Kapitel acht
"Mom...?" Ein schwaches, zitterndes Fragen flog durch die Welt, erlosch wenige Schritte von seinem Mund entfernt und wurde von der samtschwarzen Nacht absorbiert, als ob es niemals existiert hätte. Wo waren Licht und Wärme? Irgendwo mussten sie sein - das wusste er - aber wo?
Aus jeder Richtung empfing er die gleichen Signale.. verwirrend, leer.. keine wirklichen Empfindungen, nur vage Erinnerung und dunkle Ahnung. Die Schwärze um ihn herum schien sich zu verdicken und drückte auf seine Lungen, bereitete dumpfe Schmerzen, wenn er trotz allem versuchte zu atmen.
"Mommy!" Seine eigene Stimme klang fremd in seinen Ohren - oder war die, an die er sich erinnerte falsch? Trunks begann zu laufen. Tief in ihm schrieen seine Instinkte und ließen ihn nach den uralten Mustern des Überlebens reagieren, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass es falsch war, ohne Plan loszulaufen, dass er nicht SEHEN konnte, wohin er lief!
Er stolperte und fiel, sein spitzer Schrei verklang ungehört und ebenso das leise Schluchzen, das ihm folgte. Wo waren seine Mom und sein Dad? Eben waren sie doch noch da gewesen...! Der Junge ließ sich nach hinten fallen und setzte sich hart auf den Boden, als er seine schmerzenden und blutenden Knie umfasste und lauter zu schluchzen begann.
"Mama...", wimmerte er leise.
Mit einem Schlag wurde es hell um ihn herum und geblendet kniff er die Augen zusammen. Ebenso plötzlich wie das Licht griffen raue Hände nach seinem Shirt und rissen seinen Körper grob nach oben. "Sieh mich an, wenn ich mit dir rede, Bastard!"
Trunks riss seine Augen auf und ein zweites, ängstliches Wimmern entfuhr ihm. Da war sie wieder - die blonde Frau, die ihn aus dem Kindergarten abgeholt hatte und die ihn jetzt in einem dunklen Haus gefangen hielt. Er wollte hier nicht sein, er wollte zurück nach Hause, zu seiner Mutter und seinem Vater und seinem Großvater mit all den Tieren, die sie immer gemeinsam fütterten. Seine Sicht verschwamm als Tränen in seine Augen stiegen und er an die vielen kleinen Welpen denken musste, die jetzt nichts zu essen bekommen würden... Es war seine Schuld. Er war mit der fremden Frau mitgegangen und jetzt hielt sie ihn in diesem alten, muffigen Haus gefangen.
Er konnte ein aufkommendes Schluchzen nicht mehr länger unterdrücken. Er wollte nach Hause! Er hatte Hunger und der Kopf tat ihm weh!
"Aah!" Die Hand an seinem Hals schloss sich fester und die Frau schüttelte ihn wild. "Wenn du jetzt anfängst zu flennen, dreh ich dir den Hals um!", schrie sie und rauchiger Atem und kleine Spucketröpfchen sprühten in sein Gesicht. Es wurde Nacht um ihn...
Und plötzlich wieder Dunkelheit und Stille - die Kraft, die ihn nach oben gezerrte hatte, war verschwunden und Trunks stürzte zu Boden, schrie auf, als seine zerschundenen Knie noch mehr belastet wurden. Mühsam rappelte er sich wieder auf, putzte nicht sichtbaren Staub von einer ebenso unsichtbaren Hose und blickte auf. Licht... Da war Licht in der Ferne. Er begann wieder zu laufen und hatte seinen Blick fest auf den schwachen Schimmer Substanz geheftet, den es hier zu geben schien.. stolperte unsicher über nicht sichtbare Unebenheiten im Boden.. schabte sich die Schultern blutig, als sich schwarze Wände um ihn zu schließen begannen.
Sein Keuchen als einziges Geräusch in den Ohren, seine Schmerzen als einzige Evidenz der Realität um ihn herum, fiel er schließlich aus dem dunklen Tunnel und sah vor sich den nur schwachen Lichtschimmer, wie er enttäuscht feststellte, der ihm den Weg hierher geleuchtet hatte. Und in dem Lichtkegel saß jemand.. ein Kind, ganz und gar von Blut bedeckt.
Gleichzeitig fasziniert und abgestoßen sah Trunks zu wie sich der Junge verträumt lächelnd hin und her wiegte, offensichtlich völlig selbstvergessen, und seine Finger langsam durch die Innereien der Person streifen ließ, deren Blut ihn bedeckte wie die Überbleibsel eines obszönen Bades. Er unterdrückte ein Schaudern.
"Wer bist du?"
Trunks riss seine Augen von der gruseligen Szene vor ihm los, um dem Blick des Kleinen zu begegnen. Erschreckend blaue Augen blickten ihn fragend und neugierig an, aber tief in ihren eisblauen Tiefen gab es etwas, dass das Schaudern in seinen Körper zurückfahren ließ, etwas, das schrecklicher und grausamer war, als die blutigen Fleischreste vor ihm.
"Trunks Briefs", antwortete er knapp. Das Gefühl in ihm wuchs, dass er dieser Ort, dass dieses Kind, gefährlich war.
Der Kleine legte den Kopf schief und lachte ein leises, perlendes Lachen. Richtig niedlich. "Nein, du kannst nicht Trunks Briefs sein - denn ich bin Trunks Briefs."
Der Captain riss überrascht die Augen auf, aber bevor er etwas entgegnen konnte wurden eilige Schritte laut und zwei Gestalten tauchten aus dem Dunkel auf. Er schnappte geräuschlos nach Luft als er seine Eltern erkannte, die, ohne ihn zu sehen, an ihm vorbei zu dem Kind stürzten. Mit wachsendem Horror sah er wie sein Vater die Arme nach dem Kind ausstreckte und es hochhob, es beschützend an sich drückte, bevor er sich zu Bulma umwandte, damit sie kurz das kleine, blutverschmierte Gesicht küssen konnte.
"...solche Sorgen gemacht, Trunks...", plapperten beide erleichtert los. "Niemand hätte gedacht... ein Kind zu kidnappen! ...Red Ribbon Armee zu weit gegangen! Gottseidank... Krillin..." Die drei wandten sich zum Gehen, und der Captain konnte noch immer nichts sagen. Die Kehle wurde ihm zugeschnürt, als er sah wie sich der Junge fester an Yamchu schmiegte und seine Arme um seinen Hals schlang. Er rang mit sich, kämpfte verzweifelt gegen die innere Sperre an, die ihn daran hinderte, seinen Vater zu warnen! Diese Hände! Der Junge war gefährlich! Mit jeder verstreichenden Sekunde wurde ihm immer mehr bewusst, dass nicht Krillins Ki-Blast seine Entführerin getötet hatte, sondern das Kind.
Stöhnend sank er zu Boden, als die Ereignisse von damals wieder in sein Gedächtnis zurückkehrten. Seine Angst und Verzweiflung... die Wut auf die Frau und ihre Kumpanen... das Gefühl ihres, für seine Kinderhände, viel zu dicken Halses ... und die prickelnde Hitze, eingeschlafenen Gliedmaßen nicht unähnlich, als er das erste Mal in seinem Leben Ki benutzte...
Die Gestalten seiner Eltern entfernten sich, verließen den Lichtstrahl in dessen Mitte er saß, einsam.. verloren. Der Blick auf ihre Rücken verschwamm, als Tränen in seine Augen stiegen und verzweifelte Trauer sein gesamtes Wesen vereinnahmte. Aber er fand nicht die Kraft, zu schreien, sich gegen das unabwendbare Schicksal aufzulehnen, sondern sank statt dessen auf den Boden, umklammerte sich selbst, als er weinend der Familie hinterher sah, der er nie wieder angehören würde. Er fühlte sich so allein.
Er spürte mehr, als er es sah, wie sich Trunks Finger reflexartig um den Hals seines Vaters krampften, bevor das Kind seinen Kopf lächelnd in Yamchus Halsbeuge schmiegte. Über den muskulösen Hals des Mannes hinweg blickte es in seine Augen und lächelte ein wenig, bevor sich das helle Oval seines Gesichtes in der Dunkelheit auflöste...
Danach geschah lange nichts. Der namenlose Mann saß, vielmehr kniete, in der kalten, stickigen Nacht, Körper und Geist gleichermaßen umflort von Dunkelheit und blickte starr geradeaus. Ein grauer Schleier hatte sich über das einst schillernde Blau gelegt und machte Augen stumpf und farblos, die das Blinzeln vergessen zu haben schienen.
In der Ferne wurden erneut Schritte laut und als schließlich eine weitere Gestalt aus dem Dunkel auftauchte, schien das erste Mal seit Ewigkeiten wieder Leben in den Namenlosen zurückzukehren. Er erschauderte. Dann hob er zögernd seinen Kopf um den Neuankömmling anzusehen, der einen Meter vor ihm zum Stillstand gekommen war und emotionslos auf ihn nieder blickte.
"Es tut mir leid, dass ich nicht stark genug war", flüsterte er, denn irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er es dem schwarzhaarigen Jüngling schuldete, stark zu sein.
"Das macht nichts." Der Junge ließ sich nieder und kreuzte die Beine. Fasziniert sah der Namenlose wie sich ein brauner Schwanz von der Hüfte des anderen löste und in weichen Wellen durch die Luft glitt. "Es ist nur wichtig, dass du weißt, wer du bist. Denn dann kannst du auch gegen das kämpfen, das nicht du bist..." Der Fremde blickte ihn tief aus seinen tuschefarbenen Augen an und lächelte ein wenig.
Der Namenlose sprang förmlich auf die Füße, als er neue Hoffnung fasste bei diesen Worten. "Kannst du mir sagen, wer ich bin?", fragte er atemlos.
Aber der Junge schüttelte nur traurig den Kopf. "Nein. Du musst selbst herausfinden, wer du bist."
Ein tiefes Seufzen entrang sich seiner Brust und er blickte auf den Boden, der wieder sauber und unbefleckt war, so als hätte der Junge ihn mit seiner bloßen Anwesenheit von allem Übel gereinigt. "Und wer bist du?", fragte der Fliederfarbene.
Die Lider des Jungen sanken kurz herab und sein Lächeln schien für einen Moment bitter zu werden. Mit einem Ruck wandte er sich ab, stand auf und wandte sich zum Gehen. "Ich bin die zweite Chance", sagte er, als seine Schritte ihn langsam ins Dunkel trugen. "Auch deine, Trunks Briefs..."
******
Der Captain verschränkte nervös seine Arme und lenkte sich für einen Moment ab, indem er auf dem Gang auf- und abmarschierte. Nebenbei beobachtete er die Tür des Botschafters, aber wie er innerlich schon befürchtet hatte, gab die metallene Tür kein Anzeichen dafür ab, ob hinter ihr Goten lebte und atmete oder ob die Suite verlassen war.
Kein Zeichen von dem jungen Saiyajin seit Tagen! Trunks fragte sich langsam, ob der Junge überhaupt noch auf der Station weilte. Er seufzte frustriert und, bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte, trat er vor und betätigte den Summer.
Nichts.
Er drückte ihn ein zweites Mal, ein drittes - noch immer verharrte die Stille hinter der geschlossenen Barriere.
"Verdammt!", fluchte der Captain. Er warf einen kurzen Blick auf sein Chronometer - nur noch zehn Minuten, bevor sein Squad aufbrechen sollte - und begann unschlüssig auf seiner Unterlippe herumzukauen. Wenn er noch rechtzeitig sein wollte, musste er jetzt los und er hatte sich schon halb abgewandt, als ihn seine innere Stimme noch einmal zum Innehalten aufforderte.
Hastig fing er an, in den versteckten Taschen seiner Uniform zu kramen, bis er schließlich einen schwarzen Filzstift fand und, nach kurzer Überlegung, schnell eine Nachricht an den Türrahmen neben Gotens Tür kritzelte.
Viele der an diesem Tag vorbeieilenden Personen übersahen die wenigen, in der sauberen Handschrift des Captains geschriebenen Worte, aber einigen fiel sie auf. Sie blieben stehen, lasen sie sich durch und eilten dann kopfschüttelnd weiter, die Frage stellend, warum einer so etwas schreiben sollte.
Die Reinigungsdrohnen, die in dieser Nacht wie immer die Station durchkämmten bemerkten die Schrift ebenfalls. Eine Nanosekunde kalkulierend, ob das merkwürdige Muster zu den für die Station vorgeschriebenen gehörte, kamen sie zu dem Schluss, dass es sich offensichtlich um Schmutz handelte und besprühten es Sekunden später mit dem ätzenden Reinigungsschaum, der für solche Gelegenheiten vorgesehen war. Langsam verrannen die Buchstaben, wurden unsichtbar, als der Schaum die Pigmente der Tinte absorbierte und bald erinnerte nichts mehr daran, dass hier vor kurzem einer der wenigen Beweise für Freundschaft und Sorge gestanden hatte, den es in Freezers Imperium gab:
"Melde dich, Goten. Mache mir Sorgen um dich! T."
******
Zwei erbarmungslose rote Sonnen schienen von einem ebenso roten Himmel herab, beleuchteten eine Szenerie, die wie die billige Kulisse eines drittklassigen B-Movies bewirkt hätte, wenn auf dem Planeten, wo sie stattfand, ein solcher Begriff überhaupt eine Bedeutung gehabt hätte. So jedoch, in ihrer gnadenlosen Wirklichkeit, war sie überzeugender und furchterregender als jedes Drehbuch jemals hätte sein können.
Durch schroffe und spärlich bewachsene Hänge eines Sandsteingebirges bahnte sich eine einsame Gestalt ihren Weg. Der Wind zerrte heftig an ihrem Mantel und knielangem Haar, ließ beides sich mal wie ein Segel aufblähen und dann wieder eng an den Körper des Wanderers pressen. Die Figur hatte sich einen fast leeren Rucksack über die Schulter geworfen und hielt in der einen Hand einen faustdicken, stabilen Holzstab, auf den sie sich beim eintönigen Gehen und bei schwierigen Passagen stützte.
Raditz blieb kurz stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn, sah dann nach oben und schätzte am Stand der Sonne den Weg, den er heute zurückgelegt hatte. Ein leises Fluchen entfuhr ihm, als er feststellen musste, dass er weit hinter seinem Zeitplan zurücklag und unwirsch wandte er seinen Blick vom Himmel wieder auf den Boden und ging weiter. Irgendwann innerhalb der nächsten Stunde musste er auf eine Siedlung treffen, die zwar, wie alles andere hier in diesen Teilen des Gebirges, bar jeden Lebens war, aber über eine gute Quelle verfügte, die ihm das lebenswichtige Nass für seine weitere Reise spenden würde.
Schließlich, weniger als eine halbe Stunde später, schälten sich vor ihm die Umrisse von Häusern und Mauern aus dem bräunlichen Dunst des Staubes. Ohne zu zögern betrat er den einst so florierenden und lebensfrohen Ort, der sich jetzt wie eine Geisterstadt vor ihm erstreckte, machte sich daran, ihn so schnell wie möglich hinter sich zu lassen und noch ein gutes Stück Weges zu schaffen, bevor er sein Nachtlager aufschlagen würde.
Die Straße führte in engen Windungen zwischen den Häusern hindurch, lenkte ihn geradewegs in das Zentrum des Ortes und dort zum Brunnen, der die einzige Quelle im Umkreis einer halben Tagesreise darstellte, die noch Wasser führte, das nicht von einer der zahlreichen Seuchen verunreinigt war. Schnell füllte er seine Wasserflasche, wusch sich Schweiß und Staub von Händen und Gesicht und machte sich daran, seinen Weg ohne Umschweife fortzusetzen. Aber ein Laut wie ein leises Schluchzen ließ ihn auf seinem Weg innehalten und die Ruinen der längst verlassenen und aufgegebenen Siedlung um ihn herum genauer in Augenschein nehmen.
Er horchte aufmerksam in den stetig blasenden Wind, schob seine Mähne hinter seine Ohren, um jedem noch so kleinen Geräusch unbedingten Zugang zu seinen empfindlichen Ohren zu gewähren, aber für lange Minuten hörte er nichts außer dem Wind und seinen eigenen flachen Atemzügen, wandte sich wieder der staubigen Straßenmitte zu, die ihn auf seinem langen und beschwerlichen Weg ins Tal geleitete, als er keine Anzeichen irgendwelchen Lebens feststellen konnte.
Eine plötzliche Welle von Übelkeit schlug über ihm zusammen und ließ ihn sich schwer auf seinen Wanderstab stützen. Er warf noch einmal einen Blick über die zerfallenen Häuser und Straßen, bevor er sich entschloss, sich für einen kurzen Moment an den zerbrochenen Beckenrand des Brunnens zu setzen und seinem Körper eine kurze Rast zu gönnen.
Drei Wochen lang war er in den Bergen herumgewandert, hatte den Kontakt zu den hier lebenden Saiyajin wieder hergestellt und die alten Verträge erneuert - so wie es jedes Jahr der Brauch war. Und nun befand er sich auf den Rückweg in sein eigenes, kleines Dorf, zu den Leuten seines Clans, die er anführte und beschützte. Doch wie lange würde er es noch können?
Es war eine leere Einöde gewesen, die er dieses Jahr auf seiner Wanderung zu den Bergen gefunden hatte, denn der letzte Winter war hart gewesen und hatte selbst in den größten und wohlhabendsten Stämmen nicht wiedergutzumachendes Unheil angerichtet: Gähnende Leere hatte ihn an den üblichen Treffpunkten erwartet und stille Verzweiflung und Verbissenheit hatten in den Augen der letzten Angehörigen der einst so mächtigen, sagenumwobenen Bergstämme gestanden und er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, den vertraglich festgelegten Teil der Beute für seinen Stamm zu fordern und war unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Nicht einmal Wegzehrung hatten sie für ihn entbehren können und so war er gezwungen gewesen, selbst auf die Jagd zu gehen - seine letzte Malzeit lag bereits zwei Tage zurück.
Innere Verzweiflung begleitete seine Gedanken, als der Krieger sich, vielleicht das erste Mal seit der König Goten bei ihm abgegeben hatte, um den Jungen zu erziehen, den Luxus gönnte, seiner Trostlosigkeit freien Lauf zu lassen. Seine Finger gruben sich in die ellenlangen Tressen ebenholzschwarzen Haars, als er seinen Kopf in seine Hände stützte und einfach nur still das Schicksal seines Volkes betrauerte.
So vieles war schief gelaufen. Raditz seufzte tief und schüttelte resigniert den Kopf. Hatten sie irgendetwas getan, was den Zorn der Götter herausgefordert hatte?
Bitterer Zynismus begleitete diesen Gedanken - wandte er sich nun schon an Götter, um für eine Verbesserung der Situation zu bitten? 'Früher hätte ich einen jeden, der so etwas auch nur angedeutet hätte ausgelacht. Ein Saiyajin, der sich zu übernatürlichen Wesenheiten flüchtet, statt für seine Sache zu kämpfen? Lächerlich!' Er kniff seine Augen zusammen, um die brennende Feuchtigkeit, die in ihnen aufstieg zurückzudrängen.
"Aber wie ist es sonst möglich, dass wir Saiyajin ein solch schmähliches Ende nehmen sollen? Wer, wenn nicht die Götter könnten unseren Untergang herbeiführen" Seine Stimme hörte sich heiser an von Tagen stillen Umherwanderns in kalter, trockener Bergluft. So vieles hatte sich geändert, nachdem sein jüngerer Bruder gestorben und der König einsam und verbittert von einer Schlacht gegen einen bis dahin unentdeckten Feind zurückgekehrt war -
Raditz' Kopf zuckte aufwärts und herum, als er plötzlich wieder ein Greinen vernahm. Seinen Kopf schiefgelegt und intensiv lauschend, stand er langsam auf und bewegte sich zuerst zögernd, dann aber mit traumwandlerischer Sicherheit auf die Quelle des Geräusches zu. Als er schließlich stehen blieb erblickte er vor sich die relativ gut erhaltene Ruine eines zweistöckigen Gebäudes, dass vielleicht einmal Verwaltungszentrale und Versammlungsplatz des Clans gewesen sein mochte, der hier noch vor zehn Jahren einen gut florierenden Handel mit Heil- und Gewürzkräutern und Mineralien aus den umliegenden Bergen betrieben hatte.
Jetzt stand der großgewachsene Krieger vor einer Türöffnung, die notdürftig mit einer in den Rahmen gestellten Tür verschlossen worden war. Und das war der Knackpunkt: "verschlossen worden war"!
Raditz fluchte verhalten und sein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe und lieferte seinem erschöpften Körper die Energie, seinen eventuellen Feind entweder zum Kampf zu stellen oder zu fliehen. Aber der Krieger zwang sich zur Ruhe, zwang sich zu logischem Nachdenken, denn es hatte keinen Sinn, seine letzten Energiereserven in einem unnützen Kampf zu verschwenden. Niemand hatte ihn angegriffen, als er auf dem Brunnen gesessen hatte und es schien, als wollten sie, wer sie auch immer waren, lediglich ihre Ruhe.
'So sei es', dachte er und zuckte mit den Schultern, wandte sich zum Gehen, als ein weiteres Geräusch die Stille durchbrach - und diesmal erkannte der Krieger es als das verzweifelte Wimmern und Heulen eines Kindes. Beinahe im selben Moment drehte der Wind und trug ihm den Geruch von Todesangst und geronnenem Blut zu und so war der Mann nicht überrascht, als er in das Haus trat und in der ehemaligen Empfangshalle die Leiche einer Frau auf einem provisorischen Lager fand.
Vorsichtig, da er noch nicht wusste, woran sie gestorben war, trat er an den Leichnam heran, der über und über mit Blut bedeckt war. Er ging neben ihr in die Hocke, registrierte entfernt, dass sie eine sehr schöne Frau gewesen sein musste und jung genug, um nie anderes als Notzeiten gekannt zu haben. Dann fand er in ihren Armen die offenbare Ursache ihres Todes - ein Neugeborenes, eben so kalt und steif wie seine Mutter. Aber wer hatte dann die Geräusche verursacht?
Raditz erhob sich wieder, vermied es tunlichst den Körper der Frau zu berühren, und drehte sich einmal langsam um seine Achse, bis er in einer dunklen Ecke des Raumes Augen fand, die ihm entgegenleuchteten. Die Augen weiteten sich entsetzt, bevor aus der Dunkelheit unter ihnen ein erschrockenes Einatmen und das Scharren von Füssen zu hören war, als sein junger Beobachter versuchte, sich tiefer in den Schatten zu verstecken. Langsam und vorsichtig trat er einige Schritte auf die Stelle zu, hatte die Hände deutlich sichtbar zu beiden Seiten seines Körpers ausgestreckt und blieb schließlich wieder stehen und wartete.
Er musste sich nicht lange gedulden, bis wieder Bewegung in die erstarrte Form in der Ecke kam. Vorsichtige Schritte wurden laut und endlich hatte sein Gegenüber genug Vertrauen gefasst, und trat langsam in die Sonne, deren Strahlen durch eines der Fenster ins Innere des Hauses fielen.
'Ein Kind', dachte Raditz bestürzt. Seine Sinne hatten ihm dies zwar schon lange mitgeteilt, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge, der unsicher vor ihm stand und dessen Schwanz nervös zuckte, so jung war. 'Er kann kaum älter als sechs Jahre sein.'
Eine erwartungsschwere und unsichere Stille folgte, als er die hagere Gestalt des Jungen näher in Augenschein nahm. Er war zwar mager für einen Saiyajin seines Alters, aber er schien gesund und wohlgeformt zu sein - seine Mutter schien ihn also immer gut versorgt zu haben und umso mehr schmerzte es Raditz, dass sie gestorben war. Frauen waren selten, jetzt noch mehr als sie es jemals gewesen waren, und solche, die sich und ein Kind allein durchbringen konnten waren eine wahre Rarität.
Ein unterdrücktes Wimmern riss ihn aus seinen düsteren Gedanken und zwang ihn, sich mit der unmittelbaren Realität auseinander zu setzen, die gegenwärtig aus einem zitternden Bündel Kind bestand, dessen Augen immer wieder angsterfüllt zwischen ihm und der Toten hin- und herzuckten. Raditz konnte förmlich riechen, wie der Kleine zerrissen wurde zwischen seinen Instinkten, die ihm rieten, keinem Fremden zu trauen und seinem Hunger und der Einsamkeit, die nach Nähe und Geborgenheit verlangten.
Der langhaarige Krieger seufzte lautlos und breitete seine Arme in einer Geste des Willkommens aus. Er schämte sich dafür, den Kleinen so zu täuschen, aber wenigstens würde es so leichter sein... Er hatte diesen Gedanken kaum abgeschlossen, als dünne Ärmchen seinen Hals umschlossen und der Junge sich fest an seine breite Brust schmiegte, das Gesicht im Kragen seines Umhangs verborgen.
Raditz legte behutsam die Arme um den Kleinen und verzog schmerzhaft das Gesicht, als er die Knochen des Jungen förmlich durch dessen Haut stechen spürte. Er streichelte beruhigend über den Rücken der unterdrückt schluchzenden Figur während die andere Hand hinauf in seine staubigen Haare glitt. Kurz und schmerzlos - das war das Einzige, was er für den Jungen tun konnte, denn es stand außer Frage, ihn hier allein zurückzulassen und in seinem Dorf konnten sie unmöglichen einen weiteren Esser gebrauchen, ganz zu schweigen davon, dass sie erst einmal in sein Dorf gelangen müssten.
Nein. Er schüttelte traurig den Kopf. Nichts konnte am unmittelbaren Schicksal des Jungen geändert werden. Die Hand im Haar des Kindes verkrampfte sich, war bereit, das fragile Genick mit einer schnellen Drehung des Handgelenks zu brechen, als plötzlich -
"Papa?"
Raditz gefror als die leise Frage aus den Tiefen seines Umhangs empor drang. Bilder von Gohan schossen durch seinen Geist, als der Junge gerade sprechen gelernt hatte und zum ersten Mal nach der Person fragen konnte, von der ihm sein kindliches Gedächtnis immer wieder berichtete, die aber nicht da gewesen war. Die fragenden Sterne im Gesicht des Kindes hatten ihm damals fast das Herz gebrochen.
"Papa..." Jetzt schniefte das Kind, und, die kleinen Fäuste so fest in den Stoff seines Umhanges gekrallt, als ob er nie wieder loslassen wollte, rieb sein tränennasses Gesicht an seiner Brust trocken.
'Scheiße!' Raditz fluchte und heulte innerlich auf. Die Hand im Haar des Jungen erzitterte kurz bevor er sie fallen ließ. Das erste Mal in seinem Leben verfluchte er sich dafür, Angehöriger einer Rasse zu sein, die ihre Instinkte bis aufs Äußerste gereizt und verfeinert hatte. Saiyajin hielten zusammen - immer. Der Krieger beäugte die schniefende Figur noch einmal, schätzte die Stärke des Kleinen. 'Höchstwahrscheinlich gehen wir sowieso drauf...'
Dann legte er die Hände auf die Schultern des Kindes, drückte es von sich weg und blickte der rotzverschmierten Gestalt fest in die ebenholzfarbenen Augen. "Erstens bin ich nicht dein Vater. Mein Name ist Raditz und du wirst mich gefälligst so nennen", knurrte er nicht unfreundlich. "Zweitens habe ich nicht vor, dich zu tragen - du wirst alleine laufen und zusehen, dass du mich nicht verlierst, denn ich habe keine Zeit den Babysitter für ein dahergelaufenes Balg zu mimen. Hast du mich verstanden?"
Seine Augen ruhten fragend auf der kleinen Gestalt, die vor ihm stand und mit großen Augen zu ihm aufsah. Dann zwinkerte der Kleine ein paar Mal, als er die Bedeutung der Worte begriff und ein dankbares Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus als er enthusiastisch nickte. Ein Stich fuhr in Raditz' Herz. Warum mussten ihn alle Kinder nur immer an seine Neffen erinnern?!
Schroff nickte er dem Jungen zu, ihm zu folgen und ging durch die Türöffnung hinaus ins Freie, wo ein flüchtiger Blick zum Himmel ihm zeigte, dass es nur noch für wenige Stunden Tageslicht geben würde. Er senkte seinen Blick zurück auf den Boden und erstarrte, als er in der Ferne eine Gestalt stehen sah. Schnell bedeutete er dem Kind, sich hinter ihm zu halten, als er sah, dass sich der Mann ein paar Schritte auf sie zu bewegte. Sein Schwanz fing an hin und her zu peitschen, die Haare an seinen Armen stellten sich auf, als er sich instinktiv auf einen Kampf vorbereitete. Aber plötzlich verschwand der Mann wie vom Erdboden.
Verwirrt starrte Raditz für einige Sekunden auf die Stelle, an der eben noch der Fremde gestanden hatte, bevor er sich zu dem Kind umwandte, es sich über die Schulter schlang und sich schleunigst auf den Weg zurück in sein Tal machte. Dieser Platz war nicht mehr sicher - egal, ob der andere ein Artgenosse oder ein Geist gewesen war.
Stunden später saß der langhaarige Krieger grübelnd vor einem kleinen Feuer, dass er für die Nacht entfacht hatte und stocherte nachdenklich in der Glut. Neben ihm lag Asparo - der Junge - hatte sich in seinen Umhang gewickelt und schlief fest, während Raditz einer langen Nachtwache entgegensah.
Das leise Klicken von Steinen ließ ihn auffahren und sich in Kampfbereitschaft bringen, als er die Dunkelheit außerhalb ihres Lagerplatzes nach Lebenszeichen absuchte. Einen Moment lang konnte er nichts ausmachen, aber dann drangen leise Schritte an sein Ohr.
"Wer da!", knurrte er warnend. Die Schritte verharrten kurz, bevor sich der Verursacher jener Geräusche langsam in den Lichtkreis des Feuers schob und dem anderen seine Identität preisgab.
Raditz Augen weiteten sich, als er den anderen erkannte. "Kakarott?", fragte er ungläubig.
******
"So, Leute..." Trunks unterbrach sich und warf einen ersten Blick in die Runde. "Okay... Hier scheint schon recht gut aufgeräumt worden zu sein. Sollte also ein Kinderspiel werden." Er drehte sich noch einmal um seine Achse und nahm die umliegenden Gebäude in Augenschein. Nicht, dass da noch viele Gebäude waren...
"Sir." Rough war an ihn herangetreten.
Trunks fuhr erschrocken herum und stöhnte leise auf, als ein protestierender Schmerz durch seinen Kopf schoss. Die Landung war dieses Mal besonders hart gewesen - sein Kopf brummte wie nach einer mehrtägigen Sauftour. "Was ist?", krächzte er leise.
"Die Scouter haben kein Leben im Umkreis von 10 SE (Standard-Einheiten) feststellen können. Sollen wir mit der Suche beginnen?"
Der Captain nickte als Antwort. "Und denkt daran: nur intakte Technologie einsammeln. Wir brauchen keinen Schrott."
Der bullige Krieger nickte knapp und machte sich auf den Weg, die erste Halle zu untersuchen, als ihn ein leiser Schrei Masons innehalten ließ. Der junge Mann hatte sich versteift, die Augen geschlossen und intensiv lauschend hob er warnend eine Hand. "Die Stille atmet - wir sind nicht allein..."
"Mom...?" Ein schwaches, zitterndes Fragen flog durch die Welt, erlosch wenige Schritte von seinem Mund entfernt und wurde von der samtschwarzen Nacht absorbiert, als ob es niemals existiert hätte. Wo waren Licht und Wärme? Irgendwo mussten sie sein - das wusste er - aber wo?
Aus jeder Richtung empfing er die gleichen Signale.. verwirrend, leer.. keine wirklichen Empfindungen, nur vage Erinnerung und dunkle Ahnung. Die Schwärze um ihn herum schien sich zu verdicken und drückte auf seine Lungen, bereitete dumpfe Schmerzen, wenn er trotz allem versuchte zu atmen.
"Mommy!" Seine eigene Stimme klang fremd in seinen Ohren - oder war die, an die er sich erinnerte falsch? Trunks begann zu laufen. Tief in ihm schrieen seine Instinkte und ließen ihn nach den uralten Mustern des Überlebens reagieren, obwohl sein Verstand ihm sagte, dass es falsch war, ohne Plan loszulaufen, dass er nicht SEHEN konnte, wohin er lief!
Er stolperte und fiel, sein spitzer Schrei verklang ungehört und ebenso das leise Schluchzen, das ihm folgte. Wo waren seine Mom und sein Dad? Eben waren sie doch noch da gewesen...! Der Junge ließ sich nach hinten fallen und setzte sich hart auf den Boden, als er seine schmerzenden und blutenden Knie umfasste und lauter zu schluchzen begann.
"Mama...", wimmerte er leise.
Mit einem Schlag wurde es hell um ihn herum und geblendet kniff er die Augen zusammen. Ebenso plötzlich wie das Licht griffen raue Hände nach seinem Shirt und rissen seinen Körper grob nach oben. "Sieh mich an, wenn ich mit dir rede, Bastard!"
Trunks riss seine Augen auf und ein zweites, ängstliches Wimmern entfuhr ihm. Da war sie wieder - die blonde Frau, die ihn aus dem Kindergarten abgeholt hatte und die ihn jetzt in einem dunklen Haus gefangen hielt. Er wollte hier nicht sein, er wollte zurück nach Hause, zu seiner Mutter und seinem Vater und seinem Großvater mit all den Tieren, die sie immer gemeinsam fütterten. Seine Sicht verschwamm als Tränen in seine Augen stiegen und er an die vielen kleinen Welpen denken musste, die jetzt nichts zu essen bekommen würden... Es war seine Schuld. Er war mit der fremden Frau mitgegangen und jetzt hielt sie ihn in diesem alten, muffigen Haus gefangen.
Er konnte ein aufkommendes Schluchzen nicht mehr länger unterdrücken. Er wollte nach Hause! Er hatte Hunger und der Kopf tat ihm weh!
"Aah!" Die Hand an seinem Hals schloss sich fester und die Frau schüttelte ihn wild. "Wenn du jetzt anfängst zu flennen, dreh ich dir den Hals um!", schrie sie und rauchiger Atem und kleine Spucketröpfchen sprühten in sein Gesicht. Es wurde Nacht um ihn...
Und plötzlich wieder Dunkelheit und Stille - die Kraft, die ihn nach oben gezerrte hatte, war verschwunden und Trunks stürzte zu Boden, schrie auf, als seine zerschundenen Knie noch mehr belastet wurden. Mühsam rappelte er sich wieder auf, putzte nicht sichtbaren Staub von einer ebenso unsichtbaren Hose und blickte auf. Licht... Da war Licht in der Ferne. Er begann wieder zu laufen und hatte seinen Blick fest auf den schwachen Schimmer Substanz geheftet, den es hier zu geben schien.. stolperte unsicher über nicht sichtbare Unebenheiten im Boden.. schabte sich die Schultern blutig, als sich schwarze Wände um ihn zu schließen begannen.
Sein Keuchen als einziges Geräusch in den Ohren, seine Schmerzen als einzige Evidenz der Realität um ihn herum, fiel er schließlich aus dem dunklen Tunnel und sah vor sich den nur schwachen Lichtschimmer, wie er enttäuscht feststellte, der ihm den Weg hierher geleuchtet hatte. Und in dem Lichtkegel saß jemand.. ein Kind, ganz und gar von Blut bedeckt.
Gleichzeitig fasziniert und abgestoßen sah Trunks zu wie sich der Junge verträumt lächelnd hin und her wiegte, offensichtlich völlig selbstvergessen, und seine Finger langsam durch die Innereien der Person streifen ließ, deren Blut ihn bedeckte wie die Überbleibsel eines obszönen Bades. Er unterdrückte ein Schaudern.
"Wer bist du?"
Trunks riss seine Augen von der gruseligen Szene vor ihm los, um dem Blick des Kleinen zu begegnen. Erschreckend blaue Augen blickten ihn fragend und neugierig an, aber tief in ihren eisblauen Tiefen gab es etwas, dass das Schaudern in seinen Körper zurückfahren ließ, etwas, das schrecklicher und grausamer war, als die blutigen Fleischreste vor ihm.
"Trunks Briefs", antwortete er knapp. Das Gefühl in ihm wuchs, dass er dieser Ort, dass dieses Kind, gefährlich war.
Der Kleine legte den Kopf schief und lachte ein leises, perlendes Lachen. Richtig niedlich. "Nein, du kannst nicht Trunks Briefs sein - denn ich bin Trunks Briefs."
Der Captain riss überrascht die Augen auf, aber bevor er etwas entgegnen konnte wurden eilige Schritte laut und zwei Gestalten tauchten aus dem Dunkel auf. Er schnappte geräuschlos nach Luft als er seine Eltern erkannte, die, ohne ihn zu sehen, an ihm vorbei zu dem Kind stürzten. Mit wachsendem Horror sah er wie sein Vater die Arme nach dem Kind ausstreckte und es hochhob, es beschützend an sich drückte, bevor er sich zu Bulma umwandte, damit sie kurz das kleine, blutverschmierte Gesicht küssen konnte.
"...solche Sorgen gemacht, Trunks...", plapperten beide erleichtert los. "Niemand hätte gedacht... ein Kind zu kidnappen! ...Red Ribbon Armee zu weit gegangen! Gottseidank... Krillin..." Die drei wandten sich zum Gehen, und der Captain konnte noch immer nichts sagen. Die Kehle wurde ihm zugeschnürt, als er sah wie sich der Junge fester an Yamchu schmiegte und seine Arme um seinen Hals schlang. Er rang mit sich, kämpfte verzweifelt gegen die innere Sperre an, die ihn daran hinderte, seinen Vater zu warnen! Diese Hände! Der Junge war gefährlich! Mit jeder verstreichenden Sekunde wurde ihm immer mehr bewusst, dass nicht Krillins Ki-Blast seine Entführerin getötet hatte, sondern das Kind.
Stöhnend sank er zu Boden, als die Ereignisse von damals wieder in sein Gedächtnis zurückkehrten. Seine Angst und Verzweiflung... die Wut auf die Frau und ihre Kumpanen... das Gefühl ihres, für seine Kinderhände, viel zu dicken Halses ... und die prickelnde Hitze, eingeschlafenen Gliedmaßen nicht unähnlich, als er das erste Mal in seinem Leben Ki benutzte...
Die Gestalten seiner Eltern entfernten sich, verließen den Lichtstrahl in dessen Mitte er saß, einsam.. verloren. Der Blick auf ihre Rücken verschwamm, als Tränen in seine Augen stiegen und verzweifelte Trauer sein gesamtes Wesen vereinnahmte. Aber er fand nicht die Kraft, zu schreien, sich gegen das unabwendbare Schicksal aufzulehnen, sondern sank statt dessen auf den Boden, umklammerte sich selbst, als er weinend der Familie hinterher sah, der er nie wieder angehören würde. Er fühlte sich so allein.
Er spürte mehr, als er es sah, wie sich Trunks Finger reflexartig um den Hals seines Vaters krampften, bevor das Kind seinen Kopf lächelnd in Yamchus Halsbeuge schmiegte. Über den muskulösen Hals des Mannes hinweg blickte es in seine Augen und lächelte ein wenig, bevor sich das helle Oval seines Gesichtes in der Dunkelheit auflöste...
Danach geschah lange nichts. Der namenlose Mann saß, vielmehr kniete, in der kalten, stickigen Nacht, Körper und Geist gleichermaßen umflort von Dunkelheit und blickte starr geradeaus. Ein grauer Schleier hatte sich über das einst schillernde Blau gelegt und machte Augen stumpf und farblos, die das Blinzeln vergessen zu haben schienen.
In der Ferne wurden erneut Schritte laut und als schließlich eine weitere Gestalt aus dem Dunkel auftauchte, schien das erste Mal seit Ewigkeiten wieder Leben in den Namenlosen zurückzukehren. Er erschauderte. Dann hob er zögernd seinen Kopf um den Neuankömmling anzusehen, der einen Meter vor ihm zum Stillstand gekommen war und emotionslos auf ihn nieder blickte.
"Es tut mir leid, dass ich nicht stark genug war", flüsterte er, denn irgendetwas in seinem Inneren sagte ihm, dass er es dem schwarzhaarigen Jüngling schuldete, stark zu sein.
"Das macht nichts." Der Junge ließ sich nieder und kreuzte die Beine. Fasziniert sah der Namenlose wie sich ein brauner Schwanz von der Hüfte des anderen löste und in weichen Wellen durch die Luft glitt. "Es ist nur wichtig, dass du weißt, wer du bist. Denn dann kannst du auch gegen das kämpfen, das nicht du bist..." Der Fremde blickte ihn tief aus seinen tuschefarbenen Augen an und lächelte ein wenig.
Der Namenlose sprang förmlich auf die Füße, als er neue Hoffnung fasste bei diesen Worten. "Kannst du mir sagen, wer ich bin?", fragte er atemlos.
Aber der Junge schüttelte nur traurig den Kopf. "Nein. Du musst selbst herausfinden, wer du bist."
Ein tiefes Seufzen entrang sich seiner Brust und er blickte auf den Boden, der wieder sauber und unbefleckt war, so als hätte der Junge ihn mit seiner bloßen Anwesenheit von allem Übel gereinigt. "Und wer bist du?", fragte der Fliederfarbene.
Die Lider des Jungen sanken kurz herab und sein Lächeln schien für einen Moment bitter zu werden. Mit einem Ruck wandte er sich ab, stand auf und wandte sich zum Gehen. "Ich bin die zweite Chance", sagte er, als seine Schritte ihn langsam ins Dunkel trugen. "Auch deine, Trunks Briefs..."
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Der Captain verschränkte nervös seine Arme und lenkte sich für einen Moment ab, indem er auf dem Gang auf- und abmarschierte. Nebenbei beobachtete er die Tür des Botschafters, aber wie er innerlich schon befürchtet hatte, gab die metallene Tür kein Anzeichen dafür ab, ob hinter ihr Goten lebte und atmete oder ob die Suite verlassen war.
Kein Zeichen von dem jungen Saiyajin seit Tagen! Trunks fragte sich langsam, ob der Junge überhaupt noch auf der Station weilte. Er seufzte frustriert und, bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte, trat er vor und betätigte den Summer.
Nichts.
Er drückte ihn ein zweites Mal, ein drittes - noch immer verharrte die Stille hinter der geschlossenen Barriere.
"Verdammt!", fluchte der Captain. Er warf einen kurzen Blick auf sein Chronometer - nur noch zehn Minuten, bevor sein Squad aufbrechen sollte - und begann unschlüssig auf seiner Unterlippe herumzukauen. Wenn er noch rechtzeitig sein wollte, musste er jetzt los und er hatte sich schon halb abgewandt, als ihn seine innere Stimme noch einmal zum Innehalten aufforderte.
Hastig fing er an, in den versteckten Taschen seiner Uniform zu kramen, bis er schließlich einen schwarzen Filzstift fand und, nach kurzer Überlegung, schnell eine Nachricht an den Türrahmen neben Gotens Tür kritzelte.
Viele der an diesem Tag vorbeieilenden Personen übersahen die wenigen, in der sauberen Handschrift des Captains geschriebenen Worte, aber einigen fiel sie auf. Sie blieben stehen, lasen sie sich durch und eilten dann kopfschüttelnd weiter, die Frage stellend, warum einer so etwas schreiben sollte.
Die Reinigungsdrohnen, die in dieser Nacht wie immer die Station durchkämmten bemerkten die Schrift ebenfalls. Eine Nanosekunde kalkulierend, ob das merkwürdige Muster zu den für die Station vorgeschriebenen gehörte, kamen sie zu dem Schluss, dass es sich offensichtlich um Schmutz handelte und besprühten es Sekunden später mit dem ätzenden Reinigungsschaum, der für solche Gelegenheiten vorgesehen war. Langsam verrannen die Buchstaben, wurden unsichtbar, als der Schaum die Pigmente der Tinte absorbierte und bald erinnerte nichts mehr daran, dass hier vor kurzem einer der wenigen Beweise für Freundschaft und Sorge gestanden hatte, den es in Freezers Imperium gab:
"Melde dich, Goten. Mache mir Sorgen um dich! T."
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Zwei erbarmungslose rote Sonnen schienen von einem ebenso roten Himmel herab, beleuchteten eine Szenerie, die wie die billige Kulisse eines drittklassigen B-Movies bewirkt hätte, wenn auf dem Planeten, wo sie stattfand, ein solcher Begriff überhaupt eine Bedeutung gehabt hätte. So jedoch, in ihrer gnadenlosen Wirklichkeit, war sie überzeugender und furchterregender als jedes Drehbuch jemals hätte sein können.
Durch schroffe und spärlich bewachsene Hänge eines Sandsteingebirges bahnte sich eine einsame Gestalt ihren Weg. Der Wind zerrte heftig an ihrem Mantel und knielangem Haar, ließ beides sich mal wie ein Segel aufblähen und dann wieder eng an den Körper des Wanderers pressen. Die Figur hatte sich einen fast leeren Rucksack über die Schulter geworfen und hielt in der einen Hand einen faustdicken, stabilen Holzstab, auf den sie sich beim eintönigen Gehen und bei schwierigen Passagen stützte.
Raditz blieb kurz stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn, sah dann nach oben und schätzte am Stand der Sonne den Weg, den er heute zurückgelegt hatte. Ein leises Fluchen entfuhr ihm, als er feststellen musste, dass er weit hinter seinem Zeitplan zurücklag und unwirsch wandte er seinen Blick vom Himmel wieder auf den Boden und ging weiter. Irgendwann innerhalb der nächsten Stunde musste er auf eine Siedlung treffen, die zwar, wie alles andere hier in diesen Teilen des Gebirges, bar jeden Lebens war, aber über eine gute Quelle verfügte, die ihm das lebenswichtige Nass für seine weitere Reise spenden würde.
Schließlich, weniger als eine halbe Stunde später, schälten sich vor ihm die Umrisse von Häusern und Mauern aus dem bräunlichen Dunst des Staubes. Ohne zu zögern betrat er den einst so florierenden und lebensfrohen Ort, der sich jetzt wie eine Geisterstadt vor ihm erstreckte, machte sich daran, ihn so schnell wie möglich hinter sich zu lassen und noch ein gutes Stück Weges zu schaffen, bevor er sein Nachtlager aufschlagen würde.
Die Straße führte in engen Windungen zwischen den Häusern hindurch, lenkte ihn geradewegs in das Zentrum des Ortes und dort zum Brunnen, der die einzige Quelle im Umkreis einer halben Tagesreise darstellte, die noch Wasser führte, das nicht von einer der zahlreichen Seuchen verunreinigt war. Schnell füllte er seine Wasserflasche, wusch sich Schweiß und Staub von Händen und Gesicht und machte sich daran, seinen Weg ohne Umschweife fortzusetzen. Aber ein Laut wie ein leises Schluchzen ließ ihn auf seinem Weg innehalten und die Ruinen der längst verlassenen und aufgegebenen Siedlung um ihn herum genauer in Augenschein nehmen.
Er horchte aufmerksam in den stetig blasenden Wind, schob seine Mähne hinter seine Ohren, um jedem noch so kleinen Geräusch unbedingten Zugang zu seinen empfindlichen Ohren zu gewähren, aber für lange Minuten hörte er nichts außer dem Wind und seinen eigenen flachen Atemzügen, wandte sich wieder der staubigen Straßenmitte zu, die ihn auf seinem langen und beschwerlichen Weg ins Tal geleitete, als er keine Anzeichen irgendwelchen Lebens feststellen konnte.
Eine plötzliche Welle von Übelkeit schlug über ihm zusammen und ließ ihn sich schwer auf seinen Wanderstab stützen. Er warf noch einmal einen Blick über die zerfallenen Häuser und Straßen, bevor er sich entschloss, sich für einen kurzen Moment an den zerbrochenen Beckenrand des Brunnens zu setzen und seinem Körper eine kurze Rast zu gönnen.
Drei Wochen lang war er in den Bergen herumgewandert, hatte den Kontakt zu den hier lebenden Saiyajin wieder hergestellt und die alten Verträge erneuert - so wie es jedes Jahr der Brauch war. Und nun befand er sich auf den Rückweg in sein eigenes, kleines Dorf, zu den Leuten seines Clans, die er anführte und beschützte. Doch wie lange würde er es noch können?
Es war eine leere Einöde gewesen, die er dieses Jahr auf seiner Wanderung zu den Bergen gefunden hatte, denn der letzte Winter war hart gewesen und hatte selbst in den größten und wohlhabendsten Stämmen nicht wiedergutzumachendes Unheil angerichtet: Gähnende Leere hatte ihn an den üblichen Treffpunkten erwartet und stille Verzweiflung und Verbissenheit hatten in den Augen der letzten Angehörigen der einst so mächtigen, sagenumwobenen Bergstämme gestanden und er hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, den vertraglich festgelegten Teil der Beute für seinen Stamm zu fordern und war unverrichteter Dinge wieder abgezogen. Nicht einmal Wegzehrung hatten sie für ihn entbehren können und so war er gezwungen gewesen, selbst auf die Jagd zu gehen - seine letzte Malzeit lag bereits zwei Tage zurück.
Innere Verzweiflung begleitete seine Gedanken, als der Krieger sich, vielleicht das erste Mal seit der König Goten bei ihm abgegeben hatte, um den Jungen zu erziehen, den Luxus gönnte, seiner Trostlosigkeit freien Lauf zu lassen. Seine Finger gruben sich in die ellenlangen Tressen ebenholzschwarzen Haars, als er seinen Kopf in seine Hände stützte und einfach nur still das Schicksal seines Volkes betrauerte.
So vieles war schief gelaufen. Raditz seufzte tief und schüttelte resigniert den Kopf. Hatten sie irgendetwas getan, was den Zorn der Götter herausgefordert hatte?
Bitterer Zynismus begleitete diesen Gedanken - wandte er sich nun schon an Götter, um für eine Verbesserung der Situation zu bitten? 'Früher hätte ich einen jeden, der so etwas auch nur angedeutet hätte ausgelacht. Ein Saiyajin, der sich zu übernatürlichen Wesenheiten flüchtet, statt für seine Sache zu kämpfen? Lächerlich!' Er kniff seine Augen zusammen, um die brennende Feuchtigkeit, die in ihnen aufstieg zurückzudrängen.
"Aber wie ist es sonst möglich, dass wir Saiyajin ein solch schmähliches Ende nehmen sollen? Wer, wenn nicht die Götter könnten unseren Untergang herbeiführen" Seine Stimme hörte sich heiser an von Tagen stillen Umherwanderns in kalter, trockener Bergluft. So vieles hatte sich geändert, nachdem sein jüngerer Bruder gestorben und der König einsam und verbittert von einer Schlacht gegen einen bis dahin unentdeckten Feind zurückgekehrt war -
Raditz' Kopf zuckte aufwärts und herum, als er plötzlich wieder ein Greinen vernahm. Seinen Kopf schiefgelegt und intensiv lauschend, stand er langsam auf und bewegte sich zuerst zögernd, dann aber mit traumwandlerischer Sicherheit auf die Quelle des Geräusches zu. Als er schließlich stehen blieb erblickte er vor sich die relativ gut erhaltene Ruine eines zweistöckigen Gebäudes, dass vielleicht einmal Verwaltungszentrale und Versammlungsplatz des Clans gewesen sein mochte, der hier noch vor zehn Jahren einen gut florierenden Handel mit Heil- und Gewürzkräutern und Mineralien aus den umliegenden Bergen betrieben hatte.
Jetzt stand der großgewachsene Krieger vor einer Türöffnung, die notdürftig mit einer in den Rahmen gestellten Tür verschlossen worden war. Und das war der Knackpunkt: "verschlossen worden war"!
Raditz fluchte verhalten und sein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe und lieferte seinem erschöpften Körper die Energie, seinen eventuellen Feind entweder zum Kampf zu stellen oder zu fliehen. Aber der Krieger zwang sich zur Ruhe, zwang sich zu logischem Nachdenken, denn es hatte keinen Sinn, seine letzten Energiereserven in einem unnützen Kampf zu verschwenden. Niemand hatte ihn angegriffen, als er auf dem Brunnen gesessen hatte und es schien, als wollten sie, wer sie auch immer waren, lediglich ihre Ruhe.
'So sei es', dachte er und zuckte mit den Schultern, wandte sich zum Gehen, als ein weiteres Geräusch die Stille durchbrach - und diesmal erkannte der Krieger es als das verzweifelte Wimmern und Heulen eines Kindes. Beinahe im selben Moment drehte der Wind und trug ihm den Geruch von Todesangst und geronnenem Blut zu und so war der Mann nicht überrascht, als er in das Haus trat und in der ehemaligen Empfangshalle die Leiche einer Frau auf einem provisorischen Lager fand.
Vorsichtig, da er noch nicht wusste, woran sie gestorben war, trat er an den Leichnam heran, der über und über mit Blut bedeckt war. Er ging neben ihr in die Hocke, registrierte entfernt, dass sie eine sehr schöne Frau gewesen sein musste und jung genug, um nie anderes als Notzeiten gekannt zu haben. Dann fand er in ihren Armen die offenbare Ursache ihres Todes - ein Neugeborenes, eben so kalt und steif wie seine Mutter. Aber wer hatte dann die Geräusche verursacht?
Raditz erhob sich wieder, vermied es tunlichst den Körper der Frau zu berühren, und drehte sich einmal langsam um seine Achse, bis er in einer dunklen Ecke des Raumes Augen fand, die ihm entgegenleuchteten. Die Augen weiteten sich entsetzt, bevor aus der Dunkelheit unter ihnen ein erschrockenes Einatmen und das Scharren von Füssen zu hören war, als sein junger Beobachter versuchte, sich tiefer in den Schatten zu verstecken. Langsam und vorsichtig trat er einige Schritte auf die Stelle zu, hatte die Hände deutlich sichtbar zu beiden Seiten seines Körpers ausgestreckt und blieb schließlich wieder stehen und wartete.
Er musste sich nicht lange gedulden, bis wieder Bewegung in die erstarrte Form in der Ecke kam. Vorsichtige Schritte wurden laut und endlich hatte sein Gegenüber genug Vertrauen gefasst, und trat langsam in die Sonne, deren Strahlen durch eines der Fenster ins Innere des Hauses fielen.
'Ein Kind', dachte Raditz bestürzt. Seine Sinne hatten ihm dies zwar schon lange mitgeteilt, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge, der unsicher vor ihm stand und dessen Schwanz nervös zuckte, so jung war. 'Er kann kaum älter als sechs Jahre sein.'
Eine erwartungsschwere und unsichere Stille folgte, als er die hagere Gestalt des Jungen näher in Augenschein nahm. Er war zwar mager für einen Saiyajin seines Alters, aber er schien gesund und wohlgeformt zu sein - seine Mutter schien ihn also immer gut versorgt zu haben und umso mehr schmerzte es Raditz, dass sie gestorben war. Frauen waren selten, jetzt noch mehr als sie es jemals gewesen waren, und solche, die sich und ein Kind allein durchbringen konnten waren eine wahre Rarität.
Ein unterdrücktes Wimmern riss ihn aus seinen düsteren Gedanken und zwang ihn, sich mit der unmittelbaren Realität auseinander zu setzen, die gegenwärtig aus einem zitternden Bündel Kind bestand, dessen Augen immer wieder angsterfüllt zwischen ihm und der Toten hin- und herzuckten. Raditz konnte förmlich riechen, wie der Kleine zerrissen wurde zwischen seinen Instinkten, die ihm rieten, keinem Fremden zu trauen und seinem Hunger und der Einsamkeit, die nach Nähe und Geborgenheit verlangten.
Der langhaarige Krieger seufzte lautlos und breitete seine Arme in einer Geste des Willkommens aus. Er schämte sich dafür, den Kleinen so zu täuschen, aber wenigstens würde es so leichter sein... Er hatte diesen Gedanken kaum abgeschlossen, als dünne Ärmchen seinen Hals umschlossen und der Junge sich fest an seine breite Brust schmiegte, das Gesicht im Kragen seines Umhangs verborgen.
Raditz legte behutsam die Arme um den Kleinen und verzog schmerzhaft das Gesicht, als er die Knochen des Jungen förmlich durch dessen Haut stechen spürte. Er streichelte beruhigend über den Rücken der unterdrückt schluchzenden Figur während die andere Hand hinauf in seine staubigen Haare glitt. Kurz und schmerzlos - das war das Einzige, was er für den Jungen tun konnte, denn es stand außer Frage, ihn hier allein zurückzulassen und in seinem Dorf konnten sie unmöglichen einen weiteren Esser gebrauchen, ganz zu schweigen davon, dass sie erst einmal in sein Dorf gelangen müssten.
Nein. Er schüttelte traurig den Kopf. Nichts konnte am unmittelbaren Schicksal des Jungen geändert werden. Die Hand im Haar des Kindes verkrampfte sich, war bereit, das fragile Genick mit einer schnellen Drehung des Handgelenks zu brechen, als plötzlich -
"Papa?"
Raditz gefror als die leise Frage aus den Tiefen seines Umhangs empor drang. Bilder von Gohan schossen durch seinen Geist, als der Junge gerade sprechen gelernt hatte und zum ersten Mal nach der Person fragen konnte, von der ihm sein kindliches Gedächtnis immer wieder berichtete, die aber nicht da gewesen war. Die fragenden Sterne im Gesicht des Kindes hatten ihm damals fast das Herz gebrochen.
"Papa..." Jetzt schniefte das Kind, und, die kleinen Fäuste so fest in den Stoff seines Umhanges gekrallt, als ob er nie wieder loslassen wollte, rieb sein tränennasses Gesicht an seiner Brust trocken.
'Scheiße!' Raditz fluchte und heulte innerlich auf. Die Hand im Haar des Jungen erzitterte kurz bevor er sie fallen ließ. Das erste Mal in seinem Leben verfluchte er sich dafür, Angehöriger einer Rasse zu sein, die ihre Instinkte bis aufs Äußerste gereizt und verfeinert hatte. Saiyajin hielten zusammen - immer. Der Krieger beäugte die schniefende Figur noch einmal, schätzte die Stärke des Kleinen. 'Höchstwahrscheinlich gehen wir sowieso drauf...'
Dann legte er die Hände auf die Schultern des Kindes, drückte es von sich weg und blickte der rotzverschmierten Gestalt fest in die ebenholzfarbenen Augen. "Erstens bin ich nicht dein Vater. Mein Name ist Raditz und du wirst mich gefälligst so nennen", knurrte er nicht unfreundlich. "Zweitens habe ich nicht vor, dich zu tragen - du wirst alleine laufen und zusehen, dass du mich nicht verlierst, denn ich habe keine Zeit den Babysitter für ein dahergelaufenes Balg zu mimen. Hast du mich verstanden?"
Seine Augen ruhten fragend auf der kleinen Gestalt, die vor ihm stand und mit großen Augen zu ihm aufsah. Dann zwinkerte der Kleine ein paar Mal, als er die Bedeutung der Worte begriff und ein dankbares Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus als er enthusiastisch nickte. Ein Stich fuhr in Raditz' Herz. Warum mussten ihn alle Kinder nur immer an seine Neffen erinnern?!
Schroff nickte er dem Jungen zu, ihm zu folgen und ging durch die Türöffnung hinaus ins Freie, wo ein flüchtiger Blick zum Himmel ihm zeigte, dass es nur noch für wenige Stunden Tageslicht geben würde. Er senkte seinen Blick zurück auf den Boden und erstarrte, als er in der Ferne eine Gestalt stehen sah. Schnell bedeutete er dem Kind, sich hinter ihm zu halten, als er sah, dass sich der Mann ein paar Schritte auf sie zu bewegte. Sein Schwanz fing an hin und her zu peitschen, die Haare an seinen Armen stellten sich auf, als er sich instinktiv auf einen Kampf vorbereitete. Aber plötzlich verschwand der Mann wie vom Erdboden.
Verwirrt starrte Raditz für einige Sekunden auf die Stelle, an der eben noch der Fremde gestanden hatte, bevor er sich zu dem Kind umwandte, es sich über die Schulter schlang und sich schleunigst auf den Weg zurück in sein Tal machte. Dieser Platz war nicht mehr sicher - egal, ob der andere ein Artgenosse oder ein Geist gewesen war.
Stunden später saß der langhaarige Krieger grübelnd vor einem kleinen Feuer, dass er für die Nacht entfacht hatte und stocherte nachdenklich in der Glut. Neben ihm lag Asparo - der Junge - hatte sich in seinen Umhang gewickelt und schlief fest, während Raditz einer langen Nachtwache entgegensah.
Das leise Klicken von Steinen ließ ihn auffahren und sich in Kampfbereitschaft bringen, als er die Dunkelheit außerhalb ihres Lagerplatzes nach Lebenszeichen absuchte. Einen Moment lang konnte er nichts ausmachen, aber dann drangen leise Schritte an sein Ohr.
"Wer da!", knurrte er warnend. Die Schritte verharrten kurz, bevor sich der Verursacher jener Geräusche langsam in den Lichtkreis des Feuers schob und dem anderen seine Identität preisgab.
Raditz Augen weiteten sich, als er den anderen erkannte. "Kakarott?", fragte er ungläubig.
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"So, Leute..." Trunks unterbrach sich und warf einen ersten Blick in die Runde. "Okay... Hier scheint schon recht gut aufgeräumt worden zu sein. Sollte also ein Kinderspiel werden." Er drehte sich noch einmal um seine Achse und nahm die umliegenden Gebäude in Augenschein. Nicht, dass da noch viele Gebäude waren...
"Sir." Rough war an ihn herangetreten.
Trunks fuhr erschrocken herum und stöhnte leise auf, als ein protestierender Schmerz durch seinen Kopf schoss. Die Landung war dieses Mal besonders hart gewesen - sein Kopf brummte wie nach einer mehrtägigen Sauftour. "Was ist?", krächzte er leise.
"Die Scouter haben kein Leben im Umkreis von 10 SE (Standard-Einheiten) feststellen können. Sollen wir mit der Suche beginnen?"
Der Captain nickte als Antwort. "Und denkt daran: nur intakte Technologie einsammeln. Wir brauchen keinen Schrott."
Der bullige Krieger nickte knapp und machte sich auf den Weg, die erste Halle zu untersuchen, als ihn ein leiser Schrei Masons innehalten ließ. Der junge Mann hatte sich versteift, die Augen geschlossen und intensiv lauschend hob er warnend eine Hand. "Die Stille atmet - wir sind nicht allein..."
