Interlude one: "Die Legende von Kakarott"



Verschwommene Schatten in Grün und Blau tanzten in wirrer Reihenfolge vor seinen Augen. Kakarott hob eine zitternde Hand und wischte sich übers Gesicht, aber seine Sicht klärte sich nicht.

'Ich brauche nicht unbedingt zu sehen, um zu wissen, wo mein Gegner ist - er ist so ungeheuer stark, dass ich sein Ki förmlich riechen kann!', dachte er halb verzweifelt und brachte seine Beine schwerfällig unter seinen Körper und schob sich, Zentimeter für Zentimeter, aufwärts bis er letztendlich stand.

Seine Augen geschlossen und tief und rasselnd luftholend, stand er schwankend auf seinen zitternden Knien und versuchte er sich soweit zu entspannen, um seine Gedanken sammeln und sich auf den nächsten Angriff seines Gegners vorbereiten zu können. Aber das Greinen eines Kleinkindes ließ ihn seine Vorsicht vergessen und wütend den Namen des Monsters schreien, dass seinen Sohn und seinen Gefährten bedrohte: "FREEZER!!"



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Goten stürmte die Gänge der Station entlang, weder darauf achtend, ob er jemanden umrannte oder ob er verfolgt wurde. Eine Person folgte ihm auf jeden Fall - er konnte die Energie des Captains so deutlich wahrnehmen, als ob der Mensch ihm seine Hand auf die Schulter gelegt hatte.

Doch das entnervte ihn nur noch mehr.

Wenige Schritte vor seinem Quartier schoss der Jugendliche zu seinem Schatten herum. "Was willst du?", zischte er.

"Ich wollte dich nur zu deinem Quartier begleiten", antwortete Trunks wahrheitsgemäß, nachdem er einen kurzen Moment über die Frage nachgedacht hatte. Er wusste wirklich nicht, warum er sich so um das Wohlergehen des Botschafters kümmerte und eigentlich sollte der Bengel ihm doch herzlich egal sein! 'Ich weiß wirklich nicht, warum ich ihm ständig nachschleiche! Ich habe meinen Job erfüllt und sollte besser zurückgehen und mich um meinen eigenen Kram kümmern!'

Goten knurrte nur genervt, bevor er sich zu seiner Tür herumdrehte und seine ID-Karte durch den Schlitz des Kartenlesers neben der Tür zog. "Nun, ich bin bei meinem Quartier - was lungerst du noch hier herum?"



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Die Kreatur lachte leise und zu der Zeit als er endlich wieder sehen konnte, hatte das Monster sich umgedreht und war wieder in eine Verteidigungsposition geglitten. Kakarott biss die Zähne zusammen, als er diese Geste sah - bedeutete sie doch nichts weiter, als dass Freezer ihn verarschen wollte. Er war so stark... Der Saiyajin war bis jetzt noch nie mit einer solchen Kraft und Gewalt konfrontiert worden. Und mit einer solch unverständlichen Lust zu zerstören und zu quälen. Nicht, dass er nicht auch schon getötet hatte - es mussten wohl Hunderte gewesen sein - aber niemals hatte er bei einem seines Volkes eine solche Grausamkeit und perverse Lust am Schmerz anderer gesehen.

Freezer winkte nonchalant mit einer Hand. "Was ist, Soldat", fragte er verächtlich grinsend. "Schon aus der Puste?" Der Gestaltwandler richtete sich wieder auf und stemmte die Arme in die Seiten. "Jetzt bin ich aber enttäuscht. Und dabei hatte ich doch gehofft, dass ich nicht umsonst zu dieser kleinen Familienfeier erschienen bin."

Kakarotts Blick wurde unwillkürlich von der knieenden Figur seines Koi angezogen: aus vielen kleinen Wunden blutend, hockte Vegeta im blauen Gras dieses gottverlassenen Planeten. Er stützte sich schwer auf seine rechte Hand, Kakarott konnte sehen, dass er unter der Anstrengung zitterte, sich aufrecht zu halten, während der König in der Armbeuge seines linken Armes ihren neugeborenen Sohn hielt. Kakarotts Blick glitt weiter zu den rauchenden Überresten ihres Raumgleiters und flüchtig dachte er daran, dass es eigentlich ein Wunder war, dass sie dem Wrack lebend, und in Gohans Fall sogar unverletzt, entkommen waren.

'Nur, um jetzt von diesem Größenwahnsinnigen erledigt zu werden', fügte er bitter hinzu, als seine Unaufmerksamkeit mit einem schmerzhaften Tritt der Kreatur beantwortet wurde. 'Warum macht er nicht endlich Schluss?' Er hustete und sah wie sein Blut das Gras unter ihm rot färbte.

"Was für eine Schande!" Der Kopf des Saiyajin ruckte herum zu der Stelle in seinem Rücken, von der er die Stimme Freezers hörte. "Ihr beide sollt wirklich das Beste sein, das das saiyanische Reich zu bieten hat?! Ich fasse es nicht, dass ich mich wirklich hierzu herabgelassen habe... Was für eine Zeitverschwendung!"

Kakarott hörte, wie sich die Stimme des Despoten langsam entfernte und verwirrt folgten seine schwarzen Augen der davonschreitenden Gestalt. Sollten sie wirklich so leicht davonkommen...?



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"Ich habe auch keine Ahnung, warum ich meine Zeit noch mit dir vergeude! Ich hab echt besseres zu tun, als den Babysitter für rotznasige Möchtegern- Diplomaten zu mimen!" Trunks machte auf den Fersen kehrt und schritt, rannte beinahe, den Gang hinunter, kochend vor Wut aber gleichzeitig verwundert, warum er sich so gehen ließ. "Arschloch!", fluchte er leise, aber eigentlich wusste er, dass er es nicht so meinte.

"Fick dich!", kam die Antwort über den Flur.

Trunks schoss herum und sah, wie Goten gerade in seinem Quartier verschwand. "Sag mal, was stimmt nicht mit dir, häh?", schrie er die Rückseite des Jungen an, sich einem Scheißdreck darum kümmernd, dass ihre Konversation die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog und die Leute begannen, hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln. "Ich hab dir, verdammt noch mal, nichts getan - oder ist das die normale Art deines Volkes, sich für irgendwas zu bedanken?!"

Er wartete einige Sekunden, aber Goten blieb ihm eine Antwort schuldig. Trunks verschränkte die Arme, versuchte sich mit dieser Geste von seiner steigenden Wut abzulenken - wenngleich fast ohne Erfolg - aber als auch nach weiteren zehn Sekunden kein Lebenszeichen aus der Schwärze hinter Gotens Tür kam, vergas er seine Wut auf den Jungen und fing an, sich Sorgen zu machen.

"Goten? Alles in Ordnung?", fragte er halblaut.

Keine Antwort.

Er entfaltete seine Arme und trat an den Türrahmen heran. Das Licht war noch immer ausgeschaltet, und aus der Dunkelheit drangen heftige Atemzüge an seine Ohren.

"Trunks...?" Gotens Stimme kam krächzend aus der Tiefe des Zimmers.

Der Captain konnte gerade noch den Impuls unterdrücken, in das Zimmer zu stürzen und wie eine übervorsichtige Glucke nach ihrem Küken zu suchen. Aber Goten hatte so verunsichert geklungen, beinahe panisch, dass er stark gegen seinen Beschützerinstinkt kämpfen musste - obwohl er wusste, dass der Junge höchstwahrscheinlich sein gesamtes Squad, inklusive ihm, in wenigen Sekunden auseinandernehmen konnte.

Vorsichtig trat er in das Zimmer ein, ließ seine Augen durch den dunklen Raum streifen, der nur schwach vom Licht erhellt wurde, dass aus dem Flur hineinsickerte, bis mit einem leisen Zischen die Tür hinter ihm zuglitt und ihn in völliger Dunkelheit zurückließ, bis sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten und er jemanden erkennen konnte, der sich als noch schwärzerer Schatten vor dem Schwarz des Fensters abhob, vor dem er stand.

"Licht." Einen kurzen Moment dachte Trunks irritiert über dieses Kommando nach, zu lange, denn die abrupte Helligkeit, die plötzlich das Zimmer flutete stach wie Dolche in seine Augen. Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut bedeckte er sein Gesicht und wandte sich ab.

Als er wieder sehen konnte und sich aufgerichtet hatte, stellte sich heraus, dass es Goten war, den er gesehen hatte, schwer aufgestützt auf seine Hände, die den Rand des Schreibtisches so fest umklammerten, dass die Knöchel weiß hervortraten und sich feine Sprünge über die Oberfläche des Tisches auszubreiten begannen.

Trunks bemerkte abwesend, dass jemand in der Zwischenzeit ein Computerterminal installiert hatte, bevor er seinen Blick abwärts schweifen ließ und das suchte, was Gotens gesamtes Wesen an den Tisch zu fesseln schien. Schließlich sah er ein kleines Stück Fell, dass zwischen Gotens Händen auf dem Tisch lag.

"Was...", hub er gerade an zu fragen, als ihn die Erleuchtung kam und er erkannte, dass da nicht ein Stück Fell lag, sondern ein Schwanz! Ein sauber abgetrennter, zusammengerollter Saiyajin-Schwanz.



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Kakarott konnte seinen Augen noch immer nicht trauen, als er Freezers Gestalt nachblickte, wie sie sich Schritt für Schritt weiter von ihnen entfernte, den dicken, fleischigen Schwanz wie ein Pendel im Takt zu ihren Schritten schwenkend.

Mühsam stand er auf und wankte hinüber zu Vegeta, der ebenfalls aufstand.

"Wie geht es dir?", fragte er leise und hob eine Hand von seiner schmerzenden Hüfte, wo Freezers Tritt ihn getroffen hatte.

Vegetas Blick schweifte kurz zu Freezers Rücken, bevor seine schwarzen Augen wieder in seine eigenen blickten und ein weiteres Mal fühlte Kakarott wie sich etwas in seinen Eingeweiden zu schaffen machte. Vegetas lichtlose Augen waren von Schmerz erfüllt, stellten die einzigen sichtbaren Beweise seiner inneren Verletzungen dar, aber vor allem anderen sah er in ihnen die Bestätigung für seine eigenen Zweifel.

"Ich glaube nicht daran, dass der Bastard uns so einfach davonkommen lässt - es ist unlogisch!" Vegeta rümpfte seine Nase in Abscheu.

"Aber ich bin ihm dankbar, dass wir diese Zeit haben, bevor wir sterben", Kakarott hatte so leise gesprochen, dass seine Stimme kaum mehr als ein Wispern war, dass im ewigen Wind Nameks unterging. "Ich liebe dich."

Die Augen des Königs erweichten für einen kurzen Moment und ein kleines Lächeln zupfte an seinem Mundwinkel. "Romantischer Trottel!"

Der Wind um sie herum verstärkte sich zu einem Sturm, zerzauste ihre Haare und erschwerte das Atmen, bevor er, ebenso plötzlich wie er aufgekommen war, nachließ. Aber statt dessen erfüllte jetzt ein Grollen die Luft, drang fern und leise an ihre Ohren, bis es auch durch die Vibrationen im Boden zu ihnen geleitet wurde.

Kakarott sah kurz hinunter auf das kleine Bündel, dass Vegeta im Arm hielt. Sein Sohn sah so kostbar aus, unendlich fragil und liebenswert, er wünschte sich, das Kind hätte eine Chance gehabt aufzuwachsen und eines Tages selbst Kinder zu haben.

Das Grollen hatte an Intensität zugenommen, schüttelte den Planeten wie eine Kinderrassel und machte es schwierig, irgendetwas außer seiner Gewalt zu hören oder zu fühlen.

Und es schien sich zu nähern.

Er umfasste die Schultern Vegetas und drückte ihn ein wenig von sich weg, die Formen seines Lebensgefährten noch ein letztes Mal in sich aufnehmend, und er konnte nicht verhindern, dass er ein weiteres Mal von einer Flut aus Sehnsucht und Liebe überschwemmt wurde. So, und nicht anders, wollte er die Erinnerung an seinen Liebsten mit in die andere Welt nehmen: stark und stolz, mutig und schön.

Das Grollen hatte sie erreicht, schüttelte wütend den Boden unter ihren Füssen.

Kakarott beugte sich langsam hinunter und presste seine Lippen in einem unschuldigen Kuss auf Vegetas Lippen, ein letztes Mal nur. Dann richtete er sich mit einem schiefen Grinsen wieder auf und wandte sich ab.

Um sie herum explodierte die Welt...



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Entgegen jeder rationalen Erklärung schnappte Trunks Blick zu Gotens Hüfte und selbst als er gesehen hatte, dass der Schwanz des Jungen noch immer an seinem angestammten Platz war, konnte er sich noch nicht davon überzeugen, dass mit dem Saiyajin alles in Ordnung war. Goten zitterte immer noch leicht, obwohl er sich in der Zwischenzeit schon etwas beruhigt zu haben schien. Aber noch immer hielt er sich am Tisch fest, als ob dies das Einzige war, dass ihm noch Halt geben konnte.

Dann allerdings wurde Trunks Zeuge eines merkwürdigen Schauspiels, als Goten sich plötzlich aufrichtete und einfach eine neutrale Mine aufsetzte. Obwohl er wenige Momente zuvor wie ein völlig verschüchtertes Kind gewirkt hatte, umgab ihn jetzt wieder die selbe gefasste, unterschwellig aggressive Aura, die Trunks schon bei ihrer ersten Begegnung gespürt hatte.

Aber jetzt konnte sie ihn nicht mehr täuschen. "Ist alles in Ordnung, Goten?", fragte er und trat bis auf einen Schritt an den Botschafter heran.



Ein scharfen Lachen antwortete ihm. "Sieht es etwa so aus, als sei alles in Ordnung?", fragte Goten sarkastisch. Der Cynismus in der Stimme des anderen traf Trunks unvorbereitet, aber er konnte trotz allem noch ein leichtes Zittern in der Stimme des anderen hören.

Goten griff nach dem Schwanz und schoss damit zu Trunks herum. "Sieht DAS etwa so aus, als sei es in Ordnung?!" Der Captain konnte beginnende Panik und Furcht hören, kaum kaschiert von gespielter Wut. Das fellbesetzte Körperteil in Gotens Hand schwang sacht hin- und her, schien die letzten Bewegungen nachzuahmen, die es aufgrund des Willens eines anderen Wesens vor Jahren gemacht haben mochte. Eines Saiyajin, der höchstwahrscheinlich längst zu Staub zerfallen war oder in eisigem Vakuum erfroren.

"Vielleicht... war es gar nicht so, wie..." Trunks brachte den Satz nicht zuende - zu sehr war er gefangen in den schwarzen Tiefen, die zu ihm aufschauten. Blitze zuckten durch die ewige Nacht jener Augen, als ihr Besitzer abfällig schnaubte.

"Ja klar, und die Tatsache, dass er in meinem Zimmer, auf meinem Schreibtisch lag geht auf eine temporäre Raum-Zeit-Verschiebung zurück, nicht wahr?" Und bitter fügte er hinzu: "Es ist eine Drohung! Jeder Saiyajin würde lieber sterben, als seinen Schwanz zu verlieren."



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Gerade noch rechtzeitig riss Kakarott seinen Arm nach oben, um den nächsten Tritt seines Gegners abzuwehren. Schlag, Block, Ki-Blast, Schlag... schier endlos schien sich das Gefecht schon hinzuziehen und der Saiyajin fragte sich insgeheim, wann wohl seine Kräfte endgültig zu Ende sein würden. Bisher hatte er sich immer wieder aufraffen können, hatte er irgendwo tief in sich eine geheime Quelle der Kraft gefunden. Aber wie lange dies noch anhalten würde konnte niemand voraussehen - am wenigsten er selbst.

Freezer sprang einen Schritt zurück, glitt zum hundersten Mal in eine Angriffsposition und grinste ihn trocken an, seine kleinen, makellosen Zähne entblößend. "Ich hätte nicht gedacht, dass du dich noch zu solchen Leistungen aufschwingen könntest. Ich bin beeindruckt - schade, dass ich dich töten muss."

Auch Kakarott entblößte seine Zähne, fletschte sie, während er gleichzeitig zischend Luft durch ihre Reihen einsog. Er war fertig, noch ein paar Angriffe wie die bisherigen und er würde keinen Muskel mehr rühren können! Und was er besonders hasste, war, dass Freezer noch nicht einmal außer Atem war.

"Warum greifst du uns überhaupt an!?", fragte er schroff zwischen einzelnen Atemzügen, auf eine kleine Verschnaufpause hoffend, oder zumindest auf einige Antworten.

Das Reptil sank tiefer bevor es sich mit einem Zischen von Boden abstieß und verschwand. Kakarott schoss alarmiert herum, gerade rechtzeitig, um die geballte Faust des Despoten ins Gesicht gerammt zu bekommen. Benommen stolperte er einige Schritte zurück, instinktiv seine Hände erhebend, um weiteren Schlägen vorzubeugen. Er hörte einen heiseren Schrei und es kostete ihn einige Sekunden, um zu bemerken, dass er es war, der geschrieen hatte.

Er riss seine Hände hinunter und, mit neuentfachter Wut in seinem Herzen, schoss er auf die Bestie zu. Er riss seine Arme zur Seite, sammelte sein Ki und ließ es frei, kurz bevor er Freezer erreichte, der nach oben sprang, um den Geschossen zu entkommen. Er hatte diesen Zug vorausgesehen und wie erwartet nutzte Freezer seine bessere Angriffsposition, um seinerseits einen Ki-Blast auszuschicken. Aber Kakarott hielt mitten in seiner Bewegung inne und sprang zurück, damit rechnend, dass der Schuss vor ihm in die Erde einschlagen würde, und präparierte einen weiteren, wesentlich stärkeren Blast.

Mit einem heiseren Schrei ließ er ihn los, schwelgte kurz im energetischen Ziehen, das die konzentrierte Lebensenergie in seinen Handflächen hervorrief und wusste, dass dieser Schlag tödlich war. Erleichtert sah er wie sich die Augen des Ungetüms vor Schrecken weiteten, in der Sekunde, die der Energieball benötigte, um es zu erreichen und es erkannte, dass es ihn gewaltig unterschätzt hatte.

Freezer versuchte in Panik seinen eigenen Blast in die Flugbahn des anderen zu lenken, ihn dadurch zu pulverisieren oder zumindest abzulenken und zu schwächen. Kakarott sah, wie beide Energien aufeinander trafen und fühlte sich im selben Moment hochgehoben und herumgewirbelt, als ihn die Windböen erfassten, die dabei entstanden. Tränenschleier und schwarze Punkte störten seine Sicht, ließen ihn nur bruchstückhaft erkennen, wie blaues Gras verkohlte, bevor die nackte Erde aufgerissen wurde von Kräften, die den instabilen Planeten bis ins Mark erschütterten.

Kakarott seufzte erleichtert, realisierte zum ersten Mal, dass er die Luft angehalten hatte, als sein Energie-Ball langsam, aber stetig die Oberhand gewann und Freezers rosafarbene Haut in ein unheimliches Licht tauchte, bevor die Gestalt der Echse gänzlich verschluckt wurde. Sekundenlang waren die schrillen Schreie des Monsters zu hören, als seine Haut von Fleisch und Knochen gefetzt wurde, bevor selbst diese Strukturen zu Staub zermalen und vom künstlichen Wind in alle Himmelsrichtungen zerstreut wurden.

"Den Göttern sei Dank", seufzte er, bevor er sich zitternd erhob. Für einen kurzen Moment wurde ihm schwarz vor Augen und er streckte instinktiv die Arme zu den Seiten aus, um die Balance zu wahren. 'Ich habe zuviel von meiner Energie in den letzten Angriff gesteckt', stellte er nüchtern, wenn auch ein wenig erschrocken, fest. 'Einige Unzen mehr und ich wäre jetzt genauso tot wie Freezer.'

Er warf der Feuerwalze, die an dem Ort loderte, an dem Freezer gestanden hatte einen letzten Blick zu, bevor er sich umdrehte und langsam zu Vegeta wankte. 'Jetzt stellt sich nur noch die Frage, wie wir von hier wegkommen...'



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Goten sah für einige weitere Momente zornesfunkelnd zu ihm auf, bevor er sich mit einem leisen Seufzen abwandte und das amputierte Körperteil sorgfältig zurück auf den Schreibtisch legte. Kurz strich er gedankenvoll durch das Fell, zerzauste es, bevor er es mit einigen schnellen Handstreichen wieder glättete.

"Weißt du, was hier los ist, Trunks?", fragte er schließlich so leise, dass der Mensch einige Sekunden brauchte, um den Sinn der Worte zu verstehen.

Verwirrt über die Frage zog der Captain seine Augenbrauen zusammen. "Was meinst du?"

"Warum bin ich hier? Was ist meine Aufgabe?" Mit zunehmender Verwirrung hörte Goten sich selbst die Fragen stellen, auf die er schon so lange eine Antwort suchte und deren Beantwortung ihm nach der Begegnung mit Freezer umso drängender denn je erschien. 'Warum haben sie mich zum Botschafter ernannt und mir trotzdem einen offiziellen Rang verweigert? Schlimmer noch, mir verboten irgendeinen wahrheitsgemäßen Bericht über Vegeta-sei und unsere Situation dort vorzulegen?' Und plötzlich stand die Antwort vor seinen Augen: "Kakarott!"

"Wie bitte?!" Trunks war völlig überrascht vom Ausbruch des Saiyajins, der sich in den letzten Minuten immer mehr in sich selbst zurückgezogen hatte, tonlos vor sich hinmurmelnd und mit leerem Blick auf den Tisch vor sich starrend.

"Es hat mit ihm zu tun, da bin ich mir sicher!" Goten schien Trunks nicht gehört zu haben, denn er reagierte nicht auf seine Frage, sondern starrte weiter vor sich hin. Die Hände zu Fäusten geballt, die Augen mit wirrem Glanz auf den Tisch fixiert und kaum verständliche Worte durch zusammengepresste Zähne zischend bot er einen Anblick, der Trunks kalte Schauer über den Rücken jagte.

"Was hat mit wem zu tun?!" Der Mensch fühlte sich langsam panisch werden und schrie nun fast, um die Aufmerksamkeit des anderen zu erwecken. "Goten!"

Mit einem Ruck fuhr der jüngere zu ihm herum. "Kakarott! ER ist der Grund, warum ich hier bin. Es muss so sein!" In Gotens Augen leuchtete ein fiebriger Glanz und Trunks wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Ohne zu bemerken, dass er wirres Zeug von sich gab, redete Goten weiter. "Er hat Freezer zu einem Kampf herausgefordert..." "Goten..." "...und dabei fast besiegt und das hat Freezers Stolz verletzt..." "Goten!" "...und jetzt will er sich rächen, oder so etwas. Ja genau, so muss es sein!" "GOTEN!" Schließlich hatte Trunks wirklich geschrieen und schüttelte den Saiyajin, um ihn aus seinem Zustand herauszuholen.

"Was redest du da?", fragte er ihn fast aggressiv. "Wer soll sich für was rächen? Freezer etwa? Das ist absurd!" Goten hatte schon lange aufgehört zu reden und starrte Trunks nur unverständig an. "Warum sollte sich Freezer an dir für irgendetwas rächen wollen, dass sich schon vor dreißig Jahren erledigt hat?", fragte der Captain eindringlich und Goten bemerkte, wie sein innerer Widerstand mit jedem Argument des Menschen ein Stückchen mehr zerbrach.

"Darüber hinaus wäre es doch höchst unlogisch, dich vom Planeten zu lassen, wenn deine Leute wüssten, was dir für eine Gefahr droht und außerdem..." Trunks holte tief Luft, um sein treffendstes Gegenargument einzusetzen. "Außerdem erklärt das noch lange nicht, wieso dieser Schwanz hier liegt."

Von der Logik hinter Trunks Worten überwältigt konnte Goten nichts weiter tun, als sich geschlagen geben. Er hatte nicht den geringsten Beweis dafür, dass seine Vermutungen zutrafen. 'Aber es fühlt sich so richtig an!', beharrte ein Teil seiner Gedanken auf seiner abstrusen Theorie. Er konnte es fühlen, riechen, schmecken - mit jedem seiner Atemzüge sog er die Gewissheit ein, sich in tödlicher Gefahr zu befinden, aber er hatte keine Beweise...

Er wimmerte unbewusst und schüttelte den Kopf, um ihn von seinen paranoiden Gedanken zu befreien. Es musste doch ein Sinn hinter dem Ganzen stecken, irgendetwas, was er bis jetzt übersehen hatte. "Es muss doch eine Antwort geben?", fragte er sich unsicher.

Trunks gab einem unbewussten Impuls nach und zog Goten an seine Brust, umarmte den jungen Mann, der im Moment nichts mehr zu brauchen schien, als die Gewissheit, nicht allein zu sein. "Natürlich gibt es eine Antwort, Go- chan", sagte er in beruhigendem Ton, während er sich fragte, ob er nicht zu weit ging und seine Pflichten verletzte. "Aber ich wette, dass sie ebenso einfach wie ungefährlich sein wird." Er dachte an die allgemeine Stimmung dem Saiyajin gegenüber. "Na ja, zumindest nicht so schlimm, dass wir es nicht unter Kontrolle bringen könnten."



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'Das kann nicht sein, das war zu einfach', sprachlos starrte Vegeta in das flammende Inferno, das die Stelle markierte, an der Freezer noch vor wenigen Minuten gestanden hatte. Die schrillen Schreie des Reptils hallten noch in seinen Ohren, noch immer schien er flüchtige Schemen in den Flammen zu sehen. Aber das konnte auch von seinen Verletzungen kommen, überlegte er. 'Trotzdem kann ich nicht glauben, dass es vorbei sein soll!'

Er schreckte auf, als er Kakarott plötzlich vor sich bemerkte, zweifellos schon eine Weile auf ihn herniederblickend, denn ein leicht besorgter Blick hatte sich in die Augen des Kriegers geschlichen. "Geht es dir gut, Vegeta? Was machen deine Verletzungen?"

'Nein, es geht mir nicht gut - wie denn auch, mit einer punktierten Lunge - und ja, sie sind noch da und schmerzen höllisch', flog es schnippisch durch seinen Geist, aber er hielt den Mund.

Kakarott beugte sich herab und nahm Gohan vorsichtig aus seinen Armen, trug das Baby zurück zu ihrem Gleiter und versuchte, nachdem er das Kind sanft in einen Sessel gebettet hatte, die Kommunikationsanlage in Gang zu bringen. Vegeta beobachtete ihn stumm für einige Minuten wie er sich mit der verbogenen, teilweise geschmolzenen Technik abmühte, bevor er sich wieder zum Kampfplatz zurückdrehte. Unverwandt, mit völlig leerem Gesichtsausdruck sah er wieder auf den Scheiterhaufen und immer wieder, obwohl er sich vom Gegenteil überzeugen wollte, wiederholten sich in seinem Geiste Worte von der Unmöglichkeit der Situation. Wie konnte es sein, dass Freezer tot war? Das mächtigste Wesen, dass seit Jahrhunderten in der Galaxie bekannt gewesen war, der Herrscher über Tausende von Welten... tot? Verbrannt? Von einem Saiyajin??

Kakarotts leises Fluchen und das Klingen von Metall drangen an sein Ohr, unterbrachen die gespenstische Stille, die sich über den Planeten gelegt hatte.

Vegetas Schwanz glitt von seiner Hüfte, zuckte unwirsch hin und her. Ein Saiyajin hatte Freezer besiegt, ein SAIYAJIN!! Warum hatte nicht ER es sein können?! Warum Kakarott - der Einzige, den er deswegen nicht hassen konnte?

"Es wäre mein Recht gewesen!", presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. 'Mein Recht, ihn zu töten, ihn leiden zu lassen und zu büßen für das, was er mir angetan hat.' Noch immer plagten ihn Alpträume, suchten ihn sporadisch heim mit ihren dumpfen Visionen der Ausweglosigkeit und ewig anhaltendem Horror. Unbewusst hob sich seine Hand und legte sich sacht über sein Herz.

Seit Generationen war es so gewesen, manche behaupteten seit Anfang der Zeit, dass der Thronfolger einige Jahre beim größten Verbündeten und Feind der Saiyajin zubrachte, als Pfand für die Loyalität des Kriegervolkes, der Preis für den fragilen Frieden, der sie mit dem Imperium des Monsters verband. Seit Jahrhunderten schon - und niemand hatte je Fragen darüber gestellt, was mit den Prinzen geschah...

Vegetas Hand verkrampfte sich in den Stoff seiner Uniform. 'Ich sollte froh sein, dass er tot ist - bei Gott, ich BIN es!', dachte er vehement. 'Aber trotzdem wünschte ich, dass ICH ihn hätte besiegen können.' Kakarott hatte das Monster überrascht, nur so war es möglich gewesen, seine Verteidigung zu unterlaufen und seine Stärke nutzlos werden zu lassen. 'Ich hätte es doch auch schaffen müssen - damals, als ich noch gegen ihn gekämpft habe.'

"Vegeta?" Kakarotts Stimme riss ihn ein weiteres Mal aus seinen Gedanken und er drehte seinen Kopf zu ihm herum. "Du musst mir helfen, das Relais neu zu justieren!" Die großgewachsene Gestalt des Kriegers hob sich dunkel von der hellen Außenhaut des Schiffes ab, auf die Hilfe des Königs wartend. Lautlos seufzend wandte sich Vegeta vollends um und ging zum Schiff. 'Na ja, sein Sieg spart uns einen langwierigen Krieg mit der Echse. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie er von unseren Separations-Plänen erfahren konnte.'

Er spürte es mehr als er es sah.

Plötzlich schien die Luft von einer eisigen Kälte erfüllt zu sein, schien der gesamte Plantet, selbst die Zeit, still zu stehen. Vegeta spürte wie kleine elektrische Entladungen über seine Haut liefen und die Haare an seinem Schwanz dazu brachten, sich aufzustellen. Kakarott schien ebenfalls etwas zu spüren, denn er stieß sich von der Außenwand des Gleiters ab, wo er mit überkreuzten Armen gestanden hatte und blickte sich unsicher um.

In diesem Moment loderten die Flammen in seinem Rücken auf, badeten ihn in heißer Glut, bevor Vegeta etwas weißes an sich vorbeirasen sah. Mitten in der Bewegung eingefroren, erzitterte er als ein unglaublich kalter, hasserfüllter Geist seine Gedanken streifte, bevor sengender Schmerz in ihm explodierte und er schreiend zu Boden ging. Von Ferne hörte er seinen Schrei erwidert, bevor jener andere plötzlich abbrach und Vegetas Herz stehenzubleiben drohte. Sein Kopf ruckte nach oben und was er sah, reichte aus, um ihn an die Grenzen des Wahnsinns zu treiben: Freezer.

Aus vielen Wunden blutend, an einigen Stellen glitzernde Muskulatur unter vollständig verbrannter Haut. Nichts erinnerte mehr an das Wesen, dass er kennen und fürchten gelernt hatte. Wie von einem fauligen Gestank wurde die weißhäutige Gestalt von einer kalten Grausamkeit, die alles in den Schatten stellte, was Vegeta jemals gefühlt hatte. Es machte, dass ihm das Blut in den Adern gefror.

Sein Blick schweifte zu Kakarott - Pein, alles versengende, verzehrende Pein! Wimmernd umklammerte er seinen Kopf - alles tat so weh! Sein Schwanz, sein Körper... sein HALS! Vegeta riss die Augen auf, als dieser Gedanke durch ihn schoss und fixierte seinen Koi, von dem die letzten Gedanken gekommen waren. Kakarott kniete vor Freezer, die Hände in den Unterarm des Monsters gekrallt, dessen Hand seinerseits die Kehle des Saiyajins zudrückte. Freezer löste langsam seine andere Hand von Kakarotts Schwanz, legte sie beinahe sanft auf die Schulter des anderen und, mit einem harten Ruck, riss die Hand zurück, die Kakarotts Kehle umklammert - nein, durchbohrt hatte!

Mit einem gurgelnden Aufschrei fiel der Krieger zur Seite, die weit aufgerissenen Augen von ersten Vorboten tödlicher Gleichmütigkeit umflort, während durch den Schlitz in seinem Hals mit jedem Herzschlag Blut in kleinen Fontänen herausspritzte. Freezer sprang auf den Gefallenen zu und trat ihm zischend in die Seite, schlug und trat in wilder Manier auf den Regungslosen ein, der sich, das konnte Vegeta in grausamer Klarheit spüren, mit jeder verstreichender Sekunde weiter vom Leben entfernte.

'Kakarott', flüsterten die Gedanken des Königs in wachsender Panik. 'Kakarott!'

Eine flüchtige Präsenz huschte durch seine Gedanken, erfüllte ihn kurz mit fast vergessenen Erinnerungen, an glückliche Tage und Stunden: das Kerkuhn- Gebirge, wo sie sich das erste Mal trafen - der frische, aromatische Geruch des Frühlings, der sie umgeben hatte; die erste Nacht zusammen - trocknender Schweiß auf salziger Haut, nichtssagende Worte atemlos in sein Ohr gehaucht; der Moment als sie Gohan aus dem Inkubationstank holten - das Geräusch leise summender Maschinen übertönt vom leisen Weinen des Kindes, das Gefühl überwältigenden Glückes als das kleine Wesen sich gegen ihn drückte in der Suche nach Wärme und Geborgenheit... Und dazwischen immer wieder Bilder von ihm, unzählige.

Vegetas Augen füllten sich mit Tränen, als er Zeuge wurde, wie Kakarotts sterbender Geist noch einmal die schönsten Momente vor dessen innerem Auge ablaufen ließ.

'Nein, bitte nicht', flehte er die schwindende Präsenz an. 'Kakarott... onegai!' Aber er fühlte, wie sie sich entfernte... schwächer wurde... verschwand.

"NEEEIIIINNNNN!" Der Anblick seines Gefährten, der regungslos einige Schritte entfernt lag und Freezer, der über ihm aufragte wie ein Rachedämon aus einem längst vergangenen Zeitalter waren das letzte, was er sah, bevor ihn die Dunkelheit umfing.



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Noch immer hielt Trunks den Saiyajin in seinen Armen. Goten verhielt sich vollkommen still, erwiderte die Umarmung nicht, versuchte aber auch nicht zu entkommen. Sein Gesicht war in den Stoff von Trunks Uniform gepresst, er atmete gleichmäßig und ruhig.

"Goten?" Trunks wusste nicht, ob der Junge ihn verstehen konnte.

"Ja?", kam die gedämpfte Antwort.

"Ich muss jetzt los, mein Job und das Training..." Er fühlte sich wie ein Streber, aber er musste sich an seine Pflichten erinnern, wollte er Captain bleiben.

Ohne ein Wort löste sich Goten aus seinen Armen und trat ein paar Schritte zurück. Mit verschränkten Armen trat er an das Fenster heran und sah hinaus auf die Station, das Gesicht gänzlich im Schatten verborgen.

Trunks wartete einige Momente auf eine Reaktion, aber als nichts kam drehte er sich um und ging auf die Tür zu. Einen Schritt bevor der mattierte Stahl beiseite gleiten konnte hörte er wie Goten ihn rief. Erwartungsvoll drehte er sich zurück. Goten hatte sich vom Fenster abgewandt und musterte ihn ohne die leiseste Regung in seinem Gesicht.

"Was du heute hier gesehen hast...", er unterbrach sich und verengte seine Augen, "...ist niemals geschehen."

Der Captain rang einen Moment mit sich bevor er schließlich nickte und wortlos das Zimmer verließ. Draußen auf dem Flur fragte er sich, ob es nicht ein Fehler sein würde, niemandem von dem Vorfall zu erzählen - oder zumindest von der wortlosen Drohung, die man Goten geschickt hatte. Schließlich schüttelte er den Kopf - niemand sollte jemals davon erfahren.



Nach diesem Vorfall herrschte für einige Tage gespannte Stille zwischen den beiden. Goten schien die Ereignisse komplett verdrängt zu haben und Trunks wagte nicht, sie zu erwähnen - zu sehr fürchtete er die Auswirkungen, die eine erneute Konfrontation damit auf den Saiyajin haben würde. Schließlich vergaß er, was an jenem zweiten Tag nach Gotens Ankunft geschehen war und Routine kehrte wieder ein.

Und selbst Goten, der den Schwanz als Warnung behielt und noch lange über seine Bedeutung nachsann ließ sich letztendlich von der scheinbaren Sicherheit und Routine einlullen.

Nach einem halben Jahr hatten sie es alle vergessen. Selbst Freezer.