Siebtes Kapitel: Der Blick in den Spiegel

Frodo und Sam gingen ein Stück durch die Wälder Loriens und Frodo erzählte, was Gandalf ihm berichtet hatte. Als Frodo geendigt hatte, blickte Sam zwar ernst, aber keineswegs sehr erschrocken drein. "Was sagst du dazu", fragte Frodo ihn. "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Herr Frodo. Ich mache mir große Sorgen um Rosie. Und ich stelle fest, dass es sehr hoffnungslos scheint, aber noch ist nicht aller Tage Abend."

Frodo sah auf den Boden "Oh Sam, ich fürchte, der Abend aller Tage ist nicht mehr so fern."

Als Sam und Frodo zurückkamen, herrschte ein wirres Treiben. Gimli war zu seinen Gefährten gekommen, und berichtete, dass es Legolas besser ging. "Ich hatte ja nie gezweifelt, dass der Elb es schaffen würde!", erklärte er voller Stolz. Aragorn lächelte, als er das hörte. "Ich weiß Gimli, ich glaube, der einzige der daran wirklich gezweifelt hatte war ich. Hast du denn etwas tun können, da du ja unbedingt mitgehen wolltest?"

Gimli starrte auf die Erde und scharrte mit dem Fuß im Sand. Hinter ihm tauchte einer der Elben auf, die Legolas mit versorgt hatten. "Der Zwerg ist nach etwa fünf Minuten völlig entkräftet auf einem Stuhl eingeschlafen, wir dachten schon, er wäre der Nächste, um den wir uns kümmern müssten!" Aragorn sah den Zwerg an, der immer noch verschämt im Sand scharrte und hätte schwören können, dass der Zwerg hinter seinem zotteligen Bart errötete. Er blickte nur kurz Aragorn an und sagte verschämt: "Auch ein Zwerg muss mal wieder zu Kräften kommen!"

Die Tage in Lorien vergingen wie im Flug. Es war noch immer kein Zeichen von Elrond zu sehen, aber wenigstens hatten alle die Gelegenheit ihre Kräfte neu zusammenzusammeln. Nach etwa fünf Tagen erschien Legolas wieder, zwar konnte er nicht lange laufen und seine Bewegungen waren nicht so elegant, wie normal, aber wenn man bedachte, dass er vor wenigen Tagen noch dem Tode nahe war, war das ein recht guter Fortschritt. Gimli hätte den Elben nur zu gerne umarmt, aber seine Arme befanden sich genau in Bauchhöhe von Legolas, und er hatte nicht vor den Elben erneut zu verletzten. So bemerkte Gimli nur an Legolas gewand, als der auf ihn zu gehumpelt kam, ihm würde, wenn er wieder ganz gesund wäre, eine saftige Umarmung drohen. Legolas lachte daraufhin (was ihm ziemlich schwer fiel) und meinte, er würde sich schon darauf freuen. Legolas hielt außerdem eine rührende Dankesrede an alle, und selbst Merry und Pippin waren entzückt, obwohl sie eigentlich nicht viel zu Legolas´ Rettung beigetragen hatten.

Nach weiteren drei Tagen ging Frodo allein spazieren. Plötzlich kam eine helle Gestalt hinter einem Baum hervor und Frodo erschrak fürchterlich. Es war Galadriel, und sie war auf der Suche nach Frodo. "Komm mit mir, Frodo, ich habe dir etwas zu sagen." Frodo folgte ihr und sie führte ihn zu ihrem Spiegel, in den Frodo schon einmal vor acht Jahren hineingeblickt hatte. Damals hatte er gesehen, was passieren würde, wenn er bei seiner Mission den Ring zu zerstören, scheitern würde. Frodo fürchtete diesen Spiegel, er hatte Angst in ihm die unaufhaltsame Zukunft zu sehen. Galadriel sah ihn entschlossen mit ihren tiefblauen Augen an. "Sie in den Spiegel, Frodo."

"Ich möchte nicht in den Spiegel schauen", sagte er etwas ängstlich.

"Wovor fürchtest du dich? Hast du Angst deinen eigenen Tod zu sehen?"

"Nein, ich habe Angst davor den Tod von allen zu sehen."

"Das was unaufhaltsam ist geschieht sowieso, aber vielleicht zeigt dir der Spiegel etwas, was dir helfen könnte."

"Könnt ihr mir versprechen, dass der Spiegel mir so etwas zeigt?"

"Nein Frodo, ich kann es dir nicht versprechen. Du musst es schon wagen in den Spiegel zu gucken."

Frodo überlegte. Er wusste nicht was er nun tun sollte.

"Sieh hinein Frodo." Galadriel schubste ihn sanft auf den Spiegel zu, und noch bevor Frodo etwas erwidern konnte, sah er auch schon erste Bilder in dem Spiegel auftauchen.

Er sah den Turm Barad-Dûr mit dem Auge Saurons auf der Spitze. Dann sah er ein großes Tor, welches zu dem Turm gehörte. Es öffnete sich und die Neun verließen das Tor. Fünf waren wieder in schwarze Reiter verwandelt, und verließen auf riesigen schwarzen Rössern den Turm. Vier saßen auf drachenartigen fliegenden Ungetümen und schossen so schnell wie Blitze aus dem geöffneten Tor.

Dann wechselte die Szene und Frodo erkannte den Schicksalsberg. Er sah Tausende von Geschöpfen um den Schicksalsberg herum versammelt stehen. Er erkannte auf der einen Seite Menschen, Elben, Hobbits, Ents und noch einige andere Verbündete. Auf der anderen Seite Orks, Warge, Höhlentrolle und die Nazgul. In der Luft schwebten sogar zwei Drachen drohend und feuerspeiend über den Schicksalsberg hinweg. Dann sah Frodo direkt an dem Krater des Schicksalsberges, etwas das aussah wie eine riesige runde Bühne aus Stein gemeißelt. Würde man von dieser Steinplatte herunter springen, so würde man direkt in den feurigen Schlund des Berges fallen. Frodo sah sich selbst auf dieser Platte liegen und über ihm stand Sauron, in menschlicher Gestalt, mit dem neuen Ring in der Hand, dessen neue elbische Schrift blutrot leuchtete: "Ein neuer Ring sie zu knechten. Sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden." Frodo konnte noch erkennen wie Sauron die Hand an der der Ring steckte bedrohlich in die Höhe hielt.

Dann verschwanden die Bilder in dem Spiegel. Frodo sagte eine Weile nichts, dann blickte er angstvoll zu Galadriel auf, sie gerade wieder ihre Augen öffnete. Er wusste, dass sie gerade genau das Selbe gesehen hatte, wie er.

"Was habe ich da gerade gesehen, Frau Galadriel?"

Galadriel sah ihn mitleidig an. "Du hast gesehen, was gerade in diesem Moment geschah. Und du hast gesehen, was geschehen wird. Die Neun sind soeben wieder erwacht und sie sind auf der Suche nach dir!"

Frodo blickte ängstlich umher. "Können sie mich denn hier finden?"

"Noch nicht, noch befindest du dich unter meinem Schutz, aber auch ich werde schwächer. Ich fürchte Frodo, es wird keinen Ausweg mehr geben. Diesmal werden sie dich finden."

Frodo zitterte am ganzen Körper. "Und was bedeutete das andere, das was noch geschehen wird?"

"Du hast das Ende gesehen, Frodo. Am Schicksalsberg wird sich alles entscheiden."

"Ich sah den neuen Ring."

"Ja Frodo, der Ring wird geschmiedet werden. Er ist teuflisch, damals wie auch heute, und erst recht in der Zukunft. Seine Macht scheint uns allen die Augen zu trüben, auch Gandalf weiß das."

"Was meint ihr?"

"Damals, vor dem Ringkrieg, lag der Ring jahrelang vor Gandalfs Augen, aber er hat ihn nicht erkannt. Erst, als es schon fast zu spät war erkannte er die Gefährlichkeit des Ringes. Und heute ist es nicht anders. Niemand sah die Gefahr, die uns erneut droht, und der Feind hätte um ein Haar für immer gewonnen. Der Ring gerät immer wieder zu schnell in Vergessenheit."

"Was soll ich tun, Frau Galadriel?"

"Egal, was du tust, dein Schicksal ist besiegelt. Du brauchst keine Angst zu haben Frodo. Alles was du machst, das Ende wird so oder so kommen, egal wie auch immer es ausgehen mag."

Frodo sah sie eine Weile nur an und sie blickte einfach nur zurück. "Ich war schon immer zu schwach für diese Aufgabe und ich werde es auch immer sein. Ihr habt das schon damals gewusst."

"Nein Frodo, ich habe dir schon damals gesagt, wenn einer diese Aufgabe lösen kann, dann du, und daran halte ich fest. Aber nun geh, du hast gesehen, was du sehen solltest und mehr verlange ich nicht von dir."

Frodo, machte sich auf den Weg zurück. In der Ferne hörte er laute Rufe. Das war nicht normal, irgend etwas war geschehen, da war sich Frodo sicher. Und er war sich auch sicher, dass es nichts Gutes sein konnte.