V o r w o r t :
Über Mails eurerseits freue ich mich natürlich jederzeit, finde es ganz toll wenn jemand (im Gegensatz zu mir)nicht zu faul ist, seine Kritik an den Autor zu senden.
-----Dieses Mal trug Grennrey ein schneeweißes Kleid.
Gena wurde zornig über die Hexe, die sich in die Farbe der Unschuld hüllte und damit wohl versuchte, sich vor ihren Augen rein zu waschen. Doch sie konnte nichts sagen, nur zusehen. In diesem Traum war sie nicht mehr als ein körperloser Beobachter, der zwar jedes Wort verstand und jede Kleinigkeit sah, aber trotzdem nicht in der Lage war, in das Geschehen an sich einzugreifen oder es zu verändern.
Es war anders als die unzähligen Male zuvor, da Grennrey versucht hatte, ihren Widerstand durch verführerische Angebote zu brechen. Die Hexe hatte offensichtlich eine neue Vorgangsweise gewählt, nun, da Gena ihr zum ersten Mal nachgegeben hatte. Grennrey wollte ihr in diesem Traum etwas mitteilen. Etwas Wichtiges. Sie brauchte nicht lang, um der sommerlichen Waldlandschaft ihren Namen zuzuordnen: Lórien. Irgendwie spielten alle schwerwiegenden Ereignisse in diesem Wald. Sie wusste schon lange, dass es zwischen Lórien und der Hexe eine Verbindung gab, konnte diese aber nicht benennen. Auch sie spürte diese unerklärliche Verbundenheit, wann immer sie zwischen den Mallornbäumen spazieren ging oder morgens aus ihrem Zimmerfenster blickte. Selbst die Luft in den Wäldern schien ihr seltsam vertraut...Ein Gefühl, als wäre sie zu Hause.....
Ein Windstoß versetzte Grennreys Lockenmähne in Bewegung. Das Sonnenlicht reflektierte sich dabei in einer Vielzahl von Rot- und Kupfertönen darin. Gena musste zugeben, dass die Hexe außerordentlich schön aussah, besonders in dieser Umgebung. Es war, als wäre sie ein Teil des Waldes, etwas, das unverbindlich mit ihm zusammengehörte....FALSCH, korrigierte Gena sich eilig im Gedanken.
Grennrey hatte versucht, Orks in diesen Wald zu holen. Grennrey war eine durchtriebene Verräterin an ihrem eigenen Volk, eine falsche Schlange, kein lichtumflutetes Zauberwesen aus einer anderen Welt. Grennrey war nicht besser als der geringste Verbrecher in ihrer Welt, Elbe hin oder her. Und doch raubte es Gena schier den Atem, als Grennrey sich umdrehte und in ihre Richtung blickte. Glück. Im Gesicht der Magierin stand ein Ausdruck, den man nur als pures Glück bezeichnen konnte. Ihre dunklen Augen leuchteten vor Freude, ihre Wangen glühten vor Aufregung, und sie sah lebendiger und jünger aus als je zuvor. Gena hatte geglaubt, die Magierin sähe sie an, bemerkte aber ihren Irrtum bald. Grennreys Blick galt einem Mann, der nun zwischen den Bäumen hervortrat. Gena wusste, wer er war, noch bevor sie ihn sah.
Der dunkle Wächter. Etwas in ihr machte sich auf ein Paar eiskalter, gefühlloser Augen gefasst, welche voller Hass zu ihr hinsahen. Stattdessen erblickte sie einen jungen, gutaussehenden Elben mit dunklem Haar und dem selben freudigen Gesichtsausdruck wie die Magierin. Er ging eilenden Schritts zu Grennrey hin und sie küssten einander inniglich. Er sah sich kurz nach allen Richtungen um, dann verschwanden sie schnell Hand in Hand im Wald. Gena fühlte sich überrumpelt. Waren dies Dinge, die einst geschehen waren, oder bloß Erfindungen der Hexe? Was wollte sie mit diesem seltsamen Traum bezwecken? Man musste nicht die Sinne eines Elben besitzen, um zu erkennen, dass die beiden einander stark zugetan waren. Ob es Liebe war? Ob zwei Wesen, die voller Hass und Bosheit waren, einander wirklich lieben konnten?
War Grennrey am Ende gar eine ganz normale, verliebte Elbe gewesen? Woher kam dann all diese Kälte? Wie als Antwort verschwamm das Bild vor ihren Augen und ein neues formte sich. Das Liebespaar stand nun auf einer Lichtung. Dieselbe Lichtung, auf der Gena dem dunklen Wächter zum ersten Mal begegnet war. Sie unterhielten sich leise, ab und an hob der Mann seine Hand, um seiner Geliebten damit zärtlich über die Wange zu streichen. Dann zog er plötzlich etwas aus der Tasche seines Mantels. Als Gena den Gegenstand in seinen Händen erkannte, ahnte sie zumindest, was der Zweck dieses offensichtlich heimlichen Treffens war:
Eine Verlobung.
Es war ein goldener Ring mit einem funkelnden weißen Stein darauf. "Amin mela lle [Ich liebe dich]", flüsterte der Wächter und ließ das Schmuckstück sanft auf Grennreys Finger gleiten. Deren Augen glitzerten vor Freude und eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über ihr ebenmäßiges Gesicht. Gena fühlte sich plötzlich wie ein unerwünschter Beobachter, ein heimlicher Zuschauer der diese intime Szene mitverfolgte. Schließlich küssten die beiden einander ein weiteres Mal und der Wächter fuhr leise fort: "Ich habe so lange gewartet. Und nun hat es sich gelohnt . Amin n'kelaya lle a'melamin [ich werde dich niemals verlassen, meine Geliebte]"
Gena konnte nicht glauben, was sich da vor ihren Augen abspielte. Sie hatte mit allem gerechnet.... mit Schmerz, unerträglichen Qualen, einen entscheidenden, erbitterten Kampf...mit allem. Nur nicht mit dem hier. Das sollte also die Grennrey der Vergangenheit sein.. Eine junge, Hals über Kopf verliebte Elbe. Und vor ihr stand der Wächter, vor welchem sie von Galadriel unentwegt gewarnt worden war. Ein ebenfalls verliebter Elb. Und beide strahlten sie mit der Sonne um die Wette.
Vögel zwitscherten, Blätter rauschten, eine warme Brise umwehte die Frischverlobten....alles war ganz und gar wie in einem kitschigen Liebesfilm.
Zuerst wurde es unheimlich still. Dann kühlte die Luft ab. Gena erkannte es an den Rauchwolken, die plötzlich aus den Mündern des Paares traten. Der Wächter begriff als erster die aufkommende Gefahr. Seine rechte Hand glitt zu seinem Waffengurt, während die andere weiter Grennreys Finger hielt. Obwohl es eine schnelle, fließende Bewegung war, kam er nicht einmal dazu, den Griff seines Schwertes zu berühren.
Ein grauer Schemen schwirrte durch die Luft und durchbohrte seine Hand. Der Wächter brüllte vor Schmerz, während ihn die Wucht eines weiteren Pfeils, der ihn in die Schulter traf, meterweit zurücktaumeln ließ. Mit Mühe und Not hielt er sich auf den Beinen und zog ächzend sein Schwert. Inzwischen erwachte der Wald um sie herum zum Leben.
Es waren Elben, Gena schätzte ihre Zahl auf ein halbes Dutzend. Sie alle waren mit Langbogen bewaffnet und trugen die hellen Kleider und silbernen Armschienen der Palastwache. Völlig lautlos traten sie aus den Schatten zwischen den Bäumen und in Nu fand sich das Liebespaar in einem dichten Kreis von Bogenschützen wieder.
Der Wächter brach die beiden Pfeile, die ihn getroffen hatten, ab, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und stellte sich schützend vor Grennrey. Die Sehnen zweier weiterer Bögen surrten. Dem Wächter gelang es, den ersten Pfeil mit seinem Schwert abzuwehren. Der zweite allerdings verfehlte sein Ziel nicht. Er durchbohrte seinen Hals. Der Elb stieß einen gurgelnden Laut aus, tastete nach dem Pfeil, doch seine Hand griff mehrmals ins Leere. Blut strömte über seine Lippen, und was immer er auch sagen wollte, ging in einem scheußlichen Krächzen und Husten unter. Dann brach er endlich in die Knie und sank zu Boden. Endlich erwachte Grennrey aus ihrer Erstarrung und ließ sich mit einem erstickten Schrei an die Seite ihres schwerverletzten Verlobten fallen. Während sie mit zitternden Fingern über seine Wunden tastete und versuchte, die heftige Blutung zu stoppen, löste sich eine weitere Gestalt vom Waldrand und trat auf die Lichtung.
Ihr Gesicht hatte sich kaum verändert.. Sie trug ihr blondes Haar etwas kürzer und streng nach hinten gekämmt, aber ihre Augen waren von der gleichen meerblauen, alles durchdingenden Farbe wie bei ihrem letzten Treffen, und sie schritt mit der selben Würde und Selbstsicherheit auf die beiden zu, die Gena schon immer an ihr bewundert hatte. Langsam trat Galadriel hinter Grennrey und sah ungerührt auf sie hinab. Gena war irritiert. Galadriel tat lange gar nichts, weder bewegte sie sich noch machte sie Anstalten, etwas zu sagen. Sie stand einfach still da und starrte den Elben an. Sein Körper schüttelte sich krampfhaft und er spuckte noch immer Blut.
Gena glaubte eine Spur von Triumph in Galadriels Blick zu entdecken, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde lang . Sie schauderte. Diese Seite der Magierin hatte sie noch nicht kennengelernt - und würde es hoffentlich auch nie müssen.
Sie hörte einen leisen, verzagten Schrei und ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf Grennrey gezogen. Diese hielt ihre Hände fest gegen die heftig blutenden Wunde am Hals des Wächters gepresst und flüsterte immer und immer wieder die selben Worte in einer fremden Sprache. Zauberformeln. Aber sie blieben ohne Erfolg.
Eine weißer Schemen trat zwischen den Bäumen hervor und stellte sich neben Galadriel. Es war ein alter Mann mit langem, weißen Bart , Haaren in derselben Farbe, in grellweiße, bis an den Boden reichende Kleider gehüllt. Auch er hatte, wie Grennrey, seine Arme erhoben und von sich gestreckt, wobei er etwas konzentriert vor sich hermurmelte.
"Saruman!", keuchte Grennrey und für einen Moment schien sie den blutenden Körper neben sich zu vergessen. Pure Verwirrung breitete sich in ihrem Blick aus. Dann langsames Begreifen. "Ihr wisst, dass Ihr zu schwach seid, um meine Kräfte lange zu bannen, Saruman", zischte sie warnend und ihre Augen funkelten bedrohlich. Doch bevor sie fortfahren konnte, unterbrach Galadriel mit ruhiger Stimme: "Das mag auf ihn alleine zutreffen. Doch gegen uns beide reicht selbst deine Macht nicht aus."
Grennrey sog scharf Luft zwischen den Zähnen ein und warf Galadriel einen Blick zu, der Wasser zu Eis hätte erstarren lassen.
"Du stellst dich also gegen mich? Gegen dein eigenes Fleisch und Blut?" "Ich stelle mich bloß auf die richtige Seite", entgegnete Galadriel und wies auf den Sterbenden. Etwas von ihrer üblichen Gelassenheit war aus ihrer Stimme gewichen. An ihre Stelle war... Wut (?) getreten.
"Und die ist nicht seine. Dies hier ist deine letzte Chance, Grennrey. Lange genug habe ich nun dabei zugesehen, wie er versucht hat, dich für IHN zu begeistern. Ich glaubte, ich hätte dir etwas über IHN beigebracht. Doch ich habe mich geirrt. Nun musst du dich entscheiden. Verlass ihn- oder verlasse Lórien. Für immer. Denk gut über deine Antwort nach." Die beiden Frauen sahen einander an und Gena spürte, dass zwischen ihnen mehr in der Luft lag als sie ahnte. Ein stiller Kampf schien zwischen den beiden zu toben. Schließlich senkte, nicht nur zu Genas, sondern auch zum Erstaunen der anderen Elben, Galadriel ihren Blick und sah zur Seite. Aber auch Grennrey senkte geschlagen den Kopf. Es schien keinen Sieger zu geben.
Grennrey strich zärtlich über das dunkle Haar ihres Verlobten und als sie aufsah, war ihr Gesicht nass vor Tränen. "Du weißt, dass es nicht recht ist", flüsterte sie und starrte an ihm vorbei, " mir eine solche Entscheidung abzuverlangen. Ich liebe ihn." Sie sah sich langsam um und dann zu Galadriel auf. "Doch das hier ist meine Heimat. Hier ist meine Familie, und du weißt, dass ich auch ohne sie nicht sein kann". "Du hast recht. Es ist nicht fair. Doch entscheidest du dich nicht, wirst du beides verlieren. Dunkle Zeiten stehen uns bevor, und die Anhänger des lidlosen Auges sammeln sich. Du weißt, dass sein Volk auf SEINER Seite steht." "Ich weiß, dass er mich so liebt wie ich ihn", unterbrach Grennrey traurig und sah durch einen Vorhang aus Tränen auf den Wächter hinunter. Seine Augen waren geöffnet, aber verschleiert. Er war blass und hatte Unmengen von Blut verloren. Gena bezweifelte, dass er noch lange leben würde. "Er wurde von IHM geschickt, begreifst du das denn noch immer nicht?!" Galadriels Stimme klang wütend, ihr Gesicht verlor zusehends an Fassung.
Grennrey antwortete nicht sondern starrte sie weiter voller Trauer an.
Galadriels Mund öffnete sich erneut, doch Saruman unterbrach sie, indem er einen Arm auf ihre Schulter legte und ihr leise etwas zuflüsterte, ohne Grennrey jedoch aus den Augen zu lassen. Galadriel verstummte. Nach einer kleinen Ewigkeit erhob sie schließlich ihre Stimme. "Dann wirst du uns verlassen", murmelte sie tonlos. Als sie aufblickte, war ihr Gesicht wieder kontrolliert und ruhig, bloß ihre Lippen waren zu dünnen, blutleeren Strichen zusammengepresst. Langsam hob auch sie ihre Arme und streckte die Finger in Richtung Grennrey aus, so wie es Saruman tat. Die umstehenden Elben zogen sich so lautlos wie sie gekommen waren, wieder zurück. Doch glich ihr Verschwinden eher einer Flucht...
"Leb wohl, ind nîn [mein Herz] ", flüsterte Galadriel und plötzlich erhoben der weiße Zauberer und sie ihre Stimmen und als wäre es eine gemeinsame, mächtige, klang diese durch den Wald und ein Sturm kam auf. Und nur noch schwach hörte man Grennreys Stimme im Wind: "Leb wohl, Schwester...."-----
Da saß eine Krähe auf dem Fensterbrett.
Das Tier musste sie die ganze Zeit über angestarrt haben und tat es auch jetzt noch, als sie vollends wach war. Gena wusste plötzlich mit unerschütterlicher Sicherheit, dass sich hinter dem gelben Augenpaar mehr als der primitive Verstand eines Tieres verbarg, sondern ein denkendes, fühlendes Wesen, das sie nicht bloß ansah, sondern wissend beobachtete.
Im Zimmer war es kühl und draußen herrschte tiefste Nacht. Nicht ein einziger Stern war auf dem schwarzen Nachthimmel zu sehen, bloß ein sichelförmiger Mond versuchte vergeblich durch dunkle Wolken hindurch die Finsternis zu erhellen. Da war die blasse Erinnerung an einen Traum, den sie noch nicht richtig begriffen hatte. Oder wollte. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Sie war es leid. Dieses ewige Hadern mit dem Schicksal, die ständige Frage, wer sie eigentlich war. "Wenn du dich oft genug fragst, wer du bist, wirst du es eines Tages auch herausfinden", hatte ihre Mutter einmal gesagt. Vermutlich hatte sie Recht damit gehabt, wie immer. Aber im Moment hätte sie alles darum gegeben, ihre Gedanken abstellen zu können. Nur, um einen Moment der Ruhe zu haben. Fröstelnd zog sie die Decke enger um ihre Schultern.
Der Vogel legte den Kopf schräg und stieß ein leises, fragendes Krächzen aus. Fragend?? Gena erschauderte. Doch dieses Mal tat sie ihre Gedanken nicht als paranoide Wahnvorstellungen ab. Sie hatte längst begriffen, dass dieser Vogel ein Späher war. Und sie wusste auch, wer ihn geschickt hatte.
Es mussten Minuten vergangen sein, in denen sie einander regungslos angestarrt hatten, als eine wohlbekannte Stimme neben ihr plötzlich leise sagte: "Er beobachtet dich seit zwei Tagen. Ununterbrochen. Wir versuchten, ihn zu verscheuchen, doch er kam immer wieder." Gena erschrak nicht wirklich, als sie Legolas Stimme erkannte. Sie hatte die Anwesenheit eines Dritten die ganze Zeit über unbewusst wahrgenommen. Die Krähe allerdings schien überrascht zu sein, denn sie stieß einen weiteren, verärgert klingenden Laut aus, warf dem Elben einen letzten Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen zu und schwang sich vom Fensterbrett. Gena konnte sich eines mulmigen Gefühls in der Magengegend nicht erwehren. Es war ein nahezu gespenstischer Anblick, wie das Tier lautlos in die Nacht entglitt.
"Wie geht es dir?"
Gena brauchte Sekunden, um ihre Konzentration wieder auf den Elben neben ihrem Bett zu richten. Statt einer Antwort setzte sie sich auf und lauschte einen Moment in sich hinein. Nein, Grennrey schien wohl gerade anders beschäftigt zu sein.
Mit zusammengekniffenen Augen versuchte sie das Gesicht des Prinzen in der Dunkelheit des Zimmers auszumachen, erkannte aber bloß einen helleren Fleck wo sein Gesicht und ein schwaches Glänzen dort, wo seine Augen sein mussten.
"Hast du die ganze Zeit über mich gewacht?"
Legolas nickte und streckte plötzlich die Hand nach ihrem Gesicht aus. Gena unterdrückte im letzten Moment den Impuls, zurückzuweichen. Sie wollte ihn nicht kränken. Er hatte sich schon zu oft ihretwegen gesorgt. Seine Hand war kälter als erwartet, vermutlich hatte er seit dem Zwischenfall kein Auge zugetan und war völlig übernächtigt, selbst für einen Elben. "Lle dele amin [du hast mir Sorgen bereitet]", flüsterte er und ließ seinen Daumen über ihre Wange gleiten. Sie erschauderte. "Amin hiraetha [Es tut mir leid]", erwiderte Gena unsicher und legte ihre Hand zögernd auf die seine. "Das braucht es nicht. Ich habe so lange gewartet. Und nun hat es sich gelohnt". Er stand unvermittelt auf und zog sie dabei mit sich in die Höhe. Gena sog erschrocken Luft ein und stammelte: "Legolas, ähm, also, ich denke wir sollten...." Er schnitt ihr das Wort mit einem harten Kuss auf den Mund ab. Es war eine fordernde, fast brutale Aktion, die nicht zu dem sanften Elben passte, den sie kannte. Erschrocken stieß sie ihm aus einen Reflex heraus hart vor die Brust und drehte ihr Gesicht beiseite. "Legolas ich.....", wiederholte sie mit heiserer Stimme und stieß einen erschrockenen Schrei aus, als der Elb ihr sanft in den Hals biss. Sie spürte, wie ihr Widerstand restlos fortgespült wurde von einer Welle aus Empfindungen. Wie auch immer sie erwartet hatte, dass eine Reaktion ausfallen würde- so nicht.
Legolas lachte rau gegen ihren Hals und fuhr damit fort, ihren Nacken zu bearbeiten. Dort, wo sein heißer Atem ihren Nacken berührte, schien ihre Haut zu verbrennen. Er schien genau über die sensiblen Stellen ihres Körpers Bescheid zu wissen und nutzte dieses Wissen schamlos aus. Gena seufzte genüsslich und ihr Körper wurde, ohne dass es ihr so recht bewusst wurde, anschmiegsam in seinen Armen.
Schließlich küsste er sie begehrlich, und dieses Mal erwiderte sie seinen Kuss ebenso stürmisch. Ihr Herz drohte jede Sekunde ihre Brust zu sprengen. "Nae saian luume" [es war zu lange]", flüsterte er an ihr Ohr und drückte sie aufs Bett hinunter. Ihr Herz klopfte bis zum Hals als sein Haar wie ein seidiger Vorhang auf sie herabfiel und er ihr erneut einen langen, diesmal sanfteren Kuss stahl. Ihr gesamter Körper stand unter Strom Doch es fühlte sich verdammt gut an.
Wie hatte ihre Meinung über Beziehungen zwischen Elben und Menschen bisher gelautet? Sie wusste es nicht mehr. Unsterblichkeit hin oder her, es fühlte sich so richtig an, selbst wenn sie es im Nachhinein bereuen würde.... "Nenne meinen Namen", verlangte der Prinz plötzlich und hob seinen Kopf, um ihr in die Augen sehen zu können. Zärtlich strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
"Leg..."-
-"Nein!", unterbrach er sie fast rüde und lächelte, "meinen wirklichen Namen. Du kennst ihn. Sprich ihn aus!"
Gena blinzelte. Seine Augen veränderten sich.
Die Veränderung ging in seinem Gesicht, seinem Haar, seinen Händen, die sie noch immer berührten, fort. Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Es war noch immer ein Elb, soviel stand fest. Und damit hörte sich die Ähnlichkeit mit Legolas allerdings auch schon auf.
Sie erstarrte.
Nichts als ein fauler Zauber. Und sie war darauf reingefallen wie ein blutiger Anfänger . Ein Gefühl, als hätte ihr jemand einen Kübel eiskaltes Wasser über den Kopf gegossen. Jemand klopfte an der Tür. Der dunkle Wächter zuckte heftig zusammen und richtete sich blitzschnell wieder auf. Gena blinzelte irritiert in das Licht, dass von der Tür her in den Raum fiel. Ihr Augen brauchten Sekunden, um sich an die gleißende Helligkeit zu gewöhnen. Sie spürte, wie ihr heiß wurde, als sie sah, wer eingetreten war.
Es war Arwen, und sie sah ziemlich erschrocken aus.
Gena spürte wie ihr das Blut ins Gesicht schoss, strich ihr Nachthemd glatt und richtete sich hastig auf. Doch noch während sie nach den passenden, scharfen Worten für die Königin suchte, tauchte eine weitere Gestalt im Türrahmen auf und Gena verlor augenblicklich das Interesse an Arwen. Es war Legolas. Er trat von DRAUSSEN ein. Hätte sie noch einen Beweis gebraucht, dass es eben nicht Legolas gewesen war, mit dem sie beinahe....hier war er.
Ohne große Überraschung stellte sie fest, dass der Platz neben ihrem Bett leer war. Bloß ein dunkelblauer, samtener Mantel war über die Lehne des Stuhles gehängt. "Ich hörte euch schreien!", erklärte Arwen und sah sich mit gerunzelter Stirn um, "was war hier los?"
Gena riss hastig den Blick vom leeren Stuhl los und schüttelte beschwichtigend den Kopf.
"Nichts. Ich bin bloß...aus dem Bett gefallen und erschrocken. Das ist alles." Diese ungeschickte Lüge klang selbst in Genas Ohren alles andere als glaubwürdig. Arwen starrte sie sekundenlang durchdringend an und versuchte wieder einmal, in ihren Gedanken zu forschen, aber wie jedes Mal blieb sie erfolglos. Schließlich zuckte die Elbe seufzend mit den Axeln, ging zur Tür hin und verließ den Raum, um einen Heiler zu holen. Dabei entging Gena keinesfalls ihr misstrauischer Blick zum leeren Stuhl hin .
"Du solltest dich ausruhen", äußerte sich Legolas nun zu Wort und half ihr, sich wieder hinzulegen. Gena ließ dies nur unwillig mit sich geschehen. "Wie geht es dir?" Sie nickte und murmelte etwas das sich wie "Es geht schon" anhörte.
Sie fühlte sich gesund, bis auf ihre Hände, die brannten, als wären sie mit Säure übergossen worden. Legolas zündete einige Kerzen an und brachte ihr einen Krug voll Wasser und einen Becher. Er redete nichts, trotzdem wusste sie, dass er sehr wohl spürte, dass etwas nicht stimmte.
Während sie trank, blieb er neben ihrem Bett stehen und beobachtete sie schweigend. Immer wieder glitt sein Blick zum Fenster hin und zu dem leeren Stuhl, als ahnte er, was passiert war. Gena zwang sich, seinem Blick auszuweichen. Ansonsten hätte er womöglich die tiefe Röte ihrer Wangen bemerkt und eine entsprechende Frage gestellt. Nachdem sie etwa drei Becher mehr Wasser getrunken hatte, als ihr Durst es besagte, und der Krug bis auf den letzten Tropfen geleert war, begann sie ihre Hände interessiert zu mustern.
"Wie lange habe ich genau unnütz hier herumgelegen?", fragte sie, als die Stille ihr unangenehm wurde. Ihre Fingerspitzen waren rot angeschwollen. "Drei Tage und drei Nächte". "So lange?" "Du hast mit dem Tod gerungen. Die Heiler hatten dich beinahe aufgegeben", fuhr Legolas fort. Gena hob nun doch den Blick. Sie hatte mit dem Tod gekämpft?? Das einzige, woran sie sich erinnern konnte, waren die Träume, ansonsten war da nichts. Keine Fiebervisionen, keine Schreikrämpfe, keine Schweißausbrüche. "Dein Geist drohte endgültig im Dunklen zu versinken".
Sie musterte sein makelloses, beherrschtes Gesicht und stieß in seinen Augen auf die Spuren vergangener Sorge und Angst. Das Wissen, dass sie der Grund dafür war, bereitete ihr Unbehagen und flößte ihr fast etwas wie...Furcht ein. Er begann offensichtlich mehr für sie zu empfinden, als gut war. Und wie sie vorhin gesehen hatte, tat sie das gleiche.
Die Tür wurde ein weiteres Mal geöffnet, nun traten neben Arwen noch zwei weitere Elben ein. Den einen, ein dunkelhaariger, streng dreinschauender Elb mit grauen Augen, kannte sie nicht, doch den anderen, einen etwas kleineren Ostelben, sehr wohl. Obwohl sich die beiden Zauberlehrlinge zum Verwechseln ähnlich sahen, erkannte sie Amdir sofort.
"Schön euch endlich wach zu sehen!", begrüßte der Fremde sie freundlich . "Gena, dies ist mein Vater Elrond vom Bruchtal. Er war auf der Hochzeit anwesend und daher sofort zur Stelle als...". Arwen legte eine wirkungsvolle Pause ein, "...ohne ihn wäret Ihr wohl kaum noch am Leben." "Dann bin ich euch zu großem Dank verpflichtet, Herr Elrond", nickte Gena und sah ihm dabei in die Augen. Seltsam, obwohl seine Augenfarbe doch anders war als die seiner Halbschwester, hatte sie doch für den Bruchteil einer Sekunde das Gefühl derselben in die Augen zu blicken.
"Mhm", entgegnete Elrond, nachdenklich den Kopf wiegend, "doch bin ich mir nicht sicher, ob meine Tochter in dieser Hinsicht recht hat. Ihr seid zäher als so manche Elbe, auch wenn es nach außen hin nicht so scheint."
Gena grinste gequält. Hartes Training und gutes Essen hin oder her, sie war und würde wohl immer eine Magerkeit bleiben.
Endlich meldete sich ihr schlechtes Gewissen zu Wort. "Wie geht es der Herrin des goldenen Waldes?"
Die jäh eintretende Stille entging ihr keineswegs. "Sie lebt doch noch, nicht wahr?" Ihre Stimme bebte ganz leicht. Für einige schreckliche Sekunden blieb die Zeit stehen. Was, wenn Galadriel tot war? Was würde aus dem goldenen Wald werden ohne seiner Herrin? Was würde aus IHR werden? Wer würde Grennrey dann noch Einhalt gebieten können?
Legolas räusperte sich und schüttelte den Kopf. "Keine Angst, sie lebt, und sie schwebt auch nicht mehr in Lebensgefahr. Doch die...Geschehnisse haben sie mitgenommen. Sie braucht Ruhe. Du wirst bald mit ihr sprechen können, doch vorerst wird es das beste sein, sie in Frieden zu lassen." Arwen sah sie eindeutig vorwurfsvoll an. Gena konnte es ihr nicht verübeln. Schließlich hatte ihr kleiner "Auftritt" auch die Hochzeitsfeier jäh unterbrochen.
Gena nickte verständnisvoll. Sie schämte sich plötzlich unglaublich. Was war auf dem Kampfplatz bloß in sie gefahren? "Ganz einfach: Grennrey", flüsterte eine sarkastische Stimme in ihrem Kopf.
Dieses Mal war es ihre eigene.
"Sie ist eine Elbe und sogar mehr als das", brachte sich Elrond ein, eindeutig mit der Absicht, sie aufzumuntern, "sie wird sich bald wieder völlig erholt haben. Nun aber zu euch: Wie fühlt Ihr euch?" Gena runzelte die Stirn und wies auf ihre Hände. "Bis auf das hier...ganz in Ordnung." Ihr Blick glitt zur Tür hin, wo Amdir seit Minuten unbewegt stand und sie unverwandt anstarrte. Elrond sprach einige flüsternde Worte zu seiner Tochter und zu Legolas, worauf die beiden wortlos den Raum verließen. Legolas schien nicht begeistert darüber zu sein, schon wieder gehen zu müssen, seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen.
Elrond ließ sich auf den Sessel neben ihrem Bett sinken uns blickte sie ernst an. Als die Tür geschlossen war, trat Amdir neben ihn und meinte: "Sie scheint stabil zu sein. Für den Moment". Gena sah fragend zu beiden Männern hoch. Elrond faltete die Hände unter seinem Kinn und nickte sacht. "Alagos ist noch geschwächt, doch wir könnten es noch einmal versuchen", fuhr der Ostelb fort, "ansonsten könnte es bald zu spät sein." "Moment", unterbrach ihn Gena gereizt, "es würde mich schon interessieren, wovon hier die Rede ist. Denn ich vermute Mal, mit SIE meint ihr MICH."
Amdir blinzelte irritiert zu ihr hinab, als wäre er verwundert, dass sie sprechen konnte. Gena konnte nicht sagen, dass der Elb ihr auf Anhieb sympathisch gewesen war, doch sie hatte stets versucht, niemanden grundlos zu hassen. Amdir machte es ihr beileiben nicht einfach. Er hielt sie offensichtlich für ein dummes Kind.
"Während Ihr schlieft, drangen Alagos und Amdir erneut in euren Geist ein ", erklärte Elrond und winkte beruhigend ab, als Gena empört auffahren wollte, "ich weiß, es geschah ohne eure Erlaubnis, doch es musste sein. Niemand wusste, ob es Grennrey oder Gena sein würde, die in diesem Bett erwachte. Sie fanden sie. Grennrey schien geschwächt zu sein, aufgrund der großen Anstrengung, die es benötigt ein Weltentor zu öffnen....sie war schwach genug, um endgültig aus Euch zu weichen. Aber etwas in Euch hinderte sie daran, zu gehen."
"Es schien fast so, als wolltet Ihr sie nicht gehen lassen", brachte sich Amdir ein und zu der immerwährenden Arroganz in seinen Augen mischte sich offenes Misstrauen gegen sie. "Etwas in euch kämpfte gegen uns an und schaffte es fast, meinen Bruder zu bezwingen."
Gena blinzelte alarmiert.
"Alagos? Was ist mit ihm? Ihm ist doch nicht etwas zugestoßen?"
"Alagos geht es schon wieder besser", beschwichtigte Elrond, dieses Mal eindeutig ungeduldig. Er schien die wachsende Spannung zwischen ihr und dem Ostelben nicht zu billigen. "Ihm ist nichts passiert. Doch was geschehen ist, darf sich nicht wiederholen. Besonders jetzt, da viele der Höhergestellten Mittelerdes in Lórien residieren, der Hochzeit und der Verhandlungen über das vereinigte Elbenreich wegen. Lórien ist und war stets ein sicherer Ort, selbst in Zeiten der Dunkelheit. Für die Völker Mittelerdes ist Lórien mehr als bloß ein Wald, Gena".
Sie nickte. Es war die Art, in der sie die Menschen, Zwerge, Hobbits und Elben über die Wälder hatte reden hören...stets voller Ehrfurcht und Achtung, die sie diese Tatsache längst selbst hatte erkennen lassen. Elrond hatte Recht. Lórien war ein Sinnbild des Friedens und der Sicherheit und sollte es aus bleiben. Und niemand, schon gar nicht sie, die nicht in diese Welt gehörte, hatte das Recht den Bewohnern Mittelerdes diesen Traum zu rauben.
"...aus diesem Grund müssen wir einen Weg finden, dieses Problem ein für alle Mal zu beseitigen. Ruht euch aus, versucht zu schlafen und euren Körper und Geist zu stärken. Ihr werdet Stärke brauchen, für das, was euch bevorsteht."
Gena nickte schweigend.
Eine Dienerin betrat den Raum und brachte eine Schüssel kaltes Wasser, in das Gena ihre Hände legen musste. Das Wasser roch angenehm nach Kräutern und kühlte ihre brennende Haut sofort. Nachdem Elrond sich noch einmal überzeugt hatte, dass es ihr auch wirklich gut ging, ordnete er der Dienerin an, Gena etwas zu Essen zu bringen und verließ danach das Zimmer. Natürlich erst nachdem er ihr das Versprechen abgenommen hatte, nach ihrem Mahl ausgiebig zu schlafen. Gena versicherte es ihm schmunzelnd und sah ihm lächelnd nach, als er ging. Sie mochte Elrond, er hatte so etwas Gütiges, Väterliches an sich, und sie fühlte sich wohl in seiner Nähe. Trotz seines Alters und seiner Erfahrung hatte er sie respektvoll behandelt, was ihr sehr gefiel. Hätte sie es nicht gewusst, hätte sie seine Verwandtschaft zu Arwen ernsthaft angezweifelt.
"Ordnet eure Gedanken", sagte eine kalte Stimme von der Tür her, "es kostet Zeit, sich in einem verwirrten Verstand zurecht zu finden. Zeit die uns Dank euch nun fehlt. " Gena starrte Amdir stirnrunzelnd an. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. "Womit habe ich all diesen Argwohn verdient?" Amdir lächelte humorlos. "Argwohn? Nein, so würde ich es nicht nennen. Vorsicht, eher." "Ihr habt mein Innerstes gesehen....sagt, ist denn meine Seele so schwarz, dass sie selbst euer Gemüt verdunkelt?"
Nur zu gerne hätte sie in diesem Moment seine Gedanken gelesen. Vermutlich hätte sie es sogar gekonnt- doch sie wagte es nicht, aus Angst, Grennrey damit erneut heraufzubeschwören. Vermutlich war es auch besser so. Denn sie war sich sicher, dass, was immer er auch gerade dachte, ihr nicht gefallen hätte.
Das Lächeln gefror im Gesicht des Ostelben und er trat einen Schritt näher, während er ihren Blick fing. "Was glaubt Ihr? Ist sie es?" Gena schwieg und starrte ihn bloß an, bis der Elb sich wortlos umwandte und den Raum verließ. Amdirs Worte hallten lange in ihrem Kopf nach. Doch sie fand keine Antwort auf seine Frage. Möglicherweise war es nie Grennrey gewesen, welche die Gefahr dargestellt hatte. Der Traum hatte ihr gezeigt, wie Grennrey wirklich gewesen war.
Möglicherweise war sie selbst das Übel, dass es zu bekämpfen galt....
N a c h w o r t :
Galadriel hat eine Schwester?? Ja, jetzt schon. Dank mir. ;-) Langsam aber sicher fällt es mir immer schwerer, die Logik beizubehalten (falls die überhaupt irgendwann einmal existiert hat). Ja, was genau hat Gena jetzt vor? Mhm, gute Frage. Hätte eine Idee.....Muss ich auch noch drüber nachdenken. Aber jetzt hab ich's und jetzt lass ich's und ich hab mir die Suppe jetzt eingebrockt (geschrieben) und ich werde sie brav auslöffeln. Hoghw. (Schreibt man das so??)
Über Mails eurerseits freue ich mich natürlich jederzeit, finde es ganz toll wenn jemand (im Gegensatz zu mir)nicht zu faul ist, seine Kritik an den Autor zu senden.
-----Dieses Mal trug Grennrey ein schneeweißes Kleid.
Gena wurde zornig über die Hexe, die sich in die Farbe der Unschuld hüllte und damit wohl versuchte, sich vor ihren Augen rein zu waschen. Doch sie konnte nichts sagen, nur zusehen. In diesem Traum war sie nicht mehr als ein körperloser Beobachter, der zwar jedes Wort verstand und jede Kleinigkeit sah, aber trotzdem nicht in der Lage war, in das Geschehen an sich einzugreifen oder es zu verändern.
Es war anders als die unzähligen Male zuvor, da Grennrey versucht hatte, ihren Widerstand durch verführerische Angebote zu brechen. Die Hexe hatte offensichtlich eine neue Vorgangsweise gewählt, nun, da Gena ihr zum ersten Mal nachgegeben hatte. Grennrey wollte ihr in diesem Traum etwas mitteilen. Etwas Wichtiges. Sie brauchte nicht lang, um der sommerlichen Waldlandschaft ihren Namen zuzuordnen: Lórien. Irgendwie spielten alle schwerwiegenden Ereignisse in diesem Wald. Sie wusste schon lange, dass es zwischen Lórien und der Hexe eine Verbindung gab, konnte diese aber nicht benennen. Auch sie spürte diese unerklärliche Verbundenheit, wann immer sie zwischen den Mallornbäumen spazieren ging oder morgens aus ihrem Zimmerfenster blickte. Selbst die Luft in den Wäldern schien ihr seltsam vertraut...Ein Gefühl, als wäre sie zu Hause.....
Ein Windstoß versetzte Grennreys Lockenmähne in Bewegung. Das Sonnenlicht reflektierte sich dabei in einer Vielzahl von Rot- und Kupfertönen darin. Gena musste zugeben, dass die Hexe außerordentlich schön aussah, besonders in dieser Umgebung. Es war, als wäre sie ein Teil des Waldes, etwas, das unverbindlich mit ihm zusammengehörte....FALSCH, korrigierte Gena sich eilig im Gedanken.
Grennrey hatte versucht, Orks in diesen Wald zu holen. Grennrey war eine durchtriebene Verräterin an ihrem eigenen Volk, eine falsche Schlange, kein lichtumflutetes Zauberwesen aus einer anderen Welt. Grennrey war nicht besser als der geringste Verbrecher in ihrer Welt, Elbe hin oder her. Und doch raubte es Gena schier den Atem, als Grennrey sich umdrehte und in ihre Richtung blickte. Glück. Im Gesicht der Magierin stand ein Ausdruck, den man nur als pures Glück bezeichnen konnte. Ihre dunklen Augen leuchteten vor Freude, ihre Wangen glühten vor Aufregung, und sie sah lebendiger und jünger aus als je zuvor. Gena hatte geglaubt, die Magierin sähe sie an, bemerkte aber ihren Irrtum bald. Grennreys Blick galt einem Mann, der nun zwischen den Bäumen hervortrat. Gena wusste, wer er war, noch bevor sie ihn sah.
Der dunkle Wächter. Etwas in ihr machte sich auf ein Paar eiskalter, gefühlloser Augen gefasst, welche voller Hass zu ihr hinsahen. Stattdessen erblickte sie einen jungen, gutaussehenden Elben mit dunklem Haar und dem selben freudigen Gesichtsausdruck wie die Magierin. Er ging eilenden Schritts zu Grennrey hin und sie küssten einander inniglich. Er sah sich kurz nach allen Richtungen um, dann verschwanden sie schnell Hand in Hand im Wald. Gena fühlte sich überrumpelt. Waren dies Dinge, die einst geschehen waren, oder bloß Erfindungen der Hexe? Was wollte sie mit diesem seltsamen Traum bezwecken? Man musste nicht die Sinne eines Elben besitzen, um zu erkennen, dass die beiden einander stark zugetan waren. Ob es Liebe war? Ob zwei Wesen, die voller Hass und Bosheit waren, einander wirklich lieben konnten?
War Grennrey am Ende gar eine ganz normale, verliebte Elbe gewesen? Woher kam dann all diese Kälte? Wie als Antwort verschwamm das Bild vor ihren Augen und ein neues formte sich. Das Liebespaar stand nun auf einer Lichtung. Dieselbe Lichtung, auf der Gena dem dunklen Wächter zum ersten Mal begegnet war. Sie unterhielten sich leise, ab und an hob der Mann seine Hand, um seiner Geliebten damit zärtlich über die Wange zu streichen. Dann zog er plötzlich etwas aus der Tasche seines Mantels. Als Gena den Gegenstand in seinen Händen erkannte, ahnte sie zumindest, was der Zweck dieses offensichtlich heimlichen Treffens war:
Eine Verlobung.
Es war ein goldener Ring mit einem funkelnden weißen Stein darauf. "Amin mela lle [Ich liebe dich]", flüsterte der Wächter und ließ das Schmuckstück sanft auf Grennreys Finger gleiten. Deren Augen glitzerten vor Freude und eine einzelne Träne bahnte sich ihren Weg über ihr ebenmäßiges Gesicht. Gena fühlte sich plötzlich wie ein unerwünschter Beobachter, ein heimlicher Zuschauer der diese intime Szene mitverfolgte. Schließlich küssten die beiden einander ein weiteres Mal und der Wächter fuhr leise fort: "Ich habe so lange gewartet. Und nun hat es sich gelohnt . Amin n'kelaya lle a'melamin [ich werde dich niemals verlassen, meine Geliebte]"
Gena konnte nicht glauben, was sich da vor ihren Augen abspielte. Sie hatte mit allem gerechnet.... mit Schmerz, unerträglichen Qualen, einen entscheidenden, erbitterten Kampf...mit allem. Nur nicht mit dem hier. Das sollte also die Grennrey der Vergangenheit sein.. Eine junge, Hals über Kopf verliebte Elbe. Und vor ihr stand der Wächter, vor welchem sie von Galadriel unentwegt gewarnt worden war. Ein ebenfalls verliebter Elb. Und beide strahlten sie mit der Sonne um die Wette.
Vögel zwitscherten, Blätter rauschten, eine warme Brise umwehte die Frischverlobten....alles war ganz und gar wie in einem kitschigen Liebesfilm.
Zuerst wurde es unheimlich still. Dann kühlte die Luft ab. Gena erkannte es an den Rauchwolken, die plötzlich aus den Mündern des Paares traten. Der Wächter begriff als erster die aufkommende Gefahr. Seine rechte Hand glitt zu seinem Waffengurt, während die andere weiter Grennreys Finger hielt. Obwohl es eine schnelle, fließende Bewegung war, kam er nicht einmal dazu, den Griff seines Schwertes zu berühren.
Ein grauer Schemen schwirrte durch die Luft und durchbohrte seine Hand. Der Wächter brüllte vor Schmerz, während ihn die Wucht eines weiteren Pfeils, der ihn in die Schulter traf, meterweit zurücktaumeln ließ. Mit Mühe und Not hielt er sich auf den Beinen und zog ächzend sein Schwert. Inzwischen erwachte der Wald um sie herum zum Leben.
Es waren Elben, Gena schätzte ihre Zahl auf ein halbes Dutzend. Sie alle waren mit Langbogen bewaffnet und trugen die hellen Kleider und silbernen Armschienen der Palastwache. Völlig lautlos traten sie aus den Schatten zwischen den Bäumen und in Nu fand sich das Liebespaar in einem dichten Kreis von Bogenschützen wieder.
Der Wächter brach die beiden Pfeile, die ihn getroffen hatten, ab, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und stellte sich schützend vor Grennrey. Die Sehnen zweier weiterer Bögen surrten. Dem Wächter gelang es, den ersten Pfeil mit seinem Schwert abzuwehren. Der zweite allerdings verfehlte sein Ziel nicht. Er durchbohrte seinen Hals. Der Elb stieß einen gurgelnden Laut aus, tastete nach dem Pfeil, doch seine Hand griff mehrmals ins Leere. Blut strömte über seine Lippen, und was immer er auch sagen wollte, ging in einem scheußlichen Krächzen und Husten unter. Dann brach er endlich in die Knie und sank zu Boden. Endlich erwachte Grennrey aus ihrer Erstarrung und ließ sich mit einem erstickten Schrei an die Seite ihres schwerverletzten Verlobten fallen. Während sie mit zitternden Fingern über seine Wunden tastete und versuchte, die heftige Blutung zu stoppen, löste sich eine weitere Gestalt vom Waldrand und trat auf die Lichtung.
Ihr Gesicht hatte sich kaum verändert.. Sie trug ihr blondes Haar etwas kürzer und streng nach hinten gekämmt, aber ihre Augen waren von der gleichen meerblauen, alles durchdingenden Farbe wie bei ihrem letzten Treffen, und sie schritt mit der selben Würde und Selbstsicherheit auf die beiden zu, die Gena schon immer an ihr bewundert hatte. Langsam trat Galadriel hinter Grennrey und sah ungerührt auf sie hinab. Gena war irritiert. Galadriel tat lange gar nichts, weder bewegte sie sich noch machte sie Anstalten, etwas zu sagen. Sie stand einfach still da und starrte den Elben an. Sein Körper schüttelte sich krampfhaft und er spuckte noch immer Blut.
Gena glaubte eine Spur von Triumph in Galadriels Blick zu entdecken, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde lang . Sie schauderte. Diese Seite der Magierin hatte sie noch nicht kennengelernt - und würde es hoffentlich auch nie müssen.
Sie hörte einen leisen, verzagten Schrei und ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf Grennrey gezogen. Diese hielt ihre Hände fest gegen die heftig blutenden Wunde am Hals des Wächters gepresst und flüsterte immer und immer wieder die selben Worte in einer fremden Sprache. Zauberformeln. Aber sie blieben ohne Erfolg.
Eine weißer Schemen trat zwischen den Bäumen hervor und stellte sich neben Galadriel. Es war ein alter Mann mit langem, weißen Bart , Haaren in derselben Farbe, in grellweiße, bis an den Boden reichende Kleider gehüllt. Auch er hatte, wie Grennrey, seine Arme erhoben und von sich gestreckt, wobei er etwas konzentriert vor sich hermurmelte.
"Saruman!", keuchte Grennrey und für einen Moment schien sie den blutenden Körper neben sich zu vergessen. Pure Verwirrung breitete sich in ihrem Blick aus. Dann langsames Begreifen. "Ihr wisst, dass Ihr zu schwach seid, um meine Kräfte lange zu bannen, Saruman", zischte sie warnend und ihre Augen funkelten bedrohlich. Doch bevor sie fortfahren konnte, unterbrach Galadriel mit ruhiger Stimme: "Das mag auf ihn alleine zutreffen. Doch gegen uns beide reicht selbst deine Macht nicht aus."
Grennrey sog scharf Luft zwischen den Zähnen ein und warf Galadriel einen Blick zu, der Wasser zu Eis hätte erstarren lassen.
"Du stellst dich also gegen mich? Gegen dein eigenes Fleisch und Blut?" "Ich stelle mich bloß auf die richtige Seite", entgegnete Galadriel und wies auf den Sterbenden. Etwas von ihrer üblichen Gelassenheit war aus ihrer Stimme gewichen. An ihre Stelle war... Wut (?) getreten.
"Und die ist nicht seine. Dies hier ist deine letzte Chance, Grennrey. Lange genug habe ich nun dabei zugesehen, wie er versucht hat, dich für IHN zu begeistern. Ich glaubte, ich hätte dir etwas über IHN beigebracht. Doch ich habe mich geirrt. Nun musst du dich entscheiden. Verlass ihn- oder verlasse Lórien. Für immer. Denk gut über deine Antwort nach." Die beiden Frauen sahen einander an und Gena spürte, dass zwischen ihnen mehr in der Luft lag als sie ahnte. Ein stiller Kampf schien zwischen den beiden zu toben. Schließlich senkte, nicht nur zu Genas, sondern auch zum Erstaunen der anderen Elben, Galadriel ihren Blick und sah zur Seite. Aber auch Grennrey senkte geschlagen den Kopf. Es schien keinen Sieger zu geben.
Grennrey strich zärtlich über das dunkle Haar ihres Verlobten und als sie aufsah, war ihr Gesicht nass vor Tränen. "Du weißt, dass es nicht recht ist", flüsterte sie und starrte an ihm vorbei, " mir eine solche Entscheidung abzuverlangen. Ich liebe ihn." Sie sah sich langsam um und dann zu Galadriel auf. "Doch das hier ist meine Heimat. Hier ist meine Familie, und du weißt, dass ich auch ohne sie nicht sein kann". "Du hast recht. Es ist nicht fair. Doch entscheidest du dich nicht, wirst du beides verlieren. Dunkle Zeiten stehen uns bevor, und die Anhänger des lidlosen Auges sammeln sich. Du weißt, dass sein Volk auf SEINER Seite steht." "Ich weiß, dass er mich so liebt wie ich ihn", unterbrach Grennrey traurig und sah durch einen Vorhang aus Tränen auf den Wächter hinunter. Seine Augen waren geöffnet, aber verschleiert. Er war blass und hatte Unmengen von Blut verloren. Gena bezweifelte, dass er noch lange leben würde. "Er wurde von IHM geschickt, begreifst du das denn noch immer nicht?!" Galadriels Stimme klang wütend, ihr Gesicht verlor zusehends an Fassung.
Grennrey antwortete nicht sondern starrte sie weiter voller Trauer an.
Galadriels Mund öffnete sich erneut, doch Saruman unterbrach sie, indem er einen Arm auf ihre Schulter legte und ihr leise etwas zuflüsterte, ohne Grennrey jedoch aus den Augen zu lassen. Galadriel verstummte. Nach einer kleinen Ewigkeit erhob sie schließlich ihre Stimme. "Dann wirst du uns verlassen", murmelte sie tonlos. Als sie aufblickte, war ihr Gesicht wieder kontrolliert und ruhig, bloß ihre Lippen waren zu dünnen, blutleeren Strichen zusammengepresst. Langsam hob auch sie ihre Arme und streckte die Finger in Richtung Grennrey aus, so wie es Saruman tat. Die umstehenden Elben zogen sich so lautlos wie sie gekommen waren, wieder zurück. Doch glich ihr Verschwinden eher einer Flucht...
"Leb wohl, ind nîn [mein Herz] ", flüsterte Galadriel und plötzlich erhoben der weiße Zauberer und sie ihre Stimmen und als wäre es eine gemeinsame, mächtige, klang diese durch den Wald und ein Sturm kam auf. Und nur noch schwach hörte man Grennreys Stimme im Wind: "Leb wohl, Schwester...."-----
Da saß eine Krähe auf dem Fensterbrett.
Das Tier musste sie die ganze Zeit über angestarrt haben und tat es auch jetzt noch, als sie vollends wach war. Gena wusste plötzlich mit unerschütterlicher Sicherheit, dass sich hinter dem gelben Augenpaar mehr als der primitive Verstand eines Tieres verbarg, sondern ein denkendes, fühlendes Wesen, das sie nicht bloß ansah, sondern wissend beobachtete.
Im Zimmer war es kühl und draußen herrschte tiefste Nacht. Nicht ein einziger Stern war auf dem schwarzen Nachthimmel zu sehen, bloß ein sichelförmiger Mond versuchte vergeblich durch dunkle Wolken hindurch die Finsternis zu erhellen. Da war die blasse Erinnerung an einen Traum, den sie noch nicht richtig begriffen hatte. Oder wollte. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Sie war es leid. Dieses ewige Hadern mit dem Schicksal, die ständige Frage, wer sie eigentlich war. "Wenn du dich oft genug fragst, wer du bist, wirst du es eines Tages auch herausfinden", hatte ihre Mutter einmal gesagt. Vermutlich hatte sie Recht damit gehabt, wie immer. Aber im Moment hätte sie alles darum gegeben, ihre Gedanken abstellen zu können. Nur, um einen Moment der Ruhe zu haben. Fröstelnd zog sie die Decke enger um ihre Schultern.
Der Vogel legte den Kopf schräg und stieß ein leises, fragendes Krächzen aus. Fragend?? Gena erschauderte. Doch dieses Mal tat sie ihre Gedanken nicht als paranoide Wahnvorstellungen ab. Sie hatte längst begriffen, dass dieser Vogel ein Späher war. Und sie wusste auch, wer ihn geschickt hatte.
Es mussten Minuten vergangen sein, in denen sie einander regungslos angestarrt hatten, als eine wohlbekannte Stimme neben ihr plötzlich leise sagte: "Er beobachtet dich seit zwei Tagen. Ununterbrochen. Wir versuchten, ihn zu verscheuchen, doch er kam immer wieder." Gena erschrak nicht wirklich, als sie Legolas Stimme erkannte. Sie hatte die Anwesenheit eines Dritten die ganze Zeit über unbewusst wahrgenommen. Die Krähe allerdings schien überrascht zu sein, denn sie stieß einen weiteren, verärgert klingenden Laut aus, warf dem Elben einen letzten Blick aus ihren bernsteinfarbenen Augen zu und schwang sich vom Fensterbrett. Gena konnte sich eines mulmigen Gefühls in der Magengegend nicht erwehren. Es war ein nahezu gespenstischer Anblick, wie das Tier lautlos in die Nacht entglitt.
"Wie geht es dir?"
Gena brauchte Sekunden, um ihre Konzentration wieder auf den Elben neben ihrem Bett zu richten. Statt einer Antwort setzte sie sich auf und lauschte einen Moment in sich hinein. Nein, Grennrey schien wohl gerade anders beschäftigt zu sein.
Mit zusammengekniffenen Augen versuchte sie das Gesicht des Prinzen in der Dunkelheit des Zimmers auszumachen, erkannte aber bloß einen helleren Fleck wo sein Gesicht und ein schwaches Glänzen dort, wo seine Augen sein mussten.
"Hast du die ganze Zeit über mich gewacht?"
Legolas nickte und streckte plötzlich die Hand nach ihrem Gesicht aus. Gena unterdrückte im letzten Moment den Impuls, zurückzuweichen. Sie wollte ihn nicht kränken. Er hatte sich schon zu oft ihretwegen gesorgt. Seine Hand war kälter als erwartet, vermutlich hatte er seit dem Zwischenfall kein Auge zugetan und war völlig übernächtigt, selbst für einen Elben. "Lle dele amin [du hast mir Sorgen bereitet]", flüsterte er und ließ seinen Daumen über ihre Wange gleiten. Sie erschauderte. "Amin hiraetha [Es tut mir leid]", erwiderte Gena unsicher und legte ihre Hand zögernd auf die seine. "Das braucht es nicht. Ich habe so lange gewartet. Und nun hat es sich gelohnt". Er stand unvermittelt auf und zog sie dabei mit sich in die Höhe. Gena sog erschrocken Luft ein und stammelte: "Legolas, ähm, also, ich denke wir sollten...." Er schnitt ihr das Wort mit einem harten Kuss auf den Mund ab. Es war eine fordernde, fast brutale Aktion, die nicht zu dem sanften Elben passte, den sie kannte. Erschrocken stieß sie ihm aus einen Reflex heraus hart vor die Brust und drehte ihr Gesicht beiseite. "Legolas ich.....", wiederholte sie mit heiserer Stimme und stieß einen erschrockenen Schrei aus, als der Elb ihr sanft in den Hals biss. Sie spürte, wie ihr Widerstand restlos fortgespült wurde von einer Welle aus Empfindungen. Wie auch immer sie erwartet hatte, dass eine Reaktion ausfallen würde- so nicht.
Legolas lachte rau gegen ihren Hals und fuhr damit fort, ihren Nacken zu bearbeiten. Dort, wo sein heißer Atem ihren Nacken berührte, schien ihre Haut zu verbrennen. Er schien genau über die sensiblen Stellen ihres Körpers Bescheid zu wissen und nutzte dieses Wissen schamlos aus. Gena seufzte genüsslich und ihr Körper wurde, ohne dass es ihr so recht bewusst wurde, anschmiegsam in seinen Armen.
Schließlich küsste er sie begehrlich, und dieses Mal erwiderte sie seinen Kuss ebenso stürmisch. Ihr Herz drohte jede Sekunde ihre Brust zu sprengen. "Nae saian luume" [es war zu lange]", flüsterte er an ihr Ohr und drückte sie aufs Bett hinunter. Ihr Herz klopfte bis zum Hals als sein Haar wie ein seidiger Vorhang auf sie herabfiel und er ihr erneut einen langen, diesmal sanfteren Kuss stahl. Ihr gesamter Körper stand unter Strom Doch es fühlte sich verdammt gut an.
Wie hatte ihre Meinung über Beziehungen zwischen Elben und Menschen bisher gelautet? Sie wusste es nicht mehr. Unsterblichkeit hin oder her, es fühlte sich so richtig an, selbst wenn sie es im Nachhinein bereuen würde.... "Nenne meinen Namen", verlangte der Prinz plötzlich und hob seinen Kopf, um ihr in die Augen sehen zu können. Zärtlich strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
"Leg..."-
-"Nein!", unterbrach er sie fast rüde und lächelte, "meinen wirklichen Namen. Du kennst ihn. Sprich ihn aus!"
Gena blinzelte. Seine Augen veränderten sich.
Die Veränderung ging in seinem Gesicht, seinem Haar, seinen Händen, die sie noch immer berührten, fort. Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Es war noch immer ein Elb, soviel stand fest. Und damit hörte sich die Ähnlichkeit mit Legolas allerdings auch schon auf.
Sie erstarrte.
Nichts als ein fauler Zauber. Und sie war darauf reingefallen wie ein blutiger Anfänger . Ein Gefühl, als hätte ihr jemand einen Kübel eiskaltes Wasser über den Kopf gegossen. Jemand klopfte an der Tür. Der dunkle Wächter zuckte heftig zusammen und richtete sich blitzschnell wieder auf. Gena blinzelte irritiert in das Licht, dass von der Tür her in den Raum fiel. Ihr Augen brauchten Sekunden, um sich an die gleißende Helligkeit zu gewöhnen. Sie spürte, wie ihr heiß wurde, als sie sah, wer eingetreten war.
Es war Arwen, und sie sah ziemlich erschrocken aus.
Gena spürte wie ihr das Blut ins Gesicht schoss, strich ihr Nachthemd glatt und richtete sich hastig auf. Doch noch während sie nach den passenden, scharfen Worten für die Königin suchte, tauchte eine weitere Gestalt im Türrahmen auf und Gena verlor augenblicklich das Interesse an Arwen. Es war Legolas. Er trat von DRAUSSEN ein. Hätte sie noch einen Beweis gebraucht, dass es eben nicht Legolas gewesen war, mit dem sie beinahe....hier war er.
Ohne große Überraschung stellte sie fest, dass der Platz neben ihrem Bett leer war. Bloß ein dunkelblauer, samtener Mantel war über die Lehne des Stuhles gehängt. "Ich hörte euch schreien!", erklärte Arwen und sah sich mit gerunzelter Stirn um, "was war hier los?"
Gena riss hastig den Blick vom leeren Stuhl los und schüttelte beschwichtigend den Kopf.
"Nichts. Ich bin bloß...aus dem Bett gefallen und erschrocken. Das ist alles." Diese ungeschickte Lüge klang selbst in Genas Ohren alles andere als glaubwürdig. Arwen starrte sie sekundenlang durchdringend an und versuchte wieder einmal, in ihren Gedanken zu forschen, aber wie jedes Mal blieb sie erfolglos. Schließlich zuckte die Elbe seufzend mit den Axeln, ging zur Tür hin und verließ den Raum, um einen Heiler zu holen. Dabei entging Gena keinesfalls ihr misstrauischer Blick zum leeren Stuhl hin .
"Du solltest dich ausruhen", äußerte sich Legolas nun zu Wort und half ihr, sich wieder hinzulegen. Gena ließ dies nur unwillig mit sich geschehen. "Wie geht es dir?" Sie nickte und murmelte etwas das sich wie "Es geht schon" anhörte.
Sie fühlte sich gesund, bis auf ihre Hände, die brannten, als wären sie mit Säure übergossen worden. Legolas zündete einige Kerzen an und brachte ihr einen Krug voll Wasser und einen Becher. Er redete nichts, trotzdem wusste sie, dass er sehr wohl spürte, dass etwas nicht stimmte.
Während sie trank, blieb er neben ihrem Bett stehen und beobachtete sie schweigend. Immer wieder glitt sein Blick zum Fenster hin und zu dem leeren Stuhl, als ahnte er, was passiert war. Gena zwang sich, seinem Blick auszuweichen. Ansonsten hätte er womöglich die tiefe Röte ihrer Wangen bemerkt und eine entsprechende Frage gestellt. Nachdem sie etwa drei Becher mehr Wasser getrunken hatte, als ihr Durst es besagte, und der Krug bis auf den letzten Tropfen geleert war, begann sie ihre Hände interessiert zu mustern.
"Wie lange habe ich genau unnütz hier herumgelegen?", fragte sie, als die Stille ihr unangenehm wurde. Ihre Fingerspitzen waren rot angeschwollen. "Drei Tage und drei Nächte". "So lange?" "Du hast mit dem Tod gerungen. Die Heiler hatten dich beinahe aufgegeben", fuhr Legolas fort. Gena hob nun doch den Blick. Sie hatte mit dem Tod gekämpft?? Das einzige, woran sie sich erinnern konnte, waren die Träume, ansonsten war da nichts. Keine Fiebervisionen, keine Schreikrämpfe, keine Schweißausbrüche. "Dein Geist drohte endgültig im Dunklen zu versinken".
Sie musterte sein makelloses, beherrschtes Gesicht und stieß in seinen Augen auf die Spuren vergangener Sorge und Angst. Das Wissen, dass sie der Grund dafür war, bereitete ihr Unbehagen und flößte ihr fast etwas wie...Furcht ein. Er begann offensichtlich mehr für sie zu empfinden, als gut war. Und wie sie vorhin gesehen hatte, tat sie das gleiche.
Die Tür wurde ein weiteres Mal geöffnet, nun traten neben Arwen noch zwei weitere Elben ein. Den einen, ein dunkelhaariger, streng dreinschauender Elb mit grauen Augen, kannte sie nicht, doch den anderen, einen etwas kleineren Ostelben, sehr wohl. Obwohl sich die beiden Zauberlehrlinge zum Verwechseln ähnlich sahen, erkannte sie Amdir sofort.
"Schön euch endlich wach zu sehen!", begrüßte der Fremde sie freundlich . "Gena, dies ist mein Vater Elrond vom Bruchtal. Er war auf der Hochzeit anwesend und daher sofort zur Stelle als...". Arwen legte eine wirkungsvolle Pause ein, "...ohne ihn wäret Ihr wohl kaum noch am Leben." "Dann bin ich euch zu großem Dank verpflichtet, Herr Elrond", nickte Gena und sah ihm dabei in die Augen. Seltsam, obwohl seine Augenfarbe doch anders war als die seiner Halbschwester, hatte sie doch für den Bruchteil einer Sekunde das Gefühl derselben in die Augen zu blicken.
"Mhm", entgegnete Elrond, nachdenklich den Kopf wiegend, "doch bin ich mir nicht sicher, ob meine Tochter in dieser Hinsicht recht hat. Ihr seid zäher als so manche Elbe, auch wenn es nach außen hin nicht so scheint."
Gena grinste gequält. Hartes Training und gutes Essen hin oder her, sie war und würde wohl immer eine Magerkeit bleiben.
Endlich meldete sich ihr schlechtes Gewissen zu Wort. "Wie geht es der Herrin des goldenen Waldes?"
Die jäh eintretende Stille entging ihr keineswegs. "Sie lebt doch noch, nicht wahr?" Ihre Stimme bebte ganz leicht. Für einige schreckliche Sekunden blieb die Zeit stehen. Was, wenn Galadriel tot war? Was würde aus dem goldenen Wald werden ohne seiner Herrin? Was würde aus IHR werden? Wer würde Grennrey dann noch Einhalt gebieten können?
Legolas räusperte sich und schüttelte den Kopf. "Keine Angst, sie lebt, und sie schwebt auch nicht mehr in Lebensgefahr. Doch die...Geschehnisse haben sie mitgenommen. Sie braucht Ruhe. Du wirst bald mit ihr sprechen können, doch vorerst wird es das beste sein, sie in Frieden zu lassen." Arwen sah sie eindeutig vorwurfsvoll an. Gena konnte es ihr nicht verübeln. Schließlich hatte ihr kleiner "Auftritt" auch die Hochzeitsfeier jäh unterbrochen.
Gena nickte verständnisvoll. Sie schämte sich plötzlich unglaublich. Was war auf dem Kampfplatz bloß in sie gefahren? "Ganz einfach: Grennrey", flüsterte eine sarkastische Stimme in ihrem Kopf.
Dieses Mal war es ihre eigene.
"Sie ist eine Elbe und sogar mehr als das", brachte sich Elrond ein, eindeutig mit der Absicht, sie aufzumuntern, "sie wird sich bald wieder völlig erholt haben. Nun aber zu euch: Wie fühlt Ihr euch?" Gena runzelte die Stirn und wies auf ihre Hände. "Bis auf das hier...ganz in Ordnung." Ihr Blick glitt zur Tür hin, wo Amdir seit Minuten unbewegt stand und sie unverwandt anstarrte. Elrond sprach einige flüsternde Worte zu seiner Tochter und zu Legolas, worauf die beiden wortlos den Raum verließen. Legolas schien nicht begeistert darüber zu sein, schon wieder gehen zu müssen, seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen.
Elrond ließ sich auf den Sessel neben ihrem Bett sinken uns blickte sie ernst an. Als die Tür geschlossen war, trat Amdir neben ihn und meinte: "Sie scheint stabil zu sein. Für den Moment". Gena sah fragend zu beiden Männern hoch. Elrond faltete die Hände unter seinem Kinn und nickte sacht. "Alagos ist noch geschwächt, doch wir könnten es noch einmal versuchen", fuhr der Ostelb fort, "ansonsten könnte es bald zu spät sein." "Moment", unterbrach ihn Gena gereizt, "es würde mich schon interessieren, wovon hier die Rede ist. Denn ich vermute Mal, mit SIE meint ihr MICH."
Amdir blinzelte irritiert zu ihr hinab, als wäre er verwundert, dass sie sprechen konnte. Gena konnte nicht sagen, dass der Elb ihr auf Anhieb sympathisch gewesen war, doch sie hatte stets versucht, niemanden grundlos zu hassen. Amdir machte es ihr beileiben nicht einfach. Er hielt sie offensichtlich für ein dummes Kind.
"Während Ihr schlieft, drangen Alagos und Amdir erneut in euren Geist ein ", erklärte Elrond und winkte beruhigend ab, als Gena empört auffahren wollte, "ich weiß, es geschah ohne eure Erlaubnis, doch es musste sein. Niemand wusste, ob es Grennrey oder Gena sein würde, die in diesem Bett erwachte. Sie fanden sie. Grennrey schien geschwächt zu sein, aufgrund der großen Anstrengung, die es benötigt ein Weltentor zu öffnen....sie war schwach genug, um endgültig aus Euch zu weichen. Aber etwas in Euch hinderte sie daran, zu gehen."
"Es schien fast so, als wolltet Ihr sie nicht gehen lassen", brachte sich Amdir ein und zu der immerwährenden Arroganz in seinen Augen mischte sich offenes Misstrauen gegen sie. "Etwas in euch kämpfte gegen uns an und schaffte es fast, meinen Bruder zu bezwingen."
Gena blinzelte alarmiert.
"Alagos? Was ist mit ihm? Ihm ist doch nicht etwas zugestoßen?"
"Alagos geht es schon wieder besser", beschwichtigte Elrond, dieses Mal eindeutig ungeduldig. Er schien die wachsende Spannung zwischen ihr und dem Ostelben nicht zu billigen. "Ihm ist nichts passiert. Doch was geschehen ist, darf sich nicht wiederholen. Besonders jetzt, da viele der Höhergestellten Mittelerdes in Lórien residieren, der Hochzeit und der Verhandlungen über das vereinigte Elbenreich wegen. Lórien ist und war stets ein sicherer Ort, selbst in Zeiten der Dunkelheit. Für die Völker Mittelerdes ist Lórien mehr als bloß ein Wald, Gena".
Sie nickte. Es war die Art, in der sie die Menschen, Zwerge, Hobbits und Elben über die Wälder hatte reden hören...stets voller Ehrfurcht und Achtung, die sie diese Tatsache längst selbst hatte erkennen lassen. Elrond hatte Recht. Lórien war ein Sinnbild des Friedens und der Sicherheit und sollte es aus bleiben. Und niemand, schon gar nicht sie, die nicht in diese Welt gehörte, hatte das Recht den Bewohnern Mittelerdes diesen Traum zu rauben.
"...aus diesem Grund müssen wir einen Weg finden, dieses Problem ein für alle Mal zu beseitigen. Ruht euch aus, versucht zu schlafen und euren Körper und Geist zu stärken. Ihr werdet Stärke brauchen, für das, was euch bevorsteht."
Gena nickte schweigend.
Eine Dienerin betrat den Raum und brachte eine Schüssel kaltes Wasser, in das Gena ihre Hände legen musste. Das Wasser roch angenehm nach Kräutern und kühlte ihre brennende Haut sofort. Nachdem Elrond sich noch einmal überzeugt hatte, dass es ihr auch wirklich gut ging, ordnete er der Dienerin an, Gena etwas zu Essen zu bringen und verließ danach das Zimmer. Natürlich erst nachdem er ihr das Versprechen abgenommen hatte, nach ihrem Mahl ausgiebig zu schlafen. Gena versicherte es ihm schmunzelnd und sah ihm lächelnd nach, als er ging. Sie mochte Elrond, er hatte so etwas Gütiges, Väterliches an sich, und sie fühlte sich wohl in seiner Nähe. Trotz seines Alters und seiner Erfahrung hatte er sie respektvoll behandelt, was ihr sehr gefiel. Hätte sie es nicht gewusst, hätte sie seine Verwandtschaft zu Arwen ernsthaft angezweifelt.
"Ordnet eure Gedanken", sagte eine kalte Stimme von der Tür her, "es kostet Zeit, sich in einem verwirrten Verstand zurecht zu finden. Zeit die uns Dank euch nun fehlt. " Gena starrte Amdir stirnrunzelnd an. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. "Womit habe ich all diesen Argwohn verdient?" Amdir lächelte humorlos. "Argwohn? Nein, so würde ich es nicht nennen. Vorsicht, eher." "Ihr habt mein Innerstes gesehen....sagt, ist denn meine Seele so schwarz, dass sie selbst euer Gemüt verdunkelt?"
Nur zu gerne hätte sie in diesem Moment seine Gedanken gelesen. Vermutlich hätte sie es sogar gekonnt- doch sie wagte es nicht, aus Angst, Grennrey damit erneut heraufzubeschwören. Vermutlich war es auch besser so. Denn sie war sich sicher, dass, was immer er auch gerade dachte, ihr nicht gefallen hätte.
Das Lächeln gefror im Gesicht des Ostelben und er trat einen Schritt näher, während er ihren Blick fing. "Was glaubt Ihr? Ist sie es?" Gena schwieg und starrte ihn bloß an, bis der Elb sich wortlos umwandte und den Raum verließ. Amdirs Worte hallten lange in ihrem Kopf nach. Doch sie fand keine Antwort auf seine Frage. Möglicherweise war es nie Grennrey gewesen, welche die Gefahr dargestellt hatte. Der Traum hatte ihr gezeigt, wie Grennrey wirklich gewesen war.
Möglicherweise war sie selbst das Übel, dass es zu bekämpfen galt....
N a c h w o r t :
Galadriel hat eine Schwester?? Ja, jetzt schon. Dank mir. ;-) Langsam aber sicher fällt es mir immer schwerer, die Logik beizubehalten (falls die überhaupt irgendwann einmal existiert hat). Ja, was genau hat Gena jetzt vor? Mhm, gute Frage. Hätte eine Idee.....Muss ich auch noch drüber nachdenken. Aber jetzt hab ich's und jetzt lass ich's und ich hab mir die Suppe jetzt eingebrockt (geschrieben) und ich werde sie brav auslöffeln. Hoghw. (Schreibt man das so??)
