Autor: ChiaraM

Titel: Die Rückkehr des Prinzen

Disclaimer: Figuren, Schauplätze ect. © Tolkien

*************** Aragorns Tafel *******************

Schließlich erreichten Legolas und Gimli den Palast von Minas Tirith. Sie übergaben Legolas' Pferd dem Stallburschen und machten sich auf den Weg in den Palast. Gimli sah Legolas immer wieder unauffällig, aber umso neugieriger von der Seite an. Selten hatte er den sonst so fröhlichen Elb derart verschlossen und düster gesehen. 'Ja' dachte Gimli 'jetzt versteht er sich bestimmt noch besser mit Aragorn. Wahrlich, die beiden werden sich immer ähnlicher.'

Am Palasteingang meldeten sie, dass Legolas Grünblatt, Thranduils Sohn und Gimli, Gloinssohn gekommen waren. Die Palastwache meinte, das beide schon erwartet würden und führte Legolas und Gimli in den Thronsaal. Dort stand eine lange Tafel, die von einem Ende des Raumes zum anderen reichte. Als Legolas seinen Blick über die daran sitzenden schweifen ließ, lachte sein Herz zum zweiten Mal an diesem Tage. Am linken Ende saß Bilbo Beutlin, neben ihm Gandalf, Sam, Frodo, Merry und Pippin. Daneben waren zwei Plätze frei. Hiernach folgten Elrond und seine Söhne, Èowyn und Faramir, Èomer, Galadriel und Celeborn, Arwen und Aragorn, daneben ein paar junge Männer, die Legolas nicht kannte. Vermutlich auch Dúnedain. An der rechten Seite saßen Haldir und sein Vater. Legolas' Herz verkrampfte sich sofort wieder. Das Lächeln, das aus seinem Herzen gebrochen war, gefror augenblicklich.

Aragorn erhob sich und eilte auf Gimli und Legolas zu. Freudestrahlend umarmte er die beiden und bat sie, sich an die Tafel zu setzen, damit endlich alle vollständig wären. Legolas setzte sich zwischen Pippin und Gimli und wurde sofort begeistert von ersterem und den daneben sitzenden Hobbits begrüßt.

"Hey Legolas! Lange nicht gesehen. Was hast du die ganze Zeit gemacht?" Pippins Redeschwall ließ sich gar nicht aufhalten und überforderte den Elb. Schließlich kam er zum Wesentlichen: Essen! "Legolas, du musst diese Pasteten probieren, die sind einfach köstlich."

"Ja und den Braten" fiel Merry ein "...und die Kartoffeln und das Gemüse und..."

"Denkt ihr Hobbits eigentlich IMMER nur ans Essen?!" fragte Legolas ungehalten.

"Ja" bemerkte Pippin kleinlaut und ebenso schuldbewusst. "Was ist denn los mit dir, Legolas?"

Normalerweise war der Elb schwerlich aus der Ruhe zu bringen und zu Scherzen und Neckereien aufgelegt.

"Macht euch nichts draus" meinte Gimli ungnädig und deutete mit der Hand vor der Stirn eine theatralische Geste an "Der Herr Elb hat Migräne!"

Gerade als Legolas eine entsprechend bissige Bemerkung machen wollte, erhob sich Aragorn und schlug leicht mit seiner Gabel gegen sein Glas. Sofort kehrte Ruhe ein.

"Meine lieben Freunde, ich freue mich, dass wir nach all der Zeit und unserem gemeinsamen Kampf gegen das Dunkel endlich wieder alle zusammen sind. Doch diesmal aus einem freudigen Anlass: Arwen, Elronds Tochter und ich werden heiraten."

Beifälliges Gemurmel erhob sich. Aragorn fuhr fort:

"Wir haben uns deshalb so lange Zeit gelassen, weil wir Gimli und Legolas auf diesem Fest nicht missen wollten. Ich freue mich ganz besonders, die beiden heute nach ihrer langen Reise über die Weltmeere und durch Mittelerde endlich wieder zu sehen. Doch jetzt: Lasst uns essen und die Feierlichkeiten der nächsten Tage in vollen Zügen genießen."

Aragorn setzte sich und sofort stürzten sich die Hobbits erneut auf die aufgetafelten Köstlichkeiten. Legolas war beruhigt: Solange sie aßen (und das taten sie meistens), stellten sie keine Fragen über seinen Gemütszustand. Er selbst verspürte einfach keinen Hunger, nahm allerdings doch etwas Braten und Gemüse, um nicht erneut unangenehm aufzufallen. Er beugte sich vor und betrachtete Aragorn und Arwen. Aragorn strich gerade sanft mit dem Finger über Arwens Wange und sie lächelte glücklich. Legolas seufzte innerlich. Auch er würde bald heiraten. Nur wusste er wirklich nicht wen. Einmal mehr fiel ihm auf, dass er einsam war. Doch bis vor einer Woche hatte er sich darüber keine Gedanken machen müssen.

Plötzlich tauchte ein Bild vor seinen Augen auf: Tiefblaue Augen blickten schüchtern unter einem schwarzen Haarschopf hervor. Legolas schüttelte den Kopf, als wolle er den Gedanken verscheuchen. Eine Palastdienerin Düsterwalds war wohl kaum die richtige Partie für einen Thronfolger. Unwillkürlich ballte er seine Faust, sodass die Knöchel weiß hervortraten.

"Ist der Herr Elb nun Willens, mir zu sagen, was ihn bedrückt?" Gimli hatte sich entspannt zurückgelehnt. Offensichtlich hatte er sein Mahl beendet und sich eine Pfeife angezündet, an der er genüsslich zog.

"Jedenfalls keine Migräne, das heißt zumindest bevor du hier aufgetaucht bist" bemerkte Legolas spitz.

"Meine Güte" Gimli tat entrüstet. "Da läuft ja ganz gehörig was falsch bei dir. Lass uns ein Stück gehen, ja? Hier lauschen zu viele neugierige Ohren!"

Wie ertappt liefen Merry und Pippin rot an. Gimli erhob sich und Legolas folgte ihm. Gandalf sah den beiden nach. Legolas kam ihm ungewöhnlich bedrückt vor. Fast so, als habe man eine zentnerschwere last auf die schlanken Schultern des schönen Elben geladen. Er sah Thranduil an: Seine Blicke folgten seinem Sohn, der gerade den Raum verließ. Gandalf zog die Brauen hoch. Wenn er die Zeichen richtig deutete, so war es wahrscheinlich doch kein Gerücht: Es bahnten sich Veränderungen in Düsterwald an. Thranduil plante, Legolas den Thron zu überlassen. Gandalf seufzte: Nach allem was er von dem lebensfrohen Elben wusste, ahnte er, dass Legolas diese Ehre und die damit verbundene Verantwortung zum jetzigen Zeitpunkt wohl kaum zu schätzen wissen würde. Dennoch würde er ohne Zweifel ein guter König sein.

****** Legolas und Gimli betraten den Palastgarten von Minas Tirith. Gimli blinzelte, denn das helle Sonnenlicht blendete ihn. Legolas lief noch immer schweigend neben ihm. Schließlich nahm Gimli das Wort und fragte:

"Jetzt sag schon Legolas? Was ist dein Problem?"

Legolas seufzte. Der Zwerg würde ja doch keine Ruhe geben.

"Mein Vater will den Thron an mich abgeben" antwortete er tonlos "Ich soll noch in diesem Jahr heiraten und der neue Königs Düsterwalds werden."

Gimli schwieg. Dann meinte er vorsichtig: "Und...ähm...wo ist das Problem? Ich, na ja, ich meine du wusstest doch, dass das passieren würde."

Legolas blickte ihn finster an. "Ja ich wusste es. Aber mein Vater ist ein Elb verdammt noch mal. Ich dachte ich könne mir noch gute 200 Jahre Zeit lassen! Und außerdem heiraten! Wen sollte ich denn bitte schön heiraten?"

Gimli grinste spöttisch. "Och, da wird sich schon jemand finden... na ja obwohl. Du bist zwar schön, aber...du bist eitel, voreilig, launisch..."

"Gimli" mahnte Legolas.

"..weist die Schönheit von Höhlen nicht zu schätzen, schläfst mit offenen Augen, hast so komische Zöpfe..."

"GIMLI!!!!!!!" brüllte Legolas.

Sein Nervenkostüm war am Ende! Dieser Zwerg!!!!

"Das steht doch alles gar nicht zur Debatte. Was würdest du davon halten, du der sich angeblich mein Freund schimpft, mir beizustehen oder mir zu raten, hmm?"

Legolas wirkte jetzt wirklich verärgert. Doch für Gimli war die Miene seines Freundes scheinbar kein Hindernis dafür, es noch weiter zu treiben....

"Legolas, du machst aus einer Mücke einen Mûmakil. Stell dich nicht so an. Du wirst ein guter König sein, da bin ich sicher!"

Das waren genau die Worte, die Legolas nicht hatte hören wollen. Eine Bestätigung seiner Argumente gegen den Thron wäre schon eher nach seinem Geschmack gewesen. Seine Miene verfinsterte sich und schweigend gingen sie nebeneinander her. Mittlerweile war es später Nachmittag geworden und die Sonne begann sich glühend rot zu färben.

"Lass uns ins Schloss zurückgehen" meinte Legolas müde. Vom vielen Nachdenken schwirrte ihm schon der Kopf. Er wollte sich ablenken, an etwas anderes denken, als an seine Situation. Er wollte sich hemmungslos betrinken und vergessen.

Als sie den Schlosseingang erreichten, herrschte auf dem großen Vorplatz bereits ein reges Treiben. Tische und Stühle wurden gebracht, große Zelte aufgestellt und alles wurde mit Blumen und Fackeln geschmückt. Ein aufgeregter Pippin kam ihnen entgegen gelaufen.

"Heute Abend findet ein großes Gartenfest statt" strahlte er. Plötzlich legte er seine Stirn in Falten: "Wo seid ihr eigentlich während der ganzen Zeit gewesen?"

Legolas ging mit einem müden Lächeln an ihm vorbei.

"Dieser Elb hat wohl jegliche Manieren verloren! Was fällt dem Spitzohr eigentlich ein, mich hier so stehen zu lassen?" empörte sich Pippin.

Gimli zuckte nur mit den Schultern. Er kannte Legolas nicht wieder.

*******

Wenige Stunden später war das große Gartenfest von Minas Tirith in vollem Gange. Neben den von Aragorn geladenen Gästen tummelten sich zudem ein großer Teil der Einwohner der Stadt und einige Elben auf dem Fest.

Aragorn saß mit Arwen, Elrond und Gandalf in der Mitte eines langen Tisches. Daneben saßen die 5 Hobbits, die offensichtlich gerade ihr Mahl beendet hatten und sich zufrieden mit einer Pfeife in ihren mit Kissen aufgepolsterten Stühlen zurücklehnten. Bilbo hob gerade an, eines seiner Abenteuer während der Schlacht der fünf Heere zum besten zu geben, als Merry Frodo leise etwas zuzischte:

"Jetzt schau dir doch bitte mal Legolas an. Den ganzen Tag hält er es kaum für nötig einen Satz zu sagen, und jetzt? Er leert die zweite oder dritte Flasche Rotwein!"

Frodo sah zu Legolas hinüber. Schon den ganzen Tag war er ihm bedrückt vorgekommen und auch jetzt wirkte er niedergeschlagen. Das er den Wein lediglich aus Freude am Genuss trank, konnte sich Frodo kaum vorstellen. Legolas hatte offensichtlich schwerwiegende Probleme, soviel stand fest. Wenn er doch nur darüber sprechen würde, dann könnten sie ihm helfen und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden.

Legolas bekam von den Sorgen und den Gedanken, die sich seine Freunde um ihn machten, nichts mit. Er schüttete gerade den letzten Schluck Rotwein der dritten Flasche an diesem Abend herunter. Mit jedem Tropfen, der seine Kehle hinab floss, entfernten sich seine Probleme weiter von ihm. Die Plätze an seiner Seite waren leer. Gimli und Èomer hatten sich vor geraumer Zeit entfernt. Vermutlich war er wirklich kein heiterer Tischnachbar, dachte er bedrückt. Plötzlich setzte sich jemand neben ihn und Legolas blickte auf.

Er sah ein hübsches Mädchen mit langen braunen Haaren und nahezu schwarzen Augen, die ihn erwartungsvoll anblickten. Das junge Mädchen lächelte ihn an und Legolas sah, dass sie kleine Grübchen hatte, die ihr ein schalkhaftes Aussehen verliehen. Legolas' Blick blieb verträumt an dem hübschen Gesicht hängen und er schrak erst auf, als sie ihn direkt ansprach:

"Guten Abend mein Herr! Mein Name ist Ràsyla. Ich habe euch beobachtet."

Legolas war überrascht von ihrem erstaunlich offenen Geständnis.

"Ihr seht traurig aus!"

Scharfsinn und eine ausgeprägte Beobachtungsgabe gehörten also offensichtlich zu ihren Stärken. Legolas musste unwillkürlich lächeln. Es war die Art, wie sie sprach, die ihn bis ins Innerste anrührte. Langsam dämmerte ihm, dass es zu den guten Sitten gehörte, sich ebenfalls vorzustellen.

"Mein Name ist Legolas Grünblatt. Schönen guten Abend."

Oha. Seine Zunge gehorchte offenbar schon anderen Gesetzen. Seine sonst so melodische Stimme hatte einen schweren und gebrochenen Unterton bekommen. Doch das Mädchen sah ihn bewundernd an.

"Legolas Grünblatt? Der Legolas Grünblatt aus dem Düsterwald, der geholfen hat Sauron zu besiegen und den Frieden nach Mittelerde zu bringen?"

"Ja genau der" meinte Legolas zurückhaltend. Es kam ihm vor, als sei all dies in einem anderen Leben geschehen. Außerdem schränkte der Wein seine geistige Beweglichkeit ein. Ràsyla lächelte.

"Was haltet ihr davon, mich ein Stück zu begleiten? Ich würde gerne einen Spaziergang machen."

Legolas war sich bewusst, das er ihr diese Bitte unmöglich abschlagen konnte. Er nickte und erhob sich auf eine für einen Elben sehr schwerfällige Art und Weise. Beim Aufstehen merkte er, dass ihm seine Beine kaum gehorchten und er wankte ihr unsicher nach.

Die Nacht war sternenklar und lau. Legolas lief schweigend neben Ràsyla und war sich jetzt absolut sicher, zuviel getrunken zu haben.

"Entschuldigt mich bitte" würgte er halb hervor und ging rasch in Richtung eines der Bäche des Schlossgartens. Er kniete sich nieder und tauchte seinen Kopf in das prickelnd kalte und klare Wasser. Er warf das lange, nun klitschnasse Haar zurück und rieb sich die Augen. Ja, er fühlte sich sofort besser. Sein vernebelter Verstand nahm seine Tätigkeit wieder auf, obwohl er sein Ziel in gewisser Hinsicht erreicht hatte: Seine schwermütigen Gedanken an den bevorstehenden Thronwechsel in Düsterwald waren wie weggeblasen. Er drehte sich um und sah Ràsyla fröstelnd auf dem Weg stehen.

************* Ende Kapitel 3 ****************