Titel: Nachts war Waffenstillstand...

Teil: 3/4

Grund des Schreibens: Shounen Ai Fanfic Wettbewerb bei Animexx

Platz: 2. (mit denen hab ich's *rofl*)

Genre: Dark ( sehr dark)

Warning: Shounen Ai/yaoi, angst, psycho, horror, sad, depri, dark, death

Pairing: GohanXC17 (gewissermaßen)

Disclaimer: Weder Dragonball noch seine Charas gehören mir, sondern Akira Toriyama, ich leihe sie mir lediglich aus und mache keinen Profit damit. Die Handlung dieser Story entspringt jedoch meiner Fantasie und sollte sie jemandem nicht gefallen, dann bitte ich sie/ihn diese Geschichte kommentarlos zu ignorieren.

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Nachts war Waffenstillstand...

Nachdem Trunks sich einigermaßen beruhigt hatte und auch die Tränen versiegt waren, las er weiter. Doch wirklich darauf konzentrieren konnte er sich nicht, da ihm immer wieder der Gedanke durch den Kopf schoss, dass Gohan ihn nie wirklich dazu gebracht hatte seinen Vater zu hassen. Gut, er hatte schon gemerkt, dass Gohan nicht sonderlich euphorisch von seinem Vater gesprochen hatte, so wie von manch anderem. Aber er hatte auch nicht so erzählt, dass Trunks seinen Vater hassen lernte.

Der Junge schüttelte dann irgendwann den Kopf. Vielleicht würde er im Laufe des Buches eine Antwort darauf finden, weshalb Gohan sein Versprechen an Vegeta nicht eingehalten hatte.

Die nächsten Seiten des Buches handelten jedoch nur von den folgenden 6 Jahren, in denen der junge Gohan hart trainiert hatte. Die Einträge waren meistens kurz und in unregelmäßigen Abständen. Selbst die Passage, die ein wichtiges Ereignis beinhaltete, war sehr knapp gefasst.

Heute habe ich es geschafft, nach 5 Jahren ständigen Trainings ist es mir endlich gelungen. Mit meinen 14 Jahren bin nun der jüngste SuperSaiyajin, den es je gab, doch auch die neu gewonnene Kraft des legendären Kriegers wird mir nicht viel helfen. Vegeta war auch ein SuperSaiyajin und sie haben ihn ohne größere Anstrengungen erledigt. Ich werde weiter trainieren bis ich stärker bin als er, dann erst werde ich sie angreifen, so wie ich es ihm versprochen hab.

Dann ging es weiter, wie er trainierte und schließlich folgte der erste Angriff.

Elendige Geschöpfe ohne Ehrgefühl oder Anstand. Kämpft man alleine, kämpfen sie zu zweit. Aus Spaß und Langeweile. Elendig, ehrlos und skrupellos sind sie. Und stärker als ich es mir vorzustellen wagte.

Ich habe jahrelang gesehen, wozu sie im Stande sind. Städte einfach so auszulöschen. Doch dazu wären auch wir in der Lage gewesen. Körperlich gesehen, nicht seelisch. Ich wusste, dass sie meine Freunde alle ausgelöscht haben. Doch da sie es nacheinander taten, dachte ich, sie hätten sie einzeln angegriffen um mit ihnen fertig zu werden. Ich hatte Vegeta damals falsch verstanden. Hatte gedacht, dass meine Freunde einzeln zwar schwächer als sie waren, sie zusammen aber vielleicht hätten besiegen können, wenn sie das irgendwie zustande gekriegt hätten. Nun verstehe ich, wie Vegeta es wirklich gemeint hat. Alle zusammen hätten sie nicht einmal gegen einen der Cyborgs gewinnen können.

Die Cyborgs. C17 und C18. Geschaffen von Dr. Gero, einem überlebenden Wissenschaftler der Red Ribbon Armee, um den zu töten, der die Armee vernichtete: Meinen Vater! Doch sie wollten Geros Befehle nicht befolgen und töten ihn, kaltblütig und reuelos.

Das alles weiß ich seit einigen Wochen. Da habe ich sie angegriffen, weil ich dachte, ich wäre nun stark genug. Aber ich hatte mich getäuscht. Sie haben mich fertig gemacht. Ohne sich dabei auch nur ein wenig anzustrengen. Ich weiß nicht, wie stark sie wirklich sind. Da sie Cyborgs sind, haben sie keine Auren. Ich wage gar nicht mir vorzustellen zu welchen Dingen sie sonst noch möglich sind...

Der Kampf war nur kurz. Lange durchgehalten habe ich nicht. Als ich am Boden lag, haben sie nur gemeint, ich solle mich aus ihren Angelegenheiten raushalten, sonst würden sie mich töten. Die gleichen Worte wie damals bei Piccolo...

Ich schreibe dies alles erst heute auf, da ich erst jetzt wieder fähig bin zu schreiben. Wir haben zwar noch magische Bohnen, aber es sind die letzten, die noch existieren. Ich darf sie nicht verschwenden und so lange mein Zustand nicht kritisch ist, muss ich so gesund werden. Ich muss irgendwie überleben. Wenigstens so lange bis Trunks in der Lage ist zu kämpfen. Ich würde es ihm gerne ersparen, genauso wie Bulma es auch will, doch er ist nun mal zur Hälfte Saiyajin und ohne ihn, werde ich diese Cyborgs wohl nie besiegen können.

Am Datum erkannte Trunks, dass Gohan damals ungefähr 15 gewesen sein musste. Er selbst war zu diesem Zeitpunkt 6 Jahre alt gewesen. Der Junge las sich ein paar Abschnitte des vorangegangen Eintrags noch einmal durch. Er runzelte die Stirn. So, wie es für ihn klang, hatte Gohan zum damaligem Zeitpunkt beschlossen, ihm das Kämpfen sobald wie möglich beizubringen. Doch in Wirklichkeit hatte er ihn ja noch darum bitten müssen. Also wieso kam er von diesem Vorhaben ab?!

Einige Dinge waren wirklich sehr merkwürdig und Trunks fröstelte leicht, als er bedachte was er noch alles herausfinden könnte.

~ ~ ~

Die Sonne wanderte langsam ihre Bahn weiter und spendete den Tieren und Pflanzen unter sich im Tal sanfte Wärme und klares Licht. Diese reckten sich den Strahlen entgegen und genossen sie. Einige fielen auch durch die Scheibe des kleinen Fensters und erhellten den Raum leicht. Doch zum größten Teil war er finster und dunkel, so wie die Einträge des Tagebuchs, die Trunks las.

Es ist als würde die Menschheit bestraft werden für ein Verbrechen, dessen sie sich nicht bewusst ist. Stadt für Stadt, Mensch für Mensch, zerstört und verwüstet. Einmal innerhalb von Tagen, dann innerhalb von Monaten. Sie schlagen zu, wenn sie gerade Lust haben, wenn ihnen langweilig ist und sie einen Zeitvertreib brauchen. Ich weiß nicht, was sie damit bezwecken wollen. Warum sie alles zerstören und warum sie alle töten. Sie sagen es mir auch nicht, lächeln mich immer nur mit ihren grausam kalten Lächeln an und machen einfach weiter.

Ich trainiere immer noch hart, jeden Tag, jede freie Minute, aber ich scheine einfach nicht stärker zu werden. Nach meinem ersten Angriff hatte ich mir vorgenommen, erst wieder anzugreifen, wenn ich wirklich stark genug bin. Aber wie Vegeta schon vor Jahren festgestellt hatte, sehe ich nicht gerne tatenlos zu.

Wenn noch Hoffnung für die Menschen besteht, greife ich ein und versuche die Cyborgs aufzuhalten. Den Menschen irgendwie Zeit zu verschaffen, damit sie fliehen können. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht. Doch bei einzelnen Menschen greife ich nicht ein. Ich weiß, dass das Leben vieler mehr wiegt als das des Einzelnen. Doch nicht in meiner Situation. Verliere ich mein Leben, so ist die ganze Menschheit verloren. Für einzelne kann ich nicht kämpfen, nur für viele.

So geht das nun schon zwei Jahre. Zwei Jahre, fast jeden Tag das gleiche. Ich habe schon lange nicht mehr wirklich gut geschlafen. Ich kann es einfach nicht. Obwohl ich nachts ruhen könnte, denn nachts haben die Cyborgs noch nie richtig angegriffen...

Trunks wunderte sich über den letzten Absatz jenes Eintrags. Die Schrift sah aus als wäre sie sehr langsam entstanden, fast so als hätte Gohan sie nur zögernd geschrieben. Außerdem waren die drei Punkte am Ende auch ungewöhnlich. Jeder andere Eintrag hatte bisher mit einem klaren Punkt geendet, dieser sah aus als hätte er noch weiter führen sollen. Als ob Gohan einfach mittendrin aufgehört hätte. Desweiteren war dieser Eintrag, der erste seit dem, der den ersten Angriff auf die Cyborgs beschrieben hatte. Und laut Gohan waren seit jenem Zeitpunkt zwei Jahre vergangen. Wieso schrieb er erst dann wieder hinein? Der Junge fragte sich, ob das was zu bedeuten hatte.

~ ~ ~

Trunks blätterte nachdenklich die Seite um. Die letzten drei Zeilen kamen ihm ziemlich seltsam vor. Aber er versuchte diesen Gedanken zu vertreiben und las weiter.

Der nächste Eintrag lag wohl nur ein paar Monate nach dem anderen.

Gestern wieder eine Stadt. Gestern wieder ein Kampf. Gestern wieder niemanden gerettet. Eine Monotonie, die sich nun schon seit Monaten hinerstreckt. All die Kämpfe aufzuschreiben, wäre zu ermüdend. Ich würde immer nur dasselbe schreiben. Jeder Kampf läuft nach dem selben Muster ab. Sie zerstören, ich schreite ein, sie spielen mit mir und lassen mich schließlich besiegt in einer Landschaft aus Trümmern und Blut zurück.

Trunks ist letztens neun geworden. Als ich in diesem Alter war, hatte alles begonnen. Vater starb, die Cyborgs tauchten auf und ich wurde zum einzig überlebenden Kämpfer auf diesem Planten. Manchmal frage ich mich, was passiert wäre, wenn Vater nicht an dieser Herzkrankheit gestorben wäre. Ich frage mich, ob er in der Lage gewesen wäre diese Cyborgs zu besiegen. Aber ich zweifle daran. Ja, Vater war stark. Stärker als alle anderen. Und vielleicht hätte er unter Aufehrbietung all seiner Kräfte einen Cyborg besiegen können, doch der zweite hätte ihn danach und auch uns gnadenlos getötet. Ein Cyborg stünde vielleicht irgendwann einmal selbst in meiner Macht, doch zwei... gegen zwei habe ich keine Chance.

Noch vor drei Jahren hatte ich vor, Trunks zum Kämpfer auszubilden. Aber nun nicht mehr. Verzeih mir bitte, Vegeta. Ich weiß, dein Sohn hat großes Potential und wäre sicherlich ein großer Krieger, aber ich möchte nicht, dass auch er von.... den gleichen Geistern geplagt wird wie ich. Meine Nächte sind noch immer unruhig, unerholsam, meist schlaflos. Bin morgens erschöpfter als abends.  Ich liege wach und spüre diesen Schmerz in mir und kann ihn nicht abstellen. Wünsche es mir. Kann es nicht. Geht einfach nicht. Es tut so weh...

Trunks starrte verwirrt auf den Eintrag. Genau dasselbe Muster wie zuvor. Es hatte normal angefangen und der letzte Absatz war wieder ungewöhnlich zögernd geschrieben. Hinzu kamen diesmal noch die abgehackten Sätze am Ende, die gar nicht in Gohans typisches Schriftbild passten.

Der Junge wunderte sich außerdem über diese Geister und den Schmerz, die Gohan Nacht für Nacht heimsuchten zu schienen. Was meinte er damit? Hatte er sich Vorwürfe gemacht, weil er den anderen nicht hatte helfen können? Schmerzte es ihn, dass sie starben, ohne dass er ihnen geholfen hatte? Waren das die Geister und der Schmerz, die Gohan gemeint hatte, oder... war es etwas anderes...

Schnell blätterte der junge Halbsaiyajin weiter und las die nächsten Einträge. Sie waren wieder in unregelmäßigen Abständen eingetragen, jedoch öfters pro Jahr. Der Inhalt war meist ungefähr dasselbe. Berichte von Kämpfen gegen die Cyborgs, wie er sie nicht aufhalten konnte und wie sie weiter zerstörten und töteten. Fragen, was passiert wäre, wenn Goku, Vegeta oder einer der anderen nicht gestorben wäre. Manchmal schrieb er von seiner Mutter, seinem Großvater, Bulma oder Trunks.

Und dann das Ende jeden Eintrags: Zögerlich geschrieben, zum Teil konfuse Sätze und jedes Mal war die Rede von Geistern und Schmerz in der Nacht, was ihn nicht schlafen ließ, obwohl die Nächte doch friedlich waren.

Und dann kam der Eintrag, geschrieben in dem Jahr, in dem Gohan 20 wurde, 3 Jahre vor seinem Tod, der aufdeckte, welche Geister ihn heimsuchten und welchen Schmerz sie ihm bereiteten...

Im einen Augenblick da. Im anderen schon wieder weg. Blitzschnell, beinahe unsichtbar, nicht zu spüren bis der harte Schlag einen trifft und zu Boden schleudert, hinein in Staub und Blut eines Volkes, das unfähig ist alleine für seine Zukunft zu kämpfen und so mein Leben mit Schmerz, Hass, Leid und Qual angefüllt hat, die ich nun seit bald fünf Jahren mit mir trage.

Tagsüber verdrängt durch Sorge und Kampf, des nachts umso intensiver wiederkehrend und kaum zu ertragen.

Fünf Jahre...  Tief in mir wächst er: der Schrei! Seit fünf Jahren, mit jeder Nacht, er wächst, wird größer, drängt hinaus, zerreißt mich fast von innen... und doch kommt nichts über meine Lippen, wenn ich sie öffne um ihn hinauszulassen... Ist das die Strafe dafür? Die Strafe, dass ich es zugelassen habe damals? Die Strafe dafür, dass ich es noch immer zulasse... Die Strafe für meinen Verrat?

Vater... Piccolo... Freunde... seht ihr es? Könnt ihr es sehen, von dort wo ihr seid? Seht ihr es jede Nacht mit an, jede schreckliche Nacht, in der ich euch aufs Neue verrate? Ist das eure Strafe für mich? Sie ist gut. Sie ist hart, grausam... so wie eine Strafe sein sollte. Aber sie hilft nicht... Lässt mich nicht damit aufhören! Ich kann es nicht! Ich kann es einfach nicht!!! Es tut mir Leid!!.... es tut mir Leid... bitte... bitte, glaubt mir. Es tut mir Leid...

...

...

........Vegeta....? Vegeta, ist das... normal? Ist es etwas, was Saiyajin tun, wenn sie vor Leid und Einsamkeit vergehen? Wenn sie niemanden haben, der sie halten kann. Niemanden, der sie beschützen kann. Niemanden, der stark genug ist um ihnen das Gefühl der Geborgenheit zu geben. Tun sie dann das? Tun sie dann das, was ich seit fünf Jahren tue. Stürzen sie sich in Schmerz und in... die Arme des Feindes........?

Nein, oder? Niemand tut so was. Kein Mensch, kein Saiyajin. Niemand... nur ich. Ganz allein ich begehe diese Sünde...

Es ist fünf Uhr... es beginnt zu dämmern... die Vögel zwitschern noch... aber sie hören bald auf. Und dann wird er wieder kommen... er... der Feind. Der Feind, den ich ohne Widerstand herein lasse. In mein Haus... und in mich...

Fünf Uhr... die letzten Sonnenstrahlen des Tages fallen durch das Fenster, auf den Schreibtisch, an dem ich sitze und schreibe. Fünf Uhr... Fünf Jahre... Elf Jahre... Elf Jahre führe ich dieses Buch nun schon. Seit Vaters Tod. Habe nie regelmäßig hineingeschrieben. Weiß nicht einmal mehr, warum ich es angefangen habe. Fünf Jahre... vor fünf Jahren hat alles angefangen und doch schreibe ich es erst jetzt hinein. Die schreckliche Wahrheit, mein dunkelstes Geheimnis, das ich nur mit ihm geteilt habe und das ich mir nie eingestehen wollte. Seit fünf Jahren lebe ich damit. Mit Schmerz. Mit Leid. Mit Lügen... Mutter... Großvater... Bulma... Trunks... was würdet ihr sagen, wenn ihr es wüsstet? Was würdet ihr tun, wenn ihr es wüsstet? Ihr würdet mich hassen... ihr würdet mich verachten, verfluchen, beschimpfen, verbannen... all das, was ich Nacht für Nacht, Tag für Tag tue. Und nur in den Kämpfen fühle ich mich wohl, wenn ich das Gefühl habe auch etwas Gutes zu tun. Wenn ich ihm entgegentrete, ihm Widerstand leiste – und ihn nicht einfach gewähren lasse, sowie in der Nacht...

Fünf Jahre... vor fünf Jahren waren meine Nächte einsam... kalt und leer. Nun sind sie anders, hitzig und schmerzensreich. Und doch sind sie mir lieber als in meiner Jugend. Was ist nur los mit mir? Was bin ich, dass ich ihn derart begehre... Ihn, den schlimmsten Feind,... den Cyborg... C17...............

Trunks saß auf dem Stuhl. Unfähig sich zu bewegen. Sein Atem ging schnell. Sein Herz raste.

Dann bewegte sich leicht sein Kopf. Zuerst ruckartig. Nach links, dann nach rechts. Langsam wurden die Bewegungen schneller. Seine Hände begannen zu zittern und hielten das Buch doch krampfhaft in den Händen.

Er wollte schreien, er wollte weinen... er wollte weg. Und doch blieb er zitternd auf dem Stuhl sitzen, die Finger um das Buch geschlungen, während er immer wieder den Kopf schüttelte und heiser ‚Nein' flüsterte, unfähig einfach zu gehen, der grausamen Wahrheit zu entfliehen, die sich auf den folgenden Seiten des Buches in immer klareren Formen zeigte.

Ich weiß nicht was es ist. Weißt du es, Vegeta? Kannst du es mir erklären? Könntest du es mir erklären, wenn er dich nicht getötet hätte? Ja... er hat dich getötet und trotzdem lasse ich ihn gewähren... Warum, Vegeta? Warum bin ich so krank? Warum habe ich es überhaupt beginnen lassen? Warum habe ich ihn nicht gleich wieder fortgeschickt, als er das erste Mal vor meiner Tür stand... damals... vor fünf Jahren...

Fünf Jahre ist es her – und doch habe ich es noch ganz deutlich vor Augen:

Ich war 15, gerade wieder gesund geworden nach meinem ersten Kampf mit den Cyborgs. Schon ein paar Jahre davor hatte ich dieses herrliche Tal gefunden, in das ich mich zurückzog, wenn ich Frieden haben wollte. Denn nur noch hier schien der Frieden noch zu existieren.

Die Cyborgs hatten nie – und haben auch bis heute nicht – in der Nähe des Tals etwas zerstört. Ich weiß nicht warum. Vielleicht interessierte es sie nicht, da nicht sehr viele Menschen in der Gegend lebten.

Ich fühlte mich wohl hier, nicht wirklich geborgen, aber wohl. Hier konnte ich vergessen. Auch wenn es immer nur wenige Sekunden waren... ich konnte vergessen. Bis zu jenem Tag, an dem ich zum ersten Mal nach dem ersten Angriff hierher zurückkam. Ich hatte am Ufer des Sees gesessen bis die Sonne untergegangen war. Dann ging ich hinein. Den Sternenhimmel konnte ich schon lange nicht mehr ertragen. Genauso wenig wie den Sonnenaufgang. Zu sehr erinnerten sie mich an Vater und an Vegeta...

Ich zündete das Feuer im Kamin an und schrieb in dieses Buch. Danach setzte ich mich vor die Flammen und starrte hinein. Ich weiß nicht, wie lange er schon hinter mir stand, bevor ich ihn bemerkte.

Als er damals auf mich nieder blickte mit seinen kalten blauen Augen, da saß ich wie gelähmt vor ihm. Unfähig mich zu rühren, unfähig zu schreien, unfähig zu fliehen. Aber ich hatte keine Angst. Damals dachte ich, dass es mir egal sei, wenn er mich tötete. Dass ich ihn und seine Schwester doch sowieso nie besiegen könnte und es somit egal sei, ob er mich nun oder zu einem späteren Zeitpunkt tötete.

Heute weiß ich, dass mir damals bewusst war, dass er nicht gekommen war um mich zu töten. Irgendetwas in mir hatte das an seinem Blick gesehen, doch es sollte erst viel Zeit vergehen, bevor ich diese Fähigkeit, in seinem Blick etwas zu lesen, auch bewusst wahrnehmen konnte. Doch auch heute gelingt mir dies nur, wenn er es zulässt. Wenn er mir erlaubt in seinem Blick zu lesen...

„Was willst du", fragte ich ihn flüsternd, noch immer auf dem Boden vor ihm sitzend. Er sah mich Sekunden nur stumm an, beugte sich dann hinab und drückte mich mit dem Rücken auf die harten Holzleisten.

„Dich", flüsterte er genauso leise zurück und legte damit seine Lippen auf meine.

Der Kuss kam unerwartet. Ich war geschockt, überrascht, angeekelt und verwirrt zugleich. Doch je länger er währte, je intensiver er wurde, desto mehr genoss ich ihn. Ich verfluchte mich in dem Moment, in dem es mir klar wurde. Rief mich in Gedanken zur Besinnung, versuchte meinen Körper dazu zu bringen ihn von mir wegzuschieben. Doch die Leidenschaft und das Begehren, die sich tief in mir aufbäumten und jedwede Fähigkeit rational zu denken verdrängten, ließen mich ihn gewähren. Brachten mich dazu mich ihm hinzugeben. Voll und ganz mit allem, was ich hatte. Und wir liebten uns in dieser Nacht, unzählige Male, so als hätten wir es schon immer getan und er verschwand erst wieder am Morgen, genauso lautlos wie er zuvor gekommen war, fast so als wäre er ein Geist...

*

Es ist doch seltsam, oder? Ungewöhnlich, nicht normal... Nein, so kann ich es nicht beschreiben. Es ist nicht einfach nur unnormal, ungewöhnlich. Das ist viel zu milde ausgedrückt. Es ist abartig, pervers... Ja, das trifft es schon eher... Aber... aber warum? Warum ist es so? Warum, Vegeta? Warum...

Abartig... pervers... würdet ihr mich auch so beschreiben? Oder würdet ihr noch schlimmere Worte für mich finden? Mich noch schlimmer beschimpfen? Was würdet ihr zu mir sagen, könntet ihr zu mir sprechen? Wie würdet ihr über mein Verbrechen urteilen?

Ich wünschte, ich könnte aufhören... einfach aufhören damit, ihn abweisen, ihn einfach wegschicken... aber ich kann es nicht. Ich habe Angst davor. Angst vor seiner Reaktion. Was würde er tun? Er würde es doch nicht einfach hinnehmen, nein, niemals... er würde mich verfolgen, jagen und dann foltern, Tage, Wochen, Monate, wenn nicht Jahre. Doch davor habe ich keine Angst. Ich habe Angst vor dem was folgt. Davor, dass er mich tötet. Denn wenn er mich tötet, dann muss ich euch gegenübertreten... Freunde... Piccolo... Vater...

*

...Vegeta? Vegeta, würdest du auch an ihrer Seite stehen? Würdest du mit ihnen richten über mich? Vegeta... ich... es gibt keine Rechtfertigung dafür, ich weiß. Es gibt ja nicht mal einen vernünftigen Grund für mein Verbrechen... Ich liebe ihn nicht. Und er liebt mich nicht. Aber trotzdem zieht es ihn zu mir und mich zu ihm. Keine Liebe, keine Bindung und doch diese Anziehung, diese Begierde, die einfach zu stark sind. Die mich nicht widerstehen lassen. Dich mich ihn gewähren lassen... so als wäre es das normalste der Welt... Aber das ist es nicht! Es ist das abartigste das Welt! Nichts, nichts ist schlimmer! Es gibt kein schlimmeres Verbrechen als Verrat!

Warum, Vegeta? Warum, habe ich es dann doch getan, obwohl ich mir dieser schrecklichen Sünde bewusst bin? Warum habe ich alles und jeden an den Feind verraten? So was habe ich doch sonst nie getan, warum denn jetzt?! Warum?!

Warum...

Das Blatt war diesmal leicht zerknittert, an manchen Stellen sogar eingerissen. Die Tinte an einigen Stellen ungewöhnlich dick, als hätte Gohan die Buchstaben nur ganz langsam geschrieben und an anderen war sie widerrum dünn und kratzig, als wäre sie so schnell wie möglich zu Papier gebracht worden.

Trunks legte das Buch kurz aus den Händen, nur um kurz darauf sein Gesicht in diesen zu verbergen. Er zitterte noch immer am ganzen Körper.

In seinem Kopf rasten Gedanken über Gohan, so wie er ihn gekannt hatte und so wie er laut jenem Buch wirklich gewesen war. Auf den ersten Blick ließen sich die beiden Seiten nicht vereinen, schienen wie zwei verschiedene Puzzelteile, die einfach nicht zusammenpassen wollten und konnten. Doch, wenn man das eine Puzzelteil näher betrachtete, es etwas drehte und ein wenig verschob, dann passte es genau in die Form des anderen.

Trunks vergrub seine Hände in den Haaren als ihm klar wurden, dass es so viele Hinweise gegeben hatte. So viele Hinweise, dass Gohan nicht so unbekümmert gewesen war, wie er sich gab. Dass er nicht so offen war, wie es immer den Anschein gehabt hatte. Dass ihn etwas quälte, das ihn zu vernichten drohte.

War er bei ihnen gewesen und Bulma hatte ihm angeboten über Nacht zu bleiben, dann hatte er erst gezögert und dann doch abgelehnt. Es war wie er es beschrieben hatte. Er wollte es nicht, aber tat es trotzdem.

Und dann, wenn Gohan doch einmal über Nacht geblieben war, hatte Trunks ihn so oft im Haus umherlaufen hören, unruhig, schlaflos, als ob ihm etwas fehlte. Und wenn der Junge ihm am nächsten Tag dann gefragt hatte, ob er gut geschlafen habe, hatte er nur seltsam geschaut und gemeint: Anders als bei mir...

Chichi hatte ein Mal erzählt, dass Gohan kaum noch nach Hause kam. Dass er angeblich einen Ort gefunden hatte, an dem er sicherer war und an dem er sie nicht in Gefahr brächte – vermutlich dieses Tal.

Doch das, was Trunks eigentlich schon damals hätte bemerken müssen, fiel ihm erst nun auf, da er alles wusste. Gohan sah immer müde aus. Jedes Mal, wenn er ihn getroffen hatte, zierten schwarze Augenringe das Gesicht des anderen. Er war ausgelaugt gewesen, übermüdet und doch kämpfte er immer gegen die Cyborgs... So, als hätte er etwas gut zu machen. Als müsste er sich für etwas rechtfertig, obwohl er dazu eigentlich gar nicht in der Lage war...

Trunks fragte sich, warum er das nie gemerkt hatte. Vielleicht hatte er es als selbstverständlich hingenommen, weil es immer so gewesen war. Weil er Gohan nur so gekannt hatte und nicht, wie er einst gewesen war, vor vielen Jahren als der Krieg noch nicht das Land beherrschte.

Der Junge seufzte. Dann legte er die Arme auf den Tisch und darauf seinen Kopf. Er brauchte eine Pause. Das, was er in den letzten Stunden gelesen hatte, war zu viel und zu erschütternd gewesen. Sein Blick wanderte aus dem Fenster, hinaus auf das Wasser des Sees, in dem sich funkelnd die Strahlen der untergehenden Sonne brachen. Er fragte sich, wie oft Gohan hier gesessen hatte und wusste, dass C17 bald kommen würde. Wie oft er sich in diesen Augenblicken gewünscht hatte, einfach nein sagen zu können und es doch nicht konnte.

Trunks seufzte wieder. Anfangs war er noch sauer gewesen über den anderen Saiyajin. Es hatte ihn verletzt, dass dieser ihm nie etwas erzählt hatte. Ihn immer nur angelogen hatte. Aber inzwischen hatte der Junge verstanden, das Gohan es wohl nur zu gern getan hätte, doch zuviel Angst gehabt hatte vor seiner Reaktion. Vor Abweisung, Verbannung und Hass. Wie viel Schmerz und Leid musste sich in seiner Seele in all den Jahren angesammelt haben? So viel, das ihn belastete, ihn quälte und doch niemand, dem er sich hätte anvertrauen können. Selbst seinem toten Vater und seinen toten Freunde gegenüber war Gohan von Schuld geplagt worden. Nicht einmal ihnen hatte er sich anvertrauen können. Nur...

Trunks sah überrascht auf und blätterte einige Seiten zurück um manche Einträge noch einmal zu lesen. ‚........Vegeta....? Vegeta, ist das... normal? Ist es etwas, was Saiyajin tun, wenn sie vor Leid und Einsamkeit vergehen?' – ‚Ich weiß nicht, was es ist. Weißt du es, Vegeta? Kannst du es mir erklären?' – ‚Warum ist es so? Warum, Vegeta? Warum...' – ‚...Vegeta? Vegeta, würdest du auch an ihrer Seite stehen? Würdest du mit ihnen richten über mich? Vegeta...' – ‚Warum, Vegeta? Warum, habe ich es dann doch getan, obwohl ich mir dieser schrecklichen Sünde bewusst bin?'

Der Junge zog eine Augenbraue hoch. Es schien als hatte Gohan geglaubt, dass nur sein Vater ihn verstanden hätte. Aber wieso? Nur wegen den Taten, die auch sein Vater einst begangen hatte? Trunks wusste nicht viel über das Leben, dass Vegeta vor der Erde geführt hatte. Wahrscheinlich wusste keiner davon sehr viel. Aber er wusste, dass sein Vater schreckliche Dinge getan hatte. Zwar hatten weder Bulma noch Gohan es jemals so deutlich ausgedrückt, aber er hatte es in ihren Blicken gesehen, wenn sie über ihn erzählten. Diese zwiespältigen Blicke, die zeigten, dass sie sich nicht sicher waren, ob Vegeta nun gut oder böse gewesen war.

Für seine Mutter traf dies noch immer zu, aber Gohan hatte wohl doch andere Beweggründe gehabt. Aber welche? Und überhaupt: Er hatte Vegeta doch versprochen, dafür zu sorgen, dass Trunks ihn hasste, doch Gohan hatte nie eine Gelegenheiten wahrgenommen, dem Jungen etwas über die grausamen Taten seines Vaters zu erzählen. Wieso nicht?

Erneut drang ein Seufzen aus der Kehle des jungen Halbsaiyajin. Er hatte keine Antwort auf seine Frage und so musste er wohl das weiterstudieren, das ihm als einzigstes welche geben konnte: Gohans Tagebuch.

~ ~ ~

Da die Sonne nur noch leicht hinter den hohen Gipfeln der Berge hervorspähte, war das Licht im Tal nur noch trübe und die Buchstaben des Buches kaum zu erkennen. Trunks sah sich kurz um, bemerkte aber keine Lampe oder etwas ähnliches. Dann fiel ihm ein, dass dieses Haus das einzigste im Tal war und es hier sicherlich keine Stromleitungen gab. Er brauchte aber Licht um Lesen zu können... dann fiel sein Blick auf den Kamin.

Der Junge stand vom Schreibtisch auf und begutachtete ihn. Daneben lagen noch einige Holzscheite und davor war eine fellähnliche Decke ausgebreitet, die den harten Holzboden bequemer machte.

Trunks legte ein paar Holzscheite in den Kamin und zündete diese dann mit einem schwachen Ki-Strahl an. Nach ein paar Minuten züngelten die Flammen flackernd auf und ab und gaben dem Jungen das nötige Licht zum Lesen.

Ich weiß nicht, was es ist. Die innigen Küsse. Der heiße Atem auf der Haut. Die sanften und schmerzhaften Berührungen. Der Schmerz, wenn er in mich eindringt. Die Befriedigung, wenn ich in ihn eindringe. Mein Stöhnen, wenn er mich zur Ekstase treibt. Sein Schreien, wenn ich ihn berausche. Der Blick seiner blauen Augen, wenn sie nicht ganz so kalt schauen. Was ist es, was mich zu ihm treibt? Was verdammt? Wieso weiß ich es einfach nicht?

Es wäre so einfach, wenn ich es wüsste. So einfach... Ich könnte es einfach abstellen, mir diese Befriedigung woanders holen. Aber ich weiß ja nicht einmal, was es ist, das ich derart begehre, dass ich mich in die Arme des Feindes werfe.

Oh, Vegeta... warum... Ich will nicht mehr... ich kann nicht mehr... Sechs Jahre geht es inzwischen. Sechs Jahre und kein Ende in Sicht. Ich bin so müde... so müde... warum kann ich nicht einfach in Ruhe schlafen? Nur ein Mal, eine einzige Nacht. Aber ich kann es nicht mehr. Selbst wenn er nicht bei mir ist, wenn ich zuhause schlafe oder bei Bulma. Ich kann nicht einschlafen. Liege in meinem Bett, starre an die Decke und verspüre den Wunsch ihn bei mir zu haben. Und manchmal stehe ich auf und fliege in die Nacht hinaus. Suche und suche bis ich ihn gefunden habe. Oder er mich...

*

Manchmal frage ich mich, ob er mich extra nachts wach hält, so dass ich nicht ausgeruht bin. Manchmal frage ich mich, ob ich stärker wäre, wenn ich ausgeschlafen wäre. Lässt er mich absichtlich nicht schlafen, damit ich ihn nicht vernichten kann? Hat er einfach nur Angst davor zu sterben, wenn ich stark genug bin? Tut er das alles nur, weil er Angst vor dem Tod hat? Nein... das ist doch lächerlich... hätte er Angst vor dem Tod, dann müsste er mich doch einfach nur umbringen. Eine Handbewegung und ich wäre vom Erdboden verschwunden. Er müsste, um mich loszuwerden, nicht solche Dinge tun. Aber wieso tut er es dann? Was treibt ihn dazu? Das gleiche, was mich dazu treibt? Aber was ist es dann? Was?!

*

‚Schmerz:

unangenehme physische oder psychosomatische Sinnes- oder Gefühlswahrnehmung eines Zustandes, der eine Störung des Wohlbefindens anzeigt und in der Regel ein lebenswichtiges Symptom bei aktueller oder möglicher Gewebsschädigung darstellt. Schmerz ist eine eigene Sinnesqualität, allerdings mit starker seelischer Komponente.'

Das steht im Lexikon unter Schmerz. Gewebsschädigung... ich habe keine Gewebsschädigung. Ich bin gesund. Ich war beim Arzt. Er hat gemeint, ich würde mich bester Gesundheit erfreuen. Aber weshalb, verdammt nochmal, tut es dann so weh? Es tut weh, aber nicht mehr nachts, sondern am Tag, Stunde für Stunde, Minute für Minute. Und nichts lenkt mich mehr davon ab. Nur die Schmerzen in der Nacht, verdrängen die des Tages und lassen mich doch auch nicht zur Ruhe kommen...

Ich kann nicht mehr... ich will nicht mehr... es tut so weh... so weh... Warum?... warum denn nur...

Das flackernde Licht malte flirrende Schatten auf Trunks nachdenkliches Gesicht. Was war das für ein Schmerz, den Gohan da empfunden hatte? Wenn es tagsüber war, dann konnte er doch nicht von C17 herrühren... oder?!

Er blätterte weiter in dem Buch und las die nächsten Einträge. Doch auch durch diese erfuhr er nichts neues. Sie handelten immer nur von dem Schmerz, den Gohan spürte, davon, dass er nicht wusste, woher er kam. Die Einträge wurden von Mal zu Mal wirrer, unzusammenhängender. Es hatte den Anschein, als würde Gohan von diesem Schmerz förmlich zerfressen werden. Körperlich und seelisch.

Dieser Zustand ging über Monate und Jahre hinweg. Alle Einträge handelten ausschließlich von dem Schmerz. Von sonst nichts. Und dann war Trunks schließlich in dem Monat angelangt, in dem er Gohan das Versprechen abgenommen hatte, ihn zu trainieren. Es war noch nicht lange her. Nur ein paar Monate – und Trunks fragte sich, was er nun noch alles erfahren würde.

Fortsetzung folgt...