Kapitel 10:
Blumen der Liebe, die niemals verblühen
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„Dann rück endlich raus mit der Sprache, ich bin mächtig gespannt." Aidan lehnte sich mit dem Rücken an die Wand neben dem Fenster ihres gemeinsamen Zimmers und blickte Aislin erwartungsvoll an. Aislin grinste wie ein äußerst gefährliches Honigkuchenpferd und ging gelassen hinüber zu ihrem Nachttisch, wo der Brief lag, den sie am Morgen erhalten hatte.
Sie nahm ihn und setzte sich dann auf ihr Bett. Einen Moment blickte sie den Brief nachdenklich an, bevor sie Aidan wieder ansah.
„Nach der Pleite an Halloween habe ich Kontakt zu einigen meiner Kameraden aufgenommen und um ihre Hilfe bei dieser Snape-Sache gebeten." Aidan hob ein wenig unwillig die Augenbraue. Der Ausdruck „Snape-Sache" gefiel ihr nicht. Doch im nächsten Moment hatte sie sich ins Gedächtnis zurück gerufen, daß sie es von Aislin nicht anders erwarten durfte. Für ihre Freundin war es eine Sache, eine Art Geschäft. Einzig sie selbst war so dumm, irgendeine Form von Gefühl an diesen Mann zu hängen. Doch auch nach all den Enttäuschungen, die sie durch ihn bisher erlebt hatte, schaffte sie es immer noch nicht, diese Gefühle abzutöten. Sie waren da und blieben da, egal wie wütend und aufgebracht sie auch war.
Aislin sah ihre Freundin an und wartete, bis sie mit ihren Gedanken wieder bei ihr und ihrer Erzählung war.
„Lucius war auch sofort bereit, uns in dieser Angelegenheit zu unterstützen. Seither stehen er und ich in Kontakt und haben etwas geplant." Das Lächeln auf Aislins Gesicht strahlte fast vor Stolz. „Sogar der Meister selbst hat sich bereit erklärt, in diesem Plan eine Rolle zu spielen." Aidan konnte einen überraschten Ausruf nicht unterdrücken. Aislin hatte Voldemort in diese Sache involviert? Der Dunkle Lord wußte davon?!
Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Das war das letzte, mit dem sich gerechnet hatte und sie wurde das Gefühl nicht los, daß mit dem Dunklen Lord auch ihr Vater Wind von der Sache bekommen hatte. Was er wohl sagen würde? Denn immerhin war Severus wirklich ein Verräter an der Sache, an die er sein ganzes Leben lang unverbrüchlich geglaubt hatte - der er sogar seine Frau geopfert hatte, ohne es auch nur eine Sekunde zu bedauern.
„Ich denke, ich verrate dir kein Geheimnis, wenn ich dir sage, daß Lord Voldemort dich gerne in seinem Kreis sehen würde, Aidan, und er hat Lucius seine Zusage gegeben, daß er dich in dieser Sache unterstützen würde, wenn du ihm als Gegenleistung deinen absoluten Gehorsam schwörst und an seine Seite trittst." Wenn Aislin in diesem Moment Begeisterung von Aidan erwartet hatte, wurde sie bitter enttäuscht. Aidan war zu perplex und vor den Kopf gestoßen und irgend etwas anderes zu tun, als ihre Freundin mit großen Augen und offenem Mund anzustarren. Sie hatte ihr so manches zugetraut, seit sie an ihrem ersten Schultag in diesem Jahr das Dunkle Mal auf ihrer Haut entdeckt hatte, aber sie hatte nicht geglaubt, daß Aislin in Voldemorts Kreisen schon solchen Einfluß hatte und ihn auch so skrupellos nutzen würde.
„Er ist sogar bereit, Snape am Leben zu lassen, Aidan." Setzte Aislin mit Nachdruck hinzu und Aidan schnappte endlich in die Realität zurück. Ein wenig verwirrt faßte sie sich an die Stirn und blickte Aislin immer noch unverwandt an.
„Nur meine Treue und meinen Gehorsam und dafür bekomme ich Severus, obwohl er ein Verräter ist?" fragte sie ungläubig und erwartete, in diesem Moment aus einem Traum zu erwachen, doch nichts dergleichen geschah und sie sah wie Aislin nickte.
„Warum?" Aislin hob leicht die Schultern.
„Frag mich nicht, was der Dunkle Lord in dir sieht, Aidan, ich hab keine Ahnung. Aber er tut nie etwas ohne Grund und ich würde dir raten, nicht unnötig darüber nachzudenken. Ein solches Angebot wird man dir in deinem Leben nie wieder machen." Da hatte Aislin zweifellos recht. Und Aidan stellte erstaunt fest, daß sie nur allzu bereit war, diesen vergleichsweise geringen Preis dafür zu zahlen, Severus in Sicherheit zu wissen. In der Sicherheit ihrer Arme. Sie lächelte.
„Wie sieht euer Plan aus?" fragte sie schließlich und die innere Spannung in Aislin löste sich mit einem Ruck. Sie wußte, sie hatte ihre Freundin an der Angel. Mit einem Grinsen reichte sie ihr den Brief von Lucius Malfoy.
endlich kann ich Dir die guten Nachrichten überbringen. Ich habe mit
unserem Meister ein sehr intensives Gespräch geführt und zu meiner
Überraschung hat er sich wirklich bereit erklärt, Severus diese eine
letzte Chance zu bieten. Alles, was er dafür verlangt, ist Miss Duvessa
und natürlich einen erneuten Treueschwur von Severus, für dessen
Einhaltung Miss Duvessa mit ihrem Leben bürgen muß. Ich denke, dieser
Preis ist lächerlich im Vergleich zur Entlohnung, nicht wahr?
Seine Lordschaft hat uns für die kommende Woche einige Leute zur
Verfügung gestellt. Ich werde mit ihnen nach Hogwarts kommen. Sorge
bitte dafür, daß wir die kleine Inderin in unsere Finger bekommen werden.
Ich kenne Severus und weiß, daß er alles tun wird, um das Mädchen zu
retten, wenn er wirklich so empfindet, wie du vermutest.
Achte darauf, daß keiner Wind von der Sache bekommt. Hogwarts ist
kein Ort, an dem man geheime Pläne leicht verbergen kann, es ist größte
Vorsicht geboten!
Sorge dafür, daß alles bereit ist und teile mir Ort und Zeit mit, sobald
alles vorbereitet ist!
Lucius Malfoy
„Eine Affäre mit Lucius?" fragte Aidan weniger überrascht, als Aislin erwartet hatte. Sie lächelte fast schon unschuldig und hob leicht die Schultern an, bevor sie ihre goldblonden Locken mit einer eleganten Bewegung nach hinten strich.
„Hat sich so ergeben." Aidan warf ihrer Freundin einen mehr oder weniger tadelnden Blick zu, den Aislin wieder nur mit einen Grinsen beantwortete.
„Sieh mich doch nicht so an. Du kennst doch Lucius. Er ist... wenn man ihn sieht, will man ihn haben, also habe ich ihn mir genommen." Aidan schnaubte verächtlich.
„Ich bin irgendwie überzeugt davon, daß es eher anders herum war. - Was ist mit seiner Frau?" Aislin winkte lachend ab.
„Das alte Wrack?! - Sie hat es nicht verkraftet, daß ihr kleiner Drache seiner Familie den Rücken gekehrt hat. Ist vollkommen durchgedreht seither. Es war nicht schwer, Lucius von der Notwendigkeit einer anderen Frau in seinem Leben zu überzeugen." Spöttelte sie und schien dabei höchst zufrieden mit sich selbst.
Aidan verbarg ihre Überraschung so gut sie konnte. Sie hatte zwar gewußt, daß Draco sich zur Überraschung aller gegen das Leben als Todesser entschieden hatte, als der Tag seines Schulabschlusses gekommen war, aber sie hatte nichts von den weitreichenden Konsequenzen innerhalb seiner Familie gewußt. Andererseits war Lucius Malfoy niemand, der mit persönlichen Informationen hausieren ging. Vermutlich hätte er sich eher einen Arm abgeschnitten, als einzugestehen, daß Dracos Verrat irgendeinen Effekt auf seine perfekte, schwarzmagische Familie gehabt hatte. Erbärmlicher Wurm.
„Und welche Rolle soll die Shantay in dieser Sache spielen?" Aislins Augen glitzerten kalt.
„Kolateralschäden gibt es immer, wenn man sich im Krieg befindet." Aidan nickte. Das war wohl wahr. Und Sesha Shantay war ein Schaden, den sie gerne in Kauf nahm, egal wie viel Skrupel sie sonst stets hatte.
„Ich bin dabei." Das Gefühl des Triumphes, das in Aislin bei diesen Worten aufstieg, ließ sich kaum unterdrücken. Auch wenn es Monate gedauert hatte und Aidan es nur tat, weil sie Severus Snape noch immer mehr wollte als alles andere - sogar mehr als ihre Freiheit - so war es doch ihr Erfolg und den konnte ihr niemand mehr nehmen.
In der vorletzten Woche vor den Weihnachtsferien fand für die Schüler der siebten Klasse ein letzter Probelauf für die Abschlußprüfungen im Sommer statt. Sämtliche Lehrer waren deshalb dazu über gegangen, in ihren Unterrichtsstunden den Stoff der vergangenen Jahre zu wiederholen und noch einmal eventuell aufgekommene Fragen zu beantworten.
Nachdem Sesha in den vergangenen Wochen mit ihrer Klasse noch einmal alles durchgegangen war, was Professor Trelawny in ihren ersten vier Jahren Wahrsagen mit ihnen durchgenommen hatte, war sie in dieser letzten Stunde vor den Prüfungen wieder zum Thema Tarot zurückgekehrt. Die Schüler hatten sich wieder zu Paaren zusammen geschlossen und sich gegenseitig die Karten gelegt und gedeutet. Sesha arbeitete wie fast immer mit Aidan und beobachtete dabei nebenher die anderen Paare, um eventuelle Fehler noch in letzter Minute zu finden und auszubessern.
Trotzdem fiel ihr auf, daß Aidan noch stiller und noch verstockter als sonst wirkte. Ihre Miene war düster wie noch nie zuvor und sie weigerte sich beharrlich, auch nur ein Wort mit Sesha zu sprechen, was über das Herunterrasseln der Kartenbedeutungen hinaus ging.
Sesha war zwar nie von der Illusion besessen gewesen, daß sie und Aidan sich verstanden, aber das war sogar noch mehr Abneigung, als sie von der jungen Slytherin gewohnt war. Nicht zum ersten Mal wunderte sie sich, was wohl der Grund dafür sein mochte, doch sie wußte, daß sie keine Antwort von ihr auf diese Frage erhalten würde.
Also schwiegen beide Frauen sich an, legten die Karten und verloren so wenig Worte wie möglich bei der Deutung.
Erst als es geklingelt hatte und die anderen Schüler bereits den Turm verließen, schien Aidan es sich anders zu überlegen.
„Miss Shantay, ich habe eine Frage." Begann sie und Sesha sah wie immer darüber hinweg, daß das Mädchen sich weigerte, sie mit dem ihrer Lehrerstellung gebührenden Titel „Professor" anzusprechen.
„Wie kann ich Ihnen helfen, Miss Duvessa?" Aidans Augen glitzerten merkwürdig kalt, als sie ihre Lehrein ansah und auf das Deck Karten deutete, das säuberlich gestapelt auf dem kleinen, runden Tisch vor ihr lag.
„Wenn ich diese Karten mische und Sie eine beliebige Karte daraus ziehen, hat diese Karte doch eine besondere Bedeutung oder?" Sesha legte den Kopf ein wenig schief, kam aber zum Tisch zurück und setzte sich wieder auf das dicke, runde Sitzkissen auf dem Boden.
„Sie meinen, ich soll eine Art Tageskarte ziehen? - Ja, so etwas gibt es. Möchten Sie es gerne ausprobieren?" Aidan nickte und Sesha wurde das komische Gefühl nicht, daß sie sich lieber nicht auf dieses Spiel einlassen sollte. Aidan war merkwürdig heute und es beunruhigte sie mehr als die gesamte Abneigung des Mädchens es bisher gekonnt hatte. Sie hatte fast den Eindruck, als führte die junge Slytherin etwas im Schilde.
Aidan griff nach dem Stapel Karten.
„Trennen Sie die großen Arkanen von den restlichen Karten und mischen Sie sie gut." Wies Sesha ihre Schülerin an und Aidan tat wie ihr geheißen. Sesha war nervös, als das junge Mädchen ihr schließlich die Karten hinhielt und nur knapp konnte sie ihre Hand daran hindern, verräterisch zu zittern, als sie nach einer der Karten griff und sie schließlich herauszog. Sie legte sie vor sich auf den Tisch, drehte sie aber noch nicht um.
Aidan legte die restlichen Karten weg. Sie war gespannt. Sie glaubte zwar nicht wirklich an diese ganze Wahrsagerei, aber trotzdem hoffte sie, daß Sesha eine schlechte Karte gezogen hatte. Ein wenig Bestätigung, bevor sie und Aislin die Sache ins Laufen brachten, war alles, was Aidan wollte.
Schließlich streckte Sesha endlich die Hand nach der Karte aus und drehte sie um. Aidan konnte sehen, wie sich der Ausdruck in den Augen der jungen Frau ein wenig änderte und sie grinste zufrieden, als sie die Karte auf dem Tisch sah. Besser hatte es ja praktisch nicht kommen können.
„Der Tod." Begann Sesha ein wenig zittrig zu erklären. „Eine Karte mit vielen Bedeutungen. In erster Linie kann sie natürlich ganz schlicht den Tod einer Person bedeuten, aber auch bei dieser Karte gibt es natürlich mehr als eine Bedeutung. Genauso gut steht der Tod für den Aufbruch. Etwas Altes muß enden, damit etwas Neues beginnen kann. Ob es etwas Positives oder Negatives sein wird, läßt sich von vorneherein schwer sagen." Doch Aidan hätte schwören können, daß Sesha sehr viel mehr aus dieser Karte lesen konnte, als sie ihr jetzt erzählte und die Besorgnis in ihrem Gesicht war für Aidan etwas unbegreifliches Schönes, das sie sich noch Stunden hätte ansehen können. - Wäre die Pause nicht schon vorbei gewesen.
„Vielen Dank, Miss Shantay. Das war wie immer sehr aufschlußreich." Sagte Aidan in einem zuckersüßen Tonfall, als sie aufstand und das Turmzimmer nun ebenfalls verließ.
Sesha blickte ihr nach und sie wußte, daß sie ziemlich blaß sein mußte. Denn sie fühlte sich, als riß ihr gerade jemand den Boden unter den Füßen weg.
Das Mädchen konnte ihr gefährlich werden, wenn sie den Karten glauben durfte und so war sie auch nicht dumm genug gewesen, ihr zu sagen, daß sie als Mischende ein bestimmender Faktor in dem zukünftigen Schicksal war, das die Karte Sesha voraussagte.
Etwas würde enden, etwas würde neu anfangen. Sesha war beruhigt, daß die Karte wenigstens nicht zu allem Übel auch noch auf dem Kopf gestanden hatte. So mußte sich erst noch zeigen, ob es eine positive oder negative Veränderung war. Aber dennoch war sie besorgt. Zutiefst besorgt.
„Wie ist es gelaufen?" fragte Aislin gespannt, als sie und Aidan sich nach ihrer letzten Stunde für diesen Tag im Gemeinschaftsraum der Slytherins trafen.
„Gut, sehr gut." Bemerkte Aidan zufrieden und bedeutete Aislin, ihr in ihr Zimmer zu folgen. Als sich die Tür hinter der Freundin geschlossen hatte, gab es für Aidan kein Halten mehr und sie erzählte von ihrer kleinen, sadistischen Tat am Ende der Unterrichtsstunde bei Sesha.
„Kennst du dich mit Tarot aus?" fragte Aidan schließlich, als sie mit ihrer Erzählung zum Ende gekommen war und den Kopf auf ihr Kissen sinken ließ. Aislin schnaubte verächtlich.
„Wenn ich mich mit solch einem Quatsch auskennen würde, hätte ich diesen Unterricht mit Sicherheit gewählt. Warum fragst du?"
„Weil ich glaube, daß sie mir nicht alles gesagt hat. Ich weiß aber auch nicht, wen ich fragen könnte." Aislin machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Ist doch egal. Wir beide wissen doch, was diese Karte für sie bedeutet. - Ich habe Lucius heute geschrieben, daß die ganze Sache übermorgen steigen wird. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, daß Sesha zum verabredeten Zeitpunkt auch auf dem Turm ist." Aidan grinste und griff nach einem Stück Pergament und ihrem Zauberstab. Sie murmelte einen Spruch und Aislin konnte von ihrem Bett aus sehen, wie das Pergament sich mit Worten füllte. Als sie fertig war, reichte Aidan ihr das Pergament und Aislin überflog die darauf geschriebenen Worte. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
„Perfekt, Aidan. Ich hätte niemals gedacht, daß du solche Tricks beherrschst. - Den wird sie übermorgen ganz überraschend nach dem Abendessen erhalten. Du sorgst dafür, daß Snape auf keinen Fall dazwischen funkt." Aidan nickte. Sie wußte auch schon ganz genau, wie sie das machen würde.
Nach der Abwandlung des Prototyps hatte das Gift, das Hermine und Sesha entwickelt hatten, tadellos funktioniert. Wieder hatte die Ratte knapp einen Tag, nachdem man ihr das Gift verabreicht hatte, Krämpfe bekommen und wenige Minuten später war sie tot gewesen. Hermine führte einige Bluttests mit dem Tier durch und kam schließlich zu dem äußerst befriedigenden Ergebnis, daß man das Gift nach dem Tod des Tieres nicht mehr nachweisen konnte.
Jetzt arbeitete Hermine an der Verschlüsselung der Formel und da Sesha mit den Prüfungen beschäftigt war, die in der nächsten Woche stattfinden würden, war Severus ihre einzige Hilfe. Ein Umstand, der Hermine nicht übermäßig traurig stimmte, auch wenn sie natürlich nach wie vor gerne mit ihrer Freundin zusammen arbeitete. Trotzdem war sie sich sicher, daß es gut war, sie gerade jetzt nicht dabei zu haben.
„Da ich einfach zu keinem Schluß komme, hoffe ich, daß du mir die Frage beantworten kannst, Severus. Bist du jetzt glücklich oder nicht?" Hermine wußte von dem Kuß und allem, was in Hogsmeade passiert war. Sesha hatte es ihr vollkommen aufgeregt gleich am nächsten Tag erzählt, doch wenn sie sich Severus so ansah, war sie sich nicht wirklich sicher, ob er ebenso euphorisch war, wie ihre Freundin. Manchmal, wenn er Sesha ansah, während sie hier arbeitete, erhellte sein Gesicht sich und sie war sich sicher, mehr Wärme und auch Freude darin zu sehen, als jemals zuvor. Doch im nächsten Moment war das gleiche Gesicht vollkommen leer und wirkte seltsam gequält.
„Ich wünschte, ich könnte diese Frage so einfach beantworten, Hermine." Erwiderte er nach kurzem Zögern leise.
„Wieso bist du unsicher? Ich dachte, deine Gefühle für Sesha wären dir klar." Severus hob leicht die Schultern, sah Hermine aber nicht an.
„Das sind sie ja auch, aber immer, wenn ich mit ihr zusammen bin, habe ich gleichzeitig ein schlechtes Gewissen." Hermine blickte ihn verständnislos an.
„Wieso ein schlechtes Gewissen?"
„Weil ich immerzu das Gefühl habe, daß ich Lily betrüge." Nachdem Hermine ihn immer noch verständnislos anblickte, verschwand Severus für einen Moment in seinem Büro und kam mit den Rosen zurück, die er Hermine bereits an Halloween gezeigt hatte. Vielleicht war es an der Zeit, daß er ihr die gesamte Bedeutung dieser Blumen erklärte. Dann verstand sie ihn vielleicht besser.
„Na, jetzt bin ich aber gespannt." Sie lächelte ihn aufmunternd an und nachdenklich betrachtete Severus die Kugel mit den wunderschön glitzernden Blumen, die noch immer keinen weiteren Makel hatten als die abgefallene Blüte. Seit fast dreißig Jahren ungebrochen schön und unzerstörbar, genau wie seine Liebe zu Lily Evans.
„Ich habe dir erzählt, daß ich Lily diese Blumen als Beweis meiner Liebe geschenkt habe. - Und daß die Blumen mit einem Zauber belegt sind und deshalb ewig blühen." Hermine nickte.
„Das ist noch nicht alles." Er mußte einen Moment überlegen, wie er es am besten ausdrücken konnte, damit Hermine das volle Ausmaß des Zaubers verstand. - Nicht, daß er Hermine für ein bißchen begriffsstutzig hielt, aber der Zauber, der auf diesen Blumen lag, war so stark und ungewöhnlich, daß vermutlich nicht einmal Hermine wirklich unbefangen glauben würde, daß er ihn als nicht ganz dreizehnjähriger Junge schon durchgeführt hatte.
„Ich habe die Blumen nicht einfach mit einem Zauber belegt, der ihr Verblühen verhindert. - Sie... sie sind an mich gekoppelt. An meine Seele, meine Liebe für Lily. Ein Teil von meinen Gefühlen steckt in diesen Blumen und ist für ewig mit ihnen vereint." Hermines Augen weiteten sich, als sie langsam begriff, was Severus ihr sagen wollte. Sie erinnerte sich an einen entsprechenden Zauber, auch wenn sie sich schwer vorstellen konnte, daß er genau diesen meinte. Wenn auch Liebeszauber im allgemeinen einfach durchzuführen waren, dieser eine war es nicht, denn dieser hielt manchmal für eine Ewigkeit, während gewöhnliche Liebeszauber nur von kurzer Dauer waren.
„Die Blumen blühen, so lange ich Lily von ganzem Herzen liebe. - Sie blühen jetzt fast dreißig Jahre." Er verstummte, als fiele es ihm schwer, die nächsten Worte auszusprechen. Doch Hermine konnte sich vorstellen, was er sagen wollte.
„Und du glaubst jetzt, wenn du dich auf Sesha einläßt, wie du dich damals auf Lily eingelassen hast, dann wird deine Liebe zu ihr schwächer werden und so lange verblassen, bis von ihr nichts mehr übrig ist. Das wolltest du mir damit doch sagen oder, Severus?" Nach einem kurzen Zögern nickte er und Hermine schnalzte ungeduldig mit der Zunge. Severus hatte noch so viel zu lernen, daß es vermutlich für ein Leben viel zu viel war. Aber wer konnte es ihm schon zum Vorwurf machen? Außer Lily hatte sich nie jemand die Mühe gemacht, es ihm beibringen zu wollen.
„Das wird nicht passieren, Severus. Es kann gar nicht passieren. Lily wird immer eine besondere Rolle in deinem Leben spielen." Severus blickte sie nicht gerade überzeugt an.
„Es gibt dafür zwei Gründe. Zum einen sterben die Gefühle für die erste Liebe selten ganz ab, die meisten empfinden für den Rest ihres Lebens stark für die- oder denjenigen. Und dann hat Lily dich geprägt und geführt, wie kein anderer Mensch in deinem Leben. Sie hat dich Dinge gelehrt, die dich bis heute beeinflußt haben, auch wenn du die Gefühle, die du von ihr gelernt hast, bis heute vor den meisten Menschen versteckst.
Dein Herz" sie tippte ihm an die Brust, als könne sie ihre Worte so noch verstärken „ist überhaupt nicht in der Lage, Lily nicht mehr zu lieben. Aber - und das ist das schöne am menschlichen Herzen - es ist sehr wohl in der Lage, sich für Sesha neu zu öffnen und für sie diese Gefühle ganz neu zu entdecken, ohne deine Gefühle für Lily auch nur im geringsten zu schmälern.
Du wirst schon sehen, auch wenn du dich bedingungslos in deine Gefühle für Sesha ergibst, werden diese Blumen nicht verblühen. Niemals." Hermine blickte ihren Freund eindringlich an und Severus versuchte, diesem Blick so gut wie möglich stand zu halten. Er wollte Hermine so gerne glauben, jedes einzelne Wort, das sie gesagt hatte, aber selbst sie konnte die Zweifel nicht so einfach fortwischen, auch wenn sie bisher in allem Recht behalten hatte.
„Ich habe aber dieses Gefühl, Hermine. Und das läßt sich nicht so einfach abstellen." Hermine seufzte. Severus war nicht nur kein leichter Patient, er war mit der schwierigste Fall, den man sich vorstellen konnte.
„Probier es aus und vertraue auf dein Herz. Ich bin mir sicher, daß es dich nicht enttäuschen wird. Ich weiß, daß du ein wundervolles Herz hast, Severus Snape, jetzt mach endlich Gebrauch davon." Severus lächelte. Er war dankbar für Hermines Hartnäckigkeit und Weigerung, ihn in all seinen Zweifeln einfach aufzugeben, obwohl er sich sicher war, sie an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Er begriff von Tag zu Tag mehr, wie wichtig ein Mensch wie Hermine für jeden Menschen auf dieser Welt war und es wurde für ihn immer unbegreiflicher, wie er so lange ohne einen Freund hatte auskommen können.
Hermine entspannte sich ein wenig, als Severus sie anlächelte. Vielleicht war sie ja doch zu ihm durchgedrungen und er hatte begriffen, was sie zu erklären versucht hatte. Oder er war wenigstens bereit, es zu versuchen und darauf ankommen zu lassen.
Es überraschte sie von Gespräch zu Gespräch immer mehr, wie verloren und unsicher Severus in Wahrheit war, während er auf andere Menschen stets den Eindruck der totalen Überlegenheit machte und keiner von ihnen zweifelte, daß er tatsächlich stets alles im Griff hatte. Ein Meister der Schauspielerei und sie war stolz, daß sie es geschafft hatte, ihm in der Zeit, die sie alleine waren, diese Maske vom Gesicht zu nehmen.
„Danke Hermine." Murmelte er so leise, daß sie es kaum hören konnte und im nächsten Moment fand sie sich in einer festen Umarmung wieder. Einen Moment lang war sie zu perplex, überhaupt zu reagieren, doch dann lächelte sie und erwiderte die Umarmung. Sie saßen minutenlang so nebeneinander und Hermine strich ihm sanft über den Rücken, während er sich an sie klammerte und schließlich sogar seine Schultern verräterisch zuckten. Hermine ließ sich ihre Verwunderung darüber, daß Severus Snape seine Tränen in ihrer Gegenwart nicht mehr länger zurück hielt, nicht anmerken. Im Prinzip war diese Offenheit, was sie sich die ganze Zeit über gewünscht hatte und auch wenn sie nicht damit gerechnet hatte, ihr Ziel jemals zu erreichen, wollte sie ihn durch ihre eigene Überraschung nicht verschrecken. Vielleicht traute er sich dann nie wieder, bei ihm wußte man nie.
„Tut mir leid." Nuschelte er in den dicken Stoff ihres Winterumhangs und wischte sich fast verstohlen mit seinem Ärmel über die Augen, bevor er sich aufrichtete und Hermine wieder ansah.
„Entschuldige dich niemals bei mir dafür, daß du Gefühle hast." Tadelte Hermine ihn sanft.
„Ich komme mir vor, wie ein dummer, kleiner Junge. Jetzt werde ich vor deinen Augen schon zur Heulsuse." Hermine lächelte und strich ihm das wirre Haar ein wenig glatt.
„Und wenn es so wäre, würde es mich nicht stören, Severus. Bei mir darfst du weinen, schreien, klagen, lachen, was auch immer du willst. Ich finde nichts davon albern und verurteile dich nicht dafür, daß du mir zeigst, was du empfindest. Ich habe dir nicht aus einer Laune heraus angeboten, für dich da zu sein, sondern weil ich es wirklich möchte." Sie lächelte und hob fast entschuldigend die Schultern.
„Vielleicht liege ich eines Tages weinend in deinen Armen, weil Fred mir das Herz gebrochen hat, wer weiß das schon so genau." Sie zwinkerte und Severus mühte sich ein zittriges Lächeln ab, bevor er Hermine noch einmal in seine Arme zog.
„Nachdem ich ihn dafür im Kerker an den Ohren aufgehängt hätte, könntest du dich die ganze Nacht bei mir ausheulen." Murmelte er und diesmal zuckten seine Schultern, weil er lachte. Das Bild war so komisch, daß Hermine mitlachen mußte und in diesem Moment wußte sie, daß sie das Unmögliche möglich gemacht hatte. Sie war jetzt hochoffiziell die beste Freundin von Severus Snape.
Noch eine gute Stunde unterhielten sich Hermine und Severus über mehr oder weniger belanglose Dinge, bis er ihr schließlich sagte, sie solle für diesen Tag endlich Schluß machen. Es war schon wieder sehr spät geworden.
Nachdem er den Kerker verlassen hatte, zog es ihn ganz automatisch hinauf auf den Turm. Seinen Turm. Und Lilys Turm.
Zu gerne wollte er glauben, was Hermine sagte und er wußte auch längst, daß seine Gefühle für Sesha so stark waren, daß er gar nicht anders konnte, als ihnen nachzugeben, aber seine Angst war noch nicht weggewischt. Sie war noch genauso präsent und penetrant wie vor dem Gespräch mit Hermine. Einzig sein Mut hatte einen gewaltigen Aufschwung erhalten.
Sesha verließ gerade das Kaminzimmer, als sie Severus am Ende des Korridors entdeckte. Ihre düstere Miene hellte sich auf. So wie es aussah, hatte sie doch nicht den ganzen Abend vergeblich auf ihn gewartet.
„Severus!" rief sie ihm zu, doch er schien sie nicht zu hören und bog um die Ecke. Sesha hob überrascht die Augenbrauen an. Er war wieder auf dem Weg zum Turm. Nach einem kurzen Moment des Zögerns entschied sie sich schließlich, ihm zu folgen.
Vielleicht überschätzte sie sich gerade hoffnungslos, aber sie hielt sich für einen Teil seines Lebens und als solcher war sie eventuell nicht vollkommen unerwünscht.
Die Berüstung, der Sternenhimmel, der kalte Wind, der an seinen Haaren zerrte, das alles war ihm so vertraut wie nichts anderes in seinem Leben. Hier oben konnte ihm nichts mehr fremd sein, zu viel Zeit hatte er hier verbracht. Kein anderer Ort in diesem Schloß hing so voller Erinnerungen und gleichzeitig so voller Schmerz wie dieser Turm. Hier waren mit die schönsten und auch schlimmsten Dinge seines Lebens passiert.
Verzweifelt stützte er den Kopf auf seine Hände. Er wollte so gerne von vorne beginnen. Er wollte die Erinnerungen endlich als das annehmen, was sie waren. Seine Vergangenheit. Und er wollte endlich den nächsten Schritt wagen und in die Zukunft gehen. Aber wie sollte er das schaffen, wenn er die ganze Zeit über das Gefühl hatte, alles zu verlieren, was ihm bisher wichtig gewesen war, wenn er diesen Schritt wagte?
„Einerseits möchte ich, daß du mich los läßt und ich weitergehen kann, aber andererseits, was ist, wenn du es wirklich tust? Wenn ich nur wüßte, daß ich dich nicht für immer verliere, Lily." Er hörte, wie hinter ihm die Tür aufging, die hinunter ins Schloß führte und für einen Moment setzte sein Herz aus. Lily? Er wirbelte herum, doch die Augen, die ihn verständnisvoll anblickten, waren nicht grün. Für einen kurzen Moment fühlte er die Enttäuschung in sich aufsteigen, doch mit der Enttäuschung kam auch ein ganz anderes Gefühl, auf das er so lange gewartet hatte und er begriff.
Nicht Lily mußte ihn loslassen. Er war derjenige, der nicht losließ. Er klammerte sich beharrlich an die Vergangenheit, die nicht mehr zur Zukunft werden konnte, obwohl genau das mit das letzte war, was Lily sich für ihn gewünscht hatte.
Severus fühlte sich seltsam leicht und frei und für einen Moment blickte er hinauf in den sternenklaren Himmel.
„Ich verstehe." Flüsterte er und lächelte.
„Severus?" fragte Sesha unsicher und löste sich von der Tür, um auf ihn zuzugehen. Er war so seltsam und sie sah, daß er Tränen in den Augen hatte.
Als sie an seine Seite trat, legte er ihr vorsichtig die Hand auf die Wange. Er hatte noch immer das erleichterte Lächeln auf dem Gesicht.
„Bitte verzeih, ich wollte dir nicht nachschleichen. Aber ich habe dich schon so oft hier hoch schleichen sehen. - An Halloween..." sie brach ab, als sie den überraschten Ausdruck in seinem Gesicht sah.
„Du warst hier?" Sie nickte.
„Du bist verschwunden und ich wollte dich suchen. Dumbledore sagte, ich solle hier nach dir suchen und du warst auch wirklich hier, aber..." ihr Blick schweifte ab in Richtung der toten Blumen, die wenige Meter von ihnen entfernt auf dem Boden lagen. „Ich hatte das Gefühl, zu stören." Severus legte ihr zärtlich seine zweite Hand auf die andere Wange und küßte sie. Er fühlte, wie die Anspannung ein wenig aus ihr wich.
„Verrätst du mir, um wen du trauerst?" Diesmal war die Überraschung viel kürzer auf seinem Gesicht zu sehen.
„Sie war einmal der wichtigste Mensch in meinem Leben." Antwortete er und als er den ängstlichen Blick sah, den Sesha ihm zuwarf, zog er sie mit einer bestimmten Bewegung in seine Arme. „Aber jetzt habe ich dich. Jetzt bist du der wichtigste Mensch in meinem Leben." Sesha blickte überrascht auf und genau in seine schwarzen Augen, die warm leuchteten.
„Ich liebe dich, Sesha." Im ersten Moment hatte Sesha das Gefühl, daß sie der Schlag getroffen hatte, sie gestorben und jetzt im Himmel war. Doch als sie seine Lippen wieder auf ihren fühlte und seine Arme sie so fest an ihn drückten, daß ihr bald die Luft weg blieb, wußte sie, daß sie noch sehr lebendig war und noch dazu die glücklichste Frau der Welt.
„Ich bin sehr stolz auf dich, Aislin." Die unwirkliche Stimme hallte unnatürlich laut durch den dunklen Raum und jagte Aislin eine Gänsehaut über den Rücken. Um sie herum war es so dunkel, daß sie so gut wie nichts sehen konnte, nur Voldemort, der bleich und imposant wie immer vor ihr stand.
„Danke Meister, Euer Lob macht mich zum glücklichsten Menschen der Welt." Entgegnete sie ergeben. Voldemort ließ ein leises und keinesfalls weniger unwirklich klingendes Lachen hören und entfernte sich ein paar Schritte von ihr, um sich auf seinem Thron nieder zu lassen. Im ganzen Raum wurde es ein wenig heller und Aislin erkannte, daß sie in Malfoy Manor war.
„Für einen kurzen Moment habe ich wirklich geglaubt, du würdest mich enttäuschen, mein Kind, aber ich bin froh, daß du es nicht getan hast. - Ich hätte dich ungern für dein Versagen bestraft." Aislin versteifte sich unwillkürlich ein wenig, doch schon Sekunden später zwang sie sich, sich wieder zu entspannen.
„Meister, ist es mir erlaubt, Euch eine Frage zu stellen?" fragte sie ein wenig zaghafter als es ihr recht war, aber Voldemort schien auch das zu gefallen. Noch immer konnte Aislin nicht fassen, daß ausgerechnet sie scheinbar hoch in der Gunst des Dunklen Lords stand. Zumindest hatte sie manchmal das Gefühl, daß er ihr mehr gestattete als den anderen jungen Rekruten.
„Sprich." Forderte er sie mit einem geradezu gönnerhaften Ton auf, den lippenlosen Mund zu einem süffisanten Lächeln verzogen. Aislin nickte, blickte aber nicht auf, als sie ihre Frage stellte.
„Warum war es Euch so wichtig, daß Aidan Euren Reihen beitritt?" Voldemort schwieg und im ersten Moment glaubte Aislin, einen fürchterlichen Fehler gemacht zu haben. Wenn man bedachte, daß es fast immer ein fürchterlicher Fehler war, Voldemort etwas zu fragen, war es auch gut möglich. All ihren Mut sammelnd, blickte sie auf und war erstaunt, auf dem sonst vollkommen ausdruckslosen Gesicht des Dunklen Lords so etwas wie Nachdenklichkeit zu sehen.
„Ursprünglich hast du diesen Auftrag erhalten, weil Durrikan Duvessa mich darum gebeten hat. Er hatte bemerkt, daß Aidan trotz seiner hervorragenden Erziehung scheinbar nicht wirklich in meine Reihen eintreten wollte. Weil Duvessa mir stets ein treuer Diener war, bin ich der Bitte nachgekommen.
Als sich dann aber der Grund für Aidans schwankenden Glauben an mich herausgestellt hat, konnte ich nicht widerstehen." In Aislins Augen blitzte Überraschung auf. Er hatte es getan, weil er Snape zurück wollte? Obwohl Snape ein Verräter war?
„Dann ist Snape der Grund?" fragte Aislin aus einem Impuls heraus und verfluchte sich im nächsten Moment dafür. Auch das tat man nicht, wenn man mit Lord Voldemort sprach. Doch wieder sah er wundersamer Weise darüber hinweg. Übertrieben einige der Todesser, wenn sie von seiner Grausamkeit sprachen, einfach nur?
„Severus ist ein dreckiger Verräter, aber er war meine gefährlichste Waffe, als er meinem Kreis vor vielen Jahren beigetreten ist. Und er könnte es wieder werden, natürlich mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen.
Normalerweise würde ich trotzdem nicht einen Moment zögern, ihn auf der Stelle für seinen Verrat zu töten, aber in den letzten Jahren hat sich gezeigt, wie stark unsere Gegenseite geworden ist. Severus könnte unser Triumph sein.
Aus diesem Grund - und nur aus diesem Grund allein - habe ich zugestimmt, sein Leben zu verschonen, wenn er mir ewige Treue schwört und sich für immer an mich bindet." Aislin wußte, daß Lord Voldemort seine letzten Worte nicht nur im übertragenen Sinne meinte, sondern ganz konkrete Pläne hatte, seinen ehemaligen Giftmischer mit dessen Leben an sich zu binden, wenn er zu ihm zurückkehrte. Ein Bündnis, das unzertrennbar war und daß es ihm erlaubte, Severus auf der Stelle für immer auszulöschen, wenn er noch einmal auf die Idee kommen sollte, ihn zu verraten.
„Aidan wird die Brücke zwischen uns sein. Ich werde meinen Geist mit ihrem verbinden und sie wird so ein Teil von mir werden. Und wenn Severus das Bündnis mit ihr eingeht - und glaube mir, das Bündnis, das ich ihm auferlegen werde, wird nicht zu durchtrennen sein, so sehr er es auch versucht - wird er gleichzeitig auch für immer an mich gebunden sein." In den roten Augen des Dunklen Lords blitzte kalte Freude auf. „Er wird es nicht einmal wissen." Das irre Lachen Voldemorts durchschnitt den Raum.
Aislin blickte unter sich. Alles nur wegen Snape. Aidan ahnte nicht einmal, welche große Ehre ihr der Lord zuteil werden ließ.
Noch Stunden später, als sie längst in Lucius' Armen lag und sich an seinen noch schweißnassen Körper drückte, war sie in Gedanken bei diesem Gespräch. Sie hatte es Lucius anvertraut, obwohl sie sonst darüber schwieg, was der Lord nur ihren Ohren verriet und ihr Liebhaber hatte sich dazu bisher immer noch nicht geäußert.
„Ich hätte nicht gedacht, daß Snape ihm so wichtig ist." Unterbrach sie schließlich die angenehme Stille, die sich vor wenigen Minuten über Lucius' Schlafzimmer gelegt hatte und stützte sich auf ihrem Ellbogen auf, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
Lucius drehte den Kopf zur Seite und sah das junge Mädchen in seinem Arm mit seinen stahlgrauen Augen an.
„Er konnte nie wieder Hand an einen vergleichbaren Giftmischer legen. Severus kann innerhalb von wenigen Tagen ein vollkommen neues Gift entwickeln. Er ist ein Genie.
Viel mehr wundert mich die Rolle, die er deiner kleinen Freundin zugedacht hat." Aislin hob fragend eine Augenbraue.
„Wie meinst du das?" Er lächelte.
„Dieser Bund, den er mit ihr eingehen will, ist gleichzeitig eine Schwachstelle. Voldemort ist kurz davor, die von ihm angestrebte Unsterblichkeit zu erreichen. Aidan dagegen ist schwach im Vergleich zu ihm. Dieser Bund aber verbindet sein Leben mit ihrem. - Er würde zwar nicht sterben, wenn sie stirbt, aber er wäre fast so geschwächt wie damals, als der junge Potter den Todesfluch auf ihn zurückgeworfen hat. Es ist ein Risiko."
„So viel kann nicht einmal Snape wert sein." Lucius lachte und mit einer schnellen Bewegung lag er über seiner jungen Geliebten und umrahmte ihr schmales Gesicht vorsichtig mit seinen Händen. Fast schon zärtlich strich er ihr ihre wirren blonden Locken aus dem Gesicht.
Sie lächelte und fuhr sanft mit ihren Fingernägeln seinen Rücken hinab und wieder herauf. Er erschauderte, als sich über seinen gesamten Körper eine Gänsehaut ausbreitete. Seine langen, weißblonden Haare glitten über seine Schultern und legten sich wie ein silbriger Vorhang um ihre Köpfe herum.
„Du bist ein Biest." Grinste er und senkte seine Lippen auf ihre. Aislin kicherte in den Kuß hinein und schon war Lucius verloren.
Severus lag entspannt auf dem dicken Teppich vor Seshas Kamin, in dem ein Feuer prasselte, und strich fast abwesend durch Seshas dickes, welliges Haar. Sie hatte ihren Kopf auf seinen Bauch gelegt und las ein Buch, das ausnahmsweise mal nichts mit Zaubertränken, Giften und Flüchen zu tun hatte. Es war irgendein Muggelroman, aber er konnte nicht einmal sagen wie er hieß, da die indische Schrift auf dem Umschlag für ihn nur Kauderwelsch darstellte.
Aber es war auch nicht wichtig. Wichtig war, daß er glücklich war. Glücklich damit, auf diesem Teppich vor diesem Kamin liegen zu können und Sesha beim Lesen zusehen zu können, während er mit ihrem Haar spielte. Sorgen, Pflichten, Aufgaben, Gefahren, das alles blieb einmal für wenige Stunden vor der Tür. Hier gab es nur Ruhe und ein kleines Glück, das sich Liebe nannte.
Noch immer war Severus ein wenig flau zumute, wenn er daran dachte, was er am vergangenen Abend zu Sesha gesagt hatte. Aber er wußte, daß er nur gesagt hatte, was sein Herz empfand und das war stärker als jede Unsicherheit, die er gefühlt hatte. Severus lächelte, als ihm klar wurde, daß sein Leben ab jetzt anders verlaufen würde. Daß er ab jetzt glücklich war und kein verbitterter, einsamer Mann mehr. Und er war mächtig gespannt darauf, wie seine Schüler darauf reagieren würden, wenn sie ihren furchtbaren Zaubertranklehrer zum ersten Mal lächeln sahen.
„Woran denkst du?" Severus war überrascht, als er Seshas Stimme hörte und ihren fragenden Blick sah.
„Ich habe gerade daran gedacht, daß ich schon sehr lange nicht mehr so glücklich war. - Und daß ich meine Schüler zu Tode erschrecken werde." Er grinste verschmitzt und Sesha lachte. Sie klappte ihr Buch zu und kuschelte sich der Länge nach an ihn, ihren Kopf auf seine Schulter gebettet.
„Sie werden sich schnell dran gewöhnen. - Willst du es offiziell machen?" Severus schien einen Moment darüber nachzudenken.
„Im neuen Jahr, wenn die Schüler aus den Ferien zurückkommen. Ich möchte es erst im Kollegium bekannt geben, damit alle genügend Zeit haben, sich daran zu gewöhnen."
„Du wirst SIE damit zu Tode erschrecken. So viel Umsicht, sind sie von dir nicht gewöhnt." Severus grinste fast schon teuflisch als er Sesha einen kleinen Kuß auf die Stirn drückte.
„Ich weiß."
„Hey Kumpel!" begrüßte Fred Harry, der trotz der fortgeschrittenen Stunde auf der Tribüne des Quidditch-Feldes saß und trübe vor sich hin starrte.
„Hey Fred." Antwortete er matt. Fred setzte sich neben ihn und wickelte sich ein wenig fester in seinen Umhang ein. Es war erbärmlich kalt hier draußen und Harry saß schon seit Stunden hier rum.
„Was machst du hier? Ich hab gesehen, wie du nach dem Abendessen das Schloß verlassen hast. Sitzt du schon so lange hier in der Kälte rum?" Harry nickte.
„Das ist unvernünftig. Du willst doch Weihnachten nicht mit einer Lungenentzündung auf der Krankenstation liegen oder?" Harry ließ den Kopf hängen.
„Ist doch vollkommen egal." Ein wenig besorgt legte Fred die Stirn in Falten und legte Harry vorsichtig einen Arm um die Schultern.
„Raus damit, was ist los?" Harry schnaubte, schüttelte aber Freds Arm nicht ab.
„Gar nichts ist los, das ist genau das Problem." Eine Weile herrschte bedrücktes Schweigen zwischen den beiden, bevor Harry endlich wieder sprach. „Warum meldet sie sich nicht?" seine Stimme klang merkwürdig hoch und unstet.
„Sie hat deinen Brief nicht beantwortet?" Harry schüttelte den Kopf und ließ den Kopf noch ein wenig tiefer hängen, damit Fred seine Tränen nicht sah.
„Vielleicht solltest du ihr noch einen schreiben. Du hast dich so lange nicht bei ihr gemeldet, es würde mich wundern, wenn sie nicht furchtbar beleidigt wäre und dich deshalb zappeln lassen will. - Frauen sind manchmal so." Harry schniefte und wischte sich mit dem Ärmel seines Umhangs über die Nase.
„Nenn mir einen vernünftigen Grund, warum wir uns ausgerechnet in solche Teufel verlieben müssen." Jammerte er, doch Fred wußte, daß Harry es nicht vollkommen ernst meinte, darum lachte er und zog Harry freundschaftlich an sich.
„Weil sie gut für uns sind, mein Freund." Harry blickte auf und ein leichtes, wackliges Lächeln trat auf seine Lippen.
„Ist Hermine gut für dich?" fragte er leise und beobachtete, jetzt selbst ein wenig amüsiert, wie Fred rot wurde. So rot, daß er es trotz der Dunkelheit gut erkennen konnte.
„Sie ist das beste, was mir bisher passiert ist." Harry nickte und aus seinem Lächeln wurde fast schon wieder so etwas wie ein Grinsen.
„Ich bin auf jeden Fall schon einmal beruhigt, daß damit endlich dieses dumme Gerücht aus der Welt geschafft ist, daß du so sehr mit George verwachsen bist, daß es in eurem Leben gar keine Frau geben kann, weil der andere sofort eifersüchtig wäre." Er kicherte über Freds dummen Gesichtsausdruck und kam sich zum ersten Mal seit langem nicht albern vor, obwohl die Reaktion für einen Jungen wohl albern war.
Obwohl Fred erst empört etwas erwidern wollte, schwieg er. Er war froh, daß er Harry ein wenig zum Lachen bringen konnte. Seinen alten Freund über Wochen mit einem Trauergesicht herumlaufen zu sehen, war noch viel mehr als unschön für ihn gewesen.
Doch genauso schnell, wie seine Stimmung sich aufgehellt hatte, wurde Harry auch wieder ernst.
„Tu mir einen Gefallen, Fred." Fred blickte den jüngeren Mann fragend an.
„Worum geht es?" Harrys Blick war so ernst, daß es Fred schon fast Sorgen bereitete.
„Sei bitte nicht so ein Arschloch wie Ron." Fred nickte, sein Blick genauso ernst wie Harrys.
„Keine Sorge, ich werde ihr nicht weh tun." Harry lächelte wieder und stand auf.
„Komm, wir frieren hier sonst noch fest." Forderte er Fred auf, der mit einem Grinsen antwortete und von dem eisig kalten Sitz aufstand.
„Was hat Ron damals eigentlich gemacht?" fragte Fred in einem unbefangen Plauderton, als sie sich auf den Rückweg zum Schloß machten. Harry hob die Schultern.
„Er war ein Arschloch." Fred lachte.
„Einfach nur so?" Harry nickte.
„Und trotzdem bist du noch sein Freund?" Harry grinste.
„Du könntest Cho fragen, was sie gerade von mir denkt und deine Frage selbst beantworten." Es war ein bitterer Humor, den Harry da an den Tag legte, aber immerhin, es war Humor. Ein wahrer Fortschritt zum brütenden Harry der letzten Wochen.
„Für heute abend ist alles klar." Verkündete Aislin ihrer Freundin, als sie mittags vor der Großen Halle zusammen trafen, um zum Essen zu gehen.
„Dann muß ich ihr nur noch den Brief schicken." Sagte Aidan leise und blickte sich so unauffällig wie möglich um, ob sie auch niemand beobachtete.
„Lucius und seine Männer werden um Punkt neun Uhr auf dem Turm sein. Du mußt Snape ablenken und danach sofort nach Malfoy Manor kommen. Der Meister erwartet dich. Er hat mir bei unserem letzten Treffen gesagt, daß er plant, dich und Snape mit einem unzertrennbaren Band miteinander zu verbinden. Der erste Teil dieses Zaubers wird sofort nach deiner Ankunft durchgeführt." Aidan schluckte und blickte ihre Freundin mit großen Augen an.
„Was ist, wenn Severus sich weigert?" fragte sie mit einem kaum überhörbaren Zittern in der Stimme.
„So dumm wird er nicht sein." Antwortete Aislin fest.
„Und was, wenn doch?" Aislin sah ihrer Freundin in die Augen und ihr Blick ließ keinen Zweifel zu.
„Du weißt es sehr genau." Aidan nickte und hoffte inständig, daß Aislin recht damit hatte, daß er nicht so dumm sein würde. Wenn sie ehrlich sein sollte, wußte sie nicht, ob sie es verkraften würde, Severus sterben zu sehen. Mit einen Kopfschütteln wischte sie den Gedanken fort.
„Ach ja, Lin." Begann Aidan und versteckte ihr Grinsen hinter ihrer Hand. Aislin warf ihr einen fragenden Blick zu.
„Du hast einen Knutschfleck, den man ziemlich gut sehen kann." Für einen Moment verfinsterte sich ihre Miene etwas, doch eigentlich war Aislin erleichtert, daß Aidan die Nachricht so gut verkraftet hatte, daß sie die neue Gefährtin von Lucius Malfoy war. Sie hatte ein heftigere Reaktion erwartet.
Es war schon erstaunlich, wie sehr man an alten Gewohnheiten hing, ging es Aislin durch den Kopf, als ihr klar wurde, daß es ihr eigentlich vollkommen egal sein sollte, ob der Freundin aus Kindertagen die Sache mit Malfoy gefiel oder nicht.
„Vielleicht kann ich dir ja bald das selbe sagen, meine Süße." Entgegnete Aislin grinsend und klappte den Kragen ihrer Bluse ein wenig auf, damit man den Fleck nicht sofort sah.
„Du hattest wie immer recht, Hermine." Hermine blickte von ihrer Testlösung auf.
„Womit?" fragte sie und tauchte vorsichtig eine Pipette in das Gläschen mit dem neu entwickelten Gift. Zwei Tropfen der aufgezogenen Flüssigkeit träufelte sie in die Testlösung und schwenkte diese ein paarmal.
„Die Blumen haben sich nicht verändert." Hermine lächelte.
„Ich bin froh, daß du auf mich gehört hast." Severus erwiderte das Lächeln.
„Und ich erst." Hermine zog konzentriert die Stirn kraus, als sie nach einem Testpergament griff und etwas von dem in der Testlösung aufgelösten Gift auf das Pergament tropfen ließ. Einen Moment wartete sie angespannt, ob etwas passierte. Doch nichts geschah. Hermine kratzte sich verwirrt am Hinterkopf. Eigentlich hätte da jetzt...
Erschrocken sprang sie einen Schritt zurück, als das Stück Pergament in Flammen aufging und die kleine Stichflamme ihr fast die Haare versengte. Doch schon Sekunden später hatte sie sich gefangen und strahlte über das ganze Gesicht.
„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!" rief sie vergnügt und strahlte Severus an, der über ihre kindliche Freude nicht wenig überrascht war.
„Ich würde sagen, das ist ein Grund zu feiern oder?" fragte Hermine herausfordernd.
„Dann gehe ich wohl richtig in der Annahme, daß ich dich auf ein Glas Wein in meine bescheidenen Gemächer einladen darf?" fragte er und verbeugte sich in gespielter Galanterie vor ihr.
„Aber gerne." Zu Hermines Überraschung führte Severus sie durch sein Arbeitszimmer hindurch bis in das Wohnzimmer seiner Privaträume. Sie setzte sich in einen der großen, dunkelgrünen Sessel und wartete, bis Severus mit einer Flasche Wein und zwei großen Gläsern zurück kam.
Der Wein mußte schon sehr alt sein, denn eine sehr dicke Staubschicht bedeckte das Glas der Flasche und ließ die dunkelrote Flüssigkeit darin grau erscheinen.
Severus entkorkte die Flasche und betrachtete sie mit einem merkwürdig warmen Ausdruck.
„Sie ist aus dem Privatbesitz meines Vaters. Das war das einzig gute, von dem dieser Mann Ahnung hatte." Hermine biß sich auf die Lippen, denn ganz hatte Severus die Bitterkeit nicht aus seiner Stimme vertreiben können. Vermutlich war der Haß auf seinen Vater in Severus noch immer so groß, daß es selbst über zwanzig Jahre nach seinem Tod noch immer nicht möglich war, anders als bitter an ihn zu denken.
Aber wen wunderte es, wenn man bedachte, was Barabas Snape seinem Sohn alles angetan hatte?
„Ich hatte ihn mir für eine ganz besondere Gelegenheit aufgehoben, doch diese konnte ich dann nie feiern und ich hatte ihn fast vergessen. - Aber heute ist ein guter Tag, heute werden wir ihn trinken." Schloß er mit einem halben Lächeln auf den Lippen.
„Verrätst du mir, was das für ein Tag war, den du geplant hattest?" Severus quittierte ihre Frage mit einer extrem hoch gezogenen Augenbraue.
„Werde ich es noch erleben, daß du nicht sofort in den Psychiater-Modus übergehst, sobald ich etwas von früher erwähne?" zu ihrer Überraschung klang er weder gereizt noch genervt.
„Entschuldige, aber das ist eine Nebenwirkung von übermäßiger Neugier." Entgegnete sie schulterzuckend und sah ihn erwartungsvoll an. Severus seufzte und goß ihr und sich selbst ein Glas Wein ein.
„Ich habe ihn damals mitgenommen, als ich das letzte Mal im Haus meiner Eltern war. Ich wollte diesen Wein trinken, sobald ich Harry von den Dursleys geholt und mein neues Leben mit ihm begonnen hatte." Fast tat es Hermine leid, daß sie danach gefragt hatte, denn Harry war noch immer ein Punkt, über den Severus nicht reden konnte, ohne zu leiden. Die Nähe und gleichzeitig unüberbrückbare Distanz zwischen ihm und Harry war sogar für ihn zuviel. Oder vielleicht auch gerade für ihn, wo er sich jetzt auf eine Ebene begeben hatte, auf der er absolut verletzlich war.
„Sollten wir nicht vielleicht Sesha bitten, uns ein wenig Gesellschaft zu leisten?" fragte Hermine, um seine Gedanken von Harry abzulenken. Sofort hellte Severus' Miene sich ein wenig auf.
„Es ist wohl nicht nett von uns, sie von der Feier auszuschließen. Schließlich hat sie genauso hart gearbeitet." Entgegnete er und stand auf. „Ich werde sie holen. Warte hier auf uns." Lächelnd blickte sie ihm nach und wieder spürte sie diesen unbändigen Stolz über das Vertrauen, das sie gewonnen hatte. Immerhin waren das hier seine privaten Räume und er ließ sie für mehrere Minuten vollkommen allein.
Es war fünfzehn Minuten vor neun, als Aidan den Gemeinschaftsraum der Slytherins verließ, um Severus in seinem Büro zu besuchen. Sie hatte sich die perfekte Taktik zurecht gelegt, ihn einerseits abzulenken und andererseits in Sicherheit zu wiegen. Wie schon ihr Vater immer gesagt hatte, eine wohlplazierte Entschuldigung hier und da, verschaffte einem einen immensen taktischen Vorteil.
Sie atmete tief durch und klopfte dann an die Tür zu Severus' Klassenraum. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie Schritte hörte. Aidan setzte eine fürchterlich schuldbewußte Miene auf und wartete, daß die Tür sich öffnete, doch als sie es schließlich tat, fiel die Maske sofort von Aidan ab.
„Miss Duvessa, kann ich etwas für Sie tun?" fragte Hermine freundlich und lächelte.
„Ich suche Professor Snape. Ich muß dringend mit ihm sprechen." Hermine schüttelte den Kopf.
„Tut mir leid, der Professor ist im Moment nicht da. Versuchen Sie es später noch einmal, Miss Duvessa." Aidans Herz schlug ihr bis zum Hals. Das war nicht gut und war so nicht geplant. Severus mußte da sein.
„Bitte, Miss Granger, es ist unheimlich wichtig. Wo kann ich den Professor finden?" Hermine musterte Aidan ein wenig mißtrauisch und Aidan hatte plötzlich das Gefühl, daß Hermine über alles Bescheid wußte. Hatte Severus ihr die ganze Geschichte etwa erzählt? So dumm konnte er nicht wirklich gewesen sein.
„Er ist bei Professor Shantay." Entgegnete Hermine schließlich zögerlich und Aidan mußte sich beherrschen, einen entsetzten Aufschrei zu unterdrücken. Das war gar nicht gut. Das war sogar verdammt übel.
„Danke, Miss Granger!" rief sie, als sie in Richtung Treppe rannte. Hermine blickte dem Mädchen besorgt nach. Dieser Auftritt hatte ihr nicht gefallen. So ganz und gar nicht.
Nachdem Sesha auf sein Klopfen nicht geantwortet hatte, überlegte Severus erst einen Moment, was er tun sollte und entschied sich schließlich, nachzusehen, ob sie eventuell doch da und einfach nur eingeschlafen war. Leise öffnete er die Tür. In Seshas gemütlichem Wohnzimmer brannte Licht, doch sie war nirgendwo zu sehen. Er ließ seinen Blick über den Raum gleiten und ging dann zu der Tür, die in ihr Schlafzimmer führte.
Der Raum war dunkel und leer. Gerade als Severus sich fragte, ob sie vielleicht im Kaminzimmer war, fiel sein Blick auf ein Stück Pergament auf dem Tisch neben dem Sessel. Normalerweise nichts Ungewöhnliches, aber er hatte ein merkwürdiges Gefühl bei diesem Bogen Pergament und als er ihn aufgehoben und gelesen hatte, wußte er auch warum.
Er machte sich nicht einmal die Mühe, die Tür zu Seshas Räumen zu schließen, als er in Richtung Turm rannte. Der Brief flatterte zu Boden.
ich muß dringend mit Dir reden. Bitte treffe Dich heute abend um
neun Uhr mit mir auf dem Turm. Paß auf, daß Dich niemand auf dem
Weg dorthin sieht.
Severus
Obwohl sie wußte, daß er erst um neun Uhr kommen würde, wartete Sesha schon eine ganze Weile auf dem Turm auf Severus.
Dieser merkwürdige Brief hatte sie neugierig gemacht und sie wartete gespannt darauf, was es so dringendes zu erzählen gab. Bisher hatte Severus ihr nie einen Brief geschrieben, um sie um ein Treffen zu bitten. Aber andererseits trafen sie sich erst wenige Tage, man konnte die Treffen noch an einer Hand abzählen, das hatte also gar nichts zu heißen.
Ein kurzer Wink mit ihrem Zauberstab verriet ihr, daß es genau eine Minute vor neun war und die Vorfreude in ihr wuchs, denn jeden Moment würde er da sein. Severus war immer auf die Minute pünktlich.
„Der alte Sev hatte schon immer einen äußerst exklusiven Geschmack." Sesha fuhr erschrocken herum, als sie diese kalte Stimme ganz nah hinter sich hörte und blickte genau in ein paar stahlgrauer Augen. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, stieß aber fast sofort an die Turmberüstung.
„Wer sind Sie?" fragte sie und die Angst in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Sie ließ einen verschreckten Blick über den großen, blonden Mann gleiten, als sie aus den Augenwinkeln sah, daß er nicht allein war.
„Wie würden Sie mich nennen?" fragte er mit vergnügt blitzenden Augen zurück. Was gab es schöneres als ein vollkommen verschrecktes Opfer, mit dem man ein wenig spielen konnte?
Aus dem Schatten hinter dem blonden Mann waren inzwischen vier weitere Männer hervorgetreten. Sie waren alle mit langen, schwarzen Roben bekleidet, und hatten ihre Gesichter unter den übergroßen Kapuzen versteckt.
Einen Augenblick lang überlegte Sesha ernsthaft, sich einfach über die Berüstung zu stürzen. Malfoy schien ihre Gedanken zu erraten.
„Das ist keine gute Idee. Schließlich werden Sie noch gebraucht." Im nächsten Moment hatte er Seshas Arm gepackt und sie an sich gezogen. Sesha schrie leise auf, als er ihr ihren Arm auf den Rücken drehte und fast zärtlich seinen freien Arm über ihre Kehle drapierte. So zum Stillhalten gezwungen, gab es für sie kein Entrinnen mehr.
„Ganz ruhig, noch wird dir nichts geschehen." Flüsterte Malfoy ganz nah an ihrem Ohr. Eiskalte Schauer liefen ihr über den Rücken und sie fühlte die ersten Tränen, die in ihren Augen brannten.
„Wer sind Sie?" fragte sie noch einmal und sie konnte praktisch fühlen, wie er grinste.
„Ich, meine Liebe, bin der Bote Gottes." In diesem Moment flog die Tür des Turmes auf und Severus stürzte schwer atmend, den Zauberstab angriffsbereit in der Hand, auf die Plattform hinaus.
„Laß sie sofort los, Malfoy!" Lucius lachte und packte noch ein wenig fester zu. Sesha verzog das Gesicht, als der Schmerz intensiver wurde. Seine vier Helfer stellten sich Severus in den Weg.
„Severus, alter Freund. Schade, jetzt hast du doch glatt die Überraschung verdorben." Lucius grinste böse. „Mal wieder." Severus' Atem beruhigte sich und seine Miene war inzwischen steinhart und eiskalt geworden.
„Laß sie los, Malfoy." Befahl er drohend. „Du weißt, deine vier Affen hier können mich nicht lange aufhalten."
„Lange genug." Erwiderte Lucius grinsend.
„Severus!" Bevor er es verhindern konnte, war Lucius gemeinsam mit Sesha auf einen Besen gesprungen und flog in die Nacht hinaus. Severus wollte sich hinterher stürzen, doch die vier Zauberer hielten ihn auf und als er sie endlich erledigt hatte, war Lucius Malfoy mit Sesha lange verschwunden.
„Lucius!!" schrie er über die Nacht hinweg. Doch er hatte nicht wirklich erwartet, eine Antwort zu erhalten.
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Author's Note:
Und auch diese Woche wieder ein fröhliches *hust hust hatschi* von meiner Seite ;o) - Klein Silent war beim Arzt. And what could I say? He was not amused ^_^ Jetzt bin ich zum ersten Mal, seit ich meinen Fuß in die Arbeitswelt gesetzt hab (das ist jetzt über 2 Jahre her) für volle 4 Tage krank geschrieben *g*
Und den Freitag konnte ich ihm nur mit Mühe abschwatzen, sonst hätte ich irgendwann demnächst extra während der Arbeitszeit zum Nachschreiben einer blöden Arbeit in die Berufsschule gemußt *würg*
Ansonsten ist aber alles fit. Wie steht's bei euch?
Ich bin ja schon irgendwie stolz wie Oscar, daß ich mein hochheiliges Versprechen wirklich halten konnte, auch wenn es eigentlich kein Kunststück ist, wenn man eigentlich nur schläft und sonst nix zu tun hat *ggg*
Malfoy is back! *yeah* Ich mochte das kleine
Ar**** ja irgendwie schon immer gerne, er mußte einfach wiederkommen. Darum
mußte ich auch neulich so grinsen, als es in einem Review hieß, daß Draco
leider nicht mit dabei ist, er wäre der perfekte Partner für Aislin gewesen.
Nun, ich finde, Lucius paßt besser zu Aislin, schon alleine, weil er mehr Macht
hat als sein Sohn und sie so von ihm wesentlich mehr erwarten kann ;o)
Okay, eine schlechte Nachricht hab ich dann auch noch. Diejenigen, die schon während "Des Giftmischers Herz" bei mir waren, werden sich wie in einem Déjà Vu vorkommen *g*. Ich bin die gesamte nächste Woche in Kassel auf einem Seminar. Darum wird das 11. Kapitel erst am Samstag kommen. Vielleicht auch schon am Freitag irgendwann abends, aber das kann ich noch nicht so genau sagen, da ich fahre und ich mir vorstellen kann, daß das im Berufsverkehr von Kassel nach Frankfurt am Freitag nicht lustig wird (ich poste nicht, wenn ich auf 180 bin *ggg*)
mastermind: Schiri, wir wissen wo dein
Auto steht! - Verdammt, falsches Thema. Freut mich, daß es gefallen hat. Ich
muß sagen, daß mir die Küsserei allgemein ein wenig schwer fällt, seit ich
angefangen hab, mehr zu schreiben als "sie küssen sich", aber ich
lerne es noch, irgendwann geht das ganz selbstverfreilich *g*
Meine Ekelgrenze ist hoch, keine Sorge. Also bei mir ist es eine "fast
schon Lungenentzündung". Ich hatte ja eigentlich auf Bronchitis getippt,
wegen diesem ganzen Gehuste, aber Lungenentzündung ist mir auch recht,
Hauptsache, es geht wieder weg. Ich hab jetzt so ein Hammerzeug gegen
bakterielle Infektionen in den Atemwegen, richtig schön mit Penicillin und
allem drum und dran.
*schnüff* Bild kaputt? Ich hoffe, du scannst das neue Bild dann mal für mich
ein, ich liebe Bilder zu meinen Storys (zu "des Giftmischers Herz"
gibt es 3 Stück *ganz stolz ist*), ich kann nur leider so überhaupt nicht
malen, darum muß ich immer andere anbetteln, daß sie was malen *ggg*
*flüstert zurück*: nicht weinen ;o)
Tinuviel: Jetzt kreiere ich hier schon
Fred-Fans?! *am Kopf kratz* Oh oh *g* Gut, daß ich irgendwann für die beiden
eine ganze eigene Story schreib, was?
So, so, Action wünscht man sich also. Ist notiert für die Geschichte für die
zwei.
Hm, Severus ist einfach geschockt. Er war sein Leben lang der Lehrer, gegen sich
keiner was zu sagen getraut hat und den erst recht keiner anfaßt. Aidan hat
sich schon eine böse Abfuhr bei ihm geholt und trotzdem kommt sie wieder und
versucht es nochmal. Das haut ihn in dem Moment einfach um. Und bis das dann
endlich in sein Hirn eingesunken ist, dauert es eine Weile ;o)
Die Hogsmeade-Szene war so eine alles oder nichts Geschichte. Ich war Severus'
Gezicke ehrlich gesagt leid. Ich wollte das alles schon viel früher geregelt
haben, es bot sich einfach keine Gelegenheit und bei dem Kapitel hab ich dann
echt nur noch gedacht. "Ich hab keinen Bock mehr, egal wie, am Ende des
Kapitels sind die zwei zusammen." - Vermutlich kommt das durch, wer weiß
*g*
Ist schon besser geworden, danke ^_^
mbi13: *flüstert* Hör auf damit, meine
Story so gut vorherzusagen, das wird mir unheimlich ;o) - Die 3
Snape-Generationen treffen sich alle in Hogwarts, versprochen.
Zu Aislin. Das ist wohl ein klares Jein. Sie kriegt auch was ab, aber was aus
ihr wird, erfährt man in dieser Geschichte nicht mehr. Ich dachte, es wäre
vielleicht ganz hübsch, mir da noch die eine oder andere Option offen zu
halten, weil jetzt schon mehrfach ein 3. Teil gewünscht wurde (ich schreibe
eine Trilogie? *fassungslos*) und die geplanten Spinoffs gelten da ja nicht *g*
Oh ja, die Turmszenen. Ich bin turmfixiert inzwischen. Spätestens, seitdem ich
mit meiner Slash-Geschichte angefangen hab. Da beginnt auch alles auf dem Turm.
Ist irgendwie eine prima Umgebung, schon komisch.
Leu de Nox: Keine Sorge, meiner auch ein
paar Tage nicht. Inzwischen geht er wieder, zumindest hab ich die letzten Tage
einige Benachrichtigungen bekommen. Ich sag ja, FF.net hat voll einen an der
Rassel in letzter Zeit.
Ja, zu dem Hogsmeade-Ding hab ich ja in der Antwort zu Tinuviels Review schon
was gesagt. Es war eventuell etwas übers Knie gebrochen. Tut mir leid,
vielleicht besser ich das in einer Revision noch einmal aus.... irgendwann... in
ferner Zukunft *seufzend auf ihren Zeitplan guck*
Der Rest der Story spielt fast ausschließlich im Winter. Im letzten Kapitel
geht's zeitlich erst wieder richtig weiter und der Epilog spielt im Sommer
(allerdings 5 Jahre später ^_^), aber der Hauptfokus liegt im Winter (ich
glaube, im Prinzip spielen alle meine Geschichten Hauptsächlich in den
kälteren Monaten, weil ich selbst den Sommer so hasse *ggg*)
Hab jetzt Ambroxol oder so, damit meine Lunge entkeimt wird. Voll das Rattengift
*g* - Aber sonst nehm ich nichts weiter, war also ganz brav.
DinoGirl: *g* Ja, ja, wurde Zeit, ich
weiß. Ich wollte ja die ganze Zeit schon, daß sie sich küssen, aber Sev war
so zickig ;o)
Hermine/Fred ist in Planung. Ich hab schon eine grobe Handlung im Kopf.
Ich kann ja meinen Sevi nicht töten, dann muß ich selbst immer weinen (was
heißt immer, ich hab's ja erst einmal gemacht, aber das hat gereicht). Tja,
jetzt so langsam zeigt sich, wie krank die beiden wirklich sind. Na ja,
eigentlich ist nur Aislin ein bißchen mallig in der Birne, Aidan ist einfach
nur... einsam.
Cho und Harry... ja, kann gut sein. *gemein g*
Wow, dann weiß ich den Review sogar noch mehr zu schätzen. Schulter wieder
okay? Ich schniefe und huste immer noch, aber es geht schon sehr viel besser.
Das Wochenende war die Hölle, da konnte ich vor lauter Halsschmerzen und Husten
(sehr unangenehm, wenn es zusammen kommt) noch nicht einmal mehr schlafen. Bin
im Moment darum auch krank geschrieben, sonst wär ich Doofmann auch treu brav
weiter gegangen.
Graciee: Jetzt ist mir ja erstmal der
Kiefer runtergeklappt. Wirklich, du mochtest die Sesha-Szenen? Na ja, ich hab
die Gute ja extra für ihn zusammen gebastelt, ich hoffe doch mal, daß sie
passen. Ich denke, im Epilog gibt es ohnehin für den einen oder anderen noch
eine Überraschung, was die beiden angeht ;o)
Na ja, ich konnte Harry ja nicht ewig wie ein dummes Kind durch die Gegend
laufen lassen. Es dauert zwar auch für ihn noch ein bißchen, bis wieder alles
gut wird, aber immerhin hat er sein Görenstadium jetzt so langsam überwunden.
So, es ist jetzt Mittwoch, 19:57 und ich bin fertig, aber als ich gerade versucht habe, die Seite von ff.net aufzurufen, ging... na, ratet... genau, es ging gar nichts. So liebe ich das. Ich versuche es weiter, aber wenn das Kapitel erst am Donnerstag kommt, dann bin ich definitiv nicht schuld *g* Ich war fertig.
Mal alle umknutsch
SilentRose
