Schmerzen, welche von dem älteren Mann ausgingen. Und dass das Orakel noch stummer war als sonst...vielleicht konnte der Kleine ja etwas daran ändern.

Schuldig seufzte in sich hinein und brachte sie gewohnt rasant nach Hause, dieses Mal nicht mit einem wütenden Blick oder einem abwertenden Kommentar konfrontiert. Es schien, als war ihr Anführer vollkommen in seiner eigenen Gedankenwelt versunken, in die Schuldig wie für gewöhnlich keinen Zutritt hatte. Brad konnte ihn blocken und das zur Not mit sehr rabiaten Mitteln, wie es am Anfang ihres Zusammenarbeitens häufiger der Fall gewesen war. Doch mittlerweile hatten sie einander soweit respektiert, dass solche Gefechte nicht mehr nötig waren.

Und nun....nun verschwand Crawford ohne einen Ton zu sagen in das Haus, wahrscheinlich in seine Räumlichkeiten und brütete vor sich hin.

´Nagi´, sandte Schuldig telepathisch aus und versuchte, den Geist des jungen Schwarz zu erfühlen. Er fand ihn schließlich in der Stadt, scheinbar in eine mentale Diskussion mit sich selbst vertieft. ´Komm nach Hause, ich habe eine Aufgabe für dich.´

~~**~~



Crawford atmete auf, als er hinter sich die Tür schloss und zum Bett wankte. Der Schmerz war schon lange nicht mehr erträglich gewesen, genauso wie Schwindelgefühl und Fiebrigkeit. Mit zittrigen Händen langte er nach den abgelegten Medikamentenpackungen und suchte sich die Schmerzmittel. Tramal....stark und schnell wirkend, sehr praktisch. Er nahm zwanzig Tropfen, für den Anfang zuviel, aber besser als weitere Qualen.

Crawford zog die Vorhänge zu. Schließlich in dunkel gehüllt, entkleidete er sich langsam, darauf bedacht, seinem Körper nicht noch mehr Grund zum Protest zu geben und vergrub sich unter seiner Decke. Schlafen wäre gut....schlafen brachte Erlösung....schlafen brachte Vergessen.

Er schloss erschöpft seine Augen. Die letzten Tage waren schlimm gewesen. Mehr als das. Und er hatte keine Hoffnung, dass es in der nächsten Zeit besser wurde. Zumindest seine körperlichen Beschwerden nicht. Davon, was sein Geist ihm vorgaukelte ganz zu schweigen, denn so oft er sich auch versicherte, dass es vorbei war, dass er wieder der Alte war, das Orakel, unbesiegbar, stark, ohne Fehler, so erinnerte ihn sein Gedächtnis mit Wonne daran, was geschehen war, dass er eben nicht unbesiegbar war.

Dass er zweimal unterlegen war. Zweimal dem gleichen Mann. Und in welch einer Weise....

Crawford atmete tief ein und wieder aus, beruhigte seinen Körper und damit seinen Herzschlag, bereitete sich selbst innerlich auf den Schlaf vor. Er brauchte Ruhe und das dringend. Mit eiserner Selbstkontrolle schaffte er es nun, sich langsam dem seichten Schlummer zu widmen, für einen Moment all die Dinge, die ihn beschäftigten, abzulegen und einzuschlafen.

~~**~~

"Hey Kleiner, alles klar?"

Nagi brummte missgelaunt. Natürlich, bis eben war es das gewesen. Doch nun beschlich ihn langsam das Gefühl, dass Schuldig etwas im Schilde führte, so wie er sich hier gebar. Das ungewöhnlich ernste Gesicht des Deutschen, die Abstinenz der Zigaretten, sein Verhalten, einfach alles.

"Was willst du denn?", richtete er sich nun stirnrunzelnd an den älteren Mann, der ihm eine Tasse Kaffee hinstellte und sich nachdenklich neben ihm niederließ. Eine seltene Geste. Es schien etwas wirklich ernstes zu sein.

"Es geht um Crawford..."

Nagi sah stumm auf. Ja, er wusste, was Schuldig wollte. Konnte es sich zumindest denken. Er ließ Milch und Zucker heranschweben um seinen Kaffee zu süßen. Crawford war vollkommen anders zurückgekommen, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie sich aufmachen mussten, um ihren Teamleader aus der Klemme zu helfen. Nagi war zwar meist zurückgezogen und lebte für sich, wusste aber auch, was um ihn herum vorging. Und das hier war definitiv nicht normal.

"Ich war heute mit ihm beim Arzt."

Der junge Telekinet sah auf und setzte den Zucker ab, während er nach der Milch griff. "Du? Mit ihm...? Das wäre mal was neues."

Seit wann ließ Crawford sich zum Arzt begleiten? Das hatte er noch nie getan. Nagi war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt schon mal gesehen hatte, dass sein Teamkollege medizinischen Rat in Anspruch nahm. Hm...

"Du solltest mit ihm reden."

Nagi schnaubte überrascht. "Ich?! Nein....Schuldig. Ich nicht...ich möchte mein Glück nicht auf´s Spiel setzen, danke. Wenn du unbedingt wissen willst, was geschehen ist, dann regle du das auf deine Weise und schiebe nicht mich vor, okay? Denn ICH möchte nicht derjenige sein, der nachher Brads Zorn abbekommt. Warum liest du nicht Abyssinian, wenn du so scharf auf Antworten bist? Er sah aus, als könne er dir ALL das beantworten..."

Schuldig lachte säuerlich auf. Natürlich war er auch schon auf diese Idee gekommen. Als wenn sie etwas bringen würde....er konnte Fujimiya nicht lesen, schon von Anfang an nicht. Der rothaarige Assassin hatte in seiner Zeit bei Crashers scheinbar einiges gelernt, darunter auch, Telepathen keinen Zutritt zu seinen Gedanken zu gewähren und sie, wenn nötig, zu blocken. Wahrscheinlich hatte er sogar eine ähnliche Ausbildung wie Crawford genossen.

"Ich kann ihn nicht lesen, Nagi", erwiderte er mit abwesendem, starren Blick, als er etwas anderes versuchte. Im Falle eines Falles konnte er immer noch die Gedanken von Fujimiyas Teamkollegen scannen, doch auch das brachte ihm kein Ergebnis, außer Eindrücke weitläufiger Verwirrung unter ihnen. Auch sie wunderten sich über die letzte Mission und die darauffolgende, verminderte Arbeitsbereitschaft des rothaarigen Mannes. Schuldig musste unwillkürlich lächeln, dass der sonst so pflichtbewusste Abyssinian einfach den Laden verlassen hatte, um den Tag für sich zu genießen.

Was ihn selbst natürlich nicht weiterbrachte.

"Dann frag ihn auf die herkömmliche Methode."

Schuldig sah für einen Moment zu, wie Zuckerschale und Milchtüte an ihren Stammplatz zurückflogen, um dann Nagis blau-graue Augen zu fixieren und leicht zu seufzen. "Ich habe ihn schon gefragt, habe es heute versucht. Und weißt du, was unserer ach so großer Anführer gesagt hat? Gar. Nichts. Oh Wunder, oh Wunder!"

Nagi runzelte die Stirn. "Ich meinte auch nicht Brad. Sondern den Weiß, Fujimiya."

Schuldig hob überrascht seine Augenbraue. Nagi hatte Recht. Es war ein....guter Vorschlag, das musste sich der rothaarige Mann eingestehen. Ein sehr guter sogar.....und einer, der ihm wahrlich Spaß machen würde.

Schuldig lächelte leicht versonnen, als sich in seinen Gedanken ein Plan formte.

~~**~~

Das Erste, was er spürte, als er aufwachte, war eine seichte Berührung an seiner Wange. Eigentlich nicht schlimm, sogar recht angenehm, wenn man einmal von der Tatsache absah, dass es niemand wagen sollte, ihn einfach so zu berühren oder gar in sein Zimmer einzudringen, wenn er schlief.

Auch wenn sein Verstand ihm Gegenteiliges sagte, so überschwemmten nun Erinnerungen sein rationales Denken, beschleunigten auf unmenschliche Weise seinen Herzschlag und ließen nur einen Schluss zu. Lasgo war da, streichelte seine Wange, würde gleich.....

Crawfords Augen flogen abrupt auf, während sie sich langsam auf die zusammengekauerte Gestalt vor ihm fixierten. Das war nicht Lasgo....nein.....dafür war der Schemen viel zu hell. Es war....

Seine Augen weiteten sich nun unmerklich, als er trotzdem ruhig liegen blieb und Farfarello gewähren ließ, als dieser ihn ohne Unterbrechung berührte, seine Wange auf und ab strich. Der junge Ire hatte sich anscheinend einen seiner mondänen Ledersessel herangeholt, die Beine angezogen und seinen Kopf darauf gestützt, während ein blasser, mondbeschienener , dünner Arm ausgestreckt war und dessen Finger sacht, fast scheu sein Gesicht berührten.

Er, der sich selbst im Schlaf auf die Seite gerollt hatte, Farfarello zugewandt.

Was in aller Welt sollte das hier? Seit wann hatte auch nur irgendeiner seines Teams die Erlaubnis, einfach so sein Zimmer zu betreten, und das noch, wenn er schlief? Crawfords Eingeweide zogen sich vor Wut zusammen, als er für einen Moment überlegte, Farfarello einfach wegzustoßen und aus dem Zimmer zu werfen, dann jedoch eines Besseren belehrt wurde, als er auf den ruhigen, sanften und wissenden Blick des Iren stieß.

Um ehrlich zu sein, hatte er diesen Ausdruck noch nie auf dem vernarbten Gesicht gesehen. Für einen einzigen Augenblick waren nicht Blutlust und Wahnsinn präsent, sondern Menschlichkeit.

"GOTTES Chöre frohlocken, denn einer SEINER Widersacher wurde wiederholt geschändet......." Ein Flüstern, nicht viel mehr, und doch das, was Crawford nicht hören wollte. Farfarello wusste es. Wusste, was passiert war, das war ihm plötzlich klar. Warum auch immer das so war.

Und die bleiche Hand strich immer noch über seine Wange, schien ihn beruhigen, trösten zu wollen.

"Was willst du hier, Farfarello?", fragte Crawford ruhig und schloss die Augen. Der Ire hatte anscheinend die Vorhänge aufgezogen, der Helligkeit des Raumes nach zu schließen. Das Mondlicht schimmerte bläulich auf sie hinab, als der jüngere Mann seinen Kopf schief legte und hinauf zum Haaransatz wechselte, eine Geste, die das Orakel erschauern und seine Gedanken zurückschweifen ließ.

Aya hatte das Gleiche getan, als er ihn vor zwei Tagen aus seinem unruhigen Schlummer geholt hatte, für einen Moment paralysiert durch das ruhige Erscheinungsbild seines Nemesis, des schwarzhaarigen Mannes. Crawford hatte dem Stand gehalten, hatte sich nicht gewehrt, auch wenn er seinem Gegenüber am Liebsten die Kehle herausgerissen hätte für diese Tat.

Nun aber spürte er kein solches Verlangen. Nicht einmal seine Wut war noch übrig. Vielleicht ein kleiner Teil.

Farfarellos Auge blinzelte, schien sich mit einem Mal auf seine Frage zu besinnen, als er lächelte. "Aber GOTTES Widersacher wird IHM nicht zu Gefallen sein und daran zerbrechen....nein....."

"Nein, das wird er nicht...." Es hatte keinen Sinn, das Offensichtliche zu leugnen. Das, was er vor Schuldig und auch Nagi verbergen konnte, lag offen vor dem jungen Iren. Er wusste, dieser würde es bei sich behalten, obwohl er selbst dafür keine handfesten Beweise hatte. Aber Farfarello war kein Mensch, der leichtfertig Informationen preisgab. Meist gar nicht, es sei denn, Crawford befahl es.

Die Hand, welche sich schließlich wieder auf seiner Wange bewegte, verharrte nun und sandte leichte Wärme aus, Balsam für sein geschwollenes Körperteil. Es war genau der Abschnitt, der mit Takatoris Golfschläger Bekanntschaft gemacht hatte und nun unter Farfarellos sanften Bemühungen sein schmerzhaftes Pochen zwar nicht abschwächte, aber auch nicht intensivierte.

"Als wenn der Mond je aufhören würde zu leuchten....", wisperte Farfarello und fuhr mit vernarbten, rauen Fingern über die halb geöffneten Lippen seines Teamführers und erhob sich schließlich grazil, beinahe geräuschlos. "Als wenn es je dunkel werden würde in der Nacht....." [1]

Damit überließ er Crawford der Stille des Raumes und der Helligkeit des abnehmenden Mondes, der direkt auf seine stumme Gestalt schien. Das leise Schließen der Tür war das einzige Geräusch, welches im ganzen Haus vernommen werden konnte.

~~**~~

~~~~~~

By Coco

[1] Das Gleichnis von Crawford und dem Mond, ist ganz alleine Ravanna zu verdanken, die eine der besten Farfarellodarstellungen gegeben hat, die ich je gelesen habe. Das hier ist eine Hommage an dich, Kleines. Btw, wer sie noch nicht kennt, sollte vielleicht mal einen Blick in "Holding my thoughts in my heart" werfen, eine Geschichte, die die herausragend schnelle Entwicklung einer jungen Autorin wirklich exzellent zeigt und ganz nebenher eine inhaltlich sehr dichte und atmosphärisch gelungene Geschichte ist. ^_^

Also dann, bis zum nächsten Mal!