Kapitel zehn

Langsam erstarb Raditz' Gelächter. Ein letztes Kichern, ein tiefer Atemzug und er hatte sich wieder unter Kontrolle, obwohl weiterhin ein Rest der Heiterkeit in ihm verblieb und sich ein ferner Teil seines Bewusstseins fragte, ob er nicht vielleicht langsam überschnappte. Was war bitte noch mal so komisch??

Alles beiseite schiebend, was nichts mit der unmittelbaren Situation zu tun hatte, stützte er sich auf seinen gesunden Arm und richtete sich mühsam auf. Er schloß kurz die Augen als seine Sicht ob des Blutverlustes verschwamm, und als er sie wieder öffnete fiel sein Blick direkt in die ruhigen, schwarzen Augen Kakarotts, der, entgegen seiner Befürchtungen? Wünsche?, noch immer auf Armeslänge von ihm entfernt saß.

"Also bist du real", stellte der Clanführer neutral fest. Er wusste noch nicht, was er davon halten sollte. Ein Teil von ihm freute sich unbändig, seinen jüngeren Bruder lebendig zu sehen, so gesund und wohlgeformt wie er ihn in Erinnerung hatte. Ein anderer Teil wunderte sich hingegen, wie es sein konnte, dass Kakarott den Kampf gegen Freezer überlebt hatte (wenn er überhaupt stattgefunden hatte) und warum er erst jetzt, fast dreißig Jahre nach seinem Verschwinden, auftauchte.

Kakarott legte seinen Kopf ein wenig zur Seite und sein Blick wurde unfokussiert, als er über eine Antwort auf Raditz' Bemerkung nachzudenken schien. Schließlich blickte er wieder auf und sein Blick verband sich mit dem seines älteren Bruders als er langsam und ernsthaft nickte.

Irgendwie schaffte es diese einfache Bewegung, Raditz' Ruhe hinweg zu fegen. "Aber wie-?", begann er verwirrt, unterbrach sich aber, als er einfach nicht die richtigen Worte fand. "Warum?!", brach es schließlich aus ihm heraus und in dem einen Wort schwammen Sorge, Angst und Vorwurf gleichermaßen mit.

Die Augen seines Gegenübers weiteten sich für einen kurzen Moment, schienen in Schmerz und Trauer zu erzittern, bevor der jüngere sich scheinbar beschämt abwandte und nach einer weiteren Überlegung aufstand und ans Feuer trat. Dort kramte er einen kurzen Moment in seiner Umhänge-tasche, bevor er schließlich mit einem Packen sterilen Verbandmaterials zu Raditz zurückkehrte und begann, dessen Wunde zu verbinden.

Raditz beobachtete desinteressiert, wie Kakarotts Hände über verletzte und gesunde Haut fuhren, den zerfransten Stoff seines provisorischen Verbandes entfernten, bevor sie Wundränder zusammenlegten und zuerst eine Schicht Antiseptikum darübersprühten und dann feines Gazé.

Aber mit jeder verstreichenden Sekunde, die Kakarott schwieg, spürte Raditz wie er wütender wurde, spürte er, wie sich die Trauer der letzten Jahrzehnte in Wut verwandelte. Sie hatten gelitten, gehungert und gefroren. Waren zu Tausenden an Seuchen eingegangen. Wo war er gewesen?!

Raditz presste seine Augen zu, ballte seine Hände unbewusst zu Fäusten als sie begannen, vor kaum unterdrücktem Zorn zu zittern. Kakarott wirkte so ruhig - als ob ihn das Schicksal seines Volkes und seiner Familie überhaupt nicht interessierte! Und vielleicht tat es das auch nicht... Er biss die Zähne zusammen, als er merkte wie ein Knurren tief in seiner Kehle entstand und der Wunsch, seine Fäuste in das Fleisch seines Gegenübers zu rammen wurde mit jeder schweigend verbrachten Minute größer und größer. Er wollte Kakarott schreien hören, diese verdammte Stille durchbrechen, die sich über sie gelegt hatte und die all das, was seit seinem Verschwinden geschehen war. zu Nichts degradierte.

"Gohan hat dich vermisst" 'Verräter...', bemerkte der große Krieger kalt, als Kakarott fertig war und sich zurückgesetzt hatte. "Wo warst du als seine Frau und seine Söhne gestorben sind?" er wartete auf keine Antwort. Er wollte dem anderen nur wehtun, ihn kosten lassen von dem Schmerz, den er verspürte. Immer noch.

Mit Befriedigung sah er wie Kakarott erbleichte, aber er gab ihm nicht einmal die Chance, sich zu verteidigen, sondern hieb weiter auf ihn ein.

"Wo warst du als Goten geboren wurde?" Er redete sich langsam in Rage. „Als der Junge sich fragte, ob er überhaupt ein eigenes Wesen ist oder nur eine billige Kopie?", schrie er.

Tränen standen nun in den Augen seines jüngeren Bruders, aber Raditz sah nichts.

"Wo warst du als Vater auf eigene Faust ausgezogen ist, um dich zu rächen?" Raditz war so von seiner Wut mitgerissen, dass er nicht bemerkte, dass seine Stimme längst zu einem durchbrochenen Schluchzen verkümmert war und Tränen über sein verzerrtes Gesicht strömten.

"Wo warst du, als Lif' gestorben ist?!", schrie er schließlich gequält.

Ein ebenso verzweifelter Schrei antwortete ihm, als Kakarott seine Hand ergriff und sie an seine Stirn presste. 'Raditz! Hör mir zu!', tobte Kakarotts Geist in seinen Gedanken. 'Schließ mich nicht länger aus und hör mir zu, Bruder!'

"Warum sollte ich!?", brüllte er unter Tränen und riss seine Hand aus Kakarotts Griff. Aber der andere sprang nur auf und griff nach seinem Gesicht, stellte den telepatischen Kontakt wieder her und zwang Raditz, in Augen zu blicken, die mit ungeweinten Tränen brannten.

'Es tut mir so unendlich leid! Glaube mir doch!', flehte er inständig. 'Ich hätte alles getan, um es zu verhindern...' Zitternd lehnte sich Kakarott vor und presste seine Stirn gegen die seines Bruders. 'Bitte, Raditz. Es tut mir so leid.'

Für einen Moment war Raditz starr, als er nicht wusste, was er tun sollte. Gefühle zu zeigen war ihm schon immer ein Graus gewesen, aber der Schmerz und die wiederholten Enttäuschungen der letzten Jahre, die Angst und Sorge um die Seinen hatten seine Selbstbeherrschung Stück für Stück zerbröckeln lassen... Er fühlte sich so leer und ausgelaugt, hatte beinahe keine Kraft mehr, jeden Morgen aufzustehen und seinen Pflichten nachzukommen und er hatte es schon lange aufgegeben, sich zu fragen, was es denn überhaupt brachte.

In seinem Geist bat Kakarott wieder und wieder um Vergebung für all die Toten, aber Raditz erkannte, dass es für ihn nicht wirklich etwas bedeutete. Nach einer Weile langte er nach oben und nahm sanft, aber bestimmt, Kakarotts Hände von seinem Gesicht.

'Es ist gut', "sprach" er ruhig zu seinem Bruder, der fragend zu ihm aufsah. 'Sie sind schon lange tot.'

Die Augen des Jüngeren wurden noch einmal feucht, als er sich in Raditz' Seelenschmerz hinein versetzte. Was hätte er getan, wenn Vegeta... Er wollte diesen Gedanken nicht einmal zuende denken!

'Beantworte mir eines, Kakarott... warum erst jetzt?' Jetzt, da Raditz sich wieder unter Kontrolle hatte, war es ein leichtes für die Männer, telepathisch miteinander zu reden.

'Ich war nicht ich selbst. Ich wollte nicht sehen, was ich angerichtet habe...' Kakarott unterbrach sich, als er wieder von einer Welle aus Schuldgefühlen überrannt zu werden drohte.

"Feigling." Die Beleidigung kam tonlos, ohne jede Anklage oder Emotion über seine Lippen. Was spielte es denn für eine Rolle, ob er seinem Bruder verzieh oder nicht? Würde es etwas ändern? Irgendwie erschien ihm alles um ihn herum irreal, wie ein merkwürdiger Traum. Er würde aufwachen und alles würde wie vorher sein.

Kakarott senkte den Kopf und starrte auf den Boden zwischen seinen Füssen. ‚Es tut mir leid.' Dann, als ob er von einem neuen Willen beseelt worden war, schaute er auf und zwang, Raditz in seine Augen zu sehen, die mit einem kalten, drängenden Feuer brannten. ‚Hilf mir, wieder kämpfen zu lernen, Raditz. Ich will Rache!!'

Der Großgewachsene schnaubte kurz. „Wieso kommst du darauf, dass du jetzt eine Chance hättest, zu siegen, wenn du es damals schon nicht geschafft hast?"

Kakarott schenkte ihm ein müdes Lächeln und ignorierte den sarkastischen Unterton in seiner Stimme. ‚Ich bin fast gestorben, Raditz. Du weißt, was passiert, wenn wir von einer solchen Verletzung genesen... Meine Kraft ist größer als sie es damals gewesen war - mit hartem Training sollte ich es schaffen, wieder so gut, und noch besser, als damals zu werden.'

„Und warum nicht früher?" Raditz klang unbeeindruckt, beinahe gelangweilt, aber Kakarott wusste es besser. Er spürte den Zorn, der noch immer im Herzen seines Bruders brannte und in seinem Innersten konnte er es nachvollziehen. Er hatte sich die Frage auch schon oft gestellt.

‚Ich weiß es nicht...'

Wie er erwartet hatte, schnaubte Raditz abfällig bei diesen Worten, aber Kakarott nahm es hin. Er wusste keine Antwort auf diese Frage. Vielleicht hatte sie keine „große" Antwort, sondern viele kleine. Vielleicht war der matte Ausdruck in Vegetas Augen der Auslöser gewesen, oder die Nachricht vom Tod seines Enkels. Er konnte es wirklich nicht sagen, nur, dass sich dieses „Gefühl" seit Jahren in ihm aufgebaut hatte, gewachsen war, bis sein Todeswunsch sich ihm nicht mehr länger hatte entgegenstellen können und sein gesamtes Wesen wieder danach geschrieen hatte zu leben! Zu leben, um das Biest zu töten.

„Ich werd's mir überlegen", sagte Raditz und Kakarott nickte. Er kannte seinen Bruder gut genug, um zu wissen, dass er ihn trainieren würde - und dass er ihm noch lange nicht vergeben hatte. Aber er stand dankbar lächelnd auf und wankte hinüber auf seinen Schlafplatz. Das Fliegen hatte ihn ermüdet - auch wenn er seit ihrer Ankunft hier täglich trainiert hatte - und innerhalb weniger Minuten war er eingeschlafen.

Sein Bruder indessen nahm sich den zweiten Mantel, den sie hatten und schlang ihn um seine Schultern, freiwillig die erste Wache übernehmend. Stumpft blickte Raditz in die Flammen und dachte zurück an die Zeit als er noch glücklich gewesen war. Damals, als er und Lif' noch nicht wussten, was Leid war und gemeinsam von einer Familie träumten...

Kakarott begann, sich unruhig im Schlaf hin und her zu wälzen und sein Bruder blickte auf, sich entfernt fragend, welche Alpträume den Jüngeren wohl quälten. Mit einer letzten Bewegung drehte er sich vom Feuer weg und Raditz ließ seinen Blick prüfend über die Muskulatur streifen, die sich, vom Mantel unbedeckt, unter der engen Oberfläche von Kakarotts Anzug abzeichnete. Der Ansatz war da, aber es würde wohl noch einige Monate dauern, bis Kakarott wieder in alter Form sein würde.

Der Blick des Clanführers wanderte tiefer und instinktiv zogen sich seine Eingeweide schmerzlich zusammen, und er spürte wie sich die Haare seines Schwanzes in stummen Horror aufstellten als er den Ort erreichte, an dem der Schwanz seines Bruders sein sollte... nur war dort nichts.

'Kein Wunder, dass du dich versteckt hast - du bist ja kaum noch als Saiyajin zu bezeichnen.' Er wandte sich wieder dem Feuer zu, puhlte mit einem dürren Ast nachdenklich in der Glut und wartete, dass der Mitternachtsvogel aufstieg und seine nächtliche Jagd begann - das Zeichen, dass die Toten Stunden der Nacht erreicht waren und er sich schlafen legen durfte.

******

"Was soll das heißen 'Wir sind nicht allein'?", Trunks beäugte Mason skeptisch, der errötete und nervös zu Boden sah, bevor der Captain langsam seine Hand hob und den kleinen Sensor hinter seinem linken Ohr berührte. Augenblicklich formte sich ein kleines Energiefeld vor seinem linken Auge, das innerhalb weniger Zehntelsekunden eine Hologrammversion der alten Scouter nachbildete. Trunks drehte seinen Kopf in alle Richtungen, aber auf dem Bildschirm blieb alles leer.

"Der Scouter kann nichts erkennen", stellte er nach einigen Justierungen fest und schaltete das Gerät auf Stand-by. Mit einem leises Knistern verschwand das Hologramm, bereit jederzeit zurückzukehren, wenn es eine fremde Ki-Signatur orten würde. Mason schien noch eine Spur mehr zu erröten und setzte dazu an, etwas zu sagen, hielt letztendlich aber den Mund.

"Okay.. Verteilt euch, aber bleibt in Hörweite. Niemand betritt ein Gebäude allein und schaltet eure Laser auf maximale Stufe", befahl Trunks mit sicherer Stimme und machte sich bereit, seinen Handgelenk-Laser zu justieren. Die Dinger waren zwar schwächer als die Gewehre, die die anderen zur Verfügung hatten - aber Trunks wahre Waffen waren seine Arme und Beine. Beides tödlich in ihrer Präzision.

"Aber, Chef, ich denke, der Scouter zeigt nichts an?", fragte Rough verwirrt.

"Ja.. und die in den Pods sagen auch, dass hier nichts mehr lebt", stimmte Glen ihm zu und zuckte ratlos mit den Schultern.

Der Captain musterte sie mit einer Mischung aus Verwunderung und leichter Überheblichkeit. "Und seit wann vertraut ihr den Instrumenten mehr als euren Instinkten?"

Das brachte sie zum Schweigen und betreten änderten sie die Justierungen auf ihren Waffen, bevor sie die Gewehre wieder schulterten. Mit ein paar knappen Gesten bedeutete ihnen ihr Kommandant, nach Westen zu gehen und sich einen Komplex vorzunehmen, der andeutungsweise ein Industriegebiet gewesen sein konnte, bevor er sich abwandte und mit Mason in die entgegengesetzte Richtung davonschritt.

"Was hältst du von der ganzen Sache?", fragte Rough leise seine Partnerin.

"Kein Ahnung..", antwortetet sie mit einem Schulterzucken und starrte blicklos den beiden Figuren hinterher, bis sie im Nebel verschwunden waren. Mason war nicht der Einzige, dem dieser Ort nicht geheuer vorkam - aber sie würde den Teufel tun, _das_ zuzugeben. "Und wenn schon", sagte sie leichtfertig, als sie sich umwandte und sich auf den Weg machte. "Mein Baby hier macht jeden kalt, der blöd genug ist, mir in den Weg zu kommen."

Roughs Antwort bestand aus einer hochgezogenen Augenbraue, die sie aber nicht mehr sah, und schließlich setzte sich der massige Krieger in Bewegung und trottete ihr hinterher.

Sein Herz flatterte. Jeder Schritt schmerzte und sein Atem ging in kurzen, flachen Zügen, als er mehr und mehr Energie darauf verwenden musste, nicht einfach tot niederzufallen. Aber er konnte, er durfte sich diesen Luxus nicht erlauben! Unwirsch schüttelte er seine schweiß- und blutverklebten Haare aus dem Gesicht und wunderte sich kurz, warum sich seine Sicht trotzdem nicht klärte. Dann allerdings erinnerte er sich an den harten Schlag, dem ihm sein vorgesetzter Priester auf den Hinterkopf gegeben hatte - wohlplaziert, um ihn für einige Minuten leblos daliegen zu lassen. Jetzt waren alle aus seinem Konvent tot und er war der Einzige von ihnen, der noch übrig war.

Aber irgendwo mussten noch andere sein! Das wusste er! Ganz sicher hatten sie sich erfolgreich vor den Feinden verstecken können - auch wenn deren Angriffe brutal und erbarmungslos gewesen waren. Niemals hatten sie den Planeten in eine unbewohnte Einöde verwandeln können!

Müde wankte er um eine Mauer herum und brach mit einem leisen Schmerzensschrei in die Knie, als er über etwas Schweres stolperte. Ein scharfer Schmerz schoß in seine Arme als er sich mit den Händen abfing und so einen kompletten Sturz verhinderte.

Es war so still hier. Er konnte sich nicht erinnern, jemals ein solche absolute Stille erlebt zu haben - selbst nicht an den Nokturalien, wenn sie dem Schlund opferten, um die Dämonen in ihren Gefängnissen aus Raum und Zeit zu halten und an denen es bei Todesstrafe verboten war, zu sprechen. Er hatte eher den Eindruck, taub geworden zu sein.

Nach ein paar tiefen Atemzügen fand er endlich die Stärke, sich langsam aufzurichten. Unsicher schwankte er auf kraftlosen Beinen hin und her, wischte sich ungeschickt die aufgeschürften Hände an seiner rauhen, verdreckten Robe ab, obwohl er wusste, dass er die oberflächlichen Wunden so nur noch mehr verschmutzte.

Schließlich hob er den Kopf, kämpfte ein neuerliches Schwindelgefühl nieder - und eine Welle von Übelkeit - und stieg vorsichtig über einen schweren Eisenpfeiler. Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit, die anderen zu finden, bevor ihn seine Kräfte endgültig verlassen würden und so stolperte er weiter durch die mit Schutt und Leichen übersäten Straßen seiner Heimatstadt.

Trunks brütete still vor sich hin, als er hinter Mason hertrottete und dem jungen Söldner die Führung ihrer kleinen Expedition überließ. Er fühlte sich nicht besonders gut, ein wenig nervös vielleicht, aber hauptsächlich spürte er ein nagendes Bohren in seinem Hinterkopf, dass es ihm unmöglich machte, sich auf die Mission oder auf seine Umgebung zu konzentrieren. Und das brachte ihn nur noch mehr aus der Fassung!

Abrupt blieb er stehen und atmete entnervt durch, bevor er die Arme verschränkte und sinnend auf den mit Steinfliesen belegten Boden des Gebäudes sah, in dem sie gerade waren.

"Sir?" Trunks blickte auf, als er Masons vorsichtige Frage hörte und schüttelte entschuldigend lächelnd den Kopf. Er bedeutete dem jüngeren weiterzugehen und setzte sich ebenfalls wieder in Bewegung, schob seine beunruhigenden Gedanken für den Moment beiseite.

Er lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Architektur des Gebäudes um sie herum. Düster, beinahe sakral wirkte es, mit seinen dicken Mauern aus einem steinähnlichem Material und den wenigen Fenstern, die eher kleine Mauerdurchbrüche für Luftzirkulation waren, als dass sie Licht ins Innere der langgestreckten Gänge und hohen Räume ließen.

"Irgendeine Energiequelle?"

Mason blickte hinunter auf das Gerät, das er in der rechten Hand trug und schüttelte den Kopf. "In einem Radius von zwanzig Metern kann ich keinen Energieausstoß registrieren."

Trunks Brauen krochen mehr verärgert als verwirrt zusammen. Kein messbarer Energieausstoß konnte entweder bedeuten, dass die Bewohner des Planeten eine Art gefunden hatten, Energie zu erzeugen, die nicht messbar war oder dass das vorhergehende Einsatzkommando sich nicht an seine Instruktionen gehalten hatte. Ohne voreingenommen sein zu wollen, hielt er allerdings die zweite Option für die wahrscheinlichere - in beiden Fällen würde sich ihre Arbeit schwerer gestalten, als sie angenommen hatten, denn wie sollten sie sonst die Technologie ausfindig machen, wenn sie keine grossen Energieansammlungen orten konnten?

Wieder einmal verfluchte Trunks die Ingenieure der Scouter, die diese Funktion zu Gunsten geringeren Gewichts aus dem Generatorchip entfernt hatten. Aber es brachte nichts darüber nachzusinnen, sagte er sich und schritt auf einen Durchgang zu, der sich wenige Meter entfernt zu ihrer Rechten öffnete.

"Laaaangweeiilig!"

Rough verdrehte die Augen und ignorierte Glen.

"Hey! Hörst du mir zu? Ich sagte, mir ist langweilig!", rief sie empört, als er nicht reagierte.

Er unterdrückte ein genervtes Aufstöhnen. "Ich versuche mich auf meine Arbeit zu konzentrieren - da hab ich keine Zeit für dein pubertäres Rumgezicke."

"Dann nimm mir die Fesseln ab!", verlangte sie und hob ihre Hände, die mit ein paar Handschellen aus statischer Energie zusammengehalten wurden - ebenso wie ihre Beine.

Rough unterdrückte nur schwer das Verlangen, seine Faust (oder besser: seinen Kopf) in die nächste Wand zu schlagen. Warum hatte er sich noch einmal bereit erklärt, seine Mission mit Glen als Partnerin zu führen? Ach ja, damit der Kleine ungestört den Boss anhimmeln konnte und weil Glen normalerweise (er schnaubte diesmal wirklich - was war an der Frau normal?!) eine der fähigsten von ihnen allen war. Grausam, kaltblütig, immer einen Witz auf den Lippen, wenn sie grinsend durch Reihen bald toter Feinde schritt. Das hieß, wenn nicht irgendeine ihrer zahlreichen Personae dazwischenfunkte, was in letzter Zeit viel zu häufig für Roughs Geschmack geschah.

Er hob einen Haufen Elektronik näher an sein Auge und versuchte, durch den verschmorten äusseren Mantel zu sehen, ob sich noch brauchbare Teile im Inneren befanden. Als er nichts fand, ließ er ihn achtlos fallen und wandte sich der nächsten Leiche zu, die lose in der Gegend verstreut herumlagen. Dieses Zimmer schien einmal so etwas ähnliches wie eine Zuchtkolonie oder eine Kinderstation gewesen zu sein, obwohl sich da niemand sicher sein konnte. Jedenfalls lagen hier auch viele kleine, unausgereifte Körper zwischen den Kriegern, die hier besonders heftig gekämpft hatten, wie die unzähligen Brandspuren an den Wän-

"Hallohooo!! Ich rede mit dir!"

Rough verspürte das beinahe unüberwindliche Bedürfnis, jemanden zu erwürgen, aber reuevoll kämpfte er es nieder und durchwühlte statt dessen den Inhalt eines Faches, dass sich von der Hitze, die nach dem Kampf hier geherrscht hatte, geöffnet hatte und nun seinen, relativ unbeschadeten, Inhalt feindlichen Augen präsentierte. Der breitgebaute Krieger pfiff anerkennend durch die Zähne, als er ohne Mühe mehrere sehr große und gefährliche Lasergewehre fand - nicht unähnlich denen, die sie selbst bei sich trugen. Er drehte die Waffen vor seinen Augen hin und her, bemerkte einige Unterschiede, aber kam zu dem Schluß, dass die Unterschiede nicht allzu groß waren - was allerdings zu einer anderen Frage führte.

"Warum haben die nicht diese Dinger benutzt, um Widerstand zu leisten, sondern nur die schwachen Sonnenlicht-Phaser?!"

"Vielleicht sind sie selbst nicht rangekommen - schließlich waren die Dinger ja verschlossen." Glen tauchte plötzlich an seiner Seite auf und setzte sich rittlings auf die Oberfläche eines Tisches auf dem er den Laser deponiert hatte, um ihn besser in Augenschein nehmen zu können. Rough grinste. "Na? Zurück aus'm Urlaub?"

Sie schnaubte amüsiert und reichte ihm die energetischen Fesseln. "War ne gute Idee, die Dinger anzufertigen. Wer war's denn diesmal?"

"Becky (;p na, Sith?)", Rough verdrehte die Augen. "Zickig und voll-pubertär wie immer."

"Oh, Scheisse..." Glen lachte. "Du Ärmster!"

"Na wenigstens hat sie die Affinität für ältere Männer verloren, glaub ich zumindest."

Glen prustete erneut los als sie sich an eine sehr peinliche Begebenheit in ihrem Mannschaftsquartier erinnerte und nach einer Weile stimmte auch Rough mit ein, wenn auch ein wenig zurückhaltender. Wenige Sekunden später verklang es aber abrupt, als sie eine Explosion in der Ferne vernahmen und der Raum, in dem sie sich befanden erbebte.

Eilig sammelten sie ihre Habseligkeiten und ihr Zeug zusammen, während Rough auf seinem Scouter die ungefähre Lage der Explosion auszumachen versuchte. Er fluchte, als er die Richtungsanweisung bekam und ohne ein weiteres Wort rasten sie beide so schnell sie konnten zu dem Ort, an dem sie ihre Kameraden vermuteten.

Er presste die Zähne aufeinander als der Schmerz in seiner Seite größer wurde. Vorsichtig betastete er die Wunde, die er sich zugezogen hatte als er, vorrübergehend vor Erschöpfung geschwächt, blindlings in einen rostigen Zaunpfahl gestolpert war. Lauwarme Flüssigkeit rann noch immer über seine prüfenden Finger und kalte Schauer durch seinen Körper. Mehr als eines seiner lebenswichtigen Systeme war verletzt worden und er fühlte es mehr als er es wusste, dass er noch heute sterben würde.

Er ließ seinen Blick teilnahmslos über die zerstörte Ebene um sich herum streifen, sah die wenigen, skeletthaften Ruinen am Horizont, die einst das Herz der Tempelanlage um den Schlund gebildet hatten - jetzt waren sie die einzigen Zeugen, dass hier überhaupt einmal intelligentes Leben existiert hatte. Er hatte sich damit abgefunden, dass er sterben würde. Schon seit langem wusste er, dass dies sein Schicksal war, aber er hatte gehofft, es würde als Opfer für die Dämonen des Abgrunds sein - als Hommage an das Leben schlechthin. Doch angesichts der Zerstörung um ihn herum, erschien ihm dieser Wunsch nun wie die dumme kleine Träumerei eines Kindes.

Seine Sicht verschwamm erneut und er stolperte müde zur Seite um sich abzustützen und den Schwächeanfall abzuwarten. Noch hatte er keine anderen Überlebenden gefunden, aber sie mussten irgendwo sein - das wusste er.

Seine Sicht klärte sich auf und er atmete erleichtert durch - was er gleich bereute, als er ein leises Gurgeln in seiner Lunge vernahm. Er schloss kurz die Augen und ein schmerzliches Lächeln kreuzte seine Lippen, als er seine Lebenserwartung um noch ein paar Stunden zurückschraubte. Es war einfach so unfair!

Sein Blick wanderte nach oben und lastete einen Augenblick auf der gleißend orangenen Sonne. Die grünen Lichter in ihrer Korona, sichtliches Zeichen ihres Zornes, erzählten ihm, dass es sich nur noch um Stunden handeln konnte, bis es zu einem ihrer Ausbrüche kommen würde: glasende Hitze, radioaktive Gase und Partikel so schnell und so klein, dass sie alles und jeden durchdringen und töten konnten.

Wie viele Jahre sein Volk gebraucht hatte, um sich an diese neue, tobende Sonne zu gewöhnen, die es in seiner naiven Ungeduld selbst geschaffen hatte, wusste er nicht zu sagen und das stimmte ihn auf merkwürdige Weise noch trauriger als er ohnehin schon war. Irgendwie erschien es ihm wie Verrat, vergessen zu haben wie viele Millionen gestorben waren, bevor sie die Möglichkeit biomechanischer Manipulation und androider Lebensweise erkannt hatten.

Und dann hatten sie auch noch den Schlund mit seinen Dämonen gefunden...

Er liebte das Leben über alles - jeder tat an es an diesem Ort, wo "Leben" an und für sich schon ein Wunder war. Deshalb war er Priester geworden, deshalb hatte er die Existenz seines Geistes, seines lebendigen Körpers an den Generator gebunden, um den Schlund verschlossen zu halten und den Rest des Univ-

Erschrocken hielt er inne als die Totenstille durch eine gewaltige Explosion durchbrochen wurde und die Surrealität der Situation in wirres Durcheinander auflöste, als beinahe augenblicklich danach ein zuerst schwaches, dann aber immer stärker werdendes Beben den Grund erschütterte, auf dem er stand. Mit wachsender Verwirrung, die sich aber in Entsetzen umwandelte spürte er, wie hinter der Druckwelle eine neue, fremde Energie zu wachsen begann. Nicht überwältigend stark, aber fremd und viel stärker als alles, was im heiligen Bezirk erlaubt war.

Eiskalter Schweiß brach aus seinen Poren, sein Herz verkrampfte, als er ein "Ziehen" in seinem Geist spürte. 'Der Generator..'

Hastig begann er vorwärts zu taumeln. Irrig in der Hoffnung, die bevorstehende Katastrophe noch aufhalten zu können, aber im Innersten wissend, dass, wenn er dort überhaupt ankommen würde, es viel zu spät sein würde, die Explosion des Generators und damit die Freilassung der Dämonen zu verhindern.

'Oh, heiliger Ark, lass ihn nicht noch mehr aus der Balance geraten', flehte er inständig. Aber kaum hatte er den Gedanken zuende gedacht, als das Ziehen zunahm, im Takt zu den Energiestößen der Lasergewehre der heiligen Garde, die er aus dem Tempel hören konnte. Er wimmerte und versuchte, seine Schritte zu beschleunigen, die längst zu einem verwirrten Taumeln herabgesunken waren.

Eine weitere Detonation ließ ihn zusammenbrechen und der Länge nach hinfallen. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst und einen Moment lang war er blind. Trotzdem versuchte er, sich aufzurichten und musste erstaunt feststellen, dass seine Glieder still blieben. 'NEIN!', heulte er in wilder Ohnmacht auf, als er spürte wie er schwächer und schwächer wurde. Jetzt, wo man ihn so sehr wie niemals sonst brauchte konnte er nicht da sein, wo er sein sollte.

"Gott! Nein.. bitte, nicht!" Er rammte seine Finger in den Boden, zog sich mit unmenschlicher Anstrengung Zentimeter für Zentimeter vorwärts, aber eine weitere Erschütterung warf ihn herum wie einen Spielball und er konnte spüren wie nacheinander die mechanischen, geistigen und seelischen Riegel des Generators brachen - jedes davon ein sengender Schmerz in seinem Bewusstein, dass nun langsam in die triste Eintönigkeit des Todes glitt.

Seine Augen richteten sich auf die Sonne, sahen den tobenden Stern zum ersten Mal in kosmischen Dimensionen und er fand ihn atemlos schön. Seine letzte Hoffnung auf den Fortbestand des Lebens - eine Nova Stellaris.

Wie von weiter Ferne konnte er gleichmäßiges Stampfen hören, eine Stampede, die sich ihm näherte, aber er wusste, dass sie ihn nie mehr erreichen würde. Nichtsdestotrotz bat er die unbekannte Macht, die sich zum Generator bewegte und nicht von ihm weg, das sie alles in ihrer Macht stehende tun würde, um das zu vollbringen, wofür er zu schwach gewesen war. Ein Schatten fiel über sein Gesicht... der Tod. "...rette sie..."

Rough schüttelte den Kopf. "Nein, der ist auch schon tot - wohl grade eben gestorben."

Glen warf den blutigen, zerzausten Wesen einen letzten Blick zu, nahm instinktiv an, dass "er" nach den Maßstäben seines Volkes wohl noch jung gewesen sein musste, da der dunkelblaue Flaum, der seinen Kopf deckte erst teilweise mit den langen Prachtfedern der ausgewachsenen Exemplare durchsetzt war. "Aber ich hab ihn was sagen hören..", beharrte sie.

"Na und? Selbst wenn - wir haben keine Zeit!", drängte Rough. "Der Captain braucht uns." Und wie als ob seine Worte ein stummes Kommando gewesen waren erhob sich von den dunklen Ruinen, in denen sie den Captain und Mason vermuteten, ein beinahe ohrenbetäubendes Schmerz- und Triumpfgeheul.