Schweissgebadet erwachte ich aus diesem Traum. Ja, sagte ich mir, es war ein Traum. Nichts weiter als ein unwichtiger Alptraum. Doch plötzlich hörte ich eine Stimme. "Nein, Silivren, dass war kein Traum! Es war eine Vision!" das war Bevals Stimme! "Beval! Wo bist du?" doch die Stimme war schon wieder verschwunden.

Ich lehnte mich zitternd an einen Baumstamm. Eine Vision? Ich? Ich war doch nichts besonderes! Ich war ein Mädchen aus Rohan, ich war nicht einmal eine Elbin! Aber doch... immerhin hatte ich elbische Vorfahren - auch wenn das schon ewig zurückliegt. Schließlich heiratete Éomer I., König nach dem Ringkrieg, Lothiriel von Dol Amroth. Und von den Leuten von Dol Amroth hieß es schon immer, dass sie Elbenblut in den Adern hätten. Aber trotzdem... Ich wollte nicht anders sein! Ich wollte es nicht! Bei Eru ich hatte gerade mal 15 Sommer erlebt, ich war doch viel zu jung für sowas.

Auf einmal schlug ich hart auf dem Boden auf. Ich hatte nicht gemerkt, wie ich am Baumstamm immer weiter runtergeglitten war. So gewaltsam aus meinen Gedanken gerissen, stellte ich schon wieder neue Überlegungen an. Wo wollte ich überhaupt hinreiten? Zum Fangorn, von dem alle sagen, in ihm würden die Ents leben? Die Baumhüter? Oder nach Imladris, wo immernoch einige der letzten Elben lebten? Oder zum Auenland, einfach um die Halblinge mal kennenzulernen? Ich wusste nicht wo ich hinsollte. Ich beschloss erstmal zu schlafen und dann weiterzusehen. Ich machte schnell ein Lagerfeuer, wickelte mich in meinen Mantel und schlief ein.

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Brennende Wälder. Große Bäume, die rannten. Sie rannten aus dem Wald. Ents! Die Vögel und alle Tiere des Waldes rannten hinter ihnen. Doch sie rannten nicht vor dem Feuer davon. Sie liefen vor einem Schatten weg. Ein Schatten der sich langsam über den Wald ausbreitete.

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Ich erwachte. Schon wieder so ein... Traum. Der Fangorn würde brennen? Auf einmal war mir klar wo ich hin musste: zum Fangorn. Ich musste die Ents warnen!

Schnell stand ich auf und packte die wenigen Sachen, die ich aus den Satteltaschen genommen hatte, wieder ein. Ich schwang mich auf Luellas Rücken und trieb sie an immer schneller zu rennen. "Noro lim, Luella!" Luella verstand meine Worte und jagte über die Ebene als sei Morgoth höchstselbst hinter ihr her. Nach einiger Zeit merkte ich zwar, dass Luella langsamer wurde doch ich tat nichts dagegen, schliesslich war auch eins der Mearas irgendwann erschöpft. Ich musste so schnell wie möglich bei den Ents sein. Sonst kam ich womöglich zu spät und der Wald war bereits verbrannt. Erst am Nachmittag rastete ich für ein paar Stunden und aß etwas. Als der Abend dämmerte saß ich schon wieder auf Luellas Rücken und ritt weiter auf den Fangorn zu, dessen Grenzen ich nur erahnen konnte. Wir rannten durch die Nacht und schließlich, als die Sonne gerade im Osten aufging, konnte ich in der Ferne schemenhaft die Südgrenze des Fangorns sehen. Ich machte noch eine kurze Rast und ritt dann sofort weiter. Jetzt, wo ich mein Ziel fast erreicht hatte, wollte ich nicht unnötig trödeln.

Am Nachmittag kamen wir endlich an der Grenze an. Ich stieg ab und Luella lief sofort zu einem kleinen Bach und trank, während ich den Fangorn betrat. Ich war noch nie hier gewesen, ich hatte nur allerlei unheimliche Gerüchte über diesen Wald gehört. Nach dem Ringkrieg, so behaupteten die Leute, sei niemand, der den Wald betreten hatte, wieder lebendig zurückgekehrt. Ich lies mich jedoch nicht einschüchtern, nur wegen Gerüchten konnte ich nicht zulassen, dass das älteste Volk Mittelerdes plötzlich und ungewarnt einer solchen Gefahr gegenüberstand. Ich sah mich um und entdeckte einen Pfad den ich sofort betrat. "Fangorn? Baumbart? Flinkbaum?" rief ich in den Wald hinein, ich bemerkte verärgert, dass meine Stimme zitterte.

Ich wartete und rief noch zweimal in den Wald doch es tat sich nichts. Gerade wollte ich mich umdrehen als hinter mir auf einmal ein tiefes "Huumm homm hummm" ertönte. Blitzartig drehte ich mich um - mir gegenüber stand ein riesiger Ent, der unendlich alt zu sein schien. Wären da nicht die Augen gewesen hätte ich den Ent sogar für einen Baum gehalten. "Was macht ein Menschenmädchen allein an den Grenzen des Fangorns?" fragte der Ent. "Ich... ich muss euch warnen!" "Soso warnen... Nun, dann kommt einmal mit, ich will euch in eines meiner Häuser führen." Mir kam es vor wie eine Stunde - doch wahrscheinlich liefen wir nur zehn Minuten durch den Wald bis wir vor einer großen Grasmulde standen, die vom Wald eingeschlossen war und an dessen Südwand eine natürliche Höhle aus hohen Bäumen war, die sich in den Kronen zusammenschlossen und so ein Dach bildeten. Der Ent bedeutete mir einzutreten. "Tretet ein! Ich bin Baumbart, der älteste der Ents. Und wer seid ihr?" Ich war also wirlich auf Baumbart gestoßen! "Ich... Ich bin Levina, manchmal auch Silivren genannt, ich bin aus Rohan, die Königstochter." "Was führt euch denn nun her? Ihr sagtet ihr müsstet mich warnen... Doch wovor?" "Ich weiss es selbst nicht genau. Ich hatte Visionen - der Fangorn brannte, Ents rannten aus dem Wald - doch sie rannten nicht vor dem Feuer davon, sondern vor einem Schatten der über dem Wald hing... Ich weiß nicht was das zu bedeuten hat, wisst ihr es?" "Nicht so hastig! Ich werde darüber nachdenken müssen,homm und dann werde ich wohl ein Entthing einberufen müssen - ihr müsst wissen, dass die Nachrichten die ihr mir bringt mich äusserst unruhig machen.Humm homm Legt ihr euch solange hin und schlaft, ihr habt in letzter Zeit bestimmt nicht viel geschlafen - oder irre ich mich da?"