Hinweis: So viel ich weiß, gibt es in der Schmuckbranche den Ausdruck "Jade"(deutsch ausgesprochen), der einen grünen Edelstein beschreibt. Jedenfalls wißt ihr jetzt, was ich damit meine, gell?

Mein neues Lieblingskapitel! Wuahahaha! Voll viel Arbeit, voll lang, trotzdem mein liebstes bis jetzt! Viel Spaß beim Lesen!

@Vicky23: So, das sollte ein Kapitel nach deinem Geschmack sein. *g* Man sollte meinen nach dem Sturm kommt der Nebel umso dichter, aber ich denke hier verzieht er sich eher. Mach dir keine Sorgen, ich versuche jede Kleinigkeit zu erklären, hoffe nur, ich vergesse nix. Wenn doch, kannste mich anschreiben und ich verbessere es, aber noch ist die Story ja auch nicht zu Ende, oder? *freu*

@Sparrow-666: Soso! Gut, daß es dir gefallen hat! *fühlt sich geehrt* Habe mich dann auch schnell beeilt, aber das Kapitel hat einfach etwas Zeit in Anspruch genommen. Du weißt also, wie der Hase läuft? Nach diesem Kapitel kannst du mir ja mal schreiben, ob es sich wirklich nach deinen Erwartungen entwickelt hat. Hab ja alles dran gesetzt, net so vorhersehbar zu schreiben, aber es scheint doch immer jemanden zu geben, der die Gedankengänge nachvollziehen kann... Dann muß die nächste Story eben noch komplizierter werden... hehe *schielt zu Vicky*... aber gut, daraus lernt man *lol*

Fathers Footsteps 8

- Die Schlacht von San Lorenza -

Es war eine tiefschwarze Nacht. Wolken verdeckten Himmel und Sterne. Der schwarze Bug zerteilte das Wasser in Totenstille...

*~*~*~*~

Plötzlich wurde die Stille San Lorenzas von Blitz und Donner erhellt. Doch kein Unwetter kam vom Himmel hernieder.

Das Schiff war aus dem Nebel aufgetaucht, so schnell, so unverhofft, die Stadt war unvorbereitet. Kanonenkugeln gingen auf das wehrlose San Lorenza nieder, trafen Häuser, Scheunen und gingen wie schwerer, schwarzer Hagel auf die Straßen. Menschen schrien auf, Frauen und Männer rannten umher, Kinder wurden in Sicherheit gebracht.

"Piraten! Piraten!" ging es durch die Nacht, doch es fand sich keine organisierte Flotte auf See, um den Hagel zu beenden oder sich dem Schiff entgegenzustellen.

Dann kamen die Piraten an Land. Acht Boote erreichten den Hafen der kleinen Stadt. Sie waren voll besetzt und in dem führenden stand der Kapitän. Wenige mutigen Männer und Frauen hatten Mistgabeln, Schaufeln und alte Schwerter ergriffen, um die Meute aufzuhalten.

Die schwarzen Piraten stiegen aus den Booten und überrannten die, welche sich ihnen entgegenstellten, verteilten sich dann in der Stadt. Überall, wo sie vorbeikamen, brachen sie ein, plünderten, töteten, legten Feuer. Die Stadt fing an zu brennen. Alles geschah mit höchster Sorgfalt, höchster Präzision. Die Flammen flackerten in den Augen des Kapitäns.

*Endlich!*

Ein grausames Lächeln breitete sich über sein Gesicht. Jetzt mußte er es nur noch finden. Das letzte Puzzlestück.

*~*~*~*~

William konnte den ersten Kanonenschuß hören.

*Wir sind in der Nähe!*

Es konnten keine drei Kilometer mehr sein! Obwohl seine Knochen und Gelenke schmerzten und seine Glieder kalt waren, während seine Stirn brannte, zwang er sich noch schneller vorwärts. Zeitweise verschwammen die Umrisse der dunklen Umgebung vor seinen Augen, aber die Explosionen der Kanonen konnte er immer noch ausmachen.

Auch Lara hatte es gehört. Aber in ihr breitete sich viel mehr Furcht aus. Frucht vor dem, was sie vorfinden würde. Bilder ihrer eigenen zerstörten Heimat kamen ihr in den Sinn. Und jedes Mal, wenn sie an ihren Onkel dachte, der mit durchschnittener Kehle zu Boden sank, die Augen flehend auf sie gerichtet, überkam sie Angst... und wieder dieser Zorn. Drei Mal ertappte sie sich, wie ihre Hand an den Griff ihres Schwertes wanderte. Immer wenn sie das Metall berührt hatte, zog sie die Finger schnell wieder zurück. War dies der richtige Zeitpunkt? Warum tat sie nicht einfach, wofür sie gekommen war? Williams Tempo war beinahe nicht durchzuhalten, aber ihre Beine waren sowieso so taub, daß sie es mittlerweile nicht mehr kümmerte.

Als sie den Rand der Stadt erreichten, war der beißende Rauch schon vom Hafen her zu riechen.

William Turner war erleichtert. Er hatte es geschafft! Er würde seinen Kapitän nicht enttäuschen!

Lara sah hin und her, aber die Piraten waren noch nicht bis hier her durchgedrungen. Wieder einmal faßte sie zu ihrem Schwert. Aber nicht, um ihn zu töten. Sie wollte gegen die Piraten kämpfen, die so grausam das Dorf in Schutt und Asche legen wollten. Oder sollte sie doch? Lara Jade sah sich um...

Aber William war schon verschwunden.

*~*~*~*~

Die Stadt blutete bereits aus einer Wunde. Nun machten sich die Eindringlinge daran, sie auszuweiden. Schreie, Feuer und Gestank erfüllte die Luft. Und gerade, als es nicht schlimmer hätte kommen können, gerade dann kam es schlimmer!

Eine zweite Besatzung von Piraten verteilte sich in der Stadt. Nicht schwarz gekleidet, sondern viel mehr in Brauntönen und zerrissenen Hemden. Doch anstatt das Feuer noch schneller auszubreiten, verlangsamten sie es. Schwarze Piraten wurden von hinten überrascht und fielen mit durchgeschnittener Kehle oder von einem Schwert durchbohrt zu Boden.

Jack selbst hatte gerade einen von ihnen erledigt und grinste zufrieden vor sich hin, als er seinen Weg zum Schiff bahnte. Doch es war immer noch gut bewacht, ein paar zu viel für nur einen einzelnen. Drei Piraten entdeckten ihn, als sie aus einer brennenden Gasse heraustraten.

"Schnappt ihn euch!" schrie einer.

Jack zog kurz seinen Hut, grüßte und machte, daß er weg kam. Er rannte quer durch die Stadt, in der Hoffnung, die Verfolger abzuhängen. Aber die Piraten waren hartnäckig und ausdauernd. Der Kapitän der Pearl konnte sich ihrer nicht entledigen. Sie kamen sogar näher!

Schnell bog er in die nächste Gasse und trat die erste Türe zu seiner Rechten ein. Das Schloß gab nach und er huschte hinein. Jack sah die Schatten der drei vor dem Haus vorbei rennen. Er ließ den Atem entweichen. Hinter ihm! Ein Geräusch! Er drehte sich schnell um. Dort hinten im Schatten erblickte er die Ursache. Eine Familie drängte sich in die dunkelste Ecke des Gebäudes. Die Mutter hielt ihrem Jüngsten den Mund zu, aber das Schluchzen war dennoch zu hören. Die Tränen des Kleinen schimmerten schwach im Licht des Feuers.

Der Mann trat zitternd vor seine Familie.

"Wir haben nichts. Ich bin nur ein einfacher Schneider. Alles, was ich euch wertvolles geben kann, ist etwas nicht sehr gut gearbeitete Seide."

Der Mann bot ein trauriges Bild. Jack sah auf den Stoffhaufen, zu dem er wies. Es kam ihm eine Idee.

"Mir verlangt es aber nach ganz anderer Tuche, mein Bester!" er machte eine für ihn typische Handbewegung und zeigte auf ein glattes Stück schwarzen Mantelstoffs.

*~*~*~*~

Lara schlug sich durch das brennende Städtchen. Jeder dunkel gekleidete Pirat, der ihr begegnete, ging früher oder später tot zu Boden.

*Wo ist nur Jack? Diese Piraten sind ja wie die Ameisen!*

Egal wie viele sie erledigte, es schienen immer mehr zu werden, je näher sie dem Hafen kam. Sie wußte, der Kapitän der Pearl würde versuchen seine Leute aus dem Schiff zu retten. Jade erreichte die Hauptstraße, die total verqualmt war, so daß man den Hafen nicht sehen konnte. Sie blieb überrascht stehen.

*Da habe ich dich ja wieder!*

Vor ihr war jemand von einer Gasse in die Straße eingebogen! Sie erkannte einen schwarzen Mantel zwischen dem Rauch. Der Rücken darunter war schmal. Sie gab sich einen Ruck.

*Also gut! Auf ein Neues, William Turner!*

Sie rannte auf die Straße, direkt auf die Gestalt zu. Ein Kampfschrei entrann ihrer Kehle, in den sie ihren gesamten Zorn legte. Die Gestalt drehte sich um, gerade noch rechtzeitig, um den Hieb aufzuhalten. Ihr Handgelenk wurde gepackt, doch sie ließ nicht locker und zwängte ihr Opfer an eine Hauswand am Rande der Straße.

"Jade, verdammt! Du wirst alles verderben!"

Lara kannte diese Stimme. Verdutzt ließ sie locker und betrachtete die sonnengegerbte Hand, die sie festhielt. Jetzt erst fiel ihr auf, daß der Mantel gar keiner war, sondern nur ein provisorisch zusammengestecktes Stück schwarzer Stoff. Sie hob den Hut des Mannes leicht an. Unter ihm kamen die dunklen Augen Jack Sparrows zum Vorschein, der sie genervt verdrehte.

"Jack, was soll das!" flüsterte sie heißer.

"Weiber, müßt aber auch in alles eure Nase stecken! Was denkst du, was das soll?!"

Ihre Augen wurden groß...

"Das ist unmöglich! Es wird nicht funktionieren, Sparrow! Bei Mars! Was denkst du dir nur?"

Aber Jack grinste sie nur an und strich sich elegant über den Hutrand.

"Kapitän Jack Sparrow, bitte schön! Außerdem hat es bei dir auch funktioniert, Mädel."

Doch da fiel ihm auf, was sie gerade gesagt hatte... Ihre Ausdrucksweise kam ihm sehr bekannt vor. Damals schon bei ihrer ersten Begegnung war es so gewesen. Wenn das alles vorbei war, würde er seinen Gedanken noch mal aufnehmen, aber nun war keine Zeit. Sie schüttelte den Kopf. Es konnte nicht sein Ernst sein. Der Mann war verrückt.

"Sie werden es bemerken!"

"So lange ich nur an Bord komme, das ist alles, was ich will."

"Und heraus willst du nicht mehr?" lachte sie verächtlich. "Wo ist die Pearl?"

"Etwas ab vom Schuß. Wir kamen heimlich, klamm und leise. War ein guter Überraschungseffekt."

Sie grinste.

"Also gut, tu, was du nicht lassen kannst. Ich mach mich auf die Suche nach dem Kapitän."

Jack drehte sich um und stolzierte in Richtung Hafen.

"Sparrow!" rief Jade ihm nach.

Er blickte sich noch einmal um. Sie machte eine protzige Geste und ging zwei Schritte mit breiten Beinen. Jack gab ihr ein Zeichen, daß er verstanden hatte. Nun versuchte er, nicht zu wanken und die Gangweise von William anzunehmen.

*Schon besser,* dachte Jade und mußte fast lachen, als sie an Jack in seiner Verkleidung dachte.

*~*~*~*~

William lief durch die Stadt. Hier und da erwischte er einen Piraten, der nicht von seinem Schiff war. Ein Stich genügte zumeist. Die Pearl war also schon da. Wo war der Kapitän? Er suchte wahrscheinlich schon danach. William erkannte, daß er seine Pflicht am besten erfüllen konnte, wenn er einige der fremden Piraten erledigte und zum Schiff zurückkehrte. Sparrow würde versuchen, an die Gefangenen heran zu kommen. Sein Körper war ausgelaugt und jeder Knochen schmerzte.

*Wie ein alter Mann,* dachte er bei sich.

*~*~*~*~

Die dunkle Gestalt schritt in Richtung Hafen. Keiner stellte sich ihr in den Weg. Das Schiff hatte angelegt, da keine Gefahr mehr vom Strand ausging. Auch die Kanonen hatten aufgehört zu feuern und viele Schreie waren verstummt. Jetzt erfüllte hauptsächlich das Prasseln des Feuers die heiße, verqualmte Luft. Nur im hinteren Teil der Stadt war der Schrecken noch nicht vollständig eingefallen.

"William Turner ist zurück," rief eine der Wachen. "Irgendwelche Befehle?" fragte sie, als die Gestalt an ihr vorbei ging.

*Klar, versenkt das Schiff und alles wäre in bester Ordnung*

Jack machte eine abweisende Handbewegung und lachte sich ins Fäustchen.

*Diese Idioten!*

Er ging schnurstracks unter Deck, wo gewöhnlich die Schiffskerker waren. Da waren sie! Marley und Elizabeth kauerten an der Außenwand, so weit wie möglich von den Gitterstäben weg. Zwei Wachen unter Deck. Jack senkte den Kopf etwas tiefer und hoffte, daß keine seiner langen Haarsträhnen unter dem Hut herausguckte. Dann wies er den Männern mit einer Geste, nach oben zu gehen. Sie taten, was er wollte. Marley schaute ihn mit düsterem, verächtlichen Blick an.

Jack warf den Hut weg.

"So reagierst du auf meine Anwesenheit? Vielleicht sollte ich euch hier lassen?" scherzte Jack.

Marleys Gesicht erhellte sich. Er stand auf und sprang ans Gitter.

"Mein Gott! Endlich! Ihr habt euch aber Zeit gelassen, Kapitän Sparrow!"

"Ah," seufzte Jack, als er seinen Titel aus einem anderen Mund hörte.

"Schnell, wir müssen Elizabeth hier herausbringen," Er zeigte auf die schlafende Frau. "Außerdem müssen wir ihn aufhalten. Der Kapitän ist verrückt!"

Jack schaute sich um. An der Wand hing der Schlüssel. Mit ruhigen Händen öffnete er die Türe und schüttelte Elizabeth wach. Sie schrak auf, wie aus einem bösen Traum erwacht und Jack hielt ihr den Mund zu. Als sie ihn erkannte, beruhigte sie sich sofort etwas, aber er sah die Aufregung in ihren Augen. Eine Traurigkeit, die er noch nie an ihr erblickt hatte. Sie stützte sich auf seine Schulter, als er ihr aufhalf.

"Schaffst du das?" fragte Jack besorgt.

Sie nickte und riß sich zusammen. Sparrow bemerkte sofort, wie sie ihre Kraft mobilisierte.

"Gib mir ein Schwert, Jack."

Er sah sich um. An der Wand fand er drei. Marley holte sie und gab eines Elizabeth. Die anderen behielt er selbst, eines in der linken, eines in der rechten Hand. Zusammen gingen sie nach oben, Jack voran, die anderen in seiner Deckung, denn er erhoffte sich, durch seine Verkleidung ein ganzes Stück an die Reling zu kommen.

"Mr Turner? Was tut ihr da? Was geht hier vor?"

Sie waren entdeckt worden! Die Piraten standen da wie angewurzelt. Sofort rannten die drei los und erreichten sogar die Reling. Jeder ergriff ein Seil. Marley und Elizabeth schwangen schon zum Hafen hinüber, als Jack noch einem Piraten ins Gesicht trat, der ihn am Hosenbein festhielt. Er warf den Mantel ab, der ihn sichtlich behinderte.

"Bleib stehen, dreckige Ratte!" rief ein anderer und stürmte mit einem langen Säbel herbei.

Jack zog seinen Hut und schwang sich zum Hafen bevor der Angreifer ihn erreichen konnte. Hinter ihm machten die Piraten sich schußbereit. Sie rannten. Schüsse wurden abgefeuert und Kugeln trafen rechts und links von ihnen ins Leere.

"Schnell in eine Gasse!" rief Marley nach hinten.

Sie erreichten die Hauptstraße und schon bald verwehrte der Rauch den Schießenden die Sicht und der Lärm wurde etwas leiser. Sie gaben es auf. Wahrscheinlich würden sie die Verfolgung aufnehmen. Marley bog in die nächste Gasse ein und die anderen folgten ihm. Gerade noch rechtzeitig. Jack überkam ein furchtbares Gefühl. Es überlief ihn kalt, sein Atem wurde schwer. Er hörte auf zu laufen, während Marley und Elizabeth um die nächste Ecke bogen. Sparrow drehte sich um. Schnell drückte er sich an die Wand.

Dort wo er grade noch in die Gasse gelaufen war, ging nun William Turner vorbei. Sein Umhang wehte hinter ihm her, sein Gesicht war hoch erhoben und stolz. Der Moment dauerte nur eine Sekunde, aber Jack war es wie eine kleine Ewigkeit vorgekommen. Hatte er seinen früheren Freund gespürt? Oder machte ihm nur die Hitze zu schaffen? Die Stadt mußte schon fast ganz in Flammen stehen, dachte er sich. Sicher hatten seine Männer alles getan, aber er war sich bewußt gewesen, daß sie nur den Überraschungseffekt auf ihrer Seite gehabt hatten. Zahlenmäßig waren sie weit unterlegen. Er mußte Marley und Elizabeth hinterher!

Mit jedem dunklen Piraten, den er auf dem Weg tot auf der Straße sah, wuchs sein Stolz auf seine Crew. Leider hatte er auch ein oder zwei seiner Leute regungslos daliegen sehn. Bei einem hatte er versucht einen Puls zu finden, der nicht mehr vorhanden war. Der andere hatte eine Verletzung am Hals gehabt und die Blutlache um ihn herum war zu groß, als daß er noch hätte leben können.

Marley ließ sich an eine Hauswand fallen und die anderen machten es ihm nach.

"Wir müssen den Kapitän aufhalten, Sir!" Die Stimme seines ersten Maats war rauh vom Feuerqualm und der Erschöpfung.

"Nein! Nein, Jack!" Elizabeth schien in Panik. "Ich will ihm nicht mehr gegenübertreten!"

Jack sah zuerst die Frau an, welche außer sich war und ihn flehend ansah, dann zu Marley. Sein Maat mied seinen Blick. Etwas stimmte nicht.

"Es wäre sicher besser, mich gleich darüber zu informieren, was hier los ist."

"Sie hat die Zukunft ihres Geliebten gesehn."

Sie nickte aufgeregt und ihre Hände packten Jacks Schultern.

"Oh Gott! Jack! Er hat genauso ausgesehn! Die gleichen Augen! Die gleichen Züge! Er ist nur um einiges größer!"

Jack schaute sie schief an.

"Ich verstehe nur Seetang..."

"Jack," Marley schaute ihn ernst an. "Bill ist wieder da."

*~*~*~*~

William sah die Wachen, die ihm entgegenkamen. Er blieb stehen. Etwas war schiefgelaufen.

"Sparrow," zischte er.

Die ankommenden Seeleute bestätigten seine Vermutung.

"Sie sind entkommen! Er hat sich als sie ausgegeben!"

Er sagte nichts, aber schaute die Wache nur gefährlich und verachtend an. Der Mann, der die Botschaft überbracht hatte, wußte, daß es Folgen für ihn haben würde. Aber William konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht um solche Lapalien kümmern. Sofort machte er kehrt. Er Wußte, wo sein Kapitän war. Jetzt mußte er sicher gehen, daß sie auch ihr Ziel erreichten.

*~*~*~*~

Elizabeth war schockiert, aber im Grunde ihres Herzens hatte sie es gewußt. Es war Williams Vater gewesen, den sie im Kerker gesehen hatte. Jack hatte es die Sprache verschlagen, was noch nie vorgekommen war. Ungläubig zog er die Brauen hoch.

"Bill? Wir meinen den gleichen Mann?" er mußte es noch einmal hören, sonst glaubte er lieber an eine Sinnestäuschung.

Aber Marley tat ihm den Gefallen nicht und bestätigte noch einmal, was er gerade gesagt hatte.

"Ja, Stiefelriemen Bill. William Turner. Er hat die ganzen Jahre nur auf den richtigen Augenblick gewartet."

"Das ist aber nicht möglich!"

"Ich habe das auch gedacht. Aber es ist, wie ich sage, wir haben ihn selbst gesehn. Er hat selbst mit uns gesprochen. Und, Jack... er hat höllische Machenschaften im Sinn."

Sparrow war im Glauben gewesen, Barbossa hätte Bill Turner auf den Meeresboden geschickt. Wie hatte er es geschafft zu überleben? Vielleicht waren sie nun doch im Begriff, ein Geisterschiff zu bekämpfen?

"Was hat er vor?"

"Er will das Äternum Esse finden."

Jack erinnerte sich, daß Jones davon gesprochen hatte. Damals war er nicht weiter darauf eingegangen, da er sich mehr für Williams Schicksal interessiert hatte.

"Was ist das für ein Ding? Ein Schatz?"

Marley schüttelte den Kopf und seine Augen waren voller Furcht. Er packte seinen Kapitän an den Schultern.

"Wäre es ein Schatz, hätten wir keine Probleme! Barbossas Vorhaben damals war nur ein Kinkerlitzchen gegen das, was uns bevorsteht, wenn Bill das Äternum Esse findet! Es ist ein Buch, verfaßt von den bösartigsten, erfolgreichsten Piraten aller Zeiten! Darin steht alle Erfahrung, die sie gesammelt hatten, alle Legenden, die bis zu unserer Zeit verschwunden sind. Das Buch bedeutet Reichtum und Macht."

Jack schüttelte seinen Kopf.

"Sein Umschlag ist mit heiligen Steinen verziert. Dreizehn an der Zahl. Sie haben Kräfte, wie wir sie uns nicht vorstellen können, Jack. Gar nicht auszudenken, was jemand mit ihnen tun könnte, der etwas davon versteht. Damals hatte es sich so begeben, daß fünf Piratenkapitäne den letzten Besitzer dieses Buches, einen Mörder und Tyrannen, durch einen Hinterhalt töteten. Diese erkannten die Gefahr hinter der Beute und bevor noch einer von ihnen sich das Buch selbst zu Nutzen machen konnte, brachen sie fünf Steine aus dem Umschlag und jeder verschwand mit einem. Sie sahen sich nie wieder, aber das Buch selbst wurde von Priestern in einer Höhle versteckt. Sie wußten um das Geheimnis der heiligen Steine und das Buch wurde allmählich vergessen. Diejenigen, welche noch die Legende kannten, betrachteten es als eine Geschichte. Aber die Legende besagt auch, daß der, welcher die Steine zurück an ihren Platz setzt, sich das gesamte Wissen der alten Piraten einverleiben könnte und die Macht der Steine uneingeschränkt zur Verfügung hätte. Bill ist verrückt geworden! Er hat sich bereits auf die Suche nach dem Buch gemacht. Ich schätze, er hat die Steine schon gefunden..."

Marley brach ab und senkte den Blick. Er ließ Jack los.

"Was ist mit William?" fragte der Kapitän.

"William! Weißt du um die Bedeutung des Wortes "Äternum Esse"?"

Jack schüttelte den Kopf und seine schwarzen Augen starrten den alten Mann an.

"Es ist Latein und bedeutet "Ewig sein". Das Buch will fortgeführt werden. Bill braucht einen Nachfolger, der dies gewährleistet, wenn er mal nicht mehr ist. Erst dann tritt die Macht in Kraft. "Das Blut zweier Generationen muß den Bund mit dem Buch besiegeln. Gold und Silber mögen es vergießen und ewig Zeichen des Paktes sein." Er braucht sein lebendiges Blut, damit sich die Legende erfüllt. Wenn er das Buch besitzt, ist Bill unbesiegbar! Er wird furchtbares Leid bringen, plündern, töten, nach seinem Gefallen..."

Der Kapitän ließ von seinem Maat ab. Wenn dies wahr sein sollte... Mußte er es verhindern? Er war der Welt nichts schuldig... Sie hatte auch niemals etwas für ihn getan. Sein Blick wanderte zu Elizabeth. Sie war genauso sprachlos, wie er selbst. Verzweifelt schaute sie ihn an. Jack war der Welt nichts schuldig. Aber William verdankte er immer noch sein Leben. Welches Schicksal würde ihn ereilen? Würde sein Vater ihn noch am Leben lassen, wenn er sein Ziel erreicht hatte? Aber es gab noch etwas Schlimmeres in Jacks Augen. So wie er einst gewesen war, gab es William nun nicht mehr. Seine gute Seele war tot. Konnte er ihn überhaupt noch retten oder war er schon längst verloren?

Jack faßte einen Entschluß. Er würde bis in die tiefsten Kreise der Hölle fahren und alles daran setzen, seinen Freund wieder zu finden. Wie Orpheus es einst getan hatte. Bill diese Schlange! Ohne Recht hatte er sich Williams bemächtigt!

"Ich werde alles daran setzen, ihn aufzuhalten."

Marley nickte.

"Ich begleite euch!"

Elizabeth schüttelte den Kopf. Tränen rannen ihre weißen Wangen entlang und befeuchteten die weiche Haut.

"Jack," flüsterte sie. "Ich kann nicht!"

Der Kapitän betrachtete die Frau, die ihm nun so zierlich schien. Es war zu viel. Zu schnell ging alles. Die letzten Tage hatten ihr mehr zugesetzt, als sie es gezeigt hatte. Mehr, als sie es sich selbst eingestanden hatte. Jack erkannte, daß sie nicht weiter konnte. Sie brauchte eine Pause und zwar jetzt. Ein Schluck Rum wäre nun nicht das Schlechteste gewesen. Sparrow kniete sich neben Elizabeth.

"Es wird alles gut, Schätzchen. Du wirst sehn, ich bring das schon wieder ins Lot."

Er drehte sich zu Marley.

"Bleib bei ihr. Versucht zur Pearl zu kommen, sie liegt westlich hinter der Landzunge."

Marley wollte protestieren, aber Jack hielt ihm mit schmutzigen Fingern den Mund zu.

"Bitte, mein Freund. Es ist sehr wichtig."

Sein Maat akzeptierte, den Wunsch seines Kapitäns.

"Ich habe eine Idee, wo er sein könnte... Geht zum anderen Ende der Stadt, dort irgendwo gibt es eine Kneipe "zur güldenen Waage". Ein Schild wird euch anzeigen, welches Haus es ist."

*Mein Freund, du mußt mir noch einiges erzählen. Scheinst mehr zu wissen, als du zugeben willst.*

Aber bevor Jack sich endgültig auf den Weg machte, um Bill zu suchen, kam ihm noch etwas in den Sinn.

"Steine sagst du? Du mußt mir mehr von ihnen erzählen. Ich habe mal ein Mädchen gesehn, dessen Augen funkelten, wie grüner Jadestein."

Als Marley entsetzt aufsah, war Sparrow schon weg.

*~*~*~*~

Lara war in der halben Stadt herum geschlichen, aber nun war sie sich sicher, ihn gefunden zu haben. An der Türe zu einer Spelunke wartete sie und lauschte, was im Inneren vorging. Schränke wurden umgeworfen, Glas fiel zu Boden. Sie spähte hinein und sah die Leiche eines Mannes auf dem Boden liegen. Seine Augen starrten an die Decke, die Angst in ihnen war im Tod erhalten geblieben. Drei Männer verwüsteten die Kneipe. Lara hatte ein Kind aus dem oberen Stockwerk schreien gehört, aber zu schnell war es wieder verstummt. Er tötete alles, was ihm in den Weg kam.

*Zwei oben, drei unten,* dachte sie bei sich. *Das müßte doch zu schaffen sein!*

Wieder erschien ein grimmiges Lächeln auf ihrem Gesicht. So nahe war sie ihrer Rache. Dann mußte eben der Vater zuerst dran glauben.

Sie stürmte hinein! Die Männer waren so verdutzt, daß die goldene Klinge schon zwei von ihnen durchbohrt hatte, bis der dritte endlich begriff, was vor sich ging. Elegant drehte sie sich um ihre eigene Achse und setzte einen Schlag an. Aber der Pirat hatte sich gefaßt und sein Schwert gezogen. Er parierte und schlug seinerseits zu. Lara wehrte ab, täuschte rechts an, hieb dann aber rechts auf ihn ein. Der Pirat wich aus und konterte, indem er nach ihren Beinen Schlug. Jade sprang über den Säbel hinweg, bekam einen Stuhl zu ihrer Linken zu fassen und schleuderte diesen auf den Mann. Dieser bekam ihn mitten ins Gesicht, ein Knochen brach. Blut spritzte aus seiner Nase. Blind vor Schmerz und Tränen, fuchtelte er wild in der Luft herum. Lara verpaßte ihm einen Tritt und schickte ihn damit zu Boden. Ein Stoß und der klobige Mann war erledigt.

"Hey, was ist da unten bei euch los?" rief eine quiekende Stimme von oben herab.

Lara stellte sich neben die Tür und wartete. Sie sah eine Klinge, gefolgt von einer Hand und einem Arm. Sie packte diesen und schleuderte den dürren Piraten quer durchs Zimmer. Er prallte an eine Wand und fiel um.

*Noch einer außer gefecht!*

Wieder stellte sie sich neben die Tür und lauerte. Sie hörte die schweren Schritte auf der Treppe. Jetzt! Endlich! Nur der Kapitän und sie! Angespannt wartete sie, bis er endlich in den Raum trat. Er war so nah! Aber dann verstummten die Schritte. Lara wunderte sich gerade darüber......

*~*~*~*~

Eine große Hand fuhr aus der Türe heraus und packte sie an ihrem Hemdkragen. Vor Schreck hatte sie nicht reagiert. Rauh wurde sie hervorgezogen und von den Beinen gehoben. Sie durfte ihr Schwert nicht fallen lassen! Sie sah dem großen Mann in die Augen. Er sah genauso aus, wie sein Sohn... Das erste Mal von Angesicht zu Angesicht und schon war sie ihm unterlegen? Die Pranke drückte ihren Hals zu stark. Sie hatte keine Wahl, sonst würde ihr Kehlkopf zerdrückt werden. Mit einem Scheppern fiel das Schwert zu Boden. Sie packte mit beiden Händen zu und versuchte die Finger um ihren Hals zu lockern. Aber es nützte nichts. Sie waren wie Schraubstöcke. Keuchend schnappte Lara Jade nach Luft. Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen.

"Ah, Bill!"

Die Hand lockerte sich für einen Augenblick, so daß Lara einen kurzen Zug Luft nehmen konnte. In der Türe zur Straße stand er. Das Feuer hinter ihm, gab sein Gesicht nicht sofort preis. Aber Bill konnte schon am Gang und der Statur, vor allem auch an der Frisur erkennen, wer es war.

"Hallo Jack!" donnerte die Stimme zurück.

Sparrow wankte vor ihn und fuchtelte mit seiner Hand vor dem Gesicht des riesenhaften Mannes herum. Jack nahm sich geradezu klein gegen ihn aus.

"Wie wäre es, wenn du die Lady runter läßt und dir einen gleich großen suchst?"

"Wie dich zum Beispiel?" lachte er rauh.

Jack sah sich um und zeigte dann überrascht auf sich selbst.

"Mich?"

Dann versuchte er sich zu seiner vollen Größe vor ihm aufzurichten, was absolut lächerlich aussah.

"Ja, mich!"

Bill ließ Jade herunter und diese ging keuchend zu Boden, faßte sich an die Kehle. Dann zog der Mann ein langes Schwert. Jack tat es ihm gleich. Es sah aus, wie der Kampf von David gegen Goliath. Bill stand, wie ein Baumstamm, während Jack, fast torkelnd, unter ihm wankte, wie ein Zweig im Wind.

"Kapitän Sparrow, ich habe euch für klüger gehalten."

"Achso? Ich habe euch für tot gehalten."

Bill lachte und ging langsam nach rechts. Jack reagierte und machte die Bewegung seinerseits mit. Wie zwei Raubtiere, die sich belauerten.

"Dachtest du wirklich, Barbossa hätte mich töten können? Es braucht schon etwas mehr, als eine Kanone an meinem Stiefel, um mich zu töten!"

"Ich weiß nicht, aber die können doch ganz schön schwer sein. Selbst ein Gorilla, wie du, kann mit so was nicht schwimmen."

"Wer sagt, daß ich das getan habe? Ein einfaches Messer genügt für solche Angelegenheiten, Jack."

"Warum hattest du mich verteidigt?"

Bill stöhnte.

"Ja, der Kodex! Ich muß schon zugeben, daß ich ihm ein gewisses Maß an Respekt entgegen bringe. Außerdem stank Barbossa noch elender, als du."

"Ich war das tatsächlich wert? Fühle mich geehrt, Bill!"

"Du hättest einen hervorragenden Mann auf meinem Schiff abgegeben, Jack."

"Nein, danke. Ich bleibe da doch lieber bei meinem eigenen. Es bringt Unglück eines ohne Namen zu Segeln."

"Davon habe ich noch nichts gemerkt."

"Was ist mit William?"

"Ah, William... Ich habe von eurem kleinen Abenteuer gehört. Möchte fast meinen, du hättest in ihm schon etwas die Vorfreude auf sein neues Leben geschürt. Die Zeit war reif und er war nun endlich groß genug, um in meine Fußstapfen treten zu können. Der Pirat ist in ihm und er weiß es. Du hast es ihm gesagt. Schließlich ergab er sich in sein Schicksal."

"Wenn du ihn brauchst, kümmerst du dich plötzlich, was?"

"Was hätte ich mit einem Kind anfangen sollen, Jack? Du weißt, daß die See kein Platz für einen Knaben ist und schon gar nicht ein Piratenschiff... Oder hättest du ihn etwa schon so jung an Jahren auf dein Schiff genommen?"

Er hatte Recht. Damals, als Bill zum Bestandteil seiner Crew wurde, hätte er keinen Grünschnabel an Bord haben wollen. Er beobachtete sein Gegenüber genau. Lara hatte sich in eine Ecke geschleppt und kam langsam wieder auf die Beine. Er hoffte inständig, daß sie sich nicht einmischen würde, aber bis jetzt machte sie keine Anstalten. Jack hielt Williams Schwert mit festem Griff, es glänzte im Feuerschein.

"Außerdem... hätte es seiner Mutter das Herz gebrochen."

"Man kann es sehen, wie man will, Bill. Vielleicht hast du ihren Tod auch nur grausam verlängert? Vor neun Jahren ist sie gestorben."

Bill wurde wütend. Sparrow erkannte es an der schnelleren Atmung.

"Ich wußte, daß sie krank war und nun tot ist. Der Mann, den ich damals bei ihr ließ, um sie zu beschützen, fuhr wieder zur See und schloß sich mir an. Er erzählte mir davon und daß er William von England hatte fortbringen lassen. Es war nicht meine Schuld!"

"Nun, Bill, die Pearl ist wieder unter meinem Kommando. Vielleicht willst du es dir noch einmal überlegen? Warst einer meiner besten Männer..."

Das war zu viel gewesen.

"Dummes Geschwätz!"

Bill Turner griff an. Jack erzitterte unter dem schweren Schlag, hielt aber Stand. Der riesige Mann konnte sein ganzes Gewicht hineinlegen und drückte die Klinge nieder gegen Jacks. Dieser erkannte, daß der andere diesen Schlag schon wegen seinem Gewicht gewinnen würde und gab nach, duckte sich nach links hinweg. Sofort kam der nächste Hieb gegen seine Seite, aber auch diesem wich er geschickt aus.

"Du bist nicht ungeschickt für deine Größe, Bill... ich würde eher sagen, du bist zu alt!"

"Ha! Jack, ich brauche dich nicht schnell zu töten. Es reicht mir schon, wenn ich dich töte!"

Er stieß zu und Jack führte die lange Klinge mit seiner eigenen an sich vorbei, hielt die Hand des anderen fest und schaute ihm direkt ins Gesicht.

"Nicht, wenn du vorher vor Ermüdung zusammenbrichst, mein Guter!"

Bill riß sich los und Jack wankte ein paar Schritte zurück. Der Boden war voller Holz- und Glassplitter. Es war schwieriger auf ihm zu treten. Sparrow fand aber schnell wieder Halt und schaute Bill herausfordernd an. Die Arme öffnete er zu einer einladenden Geste. Stiefelriemen grinste grausam. Dann nahm er sein Schwert erneut in beide Hände und machte sich bereit, wieder auf Jack loszugehen. Aber dieser war schneller und schlug gegen seine Beine. Bill war es, der dieses Mal zurück wankte. Seine riesigen Stiefel zertraten das ohnehin schon zerbrochene Glas zu noch kleineren Stücken.

"Du hast ein neues Schwert, wie ich sehe. Hat deine alte, rostige Klinge also doch den Geist aufgegeben?"

"Ja, leider. Aber ich habe ein neues Schwert."

Bill machte eine kleine Attacke und Jack wich tänzelnd aus.

"Zum Glück war schnell ein herrenloser Ersatz zu finden. William muß es vergessen haben."

Bills Lachen donnerte durch die Stadt. Jack erinnerte sich an den Tag, als er das Schwert von der Wand genommen hatte. Es war leicht und schlank, hatte eine scharfe Schneide. Ein gutes Schwert. Und bald würde das Blut Bills daran kleben. Jack griff an. Er bestimmte das Tempo voll und ganz, schlug links, schlug rechts, wich aus. Es war wie ein Tanz für ihn, aber er war der Mann. Er führte! Eleganz war in den Bewegungen des Kapitäns der Black Pearl. Stiefelriemen Bill hatte es ihm gar nicht zugetraut, so zu kämpfen. Er wußte, daß Jack ein ernster Gegner war, aber so hatte er seinen früheren Kapitän noch nie kämpfen sehn. Auch Jack erkannte Stil in den Bewegungen des anderen.

*Fast wie William! Nur etwas plumper und langsamer...*

Und das war Jacks Vorteil. Er war einfach schneller, beweglicher! Bill stellte bald fest, daß er den Kampf verlieren würde, wenn Sparrow dieses Tempo beibehielt. Er mußte etwas tun.

"Weißt du, Jack... William hat sich lange gegen meinen Einfluß gewehrt."

"Kann ich mir vorstellen. Er läßt sich nicht so leicht von etwas überzeugen."

Bill schlug nach Jacks Schulter, doch der wich bei Seite.

"Ein halbes Jahr habe ich gebraucht. Immer wieder habe ich neu ansetzen müssen."

Jack stach zu, aber sein Schwert wurde abgelenkt.

"Er hat nach seinen Freunden geschrien! Nach seiner Elizabeth. Nach dir!"

Jack versuchte nicht zuzuhören und vollendete seine Drehung, hielt den anderen immer in Bewegung.

"Weißt du, was ihn aufgeben ließ? Weißt du, wie ich seine Seele heraus gebrochen habe?"

"Hast ihn an deinen stinkenden Stiefeln riechen lassen, was?"

"Nein Jack!"

Die Stimme des Piraten wurde tiefer und bedrohlicher.

"Ich habe ihm erzählt, daß du ihn belogen hast. Ich erzählte ihm, welch ein Mann ich bin. Tatsächlich war der arme Junge sehr enttäuscht, von mir, wie auch.... von dir!"

Bills nächster Hieb war so kräftig, daß ein Schmerz durch Jacks Arm ging, als er ihn abfing. Er spürte, wie seine Finger taub wurden. Sein Geist geriet aus dem Gleichgewicht und schien seinen Körper mitzuziehen.

"Ich habe ihm immer die Wahrheit über dich erzählt!" rief Jack.

"Das konnte er ja nicht wissen. Was er am eigenen Leibe erfuhr, war so gegensätzlich, von dem, was du ihm gesagt hattest, daß er mir glaubte. Er erkannte meine Boshaftigkeit. Er erkannte, daß dieses Böse auch in seinen Adern floß. Ich hatte meinen Angriffspunkt!"

Jack fiel hintenüber auf einen Stuhl.

"Du warst dieser Angriffspunkt, Jack! Ich machte mir William gefügig durch dich! Ich schürte seinen Haß auf dich!"

Jack ließ sich vom Stuhl fallen, als das riesige Schwert ihn in zwei Teile schlug. Auf dem Boden rollte er nach rechts und entging dadurch drei Hieben, die Funken auf dem steinernen Boden schlugen. Aber dann faßte er wieder Fuß und kämpfte aufrecht weiter.

Lara war aufgestanden, bereit, einzugreifen, aber Jack bedeutete ihr, es nicht zu tun. Er wollte diesen Kerl fertigmachen. Alleine! Was nun folgte, hatte Bill nicht vorhersehen können. Jack begann eine Folge von schnellen Schlägen. Er sprang, drehte sich, duckte sich. Er war wie in Trance. Dem großen Mann fiel es schwer mitzuhalten. Lara starrte Jack an. Nie hatte sie jemanden so kämpfen sehen! Schon gar nicht hätte sie es von dem Mann erwartet, der normalerweise immer herum wankte, als wäre er andauernd betrunken! Aber nun bewegte er sich so schnell, so elegant! Arme und Beine wußten genau, wie sie zusammenspielen mußten. Jeder Schlag saß, jeder Schritt exakt. Der ältere Mann begann härter zu schnaufen, machte immer mehr Fehler. Bald schon ging er nur rückwärts, während Jack nur vorwärts ging, ihn an die Wand dirigierte. Schlag, Hieb, Schlag! Und da passierte es!

In hohem Bogen flog ein Schwert durch die Luft und fiel zu Boden. Es blieb direkt vor Lara Jades Füßen mit der Spitze in der Erde stecken.

Jack ging vorsichtshalber ein paar Schritte zurück und richtete das silberne Schwert auf den keuchenden Mann. Lara trat neben ihn.

"Überlaß ihn mir! Du weißt, daß meine Rechnung noch offen steht."

Aber nun hatte er selbst eine Rechnung zu begleichen. Spielerisch schwang er das Schwert.

"Ich weiß nicht. Allzu gerne würde ich dich selbst aufspießen."

Doch da sah er einen Schatten im Fenster.

"Was zum Teufel!" brachte er noch heraus bevor die Scheibe zerbrach.

Jack mußte den Arm hochnehmen, um sein Gesicht vor den Splittern zu schützen. Mit Schwung landete Will direkt zwischen den verfeindeten Parteien auf dem Boden. Jack war es fast so gewesen, als hätte er leisen Donner in der Ferne gehört, als der junge Mann mit den Füßen den Boden berührte. Er schwang die Arme nach oben.

"William! Schön, daß du auch hier bist!"

Jade zückte ihr Schwert. Jetzt hatten sie beide. Vater und Sohn!

Will Turner heftete einen finsteren Blick auf seinen früheren Freund. Er wußte, daß er alleine nicht die besten Chancen gegen zwei ausgezeichnete Kämpfer hatte. Und dennoch stellte er sich zwischen seinen Vater und Jack, den Kopf hoch erhoben.

"Hey, Junge! Wenn du zur See gewollt hättest, bei mir wäre ein Platz für dich frei gewesen!"

Aber William sagte nichts. Kalt sah er auf ihn herab. Jack atmete tief, bei diesem eisigen Blick. Er wurde ruhiger, sprach eindringlicher zu Will.

"Komm schon! Laß uns nach Hause fahren. Elizabeth ist auch hier! Wir haben ne Menge Spaß und ihr beiden könnt leben bis an euer Ende."

*Komm schon, Will! Sag was! Du wolltest nie einer von dieser Sorte sein!*

Jack hörte, wie eine Klinge aus der Scheide gezogen wurde. Sofort war er wieder auf Bill fixiert. Dieser hielt einen silbernen, feinen Dolch in seiner großen Hand. William sah Jack an, als kämpfe er mit sich selbst.

Jack streckte seine Hand aus.

"Laß uns gehen, Will," bat er seinen Freund eindringlich.

Einen Augenblick war völlige Stille. Wills Augen wurden sanft, als erkenne er Jack nun das erste Mal. Das Herz des Kapitäns schlug schneller, voller Hoffnung.

Doch entgegen all seinem Erwarten tat William zwei Schritte zurück in die Arme seines Vaters. Diese umschlungen den jungen Mann und hielten ihn fest. Der Dolch wanderte an die Kehle Wills.

"Was für ein braver Sohn, nicht wahr? Und so loyal!" lachte Bill gräßlich.

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So Leute... das nächste Kapitel ist schon im Petto. War sehr fleißig. Es muß nur noch einmal nach Fehlern abgesucht werden. Wenn keine Reviews kommen, überlasse ich erst mal Sparrow-666 und Vicky23 das Beta-lesen *g*. Wann die Fortsetzung dann gepostet wird, steht wohl noch in den Sternen! Wuahahaha! *evil grin*