VIERTES KAPITEL ~ NOCH MEHR ÜBERRASCHUNGEN ...
Winterwind tat ein paar Schritte. Dann blieb er erneut stehen und äugte lange Zeit umher. Aragorn gewann den eigentümlichen Eindruck, das Ross unterzöge sie alle einer kritischen Prüfung. Unter der langen Stirnmähne blitzte ein gar übermütiges Auge hervor. Fast schien es, als würde es ihm Spaß bereiten, die Menschen in Ungewissheit zu lassen.
Dann aber trat Winterwind vorsichtig an die Wartenden heran. Und - nach einem endlosen Moment - verharrte er schließlich mit fügsam gesenktem Kopf vor seinem künftigen Gefährten.
Da schien die Sonne warm herab, und das muntere Gezwitscher der Vögel hob wieder an, und die Männer aus Éomers Gefolge fuhren fort, schallend und fröhlich durcheinander zu reden. Und auch Aragorn und Éomer lachten vor Freude und klopften sich gegenseitig auf die Schultern, denn gut und richtig war es, dass Winterwind, einzigartiger Nachkomme Felarófs und Schattenfells, die Königin Gondors zu seiner Herrin auserkoren hatte, denn sie allein, die Edelste in Mittelerde, war ihm ebenbürtig. Und Aragorn war glücklich für Arwen und hoffte, dass mit Winterwind ein wenig Frohmut zu ihr zurückkehrte. Heute Nacht, wenn sie alleine waren, würde er sie wegen ihres überraschten Gesichts necken ...
~ ~ ~ ~
Arwen aber war weit mehr als überrascht.
Getrogen und getäuscht sah sie sich in ihren Hoffnungen nach den Träumen letzter Nacht. Einen Ausweg aus der Verzweiflung hatte sie herbeigesehnt, kein Geschenk, auch wenn es noch so kostbar und einmalig war.
Doch alle Blicke waren auf sie gerichtet und sie musste ihrer Betäubung Herr zu werden, um die anderen, Aragorn voran, nicht zu betrüben. Es gelang ihr, ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, und keine Menschenseele erahnte den heftigen Kampf in ihrem Inneren.
Da spürte sie an der Hand plötzlich eine warme, samtweiche Liebkosung Winterwinds, und etwas berührte zart ihre wunde Seele. Sie gewahrte die tief verborgene Weisheit des Pferdes und lauschte seinem Herzschlag; sein Rhythmus vereinte sich mit ihrem und beide Herzen pochten im Einklang. Unwillkürlich schloss Arwen die Augen, und da vernahm sie ein Rauschen, ein wortloses Wispern, als wolle das Ross ihr eine Botschaft übermitteln.
Und mit einem Male - sie wusste nicht weshalb oder wodurch - fühlte sie sich wie durch Zauberhand getröstet. Mithrandir! schoss es ihr da durch den Sinn. Er hatte also schon damals gewusst, dass sie eines Tages seines Zuspruchs bedürfen würde und mittels seines Einflusses auf Éomer dafür gesorgt, dass Winterwind zur rechten Zeit hier erschien. Welch mächtigen Zauber musste er auf Schattenfells Linie gelegt haben, damit alles so geschehe, wie er wollte ...
Sie öffnete die Augen und lächelte Aragorn strahlend an.
~ ~ ~ ~
Inmitten dieses Augenblicks kamen unverhofft zwei Männer der Stadtwache durch den Felsengang zur Zitadelle hoch und bahnten sich polternd den Weg durch Éomers Gefolge. Grob zerrten sie einen jungen Rohankrieger mit sich, und hatten liebe Mühe mit ihm, auf dass er ihnen nicht entschlüpfte.
Der Gefangene wehrte sich wie toll, und seine Häscher mussten mit schmerzverzerrtem Gesicht so manchen Tritt seiner schlanken Beine einstecken. Lang und widerspenstig fielen dem Jungen die Haare unter dem Helm hervor übers Gesicht und er war wohl mindestens genau so gereizt wie die Wachen, denn er fauchte wie eine wilde Katze und rief ein ums andre Mal mit heller Stimme: "Wollt ihr mich endlich loslassen, ihr Tölpel, ihr wisst wohl nicht, wer ich bin!"
Argaron musste schmunzeln. Gefahr bestand keine, die zuverlässigen Wachmänner hatten dem Eindringling sicher alle Waffen abgenommen - und es war zu lustig, den jungen Burschen zwischen den großen, kräftigen Männern wie einen Fisch an der Angel zappeln zu sehen.
Die Wachen riefen: "Er wollte seine Waffen nicht abgeben!" - denn es war Gesetz, dass kein Besucher Minas Tirith bewaffnet betreten durfte, und jeder, der sich diesem Gesetz nicht beugen wollte, dem König vorzuführen war - , und warfen den sich Sträubenden kurzerhand ihrem Herrn vor die Füße.
An den fragenden Blicken der Männer Éomers und ihrem Schulterzucken erkannte Aragorn, dass der junge Rohankrieger, der vor ihm auf Händen und Knien im Staub lag, für sie ebenso ein Fremder war, obwohl er ihre Lederrüstung trug. Dies versprach spannend zu werden, und Aragorn stemmte die Hände in die Hüften und wartete belustigt auf des Rätsels Lösung.
Da hob der Bursche den Kopf und blickte hoch. Das wirre Haar fiel aus seinem Gesicht. Und alle sahen es: dies war kein Krieger, sondern eine junge Frau in Männerkleidung. Ein verblüfftes Raunen ging durch Éomers Gefolge, und Aragorn hörte den König der Mark einen ungläubigen Laut ausstoßen.
Und Aragorn vermeinte, weit zurück in eine ferne Vergangenheit zu blicken, denn es war Éowyns Gesicht, das sich ihm darbot, mit wohlbekannten, funkelnden Augen.
~ ~ ~ ~
Arwen jedoch sah von Aragorn zu dem Mädchen und folgte ihrem Blick, der, schuldbewusst und trotzig zugleich, auf Éomer lag - und sie begriff.
Und ihr war, als würde sich der Nebel der Enttäuschung und Verwirrung in gleißendem Licht auflösen, und der winzige Tropfen nie vergehender Hoffnung tief in ihrem Inneren schwoll im hämmernden Rhythmus ihres Herzens zu einem überschäumenden Strudel hellster Freude. Denn vor ihr, zum Greifen nahe, lag die Frau, auf die sie so lange gewartet hatte.
Dieses Menschenkind, von königlicher Abstammung und wilder Entschlossenheit, Éowyn so ähnlich, würde dem König Elessar den Thronerben schenken, der ihm zustand.
~ ~ ~ ~
Für weitere reviews oder Mails danke ich euch jetzt schon! Das motiviert einen so richtig zum Weitermachen!
Winterwind tat ein paar Schritte. Dann blieb er erneut stehen und äugte lange Zeit umher. Aragorn gewann den eigentümlichen Eindruck, das Ross unterzöge sie alle einer kritischen Prüfung. Unter der langen Stirnmähne blitzte ein gar übermütiges Auge hervor. Fast schien es, als würde es ihm Spaß bereiten, die Menschen in Ungewissheit zu lassen.
Dann aber trat Winterwind vorsichtig an die Wartenden heran. Und - nach einem endlosen Moment - verharrte er schließlich mit fügsam gesenktem Kopf vor seinem künftigen Gefährten.
Da schien die Sonne warm herab, und das muntere Gezwitscher der Vögel hob wieder an, und die Männer aus Éomers Gefolge fuhren fort, schallend und fröhlich durcheinander zu reden. Und auch Aragorn und Éomer lachten vor Freude und klopften sich gegenseitig auf die Schultern, denn gut und richtig war es, dass Winterwind, einzigartiger Nachkomme Felarófs und Schattenfells, die Königin Gondors zu seiner Herrin auserkoren hatte, denn sie allein, die Edelste in Mittelerde, war ihm ebenbürtig. Und Aragorn war glücklich für Arwen und hoffte, dass mit Winterwind ein wenig Frohmut zu ihr zurückkehrte. Heute Nacht, wenn sie alleine waren, würde er sie wegen ihres überraschten Gesichts necken ...
~ ~ ~ ~
Arwen aber war weit mehr als überrascht.
Getrogen und getäuscht sah sie sich in ihren Hoffnungen nach den Träumen letzter Nacht. Einen Ausweg aus der Verzweiflung hatte sie herbeigesehnt, kein Geschenk, auch wenn es noch so kostbar und einmalig war.
Doch alle Blicke waren auf sie gerichtet und sie musste ihrer Betäubung Herr zu werden, um die anderen, Aragorn voran, nicht zu betrüben. Es gelang ihr, ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, und keine Menschenseele erahnte den heftigen Kampf in ihrem Inneren.
Da spürte sie an der Hand plötzlich eine warme, samtweiche Liebkosung Winterwinds, und etwas berührte zart ihre wunde Seele. Sie gewahrte die tief verborgene Weisheit des Pferdes und lauschte seinem Herzschlag; sein Rhythmus vereinte sich mit ihrem und beide Herzen pochten im Einklang. Unwillkürlich schloss Arwen die Augen, und da vernahm sie ein Rauschen, ein wortloses Wispern, als wolle das Ross ihr eine Botschaft übermitteln.
Und mit einem Male - sie wusste nicht weshalb oder wodurch - fühlte sie sich wie durch Zauberhand getröstet. Mithrandir! schoss es ihr da durch den Sinn. Er hatte also schon damals gewusst, dass sie eines Tages seines Zuspruchs bedürfen würde und mittels seines Einflusses auf Éomer dafür gesorgt, dass Winterwind zur rechten Zeit hier erschien. Welch mächtigen Zauber musste er auf Schattenfells Linie gelegt haben, damit alles so geschehe, wie er wollte ...
Sie öffnete die Augen und lächelte Aragorn strahlend an.
~ ~ ~ ~
Inmitten dieses Augenblicks kamen unverhofft zwei Männer der Stadtwache durch den Felsengang zur Zitadelle hoch und bahnten sich polternd den Weg durch Éomers Gefolge. Grob zerrten sie einen jungen Rohankrieger mit sich, und hatten liebe Mühe mit ihm, auf dass er ihnen nicht entschlüpfte.
Der Gefangene wehrte sich wie toll, und seine Häscher mussten mit schmerzverzerrtem Gesicht so manchen Tritt seiner schlanken Beine einstecken. Lang und widerspenstig fielen dem Jungen die Haare unter dem Helm hervor übers Gesicht und er war wohl mindestens genau so gereizt wie die Wachen, denn er fauchte wie eine wilde Katze und rief ein ums andre Mal mit heller Stimme: "Wollt ihr mich endlich loslassen, ihr Tölpel, ihr wisst wohl nicht, wer ich bin!"
Argaron musste schmunzeln. Gefahr bestand keine, die zuverlässigen Wachmänner hatten dem Eindringling sicher alle Waffen abgenommen - und es war zu lustig, den jungen Burschen zwischen den großen, kräftigen Männern wie einen Fisch an der Angel zappeln zu sehen.
Die Wachen riefen: "Er wollte seine Waffen nicht abgeben!" - denn es war Gesetz, dass kein Besucher Minas Tirith bewaffnet betreten durfte, und jeder, der sich diesem Gesetz nicht beugen wollte, dem König vorzuführen war - , und warfen den sich Sträubenden kurzerhand ihrem Herrn vor die Füße.
An den fragenden Blicken der Männer Éomers und ihrem Schulterzucken erkannte Aragorn, dass der junge Rohankrieger, der vor ihm auf Händen und Knien im Staub lag, für sie ebenso ein Fremder war, obwohl er ihre Lederrüstung trug. Dies versprach spannend zu werden, und Aragorn stemmte die Hände in die Hüften und wartete belustigt auf des Rätsels Lösung.
Da hob der Bursche den Kopf und blickte hoch. Das wirre Haar fiel aus seinem Gesicht. Und alle sahen es: dies war kein Krieger, sondern eine junge Frau in Männerkleidung. Ein verblüfftes Raunen ging durch Éomers Gefolge, und Aragorn hörte den König der Mark einen ungläubigen Laut ausstoßen.
Und Aragorn vermeinte, weit zurück in eine ferne Vergangenheit zu blicken, denn es war Éowyns Gesicht, das sich ihm darbot, mit wohlbekannten, funkelnden Augen.
~ ~ ~ ~
Arwen jedoch sah von Aragorn zu dem Mädchen und folgte ihrem Blick, der, schuldbewusst und trotzig zugleich, auf Éomer lag - und sie begriff.
Und ihr war, als würde sich der Nebel der Enttäuschung und Verwirrung in gleißendem Licht auflösen, und der winzige Tropfen nie vergehender Hoffnung tief in ihrem Inneren schwoll im hämmernden Rhythmus ihres Herzens zu einem überschäumenden Strudel hellster Freude. Denn vor ihr, zum Greifen nahe, lag die Frau, auf die sie so lange gewartet hatte.
Dieses Menschenkind, von königlicher Abstammung und wilder Entschlossenheit, Éowyn so ähnlich, würde dem König Elessar den Thronerben schenken, der ihm zustand.
~ ~ ~ ~
Für weitere reviews oder Mails danke ich euch jetzt schon! Das motiviert einen so richtig zum Weitermachen!
