Kapitel 9: Vollmond und die Herzen der Saiyajin
Vollmond. Fasziniert schaute Bulma nach draußen, starrte in den Himmel und versuchte, sich den unglaublichen Anblick einzuprägen. Kreisrund und riesig hing der volle Mond über der Stadt und tauchte alles in silbriges Licht. Diesmal war die Stadt noch voller Leben. Wie wilde Tiere streiften die Saiyajin dort unten herum, eine ganz besondere Stimmung hing in der Luft.
Aber sie sollte früh genug erfahren, warum dies so war.
Die Tür knarrte, als der Prinz den Raum betrat. Sie hatte Vegeta eigentlich nicht so früh hier erwartet, für gewöhnlich verbrachte er seine Abende mit Training und anschließenden Fressorgien, oft gemeinsam mit Kakarott.
Heute war der Plan offensichtlich geändert.
Zu ihrer Überraschung spürte sie seine Hände auf ihrer Hüfte und er flüsterte ihr ins Ohr: „Nimm einen Rat von mir an... bei Vollmond solltest du dich vor uns Saiyajin ganz besonders in Acht nehmen."
„So?", fragte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. Der Blick nach draußen war einfach zu schön und fesselnd.
„Mh.", machte er und strich über ihren Nacken. Ihr lief unwillkürlich ein Schauer über den Rücken. Seine Hand wanderte über ihren Nacken hoch zu ihrem Haar. Mit geschickten Fingern löste er die Haarspange, die ihre blauen Haare festgehalten hatte, und ihr Haar fiel offen über ihre Schultern. „Du solltest dein Haar offen tragen." Die Spange wurde achtlos auf den Boden fallen gelassen.
Bulma lächelte. Seine Warnung war vielleicht durchaus ernst gemeint gewesen. Er war irgendwie anders. Aber er gefiel ihr, so wie er gerade war. Er strich ihr Haar zur Seite, beugte den Kopf und strich mit den Lippen über die Beuge zwischen Hals und Schulter. Sein heißer Atem streifte ihre Haut.
„Vegeta...", sagte sie. „Zeig mir die Stadt."
Sie konnte sein Grinsen fast sehen. „Wie ihr wünscht."
Chichi war verwundert, dass Kakarott heute so früh zurückkam. Für gewöhnlich ließ er sich erst blicken, wenn sein Essen mit Vegeta zu Ende war. Sie merkte sofort, dass etwas anders war. Er trug andere Sachen, eine schwarze, enge Hose und ein blaues weites Hemd, im krassen Gegensatz zu seiner üblichen Kleidung. Aber das war es nicht, was sie stutzig machte. Sie sah es in seinen Augen. Wenn dies überhaupt möglich war, waren sie noch dunkler als sonst.
Aber er lächelte sie freundlich an und sagte ernst: „Du solltest heute vorsichtig sein, Chichi. Wenn ich dich jetzt frage, ob du mit mir kommst, dann überleg es dir gut."
Sie war ein wenig verwirrt über diesen Satz. Trotzdem antwortete sie fast sofort: „Ich komme mit dir."
Er streckte ihr die Hand hin. „Dann komm." Voller Vertrauen legte sie ihre Hand in seine und ließ sich von ihm aus dem Zimmer führen.
Wie sie schon von oben festgestellt hatte, hatte sich die Stadt verändert. Sie kannte sie ja nur von ihren Beobachtungen durch das Fenster und ihrer sehr unglücklichen Flucht. Aber heute war die Stadt kein düsterer, Furcht einflößender Ort. Keine schwarzen Schatten huschten um die Ecke, hinter den Fenstern keine leuchtenden Augen. Ab und zu begegneten sie anderen Saiyajin, die ausnahmslos zu zweit unterwegs waren, und die sie beide gar nicht zu bemerken schienen.
Die Stadt wirkte im starken Licht des Mondes irgendwie verzaubert. Vegeta's Augen leuchteten in dem Licht, und sein Schwanz schweifte unruhig hinter ihm hin und her. Von weit her drang so etwas wie Musik an ihr Ohr.
„Was ist heute anders?", fragte Bulma ihn leise.
„Vollmond.", antwortete er. „Wenn der Mond voll ist hat er eine ganz besondere Wirkung auf mein Volk."
„Und welche ist das?", fragte sie neugierig.
„Früher verwandelten wir uns bei dem Licht unweigerlich in Oozaru, eine Form in der wir unbesiegbare Krieger sind.", erklärte er und sie bogen ab auf eine breite Straße, über der direkt der Mond hing. „Inzwischen haben wir gelernt, die Verwandlung zu kontrollieren. Aber das heißt nicht, dass der Mond seinen Einfluss verloren hat."
„Du hast meine Frage nicht beantwortet... was bewirkt das Mondlicht bei euch?"
„Es bringt unser Blut zum kochen.", antwortete er geheimnisvoll.
Oh, sie hasste es wenn er so war. Er würde ihr freiwillig wohl nie eine Antwort geben. Vor ihnen tat sich nun auf der großen Straße etwas auf, es sah aus wie ein riesiger Brunnen. Das Wasser schien jedoch der Schwerkraft zu trotzen, es tanzte über die Oberfläche und ließ sie Umgebung an den Hauswänden und auf dem Boden glitzern. „Wow...", murmelte sie. „Das ist ja wunderschön!"
„Mh. Vegeta-sei hat auch viele schöne Dinge zu bieten.", stimmte er ihr zu.
„Ich weiß... aber es ist eben nicht meine Heimat.", murmelte sie und drohte, wieder in das Loch zu fallen, wie in Zeiten in denen sie starkes Heimweh hatte. Sie vermisste die Erde, sehr sogar. Auch wenn das Leben auf Vegeta-sei nicht das schlechteste war, es würde für sie wahrscheinlich nie zu Hause sein.
Bevor sie wirklich in Depression verfallen konnte, streichelte er über ihren Nacken und schnurrte: „Denk jetzt nicht darüber nach."
Sie fasste seine Hand und nickte. „Okay." Bulma schaute sich um und auch hier entdeckte sie in der Dunkelheit Saiyajins, immer zu zweit. „Vegeta... warum begegnen uns heute immer zwei Saiyajin zusammen?"
„Hast du es noch nicht begriffen?", er packte sie an der Schulter und drehte sie zu sich, sodass sie ihn ansah. Seine Augen hatten einen merkwürdigen Glanz. „Der Mond beeinflusst unsere Hormone. In einer solchen Nacht bilden sich Paare, heute binden sie sich aneinander. Der Mond lässt uns zügellos werden, unbeherrscht, sexsüchtig." Seine warme Hand strich durch ihr Haar. Ihr fiel erst jetzt bewusst auf, dass er heute keine Handschuhe trug.
„Sexsüchtig...?", endlich begriff sie, was er mit seiner Warnung gemeint hatte. Aber sie hatte ja schon mit ihm geschlafen, da lag nicht das Problem. Er hatte noch etwas anderes wichtiges gesagt. „Die Paare binden sich aneinander? Wie?"
„Es ist ein altes Ritual, sehr blutig, sehr intim.", erklärte er ungeduldig. Man sah ihm an, dass er gerade nicht dazu Lust hatte, den Lehrer zu spielen. „Dieses Ritual bindet uns auf ewig aneinander. Das Paar kann dann keiner mehr trennen."
„Das ist wie bei uns eine Hochzeit."
„Hoch...zeit?"
„Ja. Wenn man sich liebt dann heiratet man und bleibt auf ewig zusammen."
Vegeta warf ihr einen verächtlichen Blick zu und sie fragte sich, was sie wohl jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. „Liebe ist was für Schwächlinge. Saiyajin können nicht lieben. Wenn sie sich aneinander binden, dann nur, weil sie einander begehren und gemeinsam einen starken Nachkommen zeugen wollen."
„Ihr könnt nicht lieben?", fragte sie überrascht. „Das glaube ich nicht!"
Er verzog das Gesicht. „Bevor wir anfingen, unter Freezer's Herrschaft andere Planeten zu überfallen und von dort Sklaven mitzubringen, gab es in unserer Sprache kein Wort für Liebe." Bulma war überrascht. Sie hatte die Saiyajin für barbarisch gehalten, aber Liebe war doch... sie hatte gedacht, dass die Menschen und die Saiyajin wenigstens dieses Gefühl gemeinsam hatten. „Unser Wort für Liebe bedeutete in der alten Sprache ‚Schwäche'. Wir sehen diesen Unsinn nur als Schwäche an, als vergeudete Zeit."
„Das finde ich sehr schade."
„Das ist ja... wunderschön...", flüsterte Chichi fast andächtig. Kakarott hatte sie auf einen Balkon geführt, von dem aus man eine gigantische Aussicht auf das riesige Tal hatte. Im Licht des riesigen Vollmondes wirkte alles ganz anders, irgendwie... magisch.
Kakarott nickte. „Vejita denkt, er habe die beste Aussicht von seinem Zimmer aus." Mit einer einfachen Geste deutete er über das Land. „Das alles gehört ihm, aber heute... lege ich es dir zu Füßen. Nur dir."
Chichi wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie wusste nur, dass ihr Herz so schnell klopfte, dass sie glaubte, er müsste es hören. Sie hatte nicht gewusst, wie... romantisch... er sein konnte. Sie ging langsam vor zur Brüstung, die etwa einen halben Meter breit war, und schaute nach unten. „Wunderschön...", flüsterte sie.
„Finde ich auch.", sagte er und als sie den Kopf hob, merkte sie, dass er sie anstarrte. Und er glaubt, er hätte weniger Charme als Vegeta...??
Kakarott kam zu ihr, ganz nah, und fragte leise: „Möchtest du dich hinsetzen? Oder hast du Angst?" Die Herausforderung in seinem Ton war nicht zu überhören, und Chichi nahm sie an.
„Ich hab keine Angst. Du hältst mich doch fest, wenn ich falle. Oder?"
Er fixierte sie mit seinen schwarzen Augen, blieb ihr aber eine Antwort schuldig. Stattdessen fasste er sie an der Taille und hob sie auf die Brüstung. Überrascht packte sie ihn an der Schulter, hielt sich ruckartig an ihm fest. Er grinste. „Doch Angst?"
„Unsinn!", murmelte sie etwas unsicher und ließ ihn los. Sein Arm lag noch immer um ihre Taille, jederzeit bereit, sich aufzufangen, sollte sie das Gleichgewicht verlieren. Die Angst verflog wie von selbst. Seine Nähe hatte etwas ungemein Beruhigendes.
„Dann ist heute die Nacht, in der sich Paare finden?", fragte Bulma und lächelte ihn an. „Solltest du dann nicht vorsichtig sein? Sonst wachst du morgen früh auf und hast dich an MICH gebunden..." Sie wusste, dass einem Mann wie ihm so etwas nicht passieren würde. Dazu war er zu kühl und beherrscht, obwohl man deutlich merkte, dass der Mond auch auf ihn Auswirkungen hatte.
„Ich habe mich unter Kontrolle, keine Angst.", antwortete er rau.
Merkte er nicht, wie nah er bei ihr stand? Wenn er einatmete und seine Brust sich hob, berührten sich ihre Körper. Bulma spürte auf einmal etwas an ihrem Bein. Frech grinste sie ihn an und fragte: „Ach ja, hast du das?" Sein Schwanz hatte sich um ihren Oberschenkel gewickelt, und Vegeta merkte es erst jetzt.
Er runzelte die Stirn und murmelte: „Manchmal hat er ein Eigenleben."
Das pelzige Anhängsel löste sich fast unwillig von ihrem Oberschenkel, aber bevor Vegeta sich aus der Affäre ziehen konnte, hatte Bulma den Schwanz auf schon gepackt. Sie war schon lange neugierig gewesen, wie sich dieses seltsame Ding wohl anfühlen mochte, aber für gewöhnlich hielt Vegeta seinen Schwanz streng um die Hüfte gewickelt.
Vegeta stieß scharf die Luft aus, aber sie beachtete es gar nicht. Neugierig fragte sie: „Ist ein Saiyajinschwanz empfindlich?" Ohne seine Antwort abzuwarten strich sie kurz darüber, ohne loszulassen.
„Du machst dir keine Vorstellung...", stieß er gepresst hervor. „Onna... lass... ihn... sofort... los..."
Erstaunt hob sie den Kopf und merkte, dass er darum rang, die Fassung zu bewahren. Das war ja interessant! Sie zog die Augenbrauen hoch und fragte herausfordernd: „Soso... hab ich also deine Schwachstelle gefunden?"
„Unsinn!", knurrte er und griff nach ihrer Hand, um sich von ihrem Griff zu befreien. Bulma kraulte noch mal über das Fell, bevor es aus ihrer Hand schlüpfte, nur um wild hin und her zu peitschen. „Du bist wirklich unglaublich, Onna!", regte Vegeta sich auf. „Hast du eigentlich vor gar nichts Angst? Ein Saiyajinschwanz ist sehr empfindlich. Kein Krieger lässt irgendwen an seinen Schwanz ohne ausdrückliche Erlaubnis! Ich hätte dich in ein Häufchen Asche verwandeln müssen, wenn das irgendwer gesehen hätte!"
Bulma grinste. „Ich kann eben nicht widerstehen, wenn mich etwas neugierig macht. Zeig mir noch mehr von der Stadt."
Er schüttelte ungläubig den Kopf über ihre Unbekümmertheit. Aber er setzte sich trotzdem in Bewegung. „Komm."
Sie folgte ihm dichtauf und wie sie so nebeneinander her wanderten, legte er irgendwann den Arm um ihre Schulter. Gleichzeitig wickelte sein Schwanz sich um ihre Taille. Den Rest des Weges verbrachten sie stumm, Vegeta versuchte, Haltung zu bewahren während Bulma den Schwanz kraulte.
Ein kühler Windstoß fegte über die zwei einsamen Gestalten am Balkon hinweg, und die junge Frau fröstelte. „Ist dir kalt?", fragte seine warme, helle Stimme und noch bevor sie antwortete, zog er sich seinen Mantel aus und legte ihn ihr um die Schultern.
„Danke.", flüsterte sie gerührt. Irgendwie kam ihr das vor wie eine Szene aus einem romantischen Kitsch-Film. Wer hätte gedacht, dass es auf diesem barbarischen Planeten so einen Mann gab? Dankbar kuschelte sie sich in seinen Mantel und atmete tief seinen angenehmen Geruch ein, der dem Kleidungsstück anhaftete.
Chichi wurde langsam bewusst, dass sie auf dem besten Wege war, sich in ihn zu verlieben. Endlich begriff sie, was er mit seiner Warnung gemeint hatte. Wenn sie die Katastrophe noch aufhalten wollte, dann musste sie jetzt weg, jetzt sofort.
„Woran denkst du?", fragte er und beugte sich vor, bis sich ihre Gesichter so nahe waren, dass sie einander beinah berührten. „Möchtest du zurück in dein Zimmer?"
Oh Gott, nein! Ich möchte, dass du mich in den Arm nimmst, dass du...
Seine Arme schlangen sich um ihre Taille, und ihre legten sich locker um seinen Nacken. Sie glaubte, sich in seinen schwarzen Augen zu verlieren. Der Moment, um all dem zu entkommen, war verstrichen und im silbrigen Licht des Vollmondes versanken die beiden in einem innigen, nie enden wollenden Kuss.
„Also, langsam wird mir echt kalt!", beschwerte Bulma sich und zog sich ihre Jacke enger um die Schultern. Sie waren inzwischen schon sehr lange unterwegs. Vegeta hatte nicht zu viel versprochen, die Stadt war wirklich ein Erlebnis, vor allem in so einer Nacht. Gerade waren sie auf dem großen Platz vor den Toren des Palastes angekommen, und diesmal schien wirklich niemand mehr in der Nähe zu sein. Die Paare schienen wohl längst etwas anderes zu tun zu haben...
Bulma ließ Vegeta's Arm los und sein Saiyajinschwanz löste sich von ihr. „Du zitterst ja.", sagte er tonlos.
Sie nickte. Inzwischen war sie ziemlich durchgefroren. Der Mond hing inzwischen über den Bergen, bald würde er untergehen, aber sein Licht strahlte noch einmal ganz hell auf die Stadt und vor allem auf den Palast. Hoch oben auf einem Balkon kletterten zwei Gestalten von der Brüstung und verschwanden Arm in Arm nach drinnen.
Und unten auf dem Platz legte Bulma ihre Arme um Vegeta's Taille und drückte sich an ihn. Er legte seinen Mantel um sie und im Zauber der Vollmondnacht küsste er sie und das Paar wiegte sich im Takt einer leisen Musik die von irgendwoher kam langsam hin und her.
In der Stille von Kakarott's Räumen lagen er und Chichi im Bett, ihre nackten Körper bedeckt mit einer dünnen Decke, bewegten sich in einem gemeinsamen Rhythmus. Ihre Hände lagen aufeinander, die Finger waren ineinander verschränkt. Ab und zu beugte er sich zu ihr runter und küsste sie zärtlich.
Von draußen warf der untergehende Mond seine letzten Strahlen auf das Bett.
Nächstes Kapitel: „Kälte"
