Autor: ChiaraM
Titel: Die Rückkehr des Prinzen
Disclaimer: Alles, was ihr schon mal irgendwo gehört bzw. gelesen habt © J.R.R. Tolkien
******************* Entdeckungen ************************
Am Rastplatz angekommen bestiegen sie sofort wieder die Pferde. Es war eine schweigsame Gemeinschaft, die sich auf den weiteren Weg machte. Die Stunden schlichen dahin wie Tage und es hatte zu regnen begonnen. Die Tropfen fielen schwer auf die Köpfe der Gefährten nieder und hüllten sie in einen grauen Schleier. Der Himmel war völlig verhangen und sie konnten kaum drei Meter weit sehen. Bald waren die ersten dieser monotonen und tristen Art der Fortbewegung überdrüssig.
"Wie weit ist es denn noch?" jammerte Pippin. "Ich habe Hunger und außerdem bin ich nass."
"Glaub' es oder nicht, uns geht es nicht anders" antwortete Gimli sarkastisch "Allerdings solltest du ganz ruhig sein. Du hast uns schon genug Zeit gekostet."
"Wir sollten dennoch nach einem geeigneten Rastplatz Ausschau halten" wandte Èomer ein. "Es dämmert bereits."
Aragorn stimmte zu.
"Es ist nicht mehr weit. Wir haben das Ufer des Gilrain fast erreicht."
"Schaut!" rief Legolas plötzlich.
"Schaut was?" fragte Gimli trocken. "Ich habe keine Elbenaugen!"
"Dort hinten scheint eine Höhle zu sein!"
Die anderen versuchten ihre Augen gegen den starken Regen abzuschirmen und schauten angestrengt in die Richtung, in die Legolas gedeutet hatte. Lediglich Haldir und Seldon hatten sie offensichtlich bereits gesehen und hielten wie Legolas darauf zu. Gimli blickte sich um. Sie befanden sich am Rande eines Ausläufers des Lamedon - Gebirges. Er folgte grummelnd den anderen. Unglaublich: Der Elb hatte vor ihm, Gimli Gloinssohn, eine Höhle entdeckt! Eine deprimierende Erkenntnis.
Wenig später waren sie an besagter Höhle angekommen. Ihr Eingang war nicht besonders hoch, doch dahinter erstreckte sie sich weit in den Berg hinein und wurde höher. Ein idealer Platz, um die Nacht geschützt vor dem starken Regen zu verbringen.
"Was wird aus den Pferden?" fragte Faramir. "Sie können unmöglich den Felsen erklimmen."
Aragorn nickte nachdenklich. Dieses Problem war auch ihm aufgefallen.
"Hier ist ein Überhang" rief Frodo plötzlich. "Es gibt auch genügend Gras."
Tatsächlich existierte etwas seitlich von ihnen besagter Überhang. Erleichtert führten sie ihre Pferde dorthin und begannen abzusatteln. Legolas, Haldir und Seldon brachten in dieser Zeit ihr Gepäck und ihre Vorräte in die Höhle.
Seldon schwieg während der gesamten Zeit. Legolas schaute ihn immer wieder fragend an, doch er wich seinem Blick aus. Legolas spürte, dass mit Seldon etwas nicht stimmte. Seit dem Vorfall am Bachufer war er völlig verändert. Legolas begann sich zu fragen, was dort vorgefallen war, das Seldon offensichtlich so zu schaffen machte.
Schließlich erreichten auch die anderen die Höhle und sahen sich um. Sie wirkte von innen noch geräumiger und weitläufiger als von außen. Die Wände waren erstaunlich hoch und glatt.
"Ist das eine Trollhöhle?" fragte Sam mit einem leichten Zittern in der Stimme.
"Ich vermute nicht" antwortete Gandalf. "Hier liegen weder Gebeine noch Schädel oder anderer Unrat."
"Dann ist es eine Orkhöhle" vermutete Merry.
"Das wiederum ist nicht auszuschließen" meinte Gandalf. "Die Gänge reichen offensichtlich weit in den Berg hinein. Wir werden wohl abwechselnd Wache halten müssen."
"Was ist mit einem Feuer?" fragte Pippin.
"Nein, das würde sie im Zweifelsfall nur anlocken."
Also machten sie es sich auf dem harten Höhlenboden bequem. Seldon und Legolas übernahmen die erste Wache.
Als alle anderen eingeschlafen waren wandte sich Legolas leise an Seldon. Beide saßen am Höhleneingang und blickten in die kalte, regnerische Nacht hinaus.
"Was war heute los am Bachufer?" fragte er vorsichtig.
Seldon gab keine Antwort.
"Du bist so verändert" fuhr Legolas unbeirrt fort.
"Wieso verändert? Ich weiß nicht, was du meinst" erwiderte Seldon knapp.
"Keine Ahnung. Du bist ... na ja so ruhig."
"Vielleicht habe ich dir und deinen Freunden einfach nur nichts zu sagen" meinte Seldon lauernd.
Legolas schwieg. Offensichtlich wollte Seldon nicht mit ihm reden. Er starrte verbissen in die Nacht hinaus. Legolas musterte ihn aufmerksam von der Seite. Er hatte ein sehr weiches, sanftes Profil mit einer kleinen Stupsnase. Er hatte ungewöhnlich lange seidige Wimpern und schmale Augenbrauen. Auch der Bart und der Schmutz konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass er schön war.
Seldon spürte offensichtlich, dass er beobachtet wurde und begann sich unbehaglich zu fühlen. Nervös rutschte er auf dem Höhlenboden herum und suchte angestrengt nach einem Grund, Legolas loszuwerden.
"Ich denke es ist Zeit für eine Wachablösung. Ich bin müde" meinte Seldon.
"Wie bitte? Wir wachen höchstens für eine halbe Stunde" erwiderte Legolas verwundert.
Seldon biss sich auf die Lippen. Er musste einen Weg finden, Legolas Fragen zu entkommen. Er nickte und setzte sich wieder.
"Woher kommst du eigentlich?" fragte Legolas weiter.
"Bist du immer so neugierig? Diese Angewohnheit solltest du als künftiger König Düsterwalds lieber ablegen!"
Legolas sah ihn erstaunt an und hob die Augenbrauen.
"Woher wisst ihr das? Niemand hier hat je erwähnt, dass ich der künftige Thronfolger Düsterwalds sein werde" meinte Legolas überrascht.
Alanedya wurde rot. Einzig die Nacht schützte ihr flammendes Gesicht. Sie brauchte eine gute Idee.
"Ich bitte dich" winkte Seldon lässig und ein wenig überheblich ab "Der berühmte Elb Legolas Grünblatt, Thranduils Sohn. Künftiger Erbe des Königreichs Düsterwalds und ruhmreicher Begleiter des Ringträgers im Kampf gegen Sauron. Gibt es eigentlich irgendwen, der das nicht weiß?"
Legolas schwieg. Alanedya atmete erleichtert auf. Sie musste vorsichtiger sein, sonst verriet sie sich und Legolas und seine Freunde würden schneller wissen, wer Seldon wirklich war, als ihr lieb sein konnte. Sie sah Legolas vorsichtig von der Seite an, der nun seinerseits in die Nacht heraus starrte.
Seine langen blonden Haaren wurden vom Wind verwirbelt und wehten leicht. Er wirkte traurig und ein schmerzlicher Zug lag um seinen Mund. Sein Profil wirkte geheimnisvoll und wunderschön. Alanedya seufzte leise. Sie verlor sich völlig in seinem Anblick und blickte ihn verträumt an.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch und schreckte auf. Auch Legolas schien es gehört zu haben. Er sah sie an und legte einen Finger auf seine Lippen, um ihr zu bedeuten, dass sie sich ruhig verhalten sollte.
Seldon und Legolas erhoben sich lautlos. Legolas zog einen Pfeil aus seinem Köcher und spannte den Bogen. Seldons Hand wanderte instinktiv zu seinem Schwertheft. Die anderen schliefen noch völlig ruhig. Seldon deutete auf den hinteren Bereich der Höhle. Legolas nickte. Auch er hatte das Geräusch von dort vernommen.
Lautlos bewegten sich beide an den Schlafenden vorbei. Je weiter sie dem Gang in den Berg hinein folgten, umso dunkler wurde es. Die Schwärze umfing Legolas und Seldon wie ein undurchdringliches Netz und auch sie sahen kaum noch die Hand vor Augen. Sie waren etwa einhundert Meter weit in dem verwundenen Höhlengang, als plötzlich Lichter um sie herum aufflammten. Erschrocken bedeckten Seldon und Legolas kurzeitig ihre Augen, um den intensiven Lichtschein abzuwehren. Als sie aufblickten sahen sie sich umringt von schwarzen Gestalten.
"Yrch!" rief Legolas aus.
Schon schwirrte sein erster Pfeil durch die Luft und traf einen der Orks tödlich.
Es mussten etwa zwanzig bis dreißig schwer bewaffnete Orks sein. Seldon schwang sein Schwert und wehrte die Gegner geschickt ab. Nachdem Legolas etwa zehn Orks mit Pfeilen getötet hatte, spürte er, dass sie immer näher kamen. Er hatte keine Schussdistanz mehr. Also zog er wie Seldon sein Schwert. Beide standen Rücken an Rücken und kämpften erbittert gegen die Feinde, deren Anzahl sich, statt sich zu verringern, noch zu steigern schien. Offensichtlich rückte immer wieder Verstärkung aus den Tiefen des Berges nach. Doch weder Legolas noch Seldon hatten Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
Plötzlich zielte ein Ork mit einem geschickten Schlag auf Seldons Kopf, während dieser gerade gegen einen anderen kämpfte. Seldon bückte sich fast zu spät und dennoch traf der Schlag seinen Hut und schlug ihm selbigen vom Kopf. Alanedyas lange schwarze Haare kamen zum Vorschein. Das stachelte ihre Wut an. Sie kämpfte erbittert weiter, wie von einer neuen Kraft getrieben. Sie erschlug die Orks nicht nur, sie begann sie regelrecht abzuschlachten. Plötzlich legte sich ihr eine sanfte Hand auf die Schulter.
Sie hatte gerade den letzten Ork getötet und schlug noch immer wütend mit dem Schwert auf ihn ein. Erst als sie Legolas' Hand auf ihrer Schulter spürte kam sie wieder zu sich. Sie drehte sich langsam zu ihm um. Legolas blickte sie entgeistert an. Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Alanedyas lange Haare fielen ihr über die Schultern. Ihr Schweiß hatte den Staub und Lehm von ihrem Gesicht gespült, auch der falsche Kinnbart baumelte nur noch an einem dünnen Faden an ihrem Gesicht. Ihre Kleidung war mit Orkblut besudelt und obwohl sie erschöpft wirkte, lag ein Ausdruck eigenartiger Genugtuung in ihren blauen Augen.
"Was...wie....wer?" stammelte Legolas und musterte sie fassungslos. Alanedya blickte beschämt zu Boden. Sie spürte, dass sie ihre Verkleidung verloren hatte und sah Legolas flehentlich an.
Da erst fiel es ihm auf. Er wusste plötzlich wieder, wo er diese blauen Augen schon einmal gesehen hatte....
"Alanedya? Ihr seid doch Alanedya aus dem Palast von Düsterwald? " fragte er sanft.
Tränen rannen ihr plötzlich über die Wangen und spülten auch den letzten Rest von Staub und Lehm weg.
"Was tust du hier? Und warum bist du verkleidet wie ein Krieger namens Seldon?" fragte er weiter. "Bitte...ihr dürft mich nicht verraten. Diese Mission ist meine letzte Hoffnung...mein Bruder....der Siegelring... Belfalas" stammelte sie.
"Beruhige dich doch. Ich verstehe absolut gar nichts. Lass uns zu den anderen zurückgehen und dann erzählst du alles der Reihe nach" meine Legolas beschwichtigend.
"Nein!" rief sie erschrocken aus. Trotz und Widerspruch traten plötzlich in ihre Augen und eine tiefe Entschlossenheit. "König Aragorn würde mich zurückschicken, das weiß ich. Aber ich muss nach Belfalas! Das ist meine letzte Hoffnung, meinen Bruder wieder zu sehen!"
Alanedya trat einen Schritt zurück und funkelte Legolas wütend an.
"Du hast uns angelogen und dich als jemand ausgegeben, der du nicht bist. Darüber muss Aragorn befinden" sagte Legolas ruhig.
"Gar nichts muss er" rief Alanedya wütend. "Ich entscheide selbst! Und ich gehe nach Belfalas und werde meinen Bruder suchen. Mit oder ohne euch."
Legolas blickte sie erstaunt an. War dies das schüchterne Mädchen, was im Palast seines Vaters diente? Was bei seinem Anblick einen Stapel Teller hatte fallen lassen? Er kannte sie nicht wieder. Sie wirkte fest entschlossen und kein bisschen schüchtern oder schutzbedürftig. Langsam wurden ihm auch die Zusammenhänge klar, die Gründe, die dazu geführt hatten, dass sie hier war. Es imponierte ihm, dass es ihr so lange gelungen war, sie alle zu täuschen und ihrem Ziel immer näher zu kommen. Die Fassungslosigkeit, mit der er sie angesehen hatte, wich tiefem Respekt. Warum war ihm nur nicht aufgefallen, dass sie eine Elbe war?
Alanedya funkelte ihn noch immer wütend an. Ihr Zorn wuchs zudem mit jeder Minute, in der er nichts sagte, sondern sie nur ansah.
********** Ende Kapitel 9 ***************
Titel: Die Rückkehr des Prinzen
Disclaimer: Alles, was ihr schon mal irgendwo gehört bzw. gelesen habt © J.R.R. Tolkien
******************* Entdeckungen ************************
Am Rastplatz angekommen bestiegen sie sofort wieder die Pferde. Es war eine schweigsame Gemeinschaft, die sich auf den weiteren Weg machte. Die Stunden schlichen dahin wie Tage und es hatte zu regnen begonnen. Die Tropfen fielen schwer auf die Köpfe der Gefährten nieder und hüllten sie in einen grauen Schleier. Der Himmel war völlig verhangen und sie konnten kaum drei Meter weit sehen. Bald waren die ersten dieser monotonen und tristen Art der Fortbewegung überdrüssig.
"Wie weit ist es denn noch?" jammerte Pippin. "Ich habe Hunger und außerdem bin ich nass."
"Glaub' es oder nicht, uns geht es nicht anders" antwortete Gimli sarkastisch "Allerdings solltest du ganz ruhig sein. Du hast uns schon genug Zeit gekostet."
"Wir sollten dennoch nach einem geeigneten Rastplatz Ausschau halten" wandte Èomer ein. "Es dämmert bereits."
Aragorn stimmte zu.
"Es ist nicht mehr weit. Wir haben das Ufer des Gilrain fast erreicht."
"Schaut!" rief Legolas plötzlich.
"Schaut was?" fragte Gimli trocken. "Ich habe keine Elbenaugen!"
"Dort hinten scheint eine Höhle zu sein!"
Die anderen versuchten ihre Augen gegen den starken Regen abzuschirmen und schauten angestrengt in die Richtung, in die Legolas gedeutet hatte. Lediglich Haldir und Seldon hatten sie offensichtlich bereits gesehen und hielten wie Legolas darauf zu. Gimli blickte sich um. Sie befanden sich am Rande eines Ausläufers des Lamedon - Gebirges. Er folgte grummelnd den anderen. Unglaublich: Der Elb hatte vor ihm, Gimli Gloinssohn, eine Höhle entdeckt! Eine deprimierende Erkenntnis.
Wenig später waren sie an besagter Höhle angekommen. Ihr Eingang war nicht besonders hoch, doch dahinter erstreckte sie sich weit in den Berg hinein und wurde höher. Ein idealer Platz, um die Nacht geschützt vor dem starken Regen zu verbringen.
"Was wird aus den Pferden?" fragte Faramir. "Sie können unmöglich den Felsen erklimmen."
Aragorn nickte nachdenklich. Dieses Problem war auch ihm aufgefallen.
"Hier ist ein Überhang" rief Frodo plötzlich. "Es gibt auch genügend Gras."
Tatsächlich existierte etwas seitlich von ihnen besagter Überhang. Erleichtert führten sie ihre Pferde dorthin und begannen abzusatteln. Legolas, Haldir und Seldon brachten in dieser Zeit ihr Gepäck und ihre Vorräte in die Höhle.
Seldon schwieg während der gesamten Zeit. Legolas schaute ihn immer wieder fragend an, doch er wich seinem Blick aus. Legolas spürte, dass mit Seldon etwas nicht stimmte. Seit dem Vorfall am Bachufer war er völlig verändert. Legolas begann sich zu fragen, was dort vorgefallen war, das Seldon offensichtlich so zu schaffen machte.
Schließlich erreichten auch die anderen die Höhle und sahen sich um. Sie wirkte von innen noch geräumiger und weitläufiger als von außen. Die Wände waren erstaunlich hoch und glatt.
"Ist das eine Trollhöhle?" fragte Sam mit einem leichten Zittern in der Stimme.
"Ich vermute nicht" antwortete Gandalf. "Hier liegen weder Gebeine noch Schädel oder anderer Unrat."
"Dann ist es eine Orkhöhle" vermutete Merry.
"Das wiederum ist nicht auszuschließen" meinte Gandalf. "Die Gänge reichen offensichtlich weit in den Berg hinein. Wir werden wohl abwechselnd Wache halten müssen."
"Was ist mit einem Feuer?" fragte Pippin.
"Nein, das würde sie im Zweifelsfall nur anlocken."
Also machten sie es sich auf dem harten Höhlenboden bequem. Seldon und Legolas übernahmen die erste Wache.
Als alle anderen eingeschlafen waren wandte sich Legolas leise an Seldon. Beide saßen am Höhleneingang und blickten in die kalte, regnerische Nacht hinaus.
"Was war heute los am Bachufer?" fragte er vorsichtig.
Seldon gab keine Antwort.
"Du bist so verändert" fuhr Legolas unbeirrt fort.
"Wieso verändert? Ich weiß nicht, was du meinst" erwiderte Seldon knapp.
"Keine Ahnung. Du bist ... na ja so ruhig."
"Vielleicht habe ich dir und deinen Freunden einfach nur nichts zu sagen" meinte Seldon lauernd.
Legolas schwieg. Offensichtlich wollte Seldon nicht mit ihm reden. Er starrte verbissen in die Nacht hinaus. Legolas musterte ihn aufmerksam von der Seite. Er hatte ein sehr weiches, sanftes Profil mit einer kleinen Stupsnase. Er hatte ungewöhnlich lange seidige Wimpern und schmale Augenbrauen. Auch der Bart und der Schmutz konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass er schön war.
Seldon spürte offensichtlich, dass er beobachtet wurde und begann sich unbehaglich zu fühlen. Nervös rutschte er auf dem Höhlenboden herum und suchte angestrengt nach einem Grund, Legolas loszuwerden.
"Ich denke es ist Zeit für eine Wachablösung. Ich bin müde" meinte Seldon.
"Wie bitte? Wir wachen höchstens für eine halbe Stunde" erwiderte Legolas verwundert.
Seldon biss sich auf die Lippen. Er musste einen Weg finden, Legolas Fragen zu entkommen. Er nickte und setzte sich wieder.
"Woher kommst du eigentlich?" fragte Legolas weiter.
"Bist du immer so neugierig? Diese Angewohnheit solltest du als künftiger König Düsterwalds lieber ablegen!"
Legolas sah ihn erstaunt an und hob die Augenbrauen.
"Woher wisst ihr das? Niemand hier hat je erwähnt, dass ich der künftige Thronfolger Düsterwalds sein werde" meinte Legolas überrascht.
Alanedya wurde rot. Einzig die Nacht schützte ihr flammendes Gesicht. Sie brauchte eine gute Idee.
"Ich bitte dich" winkte Seldon lässig und ein wenig überheblich ab "Der berühmte Elb Legolas Grünblatt, Thranduils Sohn. Künftiger Erbe des Königreichs Düsterwalds und ruhmreicher Begleiter des Ringträgers im Kampf gegen Sauron. Gibt es eigentlich irgendwen, der das nicht weiß?"
Legolas schwieg. Alanedya atmete erleichtert auf. Sie musste vorsichtiger sein, sonst verriet sie sich und Legolas und seine Freunde würden schneller wissen, wer Seldon wirklich war, als ihr lieb sein konnte. Sie sah Legolas vorsichtig von der Seite an, der nun seinerseits in die Nacht heraus starrte.
Seine langen blonden Haaren wurden vom Wind verwirbelt und wehten leicht. Er wirkte traurig und ein schmerzlicher Zug lag um seinen Mund. Sein Profil wirkte geheimnisvoll und wunderschön. Alanedya seufzte leise. Sie verlor sich völlig in seinem Anblick und blickte ihn verträumt an.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch und schreckte auf. Auch Legolas schien es gehört zu haben. Er sah sie an und legte einen Finger auf seine Lippen, um ihr zu bedeuten, dass sie sich ruhig verhalten sollte.
Seldon und Legolas erhoben sich lautlos. Legolas zog einen Pfeil aus seinem Köcher und spannte den Bogen. Seldons Hand wanderte instinktiv zu seinem Schwertheft. Die anderen schliefen noch völlig ruhig. Seldon deutete auf den hinteren Bereich der Höhle. Legolas nickte. Auch er hatte das Geräusch von dort vernommen.
Lautlos bewegten sich beide an den Schlafenden vorbei. Je weiter sie dem Gang in den Berg hinein folgten, umso dunkler wurde es. Die Schwärze umfing Legolas und Seldon wie ein undurchdringliches Netz und auch sie sahen kaum noch die Hand vor Augen. Sie waren etwa einhundert Meter weit in dem verwundenen Höhlengang, als plötzlich Lichter um sie herum aufflammten. Erschrocken bedeckten Seldon und Legolas kurzeitig ihre Augen, um den intensiven Lichtschein abzuwehren. Als sie aufblickten sahen sie sich umringt von schwarzen Gestalten.
"Yrch!" rief Legolas aus.
Schon schwirrte sein erster Pfeil durch die Luft und traf einen der Orks tödlich.
Es mussten etwa zwanzig bis dreißig schwer bewaffnete Orks sein. Seldon schwang sein Schwert und wehrte die Gegner geschickt ab. Nachdem Legolas etwa zehn Orks mit Pfeilen getötet hatte, spürte er, dass sie immer näher kamen. Er hatte keine Schussdistanz mehr. Also zog er wie Seldon sein Schwert. Beide standen Rücken an Rücken und kämpften erbittert gegen die Feinde, deren Anzahl sich, statt sich zu verringern, noch zu steigern schien. Offensichtlich rückte immer wieder Verstärkung aus den Tiefen des Berges nach. Doch weder Legolas noch Seldon hatten Zeit, sich darüber Gedanken zu machen.
Plötzlich zielte ein Ork mit einem geschickten Schlag auf Seldons Kopf, während dieser gerade gegen einen anderen kämpfte. Seldon bückte sich fast zu spät und dennoch traf der Schlag seinen Hut und schlug ihm selbigen vom Kopf. Alanedyas lange schwarze Haare kamen zum Vorschein. Das stachelte ihre Wut an. Sie kämpfte erbittert weiter, wie von einer neuen Kraft getrieben. Sie erschlug die Orks nicht nur, sie begann sie regelrecht abzuschlachten. Plötzlich legte sich ihr eine sanfte Hand auf die Schulter.
Sie hatte gerade den letzten Ork getötet und schlug noch immer wütend mit dem Schwert auf ihn ein. Erst als sie Legolas' Hand auf ihrer Schulter spürte kam sie wieder zu sich. Sie drehte sich langsam zu ihm um. Legolas blickte sie entgeistert an. Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Alanedyas lange Haare fielen ihr über die Schultern. Ihr Schweiß hatte den Staub und Lehm von ihrem Gesicht gespült, auch der falsche Kinnbart baumelte nur noch an einem dünnen Faden an ihrem Gesicht. Ihre Kleidung war mit Orkblut besudelt und obwohl sie erschöpft wirkte, lag ein Ausdruck eigenartiger Genugtuung in ihren blauen Augen.
"Was...wie....wer?" stammelte Legolas und musterte sie fassungslos. Alanedya blickte beschämt zu Boden. Sie spürte, dass sie ihre Verkleidung verloren hatte und sah Legolas flehentlich an.
Da erst fiel es ihm auf. Er wusste plötzlich wieder, wo er diese blauen Augen schon einmal gesehen hatte....
"Alanedya? Ihr seid doch Alanedya aus dem Palast von Düsterwald? " fragte er sanft.
Tränen rannen ihr plötzlich über die Wangen und spülten auch den letzten Rest von Staub und Lehm weg.
"Was tust du hier? Und warum bist du verkleidet wie ein Krieger namens Seldon?" fragte er weiter. "Bitte...ihr dürft mich nicht verraten. Diese Mission ist meine letzte Hoffnung...mein Bruder....der Siegelring... Belfalas" stammelte sie.
"Beruhige dich doch. Ich verstehe absolut gar nichts. Lass uns zu den anderen zurückgehen und dann erzählst du alles der Reihe nach" meine Legolas beschwichtigend.
"Nein!" rief sie erschrocken aus. Trotz und Widerspruch traten plötzlich in ihre Augen und eine tiefe Entschlossenheit. "König Aragorn würde mich zurückschicken, das weiß ich. Aber ich muss nach Belfalas! Das ist meine letzte Hoffnung, meinen Bruder wieder zu sehen!"
Alanedya trat einen Schritt zurück und funkelte Legolas wütend an.
"Du hast uns angelogen und dich als jemand ausgegeben, der du nicht bist. Darüber muss Aragorn befinden" sagte Legolas ruhig.
"Gar nichts muss er" rief Alanedya wütend. "Ich entscheide selbst! Und ich gehe nach Belfalas und werde meinen Bruder suchen. Mit oder ohne euch."
Legolas blickte sie erstaunt an. War dies das schüchterne Mädchen, was im Palast seines Vaters diente? Was bei seinem Anblick einen Stapel Teller hatte fallen lassen? Er kannte sie nicht wieder. Sie wirkte fest entschlossen und kein bisschen schüchtern oder schutzbedürftig. Langsam wurden ihm auch die Zusammenhänge klar, die Gründe, die dazu geführt hatten, dass sie hier war. Es imponierte ihm, dass es ihr so lange gelungen war, sie alle zu täuschen und ihrem Ziel immer näher zu kommen. Die Fassungslosigkeit, mit der er sie angesehen hatte, wich tiefem Respekt. Warum war ihm nur nicht aufgefallen, dass sie eine Elbe war?
Alanedya funkelte ihn noch immer wütend an. Ihr Zorn wuchs zudem mit jeder Minute, in der er nichts sagte, sondern sie nur ansah.
********** Ende Kapitel 9 ***************
