Kapitel 29 – Tauch eine Weile bei Lupin unter II

Sirius öffnete die Augen. Was ihn geweckt hatte, wusste er nicht, aber seine Sinne waren in den Jahren seiner Flucht geschärft worden, und er konnte Gefahr regelrecht spüren. Der Raum war kalt und dunkel, so als wäre jedes Licht durch eine andere Präsenz ausgelöscht worden. Sirius setzte sich auf. Von dem anderen Bett konnte er Remus' ruhigen Atem hören – aber da war noch ein anderes, Atemähnliches Geräusch, ein Atem, mit dem mehr eingesogen wurde als nur Luft. Die Kälte des Raumes nahm zu, dann sagte eine weibliche Stimme mit einer gewissen Schärfe: "Ich sagte doch, ich arbeite in der Abteilung für magische Strafverfolgung!"

Sirius spürte einen Druck auf der Brust. Er bekam keine Luft mehr, und dann presste sich etwas Kaltes, Feuchtes gegen seinen Hals. Sirius stöhnte. Wie hatte er nur Francis vertrauen können? Wie hatte sie einen Dementor hierher gebracht, und warum merkte Remus nichts von all dem?

Der Raum veränderte sich langsam. Anstelle des Schlafzimmers in Remus' Haus war er jetzt wieder in seiner kleinen, kalten Zelle in Azkaban. Noch immer war der Druck auf seiner Brust da, und noch immer fühlte er die feuchte Kälte an seinem Hals. Schlimmer noch war das Gefühl, dass er sich nicht bewegen konnte, und dass er wusste, was jetzt gleich kommen musste – der Kuss eines Dementors, der sein Leben, so wie er es kannte, beenden würde. "Neiiiin..." Er versuchte zu entkommen, aber es war sinnlos. Die Kraft, die ihn gefangen hielt, war zu stark.

Plötzlich verschwanden der Druck auf der Brust und die Kälte an seinem Hals, dafür legten sich zwei starke Hände um seine Oberarme. Sirius bekam noch immer keine Luft, aber plötzlich konnte er sich wieder bewegen und gegen den Griff ankämpfen. Es war sinnlos. Die Hände griffen nur noch fester zu und schüttelten ihn. Sirius riss die Augen, die er irgendwann wieder geschlossen haben musste, auf. Wenn schon alles vorbei sein sollte, dann wollte er dem Gegner wenigstens ins Gesicht sehen, falls er denn eines hatte.

Er hatte – und erstaunlicherweise sah es genauso aus wie das seines Freundes Remus Lupin...

*

Remus wachte von leisen Geräuschen auf, die er zunächst nicht identifizieren konnte. Er öffnete die Augen und setzte sich auf, einen Moment lang unsicher, wo er war. Vorsichtshalber tastete seine Hand nach seinem Zauberstab, der griffbereit auf seinem Nachttisch lag. Gleich darauf wurde ihm klar, dass er sich dort befand, wo er es erwartet hätte – in seinem Schlafzimmer – auch wenn das Bett in einem ungewohnten Winkel stand.

Wieder hörte er das leise Geräusch. Es klang wie ein verletzter Hund – und im gleichen Moment dämmerte ihm die Erkenntnis. Er war nicht allein im Raum – seit Jahren zum ersten Mal nicht, denn am Abend war sein alter Schulfreund Sirius gekommen.

Remus drehte sich hastig um und musterte Sirius besorgt. Sein Freund lag schweratmend auf dem Rücken, die Arme an die Seiten gepresst, die Hände zu Fäusten geballt, murmelte unverständliches und stöhnte leise.

Auf seiner Brust lag, offenbar sehr zufrieden mit sich und der Welt, Moussa, die Nase an Sirius' Hals gepresst.

Remus lächelte leicht. Kein Wunder, dass Sirius schwer atmete. Moussa wog nicht viel, klein und zierlich wie er war, aber Remus wusste aus Erfahrung, wie schwer selbst dieses Leichtgewicht werden konnte, wenn er es sich gemütlich machte. "Moussa, kusch!" Remus streckte den Arm aus und stieß Moussa sacht an, aber der Kater schien nicht gewillt, sich von seinem bequemen Platz zu erheben, sondern presste seine kalte, feuchte Nase noch etwas stärker an Sirius' Hals.

"Neiiiin..:" Sirius machte einen schwachen Versuch, sich umzudrehen, aber was immer er auch träumte schien ihn daran zu hindern. Remus runzelte die Stirn. Er ließ Moussa ja eine Menge durchgehen, aber wenn Sirius Alpträume hatte, war der Spaß vorbei.

Er stand auf, hob Moussa hoch (wobei er darauf achtete, zuerst seine Krallen aus Sirius' T-Shirt zu lösen), setzte ihn auf sein eigenes Bett und fasste Sirius an den Schultern. "Padfoot, wach auf!"

Ein neues Stöhnen war die Antwort, und dann erwachte Sirius plötzlich zum Leben und begann, gegen Remus' Griff anzukämpfen. "Padfoot!!!" Remus biss kurz die Zähne zusammen, als Sirius' Finger sich schmerzhaft in seinen Oberarm bohrten, setzte sich auf die Bettkante und begann, seinen Freund leicht zu schütteln. Mit Erfolg. Sirius riss die Augen auf und starrte ihn einen Moment lang ausdruckslos an. Dann flüsterte er, offenbar noch immer in seinem Traum gefangen: "Nein – keinen Kuss..." "Nicht einmal, wenn du darum betteln würdest! Sirius, komm zu dir, du bist in Sicherheit!" Er zog Sirius in eine sitzende Position, die Hände noch immer fest auf die Schultern seines Freundes gelegt, während dessen Hände sich noch immer in seine Oberarme krallten.

Sirius blinzelte langsam. Als er Remus wieder ansah, war sein Blick klar. "Moony... was... oh verdammt!" Seine Stimme klang rau, und Remus stellte erschrocken fest, dass Sirius angefangen hatte zu zittern. Seine Hände waren noch immer fest in Remus' Arme gekrallt, und Sirius schien nicht gewillt zu sein, ihn in Kürze loszulassen. Remus löste eine Hand von Sirius' Schulter, legte ihm statt dessen den Arm um den Rücken und zog ihn vorsichtig in eine feste und, wie er hoffte, beruhigende Umarmung. Gleichzeitig murmelte er leise, beruhigende Worte. Es schien zu wirken. Sirius lehnte die Stirn gegen Remus' Schulter und ließ es zu, dass sein Freund ihn wie ein Kind hielt.

Es dauerte lange, bis Sirius ruhiger wurde, aber schließlich wurde sein Atem regelmäßiger und der verzweifelte Griff, mit dem er sich an Remus geklammert hatte, löste sich. Dann richtete sich Sirius auf, schob Remus ein kleines Stück von sich weg und lächelte verzerrt, während er sich mit einer Hand über die Augen fuhr. "Entschuldige," murmelte er beschämt, "das war ein nettes Dankeschön dafür, dass ich hierbleiben kann." Remus musterte ihn ruhig. "Sirius, du hast keinen Grund, dich zu entschuldigen. Und das du hierbleiben kannst, sollte selbstverständlich sein, dafür brauchst du dich nicht zu bedanken."

Er schwieg einen Moment, dann fragte er leise: "Möchtest du darüber reden?" Sirius zuckte die Schultern. Dann lehnte er sich gegen die Wand, zog die Knie an die Brust und legte die Arme um die Unterschenkel und den Kopf gegen die Knie.

Schließlich murmelte er kaum verständlich: "Eigentlich sollte man meinen, dass ich drüber weg bin... ich bin jetzt schließlich seit zwei Jahren nicht mehr da..." Er schwieg, dann hob er plötzlich den Kopf, sah Remus an und sagte: "Moony, es tut mir so leid – hast du mir wirklich verziehen?" Remus hob fragend eine Augenbraue. "Wovon redest du?" Sirius lachte bitter. "Das kannst du dir im Grunde genommen aussuchen. Dass ich dich an Snape verraten habe – dass ich dir nicht vertraut habe – dass ich dir jetzt schon wieder Ärger mache..." "Sirius, das meinst du nicht ernst." Sirius zuckte die Schultern. "Doch, eigentlich schon. Naja, das letzte vielleicht nicht, aber das andere..." Remus sah ihn ernst an. "Ich dachte, das hätten wir längst geklärt. Die Sache mit Snape schon vor Jahren, und das gegenseitige Misstrauen vor einem Jahr?"

Sirius sah unbehaglich zur Seite. "Du verzeihst zu leicht, Moony. Ich verdiene dein Vertrauen nicht." Remus seufzte leise. "Jetzt kommen wir zum Kern der Sache. Sirius, vielleicht sollten wir uns ins Wohnzimmer setzen. Ich mache uns einen Tee, und wir unterhalten uns ganz in Ruhe? Ich glaube sowieso nicht, dass einer von uns im Moment noch schlafen könnte." Sirius nickte, und kurz darauf saßen die beiden Freunde mit großen, dampfenden Teetassen vor einem behaglich flackernden Feuer. Beide schwiegen lange – Remus, weil er Sirius anfangen lassen wollte, und Sirius, weil er nicht recht wusste, wie er anfangen sollte.

Nach langem Schweigen, das trotzdem nicht unbehaglich geworden war, sagte Sirius leise: "Es gibt soviel, worüber wir nie richtig gesprochen haben, Moony. Manchmal glaube ich, dass vieles anders gekommen wäre, wenn wir ein bisschen mehr geredet und weniger gehandelt hätten – insbesondere ich. Vielleicht – vielleicht wären Prongs und Lily noch am Leben." Remus musterte ihn nachdenklich, dann fragte er ebenso leise: "Du glaubst, es wäre deine Schuld, dass es so gekommen ist?" Sirius zuckte die Achseln. "Das ist offensichtlich, oder? Wenn ich nicht so blind gewesen wäre, dich zu verdächtigen und ausgerechnet der Ratte zu vertrauen, dann hätte Voldemort nie von ihrem Versteck erfahren. Ich hätte wissen müssen, dass du niemals der Verräter sein konntest..." "Warum nicht?" Sirius Kopf zuckte hoch und er starrte Remus verständnislos an. "Weil – weil du nie – ich meine, ich hätte wissen müssen, dass..." Remus legte den Kopf schief und sah seinen Freund mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Sprich dich nur aus, Sirius, ich bin sehr gespannt auf deine Erklärung." Sirius erwiderte den Blick hilflos, dann sagte er lahm: "Ich hätte es wissen müssen. Es gab so viel – so viel seltsames an Peter – wie häufig er mit irgendwelchen Ausreden zu spät gekommen ist oder plötzlich wieder weg musste..."

Remus schüttelte den Kopf. "Das habe ich mir auch monatelang gesagt, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es nicht möglich war. Im Nachhinein ist es einfach, ja – aber ich glaube, damals waren die Zusammenhänge einfach nicht offensichtlich genug, als dass wir es hätten bemerken können. Es hätte wirklich jeder sein können, und ich kann gut verstehen, dass du mich verdächtigt hast. Ich war ein offensichtlicher Verdächtiger." Sirius senkte den Kopf. "Du meinst, dass wir dir jahrelang erzählt haben, dass uns dein – Problem – nichts ausmacht, nur um dich dann bei der ersten sich bietenden Gelegenheit als Verräter abzustempeln?" Er lachte bitter. "Ich würde dir jetzt gerne sagen, dass es damit nichts zu tun hatte, aber das wäre gelogen. Ich meine, ich habe nie gedacht Remus ist ein Werwolf, er muss der Verräter sein, weißt du, aber ich glaube, unbewusst hat es schon eine Rolle gespielt."

Remus nickte. "Ich verstehe," sagte er leise, "und es war ja auch nicht ganz abwegig. Wir wissen alle, dass Voldemort verstärkt versucht hat, Werwölfe auf seine Seite zu ziehen – und dass es nur allzuviele gab, die ihm bereitwillig gefolgt sind.

Ich kann dir wirklich keinen Vorwurf daraus machen, dass dich das beeinflusst hat – das wäre wohl jedem so gegangen." Er lehnte sich in seinen Sessel zurück, die Teetasse fest umfassend, dann setzte er leise hinzu: "Und es ist auch nicht so, als wäre ich komplett ehrlich zu euch gewesen. Ich – habe euch damals nicht alles erzählt."

Jetzt war es an Sirius, die Augenbrauen zu heben. "Meinst du, dass du in Dumbledores Auftrag versucht hast, die Werwölfe auf unsere Seite zu bringen?" Remus, der gerade einen Schluck Tee getrunken hatte, verschluckte sich und hustete. Als er wieder einigermaßen Luft bekam, stellte er vorsichtig seine Tasse ab und fragte dann fassungslos: "Woher weißt du davon? Darüber habe ich nie gesprochen!" Sirius erwiderte seinen Blick verständnislos. "Doch, hast du – oh Moony, sag nicht, du erinnerst dich nicht daran?" Remus schüttelte langsam den Kopf, während Sirius ihn nachdenklich musterte und schließlich leise sagte: "Das erklärt einiges – oh verdammt, ich habe immer gedacht, das wüsstest du noch!" Remus, der seinen Husten allmählich unter Kontrolle bekam, machte eine ungeduldige Handbewegung. "Sirius, wovon redest du? Wann habe ich davon gesprochen?" Sirius grinste schief. "Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich kann mich nur an eine einzige Gelegenheit erinnern, bei der es wahrscheinlich ist, dass du nicht mehr alles weißt, was gesagt worden ist."

Remus sah ihn fragend an und dann traf ihn plötzlich die Erkenntnis. Er vergrub das Gesicht in den Händen und murmelte leise: "Oh Merlin, ich hätte es mir denken können!" Oh ja, er erinnerte sich wieder – James und Sirius hatten ihn eines Abends abgeholt und darauf bestanden, dass er sie in den Pub begleitete, weil sie der Meinung waren, er arbeite zuviel. Sie hatten erst warmen Met getrunken und sich über Belanglosigkeiten unterhalten. Zwar hatte Sirius ihn irgendwann beiläufig gefragt, was genau er für Dumbledore machte, aber Remus hatte ihm nur erzählt, was unter den Marauders bereits bekannt gewesen war – dass er die Zeitungen, sowohl Zauberer- als auch Muggelpresse, nach Hinweisen auf die Aktivitäten Voldemorts hin untersuchte und sich diese Recherche teilweise auch auf verdächtige Bücher und Pamphlets bezog.

Irgendwann hatte James sich verabschiedet, weil er Lily versprochen hatte, nicht zu spät nach Hause zu kommen, und Sirius hatte eine Flasche Ouzo bestellt. Eigentlich hatte Remus nicht viel davon trinken wollen – wann genau der Punkt gekommen war, an dem er diesen Vorsatz in den Wind geschrieben hatte, wusste er nicht mehr. Eigentlich wusste er überhaupt nicht mehr viel vom Rest des Abends. Am nächsten Tag war er in einem der Gästezimmer des Tropfenden Kessels aufgewacht, völlig angezogen (inklusive Schuhen) neben einem ebenfalls voll bekleideten und schnarchenden Sirius in einem bequemen Doppelbett liegend. Auch wie er dahin gekommen war, wusste er nicht mehr.

Remus ließ langsam die Hände sinken und sah Sirius verlegen an. Er war nie ein großer Trinker gewesen, und dieser Abend war ihm heute noch peinlich. Sirius grinste wieder schief, dann sagte er leise: "Ich habe mich danach immer gewundert, wieso du nie wieder etwas davon gesagt hast, und – ich habe irgendwann geglaubt, dass Voldemort es vielleicht geschafft hat, dich umzudrehen, dass du irgendwann an jemanden geraten bist, der dich überzeugt hat... du hattest dich nach der Schule irgendwie – zurückgezogen..." Seine Stimme verlor sich, und Sirius senkte den Blick. Auch Remus schwieg, unsicher, was er sagen sollte. Nach einer Weile hob Sirius wieder den Blick und sah Remus in die Augen. "Ich war blöd," sagte er ruhig, "ich hätte dich einfach darauf ansprechen sollen, warum du nichts mehr davon gesagt hast."

Remus seufzte. "Wir haben alle Fehler gemacht – ich hätte euch von vornherein damit vertrauen sollen, dann wäre es gar nicht erst zu diesem Missverständnis gekommen." Er zwang sich, Sirius direkt anzusehen und sagte dann leise: "Vielleicht hast du recht und ich habe dir die Sache mit Snape damals zu leicht verziehen – vielleicht ist doch ein gewisses Maß an Misstrauen übrig geblieben, womit ich nicht umgehen konnte. Wahrscheinlich habe ich deshalb so bereitwillig daran geglaubt, dass du der Verräter warst." Er schüttelte leicht den Kopf, dann setzte er hinzu: "Du siehst also, es ist keineswegs deine Schuld – wir hätten alle anders reagieren können. Und in gewisser Weise war dein Verdacht ja sogar richtig – ich habe während der ganzen Zeit mindestens fünfmal das Angebot bekommen, den Death Eaters beizutreten." "Aber du hast es nicht angenommen." Remus schüttelte den Kopf. "Nein, aber ich muss zugeben, dass es manchmal verlockend war. Du glaubst gar nicht, mit was für Methoden Voldemort gearbeitet hat – er ist sogar so weit gegangen, mir ein Heilmittel anbieten zu lassen." Sirius' Augen wurden groß. "Und DAS hast du ausgeschlagen?" Remus zuckte die Schulten. "Erstens habe ich nicht ernsthaft daran geglaubt, dass so ein Mittel existierte, und zweitens wollte ich lieber bei der Dunklen Magie bleiben, die ich seit Jahren kannte, als mich auf neue, unbekannte Arten einzulassen:"

Sirius starrte seinen Freund bewundernd an. "Du hast eine verdammte Menge an Rückgrat bewiesen, Moony. Ich weiß nicht, ob ich diesen Mut gehabt hätte." Remus lachte spöttisch. "Im Nachhinein erzählt mag es so klingen, aber es war keine leichte Entscheidung, Sirius. Die Hoffnung auf eine Heilung war – verlockend." Sirius beugte sich zu ihm herüber und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Aber du hast widerstanden, dass ist es, was zählt." Remus seufzte wieder und nickte. "Ja, im Endeffekt habe ich das wohl."

Die beiden schwiegen wieder lange Zeit. Sirius starrte in seine Teetasse und ärgerte sich über seine Fehler aus der Vergangenheit, während Remus sich darüber ärgerte, dass er aus falschem Stolz heraus seinen Freunden damals nicht erzählt hatte, was er wirklich tat – er hatte nicht gewollt, dass sie sich auch um seine Sicherheit Sorgen machen mussten. Im Nachhinein betrachtet war das natürlich völliger Unsinn – als Werwolf war er ein natürliches Ziel für Voldemort gewesen, und selbstverständlich hatten sich seine Freunde um ihn Sorgen gemacht – um so mehr, da er, wie er selbst wusste, immer blasser und müder geworden war und immer weniger über seine Sorgen geredet hatte.

Nach einer Weile – Remus wusste nicht, ob Minuten oder Stunden vergangen waren – stellte er seine Teetasse wieder ab und sah Sirius an. Sein Freund hob ebenfalls den Kopf, als ob er seinen Blick gespürt hätte, und zog dann die Augenbrauen hoch. "Was ist, Moony?" Remus lächelte schmal. "Mir ist gerade aufgefallen, dass ich mich noch nicht bei dir entschuldigt habe." Sirius runzelte die Stirn. "Wofür?" Remus seufzte. "Dir ist klar, dass du nur meinetwegen noch immer auf der Flucht bist? Wenn ich damals nicht so idiotisch gewesen wäre, meinen Wolfsbann-Trank zu vergessen, dann..." "Moony, das ist doch Unsinn! Ich habe vollstes Vertrauen zu Snape, dass er es irgendwie auf jeden Fall geschafft hätte, mich als den einzig Schuldigen darzustellen, Peter anwesend oder nicht!"

Remus' Lippen zuckten kurz und gegen seinen Willen. Die Feindschaft zwischen Sirius und Snape war schon immer etwas nahezu geheiligtes gewesen. "Sirius, ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst, aber Snape ist ein durchaus intelligenter Mensch, den man mit Logik überzeugen kann. Hätte er Peters Geständnis gehört, dann wäre er sofort auf unserer Seite gewesen. Aber durch meine Unaufmerksamkeit – nein, hör auf zu schnauben und lass mich ausreden! Durch meine Unachtsamkeit konnte Peter entkommen, und nur deshalb haben wir deine Unschuld immer noch nicht bewiesen. Wenn ich den Trank genommen hätte, wärst du nicht gezwungen gewesen, mich von den Kindern fernzuhalten und..." "Moony, hör auf! Wenn es nicht das gewesen wäre, dann hätten spätestens die Dementoren dafür gesorgt, dass wir von Peter abgelenkt wurden – denn die wären auf jeden Fall gekommen, oder hast du das vergessen? Hör' auf, dir Vorwürfe für etwas zu machen, für das du nichts kannst!"

Remus sah ihn einen Moment lang schweigend an, dann fing er an zu lachen. "DAS sagt mir der Richtige! Sirius, ist dir bewusst, was du da gerade gesagt hast?" Sirius starrte zurück, dann fing auch er an zu grinsen. "Oh. Ja. Ich glaube, du hast Recht." Dann wurde er wieder ernst. "Aber die Situation ist anders, ich..." Dieses Mal war es Remus, der seinen Freund unterbrach. "Die Situation ist keineswegs anders, Sirius. Wir haben beide in der Vergangenheit Fehler gemacht, die wir nicht mehr ändern können, und keiner von uns hat sie absichtlich gemacht. Das einzige, was uns jetzt bleibt, ist damit zu leben und zu versuchen, solche Dummheiten in Zukunft zu vermeiden."

Er sah Sirius lange in die Augen, dann stand er auf und nahm die leere Teekanne auf, um sie neu zu füllen. Auf dem Weg in die Küche blieb er kurz neben Sirius stehen, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte leise: "Glaube mir, Padfoot, ich mache mir genauso viele Vorwürfe wie du, und ich weiß, dass es nicht leicht ist, damit zu leben – aber wir können es nur schlimmer machen, wenn wir uns mit Selbstvorwürfen quälen, und wir brauchen beide unserer Kraft dringend für andere Dinge, gerade jetzt. Ich weiß nicht, wie du es siehst, aber ich für meinen Teil werde alles tun, was in meiner Kraft steht, damit Voldemort es dieses Mal nicht so leicht hat, unsere Welt zu zerstören."

Sirius erwiderte den Blick ernst und nickte. Er wusste, dass Remus mit dem Ausdruck "unsere Welt" weit mehr gemeint hatte, als die allgemeine Zaubererwelt...

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Jaja, Selbstvorwürfe sind schon so eine Sache! Waren die Kapitel glaubwürdig? Ich hoffe es... und unten links ist ein Button, über den ihr mir eure Meinung mitteilen könnt! Wenn ihr fleißig Reviews schreibt, lade ich die nächsten beiden Kapitel auch wieder zusammen hoch...