Endlose Tage und tränenreiche Nächte folgten dem Weihnachtsball.
Hermine war am Tag danach mit dem Hogwartsexpress nach Hause gefahren, um das Fest der Liebe zu genießen. Oder hatte es eigentlich vorgehabt. Stattdessen lag sie in ihrem Bett und weigerte sich an den Festlichkeiten ihrer Familie teilzunehmen. Ihre Mutter versuchte immer wieder mit ihr zu reden, aber Hermine öffnete einfach nicht die Tür.
An Silvester hielt sie kurz vor zwölf die Uhr in ihrem Zimmer an. Sie wollte nicht, dass dieses Jahr vorbei ging, denn obwohl es schlecht endete, war es doch das schönste in ihrem bisherigen Leben gewesen und sie hatte das Gefühl, dass es nicht so weitergehen würde.
Einige Tränen liefen ihr die Wange hinunter, als draußen die Feuerwerke losgingen. "Schönes neues Jahr", flüsterte sie leise.
Mittlerweile war der Januar vorbei und sie hatte schon vor gut einem Monat Ginny wiedersehen müssen. Diese hatte mit ihrem Bruder und Harry die Ferien in Hogwarts verbracht und anscheinend den Weihnachtsball fortgesetzt. Hermine schloß dies aus Rons Erzählungen, aber auch ihre Augen wollten sie nicht trügen.
Ginny und Harry verbrachten viel Zeit miteinander und auch wenn Hermine sie sich nie wieder küssen sah, nistete sich die Eifersucht in ihrem Herzen ein.
Sie hatte nicht versucht mit ihrer – anscheinend ehemaligen – Freundin zu reden und ging ihr und den Jungs aus dem Weg.
Ginny hatte wohl genauso wenig Interesse an einer Aussprache, denn mit Ausnahme von einigen Blicken quer über den Gryffindortisch, zog sie sich zurück.
Manchmal fragte sich Hermine, warum sie nicht einfach auf Ginny zuging und mit ihr redete, aber die wirkliche Antwort fand sie nie.
Der Abend war schon weit fortgeschritten, aber Hermine saß noch immer in der Bibliothek. Sie hatte vorgehabt für den UTZ zu lernen, aber ihre Konzentration war schon den ganzen Tag schlecht gewesen. Ihre Gedanken wanderten immer wieder zu Ginny, wie so oft in letzter Zeit. Seufzend holte sie ein Buch aus ihrer Tasche und schlug es auf. Ein Foto fiel ihr entgegen. Ein Foto von ihr und Ginny, das letzten Sommer entstanden war und wo sie sich lachend in den Armen hielten.
‚Ich müsste doch irgendwann keine Tränen mehr haben', dachte sie und betrachtete das Bild wehmütig.
"Heulen Sie mir bloß nicht auf die Bücher!", erklang eine warnende Stimme hinter Hermine und Madame Pince setzte sich mit an ihren Tisch. Ihr Gesicht war trotz des harschen Satzes vorher mitfühlend und sie reichte Hermine ein Taschentuch, als diese noch mehr zu weinen begann.
"Es tut mir Leid!", schluchzte Hermine und wischte sich über die Augen.
"Schon gut." Madame Pince nahm ihr das Bild aus der Hand und betrachtete es lange, bevor sie es zurückgab. "Ich hätte nie gedacht, dass es so mit euch endet."
Hermine sah sie erstaunt an. "Sie wussten davon?"
"Die Schüler denken, ich bin blind und taub, aber ich sehe und höre alles." Sie grinste schelmisch. "Das ist der Fehler!"
Hermine kicherte, aber sofort verwandelte sich ihr Lachen in Schluchzer.
Madame Pince nahm ihre Hand und lächelte. "Verletzter Stolz hat schon so oft Paare auseinander gebracht, ohne dass sie miteinander geredet haben. Sie sollten zu Miss Weasley gehen und ihr sagen, was sie denken und fühlen. Vielleicht ist ihre Eifersucht unbegründet." Sie zog einen Umschlag aus der Tasche. "Das hat Miss Weasley mir für Sie gegeben. Sie hatte Angst, dass sie ihn nicht lesen, wenn sie ihn persönlich übergibt." Madame Pince lächelte noch einmal aufbauend und stand dann auf.
Hermine zögerte einen Moment, dann öffnete sie den Umschlag.
Vielleicht ist es dumm, vielleicht auch feige Dir diesen Brief zu schreiben, denn ich weiß noch nicht mal wie ich Dich anreden soll.
Es tut mir Leid, ich war so dumm und so selbsüchtig in der Nacht des Weihnachtsballes. Ich habe Harry geküsst und war mir gar nicht der Konsequenzen bewusst – nämlich Dich verlieren zu können. Ich weiß nicht, warum ich es getan habe, war es die Nacht oder die Situation? Ich weiß nur, dass es verrückt war. Ich habe Harry mit dem auf eine Stufe gestellt, das mir am liebsten ist und ich weiß nicht, wie ich es wieder gut machen kann. Ich habe Angst Dir ins Gesicht zu sehen und ich habe Angst vor Deiner Antwort. Du bist im letzten Monat nicht auf mich zugekommen, aber Du könntest dagegen halten, dass ich es auch nicht gemacht habe. Alles was ich in letzter Zeit getan habe, war faslch und ich möchte mich dafür enstchuldigen. Wenn Du den Brief nicht liest, war alles umsonst und ich habe Dich höchstwahrscheinlich verloren.
Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte, denn ich kann ohne Dich nicht leben. Das hat der letzte Monat bewiesen.
Ich liebe Dich.
Ginny
Hermine fand Ginny in der Großen Halle. Sie saß auf dem Gryffindortisch und sah hinauf zum verzauberten Nachtimmel.
Hermine ging auf sie zu und setzte sich neben sie, ohne dass Ginny den Blick senkte.
"Ich habe deinen Brief gelesen und wollte mich ebenfalls entschuldigen", begann sie leise zu sprechen. "Ich hatte nicht das Recht, dich so anzubrüllen, denn ich hatte ja auch Ron unten am See geküsst. Ich habe die ganze Situation falsch eingeschätzt und nur deine Schuld sehen wollen, obwohl es mich genauso traf. Ich war wahrscheinlich noch selbsüchtiger und habe mir unnötig Kummer gemacht, obwohl ich im Grunde ganz genau wusste, dass du deine Gefühle nicht einfach von heute auf morgen abschalten kannst. Es war das erste Mal, dass ich auf mein Herz und nicht auf meinen Kopf gehört habe und es hätte wahrscheinlich so geendet, wie ich es nie gewollt habe, nämlich dich zu verlieren."
Ginny sah sie endlich an und lächelte mit Tränen in den Augen. "Wir waren beide dumm und stur. Wir hätten miteinander reden und nicht alles in uns hineinfressen sollen."
Hermine nickte. "Lass uns ab sofort immer über alles reden, damit so etwas nicht noch mal passiert."
Sie ergriff Ginnys Hand und lächelte. Gemeinsam sahen sie hoch zu den abertausenden funkelnden Sternen. In diesem Moment waren sie beide glücklich.
*
Kurz und schmalzig. So kann man dieses Kapitel beschreiben, aber sie sollten sich ja wieder vertragen. Ich hoffe, es war nicht ganz zu schlimm, denn zu meinen besten Kapiteln gehört es bestimmt nicht!
Den Brief habe ich eingebaut, weil ich meist die Gefühle von Hermine beschreibe und Ginny auch mal ein bisschen über ihre Gefühlswelt plaudern oder besser schreiben soll. Außerdem sind ein bis zwei Sätze für den weiteren Verlauf und vor allem das Ende wichtig . Ob ihr die rausbekommt? *ggg*
Ciao Dream
PS. Danke an Schwester Aurelia (Drei! Du spinnst ja.) und Anyanka3 für die Reviews!
