Eine Gefahr nach der anderen

„Das Blut deines Hauses besiegelte unseren Schlaf und das Blut deines Hauses wird uns wieder erwecken", verkündete Dor-Gor, der Griff seiner großen Hand festigte sich um die messerartige Scherbe. Die Höhle schien vor atemloser Erwartung zu zittern und ein kleiner Blutstropfen rann den Hals des jungen Elben hinunter, als der scharfe Stein in sein Fleisch schnitt. In dem Augenblick, in dem er erschien, grollte der Stein unter ihren Füßen beunruhigend.

Legolas war zu kraftlos um gegen die Arme anzukämpfen, die ihn hielten. Eis bildete sich in seinem Blut und zirkulierte mit jedem seiner schnellen Herzschläge. Er schloss die Augen und versuchte, das Unausweichliche zu akzeptieren.

Plötzlich stieß ein blitzendes Schwert die Steinklinge zur Seite. Dagred und der andere Mann wurden ahnungslos erwischt und stolperten überrascht zurück.

Elrond stand schützend zwischen Dor-Gor und dem jungen Elbenprinz. Sein Turban war zurückgeworfen und er stand groß und furchtlos, seine wahre Identität nicht länger versteckend. Er hatte genug gehört. Er wusste nun, welchen Schrecken Melèch pflegte, um ihn auf die Welt loszulassen, seine Verkleidung war nicht mehr nötig und er hatte nicht vor, Legolas sterben zu lassen, noch, sein Blut dazu benutzt werden zu lassen, das schlafende Verhängnis um sie herum zu erwecken.

„Bleib zurück, Kreatur der alten Welt!", warnte Elrond finster, hielt sein Schwert fest und starrte das Biest an. „Du sollst ihn nicht haben."

Dor-Gor schrie vor Wut. Die Höhle erbebte. Der Prozess hatte bereits begonnen, er musste beendet werden, sonst würden er und all die, die wie er waren und hier schliefen zum Staub zurückkehren, von den sie kamen und sich nie wieder rühren.

Seine schwere Faust raste nach unten, dem Elbenlord entgegen, aber Elrond sprang leichtfüßig zur Seite und wich dem tödlichen Schlag aus.

Legolas stolperte auf seine Füße und Elrond zog den jüngeren, verwundeten Elben hinter sich. Sie wichen vorsichtig vor Dor-Gor zurück und die zwei Wachen, die sich von ihrer momentanen Überraschung erholt hatten, kamen nun auf sie zu.

Melèch rief nach seinen anderen Soldaten und fluchte; vollkommen bestürzt von der plötzlichen Panne in einem einst perfekten Plan. Die Tatsache, dass Esgal in Wirklichkeit ein Elb war und ein Spion noch dazu, schockte und verärgerte ihn stark.

Dor-Gor bewegte sich mit überraschender Geschwindigkeit für seine Größe und trat zwischen die beiden Elben und den Eingang der Höhle. Er peitschte wild um sich, wieder und wieder, und zwang Elrond und Legolas dazu, weiter zurückzuweichen, weiter in die Höhle hinein.

Dor-Gor fühle die Erde unter sich beben und er wusste, dass ihm die Zeit davonlief. Er wollte die beiden Elben tot, aber er hatte nicht die Zeit, sie zu verfolgen. Legolas' Blut hatte den Prozess begonnen. Jedes Blut würde ihn beenden.

Sich plötzlich umdrehend, tötete Dor-Gor Kapitän Dagred und den anderen Mann mit einer schnellen Bewegung. Die beiden Wachen fielen tot um bevor sie wussten, was geschah, ihr Blut lief über den steinigen Boden. Unuth, unglücklich genug, in der Nähe zu stehen, war als nächster dran. Diese Kreaturen hatten ihre schmutzigen und blutdurstigen Namen nicht umsonst. Melèch war nicht klar gewesen, mit welchem Feuer er gespielt hatte, weil die Gondrauko völlig skrupellos waren und ohne Schuldgefühle dem Töten verschrieben waren.

„Dor-Gor!", rief Melèch wütend. „Was glaubst du, was du –"

„Tust?" Dor-Gor umrundete den König mit einem bösartigen Blick in den Augen, Blut tropfte von seinen Händen. „Beenden was ich begonnen habe."

Legolas konnte die Bewegung in der Höhle um ihn herum spüren und es nahm ihm den Atem. Plötzlich bewegte sich einer der bedrohlichen Steinobelisken zu ihrer Linken und dehnte sich in einem Regen von Stein und Staub aus, wie eine abscheuliche Motte, die aus ihrem Granitkokon herauskam.

Ein weiterer Gondrauko trat heraus, blinzelte und sah sich um. Aber schien er nicht desorientiert wie man nach einem Erwachen nach einem so langen Schlaf hätte erwarten können. Irgendwie schien die Kreatur genau zu wissen, was vor sich ging. Dunkle, gefährliche Augen richteten sich auf die beiden Elben.

Eine weitere Säule explodierte in einem Regen von scharfen, erstickenden Trümmern, und noch eine, und noch eine. Elrond und Legolas blinzelten schnell gegen den Staub in der Luft und husteten, als sie vor der überwältigenden Übermacht zurückwichen. Elrond warf Legolas eines seines langen Messer von seinem Gürtel zu und die beiden Elben standen Rücken an Rücken, zum Kampf bereit.

Dicke Arme, dicker als selbst Steinknüppel, schwangen und zwangen die Elben zu springen und sich zu teilen um zu verhindern, zerschmettert zu werden. Ihre Waffen sprangen nutzlos von den dicken Steinhäuten ihrer Angreifer ab und Staub brachte sie zum Husten.

Legolas führe einen schnellen, genauen Streich und sein Messer grub sich tief in das weiche Fleisch am unteren Teil des Halses eines der angreifenden Gondrauko. Die Kreatur griff sich an den Hals und fiel mit einem lauten Schrei auf die Knie. Sie fiel vorwärts auf ihr Gesicht und zerfiel zu ihren Füßen einfach zu Staub.

Die beiden Elben hatten keine Zeit, sich zu wundern, weil sich drei andere Kreaturen schon auf sie stürzten. Um sie herum erwachte mehr Gondrauko und füllten die Höhle mit dem Lärm ihrer explodierenden Steinkokons. Legolas und Elrond wussten, dass sie kaum eine Chance hatten, es je lebend aus der Höhle heraus zu schaffen, aber sie waren bereit, ihrem Ende mutig entgegen zu treten und sie so gut wie möglich zu schlagen.

Melèch blickte entsetzt auf die erscheinenden Kreaturen. Noch nicht. Das sollte noch nicht passieren! „Dor-Gor! Du hast mir gesagt, dass du das Blut der gesamten königlichen Familie brauchst …"

Dor-Gor grinste herablassend. „Habe ich vergessen, dir das zu sagen? Königliches Blut beginnt es … jedes Blut kann es beenden. Ich brauche mehr, Melèch. Bring den Rest deiner Männer rein. Ich muss das jetzt zu Ende bringen!"

Melèchs Lippen kräuselten sich. Er war hintergangen worden. Er war für dieses Erwachen nicht bereit und er fürchtete sehr, dass, wenn er einmal seinen Zweck erfüllt hatte, Dor-Gor sich nicht an ihre Abmachung halten würde. Er war noch nicht bereit dafür … aber er würde es trotzdem schaffen müssen.

„Na schön!", stimmte Melèch zu und rief den Rest der ahnungslosen Männer herein, die noch draußen standen. „Aber zuerst … ein Geschenk, mein Lord! Ich habe ein Exemplar der Waffen, von denen wir sprachen, ein Geschenk für Euch als ein Zeichen unser gemeinsamen Zukunft!" Der König holte schnell den massiven Ring, den Elrond mitgebracht hatte, hervor.

Dor-Gor lachte. Unsere Zukunft, schwächlicher, sterblicher König? Ich habe keine Zukunft mit dir, du hast alles getan, wozu du von Nutzen warst. Denkst du wirklich, dass ich, mit all der Macht unter meinem Befehl, vorhabe, dir zu dienen? Aber, wenn dein Geschenk mir gefällt und du mir schnell mehr Blut bringst, werde ich darüber nachdenken, dich leben zu lassen."

Melèch verbeugte sich, sah sehr finster drein, hielt aber an seiner gespielten Ruhe fest. Er gab den Waffenring an Dor-Gor weiter und half ihm, ihn fest um seinen Hals zu schließen. Sobald ers angebracht war, wurde Melèchs falsches Grinsen hart und spottend. „Nimm dich vor Geschenken von denen, die du verrätst, in Acht, Dor-Gor!", zischte er und trat schnell zurück.

Dor-Gors Augen weiteten sich erschrocken. „NEIN!", donnerte er in wildem Zorn und zerrte an dem Ring um seinen Hals. „NEIN!!!!"

„Was ist los?", höhnte Melèch. „Mögt Ihr die besondere Beifügung, die ich in Euren Ring habe einarbeiten lassen, nicht? Staub von den Hügeln von Edil, der Staub von dem du und deine Leute kamen. So lange du diesen Ring trägst, bist du dem Befehl dessen unterstellt, der ihn dir angelegtgezogen hat, meinem Befehl! Du wirst mir gehorchen, ob du es willst oder nicht! Versuch erst gar nicht, ihn abzubekommen, mir ist versichert worden, dass er vollkommen unzerbrechlichbar ist."

„Du hast mich verraten, Melèch!", brüllte Dor-Gor, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und starrte auf den Monarchen herab.

„Ein schlechter Zug verdient einen anderen, Dor-Gor", sagte Melèch düster, wissend, dass das Biest ihm persönlich nichts antun konnte, solange es den Ring trug.

Dor-Gor schrie in hysterischer Wut und sofort war die Hölle los. Seine Unterstellten wandten sich Melèchs Männern zu und die beiden Elben fanden sich plötzlich vergessen wieder, als ihre Feinde gegeneinander kämpften. Aber das Chaos hielt nicht lange.

Die erwachenden Gondrauko begannen zu zittern und sich zu winden und plötzlich explodierte einer von ihnen in eine raue, scharfe Staubwolke, gefolgt von einem anderen, und einem weiteren. Die Säulen der unerweckten Kreaturen bebten ebenfalls und begannen, sich aufzulösen, als ihre eigene Magie gegen sie arbeitete. Es war ein Effekt, den niemand erwartet hatte.

Ein gewaltiges Beben schüttelte die Höhle, holten Klumpen von der Decke und ließ Stalaktiten wie tödliche Messer auf den Boden der Höhle fallen. Dor-Gors unbeendetes Erwachen misslang, als die Zeit ablief und die Erde mit ihrer ganzen Kraft erbebte.

Elrond sah sich um, sein Gesicht ernst und von Staub und Schweiß bedeckt. Er konnte spüren, dass dieser Ort dem Tod geweiht war. Sie mussten verschwinden, und zwar schnell. Legolas, der in schmerzvoller Erschöpfung auf ein Knie gefallen war, hatte ziemlich dasselbe Gefühl. Elrond bot dem jüngeren Elben eine Hand an und die beiden bewegten sich gerade auf den Eingang der Höhle zu, als ein großer Teil der Decke direkt über ihnen einstürzte.

Sie warfen sich aus dem Weg und wurden voneinander getrennt, als der scharfe Regen aus tödlichen Trümmern auf den beiden Elben niederkam. Fast im selben Moment fiel der Eingang der Höhle mit einem ohrenbetäubenden Krachen in sich zusammen, sperrte das Licht aus und tauchte jeden in fast vollkommene Dunkelheit.

Die Schwärze war erstickend, als die Höhle zitterte und bebte und auf die schreienden Männer und Gondrauko herabstürzte. Irgendwo in dem Lärm konnte man Melèch irgendetwas Schreckliches schreien und Dor-Gor brüllen hören, als die wütenden Krallen von Melèchs Jagdfalkensklaven Verwirrung in dem Chaos hinzufügten.

Elrond stieß sich auf seine Knie, sein Kopf klingend. Seine langen Finger fanden Blut an seiner Schläfe, wo ihn ein fallender Stein gestreift hatte. „Legolas? Legolas!", rief er den Namen seines Gefährten, aber der jüngere Elb antwortete nicht.

Der Boden unter ihm hob sich leicht und ein lautes, krachendes Geräusch füllte seine Ohren. Der Elbenlord leuchtete schwach in der Dunkelheit und mit seinem eigenen Licht fand er Legolas' bewegungslose Gestalt. Teile der Decke waren auf die Beine und die Brust des Prinzen gefallen. Der ältere Elb versuchte, die Klumpen zu heben, aber Legolas war fest eingeklemmt und er konnte den jungen Prinzen nicht alleine bewegen. Elrond fühlte besorgt nach dem Puls seines Gefährten und wurde damit belohnt herauszufinden, dass Legolas immer noch atmete. Dieselben Felsen, die den Prinzen eingeklemmt hatten, hatten ihn nur deshalb nicht getötet, weil sie auf anderen Felsen gelandet waren, den Elb einsperrend, aber nicht tötend.

„Legolas! Legolas, wach auf!", befahl der Elbenlord und schüttelte den jungen Prinzen sanft aber dringlich.

Legolas stöhnte leise, als er wieder zu Bewusstsein kam, mehr wegen Elronds Befehl als irgendeinem physischen Grund. Jede Faser seines Körpers schmerzte und die Dunkelheit um sie herum war beängstigend. Als er merkte, dass er sich nicht bewegen konnte, verstärkte sich seine Angst. Starke Platzangst entfachte Panik im Herzen des jungen Elben und er kämpfte verzweifelt gegen die Felsen, die ihn am Boden hielten. Seine Anstrengungen ließen die Felsen sich noch mehr herabsenken und noch grausamer auf seinen verletzten Körper drücken. Legolas stöhnte in verängstigtem Schmerz, alles in seinem Kopf noch immer unklar und sich drehend.

Elrond legte eine sanfte Hand auf die Stirn des verängstigten Prinzen und Legolas sah die Umrisse der leuchtenden Gestalt des Elbenlords durch verschleierte, schmerzende Augen.

„Hilf mir." Legolas' Lippen formten die Worte ohne einen Ton. Seine belasteten Lungen hatten nicht genug Luft um zu sprechen. Er erstickte.

Er hätte nicht darum bitten müssen. Elrond zog schon ein weiteres Mal an den Felsen. Sie bewegten sich, aber langsam. Zu langsam. Elrond nahm Legolas unter den Achseln und versuchte, ihn heraus zu ziehen. Der Prinz wand sich und versuchte, ihm zu helfen, einen Schmerzensschrei unterdrückend. Legolas kam langsam unter dem tödlichen Gewirr hervor.

Die Höhle bebte stark und ein lautes, zerreißendes Geräusch erfüllte die Luft. Die beiden Elben husteten vor unsichtbarem Staub. Das Beben der Erde bewegte die Trümmer und Legolas konnte ein Schrei nicht unterdrücken, als der Druck auf seinen Beinen sich mit dem Fallen der Steine stark heftig verstärkte.

Elrond drückte die Schultern des jungen Elben fest, ermutigend. „Du bist fast frei, Legolas, halte durch." Selbst inmitten all dieser Zerstörung war die Stimme des älteren Elben überraschend ruhig und ermutigend.

Eine weitere starke Erschütterung ergriff den Ort und mehr Trümmer regneten auf sie herab. Elrond fiel auf ein Knie, hielt seine Hände über seinen Kopf und beugte sich über Legolas' Kopf und Schultern, um den jungen Elben mit seinem eigenen Körper vor weiteren Verletzungen zu schützen.

Plötzlich gab es mehr Licht und sie konnten sehen, dass der letzte Einsturz ein Loch in der Decke geöffnet hatte, das Verbindung zur Außenwelt haben musste.

Elrond verstärkte seine Bemühungen, seinen Gefährten zu befreien, aber Legolas schüttelte schnell den Kopf. „Geht!", stieß er eindringlich aus. „In wenigen Augenblicken wird es zu spät sein!"

Elrond antwortete nicht, und mit einem weiteren Ziehen bekam er Legolas frei. Den jüngeren Elben halb stützend, erhob sich der Elbenlord. Zusammen suchten sie sich schnell einen Weg zu der zerklüfteten Spalte, die sich kaum drei Fuß über ihren Köpfen geöffnet hatte. Sie konnten die frische Luft nicht sehen, aber sie konnten sie riechen, und sie konnten das Licht sehen, das herab geworfen wurde. Es war ihr einziger Weg nach draußen und ihre einzige Chance. Sie mussten sie nutzen.

„Schaffst du es?", fragte Elrond schnell, über dem Kreischen der sterbenden Höhle um sie herum rufen müssend.

Legolas nickte und entzog sich Elronds stützendem Griff, trotz der Schmerzen, die es ihm bereitete.

Schnell die hinderliche, samtene Überrobe ausziehend, die seine Bewegungen behindern würde, sprang der ältere Elb leichtfüßig nach oben, ergriff den Steinrand und zog sich hoch. Sich selbst in dem engen, sich windenden Spalt Mut machend, fasste Elrond herab und bot Legolas seine Hand zur Hilfe an.

Legolas war schwindelig und er war unsicher auf den Füßen. Alles, was ihm in den letzten paar Stunden widerfahren war, war für seinen Körper zu viel gewesen um damit umgehen zu können, selbst mit der Stärke der Elben, die er besaß. Er nahm Elronds Hand und schaffte es irgendwie, in den Spalt hinaufzuklettern, aber sein Blick war verschwommen und er sah doppelt und sein Kopf pochte gleichzeitig mit seinen zu schnellen Atemzügen.

Schnell krochen die beiden Elben nach oben, halb kletternd und sich halb ihren Weg durch den schmalen, fast vertikalen Schacht kämpfend. Ihnen beiden war schmerzhaft klar, dass sich die Spalte jeden Moment schließen oder zusammenfallen und sie beide tödlich unter sich begraben könnte.

Die Ketten, die Legolas' Arme immer noch miteinander verbanden, behinderten seine ohnehin schon schweren Bewegungen.

Nach einigen unerträglich langen und klaustrophobischen Momenten des verzweifelten Kriechens, fanden die beiden Wesen sich nach oben kletternd, aus der Spalte und in die blendend helle, aber herrliche frische Luft des Herbsttages.

Sie waren immer noch nicht sicher, weil die Erde unter ihren Füßen erzitterte und nicht weit von ihnen entfernt öffnete sich der Boden mit einem grollenden Donnern, als er über der Höhle darunter zusammenstürzte. Elrond packte Legolas' Arm und brachte den schwankenden jüngeren Elben, ihn halb führend, halb ziehend, in Sicherheit.

Sie erreichten keinen Moment zu früh festen Grund, weil der ganze Hügel in einem Durcheinander von Bruchstücken in sich selbst zusammenstürzte und die Gräber derjenigen, die darunter begraben waren, für immer schloss.

Melèch, Elnon, Unuth, Dor-Gor … ihre eigenen gierigen Intrigen und ihre Lust nach Macht hatte sie alle zerstört, so wie Legolas es gesagt hatte. Die, die Böses suchten, fanden es normalerweise, und es wurde ihr Untergang.

Elrond hatte warf noch einen letzten Blick zurück übrig und schüttelte seinen Kopf, während er sich leicht gegen den dicken Stamm des Baumes hinter ihm lehnte und nach ihrem knappen Entkommen wieder zu Atem kam.

Legolas lehnte sich auch gegen den Baum, die Welt um ihn herum wankte. Die Welle der Erleichterung und der Verlust des Adrenalins, als er zu verstehen begann, dass sie nun wirklich sicher waren, waren für seinen verletzten Körper fast zu viel um damit fertig zu werden. Seine Knie gaben nach, sich weigernd, ihn noch länger zu tragen.

Elrond drehte sich schnell um, fing den Prinzen und ließ den jüngeren Elben sanft zu Boden gleiten.

Legolas' Augen waren vor Schmerz verschleiert und seine Pupillen weiteten sich viel zu sehr für die Helligkeit der Nachmittagssonne. Blut, Schweiß und Staub hingen in seinem schönen Gesicht und seine Brust hob sich unregelmäßig. Elrond wusste, dass sein junger Freund in einer Menge Schwierigkeiten steckte.

Elrond ließ seine Finger unter Legolas' Eisenhalsband gleiten, um den Puls des jungen Elben besser fühlen zu können, er starrte die hässlichen Ketten finster an, die den verletzten Prinzen immer noch gefesselt hielten. Er wünschte, dass er sie ihm abnehmen könnte, aber die Fesseln waren auf Legolas Armen zusammengeschweißt und es würde ein Metallschmied nötig sein, um sie zu öffnen.

Legolas' Puls war schwach und viel zu schnell. Elronds Finger waren blutig, als er sie zurückzog.

Elrond öffnete schnell die Vorderseite der verschmutzten, zerrissenen Tunika des jüngeren Elben, schob die Ketten zur Seite, fuhr mit seiner Hand leicht über die Brust des Prinzen und suchte nach gebrochenen Rippen oder anderen möglichen Verletzungen, die Legolas von der eingestürzten Höhle, in der sie gefangen gewesen waren, davongetragen haben könnte.

Legolas richtete ängstliche, schmerzerfüllte Augen auf den Elbenlord, als Elrond ihn untersuchte; unfähig, etwas gegen die verängstigte Reaktion seines Körpers zu tun, die von seiner eigenen Hilflosigkeit und schmerzvoll frischen Erinnerungen dessen, was andere Hände ihm vor nicht so allzu langer Zeit angetan hatten, ausgelöst wurden.

Elrond hielt plötzlich inne, als er den Blick in den Augen des jungen Elben sah und ihm klar wurde, dass Legolas nicht nur vor Schmerz unter seiner Berührung zitterte. Der junge Elb war verletzt worden. Fürchterlich verletzt. Es würde lange dauern, über die Schmerzen hinwegzukommen, geistig sowie körperlich.

Elrond wich leicht zurück. „Du brauchst mich nicht zu fürchten, Junge", flüsterte er beruhigend in ihrer Muttersprache. „Ich will dir nur helfen. Ich werde dir nicht wehtun, du hast mein Wort."

„Ich – ich weiß, I– Ihr werdet nicht …", flüsterte Legolas mit Mühe, und er meinte es auch so. Er wusste, dass der Elbenlord ihm nicht schaden wollte, er hatte einfach nicht mehr die Kraft, die Reaktionen seines Körpers zu unterdrücken. Die Welt wurde erst gelb, dann schwarz vor seinen Augen und es schien, als würde er Elronds Stimme von weit weg kommen hören, durch einen langen Tunnel.

„Sei stark, Junge … du bist frei. Gib dich jetzt nicht auf …"

Legolas' Kopf fiel zur Seite, als ihn das Bewusstsein verließ. Elrond versuchte, ihn wieder zu wecken, besann sich dann aber eines besseren. Der ältere Elb nahm den Elbenjungen in seine Arme und zeigte die ungewöhnliche Kraft seines Volkes. Er musste den jungen Prinzen an einen Ort bringen, an dem er für ihn sorgen konnte, und bald, sonst würde es zu spät sein.