Ein Missgeschick mit Folgen - dritter Teil

Draußen erwartete ihn Lupin, der sich praktischerweise schon einen Schlachtplan ausgedacht hatte. "Ich würde sagen, Sie suchen nach... nach... diesem Herrn mit dem langen Bart und der wunderlichen Frisur und ich übernehme die anderen zwei. So sind wir viel effizienter, und vielleicht sollten wir überhaupt noch einen Dritten hinzuziehen, zum Beispiel den netten - wenn auch etwas ungepflegten - Herrn mit der Katze. Was halten Sie davon?"

Darüber war Snape nicht gerade begeistert. Mit dem Herrn mit Katze konnte Lupin nur Mister Filch meinen, und er war nicht sicher ob es eine gute Idee, den da mit hineinzuziehen. Außerdem war ihm nicht wohl bei dem Gedanken, von Lupin getrennt zu sein. Er ärgerte sich, so etwas auch nur gedacht zu haben, aber es war nun einmal wahr. Nur, der Plan war natürlich wirklich effektiver als wenn sie alleine suchen würden, und mit Mister Filch zusammen würde es tatsächlich schneller gehen...

"Ooh!" machte Snape, taumelte leicht und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. Sofort war Lupin bei ihm.

"Was ist? Ist Ihnen nicht gut?"

"Es, äh... es geht schon wieder... Oooooh...!" Snape legte noch etwas mehr Dramatik in das "Oooooh" und wischte sich den imaginären Schweiß von der Stirn.

"Soll ich Ihnen etwas bringen?", fragte Lupin hilfreich. "Vielleicht einen kalten Lappen?"

Es war weit und breit kein Lappen in der Nähe, aber Snape bezweifelte nicht dass Lupin garantiert irgendwo einen herbekommen hätte und erholte sich deshalb rasch - aber nicht gänzlich. "Nein danke, mir ist schon wieder besser. Wenn Sie mich nur ein wenig... nur ein kleines bisschen stützen würden... Ja, so. Danke. Bitte erzählen Sie niemandem von meinen gelegentlichen Schwächeanfällen, das ist mir furchtbar peinlich. Ich wäre froh, wenn mich keiner so sehen müsste."

"Aber natürlich, das verstehe ich. Sie armer, armer Mann!" sagte Lupin. "Kommen Sie, wir gehen zu zweit auf die Suche nach den anderen."

So marschierten sie die Gänge entlang, mehr oder weniger ziellos, da sie eigentlich keine Anhaltspunkte hatten, wo Albus, Hooch und Minerva sich aufhalten könnten. Snape wurde zwar etwas durch Lupin an seiner Seite abgelenkt, tat jedoch sein Bestes, angestrengt nachzudenken, denn schließlich kannte er die Figuren, für die sie sich hielten, in- und auswendig.

"Ich hab's!" schrie er plötzlich und blieb mitten in einem Torbogen stehen, den Zeigefinger in die Luft gereckt. "Madame Hooch hält sich für Karlsson vom Dach! Und da ist sie auch! Auf dem Dach!!"

Lupin verstand zwar nichts von Karlsson vom Dach, aber er folgte Snape bereitwillig etliche Treppen hinauf. Snape wurde dabei immer schneller, und zwar hauptsächlich ab dem Zeitpunkt, wo ihm klar wurde, dass der echte Karlsson über einen Propeller am Rücken verfügte und Madame Hooch nicht... 'Hoffentlich macht sie keine Dummheiten', dachte er, als er die Türe zu einem der Türme aufstieß und eilig nach draußen trat. Die Plattform war leer.

"Sehen Sie sie auf einem der anderen Türme?" fragte er Lupin gehetzt, und gemeinsam sahen sie sich um.

"Diese junge Dame wird eine gehörige Standpauke und mindestens eine Woche keinen Nachtisch bekommen, wenn sie mir in die Finger kommt", verkündete Lupin, als Snape kurz auf- und abhüpfte, sich dann dessen bewusst wurde, wieder stillstand und aufgeregt rief "Da ist sie!! Ich sehe sie! Sie ist auf dem Turm von Hufflepuff! Und es sieht aus - es sieht aus als wären die anderen bei ihr! Das ist ja prima!"

"Hmm", machte Lupin, als er die Augen zusammenkniff und ebenfalls hinübersah. "Es sieht aber auch so aus, als würde sie sich gefährlich nah am Abgrund bewegen." Er schüttelte missbilligend den Kopf. "Lernen denn diese Kinder heutzutage nicht einmal die einfachsten Dinge!"

Snape packte ihn an der Robe und rannte mit ihm durch die Flure des Schlosses, durch etliche Geheimgänge und über ein paar Treppen bis sie keuchend am Eingang von Hufflepuff ankamen.

"Ja nun", sagte Lupin, "wollen wir nicht hindurchgehen?"

"Ich äh... ich weiß das Passwort nicht." gab Snape ernüchtert zu. Das durfte einfach nicht wahr sein!

"Na, nicht verzweifeln!" beruhigte ihn Lupin. "Mit einem Lied auf den Lippen ist alles nur noch halb so schlimm! Passen Sie auf!"

Er trat vor und sang:

"Liebes Bild, lass uns vorbei,

ich verspreche wir werden uns benehmen!

Und solltest du dich dazu bequemen,

machst du damit sehr froh uns zwei!"

Nichts passierte. Das entmutige Lupin aber nicht im geringsten, sondern er gab Snape einen kleinen Schubs und ermunterte ihn fröhlich: "Probieren Sie's doch auch mal!"

"Ich? Aber ich kann gar nicht- "

"Ich bin sicher, das machen Sie phantastisch! Nur Mut!" Lupin grinste ihn an, und so senkte Snape den Kopf und brummelte leise vor sich hin "Ich will da jetzt durch, sonst geh ich ein wie eine - Sonnenblume..."

Er hielt inne, weil er dachte, dass Lupin heimlich kicherte, aber das Geräusch kam von dem Bild. Tatsächlich bewegte es sich, und nicht nur das - es öffnete sich! Lupin fiel Snape um den Hals, worauf der zusammenzuckte. "Sie haben's geschafft! Dafür haben Sie sich einen Kuss verdient!"

"Ich glaube nicht dass das der richtige Augenblick ist", stammelte Snape rasch und bückte sich schnell um durch den Eingang zu gehen, damit Lupin nicht sah wie er errötete.

Der Gemeinschaftsraum war völlig leer, und so gelangten sie ohne Zwischenfälle zur Tür, die nach draußen führte. Snape befürchtete das Schlimmste, als er sie öffnete, aber absolut nichts hätte ihn darauf vorbereiten können, was er dann sah.

Minerva stand in der Mitte der Plattform, die Haare offen über die Schultern und offenbar voll in ihrem Element. Denn sie sang. Snape erkannte das Lied, auch wenn er es natürlich nicht zugab.

Oh baby, baby I shouldn't have let you go

And now you're out of sight, yeah!

Show me how you want it to be

Tell me baby cause I need to know now,

Oh because

My loneliness is killing me (and I)

I must confess I still believe (still believe)

When I'm not with you I lose my mind, give me a sign

Hit me baby one more time!

Die beiden anderen hampelten um sie herum, was sie ab und zu ärgerlich werden ließ und ihr rote Flecken der Aufregung im Gesicht bescherte. Snape wäre am liebsten vor Scham in ein Mauseloch gekrochen.

Lupin dagegen trat energisch auf Minerva zu und klatschte laut in die Hände, worauf Stille eintrat. "Was denkt ihr euch eigentlich dabei?!", rief er ärgerlich. "Hier auf dem Dach herumzuspielen während wir euch suchen und uns Sorgen machen!? Das wird ein Nachspiel haben!"

"Nachspiel, Schachspiel, Besenstiel! Papperlapapp!" sagte Albus, trat vor, schlang die Arme um Lupins Hüfte und versuchte, ihn hochzuheben. Snape bedeckte seine Augen mit der Hand. Am liebsten hätte er Albus und die anderen angeschrien, das doch endlich sein zu lassen; sie konnten nicht singen wie Britney Spears, sie konnten auch keine ausgewachsenen Männer mit dem kleinen Finger hochheben wie Pippi Langstrumpf und hatten keine Propeller auf dem Rücken wie Karlsson vom Dach. Aber er war ja eigentlich schuld an der ganzen Misere, also atmete er tief durch und nahm die Hand wieder von den Augen, gerade rechtzeitig um zu sehen wie Albus sich einen Bruch hob und Lupin, den er schon halb in der Luft gehabt hatte, fallen ließ. Sofort reichte Snape ihm die Hand und half ihm auf. "Das ist schlimmer, als einen Sack Flöhe zu hüten", seufzte er während Lupin sich den Staub von der Robe klopfte.

Da kam Hooch an ihn herangesprungen und schrie "Heißa Hoppsa Lillebror!". Snape wusste sich nicht anders zu helfen, als mitzuspielen und mit einem gemurmelten "Heißa Hoppsa Karlsson" zu antworten. Wenn er sich mit dem Bert- Trank in Lillebror verwandelte, war es immer viel schöner das zu sagen.

"Wollen wir ein wenig den Hausbock ärgern?", fragte Hooch abenteuerlustig. "Er hat sich eine Katze angeschafft! Da werden mir sicher ein paar lustige Streiche einfallen!"

Offensichtlich verwechselte Hooch Mister Filch mit Lillebrors Kindermädchen. Das wurde einfach immer schlimmer. Snape sah sich um: Minerva stand in der Mitte der Plattform, machte sich einen Pferdeschwanz und sah aus als stünde ein großer Zickenanfall bevor; Albus stützte sich auf das Geländer des Turms uns hielt sich das Kreuz und Hooch grinste alle an und konnte es kaum erwarten, wieder irgend einen Unsinn anzustellen. 'Bei Merlins Bart', dachte Snape gequält, 'bin ich froh, wenn das überstanden ist. Ich weiß wirklich nicht, wie ich sie alle unter Kontrolle bringen soll. Wenigstens ist Lupin nicht halb so stressig wie die anderen.' Er sah ihn heimlich von der Seite an, wie er Hooch und den anderen eine Moralpredigt hielt, und seufzte. Warum konnte er die anderen nicht einfach für ein paar Stunden in den Kamin hängen und sich derweilen nur Mary Poppins widmen? Plötzlich durchfuhr es ihn wie ein Blitz, und er hätte sich selbst in den Hintern treten können, dass er nicht früher darauf gekommen war.

"Ich bin ja ein ZAUBERER!" rief er erleichtert, zog seinen Zauberstab und sagte dreimal "Mobilicorpus!", und unter Lupins staunendem Blick erhoben sich Albus, Hooch und Minerva in die Luft.

"Hey! Was soll'n das, ich kann immer noch selber gehen! Lass mich runter jetz, es is nich mehr witzig, ok?!", zeterte Minerva, während Hooch und Albus unter "Huiii!"-Rufen mit den Armen ruderten.

"Das nenn ich einen guten Trick!" sagte Lupin und folgte Snape den Turm hinunter und den ganzen Weg zurück zum Lehrerzimmer, während die anderen Drei ein Stückchen hinter ihnen herschwebten weil Snape den Zauberstab lässig an seine Schulter gelehnt und schräg hinter sich gerichtet hatte. Immer auf der Hut ob auch keiner kam erreichten sie schließlich ihr Ziel und schlossen erleichtert die Tür hinter sich.

"Tja, dann, ääh... Dann werd ich mal eben verschwinden" sagte Snape und reichte Lupin schweren Herzens den Zauberstab. "Richten Sie ihn nur immer auf die Drei, ich bin sofort wieder da." Lupin nickte und tat wie ihm geheißen. Als er zur Tür ging, kreischte Minerva hinter ihm her: "Wollen Sie uns etwa so zurücklassen?! Wissen Sie nicht, wer ich bin?! Na warten Sie, wenn das mein Manager erfährt, das gibt eine saftige Klage und eine Geldstrafe, die sich gewaschen hat - halloo?? Kommen Sie zurück, SOFORT!!!"

Aber Snape war schon auf dem Weg nach unten, und er wäre schneller gewesen, hätte sich ihm nicht alle halbe Minute ein tiefer Seufzer aufgedrängt. In seinem Büro angekommen fand er den Trank ohne Umstände, schließlich war es wichtig dass er wusste wo er sich befand. Daneben fand er jedoch ebenfalls etwas äußerst interessantes: einen Schlaftrunk, der jeden der ihn trank, 3 Stunden lang schlafen und noch dazu die letzten 6 Stunden seines Lebens vergessen ließ. Eine Idee kam ihm, und schleunigst stopfte er die beiden Tränke in seine Taschen und rannte förmlich zurück ins Lehrerzimmer.

Lupin hatte alles unter Kontrolle. Selbst Minerva hatte aufgehört zu zetern, und Snape goss mit klopfendem Herzen drei Gläser mit Wasser voll und schüttete etwas von dem Gegenmittel und dem Schlaftrunk hinein. Dann nahm er den Zauberstab wieder an sich, bedankte sich bei Lupin und ließ Albus, Hooch und Minerva wieder auf den Boden.

"Na endlich!" schnaubte Minerva.

"Das war ein Spaß!" kicherte Hooch.

"Mein Kreuz!" jammerte Albus.

Snape brachte ihnen das Tablett mit den Gläsern. "Hier, trinkt das, dann geht's euch besser!"

Die drei stürzten das Wasser geradezu hinunter (so viel Aufregung macht eben durstig) und fielen, kaum dass sie die Gläser wieder zurückgestellt hatten, auf die Erde und schnarchten lauthals los. Snape wusste es nicht genau, aber er war sich ziemlich sicher, dass sie, wenn sie nach 3 Stunden wieder aufwachten, wieder sie selbst sein würden.

Lupin hatte etwas überrascht mit angesehen was eben geschehen war und wandte sich nun fragend an Snape. "Sie haben ihnen doch nichts getan, oder?"

"Nur ein kleines Schlafmittel", versicherte Snape. "Das wirkt manchmal Wunder bei so - äh - ungezogenen Kindern."

"Jaja, was Sie nicht sagen", erwiderte Lupin und lächelte wissend. "An manchen Tagen sind solche Racker aber auch wie verhext" - Snape zuckte kurz zusammen - "aber ich bin sicher, in Wirklichkeit sind sie alle sehr liebe Kinder."

"Ja, natürlich" sagte Snape. Dann trat er verlegen von einem Fuß auf den anderen. Seine große Chance war jetzt gekommen, und sein Herz klopfte auch dementsprechend laut, so laut, dass er Angst hatte, Lupin könnte es hören. Nervös zupfte er an seinem immer noch makellos glänzendem Haar. "Miss - Poppins..." begann er schüchtern. "Ich, äh, ich möchte nicht dreist erscheinen, aber... ich hätte da ein Anliegen... äähm..."

"Na, raus mit der Sprache!" sagte Lupin fröhlich. "Vielleicht fällt es Ihnen leichter, wenn Sie es singen?"

"Nein!!", rief Snape rasch, und fuhr dann so normal wie möglich fort. Â"Ich wollte Sie fragen, ob... nun ja, ob Sie - mitmirEssengehenwollen."

"Bitte?", machte Lupin.

"Ob Sie - mit mir Essen gehen wollen." Snape hielt die Luft an und biss sich auf die Lippe. Wenn Lupin sich nachher daran erinnern können würde, hätte er ein echtes Problem. Aber es gab ja immer noch den Schlaf- und Vergessenstrank.

"Aber gern doch!" sagte Lupin. Snape war so in Gedanken gewesen, dass er erst 2 Sekunden später verstand, was Lupin da gesagt hatte. "Was?! Sie - wirklich?? Oooh, ha-ha-ha, das ist ja - wundervoll!" stotterte er überrumpelt. "Na dann, dann werd ich mal, ääh... Moment!"

Hastig eilte er aus dem Zimmer um nach einem Hauself zu suchen, den er damit beauftragen könnte, ein Fünf-Gänge-Menü kochen und einen Tisch in der Kleinen Halle decken zu lassen. Dort war eh nie jemand.

'Ich gehe mit Mary Poppins essen!' dachte er ein ums andere Mal, vor Stolz fast platzend. 'Der Tag hätte nichts besseres mehr mit sich bringen können!'