Erst mal ein Dankeschön an meine Reviewer! Weil ich es heute ein bisschen
eilig habe, gehe ich ausnahmsweise nicht auf jedes einzelne ein...
Ich lade dieses Kapitel eigentlich auch nur hoch, weil ich mich heute Hobbit-mäßig fühle. Ihr wisst ja: an einem gewissen Tag im Jahr bekommen andere Leute Geschenke - Hobbits verteilen sie!
Hier ist meins an euch:
Kapitel 27 - Strafarbeit
"Ich glaube das nicht! Ausgerechnet Lupin gibt uns - gibt dir eine Strafarbeit? Nach allem, was er vor zwei Jahren für dich getan hat?" Ron sah ungläubig zwischen Harry und Hermine hin und her. Die drei hatten sich im Gemeinschaftsraum die beliebten Plätze am Kamin gesichert und besprachen die Ereignisse des Abends. Während Ron und Harry schlicht und ergreifend sauer waren, machte Hermine einen eher besorgten Eindruck. "Ron, es ist genau das, was ich euch gesagt habe! Ich wusste, ich hätte nicht mitkommen sollen! Überlegt doch einmal - eine Strafarbeit, und das als Vertrauensschülerin!" "Und dann zieht er auch noch Punkte ab!" Ron hatte sich noch lange nicht beruhigt. Hermine warf ihm einen irritierten Blick zu. "Naja, der Punktabzug ist noch regelrecht harmlos - fünf Punkte pro Person ist nicht viel, Professor McGonagall hätte mindestens das Doppelte abgezogen - aber diese Schande!"
Harry verdrehte die Augen. "Himmel, Hermine, reg' dich ab, du wirst nicht daran sterben! Was ich nicht glauben kann, ist dass er uns tatsächlich bestraft - und dass Sirius nicht ein Wort dazu gesagt hat! Als wenn das normal wäre! Ausgerechnet er - habt ihr eine ungefähre Vorstellung davon, was er in seiner Schulzeit alles angestellt haben muss?" Hermine seufzte. "Aber Sirius hatte niemals einen Feind, der ihn umbringen wollte! Er will dich nur schützen, Harry - und genau das will Professor Lupin auch. Ich wusste, ich hätte euch zurückhalten sollen!"
Harry sprang ärgerlich auf. "Ja, schön, fang du auch noch an, Hermine! Als nächstes wirst du sagen, dass wir die Strafarbeiten verdient haben, und am besten jeden Abend in der Woche eine bekommen sollten! Merkt eigentlich keiner von euch, dass wir nur versucht haben, zu helfen? Wir hätten vielleicht Namen hören können, die Chance mussten wir doch nutzen! Hörst du mir überhaupt zu? Ach, was soll's - ich gehe schlafen!" Er wirbelte herum und stampfte die Treppe zum Schlafsaal hoch, dicht gefolgt von Ron. Keiner von beiden war noch in der Stimmung für eine weitere Unterhaltung, und so zogen sie sich nur schweigend um, warfen sich in ihre Betten und zogen die Vorhänge zu. Harry lag noch eine Zeitlang wach, über die Ungerechtigkeiten des Lebens und insbesondere die Ignoranz der Erwachsenen brütend, und fiel dann in einen unruhigen Schlummer.
Am nächsten Abend standen die drei Freunde pünktlich vor Remus Lupins Büro. Auf sein Klopfen öffnete Remus sofort, bat sie herein und kam dann ohne Umschweife direkt zur Sache. "Hermine, du meldest dich bei Madam Pomfrey im Krankenflügel, sie kann Hilfe beim Reinigen und Aufräumen gebrauchen. Ron, Professor Sprout erwartet dich im Lehrerzimmer. Ihr werdet gemeinsam zum Gewächshaus 3 gehen und einige Alraunen umtopfen. Harry, auf dich wartet Mr. Filch im Pokalzimmer. - Worauf wartet ihr noch?"
Zehn Minuten später stand Harry vor dem höhnisch grinsenden Hausmeister. "Na, Potter," schnarrte er, "ist die Zeit der Verzärtelung vorbei? Musst du jetzt tatsächlich mal was tun?" Harry lag eine äußerst unfreundliche Antwort auf der Zunge, aber er schluckte sie herunter und starrte Filch nur stumm und mit möglichst viel Verachtung im Blick an. Filch, offenbar enttäuscht von dem Mangel an Reaktion, machte eine unwirsche Kopfbewegung zu einer der Vitrinen, in denen die Pokale aufbewahrt wurden. "Lupin sagt, du sollst mit den Quidditch-Pokalen ab 1975 anfangen. Losloslos, du sollst arbeiten, nicht anwachsen!"
Harry ging stumm zu der bezeichneten Vitrine, öffnete sie, und griff nach Mrs. Skowers Magischem Allzweckreiniger. Als er den ersten Pokal herausnahm, sprangen ihm sofort zwei der sieben darauf eingravierten Namen ins Auge. Unter dem großen Wappen von Gryffindor waren sämtliche Spieler des siegreichen Hauses aufgeführt - zuoberst James Potter und Sirius Black. Harry starrte den Pokal einen Moment lang an, dann wurde er sich des bösen Blickes des Hausmeisters bewusst und begann mit der Arbeit.
Während der nächsten zwanzig Minuten arbeitete er schweigend. Die Pokale waren in einem guten, gepflegten Zustand, und es machte nicht viel Arbeit sie zu polieren. Er war inzwischen bei dem Pokal von 1977 angekommen, und wie bei den letzten beiden, sprangen ihm sofort wieder die Namen seines Vaters und seines Paten ins Auge. Im Hintergrund öffnete sich die Tür des Pokalzimmers, und jemand sprach leise mit Filch. Dann hörte Harry, wie sich die schweren Schritte des Hausmeisters entfernten und die Tür wieder geschlossen wurde. Er drehte sich nicht um. Wer immer dort gekommen war, würde sicher nicht begeistert sein, wenn er seine Arbeit unterbrach, und er wollte nach Möglichkeit schnell mit dieser Aufgabe fertig werden.
Als er den Pokal zurückstellte und die Tür der Vitrine schloss, fing diese das Spiegelbild des Neuankömmlings ein. Harry hatte nicht gehört, dass er so nah herangekommen war, aber nach dem Spiegelbild zu urteilen musste Remus Lupin direkt hinter ihm stehen. Harry biss die Zähne zusammen und öffnete die nächste Tür, um den 1978er Pokal herauszunehmen, aber eine Hand legte sich auf sein Handgelenk und hielt ihn zurück. Harry wandte den Blick und sah seinen Lehrer ärgerlich an. "Auf die Weise werde ich nie fertig, Professor." Remus Lupin lächelte. "Ich kann mir denken, dass du sauer bist, Harry, aber ich hoffe, du weißt warum du das hier tust." Harry runzelte die Stirn. "Weil ich unartig war?" Remus schüttelte, zu Harrys Ärger immer noch lächelnd, den Kopf.
"Hast du mit dem Pokal von 1975 angefangen?" Harry nickte. "Und bei welchem bist du jetzt?" "1977 ist gerade fertig geworden." "Und ist dir an den drei Pokalen, die du gerade poliert hast, irgend etwas aufgefallen?" Harry starrte den Mann, der eigentlich sein Lehrer war, in den letzten Monaten aber zu soviel mehr geworden war, nur an. Nach einem Moment fragte Remus: "Harry? Du hast meine Frage gehört?" Harry fuhr sich mit der Hand durch sein ohnehin schon unordentliches Haar, dann sagte er mit flacher Stimme. "Ich bin nicht blind und ich kann lesen. Die Pokale waren für Gryffindor- Siege, und Dad und Sirius waren im Team." Remus nickte. "Als Sucher und Treiber, genau. Aber das wusstest du, nicht wahr? Ich meine, dass die beiden erfolgreiche Quidditch-Spieler waren. Ich wollte dir etwas anderes damit sagen." Harry zog die Augenbrauen hoch. "Ich bin heute nicht in der Stimmung für subtile Anspielungen. Wenn Sie mir etwas sagen wollten, Professor, dann tun Sie es bitte deutlich."
Remus seufzte leise. "Harry, erinnerst du dich, was ich dir vor zwei Jahren gesagt habe, als Severus dich nach deinem unerlaubten Ausflug nach Hogsmeade erwischt hat? Deine Eltern haben ihre Leben für deines geopfert - und dein Verhalten ist keine schöne Art, es ihnen zu danken. Ich möchte heute noch hinzufügen, dass Sirius sich in unglaubliche Gefahr begibt, um in deiner Nähe sein zu können - dir ist bewusst, dass die Death Eater mittlerweile von Peter wissen müssten, dass er ein Animagus ist? Wenn einer von ihnen - sagen wir, ein gewisser Malfoy - seinem Sohn darüber etwas erzählen sollte, könnte das böse Folgen für Sirius haben. Was ich dir damit sagen will, Harry: es gibt einige Leute, die alles geben würden - oder auch bereits gegeben haben - damit du in Sicherheit bist. Mach es uns nicht schwerer als es ist, und vermeide es wenigstens, dich selber in Gefahr zu begeben, tu uns den Gefallen."
Harry starrte ihn mit offenem Mund an. Auf diese Weise hatte er den Ausflug in den Slytherin-Gemeinschaftsraum nicht betrachtet. Er erinnerte sich allerdings noch genau an den Vorfall, auf den Remus angespielt hatte - wie er für ihn das Geheimnis der Karte des Rumtreibers vor Snape verborgen hatte - und vor allem erinnerte er sich daran, wie schlecht er sich gefühlt hatte. Am Vorabend war er nur wütend gewesen, dass sie trotz aller Vorsicht erwischt worden waren und dass ausgerechnet Remus ihnen Strafarbeiten aufgegeben und Punkte abgezogen hatte, aber jetzt, mit etwas mehr Abstand, konnte er es nachvollziehen. Er sah bewusst auf einen Punkt irgendwo hinter Remus' linker Schulter und murmelte: "Wir wollten doch nur helfen... wir hatten gehofft, Namen zu hören..." Remus seufzte leise. "Ich weiß, Harry. Aber wie wir dir gestern schon sagten: wir haben bessere Quellen als illegale Ausflüge in die Gemeinschaftsräume von anderen Häusern."
Die beiden schwiegen einen Moment. Dann griff Harry langsam nach dem nächsten Pokal und warf einen Blick darauf. Zuoberst war das Wappen von Ravenclaw eingraviert. Harry hob den Blick und sah Remus zum ersten Mal an diesem Tag offen an. "War 1977 euer Abschlussjahr?" Der Gedanke, dass sein Vater und Sirius in einem Jahr den Pokal nicht gewonnen haben könnten, nachdem sie es drei Jahre in Folge geschafft hatten, behagte ihm gar nicht. Aber Remus schüttelte den Kopf. "Nein, 1978 - eine Tragödie." Er deutete mit dem Kinn auf den Pokal, den Harry hielt. "Ravenclaw hat in dem Jahr eine neue Hüterin bekommen - eine Viertklässlerin - während wir zwei von unseren Jägern austauschen mussten, weil die alten abgegangen waren. Ich erinnere mich nicht gerne an die Spiele gegen Ravenclaw aus dem Jahr - wir waren immerhin im Finale - und Sirius hat ihr, glaube ich, bis heute nicht verziehen. Unsere Jäger waren katastrophal und sie war hervorragend - James hat irgendwann aus lauter Verzweiflung den Schnatz gefangen, weil er wusste, dass wir nicht mehr aufholen konnten."
Harry senkte den Blick wieder auf den Pokal, um den Namen dieser genialen Hüterin zu suchen - und als er ihn las, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Natürlich - hatte Cho nicht davon gesprochen? "Sie ist in Ravenclaw ziemlich bekannt... Sie muss eine tolle Quidditch-Hüterin gewesen sein". Der Name, der in sorgfältiger Schrift auf den Pokal graviert war, lautete Lisande Career. Harry sah wieder auf und grinste schief. "Es würde mir nicht gefallen, wenn ich den Schnatz fangen müsste, weil ein drei Jahre jüngeres Mädchen unsere Jäger daran hindert, Tore zu schießen!" Remus lächelte zurück und schüttelte den Kopf. "Es hat deinem Vater auch nicht gefallen. Und Sirius war tagelang nicht ansprechbar." Er schwieg einen Moment lang, dann sagte er ruhig: "Stell den Pokal zurück, Harry, ich glaube, du hast verstanden, was ich dir sagen wollte. Ich würde vorschlagen, dass du den Rest deiner Strafarbeit bei einer Tasse Tee unter Aufsicht deines Paten in meinem Büro verbringst."
Harry kehrte erst kurz vor Mitternacht und mit ziemlich schlechtem Gewissen in den Gemeinschaftsraum zurück. Er hatte sich noch lange mit Remus und Sirius unterhalten, und, nachdem er sich mehrmals glaubhaft entschuldigt hatte, sogar noch ein paar Geschichten aus ihrer Schulzeit erzählt bekommen. Sie hatten dabei alle drei die Zeit vergessen, und als Remus schließlich erschrocken feststellte, wie spät es bereits war, war keiner gerne bereit gewesen, den Abend für beendet zu erklären. Sirius und Remus hatten noch darauf bestanden, ihn bis zum Porträt der Fetten Dame zurückzubegleiten, wo sie sich endgültig verabschiedet hatten - Sirius hatte nicht widerstehen können und Harry mit einer langen, sehr nassen Zunge in ziemlich hundeartiger Manier das Gesicht abgeschleckt.
Der Gemeinschaftsraum war nahezu leer, und Harry hielt sich nicht lange dort auf, sondern stieg gleich die Stufen zu den Schlafsälen hoch. Es brannte kein Licht mehr, und Harrys Mitbewohner schienen schon zu schlafen. Als Harry allerdings gerade in sein Bett klettern wollte, wurden an dem Bett neben ihm die Vorhänge aufgezogen und Ron lugte heraus. "Harry, endlich," flüsterte er, "ich habe schon angefangen mir Sorgen zu machen! Hermine und ich sind schon seit Ewigkeiten zurück - hat Filch dich so lange festgehalten?" Harry schüttelte den Kopf und setzte sich auf Rons Bettkante. "Nein," flüsterte er zurück, "Remus ist nach ungefähr zwanzig Minuten gekommen und hat mich erlöst. Ich war dann noch bei ihm und Si- Snuffles, und wir haben uns festgequatscht. War es bei dir sehr schlimm? Die Alraunen müssen doch jetzt schon ziemlich groß sein, oder?"
Ron nickte. "Sind sie, aber es war harmlos. Es waren nur drei Pflanzen, und alles, was ich zu tun hatte, war die Erde draufzuschütten, den Rest hat Madam Pomfrey gemacht. Und Hermine war auch schnell fertig, sie sagt, sie musste nur ein paar Betten beziehen und durfte dabei Magie benutzen, dann konnte sie auch gehen." Harry nickte jetzt ebenfalls. "Ich glaube, Remus wollte uns gar nicht wirklich bestrafen, er war nur sauer - und, Ron, ich glaube, er hatte recht - aber sag das ja nicht Hermine, sonst können wir uns noch wochenlang Predigten anhören!" Ron grinste. "Ehrenwort, schon im eigenen Interesse! Was musstest du denn machen?" Harry erzählte ihm von den Quidditch-Pokalen und der "Tragödie" aus dem letzten Schuljahr seines Vaters, dann gähnte er und murmelte: "Ich gehe jetzt ins Bett. Nacht, Ron."
In dieser Nacht hatte er keine Probleme, einzuschlafen.
Während der nächsten Tage lasen Harry, Ron und Hermine aufmerksam den Tagespropheten und suchten nach Hinweisen, dass Malfoy tatsächlich recht gehabt hatte, aber alles schien ruhig zu sein. Es fanden sich keinerlei Berichte über Überfälle auf Muggel oder muggelgeborene Zauberer, und langsam beruhigten sie sich wieder. Auch hatten sie durch die vielen Hausaufgaben, die ihnen für die Ferien aufgegeben worden waren, wirklich andere Sorgen.
Der Ostermorgen kam schneller als erwartet, und mit ihm war die Hälfte der Ferien bereits vorbei. Wie sie es sich in den letzten Tagen angewöhnt hatten, trafen Harry und Ron sich bereits früh mit Hermine im Gemeinschaftsraum, um zum Frühstück und anschließend in die Bibliothek zu gehen. Als sie durch das Porträtloch kletterten, kam ihnen Professor McGonagall mit ernstem Gesicht entgegen. "Miss Granger? Ich muss Sie einen Augenblick sprechen, kommen Sie bitte mit. Potter, Weasley, Sie gehen weiter." Harry und Ron warfen sich fragende Blicke zu, aber da Hermine sich bereits umgewandt hatte und der Lehrerin, die mit energischen Schritte und wehenden Roben vorging, folgte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihren Weg in die große Halle fortzusetzen.
Als die Posteulen hereinrauschten, war Hermine noch nicht wieder aufgetaucht. Harry nahm ihren Tagespropheten entgegen und entlohnte die Eule mit fünf Knuts, während Ron ein großes Paket von seiner Mutter auffing. Wie sich herausstellte, enthielt es Ostereier in der Größe von Dracheneiern, die mit hausgemachtem Nougat gefüllt waren. Harry wollte den Tagespropheten gerade zur Seite legen und seinem Ei den Kampf ansagen, als sein Blick auf ein großes, düsteres Foto auf der Titelseite fiel. Es zeigte ein zum Teil ausgebranntes Haus, über dem in erschreckender Klarheit ein Totenschädel pulsierte, aus dessen offenem Mund sich eine Schlange wand. Die Schlagzeile über dem Bild lautete:
ANGRIFF AUF MUGGELFAMILIE - MINISTERIUM VERHINDERT MORDE!
Harry keuchte und stieß Ron an, der nach einem Blick auf die Überschrift das Osterei, dass er gerade anbeißen wollte, auf seinen Teller fallen ließ und Harry entsetzt anstarrte. Dann flüsterte er: "Leg sie auf den Tisch, Harry, dann können wir zusammen lesen!" Harry nickte, schob seinen Teller und Becher zur Seite und breitete den Tagespropheten aus.
In der Nacht zu heute fand ein erneuter Angriff auf ein
Muggelehepaar, Anne und Roderick G. aus Eastbourne, statt. Nach
Informationen unseres Reporters brach der Brand im Erdgeschoss des
Hauses, in dem sich eine Arztpraxis befand, aus. Als das Ehepaar das
Haus verlassen wollte, wurden sie von maskierten Personen, vermutlich
Death Eaters, die Zauberstäbe hielten, umringt. Obwohl es sich um
Muggel handelt, konnten die Gs. sie als solche identifizieren, da
ihre fünfzehnjährige Tochter eine Hexe ist und derzeit die Hogwarts-
Schule für Hexerei und Zauberei besucht.
Beide Eheleute wurden direkt mit dem Cruciatus-Fluch angegriffen.
Schlimmeres konnte nur durch das schnelle und überraschende
Eingreifen einer kompletten Einheit von Auroren verhindert werden,
deren Auftauchen die Death Eater umgehend vertrieben hat. Festnahmen
sind nicht erfolgt.
Das Ehepaar G. wurde in das St.-Mungos-Hospital gebracht, wo sie
einige Tage zur Beobachtung verbleiben werden.
Es ist unserem Reporter gelungen, eine Stellungnahme der Leiterin der
Abteilung für magische Strafverfolgung, der auch die Auroren
unterstehen, zu erhalten. Miss Lisande Career sagte zu den Vorfällen:
"Wir haben bereits seit Tagen Kenntnis davon, dass es in der
Osternacht zu Angriffen kommen sollte. Genaue Angaben über Zeit und
Ort haben wir allerdings erst kurz vor deren Beginn erhalten. Dadurch
waren wir in der Lage, den Angriff umgehend zu beenden, allerdings
sind sämtliche Verdächtige umgehend nach Ankunft der Auroren
disappariert, so dass wir keine Erfolge in bezug auf Festnahmen
erzielen konnten."
Harry sah auf und direkt in Rons kreideweißes Gesicht. Bevor er jedoch noch etwas sagen konnte, flüsterte sein Freund: "Hermine!" Dann sprang er auf und stürmte zur Tür, dicht gefolgt von Harry.
Sie erreichten das Porträt der Fetten Dame außer Atem und mit hochroten Gesichtern. Harry keuchte das Passwort, ohne auf den missbilligenden Ausdruck der Fetten Dame einzugehen, und kletterte dann hastig hinter Ron in den Gemeinschaftsraum. "Ron, Harry, habt ihr es schon gehört?" Ginny Weasley sprang aus einem der Sessel auf und lief auf die beiden zu. "Steht es in der Zeitung?" Sie deutete auf den Tagespropheten, den Harry zerknüllt in der Hand hielt. Harry nickte, während Ron, immer noch atemlos, fragte: "Ginny, wo ist Hermine?" "Im Schlafsaal, sie packt." In diesem Moment kam Hermine mit einer kleinen Reisetasche in der Hand die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hinunter. Ihr Gesicht war etwas blasser als sonst, sie wirkte allerdings sehr gefasst. Hinter ihr erschien Professor McGonagall.
Harry machte einen Schritt auf Hermine zu, aber Ron war schneller. "Hermine! Es - es tut mir so leid! Können wir irgendwas tun?" Hermine lächelte schmal und schüttelte den Kopf. "Danke Ron, das ist lieb, aber ich wüsste nicht was. Professor McGonagall sagt, dass es meinen Eltern gut geht, und dass ich sie besuchen kann. Sie sind nur zur Vorsicht ins Hospital gekommen, wahrscheinlich werden sie heute noch entlassen." Harry, der inzwischen bei den beiden angekommen war, lächelte Hermine aufmunternd an. "Das freut mich, Hermine. Fährst du mit dem Hogwarts-Express?" Hermine schüttelte den Kopf. "Nein, Professor McGonagall bringt mich in die Drei Besen, damit ich mit Flohpulver reisen kann. Ach, Ron, es gibt doch etwas, was du tun könntest. Ich will Crookshanks nicht mitnehmen - könntest du dich um ihn kümmern?" Rons Mund zuckte nur so kurz, dass Harry bezweifelte, dass es Hermine aufgefallen war, dann sagte er: "Klar, kein Problem!"
"Miss Granger, wir müssen gehen." McGonagalls Stimme klang viel weicher als sonst. Harry fühlte sich an sein zweites Schuljahr erinnert, als Hermine versteinert gewesen war und die strenge Lehrerin ähnlich weichherzig reagiert hatte, als er und Ron ihr erzählt hatten, dass sie ihre Freundin besuchen wollten. Hermine lächelte ihnen noch einmal kurz und tapfer zu, dann folgte sie der Hauslehrerin aus dem Gemeinschaftsraum, während Ron und Harry besorgt zurückblieben.
Den Rest der Osterferien verbrachten die Freunde tagsüber größtenteils in der Bibliothek und, in Harrys Fall, abends in Remus' Büro. Sowohl Remus als auch Sirius wirkten sehr besorgt über die neuen Aktionen der Death Eaters - die Brandstiftung bei den Grangers war nur der erste einer neuen Reihe von Angriffen gewesen. Sirius betonte immer wieder, wie gefährlich es jetzt für Harry war, alleine auf dem Gelände und selbst im Schloss herumzugehen, bis Harry es nicht mehr hören konnte.
Am letzten Tag der Osterferien saß Harry wieder einmal mit seinem Paten und dessen Freund zusammen, trank Tee und hörte etwas schläfrig zu, wie Sirius und Remus sich über einen Artikel aus dem Tagespropheten unterhielten, der sich mit internen Streitigkeiten aus dem Ministerium befasste, als jemand klopfte. Sirius ließ umgehend mit einem kurzen Schwenken seines Zauberstabes seine Tasse verschwinden und verwandelte sich, dann öffnete Remus die Tür. "Hallo Remus, ich bringe dir deinen Trank." Professor Truman trat ein, einen Kelch mit dem dampfenden Wolfsbann-Trank, den Harry mittlerweile schon auf Meilen am Geruch erkannt hätte, in der Hand. Remus wollte die Tür hinter ihr wieder schließen, aber sie winkte ab. "Lass nur, ich bleibe nicht lange. Oh, hallo Harry!" Sie lächelte ihm freundlich zu, und Harry lächelte zurück.
Remus, der heute wieder besonders müde und mitgenommen aussah (Harry hatte nachgerechnet und war zu dem Ergebnis gekommen, dass in zwei Tagen Vollmond sein musste) nahm Professor Truman den Kelch ab und trank einen kleinen Schluck. Wie jedes Mal verzog er das Gesicht, sagte aber nichts. Professor Truman musterte ihn amüsiert. "Na komm schon, sag es!" "Was?" Sie lachte. "Was du immer sagst - warum muss das Zeug nicht nur ekelhaft schmecken, sondern auch noch kochendheiß sein?" Remus lachte jetzt auch. "Das sage ich nicht immer!" "Aber meistens." Remus schüttelte, immer noch lächelnd, den Kopf und leerte den Kelch mit Todesverachtung, bevor er ihn seiner Schwester zurückgab. Sie wollte gerade wieder gehen, als plötzlich eine andere, Harry halbwegs bekannte Stimme ertönte. "Remus? Bist du da?"
Harry drehte sich zum Kamin um - und war im gleichen Augenblick froh, dass Sirius sich immer noch in Hundegestalt befand. Zwischen den fröhlich flackernden Flammen saß der Kopf von Miss Career. Ihre strahlend blauen Augen funkelten hinter den ovalen Brillengläsern, und ihre Wangen glühten. Harry hatte das Gefühl, dass sie so aufgeregt wie selten war. Remus ging vor dem Kamin in die Hocke und sagte ruhig: "Guten Abend Lisande, was kann ich für dich tun?" "Weißt du, wo Francis ist? Ich muss sie unbedingt sprechen, und in ihrem Büro habe ich sie nicht erreicht!"
"Ich bin hier." Professor Truman trat neben ihren Bruder und ging ebenfalls in die Hocke. "Was ist denn los, Süße - ist was passiert?" Miss Career schüttelte den Kopf, was ohne den dazu gehörenden Körper seltsam aussah, und nickte gleich darauf. "Francis, hör mir zu, das ist jetzt wichtig: wenn du mir heute noch den Zauberstab von Sirius Black zurückgibst, kann ich dir deinen Job retten." Professor Truman starrte sie einen Moment lang schweigend an, dann sagte sie sehr leise: "Lisande, ich weiß nicht, wie du dir das denkst, ich..." Miss Career unterbrach sie ungeduldig: "Komm schon, erzähl mir nichts! Ich weiß, dass du ihn genommen hast, und im Moment weiß nur ich es, aber nicht mehr lange. Hör zu, ich kann in einer Dreiviertelstunde in Hogsmeade sein. Triff mich in den Drei Besen, und bring den Zauberstab mit! Wenn du es nicht tust, kann ich nicht dafür garantieren, dass du deinen Job je wieder bekommst!" Mit diesen Worten verschwand der Kopf aus den Flammen.
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Oje, was hat Lisande denn jetzt schon wieder vor? Keine Sorge, in vier oder fünf Kapiteln erfahrt ihr es - jetzt kommt erst mal wieder ein kleiner Rückblick. Ich sage nur: "Tauch eine Weile bei Lupin unter!"
Ich lade dieses Kapitel eigentlich auch nur hoch, weil ich mich heute Hobbit-mäßig fühle. Ihr wisst ja: an einem gewissen Tag im Jahr bekommen andere Leute Geschenke - Hobbits verteilen sie!
Hier ist meins an euch:
Kapitel 27 - Strafarbeit
"Ich glaube das nicht! Ausgerechnet Lupin gibt uns - gibt dir eine Strafarbeit? Nach allem, was er vor zwei Jahren für dich getan hat?" Ron sah ungläubig zwischen Harry und Hermine hin und her. Die drei hatten sich im Gemeinschaftsraum die beliebten Plätze am Kamin gesichert und besprachen die Ereignisse des Abends. Während Ron und Harry schlicht und ergreifend sauer waren, machte Hermine einen eher besorgten Eindruck. "Ron, es ist genau das, was ich euch gesagt habe! Ich wusste, ich hätte nicht mitkommen sollen! Überlegt doch einmal - eine Strafarbeit, und das als Vertrauensschülerin!" "Und dann zieht er auch noch Punkte ab!" Ron hatte sich noch lange nicht beruhigt. Hermine warf ihm einen irritierten Blick zu. "Naja, der Punktabzug ist noch regelrecht harmlos - fünf Punkte pro Person ist nicht viel, Professor McGonagall hätte mindestens das Doppelte abgezogen - aber diese Schande!"
Harry verdrehte die Augen. "Himmel, Hermine, reg' dich ab, du wirst nicht daran sterben! Was ich nicht glauben kann, ist dass er uns tatsächlich bestraft - und dass Sirius nicht ein Wort dazu gesagt hat! Als wenn das normal wäre! Ausgerechnet er - habt ihr eine ungefähre Vorstellung davon, was er in seiner Schulzeit alles angestellt haben muss?" Hermine seufzte. "Aber Sirius hatte niemals einen Feind, der ihn umbringen wollte! Er will dich nur schützen, Harry - und genau das will Professor Lupin auch. Ich wusste, ich hätte euch zurückhalten sollen!"
Harry sprang ärgerlich auf. "Ja, schön, fang du auch noch an, Hermine! Als nächstes wirst du sagen, dass wir die Strafarbeiten verdient haben, und am besten jeden Abend in der Woche eine bekommen sollten! Merkt eigentlich keiner von euch, dass wir nur versucht haben, zu helfen? Wir hätten vielleicht Namen hören können, die Chance mussten wir doch nutzen! Hörst du mir überhaupt zu? Ach, was soll's - ich gehe schlafen!" Er wirbelte herum und stampfte die Treppe zum Schlafsaal hoch, dicht gefolgt von Ron. Keiner von beiden war noch in der Stimmung für eine weitere Unterhaltung, und so zogen sie sich nur schweigend um, warfen sich in ihre Betten und zogen die Vorhänge zu. Harry lag noch eine Zeitlang wach, über die Ungerechtigkeiten des Lebens und insbesondere die Ignoranz der Erwachsenen brütend, und fiel dann in einen unruhigen Schlummer.
Am nächsten Abend standen die drei Freunde pünktlich vor Remus Lupins Büro. Auf sein Klopfen öffnete Remus sofort, bat sie herein und kam dann ohne Umschweife direkt zur Sache. "Hermine, du meldest dich bei Madam Pomfrey im Krankenflügel, sie kann Hilfe beim Reinigen und Aufräumen gebrauchen. Ron, Professor Sprout erwartet dich im Lehrerzimmer. Ihr werdet gemeinsam zum Gewächshaus 3 gehen und einige Alraunen umtopfen. Harry, auf dich wartet Mr. Filch im Pokalzimmer. - Worauf wartet ihr noch?"
Zehn Minuten später stand Harry vor dem höhnisch grinsenden Hausmeister. "Na, Potter," schnarrte er, "ist die Zeit der Verzärtelung vorbei? Musst du jetzt tatsächlich mal was tun?" Harry lag eine äußerst unfreundliche Antwort auf der Zunge, aber er schluckte sie herunter und starrte Filch nur stumm und mit möglichst viel Verachtung im Blick an. Filch, offenbar enttäuscht von dem Mangel an Reaktion, machte eine unwirsche Kopfbewegung zu einer der Vitrinen, in denen die Pokale aufbewahrt wurden. "Lupin sagt, du sollst mit den Quidditch-Pokalen ab 1975 anfangen. Losloslos, du sollst arbeiten, nicht anwachsen!"
Harry ging stumm zu der bezeichneten Vitrine, öffnete sie, und griff nach Mrs. Skowers Magischem Allzweckreiniger. Als er den ersten Pokal herausnahm, sprangen ihm sofort zwei der sieben darauf eingravierten Namen ins Auge. Unter dem großen Wappen von Gryffindor waren sämtliche Spieler des siegreichen Hauses aufgeführt - zuoberst James Potter und Sirius Black. Harry starrte den Pokal einen Moment lang an, dann wurde er sich des bösen Blickes des Hausmeisters bewusst und begann mit der Arbeit.
Während der nächsten zwanzig Minuten arbeitete er schweigend. Die Pokale waren in einem guten, gepflegten Zustand, und es machte nicht viel Arbeit sie zu polieren. Er war inzwischen bei dem Pokal von 1977 angekommen, und wie bei den letzten beiden, sprangen ihm sofort wieder die Namen seines Vaters und seines Paten ins Auge. Im Hintergrund öffnete sich die Tür des Pokalzimmers, und jemand sprach leise mit Filch. Dann hörte Harry, wie sich die schweren Schritte des Hausmeisters entfernten und die Tür wieder geschlossen wurde. Er drehte sich nicht um. Wer immer dort gekommen war, würde sicher nicht begeistert sein, wenn er seine Arbeit unterbrach, und er wollte nach Möglichkeit schnell mit dieser Aufgabe fertig werden.
Als er den Pokal zurückstellte und die Tür der Vitrine schloss, fing diese das Spiegelbild des Neuankömmlings ein. Harry hatte nicht gehört, dass er so nah herangekommen war, aber nach dem Spiegelbild zu urteilen musste Remus Lupin direkt hinter ihm stehen. Harry biss die Zähne zusammen und öffnete die nächste Tür, um den 1978er Pokal herauszunehmen, aber eine Hand legte sich auf sein Handgelenk und hielt ihn zurück. Harry wandte den Blick und sah seinen Lehrer ärgerlich an. "Auf die Weise werde ich nie fertig, Professor." Remus Lupin lächelte. "Ich kann mir denken, dass du sauer bist, Harry, aber ich hoffe, du weißt warum du das hier tust." Harry runzelte die Stirn. "Weil ich unartig war?" Remus schüttelte, zu Harrys Ärger immer noch lächelnd, den Kopf.
"Hast du mit dem Pokal von 1975 angefangen?" Harry nickte. "Und bei welchem bist du jetzt?" "1977 ist gerade fertig geworden." "Und ist dir an den drei Pokalen, die du gerade poliert hast, irgend etwas aufgefallen?" Harry starrte den Mann, der eigentlich sein Lehrer war, in den letzten Monaten aber zu soviel mehr geworden war, nur an. Nach einem Moment fragte Remus: "Harry? Du hast meine Frage gehört?" Harry fuhr sich mit der Hand durch sein ohnehin schon unordentliches Haar, dann sagte er mit flacher Stimme. "Ich bin nicht blind und ich kann lesen. Die Pokale waren für Gryffindor- Siege, und Dad und Sirius waren im Team." Remus nickte. "Als Sucher und Treiber, genau. Aber das wusstest du, nicht wahr? Ich meine, dass die beiden erfolgreiche Quidditch-Spieler waren. Ich wollte dir etwas anderes damit sagen." Harry zog die Augenbrauen hoch. "Ich bin heute nicht in der Stimmung für subtile Anspielungen. Wenn Sie mir etwas sagen wollten, Professor, dann tun Sie es bitte deutlich."
Remus seufzte leise. "Harry, erinnerst du dich, was ich dir vor zwei Jahren gesagt habe, als Severus dich nach deinem unerlaubten Ausflug nach Hogsmeade erwischt hat? Deine Eltern haben ihre Leben für deines geopfert - und dein Verhalten ist keine schöne Art, es ihnen zu danken. Ich möchte heute noch hinzufügen, dass Sirius sich in unglaubliche Gefahr begibt, um in deiner Nähe sein zu können - dir ist bewusst, dass die Death Eater mittlerweile von Peter wissen müssten, dass er ein Animagus ist? Wenn einer von ihnen - sagen wir, ein gewisser Malfoy - seinem Sohn darüber etwas erzählen sollte, könnte das böse Folgen für Sirius haben. Was ich dir damit sagen will, Harry: es gibt einige Leute, die alles geben würden - oder auch bereits gegeben haben - damit du in Sicherheit bist. Mach es uns nicht schwerer als es ist, und vermeide es wenigstens, dich selber in Gefahr zu begeben, tu uns den Gefallen."
Harry starrte ihn mit offenem Mund an. Auf diese Weise hatte er den Ausflug in den Slytherin-Gemeinschaftsraum nicht betrachtet. Er erinnerte sich allerdings noch genau an den Vorfall, auf den Remus angespielt hatte - wie er für ihn das Geheimnis der Karte des Rumtreibers vor Snape verborgen hatte - und vor allem erinnerte er sich daran, wie schlecht er sich gefühlt hatte. Am Vorabend war er nur wütend gewesen, dass sie trotz aller Vorsicht erwischt worden waren und dass ausgerechnet Remus ihnen Strafarbeiten aufgegeben und Punkte abgezogen hatte, aber jetzt, mit etwas mehr Abstand, konnte er es nachvollziehen. Er sah bewusst auf einen Punkt irgendwo hinter Remus' linker Schulter und murmelte: "Wir wollten doch nur helfen... wir hatten gehofft, Namen zu hören..." Remus seufzte leise. "Ich weiß, Harry. Aber wie wir dir gestern schon sagten: wir haben bessere Quellen als illegale Ausflüge in die Gemeinschaftsräume von anderen Häusern."
Die beiden schwiegen einen Moment. Dann griff Harry langsam nach dem nächsten Pokal und warf einen Blick darauf. Zuoberst war das Wappen von Ravenclaw eingraviert. Harry hob den Blick und sah Remus zum ersten Mal an diesem Tag offen an. "War 1977 euer Abschlussjahr?" Der Gedanke, dass sein Vater und Sirius in einem Jahr den Pokal nicht gewonnen haben könnten, nachdem sie es drei Jahre in Folge geschafft hatten, behagte ihm gar nicht. Aber Remus schüttelte den Kopf. "Nein, 1978 - eine Tragödie." Er deutete mit dem Kinn auf den Pokal, den Harry hielt. "Ravenclaw hat in dem Jahr eine neue Hüterin bekommen - eine Viertklässlerin - während wir zwei von unseren Jägern austauschen mussten, weil die alten abgegangen waren. Ich erinnere mich nicht gerne an die Spiele gegen Ravenclaw aus dem Jahr - wir waren immerhin im Finale - und Sirius hat ihr, glaube ich, bis heute nicht verziehen. Unsere Jäger waren katastrophal und sie war hervorragend - James hat irgendwann aus lauter Verzweiflung den Schnatz gefangen, weil er wusste, dass wir nicht mehr aufholen konnten."
Harry senkte den Blick wieder auf den Pokal, um den Namen dieser genialen Hüterin zu suchen - und als er ihn las, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Natürlich - hatte Cho nicht davon gesprochen? "Sie ist in Ravenclaw ziemlich bekannt... Sie muss eine tolle Quidditch-Hüterin gewesen sein". Der Name, der in sorgfältiger Schrift auf den Pokal graviert war, lautete Lisande Career. Harry sah wieder auf und grinste schief. "Es würde mir nicht gefallen, wenn ich den Schnatz fangen müsste, weil ein drei Jahre jüngeres Mädchen unsere Jäger daran hindert, Tore zu schießen!" Remus lächelte zurück und schüttelte den Kopf. "Es hat deinem Vater auch nicht gefallen. Und Sirius war tagelang nicht ansprechbar." Er schwieg einen Moment lang, dann sagte er ruhig: "Stell den Pokal zurück, Harry, ich glaube, du hast verstanden, was ich dir sagen wollte. Ich würde vorschlagen, dass du den Rest deiner Strafarbeit bei einer Tasse Tee unter Aufsicht deines Paten in meinem Büro verbringst."
Harry kehrte erst kurz vor Mitternacht und mit ziemlich schlechtem Gewissen in den Gemeinschaftsraum zurück. Er hatte sich noch lange mit Remus und Sirius unterhalten, und, nachdem er sich mehrmals glaubhaft entschuldigt hatte, sogar noch ein paar Geschichten aus ihrer Schulzeit erzählt bekommen. Sie hatten dabei alle drei die Zeit vergessen, und als Remus schließlich erschrocken feststellte, wie spät es bereits war, war keiner gerne bereit gewesen, den Abend für beendet zu erklären. Sirius und Remus hatten noch darauf bestanden, ihn bis zum Porträt der Fetten Dame zurückzubegleiten, wo sie sich endgültig verabschiedet hatten - Sirius hatte nicht widerstehen können und Harry mit einer langen, sehr nassen Zunge in ziemlich hundeartiger Manier das Gesicht abgeschleckt.
Der Gemeinschaftsraum war nahezu leer, und Harry hielt sich nicht lange dort auf, sondern stieg gleich die Stufen zu den Schlafsälen hoch. Es brannte kein Licht mehr, und Harrys Mitbewohner schienen schon zu schlafen. Als Harry allerdings gerade in sein Bett klettern wollte, wurden an dem Bett neben ihm die Vorhänge aufgezogen und Ron lugte heraus. "Harry, endlich," flüsterte er, "ich habe schon angefangen mir Sorgen zu machen! Hermine und ich sind schon seit Ewigkeiten zurück - hat Filch dich so lange festgehalten?" Harry schüttelte den Kopf und setzte sich auf Rons Bettkante. "Nein," flüsterte er zurück, "Remus ist nach ungefähr zwanzig Minuten gekommen und hat mich erlöst. Ich war dann noch bei ihm und Si- Snuffles, und wir haben uns festgequatscht. War es bei dir sehr schlimm? Die Alraunen müssen doch jetzt schon ziemlich groß sein, oder?"
Ron nickte. "Sind sie, aber es war harmlos. Es waren nur drei Pflanzen, und alles, was ich zu tun hatte, war die Erde draufzuschütten, den Rest hat Madam Pomfrey gemacht. Und Hermine war auch schnell fertig, sie sagt, sie musste nur ein paar Betten beziehen und durfte dabei Magie benutzen, dann konnte sie auch gehen." Harry nickte jetzt ebenfalls. "Ich glaube, Remus wollte uns gar nicht wirklich bestrafen, er war nur sauer - und, Ron, ich glaube, er hatte recht - aber sag das ja nicht Hermine, sonst können wir uns noch wochenlang Predigten anhören!" Ron grinste. "Ehrenwort, schon im eigenen Interesse! Was musstest du denn machen?" Harry erzählte ihm von den Quidditch-Pokalen und der "Tragödie" aus dem letzten Schuljahr seines Vaters, dann gähnte er und murmelte: "Ich gehe jetzt ins Bett. Nacht, Ron."
In dieser Nacht hatte er keine Probleme, einzuschlafen.
Während der nächsten Tage lasen Harry, Ron und Hermine aufmerksam den Tagespropheten und suchten nach Hinweisen, dass Malfoy tatsächlich recht gehabt hatte, aber alles schien ruhig zu sein. Es fanden sich keinerlei Berichte über Überfälle auf Muggel oder muggelgeborene Zauberer, und langsam beruhigten sie sich wieder. Auch hatten sie durch die vielen Hausaufgaben, die ihnen für die Ferien aufgegeben worden waren, wirklich andere Sorgen.
Der Ostermorgen kam schneller als erwartet, und mit ihm war die Hälfte der Ferien bereits vorbei. Wie sie es sich in den letzten Tagen angewöhnt hatten, trafen Harry und Ron sich bereits früh mit Hermine im Gemeinschaftsraum, um zum Frühstück und anschließend in die Bibliothek zu gehen. Als sie durch das Porträtloch kletterten, kam ihnen Professor McGonagall mit ernstem Gesicht entgegen. "Miss Granger? Ich muss Sie einen Augenblick sprechen, kommen Sie bitte mit. Potter, Weasley, Sie gehen weiter." Harry und Ron warfen sich fragende Blicke zu, aber da Hermine sich bereits umgewandt hatte und der Lehrerin, die mit energischen Schritte und wehenden Roben vorging, folgte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihren Weg in die große Halle fortzusetzen.
Als die Posteulen hereinrauschten, war Hermine noch nicht wieder aufgetaucht. Harry nahm ihren Tagespropheten entgegen und entlohnte die Eule mit fünf Knuts, während Ron ein großes Paket von seiner Mutter auffing. Wie sich herausstellte, enthielt es Ostereier in der Größe von Dracheneiern, die mit hausgemachtem Nougat gefüllt waren. Harry wollte den Tagespropheten gerade zur Seite legen und seinem Ei den Kampf ansagen, als sein Blick auf ein großes, düsteres Foto auf der Titelseite fiel. Es zeigte ein zum Teil ausgebranntes Haus, über dem in erschreckender Klarheit ein Totenschädel pulsierte, aus dessen offenem Mund sich eine Schlange wand. Die Schlagzeile über dem Bild lautete:
ANGRIFF AUF MUGGELFAMILIE - MINISTERIUM VERHINDERT MORDE!
Harry keuchte und stieß Ron an, der nach einem Blick auf die Überschrift das Osterei, dass er gerade anbeißen wollte, auf seinen Teller fallen ließ und Harry entsetzt anstarrte. Dann flüsterte er: "Leg sie auf den Tisch, Harry, dann können wir zusammen lesen!" Harry nickte, schob seinen Teller und Becher zur Seite und breitete den Tagespropheten aus.
In der Nacht zu heute fand ein erneuter Angriff auf ein
Muggelehepaar, Anne und Roderick G. aus Eastbourne, statt. Nach
Informationen unseres Reporters brach der Brand im Erdgeschoss des
Hauses, in dem sich eine Arztpraxis befand, aus. Als das Ehepaar das
Haus verlassen wollte, wurden sie von maskierten Personen, vermutlich
Death Eaters, die Zauberstäbe hielten, umringt. Obwohl es sich um
Muggel handelt, konnten die Gs. sie als solche identifizieren, da
ihre fünfzehnjährige Tochter eine Hexe ist und derzeit die Hogwarts-
Schule für Hexerei und Zauberei besucht.
Beide Eheleute wurden direkt mit dem Cruciatus-Fluch angegriffen.
Schlimmeres konnte nur durch das schnelle und überraschende
Eingreifen einer kompletten Einheit von Auroren verhindert werden,
deren Auftauchen die Death Eater umgehend vertrieben hat. Festnahmen
sind nicht erfolgt.
Das Ehepaar G. wurde in das St.-Mungos-Hospital gebracht, wo sie
einige Tage zur Beobachtung verbleiben werden.
Es ist unserem Reporter gelungen, eine Stellungnahme der Leiterin der
Abteilung für magische Strafverfolgung, der auch die Auroren
unterstehen, zu erhalten. Miss Lisande Career sagte zu den Vorfällen:
"Wir haben bereits seit Tagen Kenntnis davon, dass es in der
Osternacht zu Angriffen kommen sollte. Genaue Angaben über Zeit und
Ort haben wir allerdings erst kurz vor deren Beginn erhalten. Dadurch
waren wir in der Lage, den Angriff umgehend zu beenden, allerdings
sind sämtliche Verdächtige umgehend nach Ankunft der Auroren
disappariert, so dass wir keine Erfolge in bezug auf Festnahmen
erzielen konnten."
Harry sah auf und direkt in Rons kreideweißes Gesicht. Bevor er jedoch noch etwas sagen konnte, flüsterte sein Freund: "Hermine!" Dann sprang er auf und stürmte zur Tür, dicht gefolgt von Harry.
Sie erreichten das Porträt der Fetten Dame außer Atem und mit hochroten Gesichtern. Harry keuchte das Passwort, ohne auf den missbilligenden Ausdruck der Fetten Dame einzugehen, und kletterte dann hastig hinter Ron in den Gemeinschaftsraum. "Ron, Harry, habt ihr es schon gehört?" Ginny Weasley sprang aus einem der Sessel auf und lief auf die beiden zu. "Steht es in der Zeitung?" Sie deutete auf den Tagespropheten, den Harry zerknüllt in der Hand hielt. Harry nickte, während Ron, immer noch atemlos, fragte: "Ginny, wo ist Hermine?" "Im Schlafsaal, sie packt." In diesem Moment kam Hermine mit einer kleinen Reisetasche in der Hand die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hinunter. Ihr Gesicht war etwas blasser als sonst, sie wirkte allerdings sehr gefasst. Hinter ihr erschien Professor McGonagall.
Harry machte einen Schritt auf Hermine zu, aber Ron war schneller. "Hermine! Es - es tut mir so leid! Können wir irgendwas tun?" Hermine lächelte schmal und schüttelte den Kopf. "Danke Ron, das ist lieb, aber ich wüsste nicht was. Professor McGonagall sagt, dass es meinen Eltern gut geht, und dass ich sie besuchen kann. Sie sind nur zur Vorsicht ins Hospital gekommen, wahrscheinlich werden sie heute noch entlassen." Harry, der inzwischen bei den beiden angekommen war, lächelte Hermine aufmunternd an. "Das freut mich, Hermine. Fährst du mit dem Hogwarts-Express?" Hermine schüttelte den Kopf. "Nein, Professor McGonagall bringt mich in die Drei Besen, damit ich mit Flohpulver reisen kann. Ach, Ron, es gibt doch etwas, was du tun könntest. Ich will Crookshanks nicht mitnehmen - könntest du dich um ihn kümmern?" Rons Mund zuckte nur so kurz, dass Harry bezweifelte, dass es Hermine aufgefallen war, dann sagte er: "Klar, kein Problem!"
"Miss Granger, wir müssen gehen." McGonagalls Stimme klang viel weicher als sonst. Harry fühlte sich an sein zweites Schuljahr erinnert, als Hermine versteinert gewesen war und die strenge Lehrerin ähnlich weichherzig reagiert hatte, als er und Ron ihr erzählt hatten, dass sie ihre Freundin besuchen wollten. Hermine lächelte ihnen noch einmal kurz und tapfer zu, dann folgte sie der Hauslehrerin aus dem Gemeinschaftsraum, während Ron und Harry besorgt zurückblieben.
Den Rest der Osterferien verbrachten die Freunde tagsüber größtenteils in der Bibliothek und, in Harrys Fall, abends in Remus' Büro. Sowohl Remus als auch Sirius wirkten sehr besorgt über die neuen Aktionen der Death Eaters - die Brandstiftung bei den Grangers war nur der erste einer neuen Reihe von Angriffen gewesen. Sirius betonte immer wieder, wie gefährlich es jetzt für Harry war, alleine auf dem Gelände und selbst im Schloss herumzugehen, bis Harry es nicht mehr hören konnte.
Am letzten Tag der Osterferien saß Harry wieder einmal mit seinem Paten und dessen Freund zusammen, trank Tee und hörte etwas schläfrig zu, wie Sirius und Remus sich über einen Artikel aus dem Tagespropheten unterhielten, der sich mit internen Streitigkeiten aus dem Ministerium befasste, als jemand klopfte. Sirius ließ umgehend mit einem kurzen Schwenken seines Zauberstabes seine Tasse verschwinden und verwandelte sich, dann öffnete Remus die Tür. "Hallo Remus, ich bringe dir deinen Trank." Professor Truman trat ein, einen Kelch mit dem dampfenden Wolfsbann-Trank, den Harry mittlerweile schon auf Meilen am Geruch erkannt hätte, in der Hand. Remus wollte die Tür hinter ihr wieder schließen, aber sie winkte ab. "Lass nur, ich bleibe nicht lange. Oh, hallo Harry!" Sie lächelte ihm freundlich zu, und Harry lächelte zurück.
Remus, der heute wieder besonders müde und mitgenommen aussah (Harry hatte nachgerechnet und war zu dem Ergebnis gekommen, dass in zwei Tagen Vollmond sein musste) nahm Professor Truman den Kelch ab und trank einen kleinen Schluck. Wie jedes Mal verzog er das Gesicht, sagte aber nichts. Professor Truman musterte ihn amüsiert. "Na komm schon, sag es!" "Was?" Sie lachte. "Was du immer sagst - warum muss das Zeug nicht nur ekelhaft schmecken, sondern auch noch kochendheiß sein?" Remus lachte jetzt auch. "Das sage ich nicht immer!" "Aber meistens." Remus schüttelte, immer noch lächelnd, den Kopf und leerte den Kelch mit Todesverachtung, bevor er ihn seiner Schwester zurückgab. Sie wollte gerade wieder gehen, als plötzlich eine andere, Harry halbwegs bekannte Stimme ertönte. "Remus? Bist du da?"
Harry drehte sich zum Kamin um - und war im gleichen Augenblick froh, dass Sirius sich immer noch in Hundegestalt befand. Zwischen den fröhlich flackernden Flammen saß der Kopf von Miss Career. Ihre strahlend blauen Augen funkelten hinter den ovalen Brillengläsern, und ihre Wangen glühten. Harry hatte das Gefühl, dass sie so aufgeregt wie selten war. Remus ging vor dem Kamin in die Hocke und sagte ruhig: "Guten Abend Lisande, was kann ich für dich tun?" "Weißt du, wo Francis ist? Ich muss sie unbedingt sprechen, und in ihrem Büro habe ich sie nicht erreicht!"
"Ich bin hier." Professor Truman trat neben ihren Bruder und ging ebenfalls in die Hocke. "Was ist denn los, Süße - ist was passiert?" Miss Career schüttelte den Kopf, was ohne den dazu gehörenden Körper seltsam aussah, und nickte gleich darauf. "Francis, hör mir zu, das ist jetzt wichtig: wenn du mir heute noch den Zauberstab von Sirius Black zurückgibst, kann ich dir deinen Job retten." Professor Truman starrte sie einen Moment lang schweigend an, dann sagte sie sehr leise: "Lisande, ich weiß nicht, wie du dir das denkst, ich..." Miss Career unterbrach sie ungeduldig: "Komm schon, erzähl mir nichts! Ich weiß, dass du ihn genommen hast, und im Moment weiß nur ich es, aber nicht mehr lange. Hör zu, ich kann in einer Dreiviertelstunde in Hogsmeade sein. Triff mich in den Drei Besen, und bring den Zauberstab mit! Wenn du es nicht tust, kann ich nicht dafür garantieren, dass du deinen Job je wieder bekommst!" Mit diesen Worten verschwand der Kopf aus den Flammen.
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Oje, was hat Lisande denn jetzt schon wieder vor? Keine Sorge, in vier oder fünf Kapiteln erfahrt ihr es - jetzt kommt erst mal wieder ein kleiner Rückblick. Ich sage nur: "Tauch eine Weile bei Lupin unter!"
