Titel: Ich bereue nichts
Autor: Canablyz ( - Kommentare, Heiratsanträge, Meinungen, Drohmails, usw. - alles an canablyz@yahoo.de )
Inhaltsangabe: Eine Geschichte über Illusionen und Lügen, Schuld und Unschuld und darüber, wie erbarmungslos das Leben sein kann. Gut und Böse existieren nämlich nicht. Aber die festgefahrenen Definitionen und Vorstellungen darüber haben sich gegen die Wahrheit schon seit jeher verschworen... – ‚Leg' dich mit den Besten an, und du stirbst wie alle dann' –
Zeit: 1996 / 1997. (6. / 7. Schuljahr)
Disclaimer: Alles geklaut von J.R. Rowling. Und ohne Gewissensbisse.
FSK: Zwar total überflüssig, als ob sich irgendeiner daran halten würde... aber na ja. Ab 13.
Anmerkung: ‚Ich bereue nichts' ist der erste Teil meiner Geschichte. Hauptcharakter ist Draco Malfoy. Das Zitat im Prolog ist aus „Hackers – Im Netz des FBI". In Kapitel 5 sind übersetzte Zeilen eines Songs von Linkin Park.
Ich bedanke mich bei allen, die mir reviewt haben, danke!!! *wuschel alle*
Epilog
Dezember 1997.
Ginny fuhr erschrocken zusammen, als sie sah, wie Draco sich ihr näherte.
Sie hatte Draco seit Schulbeginn immer nur von Weitem gesehen.
Sie hatte ihn gemieden.
So wie er sie.
Aber nun näherte er sich ihr.
„Hallo Ginny", sagte er. Ausdruckslos.
„Draco", entgegnete sie knapp.
Sie wollte gehen. Aber ihre Beine gehorchten ihr nicht.
Hochaufgerichtet stand er vor ihr.
Sein silberblondes Haar hob sich von dem Schwarz seines Umhanges ab und glitzerte mit dem Schnee, der gefallen war, scheinbar um die Wette.
Sie sahen sich stumm an.
Erinnerungsfetzen schossen vor Ginnys innerem Auge vorbei.
Das Treffen auf dem Astronomieturm.
Der Weihnachtsball.
Der erste Kuss.
Die Heulende Hütte.
Der Abschied im Zug.
Die darauffolgende Dunkelheit, die sie so tapfer und schließlich erfolgreich bekämpft hatte.
Und plötzlich fand Ginny sich in Dracos Armen wieder.
Sie war zu ihm hingerannt, geflohen in seine Arme.
Die Schlucht der Zeit verengte sich und die bloße Umarmung reichte aus, um ein halbes Jahr in eine Sekunde zu verwandeln.
Die Dunkelheit vor einigen Monaten war vergessen. Ebenso der Schmerz.
„Warum hast du im Zug nur die ganzen Sachen gesagt", murmelte sie. „Warum hast du mich heute aufgesucht. Ich habe doch so sehr versucht, dich zu vergessen."
„Ich... musste dem ein Ende setzen."
Ginny sah auf in seine grauen Augen. Sie wirkten angespannt. Müde. Irgendwie lauernd.
„Hast du mehr empfunden als du wolltest?", kam sie der Sache auf den Punkt.
Draco nickte. „Wir dürfen uns so etwas nicht leisten. So dachte ich, es wäre besser, dem ein Ende zu setzen."
Ginny biss sich auf die Lippen.
„Aber... ich habe es nie wirklich geschafft."
Ginny wunderte sich über seine Offenheit.
„Ich muss immerzu an dich denken. Und an die Aussicht, dass wir wieder etwas anfangen könnten."
Hoffnung ballte sich in Ginny zusammen. „Ja", hauchte sie. „Dann lass uns wieder von vorne anfangen."
Doch ein Kopfschütteln Dracos ließ ihre Hoffnung zunichte machen.
„Das geht nicht. Und das weißt du genau", sagte er sanft.
„Der Verlust ist nie etwas zu wissen, hm", zitierte sie ihn.
Er lächelte. Das Lächeln erreichte seine Augen nicht.
Wortlos löste sich Ginny aus der Umarmung und trat zurück.
Ihr Herz hatte sich zusammengekrampft, aber mit einem Mal, ganz plötzlich, war ihre Vernunft stärker.
Die Gefühle schrieen in ihr und dröhnten in ihren Ohren. Aber die Vernunft sperrte sie ein. Dort, wo niemand sie hören konnte.
„Weswegen bist du dann gekommen?"
„Um ein letztes Mal mit dir zu reden."
Sie nickte zögernd. Vielleicht war es gut, wenn sie so etwas wie ein Abschiedsgespräch führten. Um endlich voneinander loslassen zu können. Um ein neues Leben zu beginnen, nie wieder verfolgt von Erinnerungen an eine kalte Liebe.
In Dracos Augen lauerte der Spott.
Was hatte er nur vor? Er verwirrte sie. Ihre Vernunft ließ sie wachsam werden.
„Bereust du es?" Er sah sie aus halbgeschlossenen Augenlidern an.
„Was? Die Zeit mit dir?"
Er nickte langsam. „Die Zeit mit mir. Die Folgen. Dein Handeln."
Ginny schüttelte den Kopf. „Ich bereue nichts. Wozu auch. Ich habe getan, was ich wollte. Was ich für richtig gehalten habe. Nein, Draco. Ich bereue nichts."
„Und glaubst du immer noch an Gut und Böse?", fragte er sie weiter.
Sie blinzelte über das plötzliche Themenwechsel.
Ginny nickte. „Ja. Jetzt, wo Voldemort vor den Toren steht, umso mehr."
Draco lächelte verächtlich. „Es gibt kein Gut oder Böse. Es gibt nur Macht. Gut und Böse existieren nur, weil unsere Welt sie zu definieren versucht. Gut und Böse bestehen nur, weil es dir, wie allen anderen auch, von jeher in den Kopf gesetzt wurde, es würde sie geben. Und solange es jemanden gibt, der an Gut und Böse glaubt, wird es auch einen Kampf geben. Die Welt mag um uns herum zerfallen, aber der Kampf wird niemals aufhören."
Er klang uninteressiert, als er ihr dies sagte. Gleichgültig. Beinahe ausdruckslos.
Sogar die Arroganz in seinen eisgrauen Augen war verblasst.
Sie standen auf den Ländereien Hogwarts in der Nähe des Verbotenen Waldes. Sie starrte ihn an und versuchte, seine Worte zu verstehen, während die Sonne langsam am Horizont unterging und dem Mond die Nacht gewährte.
„Ich glaube an das Gute und an das Böse", widersprach sie ihm zögernd. „So sehr es den Krieg oder den Frieden gibt, gibt es auch das Gute und das Böse. Gut und Böse sind wie Tag und Nacht. Doch dazwischen liegt die Dämmerung. Sie sind wie Sonne und Mond, aber für kurze Zeit teilen sie sich den Himmel. Gut und Böse haben nebeneinander einen Platz. Und solange man das Gleichgewicht zwischen ihnen erhält, ist alles in Ordnung. Sinn des Kampfes ist es, das zerstörte Gleichgewicht wiederherzustellen."
„Ich bitte dich", höhnte er. In seinen Augen blitzte es kalt auf, ehe die Gleichgültigkeit ihn wieder beherrschte. „In unserer Gesellschaft leben Gut und Böse in zwei verschiedenen Welten. Es gibt entweder das Eine oder das Andere, und man kann es sich nicht aussuchen, auf welcher Seite man stehen darf. Dafür sind sie austauschbar. Was heute noch als gut gilt, kann morgen schon als böse gelten. Die Menschen haben im Laufe der Zeit gelernt, sich für all ihre Lügen zu rechtfertigen und wer sie daran kritisiert, wird ausgestoßen."
Sie schüttelte sanft den Kopf. „Jeder kann aus freiem Willen aussuchen, auf welcher Seite er stehen will. Gut und Böse sind untrennbar miteinander verknüpft, so wie es ohne einen Tag keine Nacht geben kann, gibt es ohne das Gute auch kein Böse. Und man kann zu jeder Zeit die Seiten wechseln. Sich verbünden. Vergeben. Vergessen. Bereuen. Und hoffen."
Er machte eine abwertende Geste. „Illusionen. Du lebst in einer Welt voller Illusionen. Du bist eine Marionette, die das tut, so wie es an den Fäden gezogen wird. Die Wahrheit ist irgendwo da draußen und offenbar eine Nummer zu groß für dich."
Sie ging nicht auf seine Provokation ein. „Wenn es für dich kein Gut und Böse gibt, auf welcher Seite stehst du dann?"
Ein Wolf heulte irgendwo in den Tiefen des düsteren Waldes.
„Auf meiner Seite. Ein Kampf hat niemals nur zwei Seiten. Sondern mehrere. Aber ich schätze, dass wir auf verschiedene Seiten stehen... . Was ein Problem für dich werden könnte, wenn du nicht zu wissen vermagst, ob ich nun Freund oder Feind bin. Denn es gibt weder Freunde noch Feinde."
„Wenn du nicht auf meiner Seite stehst, bist du ein Feind." Sie klang hart. Dabei wollte sie es ihm doch erklären. Erklären, warum und wieso sie so dachte, wie sie dachte. Und sie wollte ihn verstehen.
„Wie einfach du es dir doch machst. Dann legst du dich also mit mir an?" Er lächelte spöttisch. Die wohlbekannte Arroganz flackerte in seinen Augen wieder auf.
Langsam nickte sie. „Ich glaube nämlich an das, wofür ich zu kämpfen versuche."
„Tu', was du glaubst, tun zu müssen." Sein spöttisches Lächeln verwandelte sich in Hohn. Verachtung war in seinem Gesicht zu lesen. „Leg' dich mit den Besten an, und du stirbst wie alle dann."
Er näherte sich. Erst, als er dicht vor ihr war, blieb er stehen.
„W-was willst du damit sagen?" Sie klang schwach. Das tückische Lauern in Dracos Augen machte ihr plötzlich Angst.
„Ich will damit sagen, dass ich zu den Besten gehöre." Er lächelte sie sanft an. Sanft, aber lauernd. Falsche Sanftheit.
„Draco?" Ginnys Knie zitterten plötzlich. „Was hast du vor?"
Er hob seine linke Hand und strich ihr vorsichtig eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht und klemmte sie ihr hinters Ohr.
Seine Hand streifte dabei ihre Wange.
Sie spürte seine Kälte.
‚Um ein letztes Mal mit dir zu reden', hallte es ihr plötzlich in dem Kopf wider. ‚Um ein letztes Mal mit dir zu reden.'
In seinen Augen flackerte es gefährlich auf.
„Ich will Abschied nehmen", sagte er rau. Er beugte sich zu ihr hinab und legte vorsichtig seine Lippen auf die ihren. Er gab ihr sanft einen letzten Kuss.
In Ginny prickelte es. Ihr Herz zog sich zusammen, ihre Gefühle brachen aus ihrem Gefängnis aus, die Vernunft versuchte sich ihrer zu bemächtigen, während die Angst ihre Seele hinaufkroch.
Dann richtete er sich wieder auf.
'Leg' dich mit den Besten an. Und du stirbst wie alle dann.'
Mit einem Male wusste Ginny, was Draco vor hatte.
Er wollte wirklich Abschied nehmen.
Mit ihr ein allerletztes Mal reden.
Sie stand wie erstarrt da und obwohl sie wegrennen wollte, konnte sie es nicht.
Nichts in ihrem Körper gehorchte ihrer Vernunft mehr.
Ihre Vernunft hatte den Kampf verloren.
Eine Krähe flog über sie hinweg. Sie krächzte schaurig. Ein dunkles Lied.
„Bedauerlich, dass du nie verstanden hast, was wirklich im Leben zählt", vernahm sie Dracos lauernde Stimme. Sie war leise.
Bedauern und Gehässigkeit kämpften um die Herrschaft seines Tons.
Eine stumme Träne lief Ginnys Wange herunter.
„Weine nicht." Er wischte ihr die Träne mit dem Daumen weg. „Du brauchst nie wieder mehr zu weinen." Er lächelte sanft. „Nie wieder."
‚Leg' dich mit den Besten an. Und du stirbst wie alle dann.'
Verzweiflung zeriss ihre Seele. Pure Verzweiflung. Und das Wissen, nichts tun zu können.
Dracos rechte Hand glitt unauffällig unter seinem Umhang.
„Hörst du die Krähe?"
Ginny nickte langsam.
„Sie singt ein Todeslied." Er sah sie aufmerksam an. „Du musst wissen, Ginny..., auch ich..., ich bereue nichts."
Mit diesen Worten rammte er ihr einen spitzen Dolch mitten in ihr Herz.
Sie war nicht überrascht, als sie die kalte Spitze in ihrem Herz spürte. Sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass er sie töten würde.
‚Leg' dich mit den Besten an. Und du stirbst wie alle dann.'
Sie sah Draco an.
„Ich wünsche dir angenehme Träume, Ginny."
Sie starb. Sie starb wie alle sterben würden.
Schmerz wallte in ihr hoch. Unerträglicher Schmerz.
Sie wollte nicht sterben. Sie wollte nicht...
Draco fing sie auf, als sie fiel.
Sanft legte er sie auf dem Boden, mit dem Gesicht nach oben.
Sie fühlte die Kälte des Schnees in ihrem Rücken.
Wie naiv sie doch gewesen war...
Blut sickerte aus ihrem Herzen.
„Wir würden alle in die heißersehnte Hölle kommen, Draco", presste Ginny hervor. „Erinnerst du dich? Das hast du einmal gesagt." Sie sah ihren Mörder an. Sie konnte nichts mehr für ihn empfinden. Im Augenblick des Todes verspürte sie nur Gleichgültigkeit. Eiserne Gleichgültigkeit.
Draco nickte und lächelte.
„Dann sehen wir uns dort sicherlich wieder." Sie spürte Dunkelheit. Dunkelheit, die sich über ihre Gedanken legte. Über ihre Seele. Ihr Blick verschleierte sich. Langsam glitt ihre Seele fort.
Sie schloss die Augen. ‚Ich will nicht sterben.'
Doch sie starb.
Das Lied des Todes verklang. Offenbar war die Krähe davongeflogen.
Das rote Blut vermischte sich mit dem unschuldigem Schnee und ließ es sündig aussehen. Trotzend. Der Welt trotzend.
Draco sah auf Ginny herab.
Ihr Gesicht wirkte friedlich.
„Ja", murmelte er kalt. Er grinste höhnisch. „Wir bereuen beide nichts."
- ENDE -