***
Diese Geschichte ist bereits auf Englisch auf Fanfiction.net vertreten (unter dem Titel "Assassins"), und das sogar schon seit dem 12.01.2002. Ich habe keine Ahnung, warum es so lange gedauert hat, aber letztens kam mir der Gedanke, daß ich eigentlich auch eine deutsche Version hinzufügen könnte. Immerhin ist Deutsch meine Muttersprache, und vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der diese Geschichte gerne lesen würde, aber kein (oder nicht genügend) Englisch kann, oder es einfach besser findet, auf Deutsch zu lesen anstatt auf einer Fremdsprache. Falls irgend jemand das hier liest und gerne weiter lesen möchte, bitte hinterlaßt ein Review damit ich weiß, daß ich mir die ganze Arbeit nicht umsonst mache. Das wäre sehr nett! Ansonsten werde ich versuchen, möglichst schnell die deutschen Versionen der englischen Kapitel hinzuzufügen, damit ich in Zukunft gleichzeitig auf Englisch und auf Deutsch ein Update machen kann.
So, nun der lästige Teil...
DISCLAIMER: "Der Herr der Ringe" und seine Charaktere gehören JRR Tolkien, ich habe sie mir nur für ein bißchen fanfiction ausgeliehen. Ich schlage kein Geld aus dieser Sache, sondern mache es nur zwecks Spaß und Unterhaltung.
Die Charaktere, die ich mir selber ausgedacht habe, gehören aber mir: Aerilyn, Atalar, Inunyen und Ghorid.
HINTERGRUND (wichtig, bitte lesen!!): Die Geschichte ist ein "Alternate Universe" (d.h. es hat drastische Handlungsabweichungen zu dem Original) und ist zu der Zeit angesetzt, nachdem die Gefährten von ihrer erfolgreichen Reise zurückgekehrt sind. Aragorn hat auf die Krone verzichtet und Denethor herrscht immer noch über Gondor. Um einen besseren Status für Gondor zu erlangen und ihm zu mehr Reichtum zu verschaffen, wurde die Hochzeit von Boromir (der in dieser Version nicht gestorben ist) und der Tochter des Truchsess von Katalla (gibt's bei Tolkien nicht, ist von mir) arrangiert. Aragorn und Legolas sind eingeladen, um dem Ereignis beizuwohnen und an den Festlichkeiten teilzunehmen.
P.S.: Warum Aragorn nicht König geworden ist und warum Boromir in meiner Geschichte noch lebt wird in Kapitel 15 erklärt. Seid also geduldig! ;o)
Das erste Kapitel dient hauptsächlich dazu, Charaktere vorzustellen. Ich hoffe, es ist trotzdem nicht langweilig.
***
"Woran denkst Du, Lyn?"
"Nichts, Atalar. Du sollst Dich nicht ständig um mich sorgen und auf mich aufpassen. Schließlich bin ich nicht mehr das kleine Mädchen, das ich einmal war."
Atalar lachte sanft und trat näher zu der jungen Frau, die am Fenster stand und nach draußen starrte.
"Vergib mir, meine Schwester, aber für mich wirst du immer meine kleine Aerilyn bleiben," sagte er mit einem Lächeln und legte ihr von hinten die Hände auf die Schultern.
"Ich werde morgen verheiratet werden," sagte sie um aufzuzeigen, daß sie jetzt eine Frau war.
Atalar schnaubte nur, nahm seine Hände von ihren Schultern und durchquerte den großen Raum um sich ein Glas Wein vom Tisch zu holen.
"Der Mann den du heiraten wirst ist viel zu alt für ein Mädchen wie Du es bist," sagte er mit einem verärgerten Ton in der Stimme.
"Der Mann den ich heiraten werde hat einen Namen, lieber Bruder," sagte Aerilyn ein wenig ungeduldig. Langsam ging er ihr auf die Nerven. Seit ihrer Ankunft in Gondor vor zwei Wochen brachte er das Thema jeden Tag auf den Tisch.
"Der Name macht ihn auch nicht jünger. Boromir ist nicht der richtige..."
"Lord Boromir," unterbrach sie ihn, "ist der Mann, den unser Vater als mein Ehemann ausgesucht hat. Ich werde tun wie unser Vater wünscht und Lord Boromir als liebende Ehefrau dienen."
"Ihm als liebende Ehefrau dienen? Du bist doch noch nicht einmal reif genug es zu verdienen als Frau bezeichnet zu werden, wie kannst du da denken, daß du eine gute Ehefrau sein kannst?"
Aerilyns Gesicht verdunkelte sich mit Ärger, aber sie gab es nicht ihrem Bruder zu erkennen und blieb mit dem Rücken zu ihm stehen.
"Es ist unser Vaters Wunsch. Wenn du die Angelegenheit diskutieren mußt, bitte tu es mit ihm und nicht mit mir," sagte sie und zwang sich, ruhig zu bleiben. Atalar war immer schon ein übermäßig beschützender Bruder gewesen. Sie liebte ihn sehr, aber er mußte lernen, daß sie in Kürze ein neues Leben beginnen würde. Ein Leben getrennt von ihm und ihrer Familie in Katalla. Ein Leben in Gondor, an der Seite von Lord Boromir. Sie wußte, daß der Gedanke an den Verlust seiner geliebten Schwester Atalars Herzen Schmerz zufügte. Er versteckte sein Mißfallen Boromir gegenüber nicht, im Gegenteil sogar. Ständig betonte er, daß er eine schlechte Wahl für Aerilyn war, viel zu alt, viel zu ernst, viel zu eingebildet.
Wie sehr Aerilyn sich wünschte, all die Sorgen und Ängste aus ihres Bruders Herzen vertreiben zu können. Wie sehr sie sich wünschte, ihm die Wahrheit über sich und Boromir erzählen zu können. Aber sie konnte es nicht.
Ihr Vater Ribensis, Truchsess von Katalla, war ein Verbündeter von Denethor, Truchsess von Gondor. Kürzlich hatten sie beschlossen, ihre Kinder und damit auch ihre Reiche zu binden, um ihnen zu größerer Macht und Reichtum zu verhelfen. Als einzige Tochter sollte Aerilyn Denethors ältesten Sohn, Boromir, heiraten. Am Anfang war sie selbst geschockt gewesen, sie war tatsächlich sehr viel jünger als er, und als sie sich das erste Mal getroffen hatten, hatten seine groben Manieren ihr Angst eingejagt. Sie konnte sich immer noch gut an seinen ziemlich verärgerten Gesichtsausdruck erinnern, als er sie gesehen und zu seinem Vater gesprochen hatte: "Ich dachte ich soll eine Dame heiraten und nicht ein Kind adoptieren und aufziehen!" Heute konnte sie lächeln über diesen Ausruf von ihm, der ihr in früheren Tagen bittere Tränen bereitet hatte.
Sie beide hatten sich anfangs unwohl gefühlt angesichts der arrangierten Hochzeit. Aerilyn war jung und unschuldig, sie wußte nicht was sie von der Zukunft, die ihr Vater für sie erwählt hatte, erwarten sollte. Außerdem hatte allein schon Boromirs Anwesenheit sie eingeschüchtert. Sie konnte sich nicht vorstellen, den Rest ihres Lebens an der Seite dieses Mannes zu verbringen. Ein Mann, der in ihr bloß eine Belastung sah.
Boromir wiederum hatte niemals den Drang verspürt, einen festen Bund mit einer Frau einzugehen, geschweige denn mit einem Mädchen wie Aerilyn. Er war ein Krieger und kein Ehemann. Er wußte, er mußte sie zur Gemahlin nehmen um Gondor zu helfen, es war seine Pflicht weil er der älteste Sohn des Truchseß' war. Mehr war es für ihn nicht, nur seine Pflicht. Aber als die Zeit verging, begannen sie einander zu schätzen.
Was niemand wußte war, daß die beiden angefangen hatten, sich heimlich zu treffen sobald Aerilyn in Gondor angekommen war. Es war die einzige Möglichkeit für sie, sich zu sehen und miteinander zu reden, ohne daß andere Personen dabei waren, und beide empfanden die Notwendigkeit zu reden da die momentane Situation beiden unbehagliche Gefühle bereitete. Ihre geheimen Treffen waren immer recht kurz gewesen, und sie ereigneten sich nur während der Nächte, aber trotzdem lernten sie sich etwas besser kennen und fingen an, die gegenseitige Gesellschaft wertzuschätzen. Die Unbehaglichkeit verflog schnell, und mit dem ersten Kuß den sie vor nicht langer Zeit geteilt hatten, war ein Feuer der Liebe in ihren Herzen entzündet worden und bis jetzt noch nicht erloschen. Im Gegenteil, die Flammen wuchsen heißer und stärker mit jedem Tag und jeder Nacht. Aber sie konnte ihrem Bruder nicht von der Liebe, die sie für Boromir entwickelt hatte erzählen. Ihre Treffen Wochen vor der Hochzeit mußten geheim gehalten werden. Ihrer beider Ruf, und auch der ihrer Familien, würde immens leiden wenn irgendwer davon wissen würde.
Aerilyn schnappte vor lauter Vorfreude, doch fast unhörbar, nach Luft, als sie Boromir sich, auf seinem kräftigen Pferd, dem Haus nähern sah.
"Du mußt jetzt gehen, Bruder," sagte sie und drehte sich herum um ihn anzusehen.
"Was sagst du?" fragte er und erhob sich, über ihre Dreistigkeit lächelnd.
"Lord Boromir kommt zu Besuch. Sicherlich wünscht er, alleine mit mir den morgigen Tag zu besprechen," sagte sie und hoffte, daß sie nicht rot wurde.
"Dann kann er mir das persönlich sagen," sagte er. "Und ich werde dich nicht mit ihm alleine lassen bis Hyeira wieder zurück ist, um ein Auge auf dich zu haben."
"Atalar, ich bitte dich. Streite nicht mit meinem Ehemann."
"Er ist nicht dein Ehemann. Noch nicht," sagte Atalar bevor ein Klopfen an der Tür ertönte. Aerilyn wollte sie öffnen, doch ihr Bruder war schneller. Er schob sie mit seinem starken Arm zur Seite und, nachdem er die Tür geöffnet hatte, genoß den recht verblüfften Ausdruck auf Boromirs Gesicht als es nicht seine Geliebte war, die vor ihm stand, sondern deren Bruder.
"Lord Atalar..." sagte er und erlangte schnell die Kontrolle über sein Gesicht und seine Stimme zurück.
"Lord Boromir," erwiderte Atalar kalt.
"Ich wünsche Lady Aerilyn zu sehen," verlangte Boromir mit einer dominanten Stimme.
"Warum?"
"Ich muß mich nicht vor Euch rechtfertigen, nur weil ich die Frau sehen will, die mir versprochen ist," entgegnete Boromir. Atalars dunkle Augen funkelten vor Wut, aber der Rest seines Körpers blieb vollkommen ruhig.
"Meine Schwester muß sich ausruhen. Morgen würdet Ihr sicherlich gefallen finden an einer hübschen, ausgeglichenen..."
"Atalar!" zischte Aerilyn hinter seinem Rücken.
"Nun..." sagte er zu Boromir, sah aber zu seiner Schwester hinab die jetzt neben ihm im Türrahmen stand. "Die Kleine scheint aufgewacht zu sein."
"Ja, bin ich. Bitte laß uns jetzt alleine, Atalar. Ich versichere dir, Hyeira wird sehr bald zurück sein."
"Ich vertraue dir," sagte er, beugte sich nieder um ihren Kopf zu küssen und ging dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
"Meine Dame," sagte Boromir mit einem kleinen Grinsen, hob ihre zierliche Hand an seine Lippen und küßte sie sanft.
"Mein Herr. Bitte kommt herein," entgegnete sie mit einem Lächeln.
"Nein."
"Nein?" echote sie und runzelte die Stirn.
"Nein, obwohl es sehr verlockend ist, jetzt da Hyeira nicht hier ist um auf dich aufzupassen. Ich bin hier um dich zu bitten, mit mir auszureiten."
"Ausreiten? Jetzt?"
"Warum nicht. Ich habe bereits ein Pferd für dich vorbereitet."
"Ich muß mich umziehen," sagte sie, auf ihr langes, kostbares Kleid herabblickend.
"Ich werde hier warten."
"Na schön," sagte sie und wollte sich herumdrehen um zum Ankleidezimmer zu gehen, aber er packte sie zärtlich am Handgelenk.
"Du mußt dich beeilen, wenn wir aufbrechen wollen bevor die anderen sich uns anschließen," sagte er leise.
"Die anderen?" fragte sie etwas verwirrt.
"Mein Vater wünscht, daß mein Bruder und mein Cousin uns begleiten," erklärte Boromir, immer noch ihr Handgelenk mit Daumen und Mittelfinger umschließend.
"Aber," fügte er mit einem bedeutungsvollen Unterton hinzu, ihren Arm loslassend, "ich glaube ich habe keine Vorfreude auf ihren Gesichtern sehen können als mein Vater es ihnen mitteilte."
"Ich verstehe," sagte Aerilyn, ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht. "Ich werde mich beeilen."
Diese Geschichte ist bereits auf Englisch auf Fanfiction.net vertreten (unter dem Titel "Assassins"), und das sogar schon seit dem 12.01.2002. Ich habe keine Ahnung, warum es so lange gedauert hat, aber letztens kam mir der Gedanke, daß ich eigentlich auch eine deutsche Version hinzufügen könnte. Immerhin ist Deutsch meine Muttersprache, und vielleicht gibt es ja den einen oder anderen, der diese Geschichte gerne lesen würde, aber kein (oder nicht genügend) Englisch kann, oder es einfach besser findet, auf Deutsch zu lesen anstatt auf einer Fremdsprache. Falls irgend jemand das hier liest und gerne weiter lesen möchte, bitte hinterlaßt ein Review damit ich weiß, daß ich mir die ganze Arbeit nicht umsonst mache. Das wäre sehr nett! Ansonsten werde ich versuchen, möglichst schnell die deutschen Versionen der englischen Kapitel hinzuzufügen, damit ich in Zukunft gleichzeitig auf Englisch und auf Deutsch ein Update machen kann.
So, nun der lästige Teil...
DISCLAIMER: "Der Herr der Ringe" und seine Charaktere gehören JRR Tolkien, ich habe sie mir nur für ein bißchen fanfiction ausgeliehen. Ich schlage kein Geld aus dieser Sache, sondern mache es nur zwecks Spaß und Unterhaltung.
Die Charaktere, die ich mir selber ausgedacht habe, gehören aber mir: Aerilyn, Atalar, Inunyen und Ghorid.
HINTERGRUND (wichtig, bitte lesen!!): Die Geschichte ist ein "Alternate Universe" (d.h. es hat drastische Handlungsabweichungen zu dem Original) und ist zu der Zeit angesetzt, nachdem die Gefährten von ihrer erfolgreichen Reise zurückgekehrt sind. Aragorn hat auf die Krone verzichtet und Denethor herrscht immer noch über Gondor. Um einen besseren Status für Gondor zu erlangen und ihm zu mehr Reichtum zu verschaffen, wurde die Hochzeit von Boromir (der in dieser Version nicht gestorben ist) und der Tochter des Truchsess von Katalla (gibt's bei Tolkien nicht, ist von mir) arrangiert. Aragorn und Legolas sind eingeladen, um dem Ereignis beizuwohnen und an den Festlichkeiten teilzunehmen.
P.S.: Warum Aragorn nicht König geworden ist und warum Boromir in meiner Geschichte noch lebt wird in Kapitel 15 erklärt. Seid also geduldig! ;o)
Das erste Kapitel dient hauptsächlich dazu, Charaktere vorzustellen. Ich hoffe, es ist trotzdem nicht langweilig.
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"Woran denkst Du, Lyn?"
"Nichts, Atalar. Du sollst Dich nicht ständig um mich sorgen und auf mich aufpassen. Schließlich bin ich nicht mehr das kleine Mädchen, das ich einmal war."
Atalar lachte sanft und trat näher zu der jungen Frau, die am Fenster stand und nach draußen starrte.
"Vergib mir, meine Schwester, aber für mich wirst du immer meine kleine Aerilyn bleiben," sagte er mit einem Lächeln und legte ihr von hinten die Hände auf die Schultern.
"Ich werde morgen verheiratet werden," sagte sie um aufzuzeigen, daß sie jetzt eine Frau war.
Atalar schnaubte nur, nahm seine Hände von ihren Schultern und durchquerte den großen Raum um sich ein Glas Wein vom Tisch zu holen.
"Der Mann den du heiraten wirst ist viel zu alt für ein Mädchen wie Du es bist," sagte er mit einem verärgerten Ton in der Stimme.
"Der Mann den ich heiraten werde hat einen Namen, lieber Bruder," sagte Aerilyn ein wenig ungeduldig. Langsam ging er ihr auf die Nerven. Seit ihrer Ankunft in Gondor vor zwei Wochen brachte er das Thema jeden Tag auf den Tisch.
"Der Name macht ihn auch nicht jünger. Boromir ist nicht der richtige..."
"Lord Boromir," unterbrach sie ihn, "ist der Mann, den unser Vater als mein Ehemann ausgesucht hat. Ich werde tun wie unser Vater wünscht und Lord Boromir als liebende Ehefrau dienen."
"Ihm als liebende Ehefrau dienen? Du bist doch noch nicht einmal reif genug es zu verdienen als Frau bezeichnet zu werden, wie kannst du da denken, daß du eine gute Ehefrau sein kannst?"
Aerilyns Gesicht verdunkelte sich mit Ärger, aber sie gab es nicht ihrem Bruder zu erkennen und blieb mit dem Rücken zu ihm stehen.
"Es ist unser Vaters Wunsch. Wenn du die Angelegenheit diskutieren mußt, bitte tu es mit ihm und nicht mit mir," sagte sie und zwang sich, ruhig zu bleiben. Atalar war immer schon ein übermäßig beschützender Bruder gewesen. Sie liebte ihn sehr, aber er mußte lernen, daß sie in Kürze ein neues Leben beginnen würde. Ein Leben getrennt von ihm und ihrer Familie in Katalla. Ein Leben in Gondor, an der Seite von Lord Boromir. Sie wußte, daß der Gedanke an den Verlust seiner geliebten Schwester Atalars Herzen Schmerz zufügte. Er versteckte sein Mißfallen Boromir gegenüber nicht, im Gegenteil sogar. Ständig betonte er, daß er eine schlechte Wahl für Aerilyn war, viel zu alt, viel zu ernst, viel zu eingebildet.
Wie sehr Aerilyn sich wünschte, all die Sorgen und Ängste aus ihres Bruders Herzen vertreiben zu können. Wie sehr sie sich wünschte, ihm die Wahrheit über sich und Boromir erzählen zu können. Aber sie konnte es nicht.
Ihr Vater Ribensis, Truchsess von Katalla, war ein Verbündeter von Denethor, Truchsess von Gondor. Kürzlich hatten sie beschlossen, ihre Kinder und damit auch ihre Reiche zu binden, um ihnen zu größerer Macht und Reichtum zu verhelfen. Als einzige Tochter sollte Aerilyn Denethors ältesten Sohn, Boromir, heiraten. Am Anfang war sie selbst geschockt gewesen, sie war tatsächlich sehr viel jünger als er, und als sie sich das erste Mal getroffen hatten, hatten seine groben Manieren ihr Angst eingejagt. Sie konnte sich immer noch gut an seinen ziemlich verärgerten Gesichtsausdruck erinnern, als er sie gesehen und zu seinem Vater gesprochen hatte: "Ich dachte ich soll eine Dame heiraten und nicht ein Kind adoptieren und aufziehen!" Heute konnte sie lächeln über diesen Ausruf von ihm, der ihr in früheren Tagen bittere Tränen bereitet hatte.
Sie beide hatten sich anfangs unwohl gefühlt angesichts der arrangierten Hochzeit. Aerilyn war jung und unschuldig, sie wußte nicht was sie von der Zukunft, die ihr Vater für sie erwählt hatte, erwarten sollte. Außerdem hatte allein schon Boromirs Anwesenheit sie eingeschüchtert. Sie konnte sich nicht vorstellen, den Rest ihres Lebens an der Seite dieses Mannes zu verbringen. Ein Mann, der in ihr bloß eine Belastung sah.
Boromir wiederum hatte niemals den Drang verspürt, einen festen Bund mit einer Frau einzugehen, geschweige denn mit einem Mädchen wie Aerilyn. Er war ein Krieger und kein Ehemann. Er wußte, er mußte sie zur Gemahlin nehmen um Gondor zu helfen, es war seine Pflicht weil er der älteste Sohn des Truchseß' war. Mehr war es für ihn nicht, nur seine Pflicht. Aber als die Zeit verging, begannen sie einander zu schätzen.
Was niemand wußte war, daß die beiden angefangen hatten, sich heimlich zu treffen sobald Aerilyn in Gondor angekommen war. Es war die einzige Möglichkeit für sie, sich zu sehen und miteinander zu reden, ohne daß andere Personen dabei waren, und beide empfanden die Notwendigkeit zu reden da die momentane Situation beiden unbehagliche Gefühle bereitete. Ihre geheimen Treffen waren immer recht kurz gewesen, und sie ereigneten sich nur während der Nächte, aber trotzdem lernten sie sich etwas besser kennen und fingen an, die gegenseitige Gesellschaft wertzuschätzen. Die Unbehaglichkeit verflog schnell, und mit dem ersten Kuß den sie vor nicht langer Zeit geteilt hatten, war ein Feuer der Liebe in ihren Herzen entzündet worden und bis jetzt noch nicht erloschen. Im Gegenteil, die Flammen wuchsen heißer und stärker mit jedem Tag und jeder Nacht. Aber sie konnte ihrem Bruder nicht von der Liebe, die sie für Boromir entwickelt hatte erzählen. Ihre Treffen Wochen vor der Hochzeit mußten geheim gehalten werden. Ihrer beider Ruf, und auch der ihrer Familien, würde immens leiden wenn irgendwer davon wissen würde.
Aerilyn schnappte vor lauter Vorfreude, doch fast unhörbar, nach Luft, als sie Boromir sich, auf seinem kräftigen Pferd, dem Haus nähern sah.
"Du mußt jetzt gehen, Bruder," sagte sie und drehte sich herum um ihn anzusehen.
"Was sagst du?" fragte er und erhob sich, über ihre Dreistigkeit lächelnd.
"Lord Boromir kommt zu Besuch. Sicherlich wünscht er, alleine mit mir den morgigen Tag zu besprechen," sagte sie und hoffte, daß sie nicht rot wurde.
"Dann kann er mir das persönlich sagen," sagte er. "Und ich werde dich nicht mit ihm alleine lassen bis Hyeira wieder zurück ist, um ein Auge auf dich zu haben."
"Atalar, ich bitte dich. Streite nicht mit meinem Ehemann."
"Er ist nicht dein Ehemann. Noch nicht," sagte Atalar bevor ein Klopfen an der Tür ertönte. Aerilyn wollte sie öffnen, doch ihr Bruder war schneller. Er schob sie mit seinem starken Arm zur Seite und, nachdem er die Tür geöffnet hatte, genoß den recht verblüfften Ausdruck auf Boromirs Gesicht als es nicht seine Geliebte war, die vor ihm stand, sondern deren Bruder.
"Lord Atalar..." sagte er und erlangte schnell die Kontrolle über sein Gesicht und seine Stimme zurück.
"Lord Boromir," erwiderte Atalar kalt.
"Ich wünsche Lady Aerilyn zu sehen," verlangte Boromir mit einer dominanten Stimme.
"Warum?"
"Ich muß mich nicht vor Euch rechtfertigen, nur weil ich die Frau sehen will, die mir versprochen ist," entgegnete Boromir. Atalars dunkle Augen funkelten vor Wut, aber der Rest seines Körpers blieb vollkommen ruhig.
"Meine Schwester muß sich ausruhen. Morgen würdet Ihr sicherlich gefallen finden an einer hübschen, ausgeglichenen..."
"Atalar!" zischte Aerilyn hinter seinem Rücken.
"Nun..." sagte er zu Boromir, sah aber zu seiner Schwester hinab die jetzt neben ihm im Türrahmen stand. "Die Kleine scheint aufgewacht zu sein."
"Ja, bin ich. Bitte laß uns jetzt alleine, Atalar. Ich versichere dir, Hyeira wird sehr bald zurück sein."
"Ich vertraue dir," sagte er, beugte sich nieder um ihren Kopf zu küssen und ging dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
"Meine Dame," sagte Boromir mit einem kleinen Grinsen, hob ihre zierliche Hand an seine Lippen und küßte sie sanft.
"Mein Herr. Bitte kommt herein," entgegnete sie mit einem Lächeln.
"Nein."
"Nein?" echote sie und runzelte die Stirn.
"Nein, obwohl es sehr verlockend ist, jetzt da Hyeira nicht hier ist um auf dich aufzupassen. Ich bin hier um dich zu bitten, mit mir auszureiten."
"Ausreiten? Jetzt?"
"Warum nicht. Ich habe bereits ein Pferd für dich vorbereitet."
"Ich muß mich umziehen," sagte sie, auf ihr langes, kostbares Kleid herabblickend.
"Ich werde hier warten."
"Na schön," sagte sie und wollte sich herumdrehen um zum Ankleidezimmer zu gehen, aber er packte sie zärtlich am Handgelenk.
"Du mußt dich beeilen, wenn wir aufbrechen wollen bevor die anderen sich uns anschließen," sagte er leise.
"Die anderen?" fragte sie etwas verwirrt.
"Mein Vater wünscht, daß mein Bruder und mein Cousin uns begleiten," erklärte Boromir, immer noch ihr Handgelenk mit Daumen und Mittelfinger umschließend.
"Aber," fügte er mit einem bedeutungsvollen Unterton hinzu, ihren Arm loslassend, "ich glaube ich habe keine Vorfreude auf ihren Gesichtern sehen können als mein Vater es ihnen mitteilte."
"Ich verstehe," sagte Aerilyn, ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht. "Ich werde mich beeilen."
