Kapitel 12: Hindernisse

Nebeneinander rasten die beiden Saiyajin durch die Luft. Sie suchten jetzt bereits seit zwei Stunden. Kakarott wirkte fast nervöser als Vegeta. Die Sonne würde schon bald untergehen. Irgendwann bremste Kakarott einfach seinen Flug, und als Vegeta ihn nach dem Grund fragte, sagte er: „Wir sollten sie vor Sonnenuntergang finden. In der Dunkelheit wird es schwieriger, wenn wir angegriffen werden." Er zögerte einen Moment lang. „Folge mir, Vegeta. Ich hab da so eine Ahnung."

„Was? Wohin willst du...?"

„Vertrau mir einfach.", bat Kakarott und zischte los, hoch in den Himmel. Jeden anderen hätte Vegeta für so eine Bitte ausgelacht. Aber er vertraute seinem langjährigen Freund, und wenn Kakarott eine Idee hatte, dann würde er sich das zumindest ansehen.

Ihr scheinbar zielloser Flug führte sie über das große Meer, auf den düsteren Kontinent der Verbannten, den kein normaler Saiyajin freiwillig betreten hätte. Hier hatten früher die Tsufurujin gelebt, bevor die Saiyajin sie überfallen und den Planeten für sich beansprucht hatten, hier war ihre Hauptstadt gewesen. Irgendwie haftete der Gegend etwas Unheimliches an, und auch wenn Saiyajins sich scheinbar vor nichts fürchteten, so war ihnen doch die Atmosphäre dieser Stadt unheimlich und sie wurde gemieden.

Aber Kakarott hielt direkt darauf zu. Am Rande der unbewohnten Stadt stand eine düstere Festung, die direkt an den angrenzenden Fels gebaut war, und teilweise mit dem Gestein verschmolzen zu sein schien. Die Festung war definitiv nicht von Saiyajin gebaut worden, das war offensichtlich. Verwundert warf Vegeta seinem Freund einen Blick zu. Diese Idee war geradezu genial gewesen. Es gäbe kein besseres Versteck für die Rebellen als einen Ort, den jeder vernünftige Saiyajin mied.

Und tatsächlich, als sie näher herankamen, find Vegeta eine vertraute Farbe auf: das Blau der Haare von Bulma. Sie stand auf dem höchsten der schwarzen Türme, angekettet aber scheinbar unbewacht, wie auf dem Präsentierteller. In seinem Kopf klingelten sofort sämtliche Alarmglocken, schrieen: Das ist eine Falle!

Aber diesmal ignorierte Vegeta es. Stattdessen sah er Kakarott fragend an. „Kakarott..." Bevor er den Satz beenden konnte, sirrte es von unten und ein strahlendes Licht kam rasend schnell näher. Vegeta hatte keine Zeit mehr zu reagieren, der Ki-Strahl bohrte sich schmerzhaft in seine Schulter und riss eine tiefe Wunde hinein. Mit einem Schrei taumelte er, wäre fast vom Himmel gestürzt. Er hatte Recht gehabt. „Das ist eine Falle.", keuchte er. „Wir haben keine Wahl. Wir müssen angreifen, SOFORT."

Und mit Mut der fast schon an Irrsinn grenzte sausten die beiden Saiyajin im Sturzflug nach unten auf den Turm zu. Und sehr schnell tat sich der ganze Wahnsinn dieser Aktion vor ihnen auf. Aus Fenstern und vom Felsen her strömten Saiyajin hervor, dutzende von Kriegern, und sie alle stürzten sich auf Vegeta.

Vegeta kämpfte wie ein Raubtier, mit der Kraft von zehn Männern. Aber gegen eine solche Überzahl hatte er scheinbar keine Chance. Er kämpfte sich vor, bis zum Turm, aber auch das war ein Fehler gewesen. Denn in dem Moment, da er einen Fuß auf den schwarzen Stein gesetzt hatte, war er umringt. Vor ihm, hinter ihm, sogar über ihm waren sie, nahmen ihm jede Chance, wieder in die Luft abzuheben.

Durch die Reihen der Rebellen-Krieger hindurch sah er Bulma, hörte, wie sie seinen Namen schrie. Nein, die würden sie nicht bekommen. Er war der Prinz der Saiyajin und er bekam immer, was er wollte. Sie gehörte allein ihm. Er kämpfte, stemmte sich mit allem was er hatte gegen die unglaubliche Überzahl der anderen. Wo war Kakarott eigentlich?

Und als sich die Reihen der Angreifer bereits gelichtet hatten, Vegeta allerdings am ganzen Körper blutete, da beschloss er, dass es Zeit für den finalen Angriff war. Er ballte die Hände zu Fäusten. „Kakarott!!", brüllte er, drehte hastig den Kopf zwischen zwei Faustschlägen, die er austeilte. Kakarott warf gerade einen der Angreifer in die endlose Schlucht zwischen den Türmen. Sein Freund verstand sofort, was er wollte. In Windeseile war er bei Bulma. Zwar ließen ihn die Krieger nicht zu ihr durch, aber er stand jetzt genau vor ihr, so wie Vegeta es beabsichtigt hatte. Er kreuzte die Arme vor der Brust, senkte den Kopf und konzentrierte nur wenige Augenblicke lang seine Energien. Den Ki-Strahl, der seinen Rücken verbrannte, ignorierte er, erhöhte sein Ki nur noch weiter.

„Achtung! Er plant etwas, GREIFT IHN DOCH AN!!!", brüllte jemand, wahrscheinlich der einzige mit genug Verstand, um seine Absichten zu durchschauen. Am Rande seines Bewusstseins registrierte er, dass ihm die Stimme bekannt vorkam.

Dann hatte er genug Energie gesammelt. Mit einem Schrei bäumte er sich auf, riss die Arme auseinander und ließ die gewaltige Energie frei. Kreisförmig breitete sie sich um ihn herum aus, blitzschnell, in alle Richtungen, und mit einem grellen Lichtblitz wurden sämtliche Krieger um ihn herum von den Füßen gerissen, und Meterweit von ihm geschleudert. Als die Energiewelle auf Bulma zu raste, stand da Kakarott, und fing die Energie auf, schützte sie mit dem eigenen Körper. Er war der einzige, der dem Ki-Angriff standhielt, auch wenn er gefährlich strauchelte.

Und dann war es plötzlich totenstill. Vegeta blinzelte. Die Plattform war leer. Er hatte sie alle mit seinem gewaltigen Angriff von dem Turm gepustet. Sie hatten tatsächlich gewonnen! „Un... glaublich...", murmelte er. Das war...

...zu gut um wahr zu sein. Bulma schrie und Kakarott fuhr herum. Einer war noch da. Er hatte sich in weiser Voraussicht hinter Bulma gestellt und war so durch Kakarott's Schutz dem Angriff entgangen. Er stand direkt hinter ihr, hatte eine Hand um ihren Hals gelegt. „Fuck!", fluchte Vegeta ungehalten.

„Keinen Schritt weiter.", sagte der Saiyajin überflüssigerweise. Vegeta erkannte ihn. Sein Name war Natto. Er hatte früher zu den Palastwachen gehört, war damals recht gut mit Kakarott befreundet gewesen, bis er angefangen hatte, gegen den Gehorsam Freezer gegenüber zu protestieren und sich schließlich den Rebellen angeschlossen hatte.

„Natto, bitte...", sagte Kakarott, und er klang fast verzweifelt. Er hing wohl noch an der alten Freundschaft. „Lass sie frei. Sie hat nichts damit zu tun. Wenn du sie loslässt, dann lassen wir dich gehen, versprochen."

Bevor Vegeta gegen diesen Handel protestieren konnte, schüttelte Natto seinen Kopf und antwortete: „Ich traue ihm nicht. Außerdem ist das hier zu wichtig." Er wandte sich Vegeta zu. „Ergib dich, Prinz. Oder ich breche ihr das Genick."

Wütend starrte Vegeta den Mann an. „Und dann? Selbst wenn ich den Thron aufgebe, was macht ihr dann? Selbst herrschen, und Freezer herausfordern? Ihr Narren."

„Wieso denn nicht? Wenn du auf unserer Seite wärst, dann würden auch die anderen mitmachen, dann könnten alle Saiyajin Freezer gemeinsam angreifen."

„Dummkopf.", knurrte Vegeta. „Er würde uns alle töten."

„Du hast einfach nur Angst, du Feigling.", warf Natto ihm vor und wäre die Situation anders gewesen, hätte Vegeta ihn für diese Beleidigung in Stücke gerissen. „Wir sind stärker geworden. Ich kenne Freezer, ich habe gesehen wie er kämpft. Gemeinsam sind wir ihm überlegen. Bardock hat es damals gesagt, Freezer hat Angst vor uns."

„Wahrscheinlich weil er klüger ist als ihr.", gab Vegeta giftig zurück. „Er weiß, dass er uns nicht unterschätzen darf. Irgendwann werden wir ihn besiegen, aber noch sind wir nicht soweit!" Natto wollte etwas sagen, aber Vegeta zischte: „Schweig! Du weißt gar nichts! Soll ich dir sein Geheimnis verraten? Freezer kann sich verwandeln. Ich habe es bei Zarbon gesehen, und er sagte mir, Freezer kann es auch. Er kann sich noch zweimal verwandeln, und bei jeder Verwandlung vervielfachen sich seine Kräfte!! Dann sind wir höchstens noch lästige Insekten für ihn!!"

Natto runzelte die Stirn, aber aus den Augenwinkeln sah Vegeta, wie Kakarott kreidebleich wurde. „Vejita... ist das wahr?"

„Natürlich ist das wahr.", giftete Vegeta. „Denkst du, ich tanze zum Spaß nach seiner Pfeife? Ich hasse Freezer, ich hasse ihn aus tiefster Seele. Aber wenn wir angreifen, dann löscht er sämtliche Saiyajin aus."

Natto versuchte, seine Unsicherheit zu überspielen und schrie: „Blödsinn! Das sagst du nur, um mich zu beeinflussen." Er riss die freie Hand hoch und schoss einen Ki-Strahl ab, der Vegeta in den Fuß traf. Mit einem ekligen Geräusch splitterten Knochen und mit einem Schrei stürzte Vegeta zu Boden. „Du bist verletzt, und jetzt kannst du deinen Fuß nicht mehr gebrauchen. Ergib dich, Vegeta. Oder ich muss dich töten."

Vegeta starrte Natto an. In seinem Kopf arbeitete es. Was sollte er bloß tun? Er konnte sich nicht ergeben, er konnte nicht die Zukunft seines Volkes opfern. Aber er konnte Bulma auch nicht sterben lassen. Er konnte diese Entscheidung nicht treffen. So sehr er sein Volk liebte, so... liebte... er auch Bulma. Zum ersten Mal erlaubte er, wenn auch nur in Gedanken, es sich einzugestehen dass er sie vielleicht tatsächlich liebte. Die Erkenntnis war wie ein Faustschlag in sein Gesicht. Wahrscheinlich hätte er diesen Zweikampf der Willenskraft verloren, wenn Kakarott ihm die Entscheidung nicht abgenommen hätte.

Denn plötzlich sprang er los, mit einem unglaublichen Tempo, das selbst Vegeta überraschte, und stand plötzlich hinter Natto, packte ihn, und riss ihn von Bulma fort. Das Blatt hatte sich gewendet. Vegeta sprang auf, und hätte er nicht fliegen können, wäre er sofort wieder auf den Boden gefallen, weil er nicht an seinen kaputten Fuß gedacht hatte.

„Kakarott?!", keuchte Natto und versuchte, sich aus dem Griff des anderen zu befreien, der seinen Arm um Natto's Hals gelegt hatte und ihn eisern festhielt. „Was soll das? Wie kannst du diesem... diesem Feigling nur helfen!? Ich hatte dich falsch eingeschätzt!"

„Sieht so aus als hätte sich das Blatt gewendet.", sagte Vegeta hämisch. Er schwebte rüber zu den beiden Gestalten. „Du hast deine Geisel verloren, Natto. Und damit verlierst du gleich noch sehr viel mehr." Dein Leben, zum Beispiel.

Natto verzog das Gesicht und spuckte auf den Boden zu Vegeta's Füßen. Vegeta stieß Kakarott zur Seite und packte Natto mit einer Hand am Hals. Zerrte ihn in die Höhe, bis er den Boden nicht mehr berührte, und drückte zu. Der Verräter röchelte. „Bist du der Anführer der Rebellen?", fragte Vegeta zornig.

Ein merkwürdiger Ausdruck stahl sich auf das Gesicht des Gefangenen. „Du weißt es wirklich nicht, oder?" Er grinste schief. „Das wird ein böses Erwachen, mein Prinz. Nein, ich bin es nicht. Ich kenne keine anderen Verstecke und den Namen des Anführers werde ich dir nicht sagen!"

„Gut." Vegeta grinste jetzt ebenfalls. Seine Augen funkelten diabolisch. Sein Griff zog sich immer enger um den Hals des Gefangenen.

Kakarott schrie: „Vegeta, NEIN!!!" und auch Bulma fing an zu schreien, aber es war zu spät.

KRRRRCK!!! Kaltblütig, mit einem mordlustigen Ausdruck im Gesicht brach Vegeta dem Saiyajin das Genick. Dann ließ er den jetzt leblosen Körper achtlos fallen und sagte verächtlich: „Pech für dich. Ich finde den Rebellenführer auch alleine."

Kakarott fiel neben dem Körper seines einstigen Freundes auf die Knie. Vegeta beachtete es gar nicht, sondern schwebte rüber zu Bulma, die noch immer angekettet war. Sie sah mitgenommen aus, leichenblass und krank, ihr Blick war unstet, fast ängstlich. Mit zwei gezielten Ki-Blasts durchtrennte er die Fesseln, und Bulma fiel ihm um den Hals. So als habe sie Angst, er könnte verschwinden, klammerte sie sich an ihn und flüsterte: „Danke, dass du da bist."

Er drückte sie an sich, vergrub sein Gesicht in ihrem weichen Haar, und auch er war unendlich erleichtert. Er hatte sie wieder, sein Spielzeug, sein Eigentum, seine Frau. Wenn sie zurück im Palast wären, würde er gründlich über seine Gefühle nachdenken müssen.

Vorsichtig nahm er sie auf den Arm, und wandte sich dann Kakarott zu. „Können wir gehen?"

Vorwurfsvoll schaute der zu ihm hoch. Er hatte sein Hemd über das Gesicht des Toten gelegt. „Du hättest ihn nicht töten müssen.", sagte er düster.

„Er war ein Feind. Er hat Bulma entführt und mich erpresst und verwundet! Was hätte ich tun sollen? Ihn einfach gehen lassen, damit er es wieder versucht?"

Wütend stand Kakarott auf. Bulma sagte leise: „Er hat mir nichts getan. Du hättest ihn nicht töten müssen."

Vegeta schüttelte ungehalten den Kopf. „Was wollt ihr eigentlich? Aber das klären wir im Palast, kapiert? Ich will weg hier." Kakarott nickte stumm, und sie flogen los. Keiner von ihnen sprach ein Wort, jeder war mit den eigenen Gedanken beschäftigt. Vegeta konnte sich trotz der erfolgreichen Rettungsaktion nicht freuen. Die Worte von Natto gingen ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf: Das gibt ein böses Erwachen, mein Prinz. Was hatte er damit gemeint?

Das Gesicht des Prinzen verfinsterte sich. Er hatte eine düstere Vorahnung. Etwas würde passieren, schon sehr bald.

Natürlich blieb die Rettungsaktion nicht unbemerkt. Kakarott, aber vor allem Vegeta waren verwundet und mussten versorgt werden, außerdem hatte jemand das Verschwinden des Prinzen dem König gemeldet. Vegeta war verständlicherweise nicht sehr erfreut darüber, als er deswegen gleich am selben Abend zu seinem Vater zitiert wurde.

Hoch erhobenen Hauptes, aber mit einbandagiertem, unbrauchbarem linken Fuß stand er im Thronsaal und ließ sich die zornigen Worte seines Vaters gefallen. Der hatte längst eigene Schlüsse gezogen, und leider die richtigen. Er ahnte, dass das alles mit Bulma zu tun hatte, und natürlich war er darüber nicht sehr erfreut.

„Mein Sohn, mein eigener Sohn, riskiert sein Leben für irgend so eine Frau!", brüllte er. „Bist du völlig übergeschnappt? Was hast du dir dabei gedacht? Ich sollte diese Frau auf der Stelle töten, vielleicht kehrt dein Verstand dann ja zurück!!"

Wütend funkelte Vegeta seinen Vater an. „Wenn du das wagst, dann töte ich dich und übergebe den Thron an die Rebellen!!", zischte er drohend.

„Du kleiner..." König Vegeta beherrschte sich und man sah ihm deutlich an, wie er darum kämpfte, die Fassung zu bewahren und seinen Sohn nicht einfach anzugreifen, so wie er es früher getan hatte, als Vegeta noch nicht stark genug gewesen war, sich zu wehren. Inzwischen wagte der König das nicht mehr. Er wusste genau, dass Vegeta sehr stark geworden war, und weil der immer mit Kakarott trainierte und sich vor neugierigen Blicken versteckte, konnte der König noch nicht mal einschätzen, wie stark sein Sohn tatsächlich geworden war.

Trotzdem hatte er noch eine gewisse Macht über seinen Sohn, zwar nicht als Vater aber als dessen König. Dunkel sagte er: „Du gefährdest die Linie der Könige wenn du dich mit einer Menschenfrau abgibst. Ich denke, es wird Zeit dass du eine Gefährtin findest. Ich werde nach einer geeigneten Frau aus einer starken Elite-Familie suchen."

Zornig presste Vegeta die Lippen aufeinander. Er wollte keine Gefährtin, keine Frau die ihm sein Vater aussuchte und mit der er dann den Rest seines Lebens verbringen musste. Noch vor ein paar Wochen hätte ihn diese Nachricht kaum berührt, aber jetzt stieß der Gedanke ihn ab. Er war doch gerade erst dabei, das zu entdecken, was ihn mit Bulma verband... Trotzdem sagte er kein Wort dazu. Statt dessen verbeugte er sich und sagte gepresst: „Wie ihr wünscht, mein König." Dann fuhr er auf dem Absatz herum und rauschte zur Tür hinaus. Das würde sein Vater irgendwann noch bitter bereuen...

Nächstes Kapitel: "Enttarnt!"