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Kapitel 3:

Sesha Shantay
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Harry warf einen letzten Blick in die sonnendurchflutete Wohnung und zog dann die weiße Wohnungstür zu. Seine Hand griff in seine Hosentasche, zog einen Schlüsselbund heraus und steckte den richtigen Schlüssel in das Schloß. Zweimal klickte es, dann verschwand der Schlüsselbund wieder in seiner Tasche.

Wieder ein Kapitel, das abgeschlossen wurde. Wieder einmal verließ er einen Ort, den er Zuhause genannt hatte, der dies aber nie gewesen war, um in sein einzig wahres Zuhause zurück zu kehren. Hogwarts, der einzige Ort, an dem er sich jemals gewollt und geliebt gefühlt hatte. Und doch, diese Rückkehr hatte einen Beigeschmack, den Harry nicht mochte. So schön es war, in dieses Schloß mit all den alten Freunden, die dort versammelt waren, zurückzukehren, es war doch nicht richtig so. Er war kein Schüler mehr, er war kein Lehrer, er hatte dort nichts zu suchen.

Es war schwer für ihn, diesen Gedanken abzuschütteln und sich einzureden, daß Dumbledore ihn wirklich brauchte. Harry konnte sich nicht vorstellen, daß diese Aussage des Direktors etwas anderes war, als eine Ausrede, um ihn zurück in den Schutz des Schlosses zu holen. Warum sollte Dumbledore ihn brauchen? Harry Potter war nicht mehr der Mythos von damals.

Hatten nicht alle damals erwartet, daß es nur ein kurzes Gastspiel sein würde, daß Voldemort geben würde? Hatten nicht alle geglaubt, daß Harry Potter, der Junge, der überlebte, spätestens nach seinem Schulabschluß einen Weg finden würde, den schwärzesten Zauberer aller Zeiten wieder zurück in die Hölle zu schicken? Er hatte diese Erwartungen nicht erfüllt. Versucht, ja, aber nie erfüllt.

Die Sonne strahlte ihm hell und klar ins Gesicht, als er die Tür des Wohnhauses öffnete und mit seinem Koffer ins Freie trat. Schon von weitem sah er die lange schwarze Limousine, die sich ihren Weg durch die überfüllten Straßen Londons bahnte und dabei auf wundersame Weise immer das erste Auto an der Ampel war oder durch jede noch so schmale Lücke gleiten konnte, als wäre sie nichts weiter als eine kleine Schlange.

Harry lächelte. Seine letzte Fahrt in einer solchen Limousine war unbeschwerter gewesen. Auch damals hatte die Gefahr scheinbar über ihm geschwebt, aber trotzdem, es war leichter gewesen. Er hatte die Gefahr damals einfach nicht ernst genommen. Im Gegensatz zu jetzt, wo sein Mut und sein großspuriges Gehabe nichts weiter waren, als eine Fassade, die er aufrecht erhalten mußte, ganz allein um seiner selbst Willen.

Der schwarze Wagen glitt beinahe lautlos über die Straße hinweg und kam genau neben Harry zum Stehen. Ein uniformierter Zauberer des Ministeriums entstieg dem riesigen Gefährt, verbeugte sich leicht vor Harry und nahm ihm dann seinen Koffer ab. Ein zweiter Mann öffnete nun die Beifahrertür und wies Harry an, in den Fond zu steigen.

Harry zog den Kopf ein, als er auf den Rücksitz des Wagens kletterte. In dem Auto selbst war es dunkel, die Vorhänge an den Seitenfenstern waren zugezogen und auch die Heckscheibe war verdunkelt. Trotzdem stutzte Harry, als er aufblickte. Er war nicht allein im Wagen. Auf der Sitzbank ihm gegenüber saß ein junges Mädchen, doch mehr konnte er über sie nicht sagen, zu gut war sie in der Dunkelheit gegen seinen Blick abgeschirmt.

Der Wagen setzte sich langsam in Bewegung und Harry lehnte sich in dem bequemen Sitz zurück. Vorsichtig schob er einen der Vorhänge zur Seite, um ein wenig Licht in den Wagen zu lassen, ohne seine Mitreisende zu wecken.

Die Sonnenstrahlen fielen sanft durch die getönten Scheiben des Wagens und nun konnte Harry auch sehen, wer mit ihm in dem Auto saß. Der Atmen stockte ihm.

Daß es eine Frau gewesen war, hatte er ja schon bemerkt, als er eingestiegen war, aber daß sie so atemberaubend schön war, damit hatte er nicht gerechnet.

Ohne auch nur eine Sekunde den Blick von ihr abzuwenden, lehnte Harry sich in den Sitz zurück und blickte sein Gegenüber eindringlich an. Sie war noch sehr jung, er schätzte sie etwa auf sein Alter und ihrem Äußeren nach kam sich mit Sicherheit nicht aus England. Vielleicht hier geboren, aber doch sicherlich mit östlichen Vorfahren, denn ihre Haut hatte einen bronzefarbenen Ton und ihre langen leicht gewellten Haare waren pechschwarz und dick. Ihre Kleidung war indisch, das erkannte Harry sofort, und es paßte zu ihrem restlichen Äußeren.

Was tat sie wohl hier? Er wußte, daß dieses Auto ihn direkt nach Hogwarts bringen würde, ohne jeden weiteren Halt, was dann wohl hieß, daß auch sie nach Hogwarts fuhr.

Gerne hätte Harry sie geweckt, alleine schon, um seine Neugierde zu befriedigen, doch er tat es nicht. Sie hatte sicherlich eine lange Reise hinter sich und war sicher nicht erfreut, wenn irgendein dahergelaufener Junge kam und ihren Schlaf störte.
Er griff in seine die Sporttasche neben ihm auf den Sitz und zog ein Buch mit dem Titel Die neuesten Schutzzauber und Gegenflüche heraus.


Die Sonne stand fast schon wieder tief am Himmel, der Nachmittag war weit fortgeschritten und vor nicht allzu langer Zeit, hatte Harry seine Aufmerksamkeit endgültig von seinem Buch abgewandt. Mit einem Ausdruck in den Augen, der kaum zu beschreiben war, blickte er aus dem Fenster und saugte den Anblick der wilden, rauhen Landschaft in sich auf.

Sie waren dem Schloß nah, er fühlte und wußte es auch, denn die Landschaft, so wild sie war, kam ihm so bekannt vor, als hätte er nie etwas anderes gesehen.

Die Frau schlief noch immer, doch Harry fiel auf, daß sie sich in den letzten Minuten immer häufiger bewegte. Sie würde sicher bald aufwachen. Während der letzten Stunden hatte er noch so manche Minute damit verbracht, sie genau anzusehen und jedesmal kam er zu dem Schluß, daß sie noch schöner war, als er bis dahin gedacht hatte.

Harry grinste. Er kannte das Gefühl, er hatte es in den letzten Jahren oft gefühlt und es hatte Cho regelmäßig in den Wahnsinn getrieben, wenn sie bemerkt hatte, daß es mal wieder passiert war. – Es war ihr nie gefährlich geworden, nicht mehr als ein kurzes Kribbeln, das Aufflammen von Schmetterlingen im Bauch – aber Cho war eine Frau und Frauen drehten in solchen Sachen ja gerne mal durch.

Harry wußte, daß er es sich zu einfach machte und er wußte auch, wie schwer ihre Beziehung für Cho manchmal gewesen sein mußte. Und trotzdem... Er senkte traurig den Blick und biß sich auf die Unterlippe, um ihr Zittern zu unterbinden. Trotzdem waren sie doch glücklich gewesen! Das konnte doch nicht alles nur eine Lüge gewesen sein.

Er begriff noch immer nicht, wie Cho einfach so hatte fortgehen können. Eine Drohung, eine Bedingung und weg war sie. Einfach so. – Er sah noch immer nicht, daß er seiner Partnerin einfach zu viel abverlangt hatte, er hatte ihre Zeichen nicht gelesen und als sie endlich gesagt hatte, was sie wollte, war es schon zu spät gewesen, ihn noch zum Einlenken zu bewegen.

Er sah die junge Frau an, die im Schlaf den Kopf auf die andere Seite drehte. Der Wagen holperte ein wenig und eine Strähne welliges Haar rutschte ihr ins Gesicht.

Was hatte es denn noch für einen Sinn, über die vergossene Milch zu trauern? Cho hatte gehen wollen, sie war gegangen. Harry konnte mit Verlust leben. Er hatte es schon zu oft erlebt, erwartete eigentlich schon gar nicht mehr, daß das Schöne lange blieb, wenn er es sich auch immerzu wünschte, mit jeder neuen Gelegenheit, die sich ihm bot.

Warum sollte er es also nicht machen wie immer? Aufstehen, weitergehen und warten, bis die Wunden heilten, die nächste Chance sich bot.

Nicht eine Sekunde verschwendete er daran, Cho einfach noch einmal zu bitten, sich um sie zu bemühen und für sein Glück, seine Familie zu kämpfen. Wenn der großartige Harry Potter einen Fehler hatte, dann war es wohl der, daß er zu schnell aufgab, wenn es darum ging, für seine Familie zu kämpfen. Etwas, was ihm immerzu fremd gewesen war, was wohl auch der Grund dafür war, warum er ihren wahren Wert nicht kannte.

Wieder wand die junge Frau den Kopf und wachte schließlich auf. Ein wenig benommen blinzelte sie in den halb erleuchteten Fond des Wagens und schien erst einen Moment zu überlegen, wo sie gerade war. Ihre Augen blickten in seine Richtung und er konnte sehen, daß sie fast erschrocken aufblitzten. Sofort richtete sie sich in ihrem Sitz auf und nahm eine eher steife, verkrampfte Haltung an.

Harry beschränkte sich auf ein Lächeln, von dem er wußte, daß es viele Frauen bereits beeindruckt hatte, doch sie schien es nicht zu sein. Sie sah ihn immer noch aus ihren großen schwarz-braunen Augen an als sei er ein böser Wolf und kein junger Mann, der lässig zurückgelehnt und freundlich lächelnd ihr gegenüber saß.

„Hallo! Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen." Begrüßte er sie und intensivierte sein Lächeln noch ein wenig. Er wußte, Prince Charming war da, sie mußte ihn einfach nur bemerken.

„Ja...ja, danke." Gab sie ein wenig stotternd zurück und senkte den bis dahin starr auf ihn gerichteten Blick auf ihre gefalteten Hände in ihrem Schoß. Harrys rechte Augenbraue schoß Richtung Haaransatz. Entweder sie war so schüchtern wie noch keine andere Frau, der er bisher begegnet war oder sie war ein knallharter Brocken.

„Mein Name ist Harry." Er strahlte sie weiterhin an und hielt ihr seine Hand hin. „Harry Potter." Ihr Blick schoß nach oben, zurück auf sein Gesicht und Harry unterdrückte nur knapp ein genervtes Stöhnen. Jetzt würde sie ihn bewundern und anhimmeln, obwohl sie ihn bis vor wenigen Sekunden noch für Gott weiß was gehalten hatte. Und alles nur wegen eines Namens.

Sie fixierte ihn mit ihrem forschenden Blick und nur für den Bruchteil einer Sekunde wanderte er hinauf zu seiner Stirn, bevor er zu seinen Augen zurückkehrte. Seine ausgestreckte Hand ignorierte sie.

„Das ist eine echte Überraschung." War alles, was sie sagte, und auch wenn Harry es niemals zugegeben hätte, er war überrascht. Er hatte mehr erwartet und wenn es nur die üblichen aufgeregten Fragen waren. Beide schwiegen einige Sekunden, die sie nutzte, um ihren Blick aus dem Fenster des Wagens auf die Landschaft zu richten. Harry räusperte sich, doch sie sah ihn nicht wieder an.

„Und Sie?" fragte er schließlich. „Wie heißen Sie?"

„Sesha Shantay." Kam ihre leise Antwort. Sie legte eine kleine Hand auf die kühle Autoscheibe. Rund um ihre Finger beschlug das Glas ein wenig.

„Ein sehr schöner Name. – Sesha." Sesha konnte im Glas der Scheibe sehen, daß ihr Gegenüber sie immer noch anlächelte, doch sie hatte kein Interesse daran, dieses Lächeln zu erwidern, geschweige denn mit ihm zu reden. Er wiederum schein allerdings kein Interesse daran zu haben, seine Versuche aufzugeben.

„Bohne?" fragte er wie nebenbei. Sesha sah ihn verwirrt an und bemerkte die kleine Pappschachtel in seiner Hand, die er ihr hinhielt.

„Was... was ist das?" Harry hob überrascht die Brauen, doch sein Lächeln wurde nur noch breiter.

„Das sind Bertie Botts Bohnen in sämtlichen Geschmacksrichtungen." Erklärte er und beugte sich ein wenig zu Sesha hinüber als hätte er ihr etwas Geheimes zu sagen. „Und das heißt in wirklich jeder. Sie sollten sie probieren, aber vorsichtig testen, wonach es schmeckt." Er zwinkerte, doch Sesha sah ihn nach wie vor nicht freundlicher oder gar weniger mißtrauisch an.

Harry zeigte es ihr zwar nicht, aber innerlich schluckte er und seufzte. Definitiv ein harter Brocken, so viel stand schon fest. Sein Lächeln wurde wieder etwas breiter. Was machte das schon? Er liebte doch Herausforderungen.


Sesha war sich bewußt, daß es nicht nett von ihr war, Harry zappeln zu lassen und trotzdem ging sie auf seine fortlaufenden Versuche, sie doch noch irgendwie in eine Konversation zu verwickeln, nicht ein, ließ ihn sich abmühen ohne dabei auch nur den Hauch eines schlechten Gewissens zu fühlen. Nicht, daß sie den jungen Mann nicht irgendwie sympathisch fand, aber wenn er nicht selbst bemerkte und einsah, daß sie kein Interesse daran hatte, mit ihm zu reden, dann war das ganz klar sein Problem.

So verbrachte sie den Rest der Fahrt damit, aus dem Fenster zu blicken und die englische Landschaft in sich aufzunehmen, während Harrys Gerede für sie immer mehr zum Hintergrundrauschen wurde.

Der Himmel färbte sich schon in den ersten Ansätzen orangerot, als der Wagen schließlich ein großes Eisentor passierte und einen gewundenen Pfad nahm, an dessen Ende Hogwarts, die berühmte Schule für Hexerei und Zauberer, in den Himmel ragte.

Einige Minuten zuvor hatte Harry endlich resigniert, ein wenig enttäuscht zwar, aber dieses Gefühl war längst der Aufregung gewichen, die seine nahende Ankunft in seinem bisher einzig wahren Zuhause in ihm verursachte. Als sie die nächste Biegung nahmen, konnte er das Schloß zum ersten mal seit Jahren wieder sehen und ihm stockte der Atem.

Mächtig und imposant, mit einer majestätischen Eleganz hob sich das große Gebäude fast schwarz vor dem herrlichen Sonnenuntergang ab. Harrys Augen leuchteten. Wie um alles in der Welt hatte er nur geschlagene vier Jahre ohne diesen herrlichen Anblick sein können, ohne auch nur ein einziges Mal so etwas wie Heimweh zu empfinden?

Die Reifen des Wagens kamen mit einem Knirschen vor dem großen Eichenportal zum Stehen und als Harry erwartungsvoll hinaufblickte, um zu sehen, ob sie bereits erwartet wurden, verfinsterte sich seine Miene und seine Freude erstarb.

Drohend und geheimnisvoll wie der Tod in Person stand kein anderer als Severus Snape – und nur er – auf der obersten Stufe der Treppe zum Eingang des Schlosses und beobachtete die Ankunft des Ministeriumswagens mit einer mißbilligenden Miene. Wie immer ganz in Schwarz gekleidet und mit verschränkten Armen sah er Harry dabei zu, wie er aus dem Wagen ausstieg. Die beiden Männer fixierten sich einen Moment lang und Harry fühlte förmlich die klirrende Kälte zwischen ihnen beiden und fröstelte, obwohl der Sommerabend recht warm war.

Trotzig wandte er seinen Blick von seinem verhaßten ehemaligen Lehrer ab und ging hinüber zum Fahrer des Wagens, der damit beschäftigt war, das Gepäck der beiden Insassen aus dem Kofferraum zu laden.

Severus folgte seinem Sohn mit einem Blick, den Harry, hätte er ihn in diesem Moment gesehen, niemals hätte deuten können. Es war absolut kein Snape-Blick, nichts, was man von ihm kannte, am allerwenigsten Harry. Keine Kälte, keine Verachtung, ein Ausdruck von Schmerz und Sehnsucht.

Er riß seine Aufmerksamkeit von dem jungen Mann los, als die zweite Tür des Fonds geöffnet wurde und Sesha aus dem Wagen stieg. Hinterher konnte Severus selbst nicht mehr sagen, wie es in diesem Moment dazu gekommen war, aber als die junge Frau ausstieg, die er bis zu diesem Zeitpunkt nur von einem Foto in ihrer Akte kannte, durchströmte ihn ein warmes Gefühl. Ein Gefühl, das nicht neu für ihn war, das er aber schon vor langer Zeit vergessen hatte.

Es war genauso schnell wieder vorbei, wie es gekommen war. Und somit – beschloß er - hatte es für ihn keine Bedeutung.

„Mr. Potter, wie schön, daß Sie doch noch Ihren Weg zu uns gefunden haben." Durchschnitt Severus' Stimme plötzlich kalt und eisig den scheinbaren Frieden dieses lauen Sommerabends. Sesha sah, daß Harry kurz in der Bewegung inne hielt und für einen Moment die Augen schloß, um sich zu sammeln. Sie fühlte die Spannung zwischen den beiden Männern.

„Immer noch beleidigt, Snape?" seine Stimme klang bei weitem nicht so fest wie die des Lehrers, wofür Harry sich verfluchte. Warum nur brachte dieser Mann ihn mit nur wenigen Worten gleich wieder so aus dem Konzept? Wieso schaffte er es und viel wichtiger, wieso tat er es immer wieder?

Langsam, fast schon gelassen, kam Severus die wenigen Stufen hinunter und verbeugte sich knapp und fast schon hastig vor Sesha.

„Miss Shantay, es ist mir eine Ehre, Sie in Hogwarts willkommen zu heißen." Es klang mehr wie eine auswendig gelernte Phrase, die er nun herunterleierte wie ein gelangweilter Schüler im Unterricht, doch trotzdem lächelte Sesha und nickte ihm zu. Severus musterte sie einen kurzen Moment, um sich dann wieder auf Harry zu konzentrieren.

„Wie wäre es, wenn Sie mir jetzt folgen würden, Potter? Ich denke, der Fahrer wird auch so schon bis an das Ende seiner Tage überglücklich sein, daß er Sie einen Tag lang durch das halbe Land fahren durfte, Sie brauchen ihm sicher keine Privataudienz mehr geben." Harry kniff wütend die Lippen zusammen und stellte seinen Koffer neben dem Kofferraum ab. Der Ministeriumszauberer schien nicht so recht zu wissen, wie er die Verbalattacken des Professors auf seinen Schützling einschätzen sollte, doch er nickte Harry schließlich einfach zu.

„Ich werde das Gepäck abholen lassen, Mr. Potter. Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen." Harry schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und folgte dann Severus und Sesha, die bereits die wenigen Stufen zum Eichenportal wieder hinaufgestiegen waren.


„Die Treppen hier in Hogwarts entwickeln ein wirklich außergewöhnliches Eigenleben, Miss Shantay. Sie wechseln gerne die Richtung und es gibt immer mal wieder Trickstufen, in die Sie nicht hineintreten dürfen," erklärte Severus der jungen Frau und sprang über eine der Trickstufen, auf die er gerade hingewiesen hatte hinweg. „aber das hört sich alles schwieriger an, als es ist. Sie werden sich sicher bald zurechtfinden und da Sie ohnehin die meiste Zeit im Kerker verbringen werden, werden Sie nicht unnötig oft mit den Trickstufen in Kontakt kommen." Sesha bemühte sich, ihm bei seinen Ausführungen über die Eigenwilligkeiten des Schlosses zuzuhören, doch es fiel ihr ein wenig schwer, wie sie zugeben mußte. Die ersten Eindrücke von Hogwarts stürmten mit einer solchen Gewalt auf sie herein, daß sie am liebsten wie ein Kind einfach losgerannt wäre, um so schnell wie möglich jeden noch so kleinen Winkel, jedes noch so unbedeutende Geheimnis dieser Mauern zu erkunden. Sie fühlte eine große Neugierde und enorme Spannung in sich.

Eine Energie, die sie lange vermißt hatte und die sich einfach großartig anfühlte.

„Dies ist der Eingang zum Büro des Direktors." Seshas Aufmerksamkeit kehrte zu Severus zurück, der sie ein wenig mißbilligend anblickte. Sie wurde rot. Er hatte wohl bemerkt, daß sie nicht wirklich die ganze Zeit aufgepaßt hatte.

„Das Paßwort ändert sich alle drei Wochen und ist abgesehen vom Direktor selbst auch Professor McGonagall und mir stets bekannt. Sollten Sie es irgendwann einmal benötigen, bin ich Ihr Ansprechpartner." Für einen kurzen Moment schweifte sein Blick hinüber zu Harry, den er bis zu diesem Zeitpunkt ignoriert hatte, um ihm deutlich zu machen, daß das für ihn ebenso galt wie für Sesha. Die grünen Augen des jungen Mannes funkelten ihn an.

„Brombeerbonbons." Das Wort kam kaum hörbar über Severus' Lippen, doch sofort kam Bewegung in die Wand und der geheime Eingang zu Dumbledores Büro öffnete sich. Ohne zu zögern ging Severus hindurch und stellte sich auf die Stufe der Wendeltreppe, die sich wie von Geisterhand nach oben wand. Sesha schluckte, tat es ihm dann aber gleich. Harry folgte als letzter.


Hermine gähnte herzhaft, als sie kurz nach Einbruch der Dunkelheit aus dem Kerker kam und in Richtung des Kaminzimmers ging. Sie hatte mal wieder die Zeit vergessen und das, obwohl heute Harry ankommen würde. So langsam, aber sicher schien Severus mit seiner Arbeitsmoral und Verbissenheit auf sie abzufärben, anders konnte sie sich beim besten Willen nicht erklären, wie sie es hatte schaffen können, ihren besten Freund über mehrere Stunden einfach zu vergessen.

Sie lächelte und rieb sich kurz über die Augen, um wieder eine klare Sicht zu bekommen. Harry würde es noch nicht bemerkt haben, er konnte noch nicht lange da sein und sie wußte, daß Dumbledore viel mit ihm zu bereden hatte.

So wunderte sie sich auch nicht weiter, als sie das Kaminzimmer betrat und außer den üblichen Kollegen noch niemand da war, kein Dumbledore, kein Harry und auch noch keine neue unbekannte Kollegin aus Indien. Hermine war sehr gespannt auf Sesha. Severus hatte die Akte von Dumbledore erhalten, aber er hatte einfach nicht mit der Sprache rausrücken wollen, welche Qualifikationen die junge Frau hatte und mit wem sie nun speziell zusammenarbeiten würde.

„Lassen Sie das ruhig meine Sorge sein, Miss Granger, und stecken Sie ihre übermäßig neugierige Nase nicht immer in vertrauliche Angelegenheiten!" Hermine erinnerte sich noch zu gut, wie sauer sie über diese Worte gewesen war. Gut, sie war neugierig, aber da war doch nichts schlimmes dran, sie war es schließlich aus Interesse und nicht, weil sie tratschen wollte oder etwas in der Art.

Doch irgendwie war sie sich sicher, daß Severus das durchaus wußte und einfach nur in einer sehr schlechten Stimmung gewesen war. Das war ja bei ihm nichts besonderes.

Fred blickte auf, als Hermine hereinkam und die Tür hinter sich schloß. Hermine bemerkte seinen Blick und lächelte. Er erwiderte das Lächeln, wandte seine Aufmerksamkeit dann aber wieder seinem Zwillingsbruder zu.

Fred und George, sie waren brillant, aber sie hatten ständig irgendwelche Dummheiten in ihren brillanten Köpfen.

Mit einem sehr leisen, wohligen Seufzen, ließ Hermine sich in einen der großen weichen Sessel gleiten. Sie war so müde, daß sie es gar nicht abwarten konnte, bis es endlich Sonntag war. Ihr Sonntag, an dem sie endlich mal wieder frei hatte und ausschlafen konnte. Sie hatte sich viel für diesen freien Tag vorgenommen, doch irgendwie war sie sich jetzt schon sicher, daß sie fast nichts von dem wirklich schaffen würde, alleine schon, weil sie den halben Tag mit Sicherheit verschlafen würde, so müde und ausgelaugt, wie sie sich in der letzten Zeit fühlte.

Hermine schreckte auf, als sie plötzlich zwei warme Hände auf ihren Schultern fühlte, die ganz sanft und vorsichtig die angespannten Muskeln durchkneteten. Sie blickte auf und genau in die schelmisch blitzenden Augen von Fred. Hermine wurde das Gefühl nicht los, daß dieser eine Weasley ihr in der letzten Zeit mehr Aufmerksamkeit schenkte als zuvor, aber vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Seit der Sache mit Ron und dem etwas unschönen Ende ihres beziehungsähnlichen Zustandes hatte sie sich darauf konzentriert, romantische Avancen jeglicher Art erst einmal zu ignorieren.

Nicht, daß sie es Severus gleichtun und sich für immer in ihr Schneckenhaus zurückziehen wollte, sie war im Moment einfach nur nicht bereit, es gleich noch einmal zu versuchen. Hermine schüttelte leicht den Kopf. Warum dachte sie jetzt über solche Sachen nach? Dafür gab es doch gar keinen Anlaß. Sie und Fred waren Freunde und er war einfach nur nett. Daß sie mit ihm enger befreundet war als zum Beispiel mit George oder gar mit Percy, sagte doch überhaupt nichts aus.

„Auch ein Glas Wein?" fragte Fred und Hermine nickte lächelnd.

„Klar, warum nicht?" Fred strahlte zurück und goß für sich und Hermine ein Glas blutroten Wein ein. Hermine nahm ihr Glas mit einem gemurmelten Danke entgegen und blickte einen Moment gedankenverloren in die rote Flüssigkeit. Fast hätte sie nicht gehört, wie sich die Tür des Raumes öffnete, als Severus, Dumbledore, Harry und Sesha den Raum betraten.

„Harry!" rief sie und ihre rehbraunen Augen leuchteten wie schon seit Wochen nicht mehr. Nachdem sie ihr Glas abgestellt hatte, sprang sie aus dem Sessel auf und im nächsten Moment taumelte Harry um sein Gleichgewicht kämpfend zurück, als Hermine in seine Arme flog. Harry lachte und schloß seine Arme um sie.

„Ich freue mich auch, dich zu sehen, Hermine." Für den Bruchteil einer Sekunde spürte Severus einen heftigen Stich im Herzen beim Anblick dieses herzlichen Wiedersehens. Obwohl er seine Gefühle unterdrückte, so gut er konnte, konnte er sich genau in diesem Moment seiner Eifersucht auf Hermine, die Harry so freundschaftlich und sorglos begrüßen konnte, einfach nicht erwehren. Ein kurzes, bitteres Lächeln trat auf sein Gesicht.

„Sei nicht albern, Severus, du hast diesen Weg selbst gewählt." Er wandte sich von den beiden ab und sein Blick traf den Seshas, die scheinbar sehr überrascht über Hermine Gefühlsausbruch war. Irgendwie machte Sesha auf ihn den Eindruck, als könne sie gar nicht so recht begreifen, was sie da sah, aber Severus wischte den Gedanken fort. Wahrscheinlich war sie wirklich nur überrascht und es ging ihn weder etwas an, noch interessierte es ihn sonderlich, ob seine neue Assistentin die Freundschaft der beiden als solche erkannte oder ein ähnliches emotionales Wrack war wie er selbst.

Wenn er das auch lebhaft bezweifelte.

Dumbledore lächelte und ließ Harry und Hermine einen Moment Zeit, bevor er sich schließlich doch räusperte und damit die Aufmerksamkeit wieder auf sich zog.

„Ja, sehr schön. Miss Granger hat mir die Worte fast schon aus dem Mund genommen." Er zwinkerte Hermine zu, die Harry losgelassen hatte und ein wenig rot wurde, während sie ihren Rock glatt strich.

„Wie ich es ja bereits angekündigt hatte, sind heute nun unsere beiden neuen Kollegen eingetroffen. Harry brauche ich euch ja nicht vorzustellen, aber ich möchte mir doch einen Moment erbitten, um Ihnen allen eine ganz besonders liebenswürdige Dame vorzustellen." Er streckte die Hand in Seshas Richtung aus und die junge Frau trat ein wenig schüchtern nach vorne, den Blick auf den Boden gerichtet. Hermine sah, wie George seinem Bruder etwas zuflüsterte und ganz aufgeregt wirkte, während Fred nur dümmlich breit grinste. Und auch Percy erweckte den Anschein, nicht unangenehm überrascht zu sein, versuchte allerdings, die Begeisterung aus seinem Gesicht fernzuhalten, da Penny ihn böse anfunkelte. Hermine unterdrückte ein Kichern. Armer Percy, manchmal konnte er einem Leid tun. Penny war schlimmer als Hagrids dreiköpfiger Hund, wenn es darum ging, ihn zu bewachen.

„Dies ist Miss Sesha Shantay. Sie wird die Stelle von Professor Trelawny übernehmen und im kommenden Schuljahr Wahrsagen unterrichten. Neben diesen Pflichten wird sie im Labor tätig sein." Severus Augen funkelten verächtlich, doch Hermine konnte nicht sagen, ob es damit zusammen hing, daß Sesha Wahrsagen unterrichten würde oder mit der Zusammenarbeit mit ihm.

„Sesha, ich werde Ihnen jetzt die liebenswerten Hexen und Zauberer vorstellen, die mit Ihnen zusammen dem Forschungsteam angehören." Je weiter Dumbledore mit seiner Vorstellung fortschritt, um so kindlicher wirkte seine Freude, mit der er es tat. Hermine konnte sich ein Grinsen nicht länger verkneifen. Wenn sie doch nur auch immer so jung und vergnügt bleiben würde wie der alte Direktor. Keine Gefahr und keine Sorge auf dieser Welt hatte es bisher geschafft, diese Eigenschaften an ihm länger als für wenige Minuten zu verdrängen.

Die Zwillinge sprangen auf.

„Das sind Fred und George Weasley. Die beiden haben ständig Unsinn im Kopf, seien Sie also vorsichtig mit allem, was diese Lausbuben Ihnen anbieten." George verzog empört das Gesicht.

„Direktor! Das ist doch alles Schnee von gestern! Wir sind doch längst erwachsen und tun so etwas nicht mehr!" Dumbledore grinste und Hermine konnte sich nur schwer davon abhalten loszuprusten. Selbst Fred mußte die Luft anhalten und lief verdächtig rot an.

„Sicher, Mr. Weasley, ich wollte gar nichts anderes mit meiner Empfehlung ausdrücken." Wieder zwinkerte er und Sesha, die sich immer noch recht unsicher in dieser neuen Umgebung fühlte, spürte, daß ihr ein wenig leichter ums Herz wurde. Scheinbar war sie hier in eine Gruppe sehr netter, freundschaftlich miteinander umgehender Zauberer hineingeraten. Einige ihrer Ängste und Sorgen lösten sich langsam in Luft auf.

„Das ist Percy Weasley." Percy stand auf und reichte Sesha die Hand, achtete aber darauf, ihre Hand nicht zu lange zu halten und einen Hieb von Penny zu riskieren, die ihn und Sesha immer noch mißtrauisch beäugte. Sesha lächelte ihn ebenso freundlich an, wie seine beiden Brüder. Sie hatte gleich gedacht, daß die drei Männer sich ähnlich waren. Nachdem sie Percys Hand losgelassen hatten, kehrten sie zurück zu Harry und Hermine.

„Und diese überschwengliche junge Dame hier ist Hermine Granger, eine der brillantesten Schülerinnen, die diese Schule in den letzten zwanzig Jahren ausgebildet hat." Hermine lief rot an wie eine Tomate, als sie Sesha die Hand reichte. Sesha erwiderte das Lächeln. Sie fand Hermine sympathisch, was aber auch daran liegen konnte, daß sie scheinbar die einzige Frau war, mit der sie in Zukunft zusammenarbeiten würde.

Severus hatte bis zu diesem Moment so getan, als wäre er an der Szene völlig unbeteiligt, doch als Dumbledore nun mit der jungen Frau auf ihn zuschritt, mußte er wohl oder übel wenigstens ein wenig interessiert tun, wenn er es auch weiß Gott nicht war.

„Und das ist unser Meister der Zaubertränke, ein wahres Genie auf seinem Gebiet. Severus Snape." Sesha reichte ihm die Hand, ihre dunklen Augen leuchteten erfreut. Nur zögerlich ergriff Severus die ihm gebotene Hand, auf seinem Gesicht regte sich keine Miene.

„Es ist mir eine sehr große Ehre, mit Ihnen zusammenarbeiten zu dürfen. Ich habe schon so viel von dem berühmten Meister der Zaubertränke aus Hogwarts gehört." Obwohl er sie schon am Auto in Empfang genommen hatte, war es das erste Mal, daß er sie sprechen hörte. Ihre Stimme war sehr warm und weich, mit einem ganz leichten indischen Akzent, der aber kaum zu hören war.

Statt einer Antwort nickte er bloß. Er wußte nicht, was die ganze Sache hier überhaupt sollte. Sesha wußte längst, wer er war, diese Vorstellung war albern.

Sesha schluckte, als er ihre Hand wieder losließ. Irgendwie hatte sie sich diesen Mann immer anders vorgestellt. Nicht so kalt und abweisend, irgendwie freundlicher... aber dann wiederum hatte man sie ja auch eigentlich schon davor gewarnt, daß Severus Snape jemand war, den man nur schwerlich genießen konnte. Sie hatte diese Warnungen nicht so ernst genommen, aber jetzt war ihr klar, daß sie wirklich so gemeint gewesen waren.

Dumbledore beendete den peinlichen Moment, indem er sie nun den anderen Anwesenden im Raum vorstellte.

Severus fing Harrys Blick auf und schenkte dem jungen Mann, dessen grüne Augen ihn wieder einmal böse anfunkelten, ein Lächeln aus Eis.


„Und Percy, ist die Ehe immer noch das, was du dir für dein Leben erträumt hast?" fragte Harry und lachte, als er sah, daß Penny ihren Mann drohend ansah, damit er bloß nichts Falsches sagte. Percy duckte sich unwillkürlich und lächelte.

„Klar, es ist das Paradies auf Erden." Grinste er und jaulte im nächsten Moment auf, als Penny ihm ihre Faust in die Schulter rammte. Severus saß wie immer abseits von den anderen und tat als würde er lesen. Für gewöhnlich war das auch so, aber heute war es ihm nicht möglich, sich lange genug auf die einzelnen Buchstaben zu konzentrieren, daß daraus Wörter und ganze Sätze wurden. Immer wieder hob er unauffällig den Blick, um Harry für eine kurze Weile zu beobachten. Wie ähnlich er doch seiner Mutter war und das, obwohl Lily ihm so viel äußerliche Ähnlichkeit mit James mitgegeben hatte, daß man gar nicht hätte sagen können, daß Lily Evans seine Mutter war, hätte man es nicht ohnehin gewußt.

Und doch. Seine ganze Art, sein Verhalten gegenüber seinen Freunden, wie er sich über jede Kleinigkeit freute. Das war Lily, nicht James.

Severus bemerkte nicht, daß er seinerseits beobachtet wurde. Obwohl sich die beiden Weasleys ausgesprochen aufmerksam um sie kümmerten, konnte Sesha es doch nicht lassen, immer wieder zu Severus hinüber zu sehen. Sie wollte so viel lieber mit ihm reden, statt mit den Jungs, doch sie traute sich nicht so recht, ihn anzusprechen. Fred folgte ihrem Blick und lächelte.

„Was ist so faszinierend am alten Giftmischer?" fragte er frei heraus und zog damit Seshas empörten Blick auf sich. Er konnte deutlich in ihren Augen sehen, wie geschockt sie über diesen Kommentar war und irgendwie tat es Fred sofort leid, daß er es gesagt hatte.

„Wie können Sie so über ihn reden?" fragte sie halb entsetzt, halb wütend. George lächelte sie an und legte seinem Bruder, der etwas perplex schien, die Hand auf die Schulter.

„Alle nennen ihn so, da ist nichts Schlimmes dabei." Sesha schien ihm das nicht abzunehmen, aber schließlich hörte sie auf, Fred böse anzustarren. Ihr Blick wanderte wieder zu Severus.

„Warum sitzt er da hinten allein und redet mit niemandem?" George hob die Schultern.

„Weil er nicht gerne mit anderen Menschen zusammen ist. Es ist ein Wunder, daß er heute überhaupt hier ist." Sesha legte den Kopf ein wenig schief. Ja, Severus wirkte wirklich wie ein verschlossener, zurückgezogener Mensch. Sesha hatte schon viele solcher Menschen gesehen. Ihr eigener Vater war so gewesen. Aber das hieß ja nicht, daß man mit so jemandem nicht trotzdem reden konnte. Entschlossen stand sie auf und ging zu Severus hinüber. Fred und George tauschten überraschte Blicke, doch bevor sie Sesha aufhalten konnten, hatte sie Severus bereits erreicht und sich in den Sessel neben ihn gesetzt.

Severus schenkte ihr keinerlei Beachtung, doch jetzt wo Sesha endlich einmal Mut gefaßt hatte, wollte sie es auch durchziehen.

„Wollen Sie nicht vielleicht ein wenig zu uns hinüber kommen?" fragte sie ihn und lächelte so warm und herzlich, wie es ihr in der plötzlichen Nervosität, die sie in seiner Nähe empfand, aufbringen konnte. Severus Snape war zweifellos furchteinflößend, ob er nun etwas tat oder einfach nur dasaß und las.

„Nein." Kam seine schlichte Antwort zurück. Sesha schluckte und atmete tief durch. Ein einfaches nein, absolut emotionslos ausgesprochen und sofort hatte sie ihr Mut verlassen.

„Wie schade," setzte sie erneut an. „Ich hätte mich sehr gerne ein wenig mit Ihnen..."

„Danke, ich verzichte." Unterbrach Severus sie sanft aber bestimmt und blickte sie mit seinen kalten schwarzen Augen an. Sesha zog die Stirn kraus.

„Sir, hab ich vielleicht etwas getan, was Sie verärgert hat?" Severus ließ das Buch sinken und verdrehte genervt die Augen.

„Sie sind auf dem besten Weg, Miss Shantay. Ich sagte bereits, daß mein Interesse an Konversation heute Abend eher gering ist. Ich wäre Ihnen also überaus dankbar, wenn Sie sich jetzt wieder zu Ihren Bewunderern begeben und mir mein bißchen Ruhe lassen würden, das ich noch habe. – Danke sehr." Sesha fröstelte beim eisigen Klang seiner Stimme und unwillkürlich legte sie ihre Arme um ihren Körper. Auf ihren nackten Armen unter dem dünnen Umhang bildete sich eine Gänsehaut.

„Verzeihen Sie bitte." Sagte sie mehr als kleinlaut und schlug die Augen nieder. „Ich... es tut mir leid... ich..." sie schüttelte einfach nur den Kopf und sprang mehr oder weniger auf, um zu Fred und George zurück zu gehen. Unauffällig blickte Severus auf und sah ihr nach. Ein wenig tat es ihm schon leid, daß er so hart zu ihr gewesen war, aber er wollte nicht reden, weder mit ihr noch mit irgendwem sonst. Er wollte seine Ruhe, brüten, allein sein.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Buch, doch jetzt waren seine Gedanken bei Harry und Sesha und er verfluchte sich dafür, daß er nicht so gut darin war, sich nicht für andere zu interessieren, wie man immer von ihm dachte.


Die meisten anderen waren schon gegangen. Severus war einer der letzten, der aufstand, um in seine Unterkunft zu gehen, um noch einige Stunden zu schlafen, bevor der neue Tag anbrach. Dumbledore lächelte seinen alten Freund an.

„Ach Severus, sei doch so gut und zeige Sesha den Weg zu ihren Räumen, ja? Ich wollte es eigentlich selbst tun, aber du weißt ja, die alten Knochen wollen dringend in ihr Bett." Severus lächelte ein kaltes, emotionsloses Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Diese Sache war wohl das letzte, was er dem alten Zauberer abnahm. Sicher, er war alt, aber war bisher noch nie zu alt gewesen, wie ein Wirbelwind durch das Schloß zu fegen, wenn es sein mußte. Dennoch nickte er und deutete Sesha mit einer knappen Kopfbewegung an, ihm zu folgen.

Der jungen Frau war immer noch mulmig zumute und Severus fühlte das nur zu deutlich. Er war sie wohl wirklich zu hart angegangen. Die ersten Stockwerke des Schlosses erklommen sie, ohne ein Wort miteinander zu sprechen, doch schließlich hielt Sesha es nicht mehr aus und brach die eisige Stille, in die sie getaucht waren.

„Professor, sind Sie wütend, daß ich da bin?" Severus hielt einen Moment inne und sah sie an, dann setzte er seinen Weg unbeirrt fort.

„Nein, Miss Shantay." Sesha schluckte. Warum nur war er so verbohrt, wenn es ums Reden ging?

„Ich... nun, ich habe das Gefühl, daß Sie nicht besonders glücklich sind, daß ich da bin. Ich meine.. ja, Sie reden nicht mit mir und wenn sie mich ansehen..." wieder schlang sie ihre Arme um ihren Körper und fröstelte. Severus warf ihr einen Blick aus den Augenwinkeln zu.

„Glauben Sie mir, das hat nichts mit Ihnen zu tun. Ihre Kollegen werden Ihnen nur zu gerne bestätigen, daß ich ganz einfach unfreundlich bin. – Sie sollten sich einen wärmeren Umhang zulegen, mit diesem Ding sind Sie hier nicht gut bedient." Er deutete auf ihren hauchdünnen dunkelblauen Umhang, der mehr Dekoration als Kleidungsstück zu sein schien. Einen Moment lang funkelte Sesha ihn an und er mußte zugeben, das Feuer, das er plötzlich sah, gefiel ihm. Vielleicht war die junge Frau doch kein so verschrecktes, schüchternes Kind, wie er bisher gedacht hatte.

„Niemand ist einfach nur so unfreundlich, Professor!" Severus lachte, doch es war ein freudloses, kaltes Lachen.

„Sie überschätzen sich, wenn Sie wirklich glauben, mein Verhalten würde in irgendeiner Weise von Ihnen beeinflußt, Miss Shantay. Davon sind Sie noch denkbar weit entfernt, auch wenn Ihnen das vielleicht nicht gefällt." Sesha biß sich auf die Lippe und schwieg. Sie wollte sich nicht streiten. Nicht ausgerechnet mit dem Mann, auf den sie sich am meisten gefreut hatte, seit man ihr den Job angeboten hatte. Egal ob dieser Mann sich gerade in diesem Moment als Ekel herausstellte oder nicht. – Außerdem wollte sie ja nur mit ihm zusammenarbeiten und wenn er nicht daran interessiert war, dies auf eine freundschaftliche Art und Weise zu tun, dann konnte er das ihretwegen gerne so haben.

„So, bitte sehr, wir sind da. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht, Miss Shantay und wenn Ihnen irgend etwas fehlt, dann zögern Sie bitte nicht, einen der Hauselfen zu beanspruchen." Mit einer knappen Verbeugung schritt er davon, sein schwarzer Umhang wischte nur wenige Millimeter über den Boden hinweg.

Sesha sah ihm nach und irgendwie hatte sie das Gefühl, daß die Zusammenarbeit mit ihm nicht so toll und aufregend sein würde, wie sie es sich vorgestellt hatte. Und sie fragte sich bestimmt zum fünften Mal, seit sie den Zaubertränkemeister heute kennengelernt hatte, was sie eigentlich erwartet hatte, daß sie jetzt so enttäuscht war.


Severus fuhr sich nervös durch das lange schwarze Haar, als er die vielen Treppen wieder hinunter stieg und schließlich den Kerker erreichte. Er hatte nicht das Gefühl, daß dieser Tag für ihn gut verlaufen war und dabei hatte er nicht einmal eine einzige intensivere Begegnung mit Harry gehabt. Er seufzte. Und er wußte dieses Mal nicht einmal, für wie lange der Junge bleiben würde. Er konnte dieses Mal nicht die Tage rückwärts zählen mit dem erlösenden Gedanken vor Augen, daß er bald weg sein würde und er ihm nicht mehr länger ins Gesicht lügen mußte.

Er bog in den düsteren Gang ab an dessen Ende sein Klassenzimmer mit den angrenzenden Privaträumen lagen und verlangsamte seinen energischen Schritt, als er die Gestalt sah, die vor seiner Tür stand. Sein Blick verfinsterte sich ein wenig. Dafür war er definitiv nicht in der Stimmung.

„Miss Granger?" seine Stimme war leise und sie hörte die Müdigkeit, die in ihr mitschwang, aber auch die abweisende Kälte, die ihr andeutete, daß sie nicht willkommen war.

„Ich wollte nach Ihnen sehen." Severus hob die Augenbraue, mehr aus Reflex als bewußt und öffnete die Tür zu seinem Klassenraum. Hermine folgte ihm und ließ ihn nicht aus den Augen.

„Und warum, wenn ich fragen darf? Gibt es einen bestimmten Anlaß." Hermine hob leicht die Schultern.

„Ich hatte gehofft, daß Sie es mir sagen würden. – Sie haben sehr nervös gewirkt, den ganzen Abend über. Hatte das was mit Harry zu tun?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Natürlich hatte es etwas mit Harry zu tun gehabt, aber Severus hatte nicht erwartet, daß Hermine in all ihrer Wiedersehensfreude überhaupt aufgefallen war, daß etwas nicht in Ordnung war.

„Was denken Sie?" fragte er zurück und versuchte, ihrem fragenden Blick möglichst unauffällig auszuweichen.

„Ich denke, daß es vielleicht endlich an der Zeit ist, darüber zu reden." Severus blickte auf und funkelte sie zornig an.

„Miss Granger, daß ich Ihnen erlaubt habe, in mein Privatleben einzudringen und Dinge zu sehen und zu erfahren, die außer Ihnen keiner weiß, bedeutet noch lange nicht, daß ich wünsche, daß Sie Ihre Neugierde, die alles so weit gebracht hat, fortsetzen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie mich in Ruhe lassen würden, statt mich weiterhin mit ihren nervenden Fragen zu löchern."

Hermine fühlte, daß seine Worte sie gleichzeitig verletzten, aber auch bestärkten. Einerseits tat es weh, daß er ihre Hilfe, die sie ihm bot, weiterhin als Belästigung sah, nachdem sie gehofft hatte, er habe ihre guten Absichten erkannt, aber dennoch wußte sie, daß es nicht sinnlos oder vollkommen unwillkommen gewesen war, daß sie diese Hilfe geleistet hatte.

Er war kalt und bissig wie immer, aber er war nicht mehr so ungehalten und unbeherrscht wie noch vor wenigen Tagen. Vielleicht wußte er ihre Hilfe doch mehr zu schätzen, als er es sich eingestehen wollte. Hermine nickte.

„Gut, wie Sie es wünschen, Severus. – Aber Sie werden merken, daß es manchmal gar nicht so verkehrt ist, mit alten Gewohnheiten zu brechen." Sie lächelte. Severus wunderte sich, warum sie sich eigentlich immer noch so viel Mühe mit ihm gab. Warum überhaupt jemand versuchte, in sein Innerstes vorzudringen, anstatt ihn in seinem Winterschlaf verweilen zu lassen.

„Sie können etwas für mich tun, Hermine." Setzte er in einem freundlicheren Ton. Hermine sah ihn fragend an.

„Sie könnten mir die Arbeit abnehmen, Miss Shantay einzuarbeiten. Ich habe einfach keine Zeit dazu, aber wir können ihre Fähigkeiten auch nicht nutzen, wenn sie nicht weiß, was sie hier eigentlich tun soll. Würden Sie das für mich übernehmen?" Hermine wurde das Gefühl nicht los, daß dies ein für Severus äußerst plumper Versuch war, Sesha schon in einem frühen Stadium los zu werden. Sie hatte gesehen, wie die junge Hexe versucht hatte, mit Severus zu reden, aber konnte sie schon bei diesem ersten Besuch Dinge losgetreten haben, die Severus veranlaßten, sie komplett abzublocken?

Hermine wischte den Gedanken fort. Das war doch Blödsinn. Severus brauchte dazu keinen Anlaß, er blockte jeden sofort komplett ab. Sie sah schon Gespenster und davon reichlich.

„Ja sicher, kein Problem." Severus nickte und ein fast schon weicher Ausdruck trat auf sein Gesicht. Ein Ausdruck tiefster Müdigkeit und Erschöpfung, wie Hermine feststellte.


Und obwohl müde und erschöpft, schaffte Severus Snape es nicht, in dieser Nacht ruhig und friedlich einzuschlafen. Sobald er die Augen schloß, sah er grüne Augen und rotes Haar, das Gesicht einer Frau, das plötzlich verschwand, sich in Nichts auflöste und durch das Gesicht eines jungen Mannes ersetzt wurde. Der liebevolle Ausdruck der Frau wich dem haßerfüllten des Mannes.

Für Severus Snape würde es nie Frieden geben auf dieser Welt. Denn seine Seele war beladen mit Schuld und es gab einfach kein Zurück mehr. Da konnte auch eine Hermine Granger nicht helfen.


Ein glockenhelles Lachen durchbrach die Stille im Kerker und ließ Severus sehr unsanft aus seiner Konzentration aufschrecken. Mit einem verärgerten Gesichtsausdruck sah er die beiden jungen Frauen an, die für diese Störung verantwortlich waren.

Hermine kicherte unterdrückt, während Sesha so heftig von ihrem Lachen geschüttelt wurde, daß sie sich bereits den Bauch halten mußte. Severus schüttelte kaum merklich den Kopf und faßte sich an die glühende Stirn. Die beiden hatten Glück, daß sie gute Arbeit leisteten, sonst hätte er sie wahrscheinlich längst beide einen Kopf kürzer gemacht.

Der angespannte Ausdruck wich aus seinem Gesicht, als er sich wieder seinem Kessel zuwandte. Sie war gut, da hatte Dumbledore nicht übertrieben. Und dennoch fragte er sich, wo an dieser Frau der Haken war. Warum hatte jemand mit ihrer Begabung nicht einmal einen Schulabschluß? Von einem Studium ganz zu schweigen. – Sie vergeudete ihr Talent doch nur unnütz. Abgesehen von Dumbledore gab niemand jemandem wie ihr eine Chance und das mußte sie wissen.

In gewisser Weise ärgerte es ihn sehr, denn es erinnerte ihn an Harry, seine Verantwortungslosigkeit. Und es ärgerte ihn, daß seine Gedanken ständig bei Harry endeten, egal mit welchen Thema er in seinem Kopf auch begann.

Der Trank in seinem Kessel gab ein leises Puff von sich und eine kleine Dampfwolke stieg daraus empor. Ein kurzes, sehr zufriedenes Lächeln zog über seine Lippen.

Man konnte es durchaus als Steigerung betrachten, daß er immerhin inzwischen wieder an Harry denken konnte, ohne dabei jeden Trank, den er braute noch schlimmer zu verhunzen als Longbottom in seinen besten Zeiten.

Mit einer sachten Handbewegung löschte er das Feuer unter dem Kessel, um den Trank auskühlen zu lassen.

„Miss Granger, Miss Shantay, ich möchte Sie beide für einen Moment in meinem Büro sprechen." Alle fünf Köpfe seiner Mitarbeiten hoben sich überrascht, als seine leise, emotionslose Stimme plötzlich an ihre Ohren drang und das leise Kichern, das Hermine immer noch erfolglos zu unterdrücken versucht hatte, verstummte augenblicklich. Sesha sah sie fragend an, doch Hermine wußte auch nicht, was er ihnen zu sagen haben könnte und hob die Schultern.

Sesha hatte ein mehr als mulmiges Gefühl, als sie gemeinsam mit Hermine Severus in sein Büro folgte. Ob er wohl sauer war, weil Hermine und sie bei der Arbeit manchmal ein wenig – überschwenglich waren? Sie hatte schnell herausgefunden, daß Severus nicht viel Spaß verstand und nie lachte oder lächelte. Und wenn er es doch mal tat, dann war es ein Lächeln, daß über seine Lippen nicht hinaus kam, kalt und freudlos.

„Severus?" fragte Hermine, gleich nachdem er die Tür zu seinem Büro geschlossen hatte und sie sich auf einen Stuhl setzte, ohne auf seine Aufforderung zu warten. Sesha blieb stehen. Sie war noch weit von dem Mut und der Selbstverständlichkeit entfernt, die Hermine hier an den Tag legte, wenn es auch vielleicht albern sein mochte.

Severus ging langsam um seinen Schreibtisch herum, setzte sich und blickte beide Frauen abwechselnd an, ohne auch nur den geringsten Ausdruck auf dem blassen Gesicht.

„Ich habe eine besondere Aufgabe für Sie beide." Kam auch er schließlich ohne weitere Umschweife zum Grund dieses Gesprächs.

„Wie ich mich bereits zu genüge überzeugen konnte, haben Sie Ihre Aufgabe, Miss Shantay in ihre Aufgaben hier einzuarbeiten, mal wieder hervorragend erfüllt, Hermine. – Mir ist nicht entgangen, daß Sie beide scheinbar sehr gut miteinander zurechtkommen, Ihre Zusammenarbeit trägt Früchte. Darum möchte ich Ihnen einen wichtigen Auftrag des Ministeriums übergeben." Er schwieg einige Momente, um seine Worte sinken zu lassen und Sesha Gelegenheit zu geben, das wunderbare Gefühl zu genießen, wenn die Angst verschwand und sich die Erleichterung in einem breit machte.

Hermines Augen funkelten und nur mit Mühe unterdrückte Severus das Lächeln, das sich seinen Weg auf sein Gesicht bahnen wollte. Die Begeisterung, mit der Hermine jede neue Aufgabe immer wieder aufnahm, der Eifer und der Wissensdurst, der die junge Frau beherrschte, all das faszinierte Severus zutiefst. Es erinnerte ihn so sehr an den jungen Mann, der er einst gewesen war. An den jungen Mann, der er schon lange nicht war, der aber immer noch in ihm war und manchmal, in seinen guten Momenten, versuchte, sich aus seiner eisigen Hülle zu befreien.

„Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, eine große Herausforderung, sogar für mich." Setzte er seine Erklärung schließlich fort. „Das Ministerium hat einige neue Spione in Voldemorts Reihen eingeschleust. Da wir bisher nicht einen Finger an den Dunklen Lord legen konnten, wollen sie jetzt versuchen, ihn von innen heraus langsam zu zerstören, auf die denkbar älteste Methode, die es gibt." Hermines Wangen röteten sich begeistert.

„Mit Gift." Severus nickte.

„Sehr richtig. – Selbstverständlich nicht mit irgendeinem Gift. Sogar dem Ministerium ist inzwischen klar, daß man kreativer und innovativer denken muß, wenn es darum geht, Voldemort endlich loszuwerden. Da allerdings diese unfähigen Trottel im Ministerium jegliche Fähigkeit entbehren, die kreatives und innovatives Denken beinhaltet, haben sie uns die Herstellung dieses Giftes von seiner Planung an überlassen.

Sie beide haben also vollkommen freie Hand. – Überraschen Sie mich." Severus lächelte eines seiner kalten, fast unbeteiligt wirkenden Lächeln und konnte förmlich sehen, wie es in Hermine Kopf zu rattern begann, kaum daß er diese Aufforderung an die beiden Frauen gestellt hatte.

Doch auch Sesha hatte den Blick nachdenklich gesenkt und schien die ersten Möglichkeiten in Gedanken schon durchzugehen. Severus war zufrieden. Er hatte die richtigen beiden dafür ausgesucht, da war er sich ziemlich sicher.

„Während dieser Zeit sind Sie selbstverständlich von Ihren anderen Pflichten hier bei mir befreit." Fügte er noch hinzu, als handle es sich dabei um eine gänzlich unwichtige Information am Rande und erhob sich schließlich, um das Gespräch so zu beenden.

Die Zwillinge und Percy sahen fast schon schüchtern auf, als die beiden Kolleginnen aus Severus' Büro kamen. Doch als sie Hermines strahlendes, vor Freude und Aufregung glühendes Gesicht sahen und auch Sesha noch sehr lebendig und gar nicht bedrückt wirkte, atmeten alle drei fast gleichzeitig erleichtert auf.

„Percy!" schnitt Severus' eiskalte Stimme wieder durch den Raum und ließ Percy wieder zusammenfahren. Ein länglicher Gegenstand kam auf ihn zugeflogen und reflexartig hob er den Arm, um das eingerollte Pergament zu fangen.

„Das ist eine Liste, die Madam Pomfrey mir heute Morgen gegeben hat. Ziemlich lang, aber bis zur Ankunft der Schüler in zwei Wochen sollten Sie das eigentlich geschafft haben." Percy wußte, daß seine Worte nicht als Aufmunterung, sondern als Befehl zu deuten waren und entrollte die wirklich sehr lange Liste. Bis auf ein paar ganz spezielle Sachen, die so gut wie nie gebraucht wurden, stand wirklich jeder erdenkliche Trank auf dieser Liste. Percy seufzte. Das würden mit Sicherheit zwei Wochen werden, in denen er seine Penny nicht oft zu sehen bekam. Das konnte heiter werden.

„Fred, George, wie weit sind Sie beide inzwischen mit dem Anti-Veritasserum?" führte er seinen ‚Rundschlag' schließlich bei den Zwillingen fort, die sich etwas betreten ansahen.

„Es will einfach nicht klappen, wir müssen irgend etwas grundlegend falsch machen, aber wir finden den Denkfehler nicht." Antwortete Fred für seinen Bruder und sich. Severus schien darüber nicht glücklich und ließ sich von den beiden ihre Dokumentation zeigen, um sich einen genaueren Überblick zu verschaffen, während Sesha und Hermine ihre eigenen Arbeiten noch beendeten, dann ihr Zeug aufräumten und sich in die Bibliothek verzogen, um sich die ersten Informationen zusammen zu suchen und ihre Ideen auf Papier zu bringen.


Severus hatte immer ziemlich genau gewußt, warum er stets allein gearbeitet hatte, ohne großartige Teambildung oder etwas in der Art. Sicher, manchmal war es von Vorteil, wenn man nicht alleine war und eine andere Meinung einholen konnte, aber dann war so ein Team auch wieder schwieriger zu hüten als ein Sack Flöhe und wenn sie nicht weiterkamen, hatte man stundenlang die Arbeit damit, sich in den Kopf des anderen hineinzuversetzen, so wie Severus es jetzt gerade mit den Köpfen von Fred und George tat.
Zweifellos waren sie genial, die Gedankengänge der Weasley Zwillinge, aber er hatte doch manchmal so seine Schwierigkeiten, ihnen zu folgen, was es natürlich nicht leichter für ihn machte, den Fehler in dem Serum zu finden.

Mit einem Gähnen stand er auf, um sich einen seiner großen Bleikristallkelche und die Flasche mit Drachenblut aus dem Regal zu holen. Vielleicht half ein wenig Wein ihm ja dabei, diese Sache hier etwas klarer zu durchblicken.

Gedankenverloren starrte er in die blutrote Flüssigkeit, um seine wild durcheinander wirbelnden Gedankenfetzen wieder zu einem Ganzen zusammenzusetzen, als es an die Tür seines Büros klopfte.

„Ja?!" rief er fast zu leise, als daß ihn jemand hätte hören können, doch die Tür öffnete sich Sekunden später und Sesha trat ein.
Mit einem überraschten Blick musterte er die junge Frau in dem orange und grün gemusterten Sari, in den goldene Ornamente gewebt waren. Über ihren Schultern trug sie noch immer den hauchdünnen blauen Umhang. Hatte sie heute schon den ganzen Tag so ausgesehen? Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern.

„Miss Shantay?" fragte er und machte sich zur Abwechslung nicht die Mühe, den Hauch von Überraschung aus seiner Stimme zu verbannen.

„Sir." Antwortete sie und auch ihrer Stimme mangelte es nicht an Emotionen. Nervös fingerte sie an der Naht ihres Umhangs herum. Severus widerstand dem Drang, genervt die Augen zu verdrehen und deutete statt dessen auf den Stuhl vor sich.

„Setzen Sie sich. – Was kann ich für Sie tun?" Daß die Leute nie einfach sagen konnten, was sie wollten. Hermine konnte es, aber damit war sie auch schon die einzige. Keiner außer ihr machte sich sonst noch die Mühe, ihm nicht seine Zeit zu stehlen. Etwas, was ihm besonders in den letzten Wochen wieder verstärkt auffiel, wo er wieder einmal das Gefühl hatte, gar nicht genug Zeit haben zu können.

„Ich... ich habe eine große Bitte." Wieder brach sie ab, schien nach den richtigen Worten zu suchen, ihm ihr Anliegen zu erklären. Severus nahm sich vor, ihr bei nächster Gelegenheit deutlich zu machen, daß sie anders vorgehen mußte, wenn sie mit ihm redete oder er sonst sehr ungeduldig wurde. Da sie aber heute schon den Eindruck auf ihn machte, verschreckt genug für einen Abend zu sein – warum eigentlich? – beschloß er, diese Lektion auf ein andermal zu verschieben, sofern sie bald damit rausrückte, was sie wollte natürlich, sonst konnte er für nichts garantieren.

„Ja?" hakte er nach, versuchte dabei aber, wirklich interessiert und nicht ungeduldig zu klingen.

„Ich wollte Sie bitten, mir bei der Vorbereitung meines Unterrichtes zu helfen." Sprudelte es plötzlich aus ihr hervor. Eine glänzende schwarze Augenbraue schoß augenblicklich zum Haaransatz des Zaubertrankmeisters empor und ein merkwürdiger abschätziger Ausdruck lag in seinen schwarzen Augen.

„Meine Hilfe?" seine Stimme war aus Eis. „Sie erbitten meine Hilfe bei Ihrer Vorbreitung, auf Ihren Unterricht in – Wahrsagen?!" er stieß das letzte Wort heftiger aus, als er eigentlich gewollt hatte, aber er konnte sich gegen das Gefühl der Beleidigung einfach nicht wehren, das er in sich fühlte. Wahrsagen, das letzte Fach auf Erden, von dem er fassen konnte, daß es überhaupt an einer ordentlichen Schule unterrichtet wurde. – Sein Zorn hielt einen Moment inne, als sich ein Schatten der Trauer über seine Gedanken legte.

Lily hatte es gelernt, dieses Wahrsagen, und was hatte es ihr gebracht? Er schüttelte heftig den Kopf.

„Es tut mir sehr leid, Miss Shantay, aber ich habe meine Zeit durchaus nicht gestohlen und kann daher keine Minute für einen solchen Unsinn opfern." Sesha war still geworden. Nach einem anfänglichen Schock über seine ersten Worte, hatte sie den Blick gesenkt, so daß er nicht sehen konnte, wie sie seine Abweisung aufnahm. Doch er hörte, wie sie tief Luft holte.

„Widerwärtiges Ekel." Preßte sie hervor und als sie ihren Blick wieder auf ihn richtete, stellte sie zufrieden fest, daß er seine Überraschung nicht ganz aus seinen Augen hatte fernhalten können.

„Miss Shantay!" seine Stimme klang nicht einmal im entferntesten so autoritär wie er es gewollt hatte, doch er war einfach zu überrascht darüber, daß gerade sie, die sich bisher still und zurückhaltend gezeigt hatte, so etwas zu ihm sagen würde. Das war wiederum etwas, was er nicht einmal Hermine zutraute. Nicht, daß es nicht wahr war. Um Himmels Willen, er war sogar noch viel mehr als nur ein widerwärtiges Ekel, aber daß es ihm mal jemand so ins Gesicht sagen würde...

„Ich habe Sie bewundert, von dem Augenblick an, als ich erfahren habe, wer Sie sind. Und als man mir dann anbot, mit Ihnen zusammen zu arbeiten, da habe ich blöde Gans doch tatsächlich gedacht, daß ein Traum für mich in Erfüllung gehen würde!

Ich kann es leider nicht mehr nachvollziehen, aber ich habe wirklich geglaubt, daß jemand, der so genial ist wie ein Severus Snape, eigentlich nur ein wunderbarer Mensch sein kann. Ich habe geglaubt, diese Zusammenarbeit würde gut und harmonisch sein, nicht nur mir, sondern auch Ihnen Freude bereiten, weil wir zusammen etwas erreichen können. – Sie dürfen nämlich nicht glauben, daß ich nicht wüßte, daß ich gut bin!" Wieder schoß seine Augenbraue einige Zentimeter nach oben. Seshas Augen brannten förmlich, doch sie war noch nicht fertig mit ihm.

„Ich weiß es sogar sehr genau, auch wenn ich mit diesem Wissen nicht hausieren gehe, mich nicht Meisterin der Zaubertränke nenne...." Sesha versuchte, sich selbst zu beruhigen. Sie wußte, daß sie mehr als ausfallend wurde, daß ihre Wut, die sich gegen Severus entlud, ihr mit Sicherheit nicht helfen würde, aber das ganze mußte raus. Ihre Enttäuschung, die sie seit ihrem ersten Tag in Hogwarts wegen ihm verspürte, wollte sich endlich ihren Weg ins Freie bahnen.

„Meine Bitte war eine ganze einfache Bitte um Hilfe, mehr nicht. Sie hätten genauso gut einfach freundlich ablehnen können, aber Freundlichkeit zählt ja scheinbar nicht zu Ihren Stärken, nicht wahr?" Severus stützte die Ellbogen auf seinem Tisch auf und stützte das Kinn auf den gefalteten Händen.

„Miss Shantay, ich habe so das unbestimmte Gefühl, daß es für Sie besser wäre, wenn Sie jetzt aufhören würden. Sie scheinen offensichtlich die Fähigkeit zu besitzen, sich in Ihre Wut hinein zu steigern und auch wenn ich zu emotionalen Regungen jeglicher Art offensichtlich nicht im Stande bin, wie Sie vermutlich gerade von mir denken, sollten Sie wissen, daß ich durchaus ebenso wütend werden kann, wie Sie es gerade sind und das wäre weder für Sie noch für mich besonders schön – wenn auch mit Sicherheit sehr befreiend." Die Ruhe, die Kälte, es machte Sesha einfach rasend. Sie wollte aus ihm endlich einmal ein Gefühl herauskitzeln und wenn es ein negatives war.

Zorn, dessen man sich über längere Zeit gar nicht bewußt war, war die schlimmste Form dieses Gefühls. Sesha hatte es schon oft erlebt, wie gerade jetzt. Bis vor wenigen Minuten war sie sich gar nicht bewußt gewesen, daß sie wirklich schon so zornig auf den älteren Zauberer gewesen war, bis er das Faß zum Überlaufen gebracht hatte.

„Macht es eigentlich Spaß, der Überlegene zu sein?" Er verengte die Augen, doch Sesha zog nicht zurück.

„Macht es Spaß, sich selbst als denjenigen zu sehen, der immer alles überschaut und erkennt, der alles unter Kontrolle hat und den anderen sagt, was sie falsch machen? Ihnen rät, was sie besser tun und lassen sollten?

Sie sind eine herbe Enttäuschung für mich und von mir aus können Sie ruhig wütend auf mich werden, es ist mir egal. Vielleicht könnten Sie mich auf diese Art ja davon überzeugen, daß Sie kein grober Eisklotz sind!" Sie stand so heftig auf, daß sie ihren Stuhl dabei fast umstieß. Ohne seine Antwort abzuwarten, verließ sie sein Büro und ließ einen Severus zurück, der sich wieder inmitten tiefster Grübelei wiederfand.


Auch nach Stunden kochte Sesha noch immer vor Wut. Sie hatte Hermine die ganze Geschichte erzählt, nachdem sie ihr versprochen hatte, ihr bei den Unterrichtsvorbereitungen zu helfen. Hermine hatte das ganze mit äußerst gemischten Gefühlen aufgenommen, weil sie Sesha einerseits zwar für ihren Mut bewunderte, sie aber anderseits auch wieder nicht verstehen konnte, daß sie Severus ihre Meinung nicht wenigstens auf professionelle Weise gesagt hatte.

„Was ist nur los mit diesem Mann?" Hermine schreckte aus ihren Gedanken auf. Sesha hatte die Begabung, genau in den Momenten wieder plötzlich auf ein Thema zurück zu kommen, wenn man gerade an etwas vollkommen anderes dachte.

„Er ist verletzt." Hermine war selbst überrascht über ihre Worte, versuchte aber, Sesha diese Überraschung nicht zu zeigen. Ihre Antwort war mehr ein Reflex gewesen, sie hatte nicht darüber nachgedacht, was sie sagte und hatte so instinktiv das gesagt, was sie von ihm vermutete.

Sesha sah sie verständnislos an.

„Was soll das heißen?" Hermine hob leicht die Schultern.

„Das heißt, daß irgend jemand ihn irgendwann einmal so verletzt hat, daß er bis heute nicht darüber hinweg gekommen ist. Darum ist er so, verstehst du? Er meint es vielleicht gar nicht wirklich böse, wenn er mal wieder seinen Sarkasmus raushängen läßt oder schlicht bösartig reagiert. Er hat es sich in langer Zeit antrainiert und jetzt kann er diese Eigenschaften nicht mehr einfach so ablegen. – Denke ich zumindest." Seshas Gesicht drückte nicht gerade Überzeugung über Hermines Worte aus, ganz im Gegenteil, doch sie sagte nichts dazu.

Einige Minuten saß sie wieder schweigend über ihren Notizen, doch sie dachte nicht mehr länger darüber nach, was sie in ihrer ersten Unterrichtsstunde am ersten Schultag durchnehmen wollte.

„Ich möchte doch nur mit ihm auskommen. Ich möchte, daß er mich mag. Das ist alles, was ich verlange. Ist das denn wirklich so viel?" Hermine legte den Kopf ein wenig schief.

„Warum möchtest du das? Warum ist es dir nicht einfach egal, was er denkt und wie er ist?" Sesha öffnete den Mund, um darauf zu antworten, doch sie brachte keinen Ton hervor.

„Du darfst dich nicht darauf versteifen, unbedingt mit Severus befreundet sein zu wollen. Das würde nur zu einer Enttäuschung führen. Beschränke dich einfach darauf, mit ihm auszukommen." Sesha schüttelte den Kopf, ihre langen Haare flogen wild umher.

„Ich kann es nicht erklären, Hermine, aber das reicht nicht. Ich empfinde das als unbefriedigend. Ich hatte mir mehr erhofft. Freundschaft und Anerkennung von einem Meister dieses Faches. Einfach mehr, als einfach nur da sein zu dürfen und nicht beachtet zu werden."

Hermine unterdrückte das Seufzen, das in ihr aufstieg. Sie wurde einfach das Gefühl nicht los, daß sie gerade ein zweites Sorgenkind gefunden hatte.


Hermine war sich sicher, daß man so etwas als ‚masochistische Ader' bezeichnen konnte. Keiner, der normal im Kopf war, würde freiwillig schon wieder versuchen, mit diesem sturen Kerl zu reden. – Und doch tat sie es, ein deutliches Zeichen, daß sie nicht länger normal im Kopf war.

Wenn sie das überhaupt jemals gewesen war.

Sie hob mit einem Seufzen die Schultern und öffnete die Tür zum Klassenzimmer, ging ohne Umschweife auf die Tür am Ende des Raumes zu und klopfte an.

„Kommen Sie rein, Hermine." Hermine runzelte überrascht die Stirn, folgte der Aufforderung aber unverzüglich. Severus saß an seinem außergewöhnlich unordentlichen Schreibtisch. Über die gesamte riesige Tischplatte verstreut lagen die Notizen und Aufzeichnungen von Fred und George und Severus stand vor seinem Tisch und hatte sich darüber gebeugt.

Hermine lächelte, als sie sah, daß auf seinem Nasenrücken etwas aufblitzte. War das etwa eine Brille? Severus blickte kurz auf und sah das Lächeln auf ihrem Gesicht. Mit einer mechanischen Bewegung schob er die Brille zurück auf die Nasenwurzel.

„Was kann ich für Sie tun?"

„Woher wußten Sie, daß ich es sein würde?" Er wandte seinen Blick wieder den Notizen zu.

„Ich habe Sie am Klopfen erkannt. – Keiner außer Ihnen würde um die Zeit noch einmal hier herunter kommen, nicht einmal Dumbledore." Hermine trat näher an ihn heran. Sie bestand sonst zwar durchaus nicht darauf, daß er sie ansah, wenn sie mit ihm sprach, aber sie hatte das Gefühl, daß es diesmal von Vorteil gewesen wäre. Sie wollte sein Gesicht oder besser seine Augen sehen. Sie waren das einzige an ihm, was wenigstens hin und wieder etwas von seinem Inneren verriet.

„Ich wollte mit Ihnen über – Sesha reden." Hermine sah, wie Severus' Haltung ein wenig steif wurde. Er schien einen Moment zu überlegen, drehte sich dann aber doch zu ihr um.

Hermine hatte erwartet, daß er wütend aussehen würde, denn immerhin hatte Sesha ihn nach ihren eigenen Erzählungen sehr angegangen, doch die Wut fehlte gänzlich in seinem müden Gesicht.

„Was gibt es da zu reden? – Ich gehe einfach mal davon aus, daß Miss Shantay Ihnen von unserem Zusammentreffen am frühen Abend erzählt hat und wenn Sie das wissen, kann ich Ihnen nichts neues mehr erzählen." Hermine verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn herausfordernd an.

„Wieso nur habe ich das dumpfe Gefühl, daß ich Ihnen das nicht abnehme, Severus?" sie sah wie seine schwarzen Augen einen Moment aufblitzten.

„Ich möchte auch eigentlich gar nicht über das reden, was Sie beide sich an den Kopf geworfen haben. Ich denke, daß müssen Sie selbst miteinander klären. Ich bin hier, weil ich Sie fragen möchte, ob Sie wissen, wie es überhaupt so weit kommen konnte?"

„Ich kann nicht folgen." Ein Hauch von Ungeduld machte sich auf Hermines Zügen breit.

„Hat dieses Zusammentreffen in Ihnen denn gar keine Fragen aufgeworfen oder irgendwelche Gefühle bewirkt?" Severus ließ ein wenig die Schultern hängen.

„Natürlich hat es das. – Ich bin schließlich kein Vollidiot. Aber was bringt es mir, wenn ich mich jetzt tagelang frage, warum sie von mir Freundschaft erwartet hat? Was bringt es mir, wenn ich versuche, herauszufinden, warum sie mich mögen wollte oder vielleicht sogar noch will? – Ich habe kein Interesse daran, mit ihr befreundet zu sein oder von ihr gemocht zu werden, das müssen sowohl Sie als auch Sesha akzeptieren." Hermine hob den rechten Mundwinkel an.

„Ich denke, daß mit Sesha etwas nicht in Ordnung ist. – Sie hat mir gesagt, daß sie sich so sehr Anerkennung und Freundschaft von Ihnen gewünscht hat und deshalb so enttäuscht war, daß Sie nicht anders auf sie reagiert haben, als auf alle anderen auch. – Indem Sie ihr die Erlaubnis geben, in Ihrer Nähe zu existieren. – Für manche Menschen ist das zu wenig, Severus. Und auch wenn es Ihnen schwer fällt, Sie sollten sich darauf einstellen, daß vielleicht die Zeit gekommen ist, sich auf einen anderen Menschen einzulassen, weil er Ihre Hilfe braucht." Severus starrte Hermine entgeistert an.

„Sie müßten mich lange genug kennen, um zu wissen, daß das vollkommen unmöglich ist, Hermine." Hermine schüttelte lächelnd den Kopf.

„Ich kenne Sie lange genug, um zu wissen, daß Sie sich nicht erlauben, nett zu sein. Aber ich denke, Sie können es genauso gut wie jeder andere auch. Versuchen Sie doch wenigstens, Sesha ein wenig netter zu begegnen. Ringen Sie sich mal zu einem Lob durch, sprechen Sie mal ein paar Worte mit ihr. Sie sollen ihr ja nicht gerade um den Hals fallen und eine Liebeserklärung machen." Wieder dieses Aufblitzen in Severus' Augen. Oder hatte Hermine sich das nur eingebildet? Er wich ihrem Blick aus.

„Ich bin ein einziges Mal in meinem Leben einem Menschen begegnet, der mich sofort berührt und mit sich fortgerissen hat. Es hat mir nichts gebracht, außer Leid und Qualen. – Ich habe mir selbst geschworen, daß das nie wieder passieren wird und ich werde es nicht zulassen, daß es nun doch passiert. Haben Sie mich verstanden, Miss Granger? Finden Sie meinetwegen heraus, was Miss Shantay bedrückt, aber verlangen Sie nichts von mir, was ich nicht erbringen kann." Und Hermine wußte, daß das Gespräch damit für ihn beendet war.

Einen Augenblick lang sah sie ihn noch an, wie er sich jetzt wieder über die Aufzeichnungen beugte. Sie war sich sicher, daß er ihr gerade etwas offenbart hatte – freiwillig offenbart – was aus seinem tiefsten Herzen kam.

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Author's Note:

Okay, kaum zu übersehen. Hermine wird mutiger, Sesha ist ziemlich merkwürdig und Harry ist ein... ja, was ist er denn? In dem Kapitel ist er noch harmlos, er wird schlimmer (aber es ist nur eine Phase, versprochen).

Der Streit zwischen Sesha und Severus ist eher spontan aus einer Laune heraus entstanden und war nicht geplant. Ich hoffe, das merkt man nicht allzu sehr ;o)

Heute hätte ich es fast nicht mehr geschafft, noch ein Kapitel hoch zu laden. Der Tag war hektisch. Mein Patenkind wird eingeschult und gestern ist meiner Family eingefallen, daß ich jetzt doch eine Schultüte basteln soll. Die Bastelvorlagen liegen 100 km weit weg im Westerwald, die krieg ich erst sonntag abend wieder und ich muß die Schultüte bis nächsten Mittwoch fertig haben, sonst kriegt meine Kleine sie nicht mehr rechtzeitig. Ich liebe Zeitdruck *grummel*
Das hieß, daß ich heute nach Mainz mußte, um erstmal den ganzen Kram einzukaufen, den ich dafür brauche. Ich hasse überengagierte Verkäuferinnen!!!! Immer ich.

So, jetzt zu was erfreulichen. Den Reviews *hüpf hüpf* Ich liebe euch ;o)

Leu de Nox: Die Hermine/Severus Szenen waren die schönsten überhaupt. Ich hab sie so gerne geschrieben, daß ich fast damit übertrieben hätte ;o)
Der Absinth-Text war eine Zusammenfassung von diversen Seiten im Internet. Ich wollte keinen Mist schreiben, darum hab ich erstmal ziemlich lange nach Infos gesucht und da ist ne Menge zusammen gekommen. Das war noch die absolute Kurzfassung ^_^
Ja, ja, ich und meine Donnerstage. War Zufall, hat grad so schön gepaßt mit den zwei Chaps. Dafür gibt's die Woche nur eins *höhö*

cat-chan: Nee nee, ich bin meines Zeichens Bitpopler (Informatikerin) und hab bis jetzt erst einmal eine Uni von innen gesehen, als ich meine IHK Zwischenprüfung letzten März geschrieben hab ;o) Aber vielleicht studiere ich irgendwann nochmal, wenn auch wahrscheinlich ein anderes Thema.
Mir ist nur wichtig, mich erst immer gut zu informieren und es gibt ne Menge gute Seiten im Internet zu dem Thema. In Anschluß an das letzte Kapitel gibt's ein genaues Quellenverzeichnis zu den Seiten, die ich für die Geschichte in Anspruch genommen hab ;o)
Ich liebe lange Kommentare, tu dir keinen zwang an (guck dir mal den letzten von little-lotte an *immer noch schwärm*)

Dino-Girl: Ich weiß auch nicht, ich entdeck immer mehr Kleinigkeiten, die ich jetzt anders gemacht hätte (diese ersten Kapitel sind ja von Februar/März) und ich bin halt so ein furchtbarer 100-Prozent-Mensch... am besten einfach weghören, wenn ich wieder anfange rumzumeckern *g*
Vielleicht hätte ich die Frage allgemein beantworten sollen, mir fällt jetzt erst auf, daß du die dritte bist, die das fragt... hm Silent, erst denken, dann handeln *g*. - Alle Absinth-Infos sind von diversen Seiten im Internet zusammen gesammelt, Quellen kommen ganz am Ende der Story noch.
Severus/Hermine bleibt platonisch, ja. Aber die Beziehung ist intensiver als alles andere in der Story. Fred und Hermine werden ein Paar, was aber nur am Rande herläuft (vielleicht kriegen sie irgendwann mal ihre eigene Story ;o) )
Tja, und meine kleine Aidan... wird noch nicht verraten.
Harry erfährt es in Kapitel 11 oder 12, wie und von wem *Finger auf die Lippen leg und zwinker*

Gracie: *seufz* Wir haben den selben Männergeschmack. Ziemlich genau meine Gedanken, die du da so aufführst ;o)
Ja, ja, klein Harry ist ein bißchen spinnert, bleibt es auch noch ein Weilchen, aber irgendwie mußte man die zwei ja dazu kriegen, sich zu zoffen *hehe*

Java: Würdest du mir glauben, wenn ich dir sage, daß viele dieser "nein ich will nicht ... verdammt doch" Dinger, die sich Severus' Gefühlswelt schimpfen vollkommen unfreiwillig immer wieder kommen? Das ist ein sehr merkwürdiges Phänomen, weshalb Kiki und ich irgendwann gesagt haben, daß Severus eine Zicke ist, wenn man über ihn schreiben will *lol*. - Ich bin verrückt, glaub ich ;o)
Aidan... tja, eigentlich sollte sie "the bad guy" werden. Is sie nur zum Teil geworden (später), aber sie wird unfreiwillig wichtig.

summsenine: Schriftgröße 5?! O_o Verdirb dir nicht die Augen wegen mir, bitte *g*. Freut mich aber sehr, daß es dir gefallen hat und ich hoffe, die Fortsetzung gefällt dir auch (die ist noch ein klitzekleines bißchen länger *25 % hust hust*)

Ich babbel zu viel, schonmal aufgefallen? *dümmlich vor sich hin grins*

Ich werd dann jetzt mal gehen, ist ja auch schon spät genug *Zeiger der Uhr tickt auf 21:39*. Bis demnächst.

Ach ja, und an alle, die auf die Fortsetzung von "And you... I wish I didn't feel for you anymore..." warten... ich hab's nicht vergessen, es ist nur hartes Brot ;o)

Bussi

SilentRose