So, hier ist wie versprochen die Übergangsgeschichte.

Sie ist aus Arens Sicht, da wir dachten, es wäre zu langweilig, vor dem dritten Teil noch mal eine Zusammenfassung zu geben, sondern interessanter das Ganze noch mal aus der Sicht einer anderen Person zu sehen. Und da Aren unser Originalcharakter ist, könne wir und natürlich besser in ihn versetzen, als zum Beispiel in Legolas. Außerdem wird es sicher spaßig Arens Gedanken kennen zulernen.

Es wird wahrscheinlich so sein, dass wir mit dieser Geschichte nicht fertig werden, bis unser dritter Teil herauskommt. Aber bis dahin haben wir hoffentlich schon einen Großteil der Geschehnisse aus dem zweiten Teil abgedeckt. Wenn es soweit ist, geht natürlich erst mal Teil drei vor, aber ‚Aren on Tour' wird auf jeden Fall fertig gestellt.

So, dann viel Spaß!

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Aren on Tour

oder ‚Was Euch Charly und Joey verschwiegen haben'

Kapitel 1

Seitdem mein werter Cousin Legolas erfolgreich von seiner Mission zurückgekehrt ist, ist es in Düsterwald deutlich ruhiger geworden. Die Anspannung, die seit der stetig wachsenden Bedrohung von Mordor aus in der Luft lag, hat merklich abgenommen. Doch noch immer ist Besorgnis in den Gesichten aller zu lesen, besonders da noch immer Orks die Gegend unsicher machen, plündern und zerstören. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht, aber ich kann es nicht in Worte fassen; ich fühle, dass noch immer eine nicht greifbare Bedrohung über unser aller Köpfen schwebt.

Legolas hat mir immer wieder versichert, dass alles in Ordnung ist. Aber ich kenne ihn gut genug, um zu sehen, dass auch er sich Sorgen macht.

Er ist vor zwölf Tagen losgezogen, angeblich um durch die Wälder zu streifen, nach seiner Abwesenheit nach dem Rechten zu sehen. Aber ich wette er ist unterwegs, etwas über die Orks heraus zu finden, die vor zwei Wochen hier in der Nähe gesichtet wurden.

Seit heute Morgen ist es mit der Ruhe allerdings vorbei. Dinrían hat im Wald zwei Menschen aufgegriffen. Er hat sie in den Palast gebracht, und hier schmoren sie nun seit einem halben Tag im Kerker. Demnach zu urteilen, was Dinrían berichtet hat, könnten das die beiden Mädchen sein, von denen Legolas berichtet hat. Ich hab ihm natürlich bis jetzt kein Wort geglaubt und gedacht, er wollte seine Geschichte nur ein wenig interessanter machen. Aber wie mir jetzt scheint habe ich ihm wohl unrecht getan.

Als Thranduil jemanden schicken will, die beiden zu holen, biete ich mich an, denn ich brenne darauf, die beiden kennen zu lernen. Gerüchten zu Folge muss eine von ihnen eine ziemlich große Klappe haben und stundenlang gegen die elbische Gastfreundschaft, den König und die Welt im Allgemeinen gewettert haben. Ich wette, dass sie die jenige ist, die Legolas den Kopf verdreht hat und wegen der er jetzt Liebeskummer hat (ein weiterer Grund, den Palast so schnell wie möglich zu verlassen – um sich abzulenken), auch wenn er das nie zugeben würde.

Als ich die Treppe Richtung Kerker heruntergehe, wird es immer kühler und immer stiller. Kein besonders angenehmer Ort. Eigentlich hätte es einabgeschlossenes bewachtes Zimmer wohl auch getan. Zwei Menschenmädchen sind wohl harmlos. Allerdings habe ich das über Hobbits auch immer gedacht, und wie mir zu Ohren gekommen ist, ist vor einigen Jahren eben einem solchen und ein paar Zwergen die Flucht aus den Kerkern gelungen.

Wie dem auch sei, ich stehe jetzt vor der Zelle und bedeute der Wache aufzuschließen. Das erste, was ich höre, ist ein erleichtertes und gleichzeitig ziemlich empörtes "Na endlich holt uns hier mal jemand raus!" und steht eins der Mädchen vor mir. Sie hat braune schulterlange Haare, ebenfalls braune Augen und hat sich gerade vor mir aufgebaut. "Ich dachte schon, ihr lasst uns hier verrotten!" Das muss dann also die mit der großen Klappe sein. Als sie mich wütend anfunkelt, ist das Einzige, was ich denken kann nur ‚Wow!'. Irgendwie sieht sie niedlich aus, wenn sie sich so aufregt. Moment – was denke ich da eigentlich? Ich hab sie noch keine zehn Sekunden gesehen und finde sie schon niedlich? Außerdem ist sie ein Mensch! Und ein ziemlich kleiner noch dazu! ‚Arengórë, du musst dich dringend zusammenreißen!' sage ich mir selbst und sehe das andere Mädchen an. Sie ist fast einen ganzen Kopf größer, hat dunkelblondes Haar und grüne Augen. Sie sagt nichts, blickt nur zurück.

Jetzt, wo ich die beiden gesehen habe, muss ich mich korrigieren. Das zweite Mädchen ist doch eher Legolas' Typ.

Bei eingehender Betrachtung fällt mir auch die seltsame Kleidung auf, die die beiden tragen. So etwas habe ich noch nie gesehen, und schon gar nicht in diesen Farben!

Den komischen Rucksack den die beiden bei sich hatten, haben wir vorsichtshalber konfisziert; aber bis jetzt hat sich keiner getraut ihn zu öffnen und Dinrían hat ihn nur weggeschlossen.

Mir fällt erst auf, dass ich die Mädchen die ganze Zeit angestarrt habe, als ich bemerke, dass sie ebenso zurückstarren.

Ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben, drehe ich mich um und gehe wieder, darauf vertrauend, dass die beiden mir folgen werden.

Während die Braunhaarige anfangs noch ununterbrochen redet, ebbt ihr Wortschwall irgendwann ab, je länger wir unterwegs sind. Ich bin extra ein paar Umwege gegangen, um sie zu ärgern. Mit ein wenig Glück ist sie dann zu erschöpft, um Thranduil gegenüber genauso zu zetern. Es wäre ja noch schöner, wenn sie dem König respektlos gegenüberträte!

Als wir vor dem Thronsaal ankommen, lasse ich beide sich hinsetzen und verschwinde durch eine den Türen. Ich trete vor Thranduil, der gerade in ein Gespräch mit einem seiner Berater vertieft ist. "Mein König? Eure Gäste sind da." "Ah, Arengórë. Ich werde gleich Zeit für sie haben." Damit wendet er sich wieder seinem Gesprächspartner zu.

Nach einer Viertelstunde entfernt sich der Berater und Thranduil bedeutet mir, die Mädchen reinzulassen. An der Mine der Dunkelhaarigen erkenne ich sofort, dass ihr die lange Wartezeit ganz und gar nicht gepasst hat. Na, hoffentlich geht das gut!

"Herzlich Willkommen in Düsterwald! Mein Name ist Thranduil." Die Mine der Blonden hellt sich augenblicklich auf. Die andere ist aber weniger begeistert. "Also ich stelle mir unter einem herzlichen Willkommen etwas anderes vor!" Also, so kann man doch nicht mit dem König reden! Aber sie ist noch nicht fertig. "Und dieser... dieser ‚Begleiter' ist verschlossen wie eine Auster." Ich muss grinsen. "Ich nehme das als Kompliment." Sie dreht sich um und schaut ziemlich überrascht, lächelt dann zögerlich. Dieses Lächeln steht ihr ausgesprochen gut, muss ich sagen. ‚Reiß dich zusammen, Arengórë!'

"OK, also... also das hat sich dann wohl erledigt. Aber trotzdem. Wir haben höflich darum gebeten, mit Legolas oder Ihnen sprechen zu dürfen, und was bekommen wir als Antwort? Einen Kerkeraufenthalt!" "Ja, das hat Dinrían erzählt." "Dinrían?" Die Blonde beugt sich etwas zu der anderen herunter und flüstert ihr etwas ins Ohr; laut genug, dass ich meine elbischen Hörfähigkeiten wohl nicht bräuchte, um sie zu verstehen. "Er meint wohl unsere Ballerina." "Ah."

Ich würde am liebsten in lautes Lachen ausbrechen. Dinrían eine Ballerina? Ich würde zu gerne seinen Gesichtsausdruck sehen, wenn er das zu hören bekommt.

Wie dem auch sei. Das Gespräch dauert noch einige Momente, in denen sich Thranduil aufrichtig entschuldigt und dann mache ich mich auf den Weg, die beiden in ihre Gemächer zu bringen.

"Da du ja offenbar doch reden kannst, hast du bestimmt auch einen Namen." Die Kurze wieder. Scheint keine fünf Minuten still sein zu können. Ich verzichte darauf, ihr zu erklären, dass man auch einen Namen hat, wenn man nicht reden kann. "Natürlich. Ich heiße Arengórë. Und ich nehme an, dass ihr auch Namen habt." Erst jetzt wird mir bewusst, dass sie sich dem König gar nicht vorgestellt haben. Wie unhöflich! "Ja Charlotte, und sie hier ist Josephine. Aber der Einfachheit halber nur Charly und Joey."

"Eure Zimmer." Ich öffne eine Türe und wir drei treten ein. Die beiden blicken sich eingehend um und scheinen zufrieden. "Hey Aren!" spricht Charlotte mich wieder an. "Arengórë." verbessere ich sie. "Aber das ist doch so lang." Ihr Blick sagt mir, dass ich ihr meinen neuen Spitznamen nicht ausreden werde können. Ich seufze und ergebe mich in mein Schicksal.

Ich erkläre kurz, dass die beiden heute Abend mit Thranduil essen werden und verschwinde dann mit Josephine nach nebenan, um ihr ihr Zimmer zu zeigen.

Dann lasse ich auch sie alleine und begebe mich zu den Ställen. Mich um die Pferde zu kümmern ist meine Lieblingsbeschäftigung, wenn Legolas nicht da ist, mit dem ich sonst durch die Wälder streifen würde. Dass er mich auf seine Orkjagd nicht mitgenommen hat, nehme ich ihm sehr übel, schließlich bin ich sein Cousin!

Aber der Anblick, der sich mir bietet als ich aus dem Palast trete, entschädigt mich für alles. Charlotte steht auf dem zu ihrem Zimmer gehörigen Balkon und sieht einfach umwerfend aus. Sie trägt ein fliederfarbenes Kleid mit weiten Ärmeln und es passt ihr einfach perfekt. Sie sieht aus, als hätte sie noch nie etwas anderes getragen...

Ich reiße mich von ihrem Anblick los. "Alles in Ordnung?" Charlotte war offenbar so tief in Gedanken, dass sie sich sichtbar erschreckt. "Ja, prima." "Ich werde euch in einer halben Stunde abholen." "OK."

Und das tue ich dann auch. Die Bediensteten des Palastes haben ein Festmahl aufgetragen, mit den Spezialitäten dieser Gegend. Unsere Gäste betrachten das Mahl allerdings etwas kritisch, wohl weil sie elbisches Essen nicht gewöhnt sind. Doch dann fangen auch sie an zu essen.

Nach einiger Zeit bemerke ich, dass Charlotte den Großteil ihrer Mahlzeit nur auf dem Teller hin und her schiebt. Anscheinend hat das auch der König gemerkt. "Schmeckt es nicht?" fragt er. "Do...doch. Es ist bloß so, ich esse nichts... was mal eine Mama hatte."

Fünf Sekunden lang herrscht völlige Stille im Raum. Ich muss ein Grinsen hinter meiner Hand verstecken, als ich den Gesichtsausdruck von Thranduil sehe. Dieses Mädchen ist anscheinend immer für eine Überraschung gut; ich habe meinen Onkel schon lange nicht mehr sprachlos gesehen.

"Sie essen nichts, was mal eine Mama hatte? Was essen Sie denn dann?" "Na, alles mögliche, schließlich gibt es nicht zur Fleisch zu essen. Gemüse zum Beispiel, oder Reis und Nudeln." Von Letzterem habe ich noch nie gehört, aber das ist auch unwichtig. Der Gesichtsausdruck, den Thranduil jetzt aufgesetzt hat, ist einfach Gold wert.

Nachdem mein Onkel sich von seinem Schock erholt hat, gehen die Gespräche in Small Talk über. "Mein Sohn hat mir nach seiner Rückkehr viel über eure Welt erzählt. Vieles klingt zu unglaublich, um wahr zu sein." "Hat er mich zufällig erwähnt?" fragt Josephine. "Wenn Sie das Mädchen sind, das meinen Sohn verprügelt hat..." Ich weiß genau, dass Thranduil scherzt, aber Josephine wird weiß, wie die Wand.

Die Geschichte hat tatsächlich ihre Runde gemacht. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass Josephine etwas gegen Legolas hätte ausrichten können, wenn er sich wirklich hätte wehren wollen. Bei dem Gedanken an einen gestandenen Elb, der sich von einem Menschenmädchen schlagen lässt, muss ich unwillkürlich erneut grinsen. Ich fange Charlottes Blick auf, der schon seit einiger Zeit immer wieder auf mir ruht. Als ich ihr allerdings direkt in die Augen sehe, wird sie leicht rot und schaut weg. Oh man!

Nach dem Essen begleite ich die beiden wieder zu ihren Gemächern. Plötzlich habe ich wieder das sprachlose Gesicht meines Onkels vor Augen und ich grinse leise in mich hinein. Und zu denken, dass ich Legolas kaum glauben konnte, als er mir von diesen wirklich sehr außergewöhnlichen Mädchen erzählt hat...

Anscheinend ist mein Grinsen auffälliger als ich dachte, jedenfalls hat Charlotte – der anscheinend nichts entgeht – es bemerkt. "Sag mal, du scheinst das ja alles sehr lustig zu finden." "Ja, ich finde das alles sehr lustig, weil ich mich gerade daran erinnert habe, wie ich Legolas ausgelacht habe, als er von euch erzählt hat. Ich hab ihm nicht geglaubt, ich dachte er erzählt irgendeine Story als Entschuldigung dafür, dass er nachdem der Ring zerstört war, wieder ein paar Tage weg war, ohne sich abzumelden, und jetzt stehe ich neben euch." "Du glaubst Legolas lügt?" fragt Josephine mich empört. Oje, da habe ich wohl etwas falsches gesagt!

Um sie abzulenken erzähle ich den beiden etwas über die Familienverhältnisse in Düsterwald und auch dass ich mit Thranduil und Legolas verwandt bin.

Als ich den beiden eine gute Nacht gewünscht habe, gehe auch ich zu meinen Zimmern. Allerdings geht mir der Blick von Charlotte nicht aus dem Kopf, den sie mir zugeworfen hat, als ich den Ring erwähnt habe.