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Kapitel 11:

Der Bote des gefallenen Gottes
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Nur langsam wurde Severus Herr über die Panik, die sich seiner bemächtigt hatte. Wie versteinert starrte er noch immer auf dem Punkt am Horizont, wo er Lucius Malfoy und Sesha das letzte Mal gesehen hatte, bevor sie in der Dunkelheit verschwunden waren. Erst das verhaltene Stöhnen eines der Todesser, die sich hinter ihm auf dem steinernen Boden der Plattform wanden, brachte ihn in die Realität zurück und ließ ihn wie automatisch handeln.

Wenige Augenblicke später lagen die vier gefesselt und geknebelt vor ihm auf dem kalten Boden. Zwei waren von seinen Flüchen ohnmächtig geworden und rührten sich nicht. Die anderen beiden starrten den Zaubertrankmeister haßerfüllt an. Doch ihre Blicke waren nichts im Vergleich zu dem verzweifelten Haß, der in Severus hoch kochte. Nichts war vergleichbar mit dem Gefühl der Hilflosigkeit, das in seinem Kopf immer wieder schrie, daß die Geschichte sich wiederholte.

„Ihr solltet beten, daß ich den Bastard finde, bevor Sesha etwas zustößt, sonst seid ihr die ersten, die mit den Konsequenzen leben müssen." Flüsterte er drohend und seine eiskalten Worte verfehlten ihre Wirkung nicht, wie er an dem plötzlichen Aufflackern der Angst in den Augen der beiden Männer sehen konnte.

Wäre seine eigene Angst in diesem Moment nur nicht so überwältigend gewesen, hätte er sich vielleicht sogar ein wenig darüber freuen können, daß er seine Macht über die Menschen - selbst die gefürchteten Todesser - in all den Jahren nicht verloren hatte.

Mit einem letzten verächtlichen Blick auf die vier Männer am Boden, rannte er praktisch durch die Tür und die Treppe hinunter. Er mußte herausfinden, wo Lucius Sesha hingebracht hatte, auch wenn er noch nicht genau wußte, wie er das anstellen wollte.

Zu spät bemerkte er, daß ihm jemand auf der Treppe entgegen kam, und im nächsten Moment stieß er mit Aidan zusammen, die vollkommen außer Atem rücklings die letzten beiden Stufen der Treppe wieder hinunter fiel und mit einem Schmerzensschrei liegen blieb. Severus war sofort neben ihr.

„Ist Ihnen etwas passiert, Miss Duvessa?" fragte er, obwohl ihm im Moment nicht der Sinn danach stand, sich um die mit Abstand schwierigste Schülerin seines Hauses Sorgen zu machen. Dafür war jetzt keine Zeit.

Der fast panische Blick, mit dem das junge Mädchen ihn ansah, ließ einen unschönen Verdacht in ihm aufkeimen, der im nächsten Moment so viel Sinn machte, daß jeglicher Zweifel binnen Sekunden ausgeschaltet war. Ohne weiter darüber nachzudenken, packte er die junge Slytherin am Arm und zerrte sie hinter sich her zurück zu seinen Räumen.

Aidan selbst war viel zu perplex und auch panisch, um sich irgendwie gegen Severus' Griff wehren zu können. Sie hatte die ganze Aktion versaut. Seinem Verhalten nach war Lucius zwar erfolgreich gewesen, aber er hatte alles mit angesehen und was noch viel schlimmer war, er hatte sie jetzt zweifellos im Verdacht, daran beteiligt zu sein. So war das nicht einmal im Entferntesten geplant gewesen!

Ihr Hirn arbeitete fieberhaft, doch als sie von Severus in den Klassenraum für Zaubertränke gezerrt wurde, war ihr immer noch keine glaubhafte Geschichte eingefallen und sie gab die Hoffnung auf, daß dieses Wunder noch geschehen würde.

„Warte hier." Knurrte er sie in einem solch gefährlichen Ton an, wie sie ihn bei ihm noch nie gehört hatte und im nächsten Moment fand sie sich im Kesselraum wieder. Das Türschloß gab ein klickendes Geräusch von sich. Das war der Moment, in dem Aidan wußte, daß sie endgültig in der Falle saß.

Hermine blickte nervös auf die Uhr. Severus war schon ungewöhnlich lange weg, dafür, daß er eigentlich nur Sesha abholen und gleich mit ihr zurück in den Kerker kommen wollte. Gerade, als sie aufstehen wollte, um selbst nachzusehen, was da los war, öffnete sich die Tür und Severus kam herein. Sesha war nicht bei ihm und er wirkte ein wenig nervös.

Severus wußte, daß er das praktisch Unmögliche versuchte, aber Hermine durfte unter keinen Umständen bemerken, was er gerade erlebt hatte. Das war eine Sache zwischen ihm und Lucius Malfoy und er wollte weder Hermine noch irgend jemand anderen in diese Sache hineinziehen.

„Wo ist Sesha? Hatte sie keine Lust?" fragte Hermine und das besorgte Mißtrauen in ihrer Stimme war so deutlich zu hören, daß Severus schlagartig fühlte, wie sein Herz ein wenig sank. Er atmete so unauffällig wie möglich durch.

„Es geht ihr nicht gut. Ich habe ihr versprochen, daß ich gleich wieder zu ihr komme, sobald ich dir gesagt habe, was los ist und einige Tränke für sie aus meinem Vorrat geholt habe." Hermine hob skeptisch die Augenbraue.

„Warum geht sie nicht zu Poppy?" Severus hob lächelnd die Schultern und hoffte, daß es nicht total aufgesetzt wirkte.

„Sie scheint etwas gegen die Krankenstation zu haben - genau wie ich." Hermine nickte.

„Das Problem kenne ich von Harry. Nachdem er jedes Jahr so oft dort sein mußte, kann er auch keine Krankenhäuser mehr sehen." Severus atmete auf. Scheinbar nahm Hermine ihm die Geschichte ab.

Hermine hatte zwar das dumpfe Gefühl, daß irgend etwas in der Luft lag, aber sie schob den Gedanken fort, trank den letzten Schluck Wein aus ihrem Glas und stellte es dann auf dem Tisch ab. So konnte sie wenigstens noch ein wenig Zeit mit Fred verbringen, der in der letzten Zeit sowieso viel zu kurz kam.

„Richte ihr einen schönen Gruß von mir aus. Wenn es ihr morgen noch nicht wieder besser geht, werde ich sie besuchen kommen." Severus nickte.

„Das wird sie sicher freuen." Bevor sie zur Tür hinaus trat, drehte sie sich noch einmal zu Severus um und zwinkerte ihm zu.

„Die heilende Kraft der Liebe soll ja schon Wunder bewirkt haben." Grinste sie und auch Severus zwang sich zu einem Lächeln.

„Wenn du es sagst. - Wir holen unsere kleine Feier nach, sobald Sesha wieder auf der Höhe ist. Der Wein hält sich sicher noch ein oder zwei Tage." Severus atmete erleichtert auf, als Hermine daraufhin nur nickte und dann in Richtung Kerkertreppe verschwand. Eigentlich wußte er genau, wie gefährlich und dumm es von ihm war, daß er die Sache alleine erledigen wollte, aber er konnte nicht anders. Er wollte nicht wieder andere in die Sache hineinziehen und vielleicht am Ende wieder Schuld daran sein, daß geliebte Menschen gestorben waren.

Er atmete tief durch und ließ seine eisige Maske über seine Züge gleiten, als er auf den Kesselraum zuging und die Tür öffnete. Aidan saß zusammengekauert in einer Ecke des Raumes und blickte angsterfüllt zu ihm auf, als der Raum plötzlich von Licht durchflutet wurde.

„Sagen Sie mir, wenn ich mich täusche, Miss Duvessa, aber Sie waren doch mit Sicherheit nicht zufällig auf dem Weg zum Turm, nicht wahr?" fauchte er seine Schülerin an und er hatte das Gefühl, daß Aidan sich noch ein wenig kleiner machte in ihrer Ecke. Mit zwei langen Schritten hatte er den Raum durchquert. Aidan schrie fast schon panisch auf, als sein Arm nach vorne schnellte und sich seine Hand erbarmungslos um ihren Oberarm schloß. Im nächsten Moment hatte er sie auf die Beine gezogen und schleifte sie durch den Klassenraum in sein Arbeitszimmer.

„Setzen Sie sich!" blaffte er und verfrachtete sie nicht weniger unsanft auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Mit einem Wink seines Zauberstabes erschienen aus dem Nichts durchsichtig schimmernde Seile, die sich fest um ihre Handgelenke und Knöchel legten und sie zur absoluten Bewegungslosigkeit auf dem Stuhl verdammten. Es dauerte eine ganze Weile, bis Aidan es endlich schaffte, die Verzweiflung in ihr niederzuringen und als Severus sich ihr gegenüber an den Schreibtisch setzte, blickte sie ihn trotzig an.

„Wir haben zwei Möglichkeiten, Miss Duvessa. Entweder Sie erzählen mir freiwillig, warum Lucius Malfoy Professor Shantay entführt hat und wo sie sich jetzt befindet oder ich werde diese Information aus Ihnen herausholen. Wie hätten Sie es gerne? Menschlich oder auf Todesser-Art?" Angesichts der scheinbaren Ruhe und absoluten Gefühlskälte, in der Severus diese Worte aussprach, stieg erneut eine Welle der Panik in Aidan hoch. Sie hatte erwartet, daß ihr Lehrer toben und schreien würde, daß er wütend war, aber nicht, daß er sich benahm, wie ein waschechter Todesser. - Denn als solcher war er ihr haushoch überlegen.

„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen, Professor." Entgegnete sie weniger überzeugend, als es ihr lieb war.

„Keine Spielchen, Miss Duvessa. Weder Sie noch Professor Shantay haben die Zeit dafür und ich bin mir doch ziemlich sicher, daß Ihnen das bewußt ist." Er griff in die Tasche seines Umhanges und zog eine Phiole heraus, die er für Aidan gut sichtbar auf den großen Schreibtisch stellte. Die Augen seiner Schülerin weiteten sich, als sie den farblosen Trank erkannte. Severus lächelte kalt.

„Ich denke, ich brauche nicht zu betonen, daß ich keinerlei Skrupel habe, Veritas-Serum trotz des Verbotes durch das Ministerium jederzeit einzusetzen, wenn ich es für nötig erachte." Ihre Blicke trafen sich und die kalte Berechnung in seinen schwarzen Augen ließen Aidan keinen Zweifel daran, wie ernst er es meinte. Nervös senkte sie den Blick.

„Es war ein Auftrag von Voldemort." Sagte sie schließlich so leise, daß Severus sie kaum verstand. Nur schwer gelang es ihm, die Überraschung über ihre Worte hinter seiner Maske zu verbergen.

„Warum, Miss Duvessa?" hakte er erbarmungslos nach. Aidan kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf.

„Das kann ich nicht sagen!" ihre Stimme klang verzweifelt und wäre diese Angst um Sesha nicht gewesen, vielleicht hätte sie Severus dann sogar leid getan.

„Falsche Antwort." Entgegnete er ungeduldig und fixierte Aidan erbarmungslos mit seinem stechenden Blick. Doch wieder schüttelte Aidan nur den Kopf. Severus seufzte. Er hatte wirklich keine Zeit für solche Spiele. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, was mit Sesha geschah, wenn er nicht schnell genug zur Stelle war, um sie vor Lucius zu beschützen.

„Wenn Sie so unbedingt die Methoden der Todesser kennen lernen wollen, Miss Duvessa, werde ich Ihnen selbstverständlich nicht im Weg sein." Er stand auf und griff nach der Phiole.

„Nein! Severus bitte!" Severus stellte sich hinter Aidan und schloß für einen kurzen Moment die Augen, um sich zu sammeln. Dann griff er ihr mit einem Ruck in die langen, schwarzen Haare und zog ihren Kopf nach hinten. Aidan schrie überrascht auf und Severus nutzte den Moment, ihr einige Tropfen des Wahrheitstrankes in den Mund zu träufeln. Als er ihre Haare wieder los ließ, nickte ihr Kopf benommen nach vorne, bis ihr Kinn ihre Brust berührte.

Severus fuhr sich erschöpft über die Augen, bevor er seinen Schreibtisch erneut umrundete und sich wieder setzte.

„Können Sie mich hören Aidan?" fragte er und Aidan versuchte, ihren Kopf ein wenig zu heben. Ihre Augen waren glasig, ihr Blick unfokussiert.

„Ja." Antwortete sie und ihre Stimme klang benommen, so als habe sie eine große Menge Alkohol getrunken.

„Dann beantworten Sie jetzt meine Frage, Aidan. Warum hat Lucius Sesha entführt? Was hat Voldemort mit ihr vor?" Aidans Kopf schwankte ein wenig hin und er, als wäre sie nicht mehr in der Lage, ihn einfach nur aufrecht zu halten.

„Sie ist ein Köder. Der Meister will wiederhaben, was ihm gehört." Antwortete sie gedehnt. Severus hob eine Augenbraue und fixierte Aidan noch ein wenig mehr mit seinem Blick. Das machte keinen Sinn.

„Das verstehe ich nicht, Aidan. Erklären Sie es mir genauer." Aidan lachte leise und hätte er nicht gewußt, daß es am Serum lag, hätte er vermutet, daß sie endgültig verrückt geworden war, so irre klang das Lachen.

„Aislin hat es mir gesagt. Erst ging es nur um mich, aber jetzt will er seinen Giftmischer zurück." Eisige Kälte breitete sich schlagartig in Severus aus. Voldemort wollte ihn zurück.

Die Gedanken überschlugen sich in ihm und rasten wild durcheinander. Jeder Versuch, einen einzigen davon zu fassen zu bekommen, um Ordnung ins Chaos zu bringen, scheiterte. Noch nie zuvor hatte Voldemort irgendwelche Anstrengungen unternommen, einen Abtrünnigen zurück in seinen Kreis zu führen. Abtrünnige wurden auf der Stelle umgebracht oder langsam zu Tode gefoltert, aber sie erhielten keine zweite Chance! Das machte keinen Sinn.

„Wo hat Lucius sie hingebracht?" fragte er mühsam beherrscht, seine ganze Kraft aufwendend, um seine Stimme ruhig und gebietend zu halten.

„Nach Malfoy Manor. Voldemort erwartet ihn dort." Severus' Herz sank. Wenn Voldemort bereits da war, würde er zu spät kommen, Schaden zu verhindern. Er verlor keine Zeit, wenn sich ihm die Chance bot, eine Hexe wie Sesha zu quälen. Und er wußte unter Garantie längst, daß sie ein Halbblut war.

„Warum nur, Aidan?" Severus konnte nicht verhindern, daß man dieses Mal die Fassungslosigkeit und Müdigkeit aus seiner Stimme heraushörte. Er ließ die Stirn auf seine Hände sinken, nicht länger fähig, das Mädchen vor sich anzusehen, nicht in der Lage, zu begreifen, wie er die Situation so lange hatte unterschätzen können. Warum hatte er nicht längst erkannt, wie gefährlich Aidan Duvessa wirklich war?

„Weil ich nicht länger allein sein wollte." Severus blickte überrascht auf. Wie hatte er nur von einem Moment auf den anderen verdrängen können, daß seine Schülerin noch immer unter dem Einfluß des Serums stand und deshalb jede Frage, die man ihr stellte, auch beantwortete, auch wenn es eine war, die man ihr eigentlich gar nicht zu diesem Zweck gestellt hatte.

„Das verstehe ich nicht."

„Mein Vater war bereits Todesser, als er meine Mutter kennenlernte. Sie hat sich unsterblich in ihn verliebt, dumm wie sie war. Sie hat geglaubt, er würde ebenso empfinden. Sie war noch jung, woher sollte sie wissen, daß Todesser nicht lieben?" Ein Ausdruck von Bitterkeit legte sich über die bis dahin ausdruckslosen Gesichtszüge des jungen Mädchens und Severus erkannte, daß das Serum nur noch Minuten wirken würde.

„Sie trat dem Kreis der Todesser bei, doch weil sie es nicht aus Überzeugung tat, sondern aus Liebe zu meinem Vater, war sie unvorsichtig. Sie wurde selten von Voldemort für seine Aktionen eingesetzt, doch als ich fünf Jahre alt war, Voldemort war längst von Harry Potter vernichtet worden, standen plötzlich die Auroren vor unserer Tür mit Beweisen gegen meine Mutter. Sie wurde nach Askaban gebracht." Aidan hielt inne und schloß einen Moment die Augen, um die schmerzhaften Erinnerungen zu bekämpfen, die sich durch das Serum zum ersten Mal seit langem wieder so klar ihren Weg in ihren Kopf bahnen konnten.

„Was ist dann passiert?" hakte Severus nach. Warum ihn plötzlich die Geschichte seiner Schülerin interessierte, wußte er nicht. Vielleicht, weil er auf einen Grund hoffte, sich nicht schuldig zu fühlen. Irgend etwas, das ihm offenbarte, daß er das Mädchen nicht vollkommen falsch eingeschätzt hatte, sie nicht das Monster war, für das er sie bis vor wenigen Minuten gehalten hatte.

„Ich habe meinen Vater jahrelang angefleht, endlich etwas zu unternehmen, sie aus Askaban zu befreien. Meine Hoffnungen stiegen, als der Dunkle Lord wieder auferstand. Doch ich wurde enttäuscht.

In den letzten Sommerferien kam der Brief aus Askaban, in dem meinem Vater mitgeteilt wurde, daß meine Mutter den Kuß der Dementoren erhalten hatte. - Ich wüßte es bis heute nicht, hätte ich den Brief nicht heimlich gelesen.

Da war für mich klar, daß ich niemals zu Voldemorts Leuten gehören wollte." Severus blickte seiner Schülerin überrascht in die Augen. Das war allerdings eine überraschende Neuigkeit, wenn man bedachte, was vor wenigen Minuten erst auf dem Turm des Schlosses passiert war. Immerhin, Aidan trug daran nicht gerade wenig Verantwortung, so wie sich der Fall für ihn bisher darstellte.

„Warum haben Sie sich letztendlich doch mit ihnen eingelassen, Aidan? Mir kommt es so vor, daß Sie damit eine sehr weise Entscheidung getroffen hatten." Aidan lächelte seltsam weggetreten, immer noch nicht fähig, Severus klar anzusehen.

„Weil du mich nicht wolltest." Antwortete sie schlicht und zerstörte damit jede Hoffnung in Severus, aus diesem Verhör ohne Schuldgefühle hervorzugehen. So unbegreiflich es auch für ihn war, er sollte auch dieses Mal wieder den Grund darstellen.

„Warum gerade ich, Aidan?" flüsterte er kaum hörbar, doch Aidan verstand ihn problemlos.

„Muß man seine Gefühle immer erklären können? Du warst wie ich. Genauso einsam, genauso ungeliebt. Ich dachte, wir beiden würden gut zusammen passen, uns endlich das geben können, was in unser beider Leben am meisten fehlt. - Aber dann kam mir dieses Weib dazwischen." Ihre Stimme hob ein wenig ärgerlich an.

„Ich wollte dich nicht an sie verlieren und als Voldemort mir dann versprach, daß er dich nicht töten würde, war für mich klar, daß ich das Opfer eingehen würde. Ich würde alles tun, um dich zu bekommen, Severus." Severus hatte genug gehört. Ihm war übel und wenn Aidan das alles nicht unter dem Einfluß des Serums gesagt hätte, hätte er ihr vermutlich die grausamsten Flüche der Welt an den Hals gehext, für die kalte Grausamkeit ihrer Antworten. Doch er war selbst Schuld, das Mädchen konnte gar nicht anders, als präzise und klar zu antworten und auch wenn ihm die Antworten ins Herz stachen, war sie dafür nicht im vollen Maße verantwortlich.

„Ich danke Ihnen, Aidan. Ich werde Ihnen einen Trank geben, damit Sie ruhig schlafen können." Aidan nickte, nicht in der Lage, die Informationen, die er ihr gab, vollständig zu verarbeiten und festzustellen, daß sie nicht zu ihren eigentlichen Instruktionen paßten.

Keine fünf Minuten später saß Severus an seinem Tisch und schrieb einen Brief an Hermine. Er wußte, es würde nicht mehr allzu lange dauern, bis die junge Frau bemerken würde, daß er sich aus dem Schloß geschlichen hatte, aber er hoffte inständig, daß es zu spät sein würde, um seine Pläne noch irgendwie zu durchkreuzen.

Severus lächelte bitter. Wenn er es nicht besser gewußt hätte, dann hätte er das Gefühl, das ihn dazu verleitete, diese Sache unbedingt alleine erledigen zu wollen, als „dummen Gryffindor-Mut" bezeichnet.

„Crucio!" hallte es durch den Raum und Seshas Welt explodierte in heißem Schmerz. Sie fühlte, wie jeder einzelne Nerv in ihrem Körper überreizt wurde, ihre Muskeln sich krampfhaft anspannten, ihre Knochen anfingen zu glühen. Sie bäumte ihren Körper auf, stemmte sich gegen die Fesseln an ihren Händen und Füßen, doch nichts erleichterte ihr den brennend heißen Schmerz, nichts hielt sie davon ab, immer weiter in den Wahnsinn abzugleiten, der so verlockend nach ihr rief und ihr Erlösung von der ganzen Qual versprach.

Aislin stand lässig an die Wand der Folterkammer gelehnt und beobachtete ihren Geliebten dabei, wie er die junge Frau immer wieder mit dem Cruciatus belegte. Obwohl sie an der Effektivität dieses Fluches nicht zweifelte - Seshas Schreie allein ließen daran keinerlei Zweifel - empfand sie dieses Spiel immer mehr als langweilig. Das war einfach zu sauber, irgendwie klinisch. Kurz, es war von vorne bis hinten total und komplett langweilig.

Lucius beendete den Fluch und Sesha versuchte erleichtert, so viel Luft in ihre Lungen zu bekommen, wie nur eben möglich war, bevor die nächste Schmerzattacke sie ergreifen würde. Es konnte nicht lange dauern. Wie durch einen Nebel drang die Stimme eines Mädchens an ihr Ohr, das mit Lucius sprach. Die Stimme war ihr nicht vollkommen fremd, auch wenn sie sie nicht direkt zuordnen konnte. Mühsam drehte sie den Kopf zur Seite und konnte sich ein gequältes lächeln nicht verkneifen. Das Mädchen war niemand anderes als die beste Freundin ihrer Schülerin Aidan Duvessa. Die Slytherin mit dem Engelsgesicht, in dem jetzt der Teufel zu sehen war.

„Das ist doch öde, Lucius. Können wir nicht irgendwas mit ihr machen, was ein bißchen mehr Spaß macht?" Lucius lachte ein kleines, kalt amüsiertes Lachen und legte seinen Arm um seine junge Geliebte. Sesha wurde übel und sie mußte den Blick abwenden, als Lucius die Schülerin küßte.

„Was schwebt dir vor, meine Hübsche?" Aislin grinste und mit einem kurzen Wink ihres Zauberstabes schwebte ein mit einem Tuch abgedeckter Tisch zu ihr und Lucius herüber. Mit einem mehr als erregten Funkeln in den himmelblauen Augen, zog sie das Tuch weg und gewährte Lucius einen Blick auf die Instrumente, die sich darunter verbargen.

„Ich schätze, ich könnte Gefallen an deinem Spiel finden." Sesha verkrampfte sich bei diesen Worten und der eiskalten Stimme, mit der sie ausgesprochen worden waren. Das leise, klimpernde Geräusch von dünnen Metallgegenständen, die einander berührten, beruhigte sie auch nicht wirklich über die Maßen.

„Ich mache mir Sorgen, daß Aidan nicht wie verabredet aufgetaucht ist." Murmelte Aislin zwischen zwei Küssen. Lucius strich ihre Locken hinter ihren Kopf und hielt sie mit einer Hand fest, damit sie ihr nicht wieder ins Gesicht fallen konnten. Er haßte es, wenn eine nackte, junge Schönheit auf seinen Hüften saß und dabei einerseits so verflucht verführerisch aussah, andererseits aber unbedingt die Stimmung mit dummen Sorgen zerstören mußte.

Doch, so ungern er es zugab, diesmal hatte sie wohl recht damit, es zu tun. Sein stahlgrauer Blick hielt ihren fest.

„Vielleicht solltest du gleich mal nach Hogwarts gehen und sehen, was da los ist. Gut möglich, daß Severus eins und eins zusammenzählen konnte."

„Es wird Voldemort nicht gefallen, daß diese ganze Sache nicht nach Plan läuft." Bemerkte sie fast beiläufig, als sie sich herunterbeugte und seine Lippen mit einem weiteren Kuß verschloß.

„Und wie sorgen wir jetzt dafür, daß Snape alleine herkommt?" fügte sie schließlich noch hinzu. Lucius grinste.

„Darüber brauchen wir uns keine Sorgen machen. Ich kenne Severus, er wird allein kommen." Aislin wollte etwas erwidern, doch Lucius legte ihr einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf.

„Vertrau mir einfach. - Und jetzt entspann dich lieber." Bevor Aislin reagieren konnte, hatte er ihr die Hände in die Hüften gelegt und sie blitzartig auf den Rücken gedreht.

„Ich hab nämlich noch eine kleine Überraschung für dich." Seine Augen glitzerten voller Vorfreude und machten Aislin noch neugieriger, als sie ohne schon war.

„Na los, raus damit!" forderte sie und wandte ihre effektivste Waffe - ihre Fingernägel auf Lucius Rücken, immer wieder eine Garantie für Gänsehaut - gegen ihn an. Lucius schauderte und schloß einen Moment die Augen.

„Hab ich dir schon einmal gesagt, daß ich dein Temperament liebe?" murmelte er, als er mit seinen Lippen über ihren Hals wanderte.

„Und habe ich dir schon einmal gesagt, daß ich es hassen, wenn du mich auf die Folter spannen willst?" konterte sie und schnappte heftig nach Luft, als er seine Zähne in ihren Hals vergrub. Wenn das nicht wieder ein deutlich sichtbarer Beweis für diese Nacht werden würde...

Lucius lachte.

„Na gut, auch wenn ich dieses Spiel durchaus amüsant finde: Du wirst schon morgen die neue Mrs. Malfoy werden." Keine Frage, kein romantischer Heiratsantrag, im Prinzip nichts anderes als ein Befehl. Und doch, selbst wenn es eine Frage gewesen wäre, Lucius wußte, Aislin hätte niemals mit nein geantwortet, fragen war also gar nicht nötig.

Der Blick, der auf ihr Engelsgesicht trat, war mehr Gold wert, als in seinem Verlies bei Gringotts lagerte und Lucius hätte so einiges gegeben, diesen Blick auf immer bannen zu können, um ihn sich später immer wieder anzusehen. Pure Freude, gepaart mit einem mächtigen Schock, eine einfach wunderschöne Kombination.

„Ja, aber was ist mit Narcissa?"

„Sie wurde dazu ausersehen, unsere liebe Aidan heute nacht in unseren Kreis einzuführen. Voldemort war hocherfreut, als ich es ihm anbot. In ihrem momentanen Zustand ist sie zu nichts anderem mehr zu gebrauchen." Erwiderte Lucius kalt. Jedes Zeichen von Schock wich augenblicklich aus ihrem Gesicht, als sie ihm die Arme um den Hals warf und so fest an sich zog, wie sie nur konnte.

Aislin fühlte sich ein wenig ungehalten, als sie wenig später nach Hogsmeade apparierte. Aidan hatte hoffentlich eine sehr gute Entschuldigung dafür, daß die gesamte Aktion so aus dem Ruder gelaufen war und sie jetzt auch noch Lucius' Bett vorzeitig hatte verlassen müssen, um für sie den Babysitter zu spielen.

Zum ersten Mal, seit sie den Auftrag erhalten hatte, Aidan auf die Seite des Dunklen Lords zu ziehen, kam ihr ernsthaft der Verdacht, daß Aidans Entscheidung, kein Todesser zu werden, vermutlich gar nicht so dumm von ihr gewesen war, wenn sie nicht einmal in der Lage war, einen so einfachen Auftrag auszuführen, wie Severus für einige Minuten vom Westturm abzulenken.

Immerhin, was auch immer sie angestellt hatte, es hatte den Professor genau in die Richtung getrieben, der er fernbleiben sollte. Das war definitiv auch eine Leistung.

Mit einem leisen Fluchen wickelte Aislin sich etwas fester in den dicken Stoff ihres Umhanges, als die Kälte sich ihren Weg hindurch bahnte und ihr eiskalte Schauer über den Rücken jagte. Was hätte sie darum gegeben, wenn sie endlich einen Weg gefunden hätten, die Schutzzauber des alten Narren zu durchbrechen, die verhinderten, direkt nach Hogwarts zu apparieren. Dann würde ihr wenigstens diese Kälte erspart bleiben.

Als sie die Schoßtore erreichte, zog Aislin die Kapuze ihre Umhanges tief in ihr Gesicht. Sie rechnete nicht damit, daß ihr um diese Uhrzeit noch jemand im Schloß begegnete, aber wenn es der Fall war, dann wollte sie wenigstens nicht von demjenigen erkannt werden, wenn sie ihn verhexte.

Doch wie erwartet, schaffte sie es unbemerkt in den Gemeinschaftsraum von Slytherin und schlich so leise sie konnte in ihr gemeinsames Zimmer mit Aidan, wo sie ihre Freundin schließlich fand. Zu ihrem großen Ärger friedlich schlafend. Etwas unsanft rüttelte sie Aidan wach.

„Das glaub ich ja jetzt nicht! Mach, daß du wach wirst, Aidan!" schimpfte sie leise. Nur langsam kam Aidan wieder zu sich und faßte sich an die Stirn, hinter der ein dumpfer Schmerz gegen ihren Schädelknochen pochte.

„Was ist passiert?" fragte Aidan benommen und blickte mit immer noch halb geschlossenen Augen zu Aislin hoch, die mit einem wütenden Gesichtsausdruck über ihr stand, die Hände in die Hüften gestemmt.

„Das wüßte ich allerdings auch gerne." Knurrte Aislin zurück und bevor Aidan irgendwas erwidern konnte, hatte Aislin ihre Hand gepackt und sie aus dem Bett gezogen.

„Wir müssen von hier verschwinden. Voldemort wartet nicht gerne und du bist schon Stunden zu spät." Aidan schwankte ein wenig, als Aislin ihre Hand losließ und ihre Beine, die sich wie Wackelpudding anfühlten, ihr Gewicht plötzlich wieder tragen mußten. Aislin warf ihr ihren Umhang zu, der über dem Stuhl am Schreibtisch hing und als Aidan immer noch keine Anstalten machte, ihr freiwillig zu folgen, griff sie wieder nach ihrer Hand.

Aidan stolperte hinter ihrer Freundin her, während sie immer noch verzweifelt versuchte, sich daran zu erinnern, wie sie in ihr Bett gekommen war. Das letzte, woran sie sich erinnerte, war Severus Büro und die Befragung... Und dann waren die Erinnerungen wieder vollständig da und Aidan war hellwach.

„Severus hat mich verhört und mir danach einen Schlaftrank gegeben." Stellte sie fast schon überrascht fest, als wäre sie selbst gar nicht wirklich dabei gewesen. Aislin warf ihr einen mißbilligenden Blick zu, lief aber unbeirrt weiter.

„Großartig. - Du hättest ein wenig vorsichtiger sein können. Es ist ja jetzt nicht unbedingt so, als würde Voldemort Versagen so leicht vergeben. Du hast fast die gesamte Aktion in den Sand gesetzt!" Aidan zog den Kopf ein wenig ein. Sie fühlte sich schlecht, daß sie ihre Freundin in Gefahr brachte, weil sie nicht in der Lage gewesen war, ihre wirklich einfache Aufgabe richtig zu erledigen.

„Du kannst froh sein, daß der Meister zur Zeit so merkwürdig gute Laune hat und daß trotzdem alles noch irgendwie gut gegangen ist. Unsere Späher rund um Hogwarts haben berichtet, daß Snape das Schloß vor knapp einer Stunde verlassen hat, allem Anschein nach allein." Ein wenig Hoffnung keimte in Aidan auf, auch wenn sie nicht wirklich begreifen konnte, warum Severus so etwas Dummes tat. Hatte sie ihm denn nicht alles erzählt?

Doch bevor sie weiter darüber nachdenken könnte, hatten sie den Rand des Zaubererdorfes erreicht und Aidan fühlte, wie Aislins Kräfte sie mit sich hinfort zogen, als sie apparierte.

Der Raum, in dem beide Mädchen landeten, war stockdunkel, Aidan konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Doch obwohl sie nichts sah, fühlte sie die starke magische Präsenz, die sich in dem Raum aufhielt und sie ahnte, daß es nur einer sein konnte. Sie schluckte, als sie ganz automatisch auf die Knie fiel, ohne wirklich zu wissen, wo Voldemort sich gerade genau in diesem düsteren Raum befand. Doch offensichtlich tat sie genau das richtige, denn im nächsten Moment erhellte sich der Raum um eine Winzigkeit und sie hörte Schritte, die auf sie zukamen.

Aidan wagte es nicht aufzublicken. Selbst, als Lord Voldemort direkt vor ihr zum Stehen kam, seine Stiefel nur Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, rührte sie sich keinen Millimeter.

„Berichte!" forderte die unwirkliche Stimme Aislin auf, die direkt neben Aidan in die Knie gegangen war. Aislin nickte und berichtete in knappen Worten das Wenige, was sie von den Vorfällen in Hogwarts wußte.

„Ich kann nicht sagen, daß ich zufrieden bin." Drang die unnatürliche Stimme erneut durch die jetzt nicht mehr ganz so dichte Dunkelheit um sie herum und Aidan wußte in dem Moment nicht, was schlimmer hätte sein können, als diese ruhige, emotionslose Stimme. Was würde jetzt passieren? Würde sie das überhaupt überleben? Langsam ließen die letzten Nachwirkungen des Trankes, den Severus ihr gegeben hatte, nach und von Minute zu Minute wurde ihr immer bewußter, in welcher Gefahr sie sich hier befand.

Sie hatte versagt und auch wenn es ihre erste Mission gewesen war, sie noch nicht einmal wirklich ein Todesser war, Versagen wurde nicht vergeben. Aidan schluckte.

„Und ihr beide könnt von Glück reden, daß die Tatsache, daß Severus trotz aller Zwischenfälle wie geplant auf dem Weg zu mir ist, meine Stimmung dramatisch gehoben hat." Aidans Herz setzte für ein oder zwei Schläge aus. Sie mußte sich verhört haben. Das war doch zu schön, um wahr zu sein!

„Dennoch haben wir viel Zeit verloren und ich denke, daß Miss Duvessa bewiesen hat, daß bei ihr noch einiges an Sondertraining nötig ist, bis ich sie wirklich in meinen Reihen gebrauchen kann. Sie erinnert mich stark an ihre Mutter." Heiße Wut kochte bei diesen Worten in Aidan hoch. Nur mit Mühe schaffte sie es, sie so gut wie möglich zu unterdrücken. Sie wußte, ein solches Glück, wie sie gerade gehabt hatte, hatte ein Mensch, wenn überhaupt, nur ein einziges Mal in seinem ganzen Leben.

„Nichtsdestotrotz, Severus ist nah, ich kann ihn fühlen. Wir sollten mit unseren Plänen fortfahren, bevor noch mehr außer Kontrolle gerät und ich es mir eventuell noch einmal überlege, meine gute Laune betreffend." Aidan warf einen verstohlenen Blick auf ihre Freundin. Sie konnte ihr Gesicht nur schwach erkennen, obwohl sie fast Schulter an Schulter nebeneinander knieten, so dunkel war es noch immer. Trotzdem war sie sich fast sicher, daß Aislin grinste und Aidan wurde das Gefühl nicht los, daß es in diesem Plan noch Details gab, von denen sie nichts wußte.

„Ich werde Lucius und die anderen holen, Mylord." Ereiferte sich Aislin und nach einem bestätigenden Nicken des schwarzen Magiers, erhob sie sich und war Sekunden später verschwunden. Allein mit Voldemort in einem Raum zu sein, schnürte Aidan fast die Luft ab und sie war erleichtert, als der andere Zauberer sich einige Schritte von ihr entfernte. Der Raum wurde noch ein wenig heller, als sich vereinzelte Kerzen entlang an den Wänden entzündeten und zum ersten Mal konnte Aidan ihre Umgebung wirklich in sich aufnehmen.

Sie war vorher noch nie in Malfoy Manor gewesen, aber sie war sich doch fast sicher, daß sie sich im Ballsaal des riesigen Anwesens befand. Der Raum war riesig, die komplette Außenfront, die nach Westen zeigte, bestand fast vollständig aus Panoramafenstern, während die gegenüberliegende Wand mit Spiegelglas verkleidet war, jeder Spiegel ein genaues Gegenstück zu den Fenstern. An den reichlich verzierten Fensterbögen und auch zwischen den Spiegeln waren goldene Kerzenhalter angebracht, passend zu den fünf riesigen, goldenen Kronleuchtern an der Decke, in denen jedoch nicht eine einzige Kerze brannte.

Für einen Ball geschmückt und im voll erleuchteten Zustand war dieser Raum vermutlich ein atemberaubender Anblick.

Ihr neugieriger Blick traf die glühend roten Augen des Dunklen Lords, der sie gleichzeitig amüsiert und doch seltsam ausdruckslos von seinem Thron aus beobachtete. Aidan blickte sofort wieder unter sich und wurde rot. Sie hoffte, daß er es in dem schwachen Licht nicht erkennen würde. Rot werden war noch etwas, was man nicht in der Anwesenheit von Voldemort tat. Unwillkürlich keimte in Aidan die Frage auf, wie lange es wohl noch dauern würde, bis sie es geschafft hatte, all das vor Voldemort zu tun, was man nicht tat, wenn er da war und ob sie es überhaupt so lange überleben würde. Sie war wirklich erbärmlich in ihrer Rolle als Todesser, vermutlich schlug sie da genau nach ihrer Mutter.

„Bevor wir dich heute nacht in unseren Kreis aufnehmen, werde ich ein kleines Ritual mit dir durchführen, Aidan." Aidan zuckte beim Klang der Stimme zusammen. Es war zu ruhig gewesen, um sich nicht zu erschrecken, nicht bei dieser Stimme.

„Mylord?" fragte sie ein wenig unsicher, immer noch nicht mutig genug, aufzublicken.

„Oh, keine Sorge, kleine Aidan, es ist keine große Sache. Du mußt nichts weiter tun, als dich meiner Macht zu öffnen. - Ich werde Severus Snape an dich binden. Eine kleine Vorsichtsmaßnahme meinerseits und dir ist es sicher nicht ganz unrecht, wenn ich recht informiert bin." Aus einem Reflex heraus hob Aidan den Kopf und blickte genau in das lippenlose, grinsende Gesicht Voldemorts, der über ihre Überraschung ehrlich amüsiert schien.

„Dachte ich mir. - Der erste Teil dieses Rituals findet ohne unseren Giftmischer statt. Später heute nacht wirst du dann in meinen Reihen aufgenommen, du hast einige Stunden Zeit, dich darauf vorzubereiten. Bis dahin sollte es meinen Leuten gelungen sein, Severus in unsere Gewalt zu bringen. Sobald wir ihn haben und er mir seine Treue schwört, werden wir auch mit ihm noch einmal ein kleines Aufnahmeritual durchführen und anschließend den Bund zwischen euch besiegeln. - Es dürfte dich freuen, zu hören, daß Severus als Beweis seiner Treue zu mir, dieses von dir so verhaßte Halbblut töten wird." In Aidans Augen blitzte etwas auf, das Voldemort sehr zu gefallen schien, wie sie an seinem erneuten, kurzen Lächeln erkennen konnte.

„Ich fühle mich geehrt, Zeuge sein zu dürfen." Entgegnete sie und senkte erneut demütig den Kopf.

Sekunden später öffnete sich die Tür und Aislin kam mit Lucius Malfoy und dem Rest des Inneren Kreises der Todesser zurück in den großen Saal. Nachdem sämtliche Todesser sich im Kreis vor dem Thron versammelt hatten, fielen sie wie auf Kommando auf die Knie.

Voldemort stand auf und reihte sich ebenfalls in diesen Kreis ein. Aidan fiel sofort auf, daß zwischen dem Dunklen Lord und dem nächsten Todesser rechts von ihm eine größere Lücke blieb und sie mußte keine große Hellseherin sein, um zu wissen, daß dies der Platz von Severus war. Auch wenn sie nicht wenig verwundert darüber war, daß er noch immer unbesetzt war.

Lucius, der zur Linken des Lords stand, blickte zufrieden lächelnd auf Aidan hinab, die in der Mitte des Kreises kniete. Sie hatte zweifellos keine gute Figur bei ihrer ersten Aufgabe im Dienste des Lords gemacht, aber er kam einfach nicht umhin, für sie nur positive Gefühle zum empfinden. Immerhin, sie war diejenige, die ihn endlich von der größten Last seines Lebens befreien würde.

Lucius ließ einen Blick über seine junge Gefährtin gleiten, die an seiner Seite stand und schon morgen endlich offiziell seine Frau werden würde. Der Tausch war eindeutig perfekt. Aislin erwiderte seinen Blick und schenkte ihm ein vorsichtiges Lächeln.

„Es wird Zeit, meine Freunde." Verkündete Voldemort, als er sich aus dem Kreis löste und auf Aidan zu trat und jeder Todesser des Kreises merkte sofort, in welch ausgesprochen guter Laune sich ihr Meister in dieser Nacht befand.

Aber wer konnte es ihm auch verdenken? Entweder bekam er in dieser Nacht seine tödlichste Waffe im Kampf gegen das Licht zurück oder ein lange verhaßter Verräter würde endlich sterben. Und zur gebührenden Unterhaltung aller würde es langsam und qualvoll geschehen. Dieser Tag konnte nur gut werden.

Direkt vor dem immer noch knienden, jungen Mädchen blieb Voldemort stehen und blickte wohlwollend auf sie herab. Immerhin, sie hatte den gebührenden Respekt, auch wenn es ihr an den Fähigkeiten noch etwas mangelte. Darauf konnte man aufbauen. Es war stets so viel schwerer, den Rekruten Respekt als Können einzubleuen.

Ohne ein Wort zu sagen, streckte er die Hand nach Aidan aus, die diese auch nach kurzem Zögern ergriff.

Als ihre Hand die eiskalte Haut des Dunklen Lords berührte, fühlte Aidan ein merkwürdiges Kribbeln, das von ihrem ganzen Körper Besitz ergriff. Obwohl es zunächst unangenehm war, gewöhnte sie sich binnen Sekunden daran und fühlte die Macht, die dieses Kribbeln beinhaltete, auch wenn sie noch nicht genau sagen konnte, was es für eine Macht war.

Doch es war auch nicht weiter wichtig, denn im nächsten Moment ließ Voldemort ihre Hand los und legte seine Hände auf ihre Wangen. Sofort wurde das Kribbeln stärker, die Macht klarer. Aidan schloß die Augen und nahm alles in sich auf, was Lord Voldemort ihr bot.

Voldemort öffnete den Mund und seltsame zischelnde Laute drangen aus seiner Kehle hervor. Aidan hatte die Vermutung, daß sie Angst haben sollte, denn noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Laute gehört. Doch das Gefühl wollte sich nicht einstellen. Sie fühlte sich sicher und von Sekunde zu Sekunde stärker.

Der Kreis der Todesser um sie herum verfiel in ein dumpfes, melodisches Murmeln und Aidan wußte, sie beschworen irgendeine Art von Zauber, doch die Worte drangen nicht durch das Parsel ihres zukünftigen Meisters hindurch, das ihren gesamten Kopf ausfüllte und von dort langsam in ihrem Körper strömte. Sie begann zu verstehen. Langsam und schleppend, aber nach und nach machten die Laute für sie einen Sinn.

Die Luft im Raum begann vor Magie zu knistern. Die kleinen Energieentladungen fühlten sich wie winzige Blitze auf ihrer Haut an.

Und gerade als Aidan das Gefühl hatte, die Welt könne genau an diesem Punkt stillstehen, damit dieses Gefühl der Macht in ihr niemals ein Ende hatte, war auch schon alles vorbei.

Die knisternde Magie im Raum erstarb, die Todesser verstummten, Voldemort ließ ihre Wangen los. Etwas benommen öffnete Aidan die Augen. Alles war nicht vorbei. Noch immer spürte sie diese Macht in sich. Nicht mehr so stark wie noch vor einer halben Minute, aber sie war jetzt in ihr, war ein Teil von ihr. Sie konnte über sie verfügen.

Es fühlte sich an wie ein Rausch.

Voldemort erhob seine Arme über Aidans Kopf und verkündete in seiner unwirklichen, aber diesmal sehr kraftvollen Stimme:

„Es ist vollbracht!" und als hätten sie alle nur auf dieses Kommando gewartet, fiel der Kreis der Todesser um sie herum zum zweiten Mal auf die Knie.

Aislin lächelte verstohlen, als sie ihren Blick demütig zu Boden richtete. Dieses Ritual war mit das Aufregendste gewesen, was sie bisher bei den Todessern erlebt hatte und wie immer hatte Aidan in all ihrer Naivität gar keine Ahnung vom wahren Ausmaß dessen, was gerade geschehen war.

„Aislin wird dir zeigen, wo du dich ein wenig ausruhen kannst. Die Initialisierungszeremonie wird bei Sonnenaufgang stattfinden. Du solltest versuchen, bis dahin noch ein wenig zu schlafen. Es wird sehr kraftzehrend für dich werden." Aidan nickte gehorsam und wartete darauf, daß Aislin sich erhob und sie vorsichtig aus dem Ballsaal zog, um sie in eines der Gästezimmer zu bringen.

„Gut gemacht." Flüsterte die Freundin ihr zu, als sie den Saal verlassen hatten und Aidan lächelte müde.

„Es war unglaublich."

„Ich weiß, meine Süße, ich weiß."

Severus kämpfte sich mühsam durch das Unterholz des Waldes, der Malfoy Manor umgab und versuchte, dabei so wenig Lärm wie möglich zu machen. Je länger er durch den Wald lief und dabei mehr und mehr von seiner Energie sinnlos verschwendete, um so mehr verfluchte er seine dumme Idee, nicht direkt auf dem Grund von Malfoy Manor zu apparieren, um das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben.

Er war definitiv eingerostet in den vielen Jahren, in denen er nicht mehr in Voldemorts Kreisen war, sonst wäre ihm sicher nie der dumme Gedanke gekommen, daß sie nicht schon längst wußten, daß er da war.

Das Klügste, was er in diesem Moment hätte tun können, wäre ein taktischer Rückzug gewesen, zurück nach Hogwarts, um dort Albus und die anderen Kämpfer des Lichts zu alarmieren und dann mit einem Plan zurückzukehren, doch schon als die Idee in seinem Kopf vorstellig wurde, wußte er, daß er genau das nicht tun würde. Er war schon zu weit, er durfte jetzt nicht noch einmal umkehren. Damit verschwendete er nur Seshas Zeit und davon hatte sie mit Sicherheit nur sehr wenig.

Einige der Zimmer in den oberen Stockwerken von Malfoy Manor waren hell erleuchtet und das Haus damit bereits zwischen den Bäumen zu erkennen.

Severus hielt inne, als er eine starke Entladung von Magie in dem Haus fühlte. So stark, daß sie sogar bis in den Wald hinaus getragen wurde, viel stärker als alles, was Severus von den Todessertreffen kannte. Ob Voldemort sich in den letzten Jahre neue Spielchen ausgedacht hatte? Er schüttelte den Kopf und lief weiter.

Das war zu viel Energie gewesen. Selbst jemand wie Voldemort brachte das nicht auf, nur um sich zu amüsieren. Er hatte die dunkle Ahnung, daß ihn dieser Vorfall mehr beunruhigen sollte, als er es gerade tat.

Auf der anderen Seite konnte ihn nichts mehr beunruhigen als der Gedanke an Sesha, die diesem verfluchten Bastard Malfoy ausgeliefert war. Ein Schicksal, das er außer Malfoy selbst niemandem wünschte.

Mit einem gehetzten Blick in alle Richtungen sprang er hinter ein Gebüsch, seine letzte Deckung bevor er auf das freie Feld vor Malfoy Manor hinaustrat. Keiner der Todesser war zu sehen, doch Severus konnte fühlen, daß sie nicht weit waren. Vermutlich hatten sie ihn auch schon umzingelt.

„Deine letzte Chance, zu apparieren, Sev." Ging es ihm durch den Kopf, als er seinen Zauberstab fester umfaßte und ein paarmal tief Luft holte.

„So ganz allein, alter Freund? Weißt du, diese ganze Sache mit der Anschleicherei hättest du dir auch sparen können. Ich meine, so lange ist es doch noch nicht her, du weißt doch sicher noch, daß man sich nicht so leicht unbemerkt an uns heranmachen kann." Severus' Schultern strafften sich beim Klang von Lucius' Stimme und Severus' letzte Hoffnung, doch vom Glücksgott gesegnet worden zu sein, zerbarst zu einem Haufen Staub.

„Lucius." Knurrte er und drehte sich um, um seinem Feind aus Schultagen seit langem mal wieder in die Augen sehen zu können. Wie erwartet stand Lucius mit ein paar anderen Todessern hinter ihm. Er hatte ein belustigtes Grinsen auf seinen perfekten Lippen und seine Augen leuchteten fast vergnügt. Severus konnte sich vorstellen, was er sich gerade alles ausmalte, seine spätere Folter betreffend, doch Severus konnte nicht leugnen, daß er da ganz andere Pläne hatte.

Einer von ihnen beiden würde enttäuscht verzichten müssen.

„Immerhin, du erinnerst dich noch an deine alten Freunde." Ein gemeines, kleines Grinsen zog über Severus' Gesicht. Warum nicht wenigstens ein paar der alten Zeiten wieder aufleben lassen?

„Ich könnte niemals dein dummes Gesicht vergessen, Lucius. Zu oft war es der Anlaß dafür, daß ich mal wieder herzlich lachen durfte, wenn etwas deinen schmalen Horizont überstieg. Ich denke, dein Meister stimmt da ohne zu zögern mit mir überein." Das Grinsen von Lucius' Gesicht verschwand, als er den kalten Haß in sich aufwallen fühlte. Schon als Schüler hatte er es gehaßt, daß Severus nicht nur so viel klüger als er gewesen war, sondern das auch sehr genau gewußt hatte. Severus das Genie, den alle bewunderten, dem sogar Lord Voldemort einen nicht zu verzeihenden Verrat vergeben wollte, während er nur der schöne Lucius war. Der Mann für die Drecksarbeit, ganz nett anzusehen, treu ergeben, aber auch nicht mehr. Nicht der Mühe wert.

Aber heute nacht würde er das Genie fallen sehen. Ein Moment, auf den Lucius schon sein Leben lang wartete und jetzt war er gekommen. Auch mit all seiner Klugheit war Severus ihnen ausgeliefert und allein dieser Gedanke genügte, um wenigstens ein kaltes Lächeln zurück auf Lucius' Lippen zu bringen.

„Dein Hochmut wird dir noch vergehen, Giftmischer."

„Wenn du dich da mal nicht täuschst, Laufbursche." Wütend kniff Lucius die Augen zusammen und gab seinen Männern ein Zeichen, sich alarmbereit, aber im Hintergrund zu halten.

„Forderst du mich heraus?" fragte er drohend und zog seinen Zauberstab.

„Ich warte darauf seit dem Tag, an dem ich meinen Vater getötet habe." Für einen Moment war Lucius durch dieses Stückchen Information so abgelenkt, daß er den ersten Fluch nicht kommen sah, den Severus aussprach. Er traf ihn mit voller Wucht und schleuderte ihn gegen den nächstbesten Baum. Benommen schüttelte Lucius den Kopf und kam fluchend auf die Beine.

„Du hast keine Chance, Severus, gib lieber gleich auf." Severus lächelte.

„Sagt der Mann, der dumm genug ist, seine Deckung runterzulassen." Der belustigte Unterton in der seidigen Stimme seines Gegenübers machte Lucius schier rasend.

Der Kampf war unschön und Severus wettete fast darauf, daß er blutig enden würde.

Leise und vorsichtig, um ja von niemandem erwischt zu werden, schlich Hermine durch die Korridore auf dem Weg zu ihren Räumen. Eigentlich hatte sie gar nicht geplant, ihren Besuch bei Fred so lange auszudehnen, aber sie konnte auch nicht behaupten, daß sie unzufrieden über den Verlauf des Besuches und seine ungeplante Ausdehnung gewesen war.

Nur mit all ihrer Willenskraft konnte Hermine sich daran hindern, auf dem Weg zu ihren Räumen fröhlich vor sich hin zu summen. Sie war unbeschreiblich glücklich und der Drang, diesem Glück auch Ausdruck zu verleihen, am besten gleich die ganze Welt daran teilnehmen zu lassen, war so stark, daß sie fast nicht dagegen ankam.

In jeder anderen Situation hätte sie sich aber auch wahrscheinlich gar nicht die Mühe gemacht, überhaupt dagegen anzukämpfen.

Hermine kicherte und hielt sich die Hand vor den Mund, um diesen albernen Ausbruch zu beenden. Sie war verliebt! So richtig, vollkommen, von Kopf bis Fuß und hoffnungslos verliebt!

Zum ersten Mal seit der Sache mit Ron, und Hermine schob die Ironie des Schicksals, daß es mal wieder ein Weasley war, den sie sich ausgeguckt hatte, einfach beiseite. Sie war zu glücklich, um sich gerade jetzt Gedanken über die Wiederholung der Geschichte zu machen.

Fred war anders als Ron. Fred war nicht ihr bester Freund. Und was wohl auch ein entscheidender Faktor war, sie und Fred waren keine halben Kinder mehr, wie sie und Ron es damals gewesen waren, gerade mit der Schule fertig, gerade achtzehn und zumindest Ron mit einem Kopf voller Dummheiten statt Plänen für die Zukunft.

Die Ausgangsposition war ganz anders und das war es, was Hermine so unbefangen glücklich sein ließ. Ein wunderbares Gefühl.

Als sie an Seshas Quartieren vorbei kam, stockte Hermine einen Augenblick. Zuerst hatte sie es gar nicht bemerkt und war daran vorbeigelaufen, doch irgend etwas war ihr merkwürdig vorgekommen und sie ging die zwei Schritte zur Tür ihrer Freundin zurück.

„Offen?" murmelte sie verwundert, als sie bemerkte, daß sie sich nicht getäuscht hatte und die Tür zu Seshas Räumen wirklich einen Spalt offen stand. Ein wenig nervös zog sie die Stirn kraus und drückte die Tür ein Stückchen weiter auf. Das Wohnzimmer war dunkel und leer, das Feuer im Kamin schon vor Stunden herunter gebrannt.

„Lumos." Flüsterte Hermine und die Spitze ihres Zauberstabes glühte in einem sanften Licht auf, das den Raum gerade genug erhellte, daß Hermine ihre Umgebung gut erkennen konnte. An dem Raum schien nichts ungewöhnlich zu sein, alles war wie immer sauber und aufgeräumt. So leise wie möglich schlich sie zu der zweiten Tür des Raumes, die zu Seshas Schlafzimmer führte. Zwar glaubte sie es nicht wirklich, aber vielleicht hatte Severus ja doch nur vergessen, die Tür richtig zu schließen und Sesha lag friedlich schlafend in ihrem Bett.

Doch als sie auch das Schlafzimmer leer vorfand, machte sie sich langsam ernsthaft Sorgen. Sie beschloß, noch einmal hinunter in den Kerker zu gehen, um dort nachzusehen und falls sie dort nicht waren, dann blieb als letzte Möglichkeit nur noch die Krankenstation.

Gerade als sie das Zimmer verlassen wollte, bemerkte Hermine ein Stück Pergament auf dem Boden, das knisternd auf sich aufmerksam machte, als sie darauf trat. Hermine hob es auf und überflog die kurze Notiz. Schlagartig wich die Farbe aus ihrem Gesicht und ohne im geringsten darauf zu achten, ob sie die Aufmerksamkeit von irgendwem auf sich zog, rannte sie so schnell sie konnte hinunter zu den Kerkern.

Wie hatte sie ihm diese Geschichte nur abnehmen können?! Wenn sie es gekonnt hätte, hätte Hermine sich in diesem Moment die schlimmsten Flüche, die sie sich vorstellen konnte, selbst an den Hals gehext.

Schwer atmend standen Severus und Lucius sich in der aufsteigenden Dämmerung gegenüber. Beide nicht bereit, auch nur einen Zentimeter zurück zu weichen, beide fast am Ende ihrer Kräfte. Severus wischte mit dem Ärmel seiner Robe über seine Wange, auf der er einen tiefen Riß hatte, der heftig blutete. Lucius grinste.

„Weißt du, alter Freund, es ist gut zu wissen, daß sogar du wie ein normaler Mensch bluten kannst. Ich hatte schon befürchtet, das gehört zu den Dingen, die Genies für gewöhnlich nicht tun." Severus fühlte, wie sich etwas Blut in seinem Mundwinkel sammelte, der metallische Geschmack bereits auf seiner Zunge präsent.

„Wir tun es nur, wenn wir uns mit Dorftrotteln herumschlagen, Lucius, alter Junge." Entgegnete er und auch wenn es mit Sicherheit eine seiner schwächsten Beleidigungen war, die er Lucius jemals an den Kopf geworfen hatte, reagierte der andere Zauberer doch zufriedenstellend wütend darauf. Lucius zu verletzten war so einfach, daß es fast schon langweilig war.

„Immerhin wird der Dorftrottel heute nicht im Staub herumkriechen müssen." Severus schnaubte verächtlich.

„Ausnahmsweise. - Aber sei beruhigt, ich werde es sicher auch nicht tun."

„Leeres Geschwätz!" Severus grinste und wie zufällig traf der nächste Fluch nicht Lucius, sondern einen seiner Männer, der schwer verletzt zu Boden ging.

„Es ist bald so weit." Aidan nickte stumm. Sie konnte die Sonne im Osten langsam aufgehen sehen. Aislin wuselte seit einigen Minuten schon unaufhörlich um sie herum. Zupfte hier an ihrer Kleidung, zog da etwas an ihr zurecht. Aidan verstand die Aufregung nicht wirklich.

Stumm betrachtete sie sich in dem grotesk weißen Gewand, das sie zur Initialisierung tragen sollte. Warum war es weiß? Vielleicht würde sie Aislin später diese Frage stellen, wenn es sie dann noch interessierte.

„Weißt du, daß du heute für immer zu meiner allerbesten Freundin wirst?" fuhr Aislin in einem fast schon lockeren Plauderton fort.

„Ich hatte gehofft, daß das schon vor heute nacht der Fall gewesen ist." Entgegnete Aidan und schaffte es zu ihrem Bedauern nicht völlig, den verletzten Ton aus ihrer Stimme zu verbannen. Aislin lachte.

„Ja, du warst schon immer meine Freundin, aber heute wirst du etwas ganz Wundervolles für mich tun." Aidan hob eine schwarze Augenbraue.

„Indem ich Todesser werde? Du hättest mir sagen sollen, daß es dir so wichtig ist, Lin." Aislin schüttelte den Kopf und sah ihre Freundin tadelnd an.

„Ach was, dummes Zeug. Aber du weißt doch, was du bei der Initialisierung tun mußt, nicht wahr?" Aidan nickte und für einen Moment fühlte sie einen Anflug von Übelkeit in sich aufsteigen. Wer wußte nicht, was man bei der Initialisierung tun mußte, um Voldemort seine Treue zu beweisen?

„Und du wirst mir einen echten Gefallen tun. Den größten, den mir jemand im Moment tun kann." Aidan warf ihrer Freundin einen verärgerten Blick zu.

„Herrgott, Lin! Kannst du nicht endlich Klartext reden, dieses ewige Drumherum geht mir so langsam auf die Nerven. Ist das immer so?" Aislin lachte.

„Na gut, auch wenn ich die Überraschung damit verderbe. Du wirst Narcissa töten und ich werde morgen schon Lucius' neue Frau." Vermutlich hatte Aislin erwartet, daß sie sich darüber mächtig freute, aber irgendwie sah Aidan keinen Grund zur Freude in dieser Neuigkeit. Trotzdem rang sie sich ein Lächeln ab.

„Großartig. Immerhin hat es einen Sinn, daß ich zur Mörderin werde."

„Abgesehen davon, daß du deinen Severus bekommst."

„Wenn ich ihn bekomme." Aislin grinste zuversichtlich und Aidan wünschte sich nichts mehr als die selbe Zuversicht in sich selbst finden zu können.

„Das wirst du, keine Sorge."

Severus mußte das Schloß in einer solchen Eile verlassen haben, daß er vollkommen vergessen hatte, die üblichen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, was sein Quartier anging. Denn nachdem Hermine sowohl sein Büro als auch seine Privaträume ohne Probleme hatte betreten können, stellte sie mit sinkendem Herzen fest, daß er wirklich nicht da war. Seine Räume waren ebenso leer und kalt wie die ihrer Freundin.

Verzweifelt fuhr sie sich durch die widerspenstigen Locken und blickte sich hektisch in seinem Büro um. Wie hatte ausgerechnet Severus so dumm sein können? Warum war er allein gegangen? Dafür gab es doch nicht einen einzigen vernünftigen Grund.

Hermine seufzte und lehnte sich an den Schreibtisch, um einen Moment darüber nachzudenken, wie sie jetzt als nächstes vorgehen sollte. Sesha war weg. Severus war weg. Die Notiz in Seshas Räumen ließ darauf schließen, daß die Todesser ihre Finger im Spiel hatten und sie Sesha jetzt in ihrer Gewalt hatten. Und es hieß auch, daß es im Schloß tatsächlich Lücken gab, genau wie Severus, Albus und sie die ganze Zeit über vermutet hatten. Anders war nicht zu erklären, daß die Todesser Erfolg gehabt hatten.

Hermine schloß für einen Moment die Augen und rieb leicht abwesend mit zwei Fingern über ihr Nasenbein.

Severus zu finden war praktisch unmöglich. Es gab einfach zu viele Orte, wo die Todesser sein konnten. Im Riddle Haus in Little Hangleton oder auch in Askaban, das schon seit geraumer Zeit in den Händen Voldemorts war. Im Haus einer seiner vielen Anhänger.

Hoffnung keimte in Hermine auf. Severus war nicht dumm genug, zu gehen ohne sich wenigstens abzusichern. Er hatte ihr mit Sicherheit etwas hinterlassen.

Mit fliegenden Fingern schob sie die vielen Pergamente durcheinander, die in einer für Severus vollkommen ungewohnten Unordnung auf dem großen Schreibtisch verteilt lagen, bis sie schließlich fand, was sie suchte und für einen Moment war sie erleichtert. Immerhin so viel hatte ihn seine Beherrschung nach nachdenken lassen.

Hermine,

ich bin mir fast sicher, daß keine andere außer Dir die erste sein wird, die unser
Verschwinden bemerkt und den Mut besitzt, einfach meine Räume zu betreten.

Bitte verzeih, daß ich Dir nicht gestern abend schon gesagt habe, was los war,
aber ich konnte es nicht. Ich muß diese Sache alleine regeln. Frag nicht warum,
aber es ist eine Schuld, die ich endlich begleichen muß. Die Geschichte darf sich nicht
wiederholen.

Malfoy hat Sesha nach Malfoy Manor gebracht. Ich habe versucht, nähere Informationen
aus Miss Duvessa heraus zu bekommen, kann Dir aber nicht genau sagen, was Voldemort
vor hat. Ich weiß nur, daß ich der Grund für das alles hier bin. Noch ein Grund, warum ich
gehen muß. Vielleicht kann ich die Sache unter Kontrolle bringen, ohne andere zu
gefährden. Ohne Harry in Gefahr zu bringen.

Wenn ich bis zum Morgen nicht wieder zurück bin, war ich wohl nicht erfolgreich. Da ich Dich
kenne, bin ich mir nicht ganz sicher, ob es gerade jetzt schon Morgen ist, aber ich bitte Dich
dennoch, Albus erst von der Sache zu informieren, wenn meine Frist abgelaufen ist. Höre
einmal nur auf einen irrationalen Mann!

Wenn ich nicht zurückkomme, überlasse ich es Dir, meine Angelegenheiten in Hogwarts
zu regeln. Ich hatte keine Zeit für solche Nebensächlichkeiten und ich vertraue Dir, daß
Du weißt, wie ich gehandelt hätte. Nur zwei Dinge möchte ich selbst bestimmen. Zwei
kleine Sentimentalitäten, die einzigen in meinem bisherigen Leben, wenn man von
Sesha absieht.

Nimm Janus zu Dir. Du bist die einzige, die er an sich heranläßt, die einzige außer mir, die
überhaupt von seiner Existenz weiß. Er und Dein Krummbein haben schon lange
Freundschaft geschlossen, mein Fehlen sollte ihm also gar nicht auffallen und ich wenn
ich ihn bei Dir weiß, bin ich merkwürdig beruhigt. Ich hoffe, wir haben Gelegenheit, über dieses
dumme Gefühl zu reden, ich wüßte gerne, warum ich mir im Angesicht meines eventuellen
Todes gerade um diesen dummen Kater Sorgen mache!

Die zweite Sache ist Harry. Falls ich nicht wiederkomme, möchte ich, daß er alles von Dir
erfährt. Ich denke, Du hättest es ihm ohnehin erzählt, aber ich erteile Dir hiermit die
Erlaubnis, ihm alles zu erzählen, unter der Bedingung, daß nur er es erfährt und niemand
sonst!

Ich verschwende zuviel Zeit, die Sesha nicht hat mit dummen Sentimentalitäten!

Ich danke Dir für alles, Hermine, und hoffe, daß wir uns wiedersehen und ich Gelegenheit
haben werde, mich auf ewig zu verfluchen, diesen Brief hier geschrieben zu haben.

S. Snape

Hermine zitterte, als sie den Brief sinken ließ und ihre Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an. Sie fühlte Wut und Verzweiflung in sich über Severus' Dummheit und darüber, daß er sie doch im letzten Moment wieder weggestoßen hatte, um sie vor Dingen zu schützen, die sie ebenso angingen, wie ihn. Severus Snape sah diesen Kampf als seinen ganz persönlichen Kampf an, in den kein anderer involviert werden durfte, weil er der Todesser war, aber den Gefallen würde Hermine ihm sicher nicht tun.

Sie würde ihn nicht alleine und sinnlos sterben lassen, wenn sie es nicht verhindern konnte.

Unbemerkt war Janus aus dem Schlafzimmer seines Herren in sein Büro getapst gekommen und auf den Schreibtisch gesprungen. Mit einem leisen Maunzen stieß er seinen Kopf gegen Hermines Arm, der noch immer zitternd den Brief festhielt. Hermine blickte in die klaren, grünen Augen der Katze, die ihr auch in diesem Moment wieder vorkamen, wie die Augen eines Menschen, der alles verstand, was um ihn herum geschah. Und vielleicht war es auch so, denn sie hätte schwören können, aus diesen Augen eine Bitte herauslesen zu können.

Die Bitte, seinen Herren zu retten. Mit einer flüchtigen Bewegung strich Hermine dem kleinen Kater über den Kopf und flog im nächsten Moment zur Tür heraus, die Treppen hinauf in Richtung Wasserspeier. Es war noch nicht Morgen, aber sie hatte dieses Versprechen auch niemals gegeben und hätte es ebenso nicht getan, wenn er es ihr persönlich abverlangt hätte.

Im Zwielicht des Morgengrauens sah das Grundstück von Malfoy Manor direkt am Rand eines großen Waldes aus wie ein Schlachtfeld. Noch immer standen sich Lucius und Severus gegenüber, jeder nicht mit wenigen Verletzungen, aber jeder von ihnen auch nicht bereit, aufzugeben und den anderen gewinnen zu lassen.

Um sie herum lagen die Todesser, die Lucius auf seiner Mission, den Giftmischer des Lords einzufangen, begleitet hatten. Einer nach dem anderen war unter einem „fehlgeleiteten Fluch" zu Boden gegangen.

Severus spürte, wie seine Kraft ihn mehr und mehr verließ, aber er wußte, Lucius ging es nicht anders. Man mußte nicht einmal besonders aufmerksam hinsehen, um das zu erkennen. Und er wußte, er würde den längeren Atem haben. Schon vor sehr langer Zeit hätte er sich dabei nicht beirren lassen dürfen. Er hatte so viele Menschen in seinem Leben als Spion und Todesser getötet, auf dieses Monster wäre es da auch nicht mehr angekommen.

„Du bist allein, Lucius. Die Gelegenheit schreit förmlich danach, daß du die Beine in die Hand nimmst." Lucius brachte seine schwankenden Beine unter einer enormen Kraftaufwendung dazu, ihm wieder einen einigermaßen stabilen Halt zu geben und funkelte sein Gegenüber an.

„Nicht ich bin der Feigling von uns beiden." Gab er fast trotzig zurück. Seine Fassade bröckelte unter der Anstrengung dieses Kampfes und er war nicht mehr weit davon entfernt, seinen seit seiner Schulzeit wegen Severus aufgestauten Emotionen freien Lauf zu lassen. Severus lächelte und kniff das rechte Auge zusammen, als die Nutzung dieser Muskeln im schmerzhaft die tiefe Wunde in seinem Gesicht ins Gedächtnis zurück rief.

Auch das konnte man einen Wink des Schicksals nennen. Er würde von nun an die Narbe tragen, die Lily viele Jahre getragen hatte, wenn er diese Sache überlebte. Severus machte sich nichts vor, seine Chancen waren gering und schrumpften von Minute zu Minute weiter.

„Das kommt immer darauf an, wie man feige definiert, Lucius." Severus ließ seinen erhobenen Zauberstab sinken und ließ die Anspannung der Duellhaltung aus seinem Körper weichen. Noch eine Minute länger und er wäre unter Krämpfen zusammen gebrochen. Lucius, selbst zu müde und ausgelaugt, um diese günstige Gelegenheit sofort zu seinem Vorteil zu nutzen, warf Severus einen fragenden und gleichzeitig verächtlichen Blick zu. Irgendwie hatte er den Verdacht, daß Severus schon wieder die Rolle des Feiglings einnehmen wollte.

Als Severus erkannte, daß ihm von Lucius für einige Momente keine Gefahr drohte, beugte er sich leicht vorne über und stützte sich mit seinen Händen auf seinen Knien ab, um wieder etwas zu Atem zu kommen und seine letzten Kräfte zu sammeln. Was auch immer danach geschah, dieser Kampf würde um jeden Preis mit dem Tod seines alten Kameraden enden und wenn es das letzte war, was er tat.

Severus lächelte über die Absurdität der Situation, in der er und Lucius sich gerade befanden. Beide mit der Intention, einander zu töten und trotzdem, wenn man sie beobachtet hätte, hätten sie vermutlich nur den Eindruck zweier erschöpfter Freunde gemacht, die sich von einem Waldlauf oder ähnlichem erholten.

Ein nettes Spiel, aber dieses Spiel mußte jetzt zu Ende sein, bevor Voldemort auf die Idee kam, Lucius' Platz einnehmen zu müssen, was Sesha betraf.

„Was hältst du davon, wenn wir jetzt mit den Kindereien aufhören und die Sache endlich beenden?" fragte er und blickte Lucius unter den langen schweißnassen Strähnen, die ihm ins Gesicht hingen, hervor an.

„Was schwebt dir vor?" Wieder zog sich ein Lächeln über die Lippen des Zaubertrankmeisters.

„Rache, mein Freund. Wir beide haben unsere Gründe und einer von uns sollte sie jetzt bekommen." Lucius erwiderte das Lächeln, gerade so, als habe Severus ihm einen hervorragenden Plan zum Zeitvertreib an einem langweiligen Abend unterbreitet.

„Endlich sind wir mal einer Meinung." Severus hob den Zauberstab.

„Gut zu wissen. - Cruor!" Lucius war nicht schnell genug, dem Fluch auszuweichen und schrie unter Qualen auf, als sich über seinen ganzen Körper verteilt kleine Risse bildeten, die für ihre Größe heftig bluteten, gerade so, als würde etwas von innen das Blut förmlich herauspressen.

„Verfluchter Bastard!" preßte Lucius hervor, als sein Zauberstab zu Boden fiel. So hatte er sich die Sache mit der Rache sicher nicht vorgestellt.

„Du hast doch nicht geglaubt, daß ich vergessen habe, was ich damals zu dir gesagt habe, oder Lucius?" Lucius sackte in die Knie und bedeckte krampfhaft eine größere Wunde knapp oberhalb seiner Hüfte mit seiner Hand. Das Blut quoll pulsierend darunter hervor, keine Kraft der Welt in der Lage, es von seinem Weg abzubringen.

„Wovon redest du?" Severus lachte und kam mit immer noch erhobenen Zauberstab auf den knienden Lucius zu.

„Ich hatte nicht erwartet, daß du es dir so lange würdest merken können, Berühmtheit hin oder her. - Ich spreche von Lily Evans, Lucius. Du weißt doch noch, wer das war oder? Hast sie sicher noch nicht vergessen, das Mädchen, das du nicht anrühren, nicht in Gefahr bringen durftest. Ich hatte dich wohl ein bißchen überschätzt, als ich davon ausging, du wüßtest, was gut für dich ist.

Du hast so verdammtes Pech, daß ich nicht vergesse. Nicht vergessen kann." Lucius lachte trocken, seine Stimme merkwürdig rauh und brüchig.

„Es geht noch immer um das Schlammblut? Severus, sie ist seit einundzwanzig Jahren tot!"

„Gut beobachtet, Lucius." Severus' Stimme senkte sich zu einem gefährlichen Flüstern. „Aber ich bin es nicht. Und auch wenn es sie nicht zurückbringen kann, wird das doch nichts daran ändern, daß ich dich für all das, was ihr in den paar Jahren, die sie als Hexe leben durfte, passiert ist, zur Hölle schicken werde. - Wir haben beide lange darauf gewartet, Lucius, aber heute ist Zahltag." Severus' eiskaltes Gesicht verschwamm vor Lucius Augen, als ihn der durch den Blutverlust verursachte Schwindel ergriff. Ein gequältes Lachen rang sich aus seiner Kehle hervor, als ihm endgültig bewußt wurde, daß er sterben würde und das ausgerechnet an dem Tag, an dem sein Leben endlich wieder in gute Bahnen gelenkt werden sollte.

Aber was das schlimmste war, Lucius verstand. Als er den Blick auf Malfoy Manor richtete, in Gedanken bei Aislin, die in diesem Moment an der Initialisierung ihrer Freundin teilnahm, dem Ritual, das ihr und ihm endlich den letzten Weg zueinander hatte öffnen sollen, da begriff er, was er Severus vor so vielen Jahren genommen hatte.

Er empfand kein Mitleid. Weder für Severus, noch für Aislin, noch für sich selbst. Aber er verstand.

„Abolesco eternus irritum." hörte er Severus über sich murmeln und fühlte, wie der Fluch ihn traf, der seine Seele von seinem noch lebenden Körper trennte und für immer zerstörte. Seine nutzlose, seelenlose Hülle fiel schwer zu Boden, um dort still und unbemerkt zu verbluten.

Severus fühlte das selbe kurze Gefühl der totalen Euphorie wie vor so vielen Jahren, als er seine Rache an seinem Vater verübt hatte. Doch heute war es sogar noch schneller wieder verschwunden als damals, denn heute war keine Zeit, irgendein Gefühl außer der Angst länger als wenige Augenblicke währen zu lassen. Heute war noch nicht alles verloren und noch viel zu retten, sofern die ewigen Mächte ihm nur ein wenig beistanden. - Irgendwann war schließlich sogar für ihn immer das erste Mal.

Aislin fühlte ein kurzes Stechen und ein flaues Gefühl im Magen, doch genauso plötzlich, wie es gekommen war, war es auch wieder verschwunden und ihre Aufmerksamkeit wandte sich wieder ihrer Freundin zu, die vor Lord Voldemort stand, den linken Arm nach vorne gestreckt, ihre Hand in seiner.

Aidan schrie auf, als Voldemorts rechte Hand sich über ihren Unterarm legte und sie die sengende, unnatürliche Hitze fühlte, die von dieser Hand ausging und sich in ihre Haut brannte. Sie roch ihr eigenes, verbranntes Fleisch und für die Winzigkeit eines Augenblicks spielte sie ernsthaft mit dem Gedanken, einfach ohnmächtig zu werden, um dem furchtbaren Schmerz zu entkommen, der ihren Körper erbarmungslos durchflutete.

Und dann war die erste große Schmerzwelle vorbei und nichts blieb zurück außer einem vergleichsweise leichten, konstanten Pochen in ihrem Arm und dem Dunklen Mal, das schwarz und rot gegen ihre helle Haut abstand. Fasziniert beobachtete sie es einen Augenblick, bevor ihre Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes gelenkt wurde.

Zwei Todesser schleppten eine blondgelockte Frau in den Saal. Die Frau wehrte sich nicht, blickte nur starr und gebrochen unter sich und schien mit sich und der Welt abgeschlossen zu haben.

Doch Aidan wußte, daß sie schon lange nicht mehr Teil der Welt war, schon lange nicht mehr an dem teilnahm, was um sie herum geschah und der Gedanke daran, daß sie Narcissa Malfoy wahrscheinlich sogar einen Gefallen tat, half ihr, ihren Zauberstab zu erheben, das Zittern ihrer Hand zu beruhigen und den unverzeihlichsten aller Flüche gegen das hilflose Wesen auszusprechen, das vor ihr auf dem Boden kauerte.

„Avada Kedavra." Flüsterte Aidan und für einen Moment war der Raum von gleißend grünem Licht erfüllt.

Als es erstarb und die Dunkelheit sich wieder über die versammelten Todesser legte, war Narcissa Malfoy tot und Aidan Duvessa ihrer letzten Unschuld beraubt. Aber sie hatte sie gerne gegeben, wenn sie dafür Severus bekam.

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Author's Note:

ICH BIN WIEDER DA!!! *g* Wer hätte das gedacht. Tja, ein wenig spät dran vielleicht, aber ich muß wohl voller Scham gestehen, daß ich heute tatsächlich bis 14 Uhr geschlafen habe. Nicht einfach nur im Bett gelegen und den faulen Hintern nicht hoch gekriegt, nein, richtig geschlafen. Ich weiß nicht, wie lange es schon her ist, daß ich so lange am Stück geschlafen hab, ohne krank zu sein.

Zumindest betrachte ich mich offiziell wieder als gesund, da ich den ganzen Tag eigentlich nicht gehustet hab. Meine malträtierte Lunge macht Freudensprünge *gg*

Damit ich das 3. Kapitel von "Und wieder ein Tag" auch noch heute fertig krieg, fange ich wohl besser mal mit euren Reviews an *skeptischen Blick auf die Uhr werf*

Ach ja, was ich mich schon lange gefragt hab (seit dieses Kapitel fertig wurde): Merkt man eigentlich, daß ich mit Lucius noch eine Rechnung offen hatte? *gg* (Na ja, eigentlich ja Sev, aber ich stehe ja immer voll auf Sevs Seite *ggg*)

Serafina: Eigentlich wollte ich ja auf deine Mail antworten, aber ich war einfach zu fertig mit der Welt und dann hatte sich das ganze auch schon erledigt, weil du selbst rausgefunden hast, wie es mit dem Reviewen funktioniert *g* - Normalerweise antworte ich auf Mails, das wollte ich nur noch gesagt haben *schäm*
Ich denke aber, du brauchst dich nicht zu verstecken, man ist im Prinzip nie aus dem Alter raus. Ich hab durch Harry Potter Freunde überall in Deutschland gefunden, die vom Alter her zwischen 15 und 39 rangieren, ich denke, das spricht für sich ;o) (und ich falle mit meinen 22 Jahren ja auch nicht wirklich in das Raster von Harry Potter)
Tja und dann muß man sich natürlich auch immer fragen: Wer kann einem Severus Snape schon widerstehen? Ich zumindest nicht *gg*
Ich hoffe, daß du mir weiterhin gewogen bleibst, ich würde mich sehr freuen.

Liloe: Ich hätte nicht gedacht, daß jemand die Bedeutung der Namen kennen würde, Respekt. Ich arbeite im Prinzip immer mit sprechenden Namen, genau wie JKR, ganz selten ist ein Name mal vollkommen ohne Bedeutung. Ich hatte für Aidan die Übersetzung "dunkle Flamme" gefunden, zusammen mit ihrem Nachnamen, der "Schönheit" bedeutet, fand ich es recht passend *g*.
Die ganze Hermine/Severus Sache ist im Prinzip fast zum Hauptplot geworden. Das sollte ursprünglich gar nicht soooo eine große Rolle spielen, aber es hat einfach mehr Spaß gemacht als der Severus/Sesha Strang *ggg* (leider hab ich darüber aber auch den Harry/Severus Strang sehr vernachlässigt).
Er kriegt sie wieder. Ich hab für die Story ja ein Happy End versprochen und da es auch schon geschrieben ist, wird es das auch geben ;o)

Mastermind: Ich bin mächtig drauf gespannt. Hm, besondere Vorstellungen für die beiden... eigentlich nicht. Also Sev im Prinzip so, wie er immer dargestellt wird, da ist es mir eigentlich nicht so wichtig, ob er jetzt aussieht wie Rickman oder wie auf den paar Bildern, die es da von offizieller Stelle gibt. Zu Sesha hab ich eigentlich auch nur die Eingrenzungen, daß sie ein wenig dunkelhäutig ist (indisch halt), ziemlich lange, leicht gewellte, schwarze Haare hat und immer einen Sari unter ihren Zauberroben trägt ^_^ - Ich denke, wenn ein Autor sich nicht in stundenlangen, endlos detaillierten Beschreibungen seiner Charaktere verliert, dann muß er damit leben, daß sie sich jeder ein wenig anders vorstellt, leg einfach los ;o)
Ergonomische Tastatur? Die Dinger find ich voll schwachsinnig. Ich hab ja mal richtig tippen gelernt und für mich ist das eine total verkrampfte Handhaltung, wenn ich an so einer Tastatur schreiben muß. So viel zum Thema, die sind gesund und man schreibt an ihnen entkrampfter...
Hm, laß dir da von keinem was einreden. Ich sprudele auch nicht gerade über vor Emotionen, Hauptsache man hat/zeigt Gefühl, wenn es drauf ankommt oder?

DinoGirl: Keine Sorge, das Versprechen steht und keiner der beiden ist wirklich in Gefahr (aus der momentanen Perspektive natürlich schon, aber das Happy End kommt auf jeden Fall *g*).
Tja, ich sagte ja, du sollst aufhören, meine Geschichte vorauszusagen *lol*.
Hm, das mit dem Turm hab ich wohl vergeigt. Eigentlich sollte die Liebeserklärung da noch gar nicht kommen, aber der Moment hat mich mitgerissen *g*. Hab ich auch erst später gemerkt, daß ich damit zu früh war, als in meinem Storyboard der Vermerk "erste Liebeserklärung" stand ;o)
Nächstes Kapitel, Seite 4, letztes Drittel. Genau da erfährt Harry es *fg* Dauert also nicht mehr lange, denn das nächste Kapitel kommt ganz regulär am Donnerstag.
Das mit der Schulter ist gut, ich hoffe, die Erkältung ist auch wieder weg ^_^

Leu de Nox: *schon mal hinter dem Schreibtisch versteck* Ähm, also, wenn ich das vorher gewußt hätte, dann hätte ich ihn ja vielleicht nicht gekillt *schluck*. Ich hoffe, daß du jetzt nicht mich schlägst *lieb guck*
Doch, doch, das ganze endet gut für unsere Süßen, fast keine Verluste, die nennenswert wären *böse g*. Das einzige, was sein könnte, ist daß das ganze unglaubwürdig oder total abgeschmackt gelöst ist, das Urteil überlasse ich aber euch *g*
Tja, dann für dich auch noch mal die ganze genaue Angabe (*hihi* Das macht Spaß): Harry erfährt, daß Snape sein Vater ist im nächsten Kapitel auf Seite 4, im letzten Drittel der Seite.
Ich hoffe mal, du hast das Herrenkloster stehen gelassen *lol*

Graciee: Ich falle wirklich vom Glauben ab, aber ich protestiere nicht dagegen, daß du sie jetzt doch so ein bißchen magst ;o) (wär ja auch schon blöd von mir *gg*)
Sich in Aidans Gedanken hinein zu versetzen, war ein wenig schwierig, aber im Prinzip ist sie nur blind vor Schmerz und Verzweiflung, die beide keiner je sehen wollte (auch Aislin nicht) und damit ist sie der Realität ein ganzes Stück entrückt. Sie hat den Blick dafür verloren, was passieren kann und was nicht.
Harry und Sev hab ich über die vielen Hermine-Szenen total vernachlässigt, aber sie haben noch ein paar Szenen in den letzten 2 Kapitel (und im Epilog) und sie kriegen ihre ganz eigene Story, die den Zeitsprung in Kapitel 14 abdeckt (da überspringe ich knappe 4 Monate).
Ich glaube, Aislin ist mir ziemlich gut gelungen, als Haß-Charakter, obwohl die Reaktionen auf Barabas Snape damals wesentlich heftiger waren (da hab ich mehrfach die Aufforderung erhalten, daß er unbedingt sterben müsse *lol*)

Herm: Wahnsinnig? *überlegt kurz* Ich schätze, ja *g* Nicht nett? Hm, ja, das hab ich sogar mehrfach schriftlich ;o)
Tja, ff.net ist sehr zickig in der letzten Zeit, das ist schon fast krankhaft.
Ich hätte gerne wieder am Donnerstag gepostet, aber von Naumburg aus wäre das ein echter Krampf geworden. Die haben zwar Internet, aber die Rechner sind so verrotzt, man kommt sogar bei GMX nur über Umwege an seine Mails. Ich wollte mir nicht wirklich die Erfahrung antun, was wohl passiert, wenn ich versuche, was bei ff.net hochzuladen *g*
Wie er da wieder rauskommt... auf jeden Fall an einem Stück, aber nicht ganz heil ;o)

mbi: *g* Wow, daß ich mal ein Wochenende angenehm einläuten würde, hätte ich auch nicht gedacht. Da tut es mir fast leid, daß ich jetzt nichts fertiges mehr auf der Hand hab, um weiter wöchentlich posten zu können, sobald die Story hier fertig hochgeladen ist.
Ein bißchen krank ist die Beziehung zwischen Lucius und Aislin schon, aber da sie ja 17 ist, kann man da wohl nichts mehr unternehmen ;o) (damit ist sie ja nicht mehr minderjährig). Leider konnte ich das ganze nicht mehr weiter ausführen, aber was soll's, es gibt noch so viele Geschichten zu schreiben, irgendwann kann man darauf auch wieder zurückkommen *g*
Tja, Aidan ist jetzt vollends verzweifelt. Eigentlich muß man dazu schon "armes Hascherl" sagen... na ja, das war halt ihr Schicksal ;o)
Das Seminar war super anstrengend, aber ich bin heil wieder heim gekommen (obwohl der Verkehr gestern absolut zum Kotzen war *immer noch grummel*)

Besserweis: Tja, nicht viel zu sagen, stand ja alles schon in der Mail. Auf alle Fälle noch einmal danke und weiter so, ich weiß deine Reviews durchaus auch zu schätzen, wenn sie nicht ausschließlich aus Lob bestehen! Keine falsche Scheu!

Ein weiterer Blick auf die Uhr sagt mir, daß es unwahrscheinlich ist, daß ich das 3. Kapitel auch noch vor Mitternacht fertig kriege, aber macht ja nix, Hauptsache mit diesem hier hab ich die Deadline eingehalten *hähä*

Ich habe mir in Naumburg übrigens Gedanken über eine weitere Fortsetzung gemacht. Ergebnis:

1. Es wird sie geben.

2. Sie wird Severus' Kindheit behandeln, die schon mehrfach angesprochen wurde.

Eventuell ziehe ich diese Geschichte auch vor und fange sie an, sobald "Und wieder ein Tag" zu Ende ist, das weiß ich allerdings noch nicht so genau, kommt darauf an, wie ich mit der Planung voran komme.

Bis nächsten Donnerstag dann!

SilentRose