Disclaimer: Nichts hiervon gehört mir, und Geld verdiene ich (leider) auch nicht damit. Alle Rechte liegen bei Tolkien und Altariel, die die Geschichte geschrieben hat (und T.S. Eliot für Überschriften und Gedichtsauszüge). Dies ist nur eine Übersetzung (natürlich mit Erlaubnis der Autorin)!!! Das englische Original und noch viele andere tolle Tolkien fanfics gibt es beim www.henneth-annun.net oder auch hier bei fanfiction.net (unter Altariel). Eine überarbeitete Fassung meiner Übersetzung und noch weitere Übersetzungen von Tolkien fanfics stehen bei www.cuthalion.gmxhome.de . Ein Besuch lohnt sich! Kapitel 3: Die Feuerpredigt (The Fire Sermon)

Auslöschung

Lange Zeit wanderte ich entlang einer dunklen Straße, und wie ich so vorwärts stolperte, fühlte ich, wie mich Hoffnungslosigkeit ergriff. Ich fürchtete, ich würde nie das Ende der Straße erreichen, und auch wenn ich es täte, würde mein Ziel in Ruinen liegen, oder ich würde es nicht als mein Ziel erkennen und für immer verloren sein. Durch diesen Nebel hörte ich leise und wie von Ferne eine Stimme, die meinen Namen rief. Aber als ich nach vorne schaute, war alles, was ich sehen konnte, ein schwaches Licht, rot und flackernd. Und ich ging auf dieses Licht zu, obwohl ich seine Quelle nicht kannte, aber ich zog es meiner ziellosen Wanderung vor.

Lange wankte ich weiter, und dann, ohne Warnung, wurde meine Wanderung schrecklich. Hinter mir konnte ich den namenlosen Feind sich schnell nähern fühlen, er holte mich ein, mit einem Schrei, der den Willen erstarren und mich kämpfend um jede Bewegung zurück ließ. Das Licht vor mir verdunkelte sich. Ich fiel zu Boden.

Als ich mich schließlich dazu zwingen konnte, meinen Kopf zu heben und um mich zu schauen, sah ich, daß ich auf der Brücke von Osgiliath lag, wie sie einst gewesen war. Noch immer konnte ich nicht stehen, und hinter mir hörte ich unablässig den Ansturm des Feindes. Ich sah nun, daß das rote Licht vor mir meine Stadt war; sie brannte.

Verzweiflung überkam mich, aber ein letzter Funken von Widerstand flammte in mir auf. Wenn ich schon sterben mußte, dachte ich, dann nicht, ohne meinem Feind in die Augen zu sehen. Müde drehte ich mich um und schaute in den bleischwarzen Himmel. In dieser Dunkelheit kreisten schwarze Gestalten, aber sie schienen keine Substanz zu besitzen, so als ob Löcher in den Stoff des Himmels selbst gerissen worden wären. Ein Pfeil traf mich. Dann, mit abscheulichem Geschrei, fielen Welle auf Welle von Orks über mich her und schlugen nach mir. Die alte Steinbrücke zerbarst unter ihrem Gewicht, und ich stürzte in die Tiefe.

Alles wurde schwarz. Und dann hörte ich wieder eine Stimme, aber diese war stärker und befehlender als die andere. Es schien mir, als ob ich schwebte, vielleicht auf dem Wasser, oder vielleicht hatte mein Geist am Ende meinen Körper verlassen. Über mir erschienen die Sterne, und, von neuem Leben in meinen Gliedern spürend, griff ich nach dem Flußufer und kämpfte mich keuchend an Land. Als ich aufschaute, sah ich ein Licht, und dieses brannte mit grüner Flamme.

Ich war jetzt müde, gefangen zwischen Feuer und Wasser, und ich sehnte mich nach Schlaf. Aber die Stimme kam wieder und rief meinen Namen mit sanfter Eindringlichkeit. Ich wollte ihr gehorchen – doch die Verlockung der Dunkelheit war stark und flüsterte von Vergessen, von Frieden. Ich schloß meine Augen wieder, aber die Stimme rief mich ein drittes Mal, und diesmal mußte ich ihr folgen. Ich öffnete die Augen und sah in das Antlitz meines Königs.

* * * * * * * * * * * * * *

Grübelnd über meines Bruders Untergang

Und über meines Vaters Tod...

Kurz nach Sonnenaufgang, als die Luft noch kühl und die Welt noch still war, erwachte ich. Innerhalb eines Augenblicks nachdem ich die Augen geöffnet hatte, war Beregond an meiner Seite.

„Guten Morgen, Herr Faramir", sagte er leise. „Geht es dir gut?"

Ich überlegte einen Moment. „Ich glaube schon", antwortete ich und versuchte mich aufzusetzen, aber stöhnte vor Schmerz auf und schaffte es nicht.

„Du wurdest verwundet, Herr", sagte Beregond, und ich sah zum ersten Mal, daß meine linke Schulter verbunden war.

„Du hast einen Pfeil abbekommen", erklärte er, als er mir half, mich gegen die Kissen zu setzen. „Das sehe und fühle ich." Ich lehnte mich bequemer zurück. Obwohl ich mich extrem müde fühlte, war es doch nicht diese schmerzhafte Erschöpfung, die ich empfunden hatte, als ich nach Osgiliath aufgebrochen war. Diese Müdigkeit jetzt war fast gesund, sie fühlte sich natürlich an für einen Körper, der hart gefordert worden war, aber sich nun erholte.

Beregond schaute mich besorgt an.

„Bist du hungrig?" fragte er. „Der Aufseher sagte, daß du etwas essen solltest, wenn du erwachst. Ich kann Frühstück holen."

Ich lächelte ihm zu. Er schien begierig darauf zu sein, etwas für mich tun zu können. „Ich bin sehr hungrig", sagte ich wahrheitsgemäß. „Ich hätte sehr gerne etwas zu Essen."

Er rannte hinaus fast bevor ich fertig gesprochen hatte, und ich lehnte mich zurück in die Kissen. Das Fenster war offen und die Morgenluft wehte hinein. Als ich die frische Luft einatmete, schien mir, daß ich mich besser fühlte als seit Monaten. Ich war am Leben. Und ich hatte den König gesehen.

Beregond kam zurück, und ich sah erfreut, daß er Teller über Teller brachte. Ich war noch immer am Essen, als sich die Tür noch einmal öffnete und Prinz Imrahil eintrat. Er schaute auf die Überreste meines Frühstücks.

„Ich sehe, du kommst wieder zu Kräften!" Er lächelte, setzte sich auf das Bett und legte seine Hand an meine Stirn. „Das Fieber hat dich verlassen. Wir dachten, wir hätten dich verloren." Und für einen Moment drückte er meine Hand.

Er sah zu, wie ich mein Mahl beendete und beantwortete meine Fragen über den Verlauf der Ereignisse vom gestrigen Tag. Ich war bekümmert zu hören, wie viel mehr meiner Männer getötet worden waren als wir schon das Stadttor erreicht hatten, und hörte mit Trauer die lange Liste von Freunden, die ich bald danach verloren hatte.

„Denn gestern tobte der Kampf auf den Ebenen des Pelennors, und der Feind wurde in die Flucht getrieben", erzählte er mir. „Minas Tirith ist sicher – wenigstens für eine Weile. Zweimal wurden wir im Augenblick unserer größten Not durch die Ankunft unserer Verbündeten gerettet. Der Anführer des Feindes hatte schon die Stadt betreten, als die Rohirrim auf den Pelennor geritten kamen. Und als die Streitkräfte des Feindes uns wieder überwältigten, kam der Herr Aragorn zum Harlond, und er ließ die Standarte des Erben Elendils im Wind flattern. Es war ein großer Sieg!"

Er hielt inne und fuhr mit seiner Hand über mein Haar, was er nicht mehr getan hatte, seit ich ein Junge war. „Welch große Taten du bei der Verteidigung Gondors vollbracht hast!" rief er aus, und seine Augen leuchteten. „Wenn du nicht bei deinem Rückzug so entschlossen gekämpft hättest, wäre nichts von der Stadt übrig geblieben, was die Rohirrim hätten befreien können."

Als ich antwortete, war es mit Zögern in der Stimme: „Ich weiß wohl, daß er sehr beschäftigt sein wird, dennoch würde ich gern hören, was der Herr Truchseß über mein Betragen denkt."

Er seufzte und nahm wieder meine Hand. Ein kalter Wind blies durch das Fenster, und mich fröstelte. „Was ist, Onkel?"

Er senkte seine Augen.

„Oh weh, es war ein großer Sieg, aber nicht ohne Verluste." Dann schaute er mich wieder an und blickte mir traurig in die Augen. „Dein Vater ist tot, Faramir."

Sogleich dachte ich an unsere letzte Begegnung, an die harten Worte, die wir gewechselt hatten, an seine Wut über meinen Ungehorsam, meine Bitterkeit über seine Verachtung.

„Es kann nicht sein", protestierte ich. „Wir sind in Zorn auseinander gegangen..."

Er drückte fest meine Hand.

„Bekümmere dich nicht!" sagte er. „Er hat bedauert, was zwischen euch geschehen ist. Und er hat alles erfahren, was du getan hast. Er starb seinen zweiten Sohn genauso liebend wie er den ersten immer geliebt hat."

Es waren jetzt nicht einmal drei Wochen her, daß das Boot auf dem Wasser zu mir geglitten war. Die Kunde von diesem neuerlichen Verlust war zu viel.

Sie sind beide fort", flüsterte ich, „und ich bin vollkommen allein." Und meinen Kopf gegen seinen Arm fallen lassend, weinte ich um den Untergang meiner Familie; um den Vater, dessen Liebe ich erst hatte, als es zu spät war, und um meinen Bruder, den ich mit einem Traum getötet hatte.

Nachdem er mich verlassen hatte, lag ich für eine Weile untröstlich. Das Licht schien sich verdunkelt zu haben. Als es auf Mittag zuging, sank meine Stimmung tiefer, und ich spürte erneut eine Kälte in mir hoch kriechen. Mit meinem ganzen Willen zwang ich mich, ihr nicht nachzugeben. Aber ich konnte nicht ruhig liegen. Die Stille des Zimmers bedrückte mich, da sie meine Gedanken nach innen zwang. Deshalb stand ich trotz Beregonds Besorgnis und des Protests des Aufsehers am späten Morgen auf.

Als ich mich schließlich angezogen hatte, war ich so erschöpft, daß ich an der Klugheit meiner Entscheidung zu zweifeln begann; doch, meine Schulter schützend, indem ich den linken Arm nach innen hielt, und mich zur rechten auf Beregond stützend, kamen wir beide langsam aber stetig vorwärts, einige wenige Stufen hinunter und hinaus in einen kleinen Garten.

Während all dieser Jahre, die diese Stadt mein Zuhause gewesen war, war ich nur zweimal zuvor in den Häusern der Heilung gewesen. Das eine Mal, als ich ein Junge war und mein Bruder sein Bein gebrochen hatte. Er war mir hinunter bis zur fünften Ebene nachgejagt, und ich mußte deswegen den vollen Umfang des Zorns meines Vaters ertragen. Und ich erinnerte mich undeutlich an einen noch früheren Besuch, ich muß noch sehr klein gewesen sein. Ich nehme an, daß es gewesen war, um meine Mutter zu sehen bevor sie starb. Aber ich konnte dies nie sicher herausbekommen, da über diese Angelegenheit in unserem Haus nie gesprochen wurde. Selbst hatte ich nie zuvor Grund dazu gehabt, hier zu verweilen. Mein Bruder hatte sich ständig Kratzer und gebrochene Knochen zugezogen, und wenn ein Fieber in der Stadt herumging, bekam er es mit Sicherheit und brannte, aber ließ sich nicht unterkriegen, immer ein Leben der Extreme führend. Ich aber war immer gesund. Unglücklich zu sein, so scheint mir, fordert nicht notwendigerweise körperlichen Tribut.

Beregond half mir zur Mauer, und, meine rechte Hand auf den Stein legend, um mich abzustützen, schaute ich über die gezeichneten Felder des Pelennor. Ich sah mit Traurigkeit die niedergebrannten Höfe und konnte jenseits davon die Zerstörung des Rammas erkennen, um den wir so erbittert gekämpft hatten. Aber der Fluß glitzerte silbern im Morgenlicht, und die Fahnen vor den Zelten, die auf den Feldern aufgestellt worden waren, flatterten trotzig im Wind. Gondor war stark mitgenommen, aber es war nicht zerstört.

Ich stand da und schaute eine Weile, die klare Luft einatmend und über meinen Vater nachdenkend, und dann hörte ich eine hohe Stimme meinen Namen sagen. Ich drehte mich um und schaute auf den Halbling Pippin herunter.

„Mein Herr Truchseß", sagte er, und ich war überrascht, mich so angeredet zu hören, „meine Freunde und ich sind an der anderen Seite des Gartens versammelt. Hast du Lust, dich uns anzuschließen?"

Ich sah in die Richtung, in die er zeigte, und sah drei Gestalten zurückschauen.

„Danke, gerne", sagte ich.

Sie schauten herüber als ich ihnen langsam entgegen ging, und mir wurde bewußt, daß ich mich bewegte wie ein alter Mann. Doch als ich näher kam, sah ich, daß sie mich freundlich ansahen. Mit seltsamen Gefährten war der Halbling gereist, Elb und Zwerg und ein weiterer seiner Art, der, wie ich jetzt sah, auch ein Gast in diesem Hause war, so wie ich.

„Ah", murmelte der Elb, als ich mich langsam neben sie setzte, „wenn Pippin euren Namen nicht genannt hätte, hätte ich ihn doch gekannt, so ähnlich seid ihr Boromir. Er hat oft von euch gesprochen, und mit viel Liebe."

„Dann", sagte ich mit Staunen, „müßt ihr die anderen sein, die aus Imladris aufbrachen. Ich habe schon zwei aus eurer Gemeinschaft getroffen."

Der andere Halbling, Merry, schaute mich mit Verwunderung an, und ich erzählte, wie ich ihren Freunden in Ithilien begegnet war. Dann fragten sie nach meinen Taten nach Boromirs Abreise, und ich erzählte ein bißchen über die Waldläufer in Ithilien, was nun wie Nachrichten aus einem anderen Zeitalter schien. Unseren Rückzug aus Osgiliath erwähnte ich nur kurz. Am längsten verweilte ich bei meinem Zusammentreffen mit Frodo und Samwise, und Merry drängte mich nach mehr Einzelheiten, lachte über Sams Spannung beim Anblick des Mûmak und war froh darüber zu hören, daß ich Frodo bei guter Gesundheit verlassen hatte. Dann erzählten er und Pippin mit viel Gefühl vom letzten Gefecht meines Bruders, und Tränen traten in meine Augen, als sie davon sprachen, wie tapfer er sie verteidigt hatte. In der kurzen Zeit zwischen meiner Rückkehr von Ithilien und meinem Aufbruch nach Osgiliath hatte mein Vater nicht mit mir über die letzten Stunden meines Bruders gesprochen.

Vom Angriff meines Bruders auf ihren Freund schienen sie nichts zu wissen, oder vielleicht wollten sie mich vor der Nachricht bewahren. Ich sah keinen Grund zu fragen oder davon zu erzählen. Es würde noch genug Zeit für solche Geschichten sein, falls wir die kommenden Tage überlebten. Und wenn sie nichts wußten, was würde es gutes tun, ihre Erinnerung an einen Mann zu zerstören, den sie für einen Helden hielten, jetzt wo wir alle Hoffnung brauchten? Für den Augenblick war es besser, wenn sie ihn als den fruchtlosen und guten Mann in Erinnerung behielten, der er wirklich gewesen war. Denn welch schrecklicher Prüfung auch immer mein armer Bruder entgegengeblickt und dann versagt hatte, ich hatte ihn friedvoll im Tod gesehen, und ich zweifelte nicht daran, daß er danach gestrebt hatte, seine Schuld zu tilgen, und am Ende war er erfolgreich gewesen.

Dann hörte ich seltsame Geschichten vom Wald Fangorn und den Pfaden der Toten; von Ents und sehenden Steinen; Geschichten vom Krieg in Rohan und den Reitern der Mark, und vom schnellen Marsch der Grauen Kompanie durch den Süden, um Gondor zu befreien.

Schließlich brachten meine Gefährten mich gedanklich zurück zu den Feldern des Pelennor, und Merry sprach vom Anführer der Nâzgul, vom Tod Théoden von Rohans und der Tapferkeit der Weißen Herrin. Mit Schrecken hörte ich seine Geschichte, hörte von der Kälte, die ihn durchdrang, als er sein Schwert in diese schreckliche Leere trieb und von der Dunkelheit, die drohte, ihn zu umschließen.

Er hielt inne.

„Ich höre hier lieber auf, mein Herr. Denn ich kann sehen, daß du schon viel über den Befehlshaber der schwarzen Reiter weißt."

Ich zitterte. Obwohl ich jetzt wußte, daß der schwarze Anführer tatsächlich verschwunden war, brachte schon die Erinnerung an ihn mein Blut zum Gefrieren.

„Wo war Mithrandir bei all dem?" fragte ich, meinen Umhang enger um mich wickelnd. „Hätte er nicht wenigstens den König retten können?" Wo er meinen Vater schon nicht gerettet hatte.

Der Blickwechsel zwischen Peregrin und Beregond dauerte nur einen Moment, aber ich bemerkte ihn dennoch. Es schien, als ob ich nicht der einzige war, der etwas verheimlichte.

„Mithrandir wurde in der Stadt aufgehalten, Herr", sagte Beregond leise.

„Es muß etwas sehr wichtiges gewesen sein, das ihn vom Schlachtfeld fernhielt", hakte ich nach; dann, als ich die Unruhe auf Beregonds Gesicht sah, ließ ich die Sache auf sich beruhen. „Einerlei", sagte ich. „Ich werde alles bei Zeiten erfahren, denke ich."

Mir war schwindelig, und ich hatte ein plötzliches Bedürfnis nach Ruhe, um über all das Gehörte nachzudenken. Ein wenig unsicher stand ich auf, und Beregond sprang herbei, um meinen Arm zu nehmen.

„Vergebt mir, meine Freunde, ich verlasse euch jetzt", sagte ich. „Dies war ein Tag vieler Geschichten, manche seltsam, manche schmerzvoll, und ich denke, noch sind nicht alle erzählt. Aber ich muß nachdenken und mich ausruhen." Ich schaute von einem zum anderen. „Ich danke auch für eure Gesellschaft und eure Geduld, eure Geschichten noch einmal zu erzählen." Und ich schaute Merry und Pippin an. „Ich hoffe, meine Neuigkeiten von euren Freunden haben euch etwas Erleichterung verschafft. Eure Erzählung vom Tod meines Bruders hat mir jedenfalls Trost gebracht."

Beregond nahm wieder meinen Arm, und wir gingen schweigend ins Haus, meine Gedanken sich um sich selbst drehend. Vor der Tür meines Zimmers hielt ich an und drehte mich zu meinem Gefährten um.

„Beregond, ist da nichts, was du mir zu erzählen hättest?" Er sah zu Boden.

„Nein, mein Herr", murmelte er.

Es wäre nicht fair gewesen, ihn zu bedrängen. Ich seufzte und ließ ihn mich zurück zum Bett führen. Mit Erleichterung und der Absicht, mehr über diese Angelegenheit nachzudenken, legte ich mich nieder. Aber sogar diese kurze Zeit draußen hatte mich so erschöpft, daß ich in einen tiefen Schlaf fiel. Und ich träumte einen Traum voll Dunkelheit, aber nicht von der Flut. Statt dessen hörte ich das Knistern von Feuer und roch einen Rauch, der mich zu ersticken drohte, und ich lag wie erstarrt und konnte mich nicht bewegen, während die Dunkelheit immer näher kam.

Am späten Nachmittag erwachte ich, die letzten Sonnenstrahlen wärmten mein Gesicht. Beregond saß ausgestreckt in einem Stuhl mir gegenüber, fest schlafend.

„Du bist heute morgen aufgestanden, höre ich, mein Herr Truchseß. Dies scheint mir sehr früh."

Ich drehte meinen Kopf und sah, daß Mithrandir im Stuhl zu meiner Rechten saß. Als ich mich bemühte mich aufzusetzen - meine Schulter tat noch immer weh - stand er auf, um mir zu helfen, dann setzte er sich zu mir aufs Bett.

 „Ein neuer Wind weht vom Meer herüber. Ich dachte, die Luft würde meine Gedanken erfrischen."

„Und hat sie das?"

Ich schüttelte langsam den Kopf.

„Leider nicht, ich bin unruhiger als zuvor."

Er runzelte die Stirn.

„Was beunruhigt dich, Faramir?"

Bevor ich antworten konnte, rührte sich Beregond in seinem Stuhl und erwachte.

„Mein Herr!" rief er und sprang auf die Füße, schnell an meine Seite kommend. Sein Haar war zerzaust und seine Augen voll Schlaf. „Ich hätte wach sein sollen."

Ich lächelte ihm zu.

„Du solltest schlafen", sagte ich, eine Augenbraue hebend. „Ich glaube, du hast kaum meine Seite verlassen, seit ich vom Fieber erwacht bin. Mithrandir, so scheint es, hat an deiner Stelle bei mir gewacht, obwohl ich nicht weiß, womit ich solch große Aufmerksamkeit verdient habe."

„Wir freuen uns, dich am Leben und auf dem Weg der Besserung zu sehen", sagte der Zauberer ruhig. „Nichts mehr als das." Er wandte sich an Beregond.

„Du hast für heute genug getan", sagte er freundlich. "Geh und ruh dich aus."

Wir sahen ihn hinausgehen, und dann ergriff ich die Gelegenheit, zuerst zu sprechen.

„Sag mir", fragte ich, „haben sich die Heerführer heute morgen getroffen? Was haben sie entschieden?"

„Faramir, du bist krank. Du solltest dir noch keine Gedanken um solche Dinge machen!"

„Wie viele werden gegen das Schwarze Tor marschieren?"

Er schüttelte den Kopf in Verzweiflung über meine Hartnäckigkeit.

„Etwa siebentausend", gab er nach.

„So wenige..." murmelte ich. „Ich sollte dabei sein."

„Du hast schon eine aussichtslose Schlacht geschlagen, Faramir", sagte er sanft. „Noch eine würde dich sicher töten."

Dazu kann es wohl noch kommen, dachte ich, aber ließ es unausgesprochen.

„Wann zieht das Heer los?"

„In zwei Tagen." Seine Augen glitzerten. „Ich weiß, daß du schon alles über die Schlacht gehört hast, die gestern geschlagen wurde, und daher gibt es keine Notwendigkeit, mich darüber auszuquetschen. Aber bist du jetzt fertig mit deinen Fragen?"

„Nicht ganz", sagte ich.

„Dann fahr bitte fort, Herr Truchseß! Und vielleicht wirst du dann auf meinen Rat hören und dich ausruhen! Komm, was willst du sonst noch wissen?"

„Sag mir, Mithrandir, und verschweige nichts – wie starb mein Vater?"

Seine Augen funkelten in plötzlichem Zorn.

„Wer hat mit dir darüber gesprochen? Wenn dieser junge Tuk ein Wort davon erwähnt hat..."

„Nein, niemand hat etwas darüber zu mir gesagt", beschwichtigte ich, „und das ist es gerade, was mich beunruhigt. Ich treffe nur auf Schweigen oder Ausweichen. Ich weiß, daß er nicht in der Schlacht kämpfte. Und ich träume von Feuer, Mithrandir. Ich träume, daß ich brenne. Kannst du dieses Rätsel für mich lösen?"

„Ich kann", seufzte er, „aber ich bin nicht sicher, ob es zu deinem besten ist. Dein Verstand war schon immer zu schnell für sein eigenes Wohlergehen."

„Was auch immer es ist", drängte ich, „es kann nicht schlimmer sein als diese Ungewißheit. Als ich nach Osgiliath aufbrach, ging es meinem Vater gut. Seine Stimmung war unerbittlich – aber das war kaum etwas neues! Und doch erwachte ich, um zu hören, daß ich jetzt der Truchseß von Gondor sei!"

In meiner Stimme war ein ansteigender Ton, den ich nicht beabsichtigte, aber nicht verhindern konnte.

„Was auch immer du denkst, Faramir, es können nur bittere Neuigkeiten sein. Als du zurück aus der Schlacht gebracht wurdest, brach der Wille deines Vaters. Er nahm sich das Leben und hätte auch das deine genommen, wäre nicht der Ungehorsam von Beregond und Peregrin gewesen."

„Wie?" flüsterte ich, aber die Antwort war bereits da, in meinem Traum.

„Er ließ einen Scheiterhaufen errichten und verbrannte sich."

Ich wendete mein Gesicht ab.

„Am Ende", sagte er sanft," war alles, was für ihn zählte, seine Liebe zu dir und seine Reue darüber, wie ihr voneinander geschieden seid!"

„Eine Liebe und Reue so groß, daß er mich umgebracht hätte!" sagte ich bitter. „Er hatte es nicht geschafft, indem er mich nach Osgiliath schickte. Und deshalb mußte er es noch einmal versuchen."

„Er war geschlagen, Faramir. Er glaubte, das Ende sei gekommen."

Ich schaute ihn einen Moment lang durchdringend an.

„Welche Rolle spielte dabei der Palantîr?" fragte ich, meinen Blick senkend.

Ich bemerkte, wie er rasch einatmete.

„Du wußtest davon?"

„Ich erriet es", sagte ich einfach, „nicht lange nachdem Boromir aufgebrochen war. Viele von uns hatten das Licht an der Spitze des Turms gesehen, und er wußte Dinge, die er unmöglich hatte wissen können... Aber ich habe vieles gelesen, was in der Bibliothek aufbewahrt wird, und das andere nicht gelesen haben."

„Und du hast nichts gesagt?" fragte er scharf. „Du mußt um die Gefahr gewußt haben."

Ich schaute ihn an.

„Ich hatte nicht die Kraft für solch eine Auseinandersetzung."

Das Feuer in seinen Augen verwandelte sich in Mitleid.

„Er hat eine große Rolle gespielt", gab er zu. Ich seufzte über diesen neuen Kummer. „Obwohl diese Nachricht mir großen Schmerz bereitet, danke ich dir wenigstens für deine Aufrichtigkeit."

Er lehnte sich herüber und legte stirnrunzelnd seine Hand auf meine vor Anstrengung schweißbedeckte Stirn.

„Du mußt ausruhen, Faramir. Ich wollte nicht, daß du diese schlimmen Neuigkeiten so bald erfährst."

„Lieber gleich das volle Maß der Dunkelheit, die ich ohnehin zu ertragen lernen muß."

„Eine noch größere Dunkelheit könnte uns erwarten."

„Diese Entscheidung ist bereits getroffen", antwortete ich, dann schloß ich die Augen und schlief. Und als mich die Flutwelle, die Númenor vernichtet hatte, überwältigte, empfing ich sie mit Erleichterung als das am wenigsten schreckliche, von dem ich träumen konnte.