Inhalt: Das CSI-Team muss mit einem tragischen Ereignis fertig werden … (PoV)
Ihr solltet „Don't cry", „Leere" und „Schuld" vorher gelesen haben.
Altersfreigabe: ab 12
Anmerkungen: Endlich geschafft, das ist der vierte und damit letzte Teil meiner Abschied-Reihe.
Nochmals danke für euer Feedback, es hat mir viel bedeutet.
Diese Geschichte ist Nancy gewidmet, sie weiß schon warum.
Urheberrechte: CSI gehört leider immer noch CBS, aber vielleicht schenkt's mir ja jemand zu meinem Geburtstag.
„Why does my heart feel so bad" gehört Moby.
E-mail: Hope_Calaris@gmx.net
Archiv: www.deutschefanfiction.de (meine Seite, besucht mich mal!), www.fanfiction.net, alle anderen bitte fragen.

Erinnerungen

von Hope Calaris

Why does my heart
Feel so bad?
Why does my soul
Feel so bad?

Schlafen, als ob ich jetzt schlafen könnte, als ob irgendjemand von uns jetzt schlafen könnte. Schon alleine der Gedanke kommt mir abstrus vor, beinahe wie Verrat. Schließlich würde ich wieder aufwachen, während ... nicht daran denken. Irgendwie muss ich schließlich diese Nacht überstehen und den nächsten Tag und alle darauf folgende. Meine Hände haben sich im Lenkrad festgekrallt, ich versuche mich etwas zu entspannen. Tief durchatmen. Ruhe, langsam hasse ich dieses Wort. Ich soll ruhig bleiben, mich nicht aufregen. Dabei würde ich liebend gerne etwas gegen eine Wand schmeißen, oder besser noch, gegen ein Fenster, das würde wenigstens richtig Krach machen. Aber ob es hilft? Ich bin wütend, oder traurig, oder gar nichts von beiden, ich weiß es nicht. Ob sich die anderen auch so fühlen?

Ich hätte Cath nicht alleine lassen sollen, sie sah so erschöpft aus, so müde, als ob sie keinen Schritt weiter gehen könnte. Und ihre Augen, in diesen blauen Augen spiegelte sich Trauer und Schmerz, ganz deutlich. Ich hätte ihr sagen sollen, dass es nicht ihre Schuld ist und dass sie aufhören soll, sich über alle anderen statt über sich selbst Sorgen zu machen und dass sie Gil und Sara nicht helfen kann, zumindest nicht heute. Aber es hätte bei ihr genauso wenig genützt, wie bei allen anderen. Jeder gibt sich die Schuld, irgendwie finden wir alle einen sonderbaren Weg um uns verantwortlich zu machen, selbst ich. Ein Wort, eine Geste, eine Entscheidung, irgendetwas werden wir finden, wenn wir nur lange genug darüber nachdenken.

Ich starte den Motor, stelle das Radio an und fahre vom Parkplatz. An Parks vorbei, deren Bäume im Licht der Sterne wie fahle Gerippe wirken, an Casinos, deren Neonlichter sich zu einem Wirbel aus Farben verbinden, durch endlose Straßen voller Reihenhäuser.

Wohin? Egal, nur weg. Die Welt da draußen ist unendlich weit entfernt, nur noch ein blasser, verschwommener Schatten am Rande meines Blickfeldes. Selbst das Radio scheint stumm zu sein. Eine rote Ampel, ich halte an und nehme wieder ein bisschen mehr war, als nur die asphaltierte Straße vor mir. Diese Kreuzung kommt mir bekannt vor. Die große, halb verfallene Villa auf der anderen Straßenseite, das leere Gelände links von mir. Plötzlich werden aus den Schatten deutliche Umrisse und das Radio spielt ohrenbetäubend laut. Die Ampel schaltet auf grün, doch ich fahre nicht los. Ich war heute schon einmal hier, genau an dieser Ecke, zusammen mit Cath und Grissom. Nick war schon vor uns da gewesen. Ich hatte mit ihm telefoniert und er hatte gesagt, dass ich ihm noch einen Kaffe schulde. Oh Gott, wie gerne würde ich ihm jetzt einen Kaffee ausgeben. Aber dafür ist es jetzt zu spät. Hinter mir hupt jemand und reißt mich aus meinen Gedanken. Ich fahre los, wieder ziellos, irgendwo werde ich schon ankommen. Vielleicht sollte ich wirklich nach Hause fahren. Aber schlafen? Nein, nicht heute. Schließlich biege ich links ab und halte an, ich stehe auf einem Parkplatz. Die Kälte lässt mich frösteln, als ich aussteige. Der Wind dringt wie tausend kleine Nadeln durch meine Jacke und lässt mich wünschen, nie ausgestiegen zu sein. Trotzdem gehe ich auf die Bar zu, zu ihr gehört der Parkplatz. Wir waren oft nach dem Schichtende hier, meistens ohne Gris, haben noch etwas getrunken und uns unterhalten, über Gott und die Welt. Plötzlich wird mir klar, dass es nie wieder so sein wird. Ein komisches Wort, nie. Irgendwie unvorstellbar. Wir werden nie wieder zu fünft in dieser Bar sitzen, ich werde nie wieder gemeinsam mit ihm einen Tatort untersuchen, Zeugen befragen, langsam hinter das Geheimnisse des Falles kommen und dann den Täter schnappen. Nie wieder.

Ein warmer Luftstrahl empfängt mich, als ich die Bar betrete. Sie ist so gut wie leer, ein Pärchen sitzt am Tresen und lacht, ein alter Mann hat sich in der hintersten Ecke hinter seine Zeitung verkrochen und dort, am Fenster, sitzt Sara und starrt nach draußen. Warum überrascht mich das nicht? Ich gehe auf sie zu, sie bemerkt mich nicht, sondern rührt weiter mit dem Strohhalm in ihrem Orangensaft herum.
„Sara?" Sie fährt zusammen. „Was machst du hier?", frage ich sie. Eigentlich eine dumme Frage, was mache ich hier? Sie zuckt einfach mit ihren Schultern. „Kann ich mich setzen?" Sie nickt und ich lasse mich neben ihr nieder. Stille herrscht zwischen uns, sie schaut weiter aus dem Fenster, aus dem Radio plärrt irgendein Vorweihnachtslied, schmalzig und völlig unpassend.
„Wieso?" Ich brauche einen Moment, bevor ich die Frage verstehe. Aber erwartet Sara wirklich eine Antwort? Denkt sie wirklich, ich wüsste eine?
„Entschuldige", sie flüstert nur, „ich hätte das nicht fragen sollen." Sie hat sich immer noch nicht umgedreht Jetzt erst bemerke ich, dass sie ihre Schuhe ausgezogen hat und mit verschränkten Beinen dasitzt. „Ich hatte sein Weihnachtsgeschenk erst gestern gekauft." Ein kleines Lächeln findet seinen Weg auf mein Gesicht, dass ist typisch Sara, sie hat jedes Jahr fast alle Geschenke schon zu Thanksgiving zusammen.
„Es ist eine kleine Marmorstatue. Wem soll ich sie jetzt geben?" Endlich dreht sie sich um. Ihre Augen sind rot und verquollen. Ich kann nicht anders, ich nehme sie in den Arm. Sie wehrt sich nicht dagegen, sondern lehnt sich dankbar gegen mich.

These open doors