A/N: Hallo zusammen!^^ In Deutschland ist es heiß...*ächz*. Dementsprechend groß ist auch meine Lust, drinnen zu bleiben und zu schreiben...sorry, dass die Teile mittlerweile solange brauchen, aber ich muss arrrrbeiten....
Dank geht an Caron für´s Beta *huggels* und an Koji-chan, Loul, Gonyosoma, seya, D-chan, Ne-chan, CaroGOD, Kat-chan und Sil für´s reviewen! Ihr Süßen, ich beantworte eure Mails noch...in den nächsten Tagen, okay?
Hier also der nächste Teil, viel Spaß beim Lesen und happy C&Cing ^__~!
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Schuldig gähnte herzhaft, als er in seiner morgendlichen Tasse Kaffee schwelgte und dabei seinen Blick über die illustre Runde schweifen ließ. Es war lange her, dass sie alle gemeinsam gefrühstückt hatten, über drei Wochen, um genau zu sein. Es hatte sich so viel geändert, doch nun schien es, als ob alles beim Alten geblieben wäre. Es ging Crawford nicht gut, das sah er deutlich, doch der sture Amerikaner sprach kein Wort über das, was geschehen war. Schuldig konnte das verstehen, angesichts des zugeknöpften Lebens, welches das Orakel führte.
Was er allerdings nicht verstehen konnte, war der ruhige, sanfte Blick Farfarellos, der auf ihrem Teamführer ruhte und anscheinend vollkommen unbeeindruckt vom ganzen Erscheinungsbild und Geschehen war. Der junge Ire hatte heute morgen ungewöhnlich ruhig die gemeinsame Küche betreten, sich seiner allmorgendlichen Blutorange gewidmet, sie in aller Seelenruhe geschält und die Schalen vor sich gestapelt.
Schuldig wusste nicht, woher Farfarello seine Vorliebe für diese Frucht hatte. Gefragt hatte er nie, weil es ihn nicht interessierte. Er vermutete, dass es an der Art lag, wie sich die dicken, saftigen Schalen der Orange vom saftigen Fruchtfleisch lösen ließen.
Wie doch selbst ein alltäglicher Akt etwas morbides, faszinierend gewalttätiges haben konnte...
Der deutsche Telepath folgte Farfarellos einäugigem Blick und blieb an dem hinter der üblichen Tageszeitung verborgenen Orakel hängen. Das übliche Schweigen, wie jeden Tag. Bevor der Amerikaner sein allmorgendliches Frühstück beendet hatte, ging gar nichts. Drei große, schwarze Tassen Kaffee, zwei Brötchen vom teuren, deutschen Bäcker um die Ecke mit stetig wechselndem Belag und die Zeitung.
Es wunderte ihn, dass Crawford nichts über ihren leeren Kühlschrank hatte verlauten lassen... Schuldigs Blick schweifte müßig zu ihrem Teamjüngsten, Nagi, der unsehend vor sich hin starrte und von Zeit zu Zeit einen Löffel Cornflakes zu sich nahm. Er gehörte mit Farfarello zu den fünfzig Prozent des Teams, die etwas zu essen hatten, was Schuldig jedoch nicht im Geringsten störte. Er hatte gestern Abend genug geschmaust, da musste er nicht schon wieder frühstücken.
Ein leises Rascheln ließ ihn plötzlich aus seinen Gedanken hochfahren und seinen Blick zu Crawford ziehen, der ihn nun seinerseits ausdruckslos fixierte und sich dann demonstrativ seinem Kaffee widmete. Ein eindeutiger Vorwurf. Warum war nichts zu essen da? Wieso waren sie nicht in der Lage, einzukaufen, wenn er abwesend war?
Um ehrlich zu sein, hatten sie in der Zeit meist von diversen Fastfoodketten und Lieferdiensten gelebt, wenn nicht schon aus Protest gegen Crawfords allzu regelmäßiges Kochen und Leben. Was ihnen allerdings schließlich in die Quere gekommen war, bevor sie hatten einkaufen können, war die Abwesenheit des älteren Mannes.
Sie hatten genaue Instruktionen, wenn ein Mitglied des Teams von einer Mission nicht wiederkommen würde. Nachfolgen, zuschlagen, befreien, denn Schwarz ließ niemanden zurück. Genau das hatten sie vorgestern auch getan. Nachdem Crawford nicht auf Schuldigs telepathische Rufe geantwortet hatte, waren sie gen Süden aufgebrochen und hatten das Lager erreicht, das größtenteils bereits in flammenden Trümmern vor ihnen lag.
Für einen Moment war Schuldig erfüllt von irrationaler, panischer Angst gewesen, dass Crawford in diesen Trümmern lag, vorher schon ermordet. Doch dann hatte er einen winzigen Hinweis von einem der vielen Sicherheitsleute erhalten, die das Orakel gesehen hatten. Als Schuldig jedoch tiefer forschen wollte, war die Präsenz des Mannes urplötzlich erloschen. Er war tot.
Aber es hatte gereicht, denn als der Telepath seine geistigen Fühler nach Crawford ausstreckte und dessen Geist erfühlte, wusste er, wo das Orakel sich befand. Womit er allerdings überhaupt nicht gerechnet hatte, war die Gegenwart des Weiß und Crawfords äußere Erscheinung.
Auch dessen gestriges Benehmen ließ einiges darauf schließen, das etwas gewaltig nicht stimmte. So wie der ältere Mann aussah und sich benahm, war die Mission nicht nach den geplanten Vorgehensweisen gelaufen. Vermutlich war er entdeckt und dementsprechend behandelt worden, wer wusste das schon außer ihm und Abyssinian?
Aber gut...er würde es schon herausfinden, sehr bald sogar.
Besagtes Sorgenkind erhob sich nun und stellte seine Tasse in die Spüle, verstaute die Zeitung ordentlich in den dafür vorgesehenen Altpapierkarton und wandte sich schließlich langsam erneut seinem Team zu, fixierte sie alle ruhig. "Ich werde jetzt einkaufen gehen, irgendwelche Wünsche?"
Autsch. Das war der vorwurfsvolle Wink mit dem ganzen Zaun. "Ja...Lachspastete und Hühnchen." Da ging sie hin, seine Vorsicht im Umgang mit seinem Teamkollegen. Schuldig wusste ganz genau, dass Crawford über die Abwesenheit sämtlicher Lebensmittel nicht erfreut war, konnte es jedoch nicht lassen, ihn damit aufzuziehen.
"Wie amüsant, Schuldig, wie amüsant...", troff die dunkle, kalte Stimme des Amerikaners nur so vor beißendem Sarkasmus, beließ es jedoch dabei, als sich das Orakel bedächtig langsam aus der Küche entfernte, keinen von ihnen auch nur eines Blickes würdigte.
Wenigstens war er im Gegensatz zum gestrigen Morgen heute zum Frühstück erschienen und hatte sich nicht bleich und fiebrig zum Arzt bringen lassen. Das war schon mal ein Fortschritt, wie Schuldig zynisch anmerkte und den laut knarrenden Treppenstufen lauschte, die unter dem Gewicht des Amerikaners ächzten.
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"Aya...würdest du wohl bitte einkaufen gehen?"
Besagter Mann sah zunächst verwirrt auf, rückte dann jedoch seine Lesebrille zurecht, mit der er die alltäglichen Abrechnungen für ihre auswärtigen Kunden bewältigte. Bevor Omi ihn gerufen hatte, hatte er versucht, anhand von Youjis unleserlicher Handschrift eine Großbestellung von zehn Gestecken auseinander zu pflücken. Hiragana, Katakana...alles kein Problem...aber die Kanji....die verdammten Kanji!
Er hatte wohl gemerkt, dass sie nichts mehr im Haus hatten, wenngleich ihn das nicht wunderte. Natürlich konnten sie alle kochen, natürlich wussten sie, wie ein Haushalt zu führen war, doch sobald er nicht darauf aufpasste, dass hier auch alles seinen geregelten Gang ging, stand das ganze Haus Kopf. Nicht nur das Wohnzimmer, nein, gleich das ganze Haus, vom Blumenladen ganz zu schweigen. So hatte er den gesamten Vormittag mit grollendem Aufräumen verbracht und Youji schließlich in den Laden gescheucht, nachdem dieser ihm mehrmals vergeblich zur Hand gehen wollte.
Sie hatten wenig zu tun, die beste Gelegenheit also, ihre Vorräte vor dem Nachmittagsstress wieder aufzufrischen. Obwohl... "Was ist mit Youji? Kann er das nicht erledigen, ich bin beschäftigt..."
"Youji ist nicht da, ich hab keine Ahnung, wo er sich herumtreibt....ich kann das doch für dich machen! Wir brauchen ein paar Sachen wirklich dringend." Ja....Toilettenpapier, wie er heute morgen gemerkt hatte.
Aya seufzte unterdrückt. Chaoten, alle miteinander. Nun gut, dann würde er eben wieder für einen vollen Kühlschrank sorgen. "In Ordnung....ich mache das hier noch schnell fertig und fahr dann los. Irgendwelche Wünsche?"
Omi lachte hell auf und schüttelte amüsiert den Kopf. "Lachspastete und Hühnchen, wenn´s geht. Ansonsten reichen mir Cornflakes!"
Der rothaarige Mann musste unbewusst lachen. Natürlich...Omi als Lachspastetenfan. Sehr interessante Vorstellung. Mit Silberbesteck und Smoking, an seiner rechten Seite ein Glas besten Champagners. Natürlich....ihr junger, unschuldiger Omi. "Ich denke, ich halte mich da besser an die Cornflakes", gab er ungewöhnlich freundlich zurück und nickte Omi zu, worauf dieser mit einem Winken in Richtung Lager verschwand.
Für einen Moment ließ sich Aya vom Anblick des unbeschwerten Jungen treiben, widmete sich dann jedoch seiner jetzigen Aufgabe. Er würde es nicht zugeben, doch insgeheim war er froh, dem Blumenladen und seinem Team entfliehen zu können. Es gab zuviel, über das er noch nachdenken musste, als dass er dieses Leben je unbeschwert führen konnte. Birman....wie es weitergehen, wie sein jetziges Leben beeinträchtigt werden würde...all diese Ungewissheiten, die ihm noch keine Lösung zeigten, ihn mit einem schier erdrückenden Klammergriff umschlossen hielten.
Aya seufzte und stieß ihr Bestellbuch energisch von sich. Sollte Youji sich doch selbst darum kümmern, wenn er schon so undeutlich schmierte. Er hatte keine Lust dazu, einfach keine Lust. Er musste auch nicht immer wie eine Maschine funktionieren und alles perfekt machen, auch wenn es sonst seine Devise war. Doch anscheinend hatte sich in den letzten Tagen einiges geändert...andere Dinge waren auf einmal wichtiger, als die tägliche Arbeit, als seine Rache an Takatori und Schwarz. Aber wen wunderte das? So sehr Aya sich auch wünschte, dass alles seinen gewohnten, stoischen Gang ging, wusste er auch, dass dies nicht möglich war, nicht mit dem Wissen, das er hatte. Nicht mit der Gewalt, die Birman und Lasgo nun über ihn hatten.
"Genug, genug.....", murmelte er zu sich selbst und streckte sich lässig, ließ dabei einige seiner Wirbel knacken, während sein Blick zu einem der großen Spiegel im Laden glitt und an den bläulich schimmernden Würgemalen an seinem Hals hängen blieb. Würgemale, die auf Kosten des Amerikaners gegangen waren. Einen Kampf, den er selbst provoziert hatte.
Er seufzte leise. Es war Vergangenheit, es ging ihn nichts mehr an. Genauso wenig wie es ihn etwas anging, was Lasgo, Birman und Crawford verband...er hatte damit nichts zu tun, gar nichts.
Aya zog seine grüne, blumig duftende Schürze über den Kopf, die er normalerweise bei der Arbeit trug und griff in der gleichen Bewegung nach seinem Portemonnaie. Jeder von ihnen war für einen wöchentlichen Einkauf zuständig, und dieses Mal war er an der Reihe. Da sich jedoch durch seine Mission ihr Rhythmus etwas verschoben hatte und Youji unauffindbar war, durfte er alleine gehen. Wie immer…aber es störte ihn generell nicht...
Er steckte seinen Kopf aus ihrer Hintertür um zu prüfen, wie kalt es geworden war. Zu kalt, wie er nun feststellte. Anscheinend hatte sich die Temperatur doch um einiges dank der aufziehenden Wolken und dem daher nur gedämpft vorhandenen Sonnenlicht abgekühlt. Besser, er nahm eine Jacke mit…auch wenn er nur im Auto saß.
Mit einem letzten Blick in den Laden verschwand er schließlich und stieg fröstelnd in seinen weißen Porsche, ein kleines, dekadentes Detail in seinem Leben. Weiß mit bordeauxroten Ledersitzen, Mahagoniarmaturen und allem technischen Schnickschnack, den ein modernes Auto zu bieten hatte. Alles in allem sehr luxuriös, wenngleich Aya auch mehrere Nächte in der Woche damit verbrachte, die Sitze von ihren blutigen Spuren zu befreien, was jedoch kein Problem darstellte angesichts des robusten, speziell beschichteten Leders.
Ganz auf sich und seinen Wagen fixierte, entging Aya nun vollkommen die dunkle Gestalt, die am Türrahmen des Hintereingangs stand und sich schließlich umdrehte.
"Zufrieden, Birman?", merkte Omi stirnrunzelnd an, als er die ältere, wenn auch kleinere Frau fixierte. "Was ist nun so wichtig, dass wir eine Missionsbesprechung ohne Aya abhalten?"
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Siebzehn....
...achtzehn...
...neunzehn...
...zwanzig.
Crawford stellte das kleine, unscheinbare Fläschchen neben sich auf den dunkelholzigen Nachttisch und schluckte die bitteren Tropfen schaudernd hinunter. Das war also der Preis, den er für ein schmerzfreies Leben bezahlte, dachte er, während er sich vor Ekel schüttelte. Alleine der Nachgeschmack ließ bittere Galle hochsteigen, die er jedoch erfolgreich niederkämpfte. Bald...bald würden sie vorbei sein, die Schmerzen in seiner Kehrseite und seinem Unterleib, was jedoch das Fiebergefühl, welches ihn nun schon seit Tagen beherrschte, nicht lindern würde. Sein Körper fühlte sich krank, ungeachtet der Schmerzen, und ließ somit eine dumpfe Schicht an Unwohlsein zurück, die Crawford weder mit Medikamenten noch mit noch so gründlichen Duschen bekämpfen konnte.
Auch wenn er es heute morgen versucht hatte. Er hatte ihren gesamten Heißwasservorrat und die Hälfte seiner Duschlotion bei dem Versuch aufgebraucht, seinen Körper zu reinigen, was im Endeffekt jedoch nichts gebracht hatte, außer Schuldig damit laut fluchend durch ihr Haus schreien zu lassen. Die unangenehme Wärme und das stechende Unwohlsein in seinem Inneren hatte sich damit nicht beseitigen lassen.
Crawford hatte es schließlich aufgegeben und sich einer weitaus unangenehmeren Aufgabe gewidmet. Der Anwendung der wundelastischen Salbe, welche ihm Martinez verschrieben hatte. Er hatte sie unter Schmerzen auf den geschundenen Bereich aufgetragen und sich schließlich mehrmals die Hände mit eiskaltem Wasser gewaschen, um ja jegliche Spuren von seinen Händen zu tilgen. Wenigstens war das eine Aufgabe, für die er keinen anderen Menschen brauchte, der ihm zu nah kam. Wenigstens das...
Crawfords Blick kehrte zu seinem eigenen Spiegelbild zurück, zurück in die Realität, als er sich eins seiner wenigen Shirts über den Kopf zog und in bequeme, legere Schuhe schlüpfte. Auch heute konnte er sich nicht dazu durchringen, seine übliche, geschäftliche Kleidung anzulegen. Das Orakel lächelte unwillkürlich, als er an die Tage mit seinem Rivalen nachdachte. Die leinene Hose, welche er dort getragen hatte, gefiel ihm gut, das musste er nachträglich zugeben. Sie war...bequem gewesen. Auch wenn er das zu der Zeit noch nicht zu schätzen wusste, so konnte er es heute. Daher auch die anschmiegsame Hose aus weichem Tweedstoff mit dem dazugehörigen, weinroten Shirt.
Was er allerdings für heute geändert hatte, war seine Sehhilfe....er hatte die Kontaktlinsen gestern so exzessiv lange getragen, dass sich seine Augen entzündet hatten und heute jeglichem unerlaubten Eindringen Widerstand entgegenbrachten. Also musste seine Brille her, auch wenn ihm das unangenehm war, bedeutete sie doch offensichtliche Schwäche.
Mit einem Schnauben tat er auch dies nun ab und griff nach seinem Autoschlüssel. Zeit, der Normalität ein wenig zu frönen und einkauen zu gehen. Liste? Hatte er. Geld? Auch. Eines fehlte allerdings noch...
Crawford beugte sich zu seinem kleinen Nachttisch, fingerte ein Halfter aus einer der Schubladen und befestigte es unter seiner Hose an der Wade, um schließlich eine kleine, unauffällig schwarze Waffe in das Leder zu stecken. Er trug sie immer bei sich, für den Fall eines Falles. Crawford ließ besagten Gegenstand mit einem zufriedenen Lächeln in die dafür vorgesehene Halterung einrasten, als er sich erneut aufrichtete und vorsichtig seine Räumlichkeiten verließ. Langsam...ganz allmählich begann der Schmerz in seinem Inneren abzunehmen, von seiner Intensität abzulassen.
Er lauschte in die Stille des Hauses hinein, als er in ihrem geräumigen, schattigen Flur stand und seine Jacke überstreifte. Es war kalt draußen, das wusste er schon, als er aufwachte, denn es war die einzige Vision gewesen, die er bisher erhalten hatte. Vermutlich war für diesen Tag nichts außergewöhnliches in der Zukunft gelegen, doch wer konnte das schon sagen? Seine Gabe hatte ihm auch nicht gezeigt, dass Lasgo....
Crawford wischte diese Gedanken mit einem unwirschen Laut aus seinem Gehirn und konzentrierte sich auf seine jetzige Aufgabe. Was sollte beim Einkaufen auch schon großartiges passieren? Es war ja nicht so, dass er hilflos und unbewaffnet war...er konnte sich wehren, falls etwas Unvorhergesehenes geschehen würde.
Sein Blick fixierte sich auf den laut knirschenden Untergrund. Kieselsteine, tausende von ihnen, säumten den Vorplatz ihres Hauses, alle von dunkler Farbe und handverlesen. Dekadenz, wie sie im Buche stand und einzig Crawfords Werk, doch etwas, das er sich gerne gönnte. Er mochte diesen versteckten Luxus, der auf den ersten Blick einfach keiner war. Er hatte es nicht nötig, anzugeben. Mit nichts. Auch nicht mit seinem Erstwagen.
Einem acht Zylinder Jaguar XK8 Coupé, dunkelgrün, im Fachjargon Jaguar Racing Green genannt. Ein sehr stilvolles Auto mit sportlich eleganter Note. Es passte zu ihm, zu seinem sonstigen Auftreten bei diversen Geschäftspartnern. Das Interieur komplett mit handverarbeitetem Wallnusswurzelholz und hellem Leder ausgekleidet, mit elektrischer 12 Wege-Einstellung für optimal angepassten Sitzkomfort und dabei äußerlich dunkel luxuriös war dieser Wagen sein ganz persönliches, dekadentes Vergnügen, das er hegte und pflegte und das niemand außer ihm betreten durfte. Nicht Schuldig, nicht Farfarello, nicht Nagi. Keiner.
Er benutzte den Wagen für Privatfahrten, dann, wenn er für sich alleine sein wollte, wenn er einfach mal abschalten, wenn er sich dem Rausch der Geschwindigkeit hingeben wollte. Denn auch wenn der XK8 ab 250 Km/h abgeregelt war, so konnte man doch in diesem Tempo gut vorankommen, besonders auf den weniger befahrenen Strecken um Tokyo herum. Ja...die gab es in der Tat, auch wenn es manchmal nicht so anmutete.
Dass er nun dieses Gefährt zum Einkaufen benutzte, lag ganz einfach an der Tatsache, dass sein Zweitwagen, ein ebenso teurer, aggressiver 5er BMW Limousine, bei Lasgo geblieben war. Dass er vielmehr mit dem übrigen Lager in die Luft gesprengt worden war. Doch Crawford trauerte ihm nicht hinterher; er war nicht viel mehr als ein Nutzwagen für das Orakel gewesen. Das Einzige, was ihn ärgerte, war, dass er den Jaguar jetzt für solch eine banale Tätigkeit missbrauchen musste. Doch bevor er Schuldig nach seinem Z4 fragte, fuhr er mit Würde zum Einkaufen.
Er ließ sich in sein Auto hineingleiten, genoss vom ersten Moment an das Gefühl, eine andere Welt zu betreten. Der angenehme Duft von Leder, das puristisch-elegante Innendesign, all das ließ ihn lächeln und mit geschlossenen Augen den Wagen starten. Ein machtvolles Gefühl, als der wortwörtliche Funken übersprang, zunächst als ein sanftes Vibrieren unter ihm spürbar. Doch dann verstummte der Jaguar....wurde ruhig, ließ Crawford nur erahnen, dass er schon fuhr. Alleine die Kieselsteine unter ihm ließen durch ihr Knirschen vernehmen, dass sich der Wagen in Bewegung gesetzt hatte.
Er glitt majestätisch langsam den Weg hinunter bis ans Tor, öffnete per Fernschaltung das schmiedeeiserne Gitter und bog nach rechts in Richtung Tokyo.
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Gemüse...Salat....Reis....das brauchte er noch, alles andere befand sich schon sicher verstaut im Einkaufswagen vor. Oder? Aya ging stirnrunzelnd noch einmal die allzu lange Liste durch und hakte geistig alle schon eingesammelten Lebensmittel ab. Es fehlten tatsächlich nur noch diese simplen Dinge, dann war er fertig. Schade eigentlich, denn - obwohl er es niemals offen zugeben würde - mochte er das Einkaufen. Etwas, das er von seiner Mutter mitbekommen hatte. Auch sie war für ihr Leben gerne durch die Läden getingelt und hatte schöne Sachen für sich und ihre Familie gekauft. Aya hatte sie dabei meist begleitet, als er noch zu klein war, um in die Schule zu gehen. Irgendwie musste das auf ihn abgefärbt haben, denn auch heute noch streifte er durch diverse Läden, um dies oder jenes anzuschaffen. Meist unsichtbar für seine Teamkollegen deponierte er den Gegenstand dann im Haus, fügte ihn ihrer chaotischen Dekoration hinzu.
Auch heute fand er einen solchen Gegenstand, eine liegende, meerblaue Vase in länglich- schlanker Form. Sie würde perfekt in sein Zimmer passen, wie er nun egoistisch beschloss. Eine weiße, kurzstielige Rose würde gut dort hinein passen. Vielleicht konnte er zusätzlich noch mit etwas gefärbtem Wasser arbeiten, damit interessante Farbeffekte zaubern. Ganz der Florist, der er war....
Aya musste unwillkürlich schmunzeln. Auch wenn dies nicht sein Traumberuf war, so war er doch zufrieden mit seiner momentanen Aufgabe. Daher schmerzte es ihn auch, all dies nun in Gefahr zu sehen. Gefahr durch die eigenen Reihen. Wäre Aya sein alter Ego gewesen, hätte er keine Sekunde gezögert, sich an Perser zu wenden und die ganze Angelegenheit kurz und schmerzlos zu beenden. Doch er trug Verantwortung...für seine Schwester. Er durfte und konnte ihr Leben nicht einfach so aufs Spiel setzen. Das leichte Lächeln um seinen Mund herum wich einer ernsten, besorgten Maske....er wusste noch immer nicht, wie es weitergehen sollte.
"Immer noch ganz der Florist....so bemüht, den Schein zu wahren?"
Aya blinzelte, während er stirnrunzelnd die Vase in seinen Händen fixierte. Das war nicht möglich...das musste eine Täuschung sein. Von allen Orten, die es in Tokyo gab....von allem möglichen Stätten...ausgerechnet HIER? Niemals.....
Sein Blick ruckte von der filigranen Glasvase zur Quelle der Stimme. Doch. Es konnte sein. Es war so. "Crawford?" Eine durchaus dumme Anmerkung, angesichts der Person, welche vor ihm stand. Das Orakel in seiner Reinform. Mit einem ebenso bepackten Einkaufswagen wie er selbst. Obskur...das war die ganze Situation...vollkommen bizarr und obskur.
"Denken kannst du also noch. Das ist erfreulich zu hören." Irgendwie schien es Aya plötzlich schwer, mit seinem gewohnten Hass auf die Beleidigungen des Anderen zu reagieren. Nicht, nachdem er mit diesem Mann drei Tage verbracht hatte. Drei Tage, die von Neuem sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatten. Drei Tage, in denen er Dinge erfahren hatte, die er nicht wissen wollte, die ihm Ekel bereiteten.
Der Amerikaner sah nicht gut aus, das bemerkte Aya auf den ersten Blick. Tiefe, schwarze Schatten unter den Augen höhlten das Gesicht noch mehr aus, als es die Blessuren jemals vermocht hatten. Den Eindruck verstärkten zudem noch die ungesunde, bleiche Gesichtsfarbe und die matten Augen des Orakels...Er hatte wohl nicht viel Schlaf bekommen in den Tagen, die er nun schon in Sicherheit verbrachte. Aya musste innerlich bitter auflachen. Wie denn auch? Wie konnte selbst ein Mensch wie Crawford nach solch einer Tat noch normal weiterleben?
Er ertappte sich dabei, wie er fasziniert auf die farbenfrohen Hämatome starrte, die nicht nur einzig und allein das Werk Lasgos waren....vielmehr hatte auch er keinen geringen Anteil an ihrer Existenz. Aya bemerkte, wie einige der andere Kunden zu ihnen hinübersahen...in einer skurril-versteckten Weise, die deutlich von ihrer Sensationsgier zeugte. Ein großgewachsener Ausländer, dazu noch mit solch auffälligen Verletzungen....ein nicht alltägliches Bild, aber eines, das Aya zur Genüge kannte.
Er kannte noch ganz andere Momentaufnahmen des älteren Mannes, doch das war etwas, was ihn nie verlassen würde. Niemand würde erfahren, was geschehen war. Weder sein Team noch Perser, noch irgendjemand anderes.
Es gab tausend Dinge, die er dem Anderen plötzlich sagen wollte, doch gleichzeitig brachte er keines von ihnen über die Lippen. Er konnte es nicht, ohne sich lächerlich zu machen, ohne seinen Hass zurücklassen zu müssen. Der Mann vor ihm war Crawford, ein Schwarz, sein Feind, derjenige, welcher seine Familie auf dem Gewissen hatte. Er hatte den Auftrag angenommen, sie zu töten....er war ein gnadenloser Mörder, ein ruchloser Mensch, dem jedes Mittel recht war, um an Macht zu gelangen.
Er war ein Mensch, das war der Punkt. Aya hatte ihn als Menschen gesehen, so, wie er ihn eigentlich nie hatte kennen lernen wollen. Das hatte sein Denken beeinflusst, sein Handeln. Es hatte ihn davon abgehalten, den dunkelhaarigen Mann zu töten. Es hielt ihn nun davon ab, eben diesen Schwarz zu hassen.
"Lasgo lebt...", wisperte er leise, sah auf in die ruhigen, bisher spöttischen Augen, die auch nun keine Veränderung zeigten. Ausschließlich eine der sanft geschwungenen Augenbrauen schraubte sich skeptisch in die Höhe, verlieh dem Orakel etwas Überlegenes. "...und Birman ebenso."
Die zweite Augenbraue gesellte sich dazu, während der Blick des Anderen nichts von seiner Gelassenheit einbüßte. Er hat eine kleine Narbe in der linken Braue, fiel es Aya plötzlich auf. Ein unwichtiges Detail, nichts, woran er sich in zwei Wochen noch erinnern würde, doch jetzt machte es den Schwarz unglaublich menschlich. Plastisch. Er war kein abstraktes Objekt seines Hasses mehr, sondern ein Lebewesen, das Aya interessierte. Das Aya eines genaueren Blickes für würdig hielt.
"Und?" Völlig ruhig intoniert, in einem dunklen, klaren Timbre ohne jeglichen Spott. Crawford gab nicht zu verstehen, ob es ihn wunderte, dass Aya von Birman wusste. Er gab keinen deutlichen Hinweis darauf, dass es ihn traf. Doch wenn er genauer hinhörte, wusste Aya, dass es keineswegs so emotionslos ausgesprochen war. Alleine die Tatsache, dass der omnipräsente Spott fehlte, ließ den rothaarigen Mann am gleichgültigen Ton des Orakels zweifeln.
"Ich weiß, was zwischen Birman und dir passiert ist." Ayas Lippen pressten sich in einer starren Linie aufeinander. Wozu war es nötig gewesen, das zu sagen? Um den anderen Mann seine Demütigung noch einmal vor Augen zu halten, um ihm brühwarm zu erzählen, dass seine traumatischen Erlebnisse bereits die Runde machten? Es war so dumm...
Doch Crawfords Blick verdunkelte sich auch jetzt nicht, sondern wich der allzu typischen Arroganz, die ihm scheinbar wie eine zweite Haut zueigen war. "Das ist schön für dich, Fujimiya...ich hoffe, es bereichert dein Leben." Crawfords Stimme troff nur so vor Ironie, als er grausam lächelte, sich schließlich umwandte und sich von seinem Nemesis wegdrehte.
Aya wollte ihn zurückhalten, nicht einfach so gehen lassen. Er wusste nicht, was er sich erhofft hatte, was er überhaupt dachte, tun zu können, doch das hier war ihm nicht genug. Einfach nicht genug, nach den drei Tagen, nach der Zeit, die sie miteinander verbracht hatten. Doch was sollte er sagen? Fragen, wie es dem Anderen ginge? Nein, sicherlich nicht. Sagen, dass es ihm leid tat? Was sollte ihm leid tun?
Es gab nichts, worüber sie miteinander sprechen konnten, das erkannte er, das wusste er auch schon vorher. Aber woher stammte dann diese unheimliche Verlangen, den älteren Mann nicht einfach so ziehen zu lassen? War es, weil er die Situation kannte und verstand? Weil er wusste, dass Birman sie betrog...sogar mehr als das?
"Die Milch...", holte ihn die dunkle Stimme des Amerikaners aus seinen Gedanken, ließ seinen Kopf hochfahren. Crawford hatte sich schließlich doch umgedreht und taxierte ihn nun ausdruckslos. "...sie ist schlecht."
Wie bitte? Aya brauchte einen Moment, um die Worte überhaupt einzuordnen. Milch? Was für Milch? Sein Blick folgte dem des Orakels und blieb an seinem Einkaufswagen hängen. Er hob zweifelnd seine Augenbraue. Er hatte extra auf das Datum geachtet, als er nach der Palette gegriffen hatte. Die Pakete waren noch mindestens zwei Monate haltbar. Crawford nahm ihn auf den Arm, er meinte es nicht ernst.
"Ist sie das?", gab er gelassen zurück, ließ aber deutlich herausklingen, dass er seinem Gegenüber kein Wort glaubte. Crawford interessierte das allerdings wenig, wie er nun durch ein gleichgültiges Schulterzucken kundtat. Aya fiel erst jetzt die Banalität der Situation auf. Sie...die sie Feinde waren, standen sich in einem Supermarkt gegenüber und Crawford warnte ihn gerade vor saurer Milch, nachdem sie nur wenige Tage in einer Weise miteinander gelebt hatten, die ihrer beider Leben komplett geändert hatten. Normalität, wie sie hier suggeriert wurde, gab es nicht.
Aya runzelte die Stirn. Nein, das hier war noch nicht einmal Realität. In der Realität hätten sie sich niemals so friedlich gegenüber gestanden. Was war dann dies? Absurdität?
Ihm wurde bewusst, dass Crawford sich mit einem ironischen Kopfnicken in Richtung Kasse begeben hatte, weg von ihm, weg von dieser Situation. Doch alles, was Aya machen konnte, war, dem Schwarz hinterher zu starren. Er sah anders aus, als zuvor. Leger, ja, immer noch. Ungewohnt leger, doch irgendwie...ungefährlicher. Verletzter.
Vergewaltigter.
Lasgos Worte kamen ihm wieder in den Sinn. Welch eine Lust es für den älteren Mann bedeutet hatte, den Schwarz zu überwältigen und zu demütigen, in einer der schlimmsten Weisen, die Aya bekannt waren. Er wünschte sich um nichts in der Welt mit Crawford den Platz zu tauschen, doch er empfand Mitleid für das Orakel. Mitleid, das sich fatal auf seinen Hass auswirkte. Natürlich...wenn es dazu kam, würde er den Schwarz töten, ohne zu zweifeln und zu zögern, doch da war nichts mehr, was ihn auch ohne Perser dazu antrieb. Nicht bei Crawford, nicht bei einem Menschen, den er so dermaßen vernichtet gesehen hatte.
Er wusste nicht, was er nun tat, als er seinem Nemesis zur Kasse folgte, schließlich bemerkte, dass dieser sich erwartend am Rand des Bereiches platziert hatte. "Das hat lange gedauert", schlug ihm als einziges entgegen, als er sich neben Crawford anstellte, diesen wortlos anstarrte. Was sollte das? Was bezweckte der ältere Mann mit seinem Verhalten?
Was bezweckte ER SELBST mit seinem Verhalten?
"Was sagt eigentlich Perser dazu, dass du dich mit einem deiner ärgsten Feinde triffst?", holte ihn Crawfords dunkle, ruhige Stimme erneut aus seinen Gedanken und ließ Aya seine Stirn in nachdenkliche Falten legen. "Was soll er schon sagen....er weiß es nicht."
Der Amerikaner fixierte ihn und für einen Augenblick meinte Aya so etwas wie Überraschung in den farbenfrohen Gesichtszügen seines Gegenübers erkennen zu können. Dann jedoch lachte das Orakel schallend, als er spöttisch eine Augenbraue - die vernarbte - hob und seinen Blick in die andere Richtung abschweifen ließ, auf einem Mann mittleren Alters hängen blieb, der gerade Gemüse abwog. "Denkst du, ja? Dieser Mann dort...er hat gerade telefoniert und irgendwem gesagt, dass der sonst so pflichtbewusste Abyssinian sich mit einem abgrundtief bösen Menschen unterhält, anstelle ihn vor den Augen aller hier nieder zu strecken."
Aya folgte wie paralysiert dem Blick des Schwarz und heftete seinen ebenso auf die schmale Gestalt, die sich scheinbar vollkommen desinteressiert abwandte und sich den Teigwaren widmete. Das war doch ein Zufall...dafür hatte er keine Beweise, nicht den geringsten Hinweis. Der Amerikaner konnte ihm alles erzählen....wirklich alles.
"Wenn wir gleich das Geschäft verlassen, wird er uns folgen und in seinem Auto warten, bis du fährst...er wird dir hinterherfahren, feststellen, dass du den Blumenladen ansteuerst und dann seinem Vorgesetzten Bericht erstatten."
"Warum sagst du mir das alles?", erwiderte der rothaarige Weiß, während er seine Waren auf dem breiten Band positionierte, sich drei Tüten aus einer Box unterhalb dessen angelte. Crawfords amüsierter Blick entging ihm dabei vollkommen, genauso wie die Tatsache, dass sich besagter Perseragent ihnen nun näherte, sich gegenüber von ihnen an die nächstgelegene Kasse stellte. Wie unauffällig....
Crawford schüttelte amüsiert seinen Kopf und würdigte den anderen Mann keines Blickes, als er nun seinerseits begann, Waren auf das Band zu legen und die Verkäuferin charmant anlächelte, als sie ihn allzu deutlich anstarrte. Auch wenn seine Gabe ihm dies hier vorher nicht verraten hatte und ihm erst gerade kurze Ausschnitte der Zukunft offenbarte, belustigte ihn das kleine Trauerspiel hier über alle Maßen. Perser hatte anscheinend mehr als ein Auge auf seine Einheiten, genauso wie Takatori....wahrscheinlich waren sie alle schon von ihrem Versagen informiert. Wenn nicht sogar über andere Dinge, wie Abyssinian ihm ja schon gerade schön auf einem Silbertablett dargeboten hatte. Woher er wusste, dass die Beiden noch lebten, war Crawford nicht bekannt. Er würde den Teufel tun und den Weiß fragen, so musste er die grausige Wahrheit einfach als solche akzeptieren.
Aya bezahlte. Unvorsichtigerweise mit Karte, wie Crawford nun feststellte. Auch wenn das Konto sicherlich auf falschem Namen lief und einen unprofessionell Suchenden ins Nirgendwo führte, konnten geübte Agenten sicherlich die Spur desjenigen, auf den die Karte registriert war, aufnehmen und zielsicher verfolgen. Der dunkelhaarige Amerikaner stellte sich mit einem Mal die Frage, wie sein Gegenspieler die ganze Zeit nur hatte überleben können.
Alleine der Gedanke, dass der sonst so tödliche Abyssinian solch grobe Fehler beging, war...amüsierend. Es versüßte ihm die dunklen Neuigkeiten. Genauso, wie etwas anderes ihn nun von seinen bisherigen Gedanken ablenkte. Eine Vision der nahen Zukunft, ein privater Eindruck von dem, was geschehen würde, ließ ihn nun lächeln. Das war nun genau das Richtige für ihn.
Er bezahlte ebenso, doch vorsichtiger Weise mit Bargeld. Nur keine Spuren hinterlassen. Für die Welt existierte er als Brad Crawford nicht. Er war eine der unzähligen Gestalten, die auf der Erde umherwandelten, nichts weiter. Nur in seinem Metier hatte er Macht, war er bekannt und gefürchtet, doch nicht in einem Supermarkt.
Crawford lud seine wöchentlichen Einkäufe in den Wagen und verabschiedete sich dann mit einem Lächeln und strebte dem Ausgang entgegen, bemerkte wie nebenbei, dass sich Aya anscheinend schon auf den Weg nach draußen gemacht hatte, nun vor ihren Autos stand, ihn stumm ansah.
Ach ja....der weiße Porsche.... "Was für ein stilvoller Wagen...", lachte Crawford höhnisch, kümmerte sich dann jedoch um sein eigenes Gefährt, das durch Zufall direkt neben Ayas geparkt war.
Der rothaarige Weiß betrachtete seinen Opponenten für ein paar Augenblicke und ließ schließlich seinen Blick über den weiträumigen Parkplatz schweifen, entdeckte schlussendlich, wonach er gesucht hatte. Der Mann, auf den Crawford ihn aufmerksam gemacht hatte, war ihnen tatsächlich gefolgt, machte sich nun seinerseits auf den Weg zu seinem Wagen, warf kurze, unauffällige Blicke auf die Beiden. Er hatte gar nicht weit weg von ihnen geparkt...
Das konnte doch auch einfach nur Zufall sein...das musste nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben. Auch dass der Mann nun die Scheibe hinunterließ....das war Zufall, das musste nicht bedeuten, dass der Mann ein Spion war, das-
"Weißt du, was dich so amüsant macht, Abyssinian?", holte ihn Crawford aus seinen Gedanken und ließ seinen Blick wiederum zum Orakel schweifen, ihn gleichzeitig wie erstarrt stehen bleiben. Woher der Amerikaner die Waffe genommen hatte, wusste er nicht, nur, dass sie nun direkt auf ihn gerichtet war, während ihr Träger verheißungsvoll lächelte und wisperte: "Deine grenzenlose Naivität..."
Aya schluckte unbewusst. Naiv....das war er. Ja...unbewaffnet in der Gegenwart eines Feindes, der ihn nun erschießen würde. Gott....wie sehr hasste er in diesem Augenblick das blutrünstige Schimmern in den Augen des Anderen, als dieser ruhig den Finger um den Abzug spannte und abdrückte.
Er zuckte zusammen, als ein gedämpfter, fast unhörbarer Schuss die Waffe verließ, erwartete den beißen Schmerz und den darauf folgenden, unweigerlichen Tod, doch nichts kam. Nichts außer dem allzu präsenten, diabolischen Lachen, welches seine Sinne verätzte, ihn sich ruckartig umdrehen ließ.
Hinter ihm, regungslos auf das Steuer seines Wagens gefallen, lag der angebliche Agent. Tot. Auf diese Entfernung erschossen. Von CRAWFORD erschossen. Mitten auf diesem Parkplatz! Vor den Augen aller! Nein...., korrigierte sich Aya nach ein paar Momenten. Niemand drehte sich zu ihnen um, niemand schrie und niemand schien Notiz davon genommen zu haben. Ein unbeobachteter Augenblick? Etwa genau abgepasst?
Wie konnte der Schwarz eine solche Tat begehen...einfach so...nur auf den VERDACHT hin, dass dieser Mann...? Ayas Blick glitt wieder zurück zu seinem Nemesis, der nun ruhig und vollkommen gesammelt die Waffe senkte und eiskalt lächelnd erläuterte: "Jeder toter Perseragent ist eine Fliege weniger, die mich stört."
Plötzlich erkannte Aya, was er die ganze Zeit versucht hatte, in den Hintergrund zu drängen. Crawford war böse, abgrundtief böse und daran änderte nichts auch nur das Geringste. Ein Verbrecher, ein schlechter Mensch, ein Monster. Und er selbst war nur Mittel zum Zweck für den Amerikaner, seine Rache zu nehmen. Auch er würde früher oder später mit einer Kugel im Kopf gefunden werden, wenn er nicht aufpasste. Wenn er den anderen Mann nicht schon vorher töten konnte.
Zugegeben, die Chancen darauf standen im Moment wirklich schlecht.
"Soll ich ihm jetzt auch folgen?", merkte er beinahe unhörbar, aber dennoch wütend an, fixierte wütend den älteren Mann um seine Aufmerksamkeit schließlich auf das Opfer im Wagen zu richten. Selbst oder gerade wenn der Mann ein Agent Persers gewesen war, was drohten ihm nun für Konsequenzen? Der Verdacht, einen Verbündeten umgebracht zu haben? Wie sollte er das alles hier erklären, falls es notwendig war? Aya lachte innerlich bitter auf. WENN er dieser Situation überhaupt lebend entkäme. ER war schließlich nicht derjenige, der eine Waffe besaß.
"Aber nein....", lockte ihn die dunkle Stimme Crawfords aus seinen Gedankengängen heraus und ließ geradewegs mit ansehen, wie sein Gegner in aller Seelenruhe besagten Gegenstand sicherte und in die vorgesehene Halterung gleiten ließ. "Wo bliebe denn da der Spaß, hm? Nein....dafür bist du mir zu unwichtig. Ich könnte dich zerquetschen, Abyssinian, hier und jetzt, mit nur einer Hand. Ich könnte dich töten, ja. Aber das wäre für mich nicht interessant, nicht aufregend genug. Wie ich schon sagte, du hast keine Bedeutung für mich."
Aya wusste, dass diese Worte ihn treffen sollten, dass nun Wut in ihm aufkochen musste, die seinen eigenen, persönlichen Hass gegenüber dem älteren Mann entfachte. Doch nichts dergleichen geschah, als er sich nun mit eisiger, tödlicher Ruhe entspannte und sich elegant gegen seinen Porsche lehnte. "Natürlich bin ich unwichtig, Bradley...so unwichtig, dass ich dich zweimal vor Lasgo habe retten müssen, weil du selbst nicht in der Lage warst, dich gegen einen Normalsterblichen zu wehren. Jemandem, der dich zu dem gemacht hat, was du jetzt bist...ein besiegter Mann, der sich von einem einfachen Verbrecher hat ficken lassen."
Auch wenn es kein besonderes Anzeichen von Crawfords Zorn gab, so wusste Aya doch, dass seine Worte ins Schwarze getroffen hatten. Perfekt, zielgenau entfachten sie die Fassungslosigkeit im Inneren des Amerikaners. Die Wut, sich so etwas von seinem scheinbar unwichtigem Gegner sagen lassen zu müssen.
Doch Crawford bedachte ihn nur weiter mit diesem scheinbar immer präsenten, ruhigen Blick, der meist mit Spott durchsetzt, die typische Gesichtsmimik des Orakels zu sein schien. Ohne auf die Provokation des Weiß zu antworten, wandte er sich zu seinem Einkauf um und verlud diesen in seinen Wagen. So, als wenn es zur Normalität gehörte. So, als wenn überhaupt nichts passiert wäre!
Im Nachhinein war es gerade das, was Aya so erzürnte. Dass er keine Regung in dem älteren Mann erzeugen konnte, dass seine Provokation scheinbar einfach so an diesem vorüberzog. "So ist es doch, oder nicht? Du hast es dir selbst zuzuschreiben....warst unaufmerksam, überheblich, Dachtest, dir konnte keiner auch nur das Wasser reichen. Doch Lasgo hat es geschafft, hat dich überwältigt und das gleich zweimal. Ich sage dir eins, Schwarz. Er wird es wieder tun. Er wird dich aufspüren und dich vernichten. Warum? Weil du schwach bist! Ohne deine Gabe bist du nichts! Dreck! Ein niemand!", spie er im zornigen Tenor hervor, durchtränkte jedes seiner Worte mit lange aufgestautem Hass. Es tat gut, den anderen Mann zu verletzen, ihm die Verantwortung an dieser grausigen Tat aufzubürden, obwohl er genau wusste, dass es niemals Crawfords Schuld gewesen war.
Anscheinend zeigten seine Worte nun endlich Wirkung, als besagtes Orakel sich allmählich umdrehte, mit einem immer noch ruhigen Gesichtsausdruck und dem letzten Paket Cornflakes in der Hand den Kopf zur Seite neigte und seinen Nemesis eindringlich betrachtete. "Natürlich bin ich es in Schuld", erwiderte er nonchalant und ließ seine Finger über die Lasche der Packung gleiten. "Es war mein Fehler, dass ich überhaupt existiere ist mein Versagen. Genauso wie es deine alleinige Schuld ist, dass deine Eltern tot sind und deine Schwester im Koma liegt. Sag...wie geht es ihr? Lebt sie noch? Oder hast du sie nun auch schon auf dem Gewissen, hm? Wärest du nicht gewesen, Ran, wären sie alle noch am Leben."
Bevor Aya auch nur IRGENDETWAS sagen konnte, hatte der Schwarz die Cornflakes auf den Beifahrersitz geworfen und war eingestiegen, während er ihn mit einen letzten, schweigsamen Blick bedachte und schließlich ohne noch etwas zu sagen abfuhr. Ihn zurückließ. Ihm keine Chance gab, die Situation weiter eskalieren zu lassen.
Was auch gut so war, denn Aya hätte in diesem Moment nichts lieber getan, als dem Schwarz seine Finger um den Hals zu legen und abzudrücken. Ihn in Stücke zu reißen, ihm Schmerzen zuzufügen, ihn zu vernichten. Das war es, wonach es ihm brennend begehrte.
Er sah dem sich langsam entfernenden Wagen hinterher, ließ den unbändigen Zorn allmählich in die hinterste Ecke seines Gedächtnisses verschwinden, als er sich zurücklehnte, die Augen schloss und sich verzweifelt fragte, wie es denn nun weitergehen sollte.
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by Coco
Dank geht an Caron für´s Beta *huggels* und an Koji-chan, Loul, Gonyosoma, seya, D-chan, Ne-chan, CaroGOD, Kat-chan und Sil für´s reviewen! Ihr Süßen, ich beantworte eure Mails noch...in den nächsten Tagen, okay?
Hier also der nächste Teil, viel Spaß beim Lesen und happy C&Cing ^__~!
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Schuldig gähnte herzhaft, als er in seiner morgendlichen Tasse Kaffee schwelgte und dabei seinen Blick über die illustre Runde schweifen ließ. Es war lange her, dass sie alle gemeinsam gefrühstückt hatten, über drei Wochen, um genau zu sein. Es hatte sich so viel geändert, doch nun schien es, als ob alles beim Alten geblieben wäre. Es ging Crawford nicht gut, das sah er deutlich, doch der sture Amerikaner sprach kein Wort über das, was geschehen war. Schuldig konnte das verstehen, angesichts des zugeknöpften Lebens, welches das Orakel führte.
Was er allerdings nicht verstehen konnte, war der ruhige, sanfte Blick Farfarellos, der auf ihrem Teamführer ruhte und anscheinend vollkommen unbeeindruckt vom ganzen Erscheinungsbild und Geschehen war. Der junge Ire hatte heute morgen ungewöhnlich ruhig die gemeinsame Küche betreten, sich seiner allmorgendlichen Blutorange gewidmet, sie in aller Seelenruhe geschält und die Schalen vor sich gestapelt.
Schuldig wusste nicht, woher Farfarello seine Vorliebe für diese Frucht hatte. Gefragt hatte er nie, weil es ihn nicht interessierte. Er vermutete, dass es an der Art lag, wie sich die dicken, saftigen Schalen der Orange vom saftigen Fruchtfleisch lösen ließen.
Wie doch selbst ein alltäglicher Akt etwas morbides, faszinierend gewalttätiges haben konnte...
Der deutsche Telepath folgte Farfarellos einäugigem Blick und blieb an dem hinter der üblichen Tageszeitung verborgenen Orakel hängen. Das übliche Schweigen, wie jeden Tag. Bevor der Amerikaner sein allmorgendliches Frühstück beendet hatte, ging gar nichts. Drei große, schwarze Tassen Kaffee, zwei Brötchen vom teuren, deutschen Bäcker um die Ecke mit stetig wechselndem Belag und die Zeitung.
Es wunderte ihn, dass Crawford nichts über ihren leeren Kühlschrank hatte verlauten lassen... Schuldigs Blick schweifte müßig zu ihrem Teamjüngsten, Nagi, der unsehend vor sich hin starrte und von Zeit zu Zeit einen Löffel Cornflakes zu sich nahm. Er gehörte mit Farfarello zu den fünfzig Prozent des Teams, die etwas zu essen hatten, was Schuldig jedoch nicht im Geringsten störte. Er hatte gestern Abend genug geschmaust, da musste er nicht schon wieder frühstücken.
Ein leises Rascheln ließ ihn plötzlich aus seinen Gedanken hochfahren und seinen Blick zu Crawford ziehen, der ihn nun seinerseits ausdruckslos fixierte und sich dann demonstrativ seinem Kaffee widmete. Ein eindeutiger Vorwurf. Warum war nichts zu essen da? Wieso waren sie nicht in der Lage, einzukaufen, wenn er abwesend war?
Um ehrlich zu sein, hatten sie in der Zeit meist von diversen Fastfoodketten und Lieferdiensten gelebt, wenn nicht schon aus Protest gegen Crawfords allzu regelmäßiges Kochen und Leben. Was ihnen allerdings schließlich in die Quere gekommen war, bevor sie hatten einkaufen können, war die Abwesenheit des älteren Mannes.
Sie hatten genaue Instruktionen, wenn ein Mitglied des Teams von einer Mission nicht wiederkommen würde. Nachfolgen, zuschlagen, befreien, denn Schwarz ließ niemanden zurück. Genau das hatten sie vorgestern auch getan. Nachdem Crawford nicht auf Schuldigs telepathische Rufe geantwortet hatte, waren sie gen Süden aufgebrochen und hatten das Lager erreicht, das größtenteils bereits in flammenden Trümmern vor ihnen lag.
Für einen Moment war Schuldig erfüllt von irrationaler, panischer Angst gewesen, dass Crawford in diesen Trümmern lag, vorher schon ermordet. Doch dann hatte er einen winzigen Hinweis von einem der vielen Sicherheitsleute erhalten, die das Orakel gesehen hatten. Als Schuldig jedoch tiefer forschen wollte, war die Präsenz des Mannes urplötzlich erloschen. Er war tot.
Aber es hatte gereicht, denn als der Telepath seine geistigen Fühler nach Crawford ausstreckte und dessen Geist erfühlte, wusste er, wo das Orakel sich befand. Womit er allerdings überhaupt nicht gerechnet hatte, war die Gegenwart des Weiß und Crawfords äußere Erscheinung.
Auch dessen gestriges Benehmen ließ einiges darauf schließen, das etwas gewaltig nicht stimmte. So wie der ältere Mann aussah und sich benahm, war die Mission nicht nach den geplanten Vorgehensweisen gelaufen. Vermutlich war er entdeckt und dementsprechend behandelt worden, wer wusste das schon außer ihm und Abyssinian?
Aber gut...er würde es schon herausfinden, sehr bald sogar.
Besagtes Sorgenkind erhob sich nun und stellte seine Tasse in die Spüle, verstaute die Zeitung ordentlich in den dafür vorgesehenen Altpapierkarton und wandte sich schließlich langsam erneut seinem Team zu, fixierte sie alle ruhig. "Ich werde jetzt einkaufen gehen, irgendwelche Wünsche?"
Autsch. Das war der vorwurfsvolle Wink mit dem ganzen Zaun. "Ja...Lachspastete und Hühnchen." Da ging sie hin, seine Vorsicht im Umgang mit seinem Teamkollegen. Schuldig wusste ganz genau, dass Crawford über die Abwesenheit sämtlicher Lebensmittel nicht erfreut war, konnte es jedoch nicht lassen, ihn damit aufzuziehen.
"Wie amüsant, Schuldig, wie amüsant...", troff die dunkle, kalte Stimme des Amerikaners nur so vor beißendem Sarkasmus, beließ es jedoch dabei, als sich das Orakel bedächtig langsam aus der Küche entfernte, keinen von ihnen auch nur eines Blickes würdigte.
Wenigstens war er im Gegensatz zum gestrigen Morgen heute zum Frühstück erschienen und hatte sich nicht bleich und fiebrig zum Arzt bringen lassen. Das war schon mal ein Fortschritt, wie Schuldig zynisch anmerkte und den laut knarrenden Treppenstufen lauschte, die unter dem Gewicht des Amerikaners ächzten.
~~**~~
"Aya...würdest du wohl bitte einkaufen gehen?"
Besagter Mann sah zunächst verwirrt auf, rückte dann jedoch seine Lesebrille zurecht, mit der er die alltäglichen Abrechnungen für ihre auswärtigen Kunden bewältigte. Bevor Omi ihn gerufen hatte, hatte er versucht, anhand von Youjis unleserlicher Handschrift eine Großbestellung von zehn Gestecken auseinander zu pflücken. Hiragana, Katakana...alles kein Problem...aber die Kanji....die verdammten Kanji!
Er hatte wohl gemerkt, dass sie nichts mehr im Haus hatten, wenngleich ihn das nicht wunderte. Natürlich konnten sie alle kochen, natürlich wussten sie, wie ein Haushalt zu führen war, doch sobald er nicht darauf aufpasste, dass hier auch alles seinen geregelten Gang ging, stand das ganze Haus Kopf. Nicht nur das Wohnzimmer, nein, gleich das ganze Haus, vom Blumenladen ganz zu schweigen. So hatte er den gesamten Vormittag mit grollendem Aufräumen verbracht und Youji schließlich in den Laden gescheucht, nachdem dieser ihm mehrmals vergeblich zur Hand gehen wollte.
Sie hatten wenig zu tun, die beste Gelegenheit also, ihre Vorräte vor dem Nachmittagsstress wieder aufzufrischen. Obwohl... "Was ist mit Youji? Kann er das nicht erledigen, ich bin beschäftigt..."
"Youji ist nicht da, ich hab keine Ahnung, wo er sich herumtreibt....ich kann das doch für dich machen! Wir brauchen ein paar Sachen wirklich dringend." Ja....Toilettenpapier, wie er heute morgen gemerkt hatte.
Aya seufzte unterdrückt. Chaoten, alle miteinander. Nun gut, dann würde er eben wieder für einen vollen Kühlschrank sorgen. "In Ordnung....ich mache das hier noch schnell fertig und fahr dann los. Irgendwelche Wünsche?"
Omi lachte hell auf und schüttelte amüsiert den Kopf. "Lachspastete und Hühnchen, wenn´s geht. Ansonsten reichen mir Cornflakes!"
Der rothaarige Mann musste unbewusst lachen. Natürlich...Omi als Lachspastetenfan. Sehr interessante Vorstellung. Mit Silberbesteck und Smoking, an seiner rechten Seite ein Glas besten Champagners. Natürlich....ihr junger, unschuldiger Omi. "Ich denke, ich halte mich da besser an die Cornflakes", gab er ungewöhnlich freundlich zurück und nickte Omi zu, worauf dieser mit einem Winken in Richtung Lager verschwand.
Für einen Moment ließ sich Aya vom Anblick des unbeschwerten Jungen treiben, widmete sich dann jedoch seiner jetzigen Aufgabe. Er würde es nicht zugeben, doch insgeheim war er froh, dem Blumenladen und seinem Team entfliehen zu können. Es gab zuviel, über das er noch nachdenken musste, als dass er dieses Leben je unbeschwert führen konnte. Birman....wie es weitergehen, wie sein jetziges Leben beeinträchtigt werden würde...all diese Ungewissheiten, die ihm noch keine Lösung zeigten, ihn mit einem schier erdrückenden Klammergriff umschlossen hielten.
Aya seufzte und stieß ihr Bestellbuch energisch von sich. Sollte Youji sich doch selbst darum kümmern, wenn er schon so undeutlich schmierte. Er hatte keine Lust dazu, einfach keine Lust. Er musste auch nicht immer wie eine Maschine funktionieren und alles perfekt machen, auch wenn es sonst seine Devise war. Doch anscheinend hatte sich in den letzten Tagen einiges geändert...andere Dinge waren auf einmal wichtiger, als die tägliche Arbeit, als seine Rache an Takatori und Schwarz. Aber wen wunderte das? So sehr Aya sich auch wünschte, dass alles seinen gewohnten, stoischen Gang ging, wusste er auch, dass dies nicht möglich war, nicht mit dem Wissen, das er hatte. Nicht mit der Gewalt, die Birman und Lasgo nun über ihn hatten.
"Genug, genug.....", murmelte er zu sich selbst und streckte sich lässig, ließ dabei einige seiner Wirbel knacken, während sein Blick zu einem der großen Spiegel im Laden glitt und an den bläulich schimmernden Würgemalen an seinem Hals hängen blieb. Würgemale, die auf Kosten des Amerikaners gegangen waren. Einen Kampf, den er selbst provoziert hatte.
Er seufzte leise. Es war Vergangenheit, es ging ihn nichts mehr an. Genauso wenig wie es ihn etwas anging, was Lasgo, Birman und Crawford verband...er hatte damit nichts zu tun, gar nichts.
Aya zog seine grüne, blumig duftende Schürze über den Kopf, die er normalerweise bei der Arbeit trug und griff in der gleichen Bewegung nach seinem Portemonnaie. Jeder von ihnen war für einen wöchentlichen Einkauf zuständig, und dieses Mal war er an der Reihe. Da sich jedoch durch seine Mission ihr Rhythmus etwas verschoben hatte und Youji unauffindbar war, durfte er alleine gehen. Wie immer…aber es störte ihn generell nicht...
Er steckte seinen Kopf aus ihrer Hintertür um zu prüfen, wie kalt es geworden war. Zu kalt, wie er nun feststellte. Anscheinend hatte sich die Temperatur doch um einiges dank der aufziehenden Wolken und dem daher nur gedämpft vorhandenen Sonnenlicht abgekühlt. Besser, er nahm eine Jacke mit…auch wenn er nur im Auto saß.
Mit einem letzten Blick in den Laden verschwand er schließlich und stieg fröstelnd in seinen weißen Porsche, ein kleines, dekadentes Detail in seinem Leben. Weiß mit bordeauxroten Ledersitzen, Mahagoniarmaturen und allem technischen Schnickschnack, den ein modernes Auto zu bieten hatte. Alles in allem sehr luxuriös, wenngleich Aya auch mehrere Nächte in der Woche damit verbrachte, die Sitze von ihren blutigen Spuren zu befreien, was jedoch kein Problem darstellte angesichts des robusten, speziell beschichteten Leders.
Ganz auf sich und seinen Wagen fixierte, entging Aya nun vollkommen die dunkle Gestalt, die am Türrahmen des Hintereingangs stand und sich schließlich umdrehte.
"Zufrieden, Birman?", merkte Omi stirnrunzelnd an, als er die ältere, wenn auch kleinere Frau fixierte. "Was ist nun so wichtig, dass wir eine Missionsbesprechung ohne Aya abhalten?"
~~**~~
Siebzehn....
...achtzehn...
...neunzehn...
...zwanzig.
Crawford stellte das kleine, unscheinbare Fläschchen neben sich auf den dunkelholzigen Nachttisch und schluckte die bitteren Tropfen schaudernd hinunter. Das war also der Preis, den er für ein schmerzfreies Leben bezahlte, dachte er, während er sich vor Ekel schüttelte. Alleine der Nachgeschmack ließ bittere Galle hochsteigen, die er jedoch erfolgreich niederkämpfte. Bald...bald würden sie vorbei sein, die Schmerzen in seiner Kehrseite und seinem Unterleib, was jedoch das Fiebergefühl, welches ihn nun schon seit Tagen beherrschte, nicht lindern würde. Sein Körper fühlte sich krank, ungeachtet der Schmerzen, und ließ somit eine dumpfe Schicht an Unwohlsein zurück, die Crawford weder mit Medikamenten noch mit noch so gründlichen Duschen bekämpfen konnte.
Auch wenn er es heute morgen versucht hatte. Er hatte ihren gesamten Heißwasservorrat und die Hälfte seiner Duschlotion bei dem Versuch aufgebraucht, seinen Körper zu reinigen, was im Endeffekt jedoch nichts gebracht hatte, außer Schuldig damit laut fluchend durch ihr Haus schreien zu lassen. Die unangenehme Wärme und das stechende Unwohlsein in seinem Inneren hatte sich damit nicht beseitigen lassen.
Crawford hatte es schließlich aufgegeben und sich einer weitaus unangenehmeren Aufgabe gewidmet. Der Anwendung der wundelastischen Salbe, welche ihm Martinez verschrieben hatte. Er hatte sie unter Schmerzen auf den geschundenen Bereich aufgetragen und sich schließlich mehrmals die Hände mit eiskaltem Wasser gewaschen, um ja jegliche Spuren von seinen Händen zu tilgen. Wenigstens war das eine Aufgabe, für die er keinen anderen Menschen brauchte, der ihm zu nah kam. Wenigstens das...
Crawfords Blick kehrte zu seinem eigenen Spiegelbild zurück, zurück in die Realität, als er sich eins seiner wenigen Shirts über den Kopf zog und in bequeme, legere Schuhe schlüpfte. Auch heute konnte er sich nicht dazu durchringen, seine übliche, geschäftliche Kleidung anzulegen. Das Orakel lächelte unwillkürlich, als er an die Tage mit seinem Rivalen nachdachte. Die leinene Hose, welche er dort getragen hatte, gefiel ihm gut, das musste er nachträglich zugeben. Sie war...bequem gewesen. Auch wenn er das zu der Zeit noch nicht zu schätzen wusste, so konnte er es heute. Daher auch die anschmiegsame Hose aus weichem Tweedstoff mit dem dazugehörigen, weinroten Shirt.
Was er allerdings für heute geändert hatte, war seine Sehhilfe....er hatte die Kontaktlinsen gestern so exzessiv lange getragen, dass sich seine Augen entzündet hatten und heute jeglichem unerlaubten Eindringen Widerstand entgegenbrachten. Also musste seine Brille her, auch wenn ihm das unangenehm war, bedeutete sie doch offensichtliche Schwäche.
Mit einem Schnauben tat er auch dies nun ab und griff nach seinem Autoschlüssel. Zeit, der Normalität ein wenig zu frönen und einkauen zu gehen. Liste? Hatte er. Geld? Auch. Eines fehlte allerdings noch...
Crawford beugte sich zu seinem kleinen Nachttisch, fingerte ein Halfter aus einer der Schubladen und befestigte es unter seiner Hose an der Wade, um schließlich eine kleine, unauffällig schwarze Waffe in das Leder zu stecken. Er trug sie immer bei sich, für den Fall eines Falles. Crawford ließ besagten Gegenstand mit einem zufriedenen Lächeln in die dafür vorgesehene Halterung einrasten, als er sich erneut aufrichtete und vorsichtig seine Räumlichkeiten verließ. Langsam...ganz allmählich begann der Schmerz in seinem Inneren abzunehmen, von seiner Intensität abzulassen.
Er lauschte in die Stille des Hauses hinein, als er in ihrem geräumigen, schattigen Flur stand und seine Jacke überstreifte. Es war kalt draußen, das wusste er schon, als er aufwachte, denn es war die einzige Vision gewesen, die er bisher erhalten hatte. Vermutlich war für diesen Tag nichts außergewöhnliches in der Zukunft gelegen, doch wer konnte das schon sagen? Seine Gabe hatte ihm auch nicht gezeigt, dass Lasgo....
Crawford wischte diese Gedanken mit einem unwirschen Laut aus seinem Gehirn und konzentrierte sich auf seine jetzige Aufgabe. Was sollte beim Einkaufen auch schon großartiges passieren? Es war ja nicht so, dass er hilflos und unbewaffnet war...er konnte sich wehren, falls etwas Unvorhergesehenes geschehen würde.
Sein Blick fixierte sich auf den laut knirschenden Untergrund. Kieselsteine, tausende von ihnen, säumten den Vorplatz ihres Hauses, alle von dunkler Farbe und handverlesen. Dekadenz, wie sie im Buche stand und einzig Crawfords Werk, doch etwas, das er sich gerne gönnte. Er mochte diesen versteckten Luxus, der auf den ersten Blick einfach keiner war. Er hatte es nicht nötig, anzugeben. Mit nichts. Auch nicht mit seinem Erstwagen.
Einem acht Zylinder Jaguar XK8 Coupé, dunkelgrün, im Fachjargon Jaguar Racing Green genannt. Ein sehr stilvolles Auto mit sportlich eleganter Note. Es passte zu ihm, zu seinem sonstigen Auftreten bei diversen Geschäftspartnern. Das Interieur komplett mit handverarbeitetem Wallnusswurzelholz und hellem Leder ausgekleidet, mit elektrischer 12 Wege-Einstellung für optimal angepassten Sitzkomfort und dabei äußerlich dunkel luxuriös war dieser Wagen sein ganz persönliches, dekadentes Vergnügen, das er hegte und pflegte und das niemand außer ihm betreten durfte. Nicht Schuldig, nicht Farfarello, nicht Nagi. Keiner.
Er benutzte den Wagen für Privatfahrten, dann, wenn er für sich alleine sein wollte, wenn er einfach mal abschalten, wenn er sich dem Rausch der Geschwindigkeit hingeben wollte. Denn auch wenn der XK8 ab 250 Km/h abgeregelt war, so konnte man doch in diesem Tempo gut vorankommen, besonders auf den weniger befahrenen Strecken um Tokyo herum. Ja...die gab es in der Tat, auch wenn es manchmal nicht so anmutete.
Dass er nun dieses Gefährt zum Einkaufen benutzte, lag ganz einfach an der Tatsache, dass sein Zweitwagen, ein ebenso teurer, aggressiver 5er BMW Limousine, bei Lasgo geblieben war. Dass er vielmehr mit dem übrigen Lager in die Luft gesprengt worden war. Doch Crawford trauerte ihm nicht hinterher; er war nicht viel mehr als ein Nutzwagen für das Orakel gewesen. Das Einzige, was ihn ärgerte, war, dass er den Jaguar jetzt für solch eine banale Tätigkeit missbrauchen musste. Doch bevor er Schuldig nach seinem Z4 fragte, fuhr er mit Würde zum Einkaufen.
Er ließ sich in sein Auto hineingleiten, genoss vom ersten Moment an das Gefühl, eine andere Welt zu betreten. Der angenehme Duft von Leder, das puristisch-elegante Innendesign, all das ließ ihn lächeln und mit geschlossenen Augen den Wagen starten. Ein machtvolles Gefühl, als der wortwörtliche Funken übersprang, zunächst als ein sanftes Vibrieren unter ihm spürbar. Doch dann verstummte der Jaguar....wurde ruhig, ließ Crawford nur erahnen, dass er schon fuhr. Alleine die Kieselsteine unter ihm ließen durch ihr Knirschen vernehmen, dass sich der Wagen in Bewegung gesetzt hatte.
Er glitt majestätisch langsam den Weg hinunter bis ans Tor, öffnete per Fernschaltung das schmiedeeiserne Gitter und bog nach rechts in Richtung Tokyo.
~~**~~
Gemüse...Salat....Reis....das brauchte er noch, alles andere befand sich schon sicher verstaut im Einkaufswagen vor. Oder? Aya ging stirnrunzelnd noch einmal die allzu lange Liste durch und hakte geistig alle schon eingesammelten Lebensmittel ab. Es fehlten tatsächlich nur noch diese simplen Dinge, dann war er fertig. Schade eigentlich, denn - obwohl er es niemals offen zugeben würde - mochte er das Einkaufen. Etwas, das er von seiner Mutter mitbekommen hatte. Auch sie war für ihr Leben gerne durch die Läden getingelt und hatte schöne Sachen für sich und ihre Familie gekauft. Aya hatte sie dabei meist begleitet, als er noch zu klein war, um in die Schule zu gehen. Irgendwie musste das auf ihn abgefärbt haben, denn auch heute noch streifte er durch diverse Läden, um dies oder jenes anzuschaffen. Meist unsichtbar für seine Teamkollegen deponierte er den Gegenstand dann im Haus, fügte ihn ihrer chaotischen Dekoration hinzu.
Auch heute fand er einen solchen Gegenstand, eine liegende, meerblaue Vase in länglich- schlanker Form. Sie würde perfekt in sein Zimmer passen, wie er nun egoistisch beschloss. Eine weiße, kurzstielige Rose würde gut dort hinein passen. Vielleicht konnte er zusätzlich noch mit etwas gefärbtem Wasser arbeiten, damit interessante Farbeffekte zaubern. Ganz der Florist, der er war....
Aya musste unwillkürlich schmunzeln. Auch wenn dies nicht sein Traumberuf war, so war er doch zufrieden mit seiner momentanen Aufgabe. Daher schmerzte es ihn auch, all dies nun in Gefahr zu sehen. Gefahr durch die eigenen Reihen. Wäre Aya sein alter Ego gewesen, hätte er keine Sekunde gezögert, sich an Perser zu wenden und die ganze Angelegenheit kurz und schmerzlos zu beenden. Doch er trug Verantwortung...für seine Schwester. Er durfte und konnte ihr Leben nicht einfach so aufs Spiel setzen. Das leichte Lächeln um seinen Mund herum wich einer ernsten, besorgten Maske....er wusste noch immer nicht, wie es weitergehen sollte.
"Immer noch ganz der Florist....so bemüht, den Schein zu wahren?"
Aya blinzelte, während er stirnrunzelnd die Vase in seinen Händen fixierte. Das war nicht möglich...das musste eine Täuschung sein. Von allen Orten, die es in Tokyo gab....von allem möglichen Stätten...ausgerechnet HIER? Niemals.....
Sein Blick ruckte von der filigranen Glasvase zur Quelle der Stimme. Doch. Es konnte sein. Es war so. "Crawford?" Eine durchaus dumme Anmerkung, angesichts der Person, welche vor ihm stand. Das Orakel in seiner Reinform. Mit einem ebenso bepackten Einkaufswagen wie er selbst. Obskur...das war die ganze Situation...vollkommen bizarr und obskur.
"Denken kannst du also noch. Das ist erfreulich zu hören." Irgendwie schien es Aya plötzlich schwer, mit seinem gewohnten Hass auf die Beleidigungen des Anderen zu reagieren. Nicht, nachdem er mit diesem Mann drei Tage verbracht hatte. Drei Tage, die von Neuem sein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatten. Drei Tage, in denen er Dinge erfahren hatte, die er nicht wissen wollte, die ihm Ekel bereiteten.
Der Amerikaner sah nicht gut aus, das bemerkte Aya auf den ersten Blick. Tiefe, schwarze Schatten unter den Augen höhlten das Gesicht noch mehr aus, als es die Blessuren jemals vermocht hatten. Den Eindruck verstärkten zudem noch die ungesunde, bleiche Gesichtsfarbe und die matten Augen des Orakels...Er hatte wohl nicht viel Schlaf bekommen in den Tagen, die er nun schon in Sicherheit verbrachte. Aya musste innerlich bitter auflachen. Wie denn auch? Wie konnte selbst ein Mensch wie Crawford nach solch einer Tat noch normal weiterleben?
Er ertappte sich dabei, wie er fasziniert auf die farbenfrohen Hämatome starrte, die nicht nur einzig und allein das Werk Lasgos waren....vielmehr hatte auch er keinen geringen Anteil an ihrer Existenz. Aya bemerkte, wie einige der andere Kunden zu ihnen hinübersahen...in einer skurril-versteckten Weise, die deutlich von ihrer Sensationsgier zeugte. Ein großgewachsener Ausländer, dazu noch mit solch auffälligen Verletzungen....ein nicht alltägliches Bild, aber eines, das Aya zur Genüge kannte.
Er kannte noch ganz andere Momentaufnahmen des älteren Mannes, doch das war etwas, was ihn nie verlassen würde. Niemand würde erfahren, was geschehen war. Weder sein Team noch Perser, noch irgendjemand anderes.
Es gab tausend Dinge, die er dem Anderen plötzlich sagen wollte, doch gleichzeitig brachte er keines von ihnen über die Lippen. Er konnte es nicht, ohne sich lächerlich zu machen, ohne seinen Hass zurücklassen zu müssen. Der Mann vor ihm war Crawford, ein Schwarz, sein Feind, derjenige, welcher seine Familie auf dem Gewissen hatte. Er hatte den Auftrag angenommen, sie zu töten....er war ein gnadenloser Mörder, ein ruchloser Mensch, dem jedes Mittel recht war, um an Macht zu gelangen.
Er war ein Mensch, das war der Punkt. Aya hatte ihn als Menschen gesehen, so, wie er ihn eigentlich nie hatte kennen lernen wollen. Das hatte sein Denken beeinflusst, sein Handeln. Es hatte ihn davon abgehalten, den dunkelhaarigen Mann zu töten. Es hielt ihn nun davon ab, eben diesen Schwarz zu hassen.
"Lasgo lebt...", wisperte er leise, sah auf in die ruhigen, bisher spöttischen Augen, die auch nun keine Veränderung zeigten. Ausschließlich eine der sanft geschwungenen Augenbrauen schraubte sich skeptisch in die Höhe, verlieh dem Orakel etwas Überlegenes. "...und Birman ebenso."
Die zweite Augenbraue gesellte sich dazu, während der Blick des Anderen nichts von seiner Gelassenheit einbüßte. Er hat eine kleine Narbe in der linken Braue, fiel es Aya plötzlich auf. Ein unwichtiges Detail, nichts, woran er sich in zwei Wochen noch erinnern würde, doch jetzt machte es den Schwarz unglaublich menschlich. Plastisch. Er war kein abstraktes Objekt seines Hasses mehr, sondern ein Lebewesen, das Aya interessierte. Das Aya eines genaueren Blickes für würdig hielt.
"Und?" Völlig ruhig intoniert, in einem dunklen, klaren Timbre ohne jeglichen Spott. Crawford gab nicht zu verstehen, ob es ihn wunderte, dass Aya von Birman wusste. Er gab keinen deutlichen Hinweis darauf, dass es ihn traf. Doch wenn er genauer hinhörte, wusste Aya, dass es keineswegs so emotionslos ausgesprochen war. Alleine die Tatsache, dass der omnipräsente Spott fehlte, ließ den rothaarigen Mann am gleichgültigen Ton des Orakels zweifeln.
"Ich weiß, was zwischen Birman und dir passiert ist." Ayas Lippen pressten sich in einer starren Linie aufeinander. Wozu war es nötig gewesen, das zu sagen? Um den anderen Mann seine Demütigung noch einmal vor Augen zu halten, um ihm brühwarm zu erzählen, dass seine traumatischen Erlebnisse bereits die Runde machten? Es war so dumm...
Doch Crawfords Blick verdunkelte sich auch jetzt nicht, sondern wich der allzu typischen Arroganz, die ihm scheinbar wie eine zweite Haut zueigen war. "Das ist schön für dich, Fujimiya...ich hoffe, es bereichert dein Leben." Crawfords Stimme troff nur so vor Ironie, als er grausam lächelte, sich schließlich umwandte und sich von seinem Nemesis wegdrehte.
Aya wollte ihn zurückhalten, nicht einfach so gehen lassen. Er wusste nicht, was er sich erhofft hatte, was er überhaupt dachte, tun zu können, doch das hier war ihm nicht genug. Einfach nicht genug, nach den drei Tagen, nach der Zeit, die sie miteinander verbracht hatten. Doch was sollte er sagen? Fragen, wie es dem Anderen ginge? Nein, sicherlich nicht. Sagen, dass es ihm leid tat? Was sollte ihm leid tun?
Es gab nichts, worüber sie miteinander sprechen konnten, das erkannte er, das wusste er auch schon vorher. Aber woher stammte dann diese unheimliche Verlangen, den älteren Mann nicht einfach so ziehen zu lassen? War es, weil er die Situation kannte und verstand? Weil er wusste, dass Birman sie betrog...sogar mehr als das?
"Die Milch...", holte ihn die dunkle Stimme des Amerikaners aus seinen Gedanken, ließ seinen Kopf hochfahren. Crawford hatte sich schließlich doch umgedreht und taxierte ihn nun ausdruckslos. "...sie ist schlecht."
Wie bitte? Aya brauchte einen Moment, um die Worte überhaupt einzuordnen. Milch? Was für Milch? Sein Blick folgte dem des Orakels und blieb an seinem Einkaufswagen hängen. Er hob zweifelnd seine Augenbraue. Er hatte extra auf das Datum geachtet, als er nach der Palette gegriffen hatte. Die Pakete waren noch mindestens zwei Monate haltbar. Crawford nahm ihn auf den Arm, er meinte es nicht ernst.
"Ist sie das?", gab er gelassen zurück, ließ aber deutlich herausklingen, dass er seinem Gegenüber kein Wort glaubte. Crawford interessierte das allerdings wenig, wie er nun durch ein gleichgültiges Schulterzucken kundtat. Aya fiel erst jetzt die Banalität der Situation auf. Sie...die sie Feinde waren, standen sich in einem Supermarkt gegenüber und Crawford warnte ihn gerade vor saurer Milch, nachdem sie nur wenige Tage in einer Weise miteinander gelebt hatten, die ihrer beider Leben komplett geändert hatten. Normalität, wie sie hier suggeriert wurde, gab es nicht.
Aya runzelte die Stirn. Nein, das hier war noch nicht einmal Realität. In der Realität hätten sie sich niemals so friedlich gegenüber gestanden. Was war dann dies? Absurdität?
Ihm wurde bewusst, dass Crawford sich mit einem ironischen Kopfnicken in Richtung Kasse begeben hatte, weg von ihm, weg von dieser Situation. Doch alles, was Aya machen konnte, war, dem Schwarz hinterher zu starren. Er sah anders aus, als zuvor. Leger, ja, immer noch. Ungewohnt leger, doch irgendwie...ungefährlicher. Verletzter.
Vergewaltigter.
Lasgos Worte kamen ihm wieder in den Sinn. Welch eine Lust es für den älteren Mann bedeutet hatte, den Schwarz zu überwältigen und zu demütigen, in einer der schlimmsten Weisen, die Aya bekannt waren. Er wünschte sich um nichts in der Welt mit Crawford den Platz zu tauschen, doch er empfand Mitleid für das Orakel. Mitleid, das sich fatal auf seinen Hass auswirkte. Natürlich...wenn es dazu kam, würde er den Schwarz töten, ohne zu zweifeln und zu zögern, doch da war nichts mehr, was ihn auch ohne Perser dazu antrieb. Nicht bei Crawford, nicht bei einem Menschen, den er so dermaßen vernichtet gesehen hatte.
Er wusste nicht, was er nun tat, als er seinem Nemesis zur Kasse folgte, schließlich bemerkte, dass dieser sich erwartend am Rand des Bereiches platziert hatte. "Das hat lange gedauert", schlug ihm als einziges entgegen, als er sich neben Crawford anstellte, diesen wortlos anstarrte. Was sollte das? Was bezweckte der ältere Mann mit seinem Verhalten?
Was bezweckte ER SELBST mit seinem Verhalten?
"Was sagt eigentlich Perser dazu, dass du dich mit einem deiner ärgsten Feinde triffst?", holte ihn Crawfords dunkle, ruhige Stimme erneut aus seinen Gedanken und ließ Aya seine Stirn in nachdenkliche Falten legen. "Was soll er schon sagen....er weiß es nicht."
Der Amerikaner fixierte ihn und für einen Augenblick meinte Aya so etwas wie Überraschung in den farbenfrohen Gesichtszügen seines Gegenübers erkennen zu können. Dann jedoch lachte das Orakel schallend, als er spöttisch eine Augenbraue - die vernarbte - hob und seinen Blick in die andere Richtung abschweifen ließ, auf einem Mann mittleren Alters hängen blieb, der gerade Gemüse abwog. "Denkst du, ja? Dieser Mann dort...er hat gerade telefoniert und irgendwem gesagt, dass der sonst so pflichtbewusste Abyssinian sich mit einem abgrundtief bösen Menschen unterhält, anstelle ihn vor den Augen aller hier nieder zu strecken."
Aya folgte wie paralysiert dem Blick des Schwarz und heftete seinen ebenso auf die schmale Gestalt, die sich scheinbar vollkommen desinteressiert abwandte und sich den Teigwaren widmete. Das war doch ein Zufall...dafür hatte er keine Beweise, nicht den geringsten Hinweis. Der Amerikaner konnte ihm alles erzählen....wirklich alles.
"Wenn wir gleich das Geschäft verlassen, wird er uns folgen und in seinem Auto warten, bis du fährst...er wird dir hinterherfahren, feststellen, dass du den Blumenladen ansteuerst und dann seinem Vorgesetzten Bericht erstatten."
"Warum sagst du mir das alles?", erwiderte der rothaarige Weiß, während er seine Waren auf dem breiten Band positionierte, sich drei Tüten aus einer Box unterhalb dessen angelte. Crawfords amüsierter Blick entging ihm dabei vollkommen, genauso wie die Tatsache, dass sich besagter Perseragent ihnen nun näherte, sich gegenüber von ihnen an die nächstgelegene Kasse stellte. Wie unauffällig....
Crawford schüttelte amüsiert seinen Kopf und würdigte den anderen Mann keines Blickes, als er nun seinerseits begann, Waren auf das Band zu legen und die Verkäuferin charmant anlächelte, als sie ihn allzu deutlich anstarrte. Auch wenn seine Gabe ihm dies hier vorher nicht verraten hatte und ihm erst gerade kurze Ausschnitte der Zukunft offenbarte, belustigte ihn das kleine Trauerspiel hier über alle Maßen. Perser hatte anscheinend mehr als ein Auge auf seine Einheiten, genauso wie Takatori....wahrscheinlich waren sie alle schon von ihrem Versagen informiert. Wenn nicht sogar über andere Dinge, wie Abyssinian ihm ja schon gerade schön auf einem Silbertablett dargeboten hatte. Woher er wusste, dass die Beiden noch lebten, war Crawford nicht bekannt. Er würde den Teufel tun und den Weiß fragen, so musste er die grausige Wahrheit einfach als solche akzeptieren.
Aya bezahlte. Unvorsichtigerweise mit Karte, wie Crawford nun feststellte. Auch wenn das Konto sicherlich auf falschem Namen lief und einen unprofessionell Suchenden ins Nirgendwo führte, konnten geübte Agenten sicherlich die Spur desjenigen, auf den die Karte registriert war, aufnehmen und zielsicher verfolgen. Der dunkelhaarige Amerikaner stellte sich mit einem Mal die Frage, wie sein Gegenspieler die ganze Zeit nur hatte überleben können.
Alleine der Gedanke, dass der sonst so tödliche Abyssinian solch grobe Fehler beging, war...amüsierend. Es versüßte ihm die dunklen Neuigkeiten. Genauso, wie etwas anderes ihn nun von seinen bisherigen Gedanken ablenkte. Eine Vision der nahen Zukunft, ein privater Eindruck von dem, was geschehen würde, ließ ihn nun lächeln. Das war nun genau das Richtige für ihn.
Er bezahlte ebenso, doch vorsichtiger Weise mit Bargeld. Nur keine Spuren hinterlassen. Für die Welt existierte er als Brad Crawford nicht. Er war eine der unzähligen Gestalten, die auf der Erde umherwandelten, nichts weiter. Nur in seinem Metier hatte er Macht, war er bekannt und gefürchtet, doch nicht in einem Supermarkt.
Crawford lud seine wöchentlichen Einkäufe in den Wagen und verabschiedete sich dann mit einem Lächeln und strebte dem Ausgang entgegen, bemerkte wie nebenbei, dass sich Aya anscheinend schon auf den Weg nach draußen gemacht hatte, nun vor ihren Autos stand, ihn stumm ansah.
Ach ja....der weiße Porsche.... "Was für ein stilvoller Wagen...", lachte Crawford höhnisch, kümmerte sich dann jedoch um sein eigenes Gefährt, das durch Zufall direkt neben Ayas geparkt war.
Der rothaarige Weiß betrachtete seinen Opponenten für ein paar Augenblicke und ließ schließlich seinen Blick über den weiträumigen Parkplatz schweifen, entdeckte schlussendlich, wonach er gesucht hatte. Der Mann, auf den Crawford ihn aufmerksam gemacht hatte, war ihnen tatsächlich gefolgt, machte sich nun seinerseits auf den Weg zu seinem Wagen, warf kurze, unauffällige Blicke auf die Beiden. Er hatte gar nicht weit weg von ihnen geparkt...
Das konnte doch auch einfach nur Zufall sein...das musste nicht unbedingt etwas zu bedeuten haben. Auch dass der Mann nun die Scheibe hinunterließ....das war Zufall, das musste nicht bedeuten, dass der Mann ein Spion war, das-
"Weißt du, was dich so amüsant macht, Abyssinian?", holte ihn Crawford aus seinen Gedanken und ließ seinen Blick wiederum zum Orakel schweifen, ihn gleichzeitig wie erstarrt stehen bleiben. Woher der Amerikaner die Waffe genommen hatte, wusste er nicht, nur, dass sie nun direkt auf ihn gerichtet war, während ihr Träger verheißungsvoll lächelte und wisperte: "Deine grenzenlose Naivität..."
Aya schluckte unbewusst. Naiv....das war er. Ja...unbewaffnet in der Gegenwart eines Feindes, der ihn nun erschießen würde. Gott....wie sehr hasste er in diesem Augenblick das blutrünstige Schimmern in den Augen des Anderen, als dieser ruhig den Finger um den Abzug spannte und abdrückte.
Er zuckte zusammen, als ein gedämpfter, fast unhörbarer Schuss die Waffe verließ, erwartete den beißen Schmerz und den darauf folgenden, unweigerlichen Tod, doch nichts kam. Nichts außer dem allzu präsenten, diabolischen Lachen, welches seine Sinne verätzte, ihn sich ruckartig umdrehen ließ.
Hinter ihm, regungslos auf das Steuer seines Wagens gefallen, lag der angebliche Agent. Tot. Auf diese Entfernung erschossen. Von CRAWFORD erschossen. Mitten auf diesem Parkplatz! Vor den Augen aller! Nein...., korrigierte sich Aya nach ein paar Momenten. Niemand drehte sich zu ihnen um, niemand schrie und niemand schien Notiz davon genommen zu haben. Ein unbeobachteter Augenblick? Etwa genau abgepasst?
Wie konnte der Schwarz eine solche Tat begehen...einfach so...nur auf den VERDACHT hin, dass dieser Mann...? Ayas Blick glitt wieder zurück zu seinem Nemesis, der nun ruhig und vollkommen gesammelt die Waffe senkte und eiskalt lächelnd erläuterte: "Jeder toter Perseragent ist eine Fliege weniger, die mich stört."
Plötzlich erkannte Aya, was er die ganze Zeit versucht hatte, in den Hintergrund zu drängen. Crawford war böse, abgrundtief böse und daran änderte nichts auch nur das Geringste. Ein Verbrecher, ein schlechter Mensch, ein Monster. Und er selbst war nur Mittel zum Zweck für den Amerikaner, seine Rache zu nehmen. Auch er würde früher oder später mit einer Kugel im Kopf gefunden werden, wenn er nicht aufpasste. Wenn er den anderen Mann nicht schon vorher töten konnte.
Zugegeben, die Chancen darauf standen im Moment wirklich schlecht.
"Soll ich ihm jetzt auch folgen?", merkte er beinahe unhörbar, aber dennoch wütend an, fixierte wütend den älteren Mann um seine Aufmerksamkeit schließlich auf das Opfer im Wagen zu richten. Selbst oder gerade wenn der Mann ein Agent Persers gewesen war, was drohten ihm nun für Konsequenzen? Der Verdacht, einen Verbündeten umgebracht zu haben? Wie sollte er das alles hier erklären, falls es notwendig war? Aya lachte innerlich bitter auf. WENN er dieser Situation überhaupt lebend entkäme. ER war schließlich nicht derjenige, der eine Waffe besaß.
"Aber nein....", lockte ihn die dunkle Stimme Crawfords aus seinen Gedankengängen heraus und ließ geradewegs mit ansehen, wie sein Gegner in aller Seelenruhe besagten Gegenstand sicherte und in die vorgesehene Halterung gleiten ließ. "Wo bliebe denn da der Spaß, hm? Nein....dafür bist du mir zu unwichtig. Ich könnte dich zerquetschen, Abyssinian, hier und jetzt, mit nur einer Hand. Ich könnte dich töten, ja. Aber das wäre für mich nicht interessant, nicht aufregend genug. Wie ich schon sagte, du hast keine Bedeutung für mich."
Aya wusste, dass diese Worte ihn treffen sollten, dass nun Wut in ihm aufkochen musste, die seinen eigenen, persönlichen Hass gegenüber dem älteren Mann entfachte. Doch nichts dergleichen geschah, als er sich nun mit eisiger, tödlicher Ruhe entspannte und sich elegant gegen seinen Porsche lehnte. "Natürlich bin ich unwichtig, Bradley...so unwichtig, dass ich dich zweimal vor Lasgo habe retten müssen, weil du selbst nicht in der Lage warst, dich gegen einen Normalsterblichen zu wehren. Jemandem, der dich zu dem gemacht hat, was du jetzt bist...ein besiegter Mann, der sich von einem einfachen Verbrecher hat ficken lassen."
Auch wenn es kein besonderes Anzeichen von Crawfords Zorn gab, so wusste Aya doch, dass seine Worte ins Schwarze getroffen hatten. Perfekt, zielgenau entfachten sie die Fassungslosigkeit im Inneren des Amerikaners. Die Wut, sich so etwas von seinem scheinbar unwichtigem Gegner sagen lassen zu müssen.
Doch Crawford bedachte ihn nur weiter mit diesem scheinbar immer präsenten, ruhigen Blick, der meist mit Spott durchsetzt, die typische Gesichtsmimik des Orakels zu sein schien. Ohne auf die Provokation des Weiß zu antworten, wandte er sich zu seinem Einkauf um und verlud diesen in seinen Wagen. So, als wenn es zur Normalität gehörte. So, als wenn überhaupt nichts passiert wäre!
Im Nachhinein war es gerade das, was Aya so erzürnte. Dass er keine Regung in dem älteren Mann erzeugen konnte, dass seine Provokation scheinbar einfach so an diesem vorüberzog. "So ist es doch, oder nicht? Du hast es dir selbst zuzuschreiben....warst unaufmerksam, überheblich, Dachtest, dir konnte keiner auch nur das Wasser reichen. Doch Lasgo hat es geschafft, hat dich überwältigt und das gleich zweimal. Ich sage dir eins, Schwarz. Er wird es wieder tun. Er wird dich aufspüren und dich vernichten. Warum? Weil du schwach bist! Ohne deine Gabe bist du nichts! Dreck! Ein niemand!", spie er im zornigen Tenor hervor, durchtränkte jedes seiner Worte mit lange aufgestautem Hass. Es tat gut, den anderen Mann zu verletzen, ihm die Verantwortung an dieser grausigen Tat aufzubürden, obwohl er genau wusste, dass es niemals Crawfords Schuld gewesen war.
Anscheinend zeigten seine Worte nun endlich Wirkung, als besagtes Orakel sich allmählich umdrehte, mit einem immer noch ruhigen Gesichtsausdruck und dem letzten Paket Cornflakes in der Hand den Kopf zur Seite neigte und seinen Nemesis eindringlich betrachtete. "Natürlich bin ich es in Schuld", erwiderte er nonchalant und ließ seine Finger über die Lasche der Packung gleiten. "Es war mein Fehler, dass ich überhaupt existiere ist mein Versagen. Genauso wie es deine alleinige Schuld ist, dass deine Eltern tot sind und deine Schwester im Koma liegt. Sag...wie geht es ihr? Lebt sie noch? Oder hast du sie nun auch schon auf dem Gewissen, hm? Wärest du nicht gewesen, Ran, wären sie alle noch am Leben."
Bevor Aya auch nur IRGENDETWAS sagen konnte, hatte der Schwarz die Cornflakes auf den Beifahrersitz geworfen und war eingestiegen, während er ihn mit einen letzten, schweigsamen Blick bedachte und schließlich ohne noch etwas zu sagen abfuhr. Ihn zurückließ. Ihm keine Chance gab, die Situation weiter eskalieren zu lassen.
Was auch gut so war, denn Aya hätte in diesem Moment nichts lieber getan, als dem Schwarz seine Finger um den Hals zu legen und abzudrücken. Ihn in Stücke zu reißen, ihm Schmerzen zuzufügen, ihn zu vernichten. Das war es, wonach es ihm brennend begehrte.
Er sah dem sich langsam entfernenden Wagen hinterher, ließ den unbändigen Zorn allmählich in die hinterste Ecke seines Gedächtnisses verschwinden, als er sich zurücklehnte, die Augen schloss und sich verzweifelt fragte, wie es denn nun weitergehen sollte.
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by Coco
