Wuahaha! Ich bin so böse! So gemein! Rhodorik, du wirst mich jetzt bestimmt hassen, oder nicht? Noch nicht? Dann lies mal! Ich hoffe, daß es nach diesem Kapitel viele reviews regnet. Bis jetzt mein Lieblingskapitel, ratet mal wieso....

Fathers Footsteps 5

- Das Schiff -

Der Tag war klar und der Wind ging sanft über das Meer. San Lorenza lag ruhig und friedlich da. Das Meer brandete an den Hafen. Hätte jemand an den Horizont geschaut, wäre ein Funkeln zu sehen gewesen.

Elizabeth stand am Bug der Black Pearl und hielt das goldene Medallion in den Wind. Der Totenkopf schwang sanft hin und her. Sie schloß die Augen.

Ein Bild formte sich in ihrem Geist. Dunkles, langes Haar, schwarze Augen, so tief wie der Meeresgrund selbst. Güte stand in ihnen... Das Medallion zierte den schlanken Hals. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.

Sie öffnete die Augen wieder und sah immer noch das tanzende Schmuckstück. Dann drehte sie sich um.

Dort an der Lufseite stand Seth und beobachtete sie. Die junge Frau versuchte noch einen Augenblick stand zu halten. Aber das Starren lag auf ihr wie ein erdrückendes Gewicht. Sie ging ans Steuerrad, wo Jack stand und so zufrieden aussah, als wäre er auf einer Vergnügungsreise. Freiheit hatte er die Pearl einst genannt...

"Dort vorne ist es," er zeigte auf das Feltland.

"Es wird auch Zeit. Seth ist mir nicht geheuer."

Sie schaute sich um, doch der schlanke, große Mann war verschwunden.

*Gut, dann beobachtet er mich nicht länger.*

Jack drehte bei.

"Wir werden in einer westlichen Bucht vor Anker gehen, das Schiff liegt auch in der nördlichsten, ich denke in der Heiligen Bucht. Mir ist es lieber, wenn nicht jeder gleich von uns weiß."

Nach einer Stunde wurde der Anker runter gelassen.

"Sagt unserem Gast, wir sind angekommen!" rief Marley.

"Ein Beiboot geht an den Strand..." Jack drehte sich grinsend um. "Elizabeth, ich überlasse dir den Platz am rechten Ruder."

Sie achtete nicht auf seine Anspielung, sondern machte sich mit zwei anderen Piraten daran das Boot zu Wasser zu lassen.

"Kapitän! Seth ist unauffindbar!" der Mann kam schnell angelaufen.

"Laßt ihn, wenn er den ganzen Weg schwimmen will... er wäre sowieso freigekommen. Wir gehen an Land und richten ein kleines Lager ein. Heute Nacht gehen wir zur Heiligenbucht. Ich bin gespannt, was es mit diesem Schiff auf sich hat."

An Land angekommen, machten sich die fünf Männer und eine Frau daran, das Lager aufzustellen. Der dreifingrige Mick wurde zum Feuerholzsuchen ausgesucht und verschwand im Wald. Elizabeth und Marley schaufelten eine kleine Feuergrube, während Sneek und Jordan einen kleinen Notunterschlupf aus Ästen und Blättern bauten.

Jack suchte mit einem Fernrohr den Horizont ab, aber da war nichts auf dieser Seite der großen Insel, als die Pearl. Die Pearl. Jack fühlte den Stolz in seiner Brust schwellen, als er sein Schiff aus der Ferne betrachtete. Es lag mit dem Heck zu ihnen...

*Was ist das denn?*

Unterhalb seiner Kajüte war etwas, das nicht dort hin gehörte.

*Dort hast du dich also versteckt!*

Etwa vier Meter unterhalb der Fenster, dort wo die Form des Schiffes eine Krümmung nach innen machte, baumelte ein Stück Seil mit einer Schlinge am Ende. Gerade groß genug, um den Fuß eines Mannes aufzunehmen, das Seil gerade lang genug, so daß ein Mann aufrecht in der Schlinge stehen konnte. Vom Deck oder vom Fenster aus war es unmöglich gewesen, diese Stelle zu entdecken. Wie hatte Seth zwei Tage und drei Nächte dort verharren können?

Marley trat an den Kapitän heran.

"Wir sind fertig."

Jack gab ihm das Fernrohr und deutete auf die Stelle am Schiff. Marley sah hindurch.

"Unmöglich! Wie ist er von dort aus nach oben gekommen?"

In der Tat war dies sicher sehr schwer, doch anscheinend nicht unmöglich für diesen jungen Mann gewesen.

*~*~*~*~

Nacht

Sie saßen am Lagerfeuer. Marley erklärte Elizabeth die Sterne, während Jack und die anderen sich einem Schlückchen Rum hingaben. Jack stand auf und wankte in Richtung Wald.

"Jack, was machst du?" rief Elizabeth ihm nach.

Er drehte sich um, sich kaum auf den Beinen haltend und grinste, so breit daß der Schein des Feuers auf seinen goldenen Zähnen flammte.

"Pissen!"

Die Frau schüttelte nur den Kopf, während Jack im Wald verschwand. Doch nach einer ganzen Weile kam er nicht wieder. Sie sah sich in der Runde um, aber keiner schien besorgt.

"Marley, denkst du nicht wir sollten mal nach Jack sehn?"

"Nein. Ich denke, er ist los und sieht sich mal das Schiff an."

"Er hat gesagt, er ginge nur mal kurz in die Büsche!" Elizabeth war entrüstet, daß Jack sie nicht mitgenommen hatte.

"Er sagte, er gehe pinkeln. Was er danach machen wollte, hat er nicht erwähnt."

"Aber..." setzte sie an.

"Manchmal ist es besser, nur einen Mann zu schicken. Das fällt weniger auf. So hat der Kapitän die Lage am besten unter Kontrolle."

Sie gab sich geschlagen und seufzte. Schließlich hatte er sogar Marley nicht mitgenommen, geschweige denn einen der anderen starken Männer. Sie sah wieder gen Himmel. Mars war kaum zu sehen.

*~*~*~*~

Jack wußte, wo die Heiligenbucht war und schlich in Windeseile dort hin. Innerhalb von eineinhalb Stunden war er dort und bedachte, daß er großen Abstand zum Strand einhielt. Die Bucht war von zwei Bergen eingeschlossen und Jack wußte, daß auf dem westlichsten ein alter Ausguck war. Schnell kletterte der Kapitän hinauf und stellte fest, daß er sehr verwuchert war, aber immer noch genug freigab, so daß sowohl Strand als auch Meer zu sehen waren.

Zuerst fiel ihm das Licht am Strand auf. Dort wurde ein Lagerfeuer gemacht. Er zückte sein Fernglas, um mehr zu erkennen. Drei Beiboote langen am Strand, fünfzehn Mann waren am Lagerfeuer. Zwei kamen nach fünf Minuten noch hinzu, anscheinend waren sie ausgetreten. Er konnte die Gesichter, der Männer, die in seine Richtung saßen nicht genau sehen, denn der Feuerschein warf zappelndes Licht auf sie und schien sie immer wieder zu verändern. Doch er glaubte, keinen dieser Männer schon einmal gesehen zu haben. Waren das Piraten? Die Kleidung war zwar alt und an manchen Stellen zerrissen, aber dennoch schien sie gepflegt. Die Hemden waren größtenteils weiß, oder zumindest ein ergrautes oder vergilbtes Weiß. Jacken und Hosen dunkelbraun, oder schwarz. Wenn das Piraten waren, dann doch ein sehr ordentlicher Haufen. Sie sangen Seemannslieder, die noch bis zu Jack hinauf schallten.

Mit dem Rücken zu ihm saß ein Mann der sich deutlich von den anderen abhob. Er war im Vergleich zu den anderen geradezu dünn. Der Mann neben ihm zum Beispiel hatte doppelt so breite Schultern. Außerdem umhüllte ihn ein schwarzer glänzender Umhang und er trug einen Hut.

*Das muß wohl der Kapitän sein* überlegte sich Jack.

Dann sah er aufs Meer und sein Atem stockte. Ein riesiger Umriß hob sich schwach gegen den schwarzen Berg auf der anderen Seite der Bucht ab. Das Schiff. Es war groß... und unheimlich, denn es war trotz der Größe kaum zu sehen. Nur die kleinen Lichter an Bord und die erleuchtete Kajüte des Kapitäns verrieten es. Kein Name war erkennbar. Aber sofort atmete er wieder auf.

*Dummes Seemannsgarn. Sieben Masten? Hah!*

Das Schiff hatte zwar große Masten, aber auch nur drei an der Zahl. Und die Mannschaft stellte sich nun auch nicht als schwarze Riesen heraus, sondern nur als vorwiegend dunkel gekleidete, große Seemänner. Sparrow beschloß sich alles etwas näher anzusehen und schlich zum anderen Berg. Dort wagte er sich an den Strand und zerrte einen alten Baumstamm zum Meer. Langsam ließ er sich, von seiner Deckung geschützt, treiben, bis er fast am Schiff war.

Plötzlich hörte er eine Stimme.

"Was ist es?"

Ein starker, sonnengegerbter Mann sah über die Reling und Jack konnte gerade noch schnell genug abtauchen.

"Nur ein Stück Holz," antwortete der Seemann und ging wieder.

Jack tauchte wieder auf. Wenn diese Männer das Meer sogar in der Nacht so genau beobachteten, mußte er sich seine Deckung irgendwo erhalten, sonst konnte er später nicht unentdeckt zurück schwimmen. Er schwamm langsam um das Schiff herum und kam zur Ankerkette. Dann riß er seinen Ärmel ab und band den Baumstumpf an einem vertrockneten Ast an die Kette. Hoffentlich brach der Ast nicht, sonst war seine Deckung dahin. Er schwamm ein Stück zurück, wo ein Tau der Beiboote noch ins Wasser hing. Er faßte es und zog sich geräuschlos hoch. Vorsichtig lugte er über den Rand des Schiffes. Zwei Mann, die am Hauptmast gelehnt saßen und ihre Säbel schärften, ein Mann am Bug, einer am Steuerrad. Zwei auf dem Ausblick. Aus der Kapitänskajüte drang immer noch Licht. Das Deck war sauber, das ganze Schiff aus dunklem Holz, so daß es schwarz wirkte. Die Segel waren ordentlich eingeholt und ebenfalls schwarz. Kein Mucks wurde gemacht, nur das Geräusch von Stein auf Metall war zu hören. Jack interessierte sich brennend für den Kapitän. Anscheinend war dieser doch nicht an Land. Aber er sah nur eine Möglichkeit, einen Blick auf ihn zu werfen.

*Argh! Ich habe doch gar keine Lust für solche Klettereien!*

Aber seine Neugier ließ ihn nicht los. Zuerst versuchte er an der Hülle des Schiffes einen Halt für seine Füße zu suchen, aber das war vergebens. Also mußte es so gehen. Er hielt sich am Rand des Schiffes fest und hangelte sich Stück für Stück, Hand für Hand nach rechts. Seine Finger brannten von dem Gewicht seines eigenen Körpers. Aber endlich hatte er das hintere Ende erreicht, wo es hoch zum Steuerrad ging und die Kabine lag. Der Steuermann konnte ihn nicht sehen. Der Mann am Bug schaute geradeaus und die zwei auf Deck saßen mit dem Rücken zu ihm. Er mußte sich ganz langsam bewegen, sonst würde er den beiden im Ausguck auffallen. Vorsichtig zog er sich hoch und stieg mucksmäuschenstill über die Reling. Jack drückte sich an die Holzwand und schlich langsam an ihr entlang. Nur ein Geräusch, nur eine schnelle Bewegung...

Er war an der Tür und spähte durch das Glas. Leider war es nicht klar und glatt und deshalb sah er alles verschwommen. Doch die Umrisse erkannte er. Einige Kerzen brannten und erhellten das Zimmer. In der Mitte stand ein Schreibtisch, darüber eine große Figur in weißem Hemd und schwarzer Hose gebeugt. Riesig maß sie sich aus. Das entsprach eher Jacks Vorstellungen vom Kapitän dieses Schiffes. Zu gerne hätte er das Gesicht gesehen. Er besah sich das Glas. Es war nur locker in die Türe eingefaßt. Er holte ein Messer heraus und versuchte die Scheibe, die am nächsten zu ihm war mit dem Messer anzuheben. Die Klinge bekam Halt.

*Nur ein Stückchen hoch,* bangte Jack und hoffte das Glas würde nicht von der Klinge rutschen.

Es klappte drei Millimeter waren zwischen Scheibe und Holzrahmen frei. Leider Mußte Jack feststellen, daß er kein besonders großes Sichtfeld hatte. Er konnte gerade mal den Bereich zwischen Knie und Hemdanfang sehen.

*Mist!*

Hier war nicht mehr zu erfahren. Er versuchte sein Messer langsam wieder herauszuziehen. Das Glas rutschte ab und mit einem leisen "Klack" fiel die Scheibe in den Rahmen. Jack zuckte zusammen. So schnell und leise wie möglich huschte er über die Reling. Ein Mann auf dem Ausguck sah herunter.

"Ach, ihr seid es Kapitän!" Die Tür war aufgegangen.

"Was Außergewöhnliches?" donnerte eine dunkle Stimme.

"Ich dachte gerade ich hätte, was gesehn, aber das wart anscheinend ihr..." Er hatte noch hinzufügen wollen, daß es auch eine Ratte gewesen sein konnte, die noch schnell in ihr Versteck gehuscht war, aber er würde es niemals wagen so etwas mit seinem Kapitän in einem Atemzug zu nennen.

Jack wagte es nicht, sich hoch zu ziehen, um den Mann zu sehen. Es war sein Glück gewesen, sonst hätten ihn ein Paar schwarze, scharfe Augen erblickt. Nachdem der Kapitän sich umgeblickt hatte schloß er die Tür wieder.

"Seid heute Nacht besonders wachsam."

Die Tür fiel leise ins Schloß. Jack ließ den angehalteten Atem entweichen. Jetzt wollte er nur noch schnell zurück an Land. Zum Glück waren nur seine Knie weich, sonst hätte er die Kraft nicht aufbringen können, sich wieder zurück zum Seil zu hangeln. Langsam ließ er sich wieder ins Wasser und konnte leider nicht vermeiden, daß es um ihn herum plätscherte. Er tauchte zur Ankerkette zurück, denn das schien ihm weniger Geräusche zu machen. Auch auf dem Weg zurück zum Strand war er die meiste Zeit unter Wasser, um das Risiko möglichst gering zu halten, entdeckt zu werden. Dadurch konnte er leider nicht sehen, wie ein kurzes Lichtsignal vom Schiff zum Strand gesannt wurde. Zwei Mal kurz, Zwei Mal lang...

Er ging bei dem Berg an Land, wo er auch ins Wasser war, allerdings jetzt nicht am Strand, sondern an einer felsigen Stelle, die mit Sträuchern überwuchert war. Dies bot ihm eine gute Deckung. Er ließ sich ins Gebüsch fallen und verschnaufte erst mal. Seine Finger waren fast taub. Ihm wurde kalt, seine Beine trugen ihn zuerst nicht. Aber er durfte nicht liegen bleiben, sondern mußte schnell zurück zum Lager. Also raffte er sich auf und lief schnell in Richtung Westen. Um Zeit zu sparen, entschied er sich näher am Strand vorbei zu gehen.

Aus dem Wald heraus konnte Sparrow sehen, daß einige Piraten sich vom Lagerfeuer entfernt hatten, auch der in dem schwarzen Umhang. Nur der Hut lag noch dort und die Feder daran wiegte sich leicht im aufziehenden Wind. War er entdeckt worden? Das konnte nicht sein! Sehr vorsichtig und immer auf der Hut, Wills Schwert in der Rechten, kroch er durch den Wald. Er sah niemanden. Auf der anderen Seite der Bucht machte er an einer felsigen Stelle kurze Rast. Er ließ sich in den Schutz eines großen Baumes fallen, dessen Wurzeln ein löchriges Dach über ihm bildeten. Noch einmal wandte Jack den Blick zur anderen Seite der Bucht, wo immer noch das Schiff lag.

*Unheimlich*

Er ließ seinen Kopf zurück an die Felsen sinken und machte die Augen zu.

*Wenn ich doch nur das Gesicht des Kapitäns gesehen hätte. Und keine Spur von Will.*

Er öffnete die Augen wieder und erstarrte vor Schreck. Durch das Wurzelwerk des Baumes sah er eine große, grazile Gestalt, stolz und aufrecht stehen, wachsam aufs Meer blickend. Die schwarzen Augen so scharf und ernst aufs Wasser gerichtet. Ein Abbild der Jugend, schön und stark. Ein perfekt gestutzter Schnurrbart sah wie ein schwarzer Strich auf der weißen Haut aus und hob die feinen Lippen darunter hervor. Der Kinnbart darunter betonte das Gesicht ganz besonders. Der Mantel flatterte in der steifen Brise, die aufgezogen war und das zusammengebundene Haar versuchte sich im Wind zu lösen. Einige Strähnen hatten es schon geschafft und umspielten jetzt das blasse Gesicht.

Jack blinzelte, um sicher zu sein, daß er keine Truggestalt vor sich sah. War er so erschöpft? Sein Herz schlug wild und er konnte seinen eigenen Puls im Hals fühlen. Da wandte sich der Mann über ihm um und ging fort, ohne den Kapitän der Black Pearl gesehen zu haben. Jack war zu erschrocken gewesen, um sofort zu reagieren. Doch nach den ersten Schrecksekunden wollte er gerade aufstehen, als er etwas sehr scharfes, kaltes an seinem Hals spürte.

"Was haben wir denn da? Einen Piraten auf der Flucht?"